Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.02.2023, Az.: 14 KN 30/22

Antragsbefugnis; Bestimmtheitsgebot; Corona; Corona-Pandemie; COVID-19; Feststellungsinteresse; Feuerwerk; Feuerwerksverbot; Normenkontrollverfahren; notwendige Schutzmaßnahme; Pyrotechnische Gegenstände; Zum niedersächsischen "Feuerwerksverbot" im Dezember 2020

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.02.2023
Aktenzeichen
14 KN 30/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 13513
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0216.14KN30.22.00

Amtlicher Leitsatz

Das in § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der Fassung vom 15. Dezember 2020 geregelte, sogenannte Feuerwerksverbot ist unwirksam gewesen, da § 10a Abs. 3 nicht dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügte und die Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 in ihrer konkreten Ausgestaltung keine notwendigen Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG waren.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488) unwirksam gewesen ist.

Die Kosten des Normenkontrollverfahrens trägt der Antragsgegner.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass eine bereits außer Kraft getretene Regelung der Niedersächsischen Corona-Verordnung, die den Verkauf, die Abgabe, das Mitführen und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sowie das Veranstalten von Feuerwerk für die Öffentlichkeit untersagt hat, unwirksam gewesen ist.

Die Antragstellerin ist eine GmbH aus dem Bereich der Pyrotechnik, die unter anderem Feuerwerk für Veranstaltungen und für den Privatgebrauch herstellt und vertreibt sowie die Veranstaltung von Feuerwerken als Dienstleistung anbietet.

Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium , handelnd durch die Ministerin, die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) vom 30. Oktober 2020, S. 368.

Die Verordnung wurde durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl Nr. 46/2020, S. 488) geändert und enthielt unter anderem die folgenden Regelungen:

"§ 10a

Feuerwerkskörper und pyrotechnische Gegenstände

(1) 1Der Verkauf und die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sind unzulässig. 2Satz 1 gilt nicht für pyrotechnische Gegenstände, die als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr zugelassen sind oder der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dienen.

(2) 1Das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ist untersagt. 2Satz 1 gilt nicht für die Nutzung pyrotechnischer Gegenstände als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr oder bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben.

(3) Das Veranstalten von Feuerwerk für die Öffentlichkeit ist verboten.

§ 19

Ordnungswidrigkeiten

(1) Verstöße gegen die §§ 2 bis 10 und 14 bis 16 stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG dar und werden mit Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet.

(2) Die nach dem Infektionsschutzgesetz zuständigen Behörden und die Polizei sind gehalten, die Bestimmungen dieser Verordnung durchzusetzen und Verstöße zu ahnden.

§ 20

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 2. November 2020 in Kraft und mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft."

Am 18. Dezember 2020 hat die Antragstellerin bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrollantrag sowie einen Normenkontrolleilantrag (Az.: 13 MN 571/20) bezogen auf Artikel 1 Ziffer 7 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 - durch den der vorbezeichnete § 10a in die Niedersächsische Corona-Verordnung eingefügt wurde - gestellt.

Der zu diesem Zeitpunkt für Verfahren aus dem Bereich des Infektionsschutzrechts zuständige 13. Senat des erkennenden Gerichts hat am 21. Dezember 2020 § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in einem ähnlich gelagerten Normenkontrolleilverfahren (Az.: 13 MN 568/20) vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Beteiligten haben den Normenkontrolleilantrag der Antragstellerin (Az.: 13 MN 571/20) daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom 18. Dezember 2020 (BAnz AT 21.12.2020 V1), die am 21. Dezember 2020 verkündet wurde und am 22. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, wurde § 22 Abs. 1 Satz 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (im Folgenden: 1. SprengV a.F.) geändert und erhielt den folgenden Wortlaut:

"Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen dem Verbraucher im Jahr 2020 nicht und in anderen Jahren nur in der Zeit vom 29. bis 31. Dezember überlassen werden; ist einer der genannten Tage ein Sonntag, ist ein Überlassen bereits ab dem 28. Dezember zulässig."

Der Antragsgegner hat mit Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 22. Dezember 2020 die streitgegenständliche Regelung in § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung wie folgt neu gefasst (Nds. GVBl. Nr. 49/2020, S. 576):

"§ 10a

Verbot von Feuerwerken

(1) 1Zur Vermeidung von Ansammlungen von Menschen ist in der Zeit vom 31. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 im Sinne des § 3 a des Sprengstoffgesetzes in der Fassung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3518), zuletzt geändert durch Artikel 232 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), auf belebten öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Niedersächsischen Straßengesetzes sowie auf belebten öffentlich zugänglichen Flächen untersagt. In der Zeit vom 31. Dezember 2020, 21:00 Uhr, bis zum 1. Januar 2021, 7.00 Uhr, ist auch das Mitführen der in Satz 1 genannten Gegenstände auf den dort genannten Straßen, Wegen, Plätzen und Flächen untersagt. 3Die Landkreise und kreisfreien Städte legen durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung die betreffenden Straßen, Wege und Plätze sowie Flächen im Sinne der Sätze 1 und 2 fest.

(2) Das Veranstalten von Feuerwerk für die Öffentlichkeit ist verboten."

Mit der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 8. Januar 2021 wurde § 10a schließlich ersatzlos aus der Niedersächsischen Corona-Verordnung gestrichen (Nds. GVBl. Nr. 1/2021, S. 3).

Die Antragstellerin hat ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung in ein Feststellungsbegehren geändert. Sie trägt vor, dass sich das Feststellungsinteresse aus einer zu erwartenden Wiederholungsgefahr ergebe. Zudem bereite sie mit dem Normenkontrollantrag einen Entschädigungsprozess vor. Darüber hinaus stellten die Verbote aus § 10a der streitgegenständlichen Verordnung schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG dar. Daraus folge ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verordnungsregelung. Zwar trete der Schutz von Persönlichkeit und Selbstverwirklichung im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung auf juristische Personen in den Hintergrund, da dort der Schutz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Vordergrund stehe. Daraus folge aber nicht, dass sie bei schwerwiegenden Eingriffen in Art. 12 Abs. 1 GG kein berechtigtes Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Eingriffsmaßnahmen habe. Sie sei ein mittelständisches Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, die nur einen Gesellschafter und einen Geschäftsführer habe. Eine solche GmbH sei materiell als Personengesellschaft zu verstehen. Art. 12 Abs. 1 GG schütze in diesem Fall neben der wirtschaftlichen Tätigkeit auch die Selbstverwirklichung im Rahmen der Ausübung des Berufs.

In der Sache macht die Antragstellerin geltend, dass sie durch die in § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Verbote einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro erlitten habe. Als Unternehmen aus dem Bereich der Pyrotechnik erwirtschafte sie den ganz überwiegenden Teil ihres Jahresumsatzes zu den Silvesterfeierlichkeiten. Noch im November 2020 habe sie aus der Presse vernommen, dass der Antragsgegner nicht beabsichtigt habe, die Rechtslage in Bezug auf Pyrotechnik zu ändern. Darauf habe sie vertraut, ihre Produktionskapazitäten ausgeschöpft, pyrotechnische Gegenstände angekauft und Lagerplätze und Verkaufsräume gemietet. Ein Großteil der zu Silvester vertriebenen Pyrotechnik könne nicht über längere Zeit gelagert und bis zum nächsten Jahr aufbewahrt werden. Für die Pyrotechnik, die lagerfähig gewesen sei, seien ihr hohe Kosten für die Anmietung geeigneter Lagerkapazitäten entstanden.

Die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 sei formell rechtswidrig gewesen, da der Antragsgegner bei ihrem Erlass gegen die grundgesetzliche Kompetenzverteilung verstoßen habe. Der Bund habe gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Regelungen zum Waffen- und Sprengstoffrecht; der Antragsgegner sei somit nicht zur Normgebung befugt gewesen. Zudem habe der Antragsgegner gegen die landesverfassungsrechtliche Ressortkompetenz verstoßen und seine Unterrichtungspflichten aus Art. 25 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung (NV) verletzt.

Das in § 10a Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Verbot des Verkaufs und der Abgabe von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen habe einen Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dargestellt. Die Regelung sei für sie ein faktisches Berufsverbot gewesen. Ein solches könne nur der parlamentarische Gesetzgeber erlassen. Darüber hinaus sei sie in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG sowie in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt worden. Eine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bestehe darin, dass nach § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung der Verkauf und die Abgabe von Kleinstfeuerwerk erlaubt geblieben seien.

