Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.12.2020, Az.: 13 MN 568/20

Corona; Corona-Pandemie; Feuerwerk; Verkaufsverbot

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.12.2020
Aktenzeichen
13 MN 568/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71901
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

§ 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488), wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung der Regelungen einer infektionsschutzrechtlichen Verordnung, die den Verkauf und die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen für unzulässig erklären und das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen untersagen.

Der Antragsteller lebt in einer niedersächsischen Gemeinde.

Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. Oktober 2020, S. 368. Diese Verordnung wurde zuletzt durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020, verkündet im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 15. Dezember 2020, S. 488, geändert und enthält unter anderem die folgenden Regelungen:

"§ 10a

Feuerwerkskörper und pyrotechnische Gegenstände

(1) 1Der Verkauf und die Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sind unzulässig. 2Satz 1 gilt nicht für pyrotechnische Gegenstände, die als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr zugelassen sind oder der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dienen.

(2) 1Das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ist untersagt. 2Satz 1 gilt nicht für die Nutzung pyrotechnischer Gegenstände als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr oder bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben.

(3) Das Veranstalten von Feuerwerk für die Öffentlichkeit ist verboten.

§ 19

Ordnungswidrigkeiten

(1) Verstöße gegen die §§ 2 bis 10 und 14 bis 16 stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG dar und werden mit Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet.

(2) Die nach dem Infektionsschutzgesetz zuständigen Behörden und die Polizei sind gehalten, die Bestimmungen dieser Verordnung durchzusetzen und Verstöße zu ahnden.

§ 20

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 2. November 2020 in Kraft und mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft."

Am 16. Dezember 2020 hat der Antragsteller bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrolleilantrag gestellt. Er beabsichtige, wie in den vergangenen Jahren, Feuerwerkskörper zu erwerben und diese im öffentlichen Raum oder auf seinem eigenen Grundstück unter Beachtung der Kontaktbeschränkungen zum Jahreswechsel abzubrennen. Dies werde ihm durch die Regelungen in § 10 Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unmöglich gemacht. Die Regelungen seien rechtswidrig. Das Feuerwerksverbot sei keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme. Es werde schon nicht in dem Katalog statthafter Maßnahmen des § 28a Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes genannt. Es sei auch tatsächlich nicht geeignet, Ansteckungsrisiken zu reduzieren. Der Verkauf von Feuerwerkskörpern sei mit keinen zusätzlichen Infektionsrisiken verbunden, da dieser entweder im Wege des Versandhandels oder in weiterhin geöffneten Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegeschäften erfolge. Das ebenfalls verbotene Mitführen von Feuerwerkskörpern berge überhaupt keine Ansteckungsrisiken. Das schließlich verbotene Abbrennen von Feuerwerkskörpern verhindere zwar hiermit verbundene Verletzungen und die daran anknüpfende Inanspruchnahme medizinischer Behandlungskapazitäten. Das insoweit zu erwartende Patientenaufkommen sei aber zahlenmäßig zu vernachlässigen. Zudem verfolge die Verordnung insoweit nicht infektionsschutzrechtliche Ziele, sondern besondere gefahrenabwehrrechtliche Ziele, die in sprengstoffrechtlichen Bestimmungen des Bundes abschließend geregelt seien. Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern verhindere auch keine Ansammlungen von Personen und damit verbundene infektionsrelevante Kontakte. Es gebe keine Grundregel, dass das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu Ansammlungen oder Gruppenbildungen führe. Angesichts der Gefährlichkeit dürfte eher das Gegenteil eintreten. Abgesehen davon, sei den Ansammlungen durch die entsprechenden Ansammlungsverbote und Kontaktbeschränkungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung hinreichend vorgebeugt. Ungeachtet der danach mangelnden Eignung sei das umfassende Verbot unverhältnismäßig. Es wäre jedenfalls ausreichend gewesen, das Verbot auf besonders belebte Plätze oder andere öffentliche Orte zu beschränken.

