Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.01.2018, Az.: 10 LB 82/17
Rücküberstellung eines Asylbewerbers nach Bulgarien; Gravierende Mangel- oder Notsituation; Erforderlichkeit der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.01.2018
- Aktenzeichen
- 10 LB 82/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 63906
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2018:0129.10LB82.17.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 13.08.2018 - AZ: 1 B 24/18
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 5 AufenthG 2004
- Art. 3 MRK
- § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG 1992
- § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG 1992
- Art. 16a GG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Es ist mit Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht.
- 2.
Eine solche Mangelsituation, der der bulgarische Staat nicht mit geeigneten Maßnahmen begegnet, droht anerkannten Schutzberechtigten bei einer Rücküberstellung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
- 3.
Der Zulässigkeit einer auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gerichteten Verpflichtungsklage steht die fehlende (ausdrückliche) Entscheidung des Beklagten hierüber jedenfalls dann nicht entgegen, wenn infolge einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung eine ausdrückliche Feststellung zum Vorliegen nationaler Abschiebungsverbote erforderlich ist.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 25. November 2015 geändert.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Februar 2015 wird aufgehoben, soweit die Beklagte dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien androht (Ziffer 2).
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien besteht.
Die Beteiligten tragen die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte. Der Kläger trägt 30 % und die Beklagte trägt 70 % der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, dem durch die Republik Bulgarien der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, wendet sich gegen die Androhung der Abschiebung nach Bulgarien.
Der Kläger ist kurdischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit und stammt aus Syrien. Er reiste im Jahr 2014 durch die Türkei und durch Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 26. Januar 2015 beantragte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asyl. Zuvor war dem Kläger bereits am 13. Oktober 2014 in Bulgarien der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden. Ein Übernahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) lehnte die Republik Bulgarien im Hinblick auf die Anerkennung als Flüchtling ab. Sie verwies auf die Möglichkeit einer Anfrage im Rahmen des deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommens.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1). Zudem forderte die Beklagte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Bulgarien abgeschoben. Er könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 2). Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Asylantrag sei unzulässig, da dem Kläger bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz zuerkannt worden sei. Der Asylantrag werde daher nicht materiell geprüft.
Gegen diesen Bescheid, der dem Kläger am 26. Februar 2015 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 5. März 2015 Klage erhoben. Er hat die Klage damit begründet, Bulgarien erfülle die Mindeststandards für Asylsuchende nicht. Diese erhielten keinerlei staatliche Unterstützungsleistungen, um eine Unterkunft zu erlangen. Sie würden zudem geschlagen und beschimpft.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Februar 2015 aufzuheben.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25. November 2015 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Asylantrags des Klägers als unzulässig sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG eingereist. Die Beklagte sei dann, wenn der Flüchtlingsstatus bereits durch Bulgarien zuerkannt worden sei, weder berechtigt noch verpflichtet, die Flüchtlingseigenschaft des Klägers (erneut) anzuerkennen. Habe ein Ausländer bereits einen Schutzstatus erhalten, komme es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten werde oder ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention vorliege bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr bestehe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Den Regelungen über sichere Drittstaaten liege das Konzept einer normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union folge diese normative Vergewisserung unmittelbar aus der Verfassung. Der Betroffene sei daher grundsätzlich mit der Behauptung ausgeschlossen, der Drittstaat werde in seinem Fall seine Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllen. Eine Ausnahme komme in Betracht, wenn der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK greife und dadurch zum Verfolgerstaat werde. Nach der aktuellen Auskunftslage sei aber nicht erkennbar, dass anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK drohe. Trotz der desolaten Lage der Schutzberechtigten sei nicht feststellbar, dass es ihnen der bulgarische Staat aktiv oder durch bewusstes Unterlassen unmöglich mache, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht am 22. Dezember 2015, beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, ihm zugestellt am 3. Dezember 2015, zuzulassen. Mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 hat der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die Berufung des Klägers zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die gegen Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 18. Februar 2015 (Abschiebungsandrohung) gerichtete Klage abgewiesen hat. Es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob in Bulgarien die Behandlung anerkannter Flüchtlinge als Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu bewerten und eine Abschiebung bzw. Überstellung daher nicht zulässig sei. Den weitergehenden Zulassungsantrag hat der Senat abgelehnt. Soweit der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden sei (Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Februar 2015), genüge das Vorbringen des Klägers nicht dem Darlegungsgebot gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG.