§ 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sei nicht hinreichend bestimmt. Es sei für den Normadressaten nicht ersichtlich, ob die Regelung auch den Verkauf und die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in andere Bundesländer oder ins Ausland verbiete. Dies gehe auch aus der Verordnungsbegründung nicht hervor. Das Verkaufs- und Abgabeverbot sei zudem unverhältnismäßig. Es sei bereits nicht geeignet, da es den Verordnungszweck nicht gefördert habe. So sei weder ersichtlich noch durch den Antragsgegner behauptet worden, dass auch nur annähernd eine Überlastung des Gesundheitssystems bestanden habe. Zudem fehlten jegliche Erkenntnisse darüber, dass das Verbot einen Einfluss auf eine Verringerung des Infektionsgeschehens hätte haben können. In unmittelbar an das Gebiet des Antragsgegners angrenzenden Bundesländern sei der Verkauf von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen nach Landesrecht weiterhin erlaubt gewesen. Das Verkaufs- und Abgabeverbot habe die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Personen nicht zertifiziertes Feuerwerk aus dem Ausland oder pyrotechnische Munition beschafften und die Krankenhäuser mehr Verletzungen behandeln müssten. Das Verkaufs- und Abgabeverbot sei auch nicht erforderlich gewesen. Regelungen zum Mindestabstand beim gemeinsamen Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen wären gleich gut geeignet gewesen. Die Händler hätten mit entsprechenden und bewährten Hygienekonzepten auf Infektionsgefahren effektiv reagieren können. Daneben hätte der Antragsgegner auch gezielt den Verkauf und die Abgabe derjenigen Feuerwerkskörper und pyrotechnischen Gegenstände verbieten können, die typischerweise zu Verletzungen führten. Auch hätte der Gebrauch bei bestimmten Altersgruppen, bei denen ein verantwortlicher Umgang mit Feuerwerk weniger wahrscheinlich sei, weiter eingeschränkt werden können.

Das in § 10a Abs. 2 Satz 1 der streitgegenständlichen Verordnung geregelte Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen habe sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt. Durch das Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sei die Nachfrage nach ihren Produkten erloschen. Für die im Geltungsbereich der Verordnung lebenden Personen habe ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit vorgelegen. § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sei zu unbestimmt. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Verordnungsbegründung sei für einen Normadressaten ersichtlich, ob von der Regelung auch ein bloßes Bei-Sich-Führen (beispielsweise in einem verschlossenen Paket, etwa durch einen Spediteur oder Lieferanten) erfasst sei. Dem Verbot fehle es auch an einer Erforderlichkeit. Regelungen zum Mindestabstand beim gemeinsamen Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen wären gleich gut geeignet gewesen.

§ 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe sie ebenfalls in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, da sie im Zeitraum zwischen dem 16. Dezember und dem 10. Januar üblicherweise Großfeuerwerke anbiete. Zudem habe sie ihren Absatzmarkt verloren. Daneben habe eine Verletzung ihres Rechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG vorgelegen. Die Regelung des § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erweise sich als zu unbestimmt, da für die Normadressaten nicht zu erkennen sei, ab wann das Veranstalten eines Feuerwerks "für die Öffentlichkeit" vorliege. Dies könne einerseits an objektive Kriterien anknüpfen, wie beispielsweise den Umfang des Feuerwerks. Andererseits könne es davon abhängen, wie ein Dritter oder auch der Veranstalter selbst die Öffentlichkeit wahrnehme. Schließlich könne die Regelung auch lediglich Feuerwerke mit gewerblichem Hintergrund betreffen. Das Verbot, Feuerwerk für die Öffentlichkeit zu veranstalten, sei zudem unverhältnismäßig. Es sei nicht geeignet, da bereits umfangreiche Kontaktbeschränkungen gegolten hätten. Das Verbot sei auch nicht erforderlich gewesen. Feuerwerk könne problemlos auch noch aus weiterer Entfernung betrachtet werden, sodass Abstandsregelungen eingehalten werden könnten.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488) unwirksam gewesen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Auffassung, dass es für eine Fortsetzung des Verfahrens an einem Feststellungsinteresse fehle. Eine Wiederholungsgefahr sei ausgeschlossen, da eine wesentlich geänderte Sachlage vorliege. Im Dezember 2020 habe es noch keinen Impfstoff gegen COVID-19 gegeben. Zudem seien die rechtlichen Bewertungsgrundlagen durch die Anpassung der Leitindikatoren wesentlich geändert worden. Es sei mehr als unwahrscheinlich, dass eine Maßnahme wiederholt werde, die bereits in der Vergangenheit vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgehoben worden sei. Ein Entschädigungsprozess sei offensichtlich aussichtlos. Soweit die Antragstellerin einen Anspruch aus einem enteignungsgleichen Eingriff herleiten wolle, übersehe sie das Erfordernis eines Sonderopfers und lasse die hierzu ergangene Rechtsprechung außer Acht. Die Antragstellerin könne ihr Feststellungsinteresse auch nicht auf einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff stützen. Art. 12 GG sei auf Kapitalgesellschaften lediglich begrenzt anwendbar. Eine Kapitalgesellschaft könne sich nicht selbstverwirklichen. Die Anwendung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit erstrecke sich daher bei Kapitalgesellschaften nur auf die Berufsausübung an sich mit ihren wirtschaftlichen gewinnerzielenden Absichten. Diesem Ausfluss werde aber bereits durch die Fallgruppe des Präjudizinteresses zur Vorbereitung einer Entschädigungsklage hinreichend Rechnung getragen.

Es sei unklar, wie § 10a Abs. 2 und 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt haben könnten. Der Absatz 2 beziehe sich auf das Mitführen und Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen, was bei einer juristischen Person ausgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen, welche zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig (I.) und begründet (II.)

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Streitgegenstand des Normenkontrollverfahrens sind die bereits außer Kraft getretenen Regelungen in § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020.

2. Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die von der Antragstellerin angegriffene Verordnungsregelung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).

3. Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Beschl. v. 22.5.2020 - 13 MN 158/20 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Urt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).

Unter Anwendung dieses Maßstabs ist die Antragstellerin antragsbefugt. Die unmittelbar an sie adressierten Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagten ihr den Vertrieb sowie das Veranstalten von Feuerwerk und damit die Ausübung wesentlicher Teile ihrer beruflichen Tätigkeit. Dies lässt eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG möglich erscheinen. Da ein Veranstalten von Feuerwerk zwangsläufig das Abbrennen von Feuerwerk impliziert, liegt auch im Hinblick auf § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine Antragsbefugnis vor. Unerheblich ist insoweit, dass der Vorgang des Abbrennens nur durch eine natürliche Person erfolgen kann. Denn durch das Abbrennverbot wurde der Antragstellerin faktisch die Möglichkeit genommen, das Veranstalten von Feuerwerken als Dienstleistung anzubieten. Damit erscheint eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. 19 Abs. 3 GG auch insoweit möglich.

Der Umstand, dass § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung keinen erkennbaren eigenständigen Regelungsinhalt enthält, solange das Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung Bestand hat, steht der Antragsbefugnis nicht entgegen. Denn im Falle der Feststellung der Unwirksamkeit des Absatzes 2 erhält der Absatz 3 eine eigenständige Bedeutung und führt zu einer eigenständigen Beschwer der Antragstellerin. Zur Wahrung der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG muss ihr daher eine gerichtliche Überprüfung der gesamten Regelung möglich sein.

Eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition liegt hingegen nicht vor (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.4.2020 - 13 MN 84/20 -, juris Rn. 23). Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier fraglos betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen sowie Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. - juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 - juris Rn. 79 m.w.N.). Ebenso wenig liegt eine die Antragstellerin in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzende, sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Soweit die Antragstellerin hierzu ausgeführt hat, eine Ungleichbehandlung ergebe sich daraus, dass der Verkauf und die Abgabe von Kleinstfeuerwerk nach § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erlaubt geblieben seien, ist dies für den Senat angesichts des umfassenden Abgabe- und Verkaufsverbotes, welches gerade auch Kleinstfeuerwerk einschließt, nicht nachvollziehbar. Aus dem Vortrag, dass § 10a Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der sich im Gebiet des Antragsgegners aufhaltenden Personen verstoßen habe, kann die Antragstellerin ebenfalls keine Antragsbefugnis herleiten. § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO macht deutlich, dass die Antragstellerin durch die streitgegenständliche Regelung selbst eine mögliche Rechtsverletzung erlitten oder zu erwarten haben muss. Eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht am Verfahren beteiligter natürlicher Personen reicht daher nicht aus.