Der Antragsteller beantragt,

§ 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488), vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die angefochtenen Verordnungsregelungen. Aufgrund des aktuellen landesweiten sehr dynamischen und zugleich diffusen Infektionsgeschehens spitze sich die Situation auf den Intensivstationen zu. Diese drohten aufgrund der langen Verweildauer schwer erkrankter Patienten regelrecht zu verstopfen, und das Gesundheitssystem auch in Niedersachsen drohe noch in diesem Jahr zu kollabieren. Dies erfordere weitreichende komplexe Infektionsschutzmaßnahmen, zu denen auch das streitgegenständliche Verbot zähle. Es verhindere eine weitere Belastung des Gesundheitssystems an Silvester durch Patienten mit feuerwerksbedingten Verletzungen. An keinem Tag eines Jahres verletzten sich so viele Menschen wie an Silvester. Zudem reduziere es Ansammlungen zwecks eines gemeinsamen Abbrennens und Betrachtens von Feuerwerken und damit verbundene infektionsrelevante Kontaktmöglichkeiten. Feuerwerk sei weithin wahrnehmbar und wecke automatisch das Interesse von Personen aus dem Umfeld. Diese würden motiviert zusammenzukommen. Hinzu komme die besondere Stimmung zum Jahreswechsel und eine vielfach alkoholbedingte Enthemmung, die die Gefahr der Missachtung von Hygiene- und Abstandsregeln erhöhe. Mildere, gleich effektive Mittel stünden nicht zur Verfügung. Eine Differenzierung zwischen verschiedenen Kategorien von Feuerwerkskörpern sei angesichts einer vergleichbaren Gefährlichkeit nicht geboten und wäre von den Normadressaten auch nur schwer zu überblicken. Das Verbot sei Teil eines bundesweiten Gesamtkonzepts, dessen Ziel nur bei Aufrechterhaltung aller Einzelmaßnahmen erreicht werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der zulässige (1.) Antrag ist begründet (2.) und führt zur vorläufigen Außervollzugsetzung des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488), mit allgemeinverbindlicher Wirkung (3.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist zulässig.

a. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die Niedersächsische Corona-Verordnung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 16 ff.).

b. Der Senat legt den Antrag unter Berücksichtigung des ohne Weiteres erkennbaren tatsächlichen Begehrens des Antragstellers dahin aus, dass er nur eine vorläufige Außervollzugsetzung der ihn belastenden Regelungen im jeweiligen Satz 1 des § 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung begehrt, sich aber nicht gegen die ihn nicht betreffenden, jedenfalls aber nicht belastenden Ausnahmeregelungen im jeweiligen Satz 2 des § 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung wendet. Für den so verstandenen Antrag ist der Antragsteller antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da er geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das in § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmte Verbot des Verkaufs und der Abgabe von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen macht es dem Antragsteller tatsächlich unmöglich, diese Produkte in Niedersachsen zu erwerben (vgl. zu den Auswirkungen der Betriebsverbote und -beschränkungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite mit Blick auf die prozessrechtliche Antragsbefugnis: Senatsbeschl. v. 24.8.2020 - 13 MN 297/20 -, juris Rn. 11 ff.). Das in § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ist auch an den Antragsteller adressiert und untersagt ihm die genannten Verhaltensweisen. Dies lässt es möglich erscheinen, dass der Antragsteller durch die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzt ist.

c. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. "Doppelhypothese" die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung Erfolg. Ein in der Hauptsache noch zu stellender Normenkontrollantrag des Antragstellers wäre voraussichtlich begründet (a.). Zudem überwiegen die gewichtigen Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit die für den weiteren Vollzug der Verordnung bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren sprechenden Gründe (b.).

a. Ein vom Antragsteller in der Hauptsache noch zulässigerweise zu stellender Normenkontrollantrag hat voraussichtlich Erfolg. Nach der derzeit nur gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung rechtswidrig ist und für unwirksam zu erklären sein wird.

Dabei geht der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung weiterhin davon aus, dass die Niedersächsische Corona-Verordnung auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruht, formell rechtmäßig ist und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen (vgl. zuletzt mit eingehender Begründung und weiteren Nachweisen etwa den Senatsbeschl. v. 30.11.2020 - 13 MN 519/20 -, juris Rn. 26 ff.).

Das Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in der konkreten Ausgestaltung nach § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist aber keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG.