Der Kläger hat zur Begründung der Berufung vorgetragen, eine Rücküberstellung nach Bulgarien verstoße gegen Art. 3 EMRK und § 60 Abs. 5 AufenthG. Nach übereinstimmender Einschätzung der Organisation "Pro Asyl" sowie des Auswärtigen Amtes hätten anerkannte Schutzberechtigte keine reelle Chance, sich in Bulgarien eine Existenz aufzubauen. Eine im Juni 2015 erlassene Integrationsstrategie der Republik Bulgarien werde nicht umgesetzt. Er mache sich ferner die Ausführungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A - ) zur Situation anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien zu Eigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 25. November 2015 zu ändern und Ziffer 2 des Bescheids der Beklagten vom 18. Februar 2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat eine Stellungnahme der Rechtsanwältin Dr. Valeria Ilareva, Sofia, vom 7. April 2017 sowie des Auswärtigen Amtes vom 18. Juli 2017 zur Situation anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien eingeholt. Auf den Inhalt der Stellungnahmen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat im zugelassenen Umfang Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage hinsichtlich der Anfechtung von Ziffer 2 des Bescheids der Beklagten vom 18. Februar 2015 (Androhung der Abschiebung nach Bulgarien) zu Unrecht abgewiesen (dazu unter 1.). Auch der erst in der Berufungsverhandlung gestellte Verpflichtungsantrag des Klägers hat Erfolg (dazu unter 2.).
1. Soweit der Kläger die Androhung der Abschiebung in dem Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2015 anficht, ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in diesem Umfang auch begründet. Denn der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Die Abschiebungsandrohung ist allerdings nicht allein deshalb rechtswidrig, weil das Bundesamt bei deren Erlass nicht zugleich Feststellungen zu nationalen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG getroffen hat.
Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der Fassung durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) ist ein solcher Ausspruch mittlerweile erforderlich. Danach ist in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG hat der Senat seiner Entscheidung die Vorschrift des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in dieser neuen Fassung zugrunde zu legen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt allein die fehlende Feststellung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG zu den nationalen Abschiebungsverboten nicht zur Rechtswidrigkeit einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylG (BVerwG, Beschluss vom 03.04.2017 - 1 C 9.16 -, juris). Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt ein Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung, soweit er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO ist das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, d.h. zu überprüfen, ob und inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt und deshalb aufzuheben ist. Hierin kommt die Verpflichtung der Gerichte zum Ausdruck zu prüfen, ob ein angefochtener Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht im Einklang steht und den Kläger in seinen (subjektiven) Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung haben die Verwaltungsgerichte alle einschlägigen Rechtsnormen und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht. Ausgehend davon führt es nicht bereits zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, wenn ein (ausdrücklicher) Ausspruch zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG fehlt oder eine Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote nicht erfolgt ist. Vielmehr hat das Tatsachengericht diese Prüfung - gegebenenfalls auch erstmals - selbst vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 03.04.2017 - 1 C 9/16 -, juris Rn. 10 m.w.N.). Liegen die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor, kann eine Abschiebung nicht im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG durchgeführt werden.
Droht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Abschiebung an, gilt dies ebenso (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.2017 - 1 B 29.17 -, juris). Gemäß § 35 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG an, also in den Fällen, in denen ein anderer Mitgliedsstaat dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Eine Abschiebungsandrohung gemäß § 35 AsylG kann nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG erlassen werden. Sie setzt also unter anderem voraus, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Die Feststellung des Fehlens nationaler Abschiebungsverbote bezieht sich dabei im Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht auf den Herkunftsstaat des Asylantragstellers, sondern auf den Zielstaat (Zielland der Überstellung) (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 9), hier also auf die Republik Bulgarien. Unterbleibt ein ausdrücklicher Ausspruch zu nationalen Abschiebungsverboten, haben die Verwaltungsgerichte inzident zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein solches Abschiebungsverbot vorliegen und damit die Abschiebungsandrohung rechtswidrig ist.
b) Nach dem Ergebnis dieser somit vom Senat vorzunehmenden Prüfung liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien vor. Dies hat zur Folge, dass die Androhung der Abschiebung nach Bulgarien in dem Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2015 rechtswidrig ist.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK, BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Gleichlautend verbietet dies auch Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: EUGrCh).