Der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags steht nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Regelungen mit der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. Nr. 49/2020, S. 576) geändert wurden und mit Ablauf des 9. Januar 2021 mit der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 8. Januar 2021 außer Kraft getreten sind und für die Antragstellerin keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Zwar ist ein Normenkontrollantrag nur gegen eine erlassene Rechtsvorschrift zulässig (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.3.2021 - 13 MN 145/21 -, juris Rn. 108; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 11 jeweils m.w.N.) und dies grundsätzlich nur solange, wie die mit ihm angegriffene Rechtsvorschrift gültig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, juris Rn. 11). Von diesem Grundsatz werden aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausnahmen gemacht, bei denen die Aufhebung oder das Außerkrafttreten nach Ablauf der Geltungsdauer einer Rechtsvorschrift die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nicht beeinflusst (vgl. hierzu den Überblick von Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 71 ff. m.w.N.). Ein gestellter Normenkontrollantrag kann u.a. trotz Aufhebung oder Außerkrafttretens nach Ablauf der Geltungsdauer der angegriffenen Rechtsvorschrift zulässig bleiben, wenn die Vorschrift während der Anhängigkeit eines zulässigerweise gestellten Normenkontrollantrags aufgehoben wird oder außer Kraft tritt. Die Aufhebung oder das Außerkrafttreten der Norm allein lässt den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne Weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbesteht, mithin der Antragsteller weiterhin geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt (worden) zu sein. Dies folgt unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedarf es nicht. Erforderlich ist in diesen Fallgestaltungen aber, dass ein berechtigtes individuelles Interesse an der begehrten Feststellung, die bereits außer Kraft getretene Rechtsvorschrift sei unwirksam gewesen, besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9 ff.). Ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens kann sich u.a. ergeben zur Rechtsklärung bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Freiheiten des Antragstellers durch die angegriffene Rechtsvorschrift, insbesondere dann, wenn die Rechtsvorschrift typischerweise auf kurze Geltung angelegt ist mit der Folge, dass sie regelmäßig außer Kraft tritt, bevor ihre Rechtmäßigkeit in einem Normenkontrollverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; BVerwG, Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9; vgl. hierzu auch Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 111 und 122 f.). Auch eine Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich ein solches Feststellungsinteresse begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 3 BN 1.18 -, juris Rn. 4). Schließlich kann sich ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens aus der präjudiziellen Wirkung einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die angegriffene Rechtsvorschrift gestützten behördlichen Verhaltens und daran anknüpfende Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche, deren Durchsetzung der Antragsteller ernsthaft beabsichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - BVerwG 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.1983 - BVerwG 4 N 1.83 -, BVerwGE 68, 12, 15 -, juris Rn. 11 f.).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung - wie schon zuvor der 13. Senat des erkennenden Gerichts (vgl. Beschl. v. 9.6.2021 -13 KN 127/20 -, juris Rn. 60 ff.) - aus eigener Überzeugung an. Auch das Bundesverfassungsgericht hat auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Ausnahmefälle verwiesen, wonach "ein Normenkontrollantrag auch gegen eine bereits aufgehobene Rechtsnorm zulässig sein kann, wenn während des Normenkontrollverfahrens eine auf kurzfristige Geltung angelegte Norm etwa wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten ist", und lediglich klargestellt, dass eine solche Überprüfung auch bei den infektionsschutzrechtlichen Verordnungen nach § 32 des Infektionsschutzgesetzes während der Corona-Pandemie angesichts deren kurzer Geltungsdauer und häufig schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigungen naheliege (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8).

Daran gemessen ist die Antragstellerin trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der angegriffenen Norm antragsbefugt. Die Niedersächsischen Corona-Verordnungen sind sämtlich auf eine höchstens mehrwöchige Geltungsdauer angelegt, weshalb ihre Rechtmäßigkeit vor ihrem Außerkrafttreten regelmäßig nicht in einem Hauptsacheverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann. Den angegriffenen Regelungen kam auch ein ausreichendes Gewicht der Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Freiheiten zu, um ein Interesse an der nachträglichen Klärung der Wirksamkeit der Norm zu begründen. Die Antragstellerin war aufgrund der streitgegenständlichen Vorschrift gezwungen, den Verkauf von Feuerwerkskörpern und Pyrotechnik - der den Kern ihrer beruflichen Tätigkeit darstellt - für den gewinnbringendsten Zeitraum des Jahres vollständig einzustellen. Ebenso war es ihr durch das Abbrennverbot sowie das Verbot des Veranstaltens von Feuerwerk für die Öffentlichkeit untersagt, pyrotechnische Dienstleistungen anzubieten. Diese Auswirkungen sind in ihrer grundrechtlichen Bedeutung nicht von einem so geringen Gewicht, dass systematische Rechtsschutzlücken durch die regelhaft kurzfristige Überholung der Verordnungsregelungen zumutbar erscheinen. Das Argument des Antragsgegners, für die Feststellung eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs bedürfe es eines besonderen "Persönlichkeitsbezugs", der bei einer GmbH als Kapitalgesellschaft nicht vorliege, vermag nicht zu überzeugen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nicht, dass ein nachträgliches Interesse an der Überprüfung erledigter tiefgreifender Grundrechtseingriffe ausschließlich auf Eingriffe in den "Kernbereich der Persönlichkeit" beschränkt wäre. Dogmatischer Anknüpfungspunkt für ein nachträgliches Feststellungsinteresse ist die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG, die nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für die Antragstellerin gilt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris Rn. 158) und der eine Beschränkung auf den Schutz nur bestimmter subjektiver (Grund)Rechte wesensfremd ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 6.10.2022 - 20 N 20.783 -, juris Rn. 22; vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 85; a.A. wohl OVG Saarl., Urt. v. 15.9.2022 - 2 C 140/20 -, Rn. 28, juris). Die Prüfung, ob ein tiefgreifender Grundrechtseingriff im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung bei einer juristischen Person vorliegt, ist mithin von vorneherein nur darauf gerichtet, ob ein solcher Eingriff bezogen auf das Grundrecht gegeben ist, soweit es in Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG für sie Geltung entfaltet. Das ist hier aber angesichts der sehr weitgehenden Verbote des § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung der Fall.

Ob die Antragstellerin ihr besonderes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit der Norm darüber hinaus auch mit Erfolg auf die präjudizielle Wirkung für die beabsichtigte Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs oder eine zu erwartende Wiederholungsgefahr stützen kann, kann danach offenbleiben.

Das nachträgliche Feststellungsinteresse wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das erkennende Gericht § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung mit Beschluss vom 18. Dezember 2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt hat. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet grundsätzlich (nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen) auch eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 22.11.2016 - 1 BvL 6/14 u.a. -, juris Rn. 25, 29; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris Rn. 29; Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 19 Rn. 146a).

4. Der Antrag ist zutreffend gegen das C. als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das C. wird durch das Niedersächsische Ministerium vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 3.6.2021 (Nds. MBl. S. 1020), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 31.5.2022 (Nds. MBl. S. 828)).

5. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist, ist gewahrt.

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet.

Die Antragstellerin kann die begehrte Feststellung beanspruchen, dass die Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der Fassung vom 15. Dezember 2020 unwirksam gewesen sind (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Zwar beruhten die streitgegenständlichen Regelungen in ihrem Geltungszeitraum auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage (1.). Jedoch erweist sich § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bereits als nicht hinreichend bestimmt (2.) und die Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung waren in ihrer konkreten Ausgestaltung keine notwendigen Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a. F. (3.). Über bestehende Zweifel an der verfassungsrechtlichen Kompetenz des Antragsgegners zum Erlass der angegriffenen Verordnungsregelungen sowie die aufgeworfenen Fragen zur formellen Rechtmäßigkeit der Verordnung musste der Senat vor diesem Hintergrund nicht abschließend entscheiden (4.).

1. Die in § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Infektionsschutzmaßnahmen fanden in § 32 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 und Nr. 5 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) geänderten Fassung (im Folgenden: IfSG a.F.) eine tragfähige Rechtsgrundlage.

Nach § 32 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. durften die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend waren, durch Rechtsverordnungen entsprechende Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen. Die Landesregierungen konnten die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. bestimmte zu diesen Voraussetzungen: Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG insbesondere die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein. Der Erlass des in § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Verkaufs- und Abgabeverbotes ist von dieser Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Angesichts der generellen Zweckrichtung von § 28a IfSG a.F., die Generalklausel des § 28 Abs. 1 S. 1 HS 1 IfSG a.F. durch Regelbeispiele zu konkretisieren und den zuständigen Behörden ein umfassendes Werkzeug für Bekämpfungsmaßnahmen an die Hand zu geben, müssen die Begriffe weit verstanden werden (vgl. Gerhardt, 6. Aufl. 2022, IfSG § 28a Rn. 70). Da § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. die vollständige Schließung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel und umfangreiche Zutrittsbeschränkungen ermöglichte, kommt als (je nach Sachlage) weniger einschneidende Maßnahme auch ein an die vorgenannten Adressaten gerichtetes Verkaufsverbot bestimmter, potentiell infektionsrelevanter Waren in Betracht.

Bei dem Verbot des Veranstaltens von Feuerwerk für die Öffentlichkeit des § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung handelte es sich um eine Maßnahme im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 5 IfSG a.F. Danach konnte eine notwendige Schutzmaßnahme die Untersagung oder Beschränkung von Freizeitveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen - zu denen auch Feuerwerksveranstaltungen gehören - sein.

