Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.01.2018, Az.: 12 ME 3/18
Beschwerde gegen eine "zwischen den Instanzen" erledigte Zwischenentscheidung ("Hängebeschluss") im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO hinsichtlich Zulässigkeit; Notwendigkeit zum Treffen einer Kostenentscheidung in einem solchen Beschwerdeverfahren und Festsetzen eines Streitwerts; Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.01.2018
- Aktenzeichen
- 12 ME 3/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 65673
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 01.12.2017
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 7 VwGO
- § 154 Abs. 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Beschwerde gegen eine "zwischen den Instanzen" erledigte Zwischenentscheidung ("Hängebeschluss") im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist unzulässig
- 2.
Zur Notwendigkeit, in einem solchen Beschwerdeverfahren eine Kostenentscheidung zu treffen und einen Streitwert festzusetzen.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 1. Dezember 2017 wird verworfen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Der jetzige Beigeladene zu 1) erteilte der Antragstellerin am 25. Oktober 2016 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen legte der nunmehrige Antragsgegner als Nachbar Widerspruch ein und stellte ergänzend einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Wegen Fehlern bei der Vorprüfung nach dem UVPG entsprach das Verwaltungsgericht diesem Antrag mit Beschluss vom 19. Oktober 2017 mit der Maßgabe, dass die aufschiebende Wirkung "nur" bis einen Monat nach Zustellung eines Widerspruchsbescheids an den nunmehrigen Antragsgegner wiederhergestellt wurde. Der jetzige Beigeladene zu 1) vertritt (mit der Antragstellerin) die Ansicht, dass er die vom Verwaltungsgericht festgestellten Fehler zwischenzeitlich im Widerspruchsverfahren geheilt habe, und wies deshalb den Widerspruch des Antragsgegners durch Widerspruchsbescheid vom 13. November 2017, zugestellt am 14. November 2017, insoweit zurück. Am 17. November 2017 stellte die Antragstellerin einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO und zusätzlich einen Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung wegen der geltend gemachten hohen täglichen Verluste bei einem weiteren Stillstand der Bauarbeiten bzw. einer Betriebsunterbrechung. Mit dem hier streitigen Beschluss vom 1. Dezember 2017 entsprach das Verwaltungsgericht dem letztgenannten Antrag, "änderte im Wege einer Zwischenentscheidung den Beschluss der Kammer vom 19. Oktober 2017 einstweilen ab und lehnte (nunmehr) den Antrag (u. a.) des jetzigen Antragsgegners für die Zeit ab Zustellung dieses Beschlusses bis zur endgültigen Entscheidung über den Änderungsantrag ab"; die Kostenentscheidung blieb der Schlussentscheidung vorbehalten. Mit Verfügung des erstinstanzlichen Berichterstatters vom 18. Dezember 2017 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass sich der Kammerbeschluss vom 1. Oktober 2017 nunmehr durch Zeitablauf erledigt haben dürfte und damit auch kein Anlass mehr für eine Änderung nach § 80 Abs. 7 VwGO bestehe. Der Antragsgegner gibt an, eine entsprechende Erledigungserklärung abgegeben zu haben. Ungeachtet dessen hat er entsprechend der dem Beschluss vom 1. Dezember 2017, zugestellt am 8. Dezember 2017, beigefügten Rechtsmittelbelehrung am 22. Dezember 2017 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Beschluss vom 1. Dezember 2017 aufzuheben und die Kosten dieses Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen; er hat seine Beschwerde auch nach einem gerichtlichen Hinweis vom 3. Januar 2018 auf Bedenken gegen ihre Zulässigkeit aufrechterhalten. "Allein die Tatsache eines Kostenrisikos und die Belastung mit einem aufgedrängten Rechtsstreit" (nach § 80 Abs. 7 VwGO) beschwerten ihn. Ob der Bescheid vom 25. Oktober 2016 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2017 bestandskräftig geworden ist, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
Es kann offen bleiben, ob dies schon deshalb gilt, weil eine - hier vom Verwaltungsgericht getroffene - Zwischenregelung/-entscheidung generell lediglich eine verfahrensleitende Bedeutung hat und deshalb dem Beschwerdeausschluss nach § 146 Abs. 2 VwGO unterfällt (in diesem Sinne Nds. OVG, Beschl. v. 7.7.2017 - 13 ME 170/17 -, a. A. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.9.2017 - 2 S 1916/17 -, jeweils juris und m. w. N.).