Bei der Prüfung, ob Bulgarien hinsichtlich der Behandlung von rücküberstellten Schutzberechtigten gegen Art. 3 EMRK verstößt, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Denn Bulgarien unterliegt als Mitgliedstaat der Europäischen Union deren Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verpflichtet. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, Rn. 80). Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich. Eine Widerlegung der Vermutung hat der Europäische Gerichtshof aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU (Abl. 2013, L 180/96), die Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU (Abl. 2011, L 337/9) oder die Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU (Abl. 2013, L 180/60) genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 6).
Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N.) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Dies entspricht dem Maßstab des "real risk" in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06, Saadi -, NVwZ 2008, 1330, Rn. 129; BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23/12 -, juris Rn. 32). Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der oben genannten Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 9).
Das erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zur jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen, wobei regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschluss vom 21.04.2016 - 2 BvR 273/16 -, juris Rn. 11; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011, - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 90 f.). Das gilt insbesondere für die Stellungnahmen des UNHCR angesichts der Rolle, die diesem in Hinblick auf die Überwachung der Einhaltung der GFK (vgl. dort Art. 35) übertragen worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30.05.2013 - C-528/11 -, juris Rn. 44).
Zur Bestimmung der wesentlichen Kriterien für das Vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu dem mit Art. 4 EUGrCh übereinstimmenden Art. 3 EMRK zurückzugreifen (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris Rn. 43; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 112). Eine Behandlung ist unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder psychische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen (EGMR, Urteil v. 21.01.2011 - 30696/09 -, M.S.S./Belgium and Greece, NVwZ 2011, 413, Rn. 220). Die Behandlung bzw. Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urteil vom 21.01.2011, a.a.O., Rn. 219).
Im Hinblick auf die Situation rücküberstellter Schutzberechtigter ist ferner zu beachten, dass Art. 3 EMRK die Vertragsstaaten nicht aus sich heraus dazu verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen und Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch den Vertragsstaat zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Personen auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen. Anerkannte Schutzberechtigte müssen sich deshalb auf den für alle bulgarischen Staatsangehörigen vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2016 - 3 L 94/16 -, juris Rn. 9 und 11). Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EUGrCh mithin nur unter strengen Voraussetzungen überschritten (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 10.03.2017 - 2 ME 63/17 -). Es ist aber jedenfalls mit Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht (vgl. EGMR, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 53). Die Verpflichtung zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung kann sich ferner aus europarechtlichen Verpflichtungen wie der Richtlinie 2011/95/EU ergeben (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011, a.a.O., Rn. 249-250; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 15.11.2016 - 8 LB 92/15 -, juris, Beschluss vom 20.12.2016 - 8 LB 184/15 -, juris Rn. 57 m.w.N.). Die Qualifikationsrichtlinie garantiert anerkannten Flüchtlingen den Zugang zu Sozialhilfeleistungen, zu medizinischer Versorgung und - für Minderjährige - zum Bildungssystem zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörigen des aufnehmenden Staats (Art. 29 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, Art. 27 Abs. 1) sowie den Zugang zu Wohnraum zu gleichwertigen Bedingungen wie sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen (Art. 32 Abs. 1).
Die Frage, ob eine Unterkunft und die übrige materielle Grundausstattung vorhanden sind, ist im Rahmen der Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis von der Beklagten zu prüfen (Saarländisches OVG, Urteil vom 13.12.2016 - 2 A 260/16 -, juris Rn. 28; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 07.09.2017 - 13 ME 157/17 -, juris Rn. 8 und 10, und Beschluss vom 20.06.2017 - 13 PA 104/17 -, juris Rn. 16). Dass darüber hinaus tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten sind (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris Rn. 10), steht dem nicht entgegen.
Zusammenfassend liegt eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK (insbesondere) vor, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20.12.2016 - 8 LB 184/15 -, juris Rn. 36).