Das in § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Verbot des Abbrennens und Mitführens von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen gehört indes nicht zu den in § 28a Abs. 1 IfSG a.F. aufgezählten Schutzmaßnahmen; der Antragsgegner konnte sich insoweit aber auf die Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. stützen. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. als Generalklausel ausgestaltet. Mit der Einführung des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. sollten die Regelbeispiele in § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. speziell für die Corona-Pandemie klarstellend erweitert und nicht abschließende Regelbeispiele etwaiger Schutzmaßnahmen benannt werden (vgl. den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 19/23944, S. 2, 22, 31). Daher konnte bei Maßnahmen außerhalb der Aufzählung des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. auch weiterhin auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. zurückgegriffen werden (vgl. BremOVG, Beschluss vom 30.12.2020 - 1 B 467/20 -, Rn. 23 juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem generellen Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen nicht um eine ortsgebundene Verhaltensbeschränkung handelt. § 28 Abs. 1 IfSG a. F. ist nicht dahingehend zu verstehen, dass nur ortsgebundene Ge- und Verbote auf die Generalklausel gestützt werden können (in diese Richtung aber NdsOVG, Beschl. v. 18.?12.?2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 37). Aus der Verwendung des Worts "insbesondere" ergibt sich, dass es sich bei den in Abs. 1 S. 1 Hs. 2 aufgeführten Maßnahmen lediglich um eine beispielhafte Aufzählung handelt. Auch der Katalog der Regelbeispiele des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. legt nicht nahe, dass Verhaltensbeschränkungen stets einen Ortsbezug aufweisen müssen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.12.2020 - 3 B 450/20 -, juris, Rn. 14 mw.N.).

Die Verordnungsermächtigung begegnet, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, keinen durchgreifenden Bedenken. Der bis zum 31. Dezember 2021 für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat hat sich u.a. in seinem Urteil vom 25. November 2021 (- 13 KN 389/20 -, juris Rn. 31 ff.) ausführlich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 32 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG befasst. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung für die hier einschlägigen Fassungen der Regelungen auf der Grundlage einer eigenen Überprüfung und in eigener Überzeugung an. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die durch § 28a IfSG a.F. festgelegten Vorgaben - soweit hier von Belang - sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.

2. § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist unwirksam, weil er dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügt.

Rechtsverordnungen müssen sich - ebenso wie Gesetze - so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind und aus ihnen zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind. Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 -, juris Rn. 125 m.w.N.). Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge gelingt es nicht immer, einen Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es ist dann Sache der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, die verbleibenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln zu beantworten. Dem Bestimmtheitserfordernis ist genügt, wenn die Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 -, BVerfGE 83, 130-155, juris Rn. 45; BVerwG, Urt. v. 12.7.2006 - 10 C 9/05 -, BVerwGE 126, 222-233, juris Rn. 29).

§ 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genügt diesen Anforderungen nicht. Das Verbot des "Veranstaltens von Feuerwerk für die Öffentlichkeit" erweist sich als zu unbestimmt und war damit unwirksam. Der Inhalt und die Reichweite des Verbots sind auch bei Anwendung der zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden nicht mit hinreichender Eindeutigkeit zu ermitteln.

Die Deutung der Regelung begegnet bereits dadurch erheblichen Schwierigkeiten, dass sie angesichts des umfassenden Verbots des Abbrennens von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen - welches das Veranstalten von Feuerwerken faktisch ausschließt - keinen erkennbaren eigenständigen Regelungsgehalt hat. Dadurch, dass weder aus der Verordnungsbegründung - die sich zu § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht äußert - noch sonst ersichtlich ist, aus welchen Gründen der Verordnungsgeber ein entsprechendes ergänzendes Verbot neben dem Abbrennverbot für notwendig hielt, ist eine teleologische Auslegung erheblich erschwert. So lässt sich - jedenfalls im Falle eines weiten Verständnisses der Regelung des Absatzes 2 - kein eigenständiger Anwendungsbereich für das Veranstaltungsverbot des Absatzes 3 erkennen. Eine solchen konnte auch der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung nicht aufzeigen.

Die Regelung lässt für die Rechtsunterworfenen bereits nicht klar erkennen, an wen sie sich richtet. Es wird nicht deutlich, ob das Verbot nur an öffentlich-rechtliche Veranstalter oder auch an gewerbliche und private Veranstalter adressiert ist. Da der Wortlaut keine Einschränkung des Adressatenkreises enthält, könnte dies für einen weitreichenden persönlichen Anwendungsbereich sprechen.

Auslegungsprobleme bereitet sodann aber der Zusatz "für die Öffentlichkeit". Welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit davon ausgegangen werden kann, dass ein Feuerwerk "für die Öffentlichkeit" veranstaltet wird, ist der Regelung weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck zweifelsfrei zu entnehmen. Ein Feuerwerk "für die Öffentlichkeit" könnte einerseits vorliegen, wenn der Veranstaltungsort des Feuerwerks ohne jegliche Einschränkungen für jeden zugänglich ist, andererseits könnte der Begriff auch Feuerwerke einschließen, die zwar grundsätzlich von jedermann besucht werden können, deren Zugang jedoch durch bestimmte Voraussetzungen (wie etwa den Erwerb einer Eintrittskarte) beschränkt wird. Besondere Schwierigkeiten bei der Auslegung bereitet dabei auch der Umstand, dass ein jedes Feuerwerk weithin sichtbar ist und damit von der "Öffentlichkeit" beobachtet werden kann. Hieraus könnte folgen, dass es darauf ankommt, mit welcher Absicht der Veranstalter das Feuerwerk zündet, ob dieses also der Unterhaltung eines nicht bestimmbaren uneingeschränkten Adressatenkreises oder der eines bestimmten und bestimmbaren Personenkreises dienen soll. Ob der Verordnungsgeber den Tatbestand der "Öffentlichkeit" tatsächlich an die - behördlicherseits kaum überprüfbare - innere Zwecksetzung der Veranstalter knüpfen wollte, erscheint allerdings im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit der Regelung fraglich. Mit Blick auf den (vermeintlichen) Sinn und Zweck der Regelung, Ansammlungen von Personen zu verhindern, erscheint es denkbar, dass der Verordnungsgeber mit dem Verbot insbesondere (regelmäßig durch Kommunen organisierte) auf öffentlichen Plätzen zum Jahreswechsel gezündete Feuerwerke ausschließen wollte, die der Unterhaltung eines breiten, nicht abgrenzbaren Personenkreises dienen und entsprechend aus infektionsschutzrechtlicher Sicht kaum kontrollierbar sind. Gegen ein solches Normverständnis spricht wiederum, dass in diesem Fall Veranstalter, die ihr Feuerwerk nur für einen abgegrenzten Personenkreis (etwa die Käufer von Eintrittskarten) anbieten, von der Regelung nicht erfasst wären. Eine weite Auslegung der Regelung, die jegliche Arten eines "veranstalteten" Feuerwerks umfasst, widerspräche wiederum dem Wortlaut der Norm, welcher lediglich "Feuerwerk für die Öffentlichkeit" verbietet.

Nicht aufklärbar ist daneben auch, wie der Begriff des "Veranstaltens" zu verstehen ist. Das Vorliegen einer "Veranstaltung" setzt grundsätzlich voraus, dass es sich um ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis handelt, das mit dem Ziel der Unterhaltung von Zuschauern in der abgegrenzten Verantwortung einer Person oder Institution stattfindet und an dem eine Gruppe von Menschen teilnimmt (vgl. VGH München, Beschl. v. 8.6.2020 - 20 NE 20.1316 -, juris Rn. 24). Das Zünden von Feuerwerk ausschließlich zur eigenen Unterhaltung im privaten Kreis kann daher nicht als "Veranstalten" von Feuerwerk gewertet werden. Wie groß die Gruppe der Teilnehmer bzw. Zuschauer sein muss und welche Anforderungen an den Organisationsgrad der Veranstaltung zu stellen sind, um den Tatbestand eines "veranstalteten Feuerwerks" zu erfüllen, ergibt sich aber weder aus dem Wortlaut der Regelung noch lassen sich hierzu eindeutige Rückschlüsse aus der Systematik der Verordnung ziehen.

Der Versuch der Auslegung führt damit zu keinen befriedigenden Ergebnissen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte nicht aufgeklärt werden, welche konkreten Fallgruppen von der Regelung erfasst sein sollten. Angesichts der Vielzahl denkbarer Interpretationsmöglichkeiten sind Inhalt und Tragweite des Verbots nicht hinreichend klar bestimmbar, sodass für den Rechtsunterworfenen nicht rechtssicher festzustellen war, inwieweit das Veranstalten eines Feuerwerks durch § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagt war.

Dagegen ließen die Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung für ihre Adressaten ihren Inhalt und ihre Tragweite (noch) hinreichend klar erkennen.