§ 28 Abs. 1 IfSG liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 213 - juris Rn. 26 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 f.). Der Begriff der "Schutzmaßnahmen" ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen (vgl. Senatsbeschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 37; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 2.4.2020 - 3 MB 8/20 -, juris Rn. 35). Der weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG aber dahin begrenzt, dass die Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall "notwendig" sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind (vgl. Senatsbeschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 38). Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 - 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

Die danach erforderliche objektive Notwendigkeit ist bei summarischer Prüfung für das in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen nicht gegeben.

(1) Das Verbot des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erstreckt sich inhaltlich auf

- alle "Feuerwerkskörper", die in § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz - SprengG) legal definiert sind als "pyrotechnische Gegenstände für Unterhaltungszwecke" und die gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 SprengG nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefährdung und ihrem Verwendungszweck in folgende Kategorien eingeteilt werden:

- Kategorie F1: "Feuerwerkskörper, von denen eine sehr geringe Gefahr ausgeht, die einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in geschlossenen Bereichen vorgesehen sind, einschließlich Feuerwerkskörpern, die zur Verwendung innerhalb von Wohngebäuden vorgesehen sind," sog. Kleinst- und Jugendfeuerwerk, das ab dem 12. Lebensjahr ganzjährig erworben und verwendet werden darf, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk,

- Kategorie F2: "Feuerwerkskörper, von denen eine geringe Gefahr ausgeht, die einen geringen Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen sind," sog. Kleinfeuerwerk, das ab dem 18. Lebensjahr in der Zeit vom 28. bis 31. Dezember erworben werden und in der Silvesternacht verwendet werden darf,

- Kategorie F3: "Feuerwerkskörper, von denen eine mittlere Gefahr ausgeht, deren Lärmpegel die menschliche Gesundheit jedoch nicht gefährdet und die zur Verwendung in weiten offenen Bereichen im Freien vorgesehen sind," sog. Mittelfeuerwerk, das regelmäßig nur mit einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erworben und verwendet werden darf,

- Kategorie F4: "Feuerwerkskörper, von denen eine große Gefahr ausgeht, die zur Verwendung nur durch Personen mit Fachkenntnissen vorgesehen sind, deren Lärmpegel die menschliche Gesundheit jedoch nicht gefährdet," sog. Großfeuerwerk, das regelmäßig nur mit einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erworben und verwendet werden darf,

- und darüber hinaus auch auf alle "anderen pyrotechnischen Gegenstände", die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 SprengG legal definiert sind als "Gegenstände, die explosionsgefährliche Stoffe oder Stoffgemische enthalten (pyrotechnische Sätze), mit denen auf Grund selbsterhaltender, exotherm ablaufender chemischer Reaktionen Wärme, Licht, Schall, Gas oder Rauch oder eine Kombination dieser Wirkungen erzeugt werden soll" und die etwa als pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SprengG: Komponenten von Sicherheitsvorrichtungen in Fahrzeugen, die pyrotechnische Sätze enthalten, die zur Aktivierung dieser oder anderer Vorrichtungen verwendet werden, etwa in Airbags), für Bühnen und Theater (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 SprengG) oder für andere technische Zwecke (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 SprengG) vielfältige Verwendung finden.

In Bezug auf die so definierten Feuerwerkskörper und anderen pyrotechnischen Gegenstände besteht gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zum einen ein generelles Verbot des Verkaufs und der Abgabe, dessen zumindest tatsächliche Folge auch ein Ausschluss des (entgeltlichen) Erwerbs und der (unentgeltlichen) Annahme ist. Zum anderen wird durch § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung generell untersagt, bereits erworbene oder sonst erlangte Feuerwerkskörper und andere pyrotechnische Gegenstände mit sich führen und abzubrennen.

Dieses umfassende Verbot gilt vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 16. Dezember 2020 (vgl. Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 15.12.2020, Nds. GVBl. S. 488) bis zum Außerkrafttreten mit Ablauf des 10. Januar 2021 (vgl. § 20 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung v. 11.12.2020, Nds. GVBl. S. 456).

(2) Ob ein derart umfassendes Verbot seiner Art nach eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG sein kann, ist zweifelhaft.