Auch nach diesen strengen Maßstäben bestehen in Bulgarien aktuell grundlegende Defizite im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen, die in ihrer Gesamtheit betrachtet, zur Überzeugung des Senats die Annahme rechtfertigen, dass dem Kläger bei einer Abschiebung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK droht (ebenfalls eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK für anerkannte Schutzberechtigte bejahend: Hessischer VGH, Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1322/16.A -, juris; VG Braunschweig, Urteil vom 04.10.2017 - 9 A 507/17 - n. v. (zumindest für besonders schutzbedürftige Personen); VG Oldenburg, Urteil vom 17.01.2017 - 12 A 3971/16 -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 21.12.2016 - 8 A 170/16 -, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 03.11.2016 - 2 B 361/16 - , juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 13.06.2017 - 12 L 1407/17.A -, juris; eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK für anerkannte Schutzberechtigte verneinend:OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2016 - 3 L 94/16 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.09.2017 - 8 L 1199/17.A -, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 L 127/17.A -, juris; VG Berlin, Beschluss vom 12.07.2017 - 23 L 503.17 A -, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 11.07.2017 - AN 11 S 17.50830 -, juris; VG Würzburg, Gerichtsbescheid vom 26.06.2017 - W 2 K 17.31807 -, juris (jedenfalls für nicht besonders schutzbedürftige Personen); VG Magdeburg, Beschluss vom 02.05.2017 - 9 B 94/17 -, juris; VG Hannover, Urteil vom 14.03.2017 - 2 A 301/15 -, n. v.; VG Cottbus, Beschluss vom 10.03.2017 - VG 5 L 673/16.A -, juris; VG Trier, Beschluss vom 08.02.2017 - 1 L 945/17.TR - , juris; VG Hamburg, Urteil vom 09.01.2017 - 16 A 5546/14 -, juris; differenzierend:OVG Saarland, Urteil vom 13.12.2016 - 2 A 260/16 -, juris Rn. 28, wonach einzelfallbezogen die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegen können).
aa) Anerkannten Schutzberechtigten droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit, weil sie in der Regel faktisch keinen Zugang zu Wohnraum haben.
Anerkannte Flüchtlinge haben nach Art. 32 Abs. 3 des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes (LAR) der Republik Bulgarien sechs Monate lang Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht vom 18. Juli 2017, im Folgenden: AA 18.07.2017, S. 8). Dieser Anspruch wird aber in der Praxis nicht umgesetzt (aida, Country Report: Bulgaria, 31.12.2016, S. 68). Stattdessen hat sich etabliert, dass die anerkannten Schutzberechtigten auf Antrag und abhängig von der Belegungsrate für bis zu sechs Monaten, in besonderen Einzelfällen auch länger in den Flüchtlingsunterkünften bleiben dürfen, denen sie zur Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen wurden. Diese Praxis wird aber nicht auf anerkannte Schutzberechtigte und Dublin-Rückkehrer angewandt, die aus welchen Gründen auch immer zwischenzeitlich diese Unterkünfte verlassen haben. Deshalb besteht gerade für diese die Gefahr, in Bulgarien obdachlos zu werden (Expertise der Rechtsanwältin Valeria Ilareva, PhD, vom 07.04.2017, im Folgenden: Ilareva 07.04.2017, S. 8 f.; AA 18.07.2017, S. 8). Aus diesen Gründen vermag sich der Senat auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage nicht der gegenteiligen Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt anzuschließen, wonach anerkannte Schutzberechtigte entweder in Asylunterkünften untergebracht würden oder doch zumindest an einer Kurzzeitunterbringung durch die Flüchtlingsbehörde partizipieren könnten (Beschluss vom 31.08.2016 - 3 L 94/16 -, juris Rn. 12).
Der Vertreter der Beklagten hat dieser Einschätzung des Senats in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf eine von ihm behauptete "Auskunft der Agentur für soziale Unterstützung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2016" widersprochen, wonach es für Bedürftige die Möglichkeit geben soll, in zwei kommunalen "Krisenzentren" in Sofia während der Wintermonate bis zu 170 Personen unterzubringen. Ferner stünde für bis zu 607 Personen eine kostenlose Unterkunft in einem von landesweit zwölf "Zentren für temporäre Unterbringung" zur Verfügung, allerdings nur für maximal drei Monate. Diese Auskunft hat der Senat indes nicht überprüfen können. Die angegebene Internetseite mit weiteren Informationen (http://www.asp.government.bg/ASP_Client/ClientServlet?cmd=add_content&lng=1§id=24&s1=23&selid=23) ist nämlich nicht (mehr) aufrufbar (so auch bereits VG Göttingen, Urteil vom 11.12.2017 - 3 A 186/17 -, juris Rn. 44). Abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheint, ob die behaupteten "kommunalen Krisenzentren" bzw. "Zentren für temporäre Unterbringung" auch rückübererstellten anerkannten Schutzberechtigten und nicht lediglich bulgarischen Obdachlosen offenstehen und ob sie in der Lage wären, eine größere Zahl von rücküberstellten Schutzberechtigten aufzunehmen, sind die von der Beklagten zum Beleg der behaupteten Unterkunftsmöglichkeiten genannten Erkenntnismittel aber jedenfalls veraltet bzw. überholt. Sie stammen nämlich aus den Jahren 2001 (National Legislative Bodies/National Authorities, 2001, Bulgaria: Regulations for Implementation of the Law for Social support - diese Quelle ist von der Beklagten zusätzlich angeführt worden) und 2016 (siehe oben). Dem Senat liegen mit den zitierten Auskünften, insbesondere des Auswärtigen Amtes vom 18. Juli 2017 und der Rechtsanwältin Dr. Ilareva vom 7. April 2017 jüngere Erkenntnismittel vor, die keinen Hinweis auf die von der Beklagten angeführten Unterbringungsmöglichkeiten enthalten. Danach können rücküberstellte anerkannte Schutzberechtigte die zur Verfügung stehenden Unterkünfte, z. B. in den Aufnahmezentren der staatlichen Flüchtlingsagentur, gerade nicht in Anspruch nehmen und sind deshalb von Obdachlosigkeit bedroht (Ilareva 07.04.2017, S. 8 f.).