§ 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ordnete an, dass der Verkauf und die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen unzulässig sind. Das Verbot des § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erstreckte sich damit inhaltlich auf

- alle "Feuerwerkskörper", die in § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz - SprengG) legal definiert sind als "pyrotechnische Gegenstände für Unterhaltungszwecke" und die gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 SprengG nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefährdung und ihrem Verwendungszweck in folgende Kategorien eingeteilt werden:

- Kategorie F1: "Feuerwerkskörper, von denen eine sehr geringe Gefahr ausgeht, die einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in geschlossenen Bereichen vorgesehen sind, einschließlich Feuerwerkskörpern, die zur Verwendung innerhalb von Wohngebäuden vorgesehen sind," sog. Kleinst- und Jugendfeuerwerk, das ab dem 12. Lebensjahr ganzjährig erworben und verwendet werden darf, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk,

- Kategorie F2: "Feuerwerkskörper, von denen eine geringe Gefahr ausgeht, die einen geringen Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen sind," sog. Kleinfeuerwerk, das ab dem 18. Lebensjahr in der Zeit vom 28. bis 31. Dezember erworben werden und in der Silvesternacht verwendet werden darf,

- Kategorie F3: "Feuerwerkskörper, von denen eine mittlere Gefahr ausgeht, deren Lärmpegel die menschliche Gesundheit jedoch nicht gefährdet und die zur Verwendung in weiten offenen Bereichen im Freien vorgesehen sind," sog. Mittelfeuerwerk, das regelmäßig nur mit einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erworben und verwendet werden darf,

- Kategorie F4: ""Feuerwerkskörper, von denen eine große Gefahr ausgeht, die zur Verwendung nur durch Personen mit Fachkenntnissen vorgesehen sind, deren Lärmpegel die menschliche Gesundheit jedoch nicht gefährdet," sog. Großfeuerwerk, das regelmäßig nur mit einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erworben und verwendet werden darf,

- und darüber hinaus auch auf alle "anderen pyrotechnischen Gegenstände", die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 SprengG legal definiert sind als "Gegenstände, die explosionsgefährliche Stoffe oder Stoffgemische enthalten (pyrotechnische Sätze), mit denen auf Grund selbsterhaltender, exotherm ablaufender chemischer Reaktionen Wärme, Licht, Schall, Gas oder Rauch oder eine Kombination dieser Wirkungen erzeugt werden soll" und die etwa als pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SprengG: Komponenten von Sicherheitsvorrichtungen in Fahrzeugen, die pyrotechnische Sätze enthalten, die zur Aktivierung dieser oder anderer Vorrichtungen verwendet werden, etwa in Airbags), für Bühnen und Theater (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 SprengG) oder für andere technische Zwecke (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 SprengG) vielfältige Verwendung finden.

In Bezug auf die so definierten Feuerwerkskörper und anderen pyrotechnischen Gegenstände bestand gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zum einen ein generelles Verbot des Verkaufs und der Abgabe, zum anderen (zumindest als tatsächliche Folge) ein Ausschluss des (entgeltlichen) Erwerbs und der (unentgeltlichen) Annahme.

Das Verkaufs- und Abgabeverbot richtete sich an alle natürlichen und juristischen Personen, die Feuerwerkskörper und andere pyrotechnische Gegenstände verkaufen bzw. abgeben und ihren Sitz im Geltungsbereich der Verordnung haben. Nach ihrem Wortlaut, der keine räumliche Beschränkung des Verkaufsverbots vorsieht, umfasst die Regelung dabei sowohl den Verkauf der Produkte an natürliche und juristische Personen, die sich innerhalb Niedersachsens aufhalten, als auch grenzüberschreitende Verkäufe in andere Länder, beispielsweise im Wege des Versandhandels. Der Senat teilt die Zweifel der Antragstellerin an der Bestimmtheit der Norm insoweit nicht.

§ 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte das Mitführen und Abbrennen bereits erworbener oder sonst erlangter Feuerwerkskörper und richtete sich ohne Einschränkungen an alle natürliche Personen, die beabsichtigten, Feuerwerk und andere pyrotechnische Gegenstände abzubrennen und zu diesem Zweck mitzuführen.

Soweit die Antragstellerin rügt, es sei weder nach dem Wortlaut noch aus der Verordnungsbegründung für einen Normadressaten ersichtlich, ob damit auch ein bloßes Bei-Sich-Führen (beispielsweise in einem verschlossenen Paket, etwa durch einen Spediteur oder Lieferanten) gemeint sei, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Bereits aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich, dass der Transport von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Waren zu gewerblichen Zwecken nicht von dem Verbot des Mitführens umfasst war. Im allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet der Begriff des "Mitführens", dass eine Person einen Gegenstand bei sich trägt, ihn also so in ihrer Nähe hat, dass sie ihn ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten benutzen kann. Ein Transport verpackter Waren - etwa durch ein Logistikunternehmen - ist hiervon entsprechend nicht erfasst. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Das Verbot des Mitführens sollte dazu dienen, die Durchsetzung des Abbrennverbots zu erleichtern, da das Abbrennen von mitgeführtem Feuerwerk ohne großen Aufwand und zeitlichen Vorlauf möglich ist. Dafür, dass der Antragsgegner auch den gewerblichen Warentransport unterbinden wollte, gibt es hingegen keine Anhaltspunkte. Gleiches gilt für in Fahrzeugen enthaltene Pyrotechnik. Die Regelung des § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist sowohl grammatisch als auch teleologisch dahingehend auszulegen, dass das Führen eines Fahrzeugs, in welchem pyrotechnische Gegenstände fest verbaut sind, nicht von dem Verbot des Mitführens erfasst ist.

3. Die danach hinreichend bestimmten Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erweisen sich aber als materiell rechtswidrig. Zwar bestehen im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns (a) keine rechtlichen Bedenken, die Infektionsschutzmaßnahmen waren jedoch nicht notwendig im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. (b).

a) Nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. durften unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend waren, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. für den Erlass infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen waren im Geltungszeitraum der hier zu beurteilenden Verordnungsregelung erfüllt.

(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a, §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Zum Zeitpunkt des Erlasses der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 sowie der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nrn. 3 ff. IfSG) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt und COVID-19 stellte sich im hier zu beurteilenden Zeitraum als eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG dar.

Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/interactive-timeline#!). Der 13. Senat des erkennenden Gerichts hat sich in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2020 (13 MN 552/20 -, juris: Rn. 36 ff.) mit der Pandemielage im Erlasszeitpunkt der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 ausführlich befasst und hierzu ausgeführt:

"Weltweit sind derzeit mehr 71.000.000 Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert und mehr als 1.600.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 14.12.2020). Bisher haben sich im Bundesgebiet mehr als 1.350.000 Menschen infiziert und mehr als 22.400 Menschen sind im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben. In Niedersachsen haben sich bislang mehr als 86.700 Menschen infiziert und sind mehr als 1.400 Menschen infolge der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch-Institut (RKI), COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 15.12.2020). Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Weltweit nimmt die Anzahl der Fälle weiter zu. Der im Oktober sehr steile Anstieg der Fallzahlen in Deutschland konnte durch den Teil-Lockdown ab dem 1. November 202 zunächst in ein Plateau überführt werden. Die Anzahl neuer Fälle blieb aber auf sehr hohem Niveau und steigt seit Anfang Dezember inzwischen wieder stark an. Darüber hinaus ist die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und die Anzahl der Todesfälle stark angestiegen. Das Infektionsgeschehen ist zurzeit diffus, in vielen Fällen kann das Infektionsumfeld nicht mehr ermittelt werden. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen private Haushalte, das berufliche Umfeld sowie insbesondere auch Alten- und Pflegeheime. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. (vgl. RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.12.2020). Diese Gefährdungseinschätzung des RKI als nationaler Behörde nach § 4 Abs. 1 IfSG wird nach dem Dafürhalten des Senats durch vereinzelt geäußerte Zweifel an der Zuverlässigkeit der zum Nachweis von SARS-CoV-2 verwendeten sog. PCR-Tests nicht erschüttert (vgl. hierzu Bayerischer VGH, Beschl. v. 8.9.2020 - 20 NE 20.2001 -, juris Rn. 28).