Diese Zweifel beziehen sich zwar nicht auf das Verbot des Verkaufs und der Abgabe nach § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung überhaupt. Denn "Schutzmaßnahmen" im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Senats neben Untersagungen auch Beschränkungen von unternehmerischen Tätigkeiten in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sein (vgl. mit zahlreichen Beispielen und weiteren Nachweisen: Senatsbeschl. v. 29.5.2020 - 13 MN 185/20 -, juris Rn. 27 und nunmehr ausdrücklich auch § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG).

Zweifelhaft ist aber, ob das allein verhaltensbezogene und weder örtlich noch zeitlich begrenzte Verbot des Mitführens und Abbrennens nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung als Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG angesehen werden kann. Denn ein solches Verbot ist in dem Katalog der "Regelbeispiele" (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, BT-Drs. 19/23944, S. 27) von Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, wie ihn § 28a Abs. 1 IfSG nunmehr aufstellt, jedenfalls nicht genannt. § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmt auch keine ortsbezogene Verhaltensbeschränkung im Sinne § 28 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz IfSG("sie kann insbesondere Personen verpflichten, … von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte … nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten"), sondern stellt ein generelles und örtlich sowie zeitlich unbeschränktes Verhaltensverbot auf. Ob ein solches Verbot von dem, wie dargestellt, grundsätzlich breiten Spektrum der nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG eröffneten Schutzmaßnahmen noch erfasst ist, kann der Senat im hier zu entscheidenden Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes letztlich dahinstehen lassen.

(3) Denn das in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ist in seinem konkreten Umfang keine notwendige Schutzmaßnahme. Es bestehen bereits Zweifel, ob das Verbot zur Erreichung eines legitimen Ziels (a) geeignet ist (b). Jedenfalls ist das angeordnete Verbot nicht erforderlich (c) und auch nicht angemessen (d).

(a) Der Verordnungsgeber verfolgt auch mit den hier streitgegenständlichen Verordnungsregelungen das fraglos legitime Ziel, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden (vgl. zuletzt die Begründung für die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 15.12.2020, Nds. GVBl. S. 491 f.).

Zu einer darüberhinausgehenden Abwehr von spezifischen Gefahren, die sich aus dem Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen ergeben, ist der Antragsgegner unter Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigung des § 32 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG hingegen nicht befugt. Die bundesrechtlichen Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes und der hierzu erlassenen Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) regeln den Umgang mit Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen in Bezug auf feuerwerksspezifische Gefahren vielmehr abschließend und grundsätzlich (vgl. zu hier vom Antragsgegner ersichtlich nicht in Anspruch genommenen Ausnahmen etwa § 24 Abs. 2 1. SprengV) mit Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber (vgl. im Einzelnen und mit eingehender Begründung: Hessischer VGH, Urt. v. 13.5.2016 - 8 C 1136/15.N -, juris Rn. 28 ff.; VG Oldenburg, Beschl. v. 19.7.2019 - 5 B 2073/19 -, juris Rn. 3 ff.).

(b) Ob das in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zur Erreichung danach allein relevanter infektionsschutzrechtlicher Ziele überhaupt geeignet ist, erscheint zweifelhaft.

Dies gilt zum einen für das Ziel der Vermeidung oder jedenfalls Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte. Der nach § 10a Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte "Verkauf" (bzw. die "Abgabe") erfolgt entweder kontaktlos über den Versandhandel oder in den noch für den Publikumsverkehr und Besuche geöffneten Verkaufsstellen des Einzelhandels (vgl. § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung), ohne dass insoweit durch ein Verkaufsverbot eine signifikante Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte eintreten würde. Das nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte "Mitführen" von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen steht in keinerlei Bezug zu infektionsrelevanten Kontakten zwischen verschiedenen Personen. Auch das nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ebenfalls untersagte "Abbrennen" von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen setzt einen infektionsrelevanten Kontakt verschiedener Personen nicht voraus und führt auch nicht zwingend zu einem solchen. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass das Abbrennen von jedweden (!, eben dies ist Verbotsinhalt der Niedersächsischen Corona-Verordnung, siehe oben II.2.a.(1)) Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zu infektionsschutzrechtlich unerwünschten Personenansammlungen führt, vermag der Senat nicht zu erkennen. Etwas Anderes gilt für das Veranstalten von Feuerwerk für die Öffentlichkeit, wie es in der in diesem Verfahren nicht streitgegenständlichen Regelung des § 10a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung verboten wird. Hinzu kommt, dass die unerwünschten Ansammlungen bereits nach §§ 1 Satz 1, 2 Abs. 1, 1b und 2, 6 Abs. 1 Nr. 3 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung verboten oder auf das infektionsschutzrechtlich noch hinzunehmende Maß beschränkt sind.