Denn jedenfalls hat sich das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO, in dessen Rahmen die umstrittene Zwischenentscheidung erlassen worden ist, nunmehr durch Zeitablauf erledigt. Der Beschluss der Kammer vom 19. Oktober 2017, der ursprünglich abgeändert werden sollte, wirkte nämlich nach seinem Tenor ohnehin nur bis einen Monat nach Zustellung eines Widerspruchsbescheids an den nunmehrigen Antragsgegner. Bei einer Zustellung des (zurückweisenden) Widerspruchsbescheides am 14. November 2017 an ihn endete die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung somit automatisch spätestens mit Ablauf des 14. Dezember 2017. Damit hat sich im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO und erst recht in dem hierauf bezogenen Zwischenverfahren die Hauptsache erledigt. Tritt - wie hier - eine solche Erledigung "zwischen den Instanzen" ein, so besteht jedenfalls unter den vorliegenden Voraussetzungen kein Rechtsschutzinteresse mehr für die Einlegung bzw. Fortführung einer Beschwerde (vgl. allgemein: OVG Berlin-Bbg, Beschl. v. 26.8.2016 - OVG 12 S 37/16 -; OVG Bremen; Beschl. v. 23.3.2010 - 2 B 449/09 -, jeweils juris, sowie Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., vor § 124, Rn. 43, sowie § 146, Rn. 42, m. w. N.). Denn weder besteht insoweit ein anzuerkennendes Interesse des Antragsgegners als Beschwerdeführer, den ohnehin erledigten (vgl. ergänzend die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 3. Januar 2018) Beschluss für wirkungslos zu erklären oder aufzuheben, noch enthält er eine ihn belastende, mit der Beschwerde aufzuhebende Kostenentscheidung.
Die vom Antragsgegner geltend gemachten Nachteile, dass er ohne Not in ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO einbezogen und darin zu Unrecht als Antragsgegner bezeichnet worden sei, gleichwohl aber mit einer für ihn nachteiligen Kostenentscheidung rechnen müsse, sind keine solchen des vorliegend allein in zweiter Instanz anhängigen Zwischenverfahrens, sondern des einzustellenden Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO. Diese Einwände des Antragsgegners sind daher höchstens bei der Kostenentscheidung für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zu berücksichtigen. Insoweit ist lediglich darauf hinzuweisen, dass für ein solches Verfahren ohnehin keine zusätzlichen Gerichts- und Anwaltsgebühren anfallen (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 1195 f.) und auch die Annahme des Antragsgegners nicht selbstverständlich ist, ihm stünde als Nachbar keine Möglichkeit zur Verfügung, ein solches Abänderungsverfahren ohne Beteiligung der Genehmigungsbehörde unstreitig zu beenden (vgl. nochmals Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 1187).
Ob die Rechtsmittelbelehrung in dem angegriffenen Beschluss vom 1. Dezember 2017 richtig gewesen ist, ist hingegen für die Zulässigkeit der Beschwerde unerheblich (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.7.2017, a. a. O., Rn. 3, m. w. N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der teilweise vertretenen Ansicht (vgl. VGH Bad.-Württ., a. a. O., Rn. 10; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 4.4.2017 - 3 M 195/17 -, juris, Rn. 18, jeweils m. w. N.), auch das Beschwerdeverfahren gegen eine Zwischenregelung sei Bestandteil des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, hier also des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO, in dem insgesamt über die Kosten zu entscheiden sei, folgt der Senat nicht. Dieser Annahme steht entgegen, dass das Beschwerdeverfahren auch kostenrechtlich i. S. d. § 35 GKG und § 19 Abs. 1 RVG einen eigenen Rechtszug darstellt (vgl. für die Beschwerde nach § 99 Abs. 2 Satz 13 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 27.12.2016 - 20 KSt 1/16 -, juris, Rn. 6, sowie für eine solche nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG: BVerwG, Beschl. v. 15.10.1993 - 1 DB 34/92 -, juris, Rn. 18; Nds. OVG, Beschl. v. 31.8.2017 - 13 OB 205/17 -, juris, Rn. 4, jeweils m. w. N.). Die Beigeladenen haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt, so dass ihre Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht dem Antragsgegner oder der Staatskasse aufzuerlegen waren und daher nicht erstattungsfähig sind.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Eine solche Festsetzung hält der Senat für geboten, da es sich ungeachtet der umstrittenen Statthaftigkeit der Beschwerde jedenfalls vorliegend, d. h. bei einer vom Verwaltungsgericht erlassenen Zwischenentscheidung, i. S. d. Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) um eine Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts über die Aussetzung der Vollziehung (Nr. 5240) und nicht lediglich eine sonstige Beschwerde i. S. d. Nr. 5502 (so Hess. VGH, Beschl. v. 28.4.2017 - 1 B 947/17 -, juris, Rn. 19) handelt, für die eine Festgebühr vorgesehen und deshalb kein Streitwert festzusetzen ist.
Da der Antragsgegner an seiner Beschwerde trotz der gerichtlichen Hinweise auf ihre Unzulässigkeit festgehalten hat, besteht kein Anlass, die Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).