COVID-19 ist eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege, aber auch anderer Organsysteme mit den Symptomen Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Der Krankheitsverlauf variiert in Symptomatik und Schwere. Es wird angenommen, dass etwa 81% der diagnostizierten Personen einen milden, etwa 14% einen schwereren und etwa 5% einen kritischen Krankheitsverlauf zeigen. Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Männer, Raucher (bei schwacher Evidenz), stark adipöse Menschen, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Die Erkrankung ist sehr infektiös, und zwar nach Schätzungen beginnend etwa ein bis zwei Tage vor Symptombeginn und endend - bei mild-moderaten Erkrankungen - jedenfalls zehn Tage nach Symptombeginn. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel (größere Tröpfchen und kleinere Aerosole), die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen. Auch eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden. Es ist zwar offen, wie viele Menschen sich insgesamt in Deutschland mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren werden. Schätzungen gehen aber von bis zu 70% der Bevölkerung aus, es ist lediglich unklar, über welchen Zeitraum dies geschehen wird. Grundlage dieser Schätzungen ist die so genannte Basisreproduktionszahl von COVID-19. Sie beträgt ohne die Ergreifung von Maßnahmen 3,3 bis 3,8. Dieser Wert kann so interpretiert werden, dass bei einer Basisreproduktionszahl von etwa 3 ungefähr zwei Drittel aller Übertragungen verhindert werden müssen, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 85%. Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem werden etwa 14% der in Deutschland dem RKI übermittelten Fälle hospitalisiert. Unter hospitalisierten COVID-19-Patienten mit einer schweren akuten Atemwegserkrankung mussten 37% intensivmedizinisch behandelt und 17% beatmet werden. Die mediane Hospitalisierungsdauer von COVID-19-Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung beträgt 10 Tage und von COVID-19-Patienten mit einer Intensivbehandlung 16 Tage. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome - ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin v. 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.3.2020). Eine Impfung ist in Deutschland immer noch nicht verfügbar. Verschiedene spezifische Therapieansätze (direkt antiviral wirksam, immunmodulatorisch wirksam) wurden und werden im Verlauf der Pandemie in Studien untersucht. Zwei Arzneimittel erwiesen sich jeweils in einer bestimmten Gruppe von Patienten mit COVID-19 als wirksam. Als direkt antiviral wirksames Arzneimittel erhielt Remdesivir am 3. Juli 2020 eine bedingte Zulassung zur Anwendung bei schwer erkrankten Patienten durch die Europäische Kommission. Als immunmodulatorisch wirksames Arzneimittel erhielt Dexamethason eine positive Bewertung durch die Europäische Kommission für die Anwendung bei bestimmten Patientengruppen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2. Aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes lassen sich keine zuverlässigen Aussagen zu Langzeitauswirkungen und (irreversiblen) Folgeschäden durch die Erkrankung bzw. ihre Behandlung (z.B. in Folge einer Langzeitbeatmung) treffen. Allerdings deuten Studiendaten darauf hin, dass an COVID-19 Erkrankte auch Wochen bzw. Monate nach der akuten Erkrankung noch Symptome aufweisen können.

Während der Fall-Verstorbenen-Anteil bei Erkrankten bis etwa 50 Jahren unter 0,1% liegt, steigt er ab 50 zunehmend an und liegt bei Personen über 80 Jahren häufig über 10% (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888, Stand: 11.12.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 11.12.2020).

Auch wenn nach diesen Erkenntnissen nur ein kleiner Teil der Erkrankungen schwer verläuft, kann das individuelle Risiko anhand der epidemiologischen und statistischen Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen, auch nach leichten Verläufen, sind derzeit noch nicht abschätzbar. Die Belastung des Gesundheitssystems hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den hauptsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen ab. Sie kann örtlich sehr schnell zunehmen und dann insbesondere das öffentliche Gesundheitswesen, aber auch die Einrichtungen für die ambulante und stationäre medizinische Versorgung stark belasten. Deshalb bleiben intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Diese Maßnahmen verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen und für die Durchführung von Impfungen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (vgl. hierzu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.12.2020)."

Die danach vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a. F. verpflichteten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 - juris Rn. 23).

Zugleich stand fest, dass die in der streitgegenständlichen Verordnungsregelung getroffenen Maßnahmen nicht auf die Rechtsgrundlage des § 16 Abs. 1 IfSG a. F. gestützt werden konnten. Denn die Rechtsgrundlagen einerseits des § 16 Abs. 1 IfSG im Vierten Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes "Verhütung übertragbarer Krankheiten" und andererseits des § 28 Abs. 1 IfSG im Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes "Bekämpfung übertragbarer Krankheiten" stehen in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander; der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 IfSG ist nur eröffnet, solange eine übertragbare Krankheit noch nicht aufgetreten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 - BVerwG I C 60.67 -, BVerwGE 39, 190, 192 f. - juris Rn. 28 (zu §§ 10 Abs. 1, 34 Abs. 1 BSeuchG a.F.); NdsOVG, Urt. v. 3.2.2011 - 13 LC 198/08 -, juris Rn. 40).

(2) Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. lagen vor. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG insbesondere die Untersagung oder Beschränkung von Freizeitveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen sowie die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 hatte der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 festgestellt, sodass der Anwendungsbereich des Maßnahmenkatalogs des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. eröffnet war.

Gemäß § 28a Abs. 3 IfSG a.F. sollten sich Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. und den §§ 29 bis 31 IfSG a. F. insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ausrichten. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen war insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Bei einer bundesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen waren bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Bei einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen waren landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Gegen die angefochtene Regelung bestehen auch unter diesen Gesichtspunkten keine Bedenken. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 lag die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen bundesweit bei 174 Fällen, im C. bei 91 Fällen (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 15.12.2020, S. 1), sodass landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben waren.

b) Das Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in der konkreten Ausgestaltung des § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung war aber keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a. F.

§ 28 Abs. 1 IfSG a.F. liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Begriff der "Schutzmaßnahmen" ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 37; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 2.4.2020 - 3 MB 8/20 -, juris Rn. 35). Der weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a. F. aber dahin begrenzt, dass jede Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall "notwendig" sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 38). Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 - 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

Für die gerichtliche Beurteilung der Notwendigkeit einer Infektionsschutzmaßnahme ist allein die Sachlage gemäß objektivierter Kenntnislage der die Maßnahmen anordnenden zuständigen Infektionsschutzbehörde im Zeitpunkt ihres Handelns maßgeblich (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser ex ante-Sicht bei der Beurteilung von Gefahrenprognosen: BVerfG, Beschl. v. 20.4.2017 - 2 BvR 1754/14 -, juris Rn. 48 f.; BVerwG, Urt. v. 29.3.2019 - 9 C 4.18 -, juris Rn. 48; Urt. v. 25.10.2017 - 6 C 46.16 -, juris Rn. 49; NdsOVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 389/20 -, juris Rn. 58).

Die danach erforderliche objektive Notwendigkeit war für das Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen nach § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht gegeben. Zwar ist die Art der hier gewählten Schutzmaßnahmen grundsätzlich nicht zu beanstanden, in ihrem konkreten Umfang erweisen sie sich jedoch nicht als notwendig.

Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, dass die Regelungen des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zur Erreichung eines legitimen Ziels (1) geeignet waren (2); jedenfalls waren sie weder erforderlich (3) noch angemessen (4).

(1) Der Verordnungsgeber verfolgte mit den hier streitgegenständlichen Verordnungsregelungen das fraglos legitime Ziel, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden (vgl. die Begründung für die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 15.12.2020, Nds. GVBl. S. 491 f.). Die damit erstrebte Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung ist auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 -, juris Rn. 119 m.w.N.).

Zu einer darüberhinausgehenden Abwehr von spezifischen Gefahren, die sich aus dem Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ergeben, war der Antragsgegner unter Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigung des § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a. F. hingegen nicht befugt. Im Bereich des Sprengstoffrechts besteht eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, vgl. Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG. Die darauf beruhenden bundesrechtlichen Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes und der hierzu erlassenen Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz regeln den Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in Bezug auf feuerwerksspezifische Gefahren abschließend und mit Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.12.2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 40 m.w.N.).

(2) Der Senat hält es jedoch für zweifelhaft, dass das in § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zur Erreichung danach allein relevanter infektionsschutzrechtlicher Ziele geeignet war. Es spricht viel dafür, dass das Ziel der Vermeidung oder jedenfalls der Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte durch die streitbefangenen Regelungen nicht gefördert werden konnte.

Der nach § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte Verkauf sowie die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen erfolgten zum damaligen Zeitpunkt entweder kontaktlos über den Versandhandel oder in den noch für den Publikumsverkehr und Besuche geöffneten Verkaufsstellen des Einzelhandels (vgl. § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Es ist daher nicht offensichtlich, dass durch ein Verkaufsverbot eine signifikante Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte eingetreten wäre.

Dies gilt erst recht, soweit das Verkaufs- und Abgabeverbot - jedenfalls im Falle des Versandhandels - auch über die Landesgrenzen hinaus galt. Inwiefern ein Verbot des Verkaufs oder der Abgabe von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen an Abnehmer aus anderen (Bundes-) Ländern geeignet sein könnte, infektionsrelevante Kontakte im C. einzuschränken, ist nicht erkennbar.

Das nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte "Mitführen" von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen steht in keinem Bezug zu infektionsrelevanten Kontakten zwischen verschiedenen Personen. Ebenso wenig setzt das nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ebenfalls untersagte "Abbrennen" von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen einen infektionsrelevanten Kontakt verschiedener Personen voraus und führt auch nicht zwingend zu einem solchen. Der Senat vermag insbesondere nicht zu erkennen, dass das Abbrennen von Feuerwerkskörpern der Kategorie F1 und anderen pyrotechnischen Gegenständen erfahrungsgemäß zu infektionsschutzrechtlich unerwünschten Personenansammlungen führt. Unabhängig davon waren Ansammlungen bereits nach § 1 Satz 1, § 2 Abs. 1, 1b und 2, § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung verboten oder auf das infektionsschutzrechtlich noch hinzunehmende Maß beschränkt (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.12.2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 42).