Die Eignung erscheint zum anderen auch fraglich für das Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Dabei kann der Senat hier dahinstehen lassen, ob eine solche Belastung aufgrund behandlungsbedürftiger Verletzungen infolge des Umgangs mit Feuerwerkskörpern oder anderen pyrotechnischen Gegenständen überhaupt für die Erreichung infektionsschutzrechtlicher Ziele relevant sein kann (siehe oben II.2.a.(2)). Denn es ist derzeit nicht ersichtlich, dass die hiermit verbundene Belastung zu einer Überlastung des Gesundheitssystems im Land Niedersachsen führen würde. Dabei stellt der Senat nicht in Abrede, dass der Umgang mit Feuerwerkskörpern gerade in der Silvesternacht zu zahlreichen behandlungsbedürftigen Verletzungen führen kann und in der Vergangenheit auch geführt hat (vgl. beispielhaft die Angaben bei Gabel-Pfisterer u.a., Dreijahresergebnisse der deutschlandweiten Umfrage zu Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper, in: Ophtalmologe 2019, 1138 ff.). Es ist aber nicht ersichtlich, dass hierdurch (kurzzeitig) gebundene medizinische Behandlungskapazitäten überhaupt erforderliche medizinische Kapazitäten zur Behandlung COVID-19-Erkrankter reduzieren und bejahendenfalls, ob dies zu einer Überlastung des Gesundheitssystems im Land Niedersachsen führt. Aus dem Vorbringen des Antragsgegners ergibt sich dies nicht nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung der öffentlich zugänglichen Angaben zur Auslastung intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten im Land Niedersachsen (vgl. die Angaben unter www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/kartenansichten und www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/laendertabelle, Stand: 17.12.2020) ist dies für den Senat auch nicht offensichtlich.

(c) Selbst bei einer unterstellten Eignung zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele wäre das in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete umfassende Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens aller Arten von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen jedenfalls nicht erforderlich.

(aa) Dies betrifft zunächst die Erstreckung des Verbots auf alle Arten von Feuerwerkskörpern und grundsätzlich alle Arten anderer pyrotechnischer Gegenstände.

Jedenfalls Feuerwerkskörper der Kategorie F1 (siehe oben II.2.a.(1): "Feuerwerkskörper, von denen eine sehr geringe Gefahr ausgeht, die einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in geschlossenen Bereichen vorgesehen sind, einschließlich Feuerwerkskörpern, die zur Verwendung innerhalb von Wohngebäuden vorgesehen sind," sog. Kleinst- und Jugendfeuerwerk, das ab dem 12. Lebensjahr ganzjährig erworben und verwendet werden darf, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk) haben kein Potenzial, infektionsrelevante Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen zu provozieren, und kaum Potenzial, in nennenswerter Zahl krankenhausbehandlungsbedürftige Behandlungen zu verursachen. Die schlichte Verhinderung allein subjektiv zu beurteilender Vergnügungen ist kein legitimes Ziel staatlichen Handelns.

Die vom Verbot darüber hinaus umfassten "anderen pyrotechnischen Gegenstände" (siehe oben II.2.a.(1): etwa pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge als Komponente von Airbags, für Bühnen und Theater oder für andere technische Zwecke) lassen jedweden Bezug zu infektionsschutzrechtlich relevanten Geschehen vermissen. Der Senat sieht insoweit indes keinen Anlass zu einer den klaren, an sprengstoffrechtlichen Begriffsbestimmungen orientierten Wortlaut eingrenzenden Auslegung. Hiergegen sprechen schon die Ausnahmen in den jeweiligen Sätzen 2 des § 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, die ausdrücklich andere pyrotechnische Gegenstände nur für einen bestimmten technischen Zweck ("pyrotechnische Gegenstände, die als Leuchtzeichen in der Schifffahrt oder im Flugverkehr zugelassen sind oder der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dienen ") von dem Verbot ausnehmen und so zugleich den umfassenden Charakter des Verbots im Übrigen bestätigen.