Es existieren auch keine staatlichen Wohnbeihilfen, damit sich anerkannte Schutzberechtigte außerhalb der Flüchtlingszentren eine Unterkunft auf dem privaten Wohnungsmarkt beschaffen können (AA 18.07.2017, S. 7). Es besteht zwar eine sehr begrenzte Auswahl von Sozialwohnungen (AA 18.07.2017, S. 8). Nach bulgarischem Recht entscheidet jedoch jede Gemeinde selbständig über die Gewährung einer Sozialwohnung. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialwohnungen können Flüchtlinge (etwa im Raum Sofia) realistischerweise nicht erfüllen (vgl. Ilareva 07.04.2017, S. 9).
Die Bemühungen der Republik Bulgarien, die Situation anerkannter Schutzberechtigter auch im Hinblick auf deren Unterbringung auf kommunaler Ebene mit Hilfe der Gemeinden zu verbessern, sind bislang unzureichend. Am 12. August 2016 verabschiedete die Republik Bulgarien die "Verordnung über die Bedingungen und das Verfahren für den Abschluss, die Umsetzung und die Aufhebung eines Abkommens über die Integration von Ausländern mit gewährtem Asyl oder internationalem Schutz". Danach konnte zwischen einem anerkannten Schutzberechtigten und einer Gemeinde ein Integrationsabkommen abgeschlossen werden. Diese Verordnung wurde am 31. März 2017 aufgehoben. Keine Gemeinde hatte Interesse am Abschluss einer solchen Vereinbarung gezeigt (Ilareva 07.04.2017, S. 5 f.). Am 25. Juli 2017 wurde eine neue Verordnung mit identischem Titel erlassen (http://dv.parliament.bg/DVWeb/showMaterialDV.jsp?idMat=116399, zuletzt aufgerufen am 20.11.2017). Nach der neuen Verordnung muss der Bürgermeister, der mit einem Flüchtling eine Integrationsvereinbarung abschließt, Unterstützung bei der Unterbringung des Ausländers und seiner Familienangehörigen leisten (AA 18.07.2017, S. 8). Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat den Erlass der Verordnung in einer Erklärung vom 24. Juli 2017 begrüßt (http://www.unhcr.org/bg/3272-а?ен????а-на-??н-?а-?е?ан???е-?р??е?с.html, zuletzt aufgerufen am 20.11.2017, übersetzt mit google translate), aber bemängelt, dass auch die neue Verordnung darauf basiere, dass sich die Kommunen zum Abschluss einer Integrationsvereinbarung bereit erklärten. An dieser Bereitschaft fehle es. Zudem biete die Verordnung keine wesentliche Unterstützung für einige der bedeutendsten und wichtigsten Hindernisse für eine effektive Integration, etwa dem Zugang von Flüchtlingen zu Sozialwohnungen. Die Staatliche Agentur für Flüchtlinge hat überdies laut einem Pressebericht im November 2017 mitgeteilt, keine Gemeinde habe im Zeitraum seit Erlass der neuen Verordnung im Juli 2017 - wie auch bereits unter Geltung der Vorgänger-Verordnung - den erforderlichen Antrag gestellt, um mit einem anerkannten Schutzberechtigten eine Integrationsvereinbarung abzuschließen (http://econ.bg/Н???н?/Н???-е?на-????на-не-е-???е?а?а-?а-?н?е?р?ра-?е?ан??_l.a_i.752825_at.1.html, zuletzt aufgerufen am 21.11.2017, übersetzt mit google translate). Soweit in Artikel 18 der neuen Verordnung dem Ausländer im Falle einer teilweisen oder vollständigen Nichterfüllung der Vereinbarung ein Widerspruchsrecht eingeräumt ist, setzt dieses Widerspruchsrecht den Abschluss einer solchen Integrationsvereinbarung voraus, der jedoch an der fehlenden Bereitschaft der Gemeinden scheitert. Dies zeigt, dass auch die neue Verordnung von vornherein kein geeignetes Instrument ist, die Situation anerkannter Schutzberechtigter u. a. im Hinblick auf ihre Versorgung mit einer Unterkunft zu verbessern, und der bulgarische Staat keine geeigneten Maßnahmen zur Erreichung dieses Zwecks ergreift. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats, dass sich die anerkannten Schutzberechtigten, die sich in einer gravierenden Mangel- und Notsituation befinden und von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig sind, letztlich staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sehen.