Die Eignung erscheint auch im Hinblick auf das Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, fraglich. Denn es ist nicht ersichtlich, dass davon ausgegangen werden musste, dass die mit behandlungsbedürftigen Verletzungen verbundene Belastung neben den zu behandelnden Corona-Erkrankungen zu einer Überlastung des Gesundheitssystems im C. geführt hätte. Dabei stellt der Senat nicht in Frage, dass der Umgang mit Feuerwerkskörpern gerade in der Silvesternacht zu zahlreichen behandlungsbedürftigen Verletzungen führen kann und in der Vergangenheit auch geführt hat (vgl. beispielhaft die Angaben bei Gabel-Pfisterer u.a., Dreijahresergebnisse der deutschlandweiten Umfrage zu Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper, in: Ophtalmologe 2019, 1138 ff.). Es ist aber fragwürdig, ob hierdurch (kurzzeitig) gebundene medizinische Behandlungskapazitäten (wohl vorrangig der Notaufnahmen) überhaupt erforderliche medizinische Kapazitäten zur Behandlung COVID-19-Erkrankter reduzieren und bejahendenfalls, ob dies zu einer Überlastung des Gesundheitssystems im C. geführt hätte. Aus dem Vorbringen des Antragsgegners ergibt sich dies nicht. Auch nach Auswertung öffentlich zugänglicher Angaben zur Auslastung intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten im C. (vgl. die Angaben unter https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen) ist nicht offensichtlich, dass zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses eine solche Überlastung zu erwarten war. So standen am 14. Dezember 2020 in Niedersachsen 454 freie Intensivbetten und eine Notfallreserve von 1.018 Betten zur Verfügung.

(3) Selbst bei einer unterstellten Eignung zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele wäre das in § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete umfassende Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens aller Arten von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen jedenfalls nicht erforderlich gewesen.

(aa) Dies betrifft zunächst die Erstreckung des Verbots auf alle Arten von Feuerwerkskörpern und grundsätzlich alle Arten anderer pyrotechnischer Gegenstände.

Feuerwerkskörper der Kategorie F1 ("Feuerwerkskörper, von denen eine sehr geringe Gefahr ausgeht, die einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in geschlossenen Bereichen vorgesehen sind, einschließlich Feuerwerkskörpern, die zur Verwendung innerhalb von Wohngebäuden vorgesehen sind", bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk) haben kein Potenzial, infektionsrelevante Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen zu provozieren. Zudem bergen sie nur ein sehr geringes Risiko, krankenhausbehandlungsbedürftige Behandlungen - erst recht in einer für die Belastung des Gesundheitssystems erheblichen Anzahl und Schwere - zu verursachen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.12.2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 46).

Die vom Verbot darüber hinaus umfassten "anderen pyrotechnischen Gegenstände" (etwa pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge als Komponente von Airbags, für Bühnen und Theater oder für andere technische Zwecke) lassen jedweden Bezug zu infektionsschutzrechtlich relevanten Geschehen vermissen. Ebenso wie bereits der 13. Senat des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 18.12.2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 47) sieht auch der hier zur Entscheidung berufene Senat keinen Anlass, den klaren, an sprengstoffrechtlichen Begriffsbestimmungen orientierten Wortlaut einschränkend auszulegen. Hiergegen sprechen schon die Ausnahmen in den jeweiligen Sätzen 2 des § 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, die ausdrücklich andere pyrotechnische Gegenstände nur für einen bestimmten technischen Zweck ("pyrotechnische Gegenstände, die als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr zugelassen sind oder der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dienen") von dem Verbot ausnehmen und so zugleich den umfassenden Charakter des Verbots im Übrigen bestätigen.

Nachvollziehbare Gründe dafür, dass sich der Antragsgegner für ein umfassendes Verbot von Feuerwerk und allen pyrotechnischen Gegenständen entschieden hat, bestehen nicht. Es liegen angesichts der in der 1. SprengV a.F. getroffenen Regelung auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine etwa auf die Feuerwerkskörper der Kategorie F2 beschränkte Regelung für die Normadressaten nicht verständlich formuliert und deshalb nur ein umfassendes Verbot aller Arten von Feuerwerkskörpern und auch anderen pyrotechnischen Gegenständen erlassen werden konnte (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV a.F.: "Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen dem Verbraucher im Jahr 2020 nicht und in anderen Jahren nur in der Zeit vom 29. bis 31. Dezember überlassen werden; ist einer der genannten Tage ein Sonntag, ist ein Überlassen bereits ab dem 28. Dezember zulässig."; ähnlich § 5 Satz 3 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung v. 15.12.2020: "Auf von den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden festzulegenden zentralen Begegnungsflächen in Innenstädten oder sonstigen öffentlichen Orten unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, ist es untersagt, pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 im Sinne von § 3a des Sprengstoffgesetzes (SprengG) mit sich zu führen oder abzubrennen.").

(bb) Darüber hinaus fehlt es aber auch an einer Erforderlichkeit für ein zeitlich (innerhalb der Geltungsdauer der Verordnung) unbefristetes Verbot.

Nachvollziehbare Gründe dafür, dass ein über den Jahreswechsel vom 31. Dezember 2020 bis zum 1. Januar 2021 hinauswirkendes Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und Abbrennen von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen jedweder Art aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erforderlich sein könnte, sind vom Antragsgegner weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt worden und für den Senat auch nicht erkennbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass für Feuerwerk der Kategorie F2 nach § 22 Abs. 1 der 1. SprengV ohnehin vom 1. Januar bis zum 28. Dezember grundsätzlich ein Überlassungsverbot an Verbraucher besteht und pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27, eines Befähigungsscheines nach § 20 des Gesetzes oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 verwendet (abgebrannt) werden dürfen. Ebenso wenig erschließt sich, aus welchen Gründen der Verkauf und das Abbrennen von Feuerwerk der Kategorie F1 sowie anderen pyrotechnischen Gegenständen für den gesamten Geltungszeitraum der Verordnung erforderlich gewesen sein könnte, da der Verordnungsgeber vor und nach dem Erlass der streitgegenständlichen Verordnungsfassung offenbar keine Notwendigkeit für eine entsprechende Regelung gesehen hat.

(cc) Es war schließlich auch nicht erforderlich, ein räumlich unbegrenztes Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens zu erlassen.

Dies gilt zunächst, soweit die Regelung des § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch den Verkauf und die Abgabe von Feuerwerk über die Landes- und insbesondere die Bundesgrenzen hinaus unterband. Angesichts des Umstands, dass der Verkauf und Erwerb von Feuerwerk in mehreren angrenzenden Bundesändern - jedenfalls bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom 18. Dezember 2020 - sowie im Ausland weiterhin erlaubt war, ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen der Antragsgegner das Verkaufsverbot nicht auf Verkäufer und Käufer aus Niedersachsen hätte beschränken können.

Auch das räumlich unbegrenzte Verbot des Mitführens und Abbrennens war nicht erforderlich. Der vom Antragsgegner angenommenen Gefahr infektionsrelevanter Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen hätte in gleicher Weise effektiv dadurch vorgebeugt werden, dass das Verbot auf solche Orte beschränkt wird, an denen diese angenommene Gefahr überhaupt oder jedenfalls typischerweise besteht (vgl. bspw. § 25 Satz 1 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin v. 14.12.2020: "Für den Zeitraum vom 31. Dezember 2020 bis einschließlich 1. Januar 2021 ist abweichend von § 2 Absatz 1 Satz4, Absatz 3 und 4 der Aufenthalt sowie die Verwendung von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen auf öffentlichen Straßen, Plätzen und in Grünanlagen, die von der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung im Einvernehmen mit der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung zur Gewährleistung der Einhaltung infektionsschutzrechtlicher Vorschriften besonders ausgewiesen werden, verboten."). Diese Einschätzung liegt offenbar auch dem auf der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13. Dezember 2020 gefassten Beschluss zugrunde ("Darüber hinaus gilt ein Feuerwerksverbot auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen. Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird in diesem Jahr generell verboten und vom Zünden von Silvesterfeuerwerk generell dringend abgeraten, ..."). Eine nachvollziehbare oder gar überzeugende Begründung für seine abweichende Beurteilung der Erforderlichkeit hat der Antragsgegner nicht präsentiert (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 21.12. 2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn 50f.). Dass dem Antragsgegner der Erlass einer solchen örtlich begrenzten Regelung aber ohne Weiteres möglich gewesen wäre, zeigt schließlich auch die Formulierung des § 10a Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in seiner Fassung vom 22. Dezember 2020.