Es bestehen angesichts der in anderen Bundesländern getroffenen Regelungen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine etwa auf das klassische private "Silvesterfeuerwerk", die Feuerwerkskörper der Kategorie F2, beschränkte Regelung für die Normadressaten nicht verständlich formuliert werden kann (vgl. bspw. § 5 Satz 3 der Elften Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung v. 15.12.2020: "Auf von den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden festzulegenden zentralen Begegnungsflächen in Innenstädten oder sonstigen öffentlichen Orten unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, ist es untersagt, pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 im Sinne von § 3a des Sprengstoffgesetzes (SprengG) mit sich zu führen oder abzubrennen.", und § 2 Abs. 9 Satz 1 der Vierzehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz v. 14.12.2020: "Abweichend von § 23 Abs. 2 Satz 2 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung vom 31. Januar 1991 (BGBl. I S. 169) in der jeweils geltenden Fassung ist das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 auf öffentlichen Plätzen sowie auf öffentlichen Straßen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Landesstraßengesetzes auch am 31. Dezember 2020 und 1. Januar 2021 nicht gestattet.") und deshalb nur ein umfassendes Verbot aller Arten von Feuerwerkskörpern und auch anderen pyrotechnischen Gegenständen erlassen werden konnte.

(bb) Darüber hinaus fehlt aber auch die Erforderlichkeit für ein örtlich unbegrenztes und zeitlich (innerhalb der Geltungsdauer der Verordnung) unbefristetes Verbot.

Der vom Antragsgegner angenommenen Gefahr infektionsrelevanter Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen kann jedenfalls in gleicher Weise effektiv dadurch vorgebeugt werden, dass das Verbot auf solche Orte beschränkt wird, an denen diese angenommene Gefahr überhaupt oder jedenfalls typischerweise besteht (vgl. bspw. § 5 Satz 3 der Elften Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung v. 15.12.2020: "Auf von den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden festzulegenden zentralen Begegnungsflächen in Innenstädten oder sonstigen öffentlichen Orten unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, ist es untersagt, pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 im Sinne von § 3a des Sprengstoffgesetzes (SprengG) mit sich zu führen oder abzubrennen."; § 25 Satz 1 der SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin v. 14.12.2020: "Für den Zeitraum vom 31. Dezember 2020 bis einschließlich 1. Januar 2021 ist abweichend von § 2 Absatz 1 Satz4, Absatz 3 und 4 der Aufenthalt sowie die Verwendung von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen auf öffentlichen Straßen, Plätzen und in Grünanlagen, die von der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung im Einvernehmen mit der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung zur Gewährleistung der Einhaltung infektionsschutzrechtlicher Vorschriften besonders ausgewiesen werden, verboten."; § 8 Abs. 1 Satz 4 der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern i.d.F. v. 15.12.2020: "Zum Jahreswechsel sind öffentlich veranstaltete Feuerwerke sowie die Verwendung von Pyrotechnik auf durch die nach § 9 örtlich zuständigen Behörden festgelegten Plätzen und Straßen untersagt."). Diese Einschätzung liegt offenbar auch dem auf der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13. Dezember 2020 gefassten Beschluss zugrunde (dort Nr. 4 Satz 2 f.: "Darüber hinaus gilt ein Feuerwerksverbot auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen. Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird in diesem Jahr generell verboten und vom

Zünden von Silvesterfeuerwerk generell dringend abgeraten, …"), ohne dass der Antragsgegner eine nachvollziehbare oder gar überzeugende Begründung für seine abweichende Beurteilung der Erforderlichkeit präsentiert hätte.

Gleiches gilt für die (innerhalb der Geltungsdauer der Verordnung v. 16.12.2020, vgl. Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 15.12.2020, Nds. GVBl. S. 488, bis zum Ablauf des 10.1.2021, vgl. § 20 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung v. 11.12.2020, Nds. GVBl. S. 456) mangelnde zeitliche Befristung des Verbots. Nachvollziehbare Gründe dafür, dass ein über den Jahreswechsel vom 31. Dezember 2020 bis zum 1. Januar 2021 hinausgehendes Verbot aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erforderlich sein könnte, sind vom Antragsgegner nicht aufgezeigt worden und für den Senat auch nicht offensichtlich.