Die Beschaffung von Wohnraum am freien Wohnungsmarkt ist auch dann nach Darstellung des UNHCR ein großes Problem, wenn finanzielle Mittel zur Anmietung von Wohnraum vorhanden sind (UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10). Durch den Mangel an gezielter Unterstützung im Wohnungswesen müssten sich Statusinhaber durch Immobilienagenturen, Landsleute, Rechtsanwälte und Freiwillige ihren eigenen Wohnraum suchen. Die Vermittler nutzten häufig die Unerfahrenheit der Begünstigten mit den örtlichen Verhältnissen, ihr fehlendes bulgarisches Sprachwissen und ihren verzweifelten Bedarf an Wohnraum aus und verlangten von ihnen höhere Provisionen oder Mieten für Räume, denen es selbst am Nötigsten fehle (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Stuttgart vom 23.07.2015, S. 2). Einen Vermieter zu finden, der bereit sei, eine Wohnung an Familien von vier oder mehr Personen zu vermieten, sei oft eine Herausforderung. Da keine nachhaltige Lösung existiere, seien vor allem besonders gefährdete Personen von Obdachlosigkeit bedroht (UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10). Bereits im Jahr 2014 stellte das Bulgarische Flüchtlingskomitee fest, dass die Beschaffung von privatem Wohnraum allenfalls für Personen eine Option sei, deren Verwandte ihnen Geld überweisen könnten oder die über eine Arbeitsstelle verfügten. Hinzu komme, dass Vermieter die Vermietung aus Gründen der Rasse, der Nationalität, der Religion oder wegen der Anzahl der Kinder der Flüchtlinge ablehnen würden (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, Monitoring Report on the Integration of Beneficiaries of International Protection in the Republic of Bulgaria In 2014, S. 53; AA 18.07.2017, S. 9).
Auch die Nichtregierungsorganisationen, die in Einzelfällen bei der Wohnungssuche helfen (AA 18.07.2017, S. 9), sind nach Einschätzung des Senats nicht in der Lage, den in Deutschland lebenden anerkannten Schutzberechtigten bei einer Rückkehr nach Bulgarien Unterkünfte zu verschaffen, da deren Hilfen (u. a. Beratung bei der Unterkunftssuche) sich nur im begrenzten Rahmen der jeweiligen Projektfinanzierung bewegen können (Ilareva 07.04.2017, S. 3 ff.).
Im Ergebnis ist die Erlangung des Schutzstatus nach einer Rückkehr daher faktisch in der Regel gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit (so ausdrücklich Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Stuttgart vom 23.07.2015, S. 2). Soweit das Saarländische Oberverwaltungsgericht ebenfalls erhebliche Probleme bei der Unterkunftssuche sieht und deshalb eine Abschiebung nur für zulässig erachtet, wenn die Betroffenen in Bulgarien während einer angemessenen "Anlaufzeit" eine als Meldeadresse geeignete Unterkunft zur Verfügung haben und auf eine solche Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen können (Saarländisches OVG, Urteil vom 13.12.2016 - 2 A 260/16 -, juris Rn. 28), bestätigt dies im Ergebnis die Auffassung des Senats.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien abweichend von der dargestellten allgemeinen Einschätzung auf (irgend)eine Unterkunft zugreifen kann, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt auch keine Zusicherung des Bundesamtes vor, dass dem Kläger in Bulgarien eine konkrete Unterkunft zur Verfügung steht.