(4) Unter Berücksichtigung der zweifelhaften Eignung und mangelnden Erforderlichkeit sind die in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Verbote zwangsläufig auch nicht angemessen. Die Regelungen haben ersichtlich gravierende negative wirtschaftliche Auswirkungen für die Adressaten des § 10a Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung und greifen im Falle der Antragstellerin und anderen gewerblichen Anbietern von Feuerwerk und pyrotechnischen Gegenständen in erheblicher Weise in die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Für Gewerbe, die auf den Verkauf von Pyrotechnik spezialisiert sind oder Dienstleistungen im Bereich der Pyrotechnik anbieten, kam das Verkaufs- und Abbrennverbot einem temporären Berufsverbot gleich. Der Umstand, dass die Nichtbeachtung der Verbote nach § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung gemäß deren § 19 Abs. 1 ("Verstöße gegen die §§ 2 bis 10 und 14 bis 16 stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG dar und werden mit Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet.") ausnahmsweise nicht bußgeldbewehrt ist, nimmt dem Eingriff nicht seine Schwere. Denn einem ordnungsbehördlichen Einschreiten und der zwangsweisen Durchsetzung der verordneten Verhaltenspflichten steht die fehlende Bußgeldbewehrtheit nicht entgegen. Zu diesem schwerwiegenden und nicht erforderlichen Grundrechtseingriff stehen die verfolgten legitimen Ziele in keinem angemessenen Verhältnis (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 21.12. 2020 - 13 MN 568/20 -, juris Rn. 53).

c) Gegen das Verbot, Feuerwerk und andere pyrotechnische Gegenstände aller Art zu verkaufen oder abzugeben, bestehen ferner auch europarechtliche Bedenken. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2013/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt (Neufassung; sog. Pyrotechnik-Richtlinie, im Folgenden: RL 2013/29/EU) dürfen die Mitgliedstaaten die Bereitstellung auf dem Markt von pyrotechnischen Gegenständen, die den Anforderungen dieser Richtlinie genügen, nicht verbieten, beschränken oder behindern. Dabei umfasst die "Bereitstellung auf dem Markt" jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines pyrotechnischen Gegenstands zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit (Art. 2 Nr. 7 RL 2013/29/EU). Art. 4 Abs. 2 RL 2013/29/EU stellt klar, dass die Richtlinie einen Mitgliedsstaat nicht daran hindert, aus berechtigten Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der menschlichen Gesundheit oder Sicherheit oder des Umweltschutzes Maßnahmen zum Verbot oder zur Beschränkung des Besitzes, der Verwendung und/oder des Verkaufs von Feuerwerkskörpern der Kategorien F2 und F3, von pyrotechnischen Gegenständen für Bühne und Theater und anderen pyrotechnischen Gegenständen an die breite Öffentlichkeit zu ergreifen. Bei Feuerwerkskörpern der Kategorie F2 handelt es sich um "Feuerwerkskörper, die eine geringe Gefahr darstellen, einen geringen Lärmpegel besitzen und die zur Verwendung in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen sind", Feuerwerkskörper der Kategorie F3 umfassen "Feuerwerkskörper, die eine mittlere Gefahr darstellen, die zur Verwendung in weiten offenen Bereichen im Freien vorgesehen sind und deren Lärmpegel die menschliche Gesundheit nicht gefährdet" (Art. 6 Abs. 1 lit. a) Nr. ii) und iii) RL 2013/29/EU). Maßnahmen zur Beschränkung des Verkaufs von Feuerwerkskörpern der Kategorie F1 ("Feuerwerkskörper, die eine sehr geringe Gefahr darstellen, einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und die in geschlossenen Bereichen verwendet werden sollen, einschließlich Feuerwerkskörpern, die zur Verwendung innerhalb von Wohngebäuden vorgesehen sind", Art. 6 Abs. 1 lit. a) Nr. i) RL 2013/29/EU), sieht die Pyrotechnik-Richtlinie hingegen nicht vor. Demnach spricht viel dafür, dass das auch Feuerwerkskörper der Kategorie F1 umfassende Verkaufsverbot des § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung über die nach Europarecht zulässigen Beschränkungen des Verkaufs hinausgeht. Hierüber muss der Senat angesichts der ohnehin bereits feststehenden Rechtswidrigkeit der Maßnahme jedoch nicht mehr abschließend entscheiden.

4. Ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung bedarf es hinsichtlich der weiteren Einwände der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Regelungen. Das gilt vor allem im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenz des Antragsgegners zum Erlass der streitgegenständlichen Normen. Diese unterliegt nach Auffassung des Senats den folgenden Bedenken:

Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG sind Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. In Bezug auf Maßnahmen gegen übertragbare Krankheiten hat der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungskompetenz durch den Erlass des Infektionsschutzgesetzes Gebrauch gemacht. Die Länder haben im Rahmen der verschiedenen Verordnungsermächtigungen des Infektionsschutzgesetzes die Befugnis zur weiteren Normsetzung. Im Bereich des Sprengstoffrechts besteht - wie bereits dargelegt - eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, vgl. Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG; auf dieser Grundlage regeln die bundesrechtlichen Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes und der hierzu erlassenen Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) den Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in Bezug auf feuerwerksspezifische Gefahren abschließend und mit Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber.

Dies zugrunde gelegt, spricht viel dafür, dass der Antragsgegner im Hinblick auf § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 grundsätzlich über eine entsprechende Verordnungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 i.V.m. § 32 IfSG a.F. verfügte, soweit die Regelung dem Infektionsschutz (und nicht der Abwehr feuerwerksspezifischer Gefahren) diente. Der Senat hält es jedoch - jedenfalls im Hinblick auf das Verkaufs- und Abgabeverbot des § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung - für zweifelhaft, ob die Verordnungskompetenz des Antragsgegners auch nach Verkündung der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom 18. Dezember 2020 (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verkündung: Dürig/Herzog/Scholz/Uhle, 99. EL September 2022, GG Art. 72 Rn. 109 und Sachs/Degenhart, 9. Aufl. 2021, GG Art. 72 Rn. 35, jeweils m.w.N.), mit der § 22 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV neu gefasst wurde, noch fortbestand. Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz hat der Bundesgesetzgeber ein Verbot der Überlassung von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 an Verbraucher im Jahr 2020 normiert. Ziel dieser Regelung war es, in Anbetracht der durch die Pandemielage angespannten Situation in den Krankenhäusern Zusatzbelastungen durch behandlungsbedürftige Verletzungen von Bürgern zu vermeiden, die in der Vergangenheit durch (unsachgemäßes) Abbrennen von Feuerwerkskörpern am Silvesterabend regelmäßig aufgetreten sind (vgl. BR-Drs. 765/20, Begründung S. 2). Die Anpassung des § 22 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV diente damit neben der Vermeidung feuerwerksspezifischer Gefahren auch infektionsschutzrechtlichen Zwecken. Entsprechend ist der Bundesgesetzgeber durch den Erlass der Neufassung des § 22 Abs. 1 Satz 1 der 1. SprengV auch im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG tätig geworden.

Nach Auffassung des Senats spricht viel dafür, dass der Bundesgesetzgeber das Verkaufsverbot für Feuerwerk insoweit abschließend regeln wollte. So lag der Zweck der bundesgesetzlichen Regelung unter anderem darin, ein einheitliches Verbot für alle Bundesländer zu erlassen und unterschiedliche Regelungen zu vermeiden. Das Verkaufsverbot des Bundes umfasste Feuerwerk der Kategorie F2 und damit das gängige, von Verbrauchern genutzte Silvesterfeuerwerk. Für ein darüber hinausgehendes Verbot - etwa von Kleinstfeuerzeug der Kategorie F1 - sah der Bundesgesetzgeber angesichts der wesentlich geringeren Verletzungsgefahr offenbar keine Veranlassung. Zudem ermöglicht die Richtlinie 2013/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt - wie bereits ausgeführt - ausschließlich einschränkende Maßnahmen im Hinblick auf Feuerwerkskörper der Kategorien F2 und F3. Hierauf hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat in einer an die zuständigen Stellen der Bundesländer gerichteten Rundmail vom 15. Dezember 2020 auch hingewiesen.

Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass mit dem Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz eine Normenkollision eingetreten ist.

5. Die Feststellung, dass die Regelungen in § 10a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unwirksam gewesen sind, wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerin in diesem Verfahren; sie ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO allgemeinverbindlich. Für den Senat ist kein Grund ersichtlich, die Feststellung der Unwirksamkeit einer bereits außer Kraft getretenen Rechtsvorschrift anders zu behandeln als die Unwirksamkeitserklärung einer noch Geltung beanspruchenden Rechtsvorschrift. In beiden Fällen spricht das Oberverwaltungsgericht nur die ipso iure (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO: "Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; ...") gegebene Unwirksamkeit deklaratorisch aus, und zwar mit Wirkung ex tunc bzw. mit Wirkung ab einem späteren Zeitpunkt, in dem das die Ungültigkeit herbeiführende Ereignis eingetreten ist. Die hiermit verbundene Beseitigung des Rechtsscheins der Gültigkeit einer Rechtsvorschrift in ihrem Geltungszeitraum ist in beiden Fallkonstellationen geboten (NdsOVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 62/20 -, juris Rn. 116 m.w.N.).

Der Antragsgegner hat daher die Entscheidungsformel gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 (in analoger Anwendung, vgl. NdsOVG, Urt. v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 -, juris Rn. 67), 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.