(d) Unter Berücksichtigung der zweifelhaften Eignung und mangelnden Erforderlichkeit ist das in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete umfassende Verbot des Verkaufs, der Abgabe, des Mitführens und des Abbrennens aller Arten von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen zu jeder Zeit zwangsläufig auch nicht angemessen. Es hat ersichtlich gravierende negative wirtschaftliche Auswirkungen für die Adressaten des § 10a Abs. 1 und führt zu jedenfalls nicht zu vernachlässigenden Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit für die Adressaten des § 10a Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten legitimen Zielen stehen, und die von den Normadressaten deshalb - auch während einer Pandemie - nicht hinzunehmen sind.

b. Gewichtige Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit überwiegen auch die für den weiteren Vollzug der Verordnung bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren sprechenden Gründe.

Dabei erlangen die erörterten Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten oder zu stellenden Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Normenkontrolleilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die angegriffene Norm erhebliche Grundrechtseingriffe bewirkt, sodass sich das Normenkontrolleilverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweist (vgl. Senatsbeschl. v. 11.5.2020 - 13 MN 143/20 -, juris Rn. 36; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31).

Schon hiernach wiegt das Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Außervollzugsetzung schwer. Hinzu kommt, dass Rechtsschutz in der Hauptsache ersichtlich nicht rechtzeitig zu erlangen ist, und sich deshalb die Grundrechtsverletzung des Antragstellers perpetuieren würde. Keine signifikante Milderung dieses Gewichts tritt dadurch ein, dass die Nichtbeachtung des Verbots nach § 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung gemäß deren § 19 Abs. 1 ("Verstöße gegen die §§ 2 bis 10 und 14 bis 16 stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG dar und werden mit Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet.") ausnahmsweise nicht bußgeldbewehrt ist. Denn einem ordnungsbehördlichen Einschreiten und der zwangsweisen Durchsetzung der verordneten Verhaltenspflichten steht dies nicht entgegen.

Hinzu kommen die offensichtlichen Auswirkungen für andere konkret betroffene Normadressaten und die Allgemeinheit. Dies sind insbesondere die bereits erwähnten gravierenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für die Adressaten des Verkaufsverbots in § 10a Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, aber auch die ungerechtfertigten Beschränkungen der Verwendung anderer pyrotechnischer Gegenstände zu verschiedensten technischen Zwecken durch das Verbot in § 10a Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (siehe oben II.2.a.(3)(c)(aa)).

Den so beschriebenen und gewichteten Aussetzungsinteressen stehen keine derart schwerwiegenden öffentlichen Interessen gegenüber, dass eine Außervollzugsetzung der voraussichtlich rechtswidrigen Regelungen im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes unterbleiben müsste. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass das "Feuerwerksverbot" in der konkreten Ausgestaltung des § 10a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ein wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Antragsgegners oder des bundesweit vereinbarten Gesamtkonzepts ist. Dagegen sprechen schon die dargestellte begrenzte Eignung und Wirkung und die sehr unterschiedliche Ausgestaltung des Verbots in den einzelnen Bundesländern (siehe die Beispiele oben II.2.a.(3)(c)). Zudem ist der Antragsgegner durch die vorläufige vollständige (vgl. zur Unzulässigkeit von Normergänzungen im Normenkontrollverfahren: Senatsbeschl. v. 14.5.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 5 m.w.N.) Außervollzugsetzung des § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht gehindert, für unabdingbar erachtete Maßgaben für den Umgang mit Feuerwerkskörpern zum bevorstehenden Jahreswechsel durch eine neue, sich auf das Erforderliche und Angemessene beschränkende Verordnungsregelung noch rechtzeitig anzuordnen.

3. Die vorläufige Außervollzugsetzung wirkt nicht nur zugunsten des Antragstellers in diesem Verfahren; sie ist allgemeinverbindlich (vgl. Senatsbeschl. v. 28.8.2020 - 13 MN 307/20 -, juris Rn. 36; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 611). Der Antragsgegner hat die hierauf bezogene Entscheidungsformel in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGOunverzüglich im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).