bb) Anerkannte Schutzberechtigte haben zudem große Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu erlangen, um die für Wohnraum und den übrigen Lebensbedarf benötigten Mittel zu erwirtschaften.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist anerkannten Schutzberechtigten auch und gerade deshalb versperrt, weil sie über keine Unterkunft verfügen. Die Jobcenter der Agentur für Arbeit unterstützen die eigenen Anstrengungen bei der Arbeitssuche durch Bereitstellung von Informationen über verfügbare Stellen, Möglichkeiten zur Weiterbildung, Berufsausbildung sowie Berufsorientierungskurse und haben eine unter anderem ins Arabische übersetzte Informationsbroschüre herausgegeben. Ohne Unterkunft können sich die Schutzberechtigten aber nicht bei einem Jobcenter der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden. Eine solche Anmeldung erfordert nämlich ein Ausweisdokument. Dieses wiederum kann nur beantragt werden, wenn der Schutzberechtigte eine Meldebestätigung vorweisen kann. Für die Meldebestätigung muss er jedoch eine Unterkunft nachweisen können (Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien, 27.08.2015, im Folgenden: Ilareva 27.08.2015, S. 3; Ilareva 07.04.2017, S. 6). Doch selbst nach erfolgreicher Registrierung erweist es sich für die anerkannten Schutzberechtigten als fast unlösbare Aufgabe, ohne Kenntnisse der bulgarischen Sprache einen Arbeitsplatz zu finden (AA 18.07.2017, S. 6; UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 12 f.).
Ohne Registrierung beim Jobcenter können anerkannte Schutzberechtigte zwar möglicherweise am lokalen Arbeitsmarkt Beschäftigung finden. Sie verdienen dort aber nur den Mindestlohn bzw. einen Betrag, der nicht ausreicht, um die monatlichen Ausgaben zu decken (Ilareva 27.08.2015, S. 3; UNHCR Bulgarien, 2016 Age, Gender and Diversity Participatory Assessment (AGD PA) Report, S. 10; insofern in der deutschen Übersetzung der Stellungnahme von Ilareva 07.04.2017, S. 6, unzutreffend wie folgt zitiert: "erhalten [...] einen minimalen Lohn, der aber ausreicht, um ihre monatlichen Kosten zu decken." Im Original des UNHCR-Berichts und in der Stellungnahme von Ilareva heißt es hingegen: "earning the minimum wage, which is insufficient to cover [...]"; vgl. auch Pro Asyl, Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015, S. 35). Auch diese Beschäftigungsverhältnisse bieten also keine Gewähr dafür, eine Unterkunft und den übrigen Lebensbedarf finanzieren zu können (a. A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2016 - 3 L 94/16 -, juris Rn. 14, jedoch ohne Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Ilareva vom 27.08.2015).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger abweichend von dieser allgemeinen Einschätzung bessere Möglichkeiten hat, eine seinen Lebensbedarf deckende Arbeitsstelle in Bulgarien zu finden, sind nicht erkennbar.
cc) Die erheblichen Probleme bei der Erlangung einer Unterkunft und einer den Lebensbedarf deckenden Beschäftigung bergen zugleich die Gefahr der Verelendung, da auch kein Zugang zu Sozialhilfe besteht.
Denn die bereits erörterte Registrierung beim Jobcenter ist neben dem Ausweisdokument eine der Voraussetzungen, um einen Antrag auf Sozialhilfe stellen zu können (Saarländisches OVG, Urteil vom 10.01.2017 - 2 A 330/16 -, juris Rn. 30; Ilareva 27.08.2015, S. 4; Ilareva 07.04.2017, S. 7). Ohne Unterkunft besteht für die Schutzberechtigten also auch kein Zugang zu Sozialhilfe, ohne die sie andererseits keine Unterkunft (auf dem freien Wohnungsmarkt) erlangen können (Ilareva 27.08.2015, S. 4). Der Zugang zu einer Meldeadresse ist daher der "Dreh- und Angelpunkt" für die Schutzberechtigten in Bulgarien (Saarländisches OVG, a.a.O.).
Selbst wenn es anerkannten Schutzbedürftigen möglicherweise mit Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen, die - wie ausgeführt - im Einzelfall helfen, gelingt, Wohnraum zu erlangen, besteht das Risiko, dass die Wohnortgemeinden dennoch nicht bereit sind, die Schutzbedürftigen bei der behördlichen Registrierung zu unterstützen (Ilareva 07.04.2017, S. 10).
Dementsprechend stellte das Bulgarische Flüchtlingskomitee bereits im Jahr 2014 fest, dass anerkannte Schutzberechtigte, die über keine Unterstützung von im Ausland lebenden Verwandten verfügen, in größter Armut leben (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, Monitoring Report on the Integration of Beneficiaries of International Protection in the Republic of Bulgaria In 2014, S. 38).
Nach dem oben dargestellten Maßstab sind anerkannte Schutzberechtigte zwar nicht besser zu behandeln als die inländische Bevölkerung. Die Lage der anerkannten Schutzberechtigten unterscheidet sich jedoch grundlegend von der Lebenssituation der bulgarischen Bevölkerung. Sie haben keine sozialen Kontakte, können nicht auf wirksame familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe zurückgreifen, sind weitestgehend auf sich allein gestellt und haben vor allem keinen Zugang zu Unterkunft, Arbeitsmöglichkeiten und Sozialhilfe. Hinzu kommen Verständigungsprobleme, da sie die bulgarische Sprache nicht beherrschen und die Angestellten in den Behörden üblicherweise keine Fremdsprache sprechen (Ilareva 27.08.2015, S. 3).
2. Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, in Bezug auf Bulgarien ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen, liegt eine Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO vor, weil nachträglich im Wege der Klagehäufung nach § 44 VwGO zumindest ein weiteres Klagebegehren geltend gemacht wird (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.02.2015 - 15 KF 3/14 -, juris Rn. 53). Die Klageänderung ist zulässig, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung in die Änderung der Klage eingewilligt hat (§ 91 Abs. 2 VwGO).
Die Verpflichtungsklage ist zulässig.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte noch keine (ausdrückliche) Entscheidung zum Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Bulgarien getroffen hat.
Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 03.04.2017 - 1 C 9.16 -, juris) sind die Verwaltungsgerichte auch bei einem fehlenden Ausspruch zu nationalen Abschiebungsverboten verpflichtet, die Sache gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO spruchreif zu machen. Diese Verpflichtung beschränkt sich nicht allein darauf, im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen eine Abschiebungsanordnung bzw. -androhung inzident zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Die Verwaltungsgerichte müssen jedenfalls dann, wenn - wie hier - infolge einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung eine ausdrückliche Feststellung zum Vorliegen nationaler Abschiebungsverbote unterblieben ist, eine solche Feststellung auf eine entsprechende Verpflichtungsklage des Klägers hin im Urteil erstmals treffen (vgl. Berlit, jurisPR-BVerwG 14/2017 Anm. 1).
Darin liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung des Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes, wonach zunächst die Verwaltung die Gelegenheit haben muss, eine nach Aufklärung des Sachverhalts abschließende und erst dann der gerichtlichen Kontrolle unterliegende Sachentscheidung zu treffen. Der Erlass der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG, bei deren Erlass gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Alt. AsylG zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG auszuschließen waren, ist als Ergebnis der Befassung der Beklagten mit dem (Nicht-) Vorliegen dieser Abschiebungsverbote zu betrachten (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 09. 01.2017 - 16 A 5546/14 -, juris Rn. 68).
Die Verpflichtungsklage ist auch begründet.
Die Unterlassung der Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Denn die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG liegen - wie oben ausgeführt - vor.
Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bei der Verteilung der Kosten des Berufungsverfahrens hat der Senat dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Zulassungsantrag des Klägers nur zur Hälfte entsprochen worden ist, was die hälftige Teilung der Verfahrensgebühr zur Folge hat, der Kläger aber mit seinem Berufungsantrag im vollen Umfang obsiegt hat, weshalb die Beklagte die Terminsgebühr allein zu tragen hat. Dementsprechend hat der Senat die Kosten des Berufungsverfahrens im Verhältnis von 30 % (Kläger) zu 70 % (Beklagte) verteilt. Dies ergibt sich im Einzelnen aus der folgenden Kostenrechnung:
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor, da die Rechtsfragen - wie oben ausgeführt - geklärt sind und es im Übrigen hier nur um Tatsachenfragen geht, die nicht revisibel sind.