Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 04.09.2019, Az.: 5 B 11115/17

Berücksichtigung der hypothetischen Anerkennungssituation; Dublin; Dublin III - Italien - neu; Italien; systemische Mängel; systemische Mängel Italien, bejaht

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
04.09.2019
Aktenzeichen
5 B 11115/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69991
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Da in sogenannten "Dublin-Fällen" auch der hypothetische Fall einer Anerkennung der schutzsuchenden Person als schutzberechtigt zu berücksichtigen ist, verbietet sich in diesen eine Abschiebung nach Italien schon vor dem Hintergrund, dass dort anerkannten Schutzberechtigten aufgrund systemischer Schwachstellen der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh droht.

Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses vom 25. Januar 2018 wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 20. November 2017 (Az. 5 A 11112/17) gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. November 2017 unter Ziffer 3. verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1.

Der Beschluss vom 25. Januar 2018 ist gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen abzuändern. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2011 – 8 VR 2/11 –, juris Rn. 8).

Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, ist eine Abänderung des ablehnenden Eilbeschlusses vom 25. Januar 2018 angezeigt. Nach der jetzigen Sach- und Rechtslage erweist sich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. November 2017 unter Ziffer 3. verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien als geboten.

Das Verwaltungsgericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5, 7 VwGO anordnen, wenn das Interesse des betroffenen Ausländers, von einem Vollzug der Abschiebungsanordnung vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an dem nach § 75 Abs. 1 AsylG gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug der Abschiebungsanordnung überwiegt. Hierbei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens zu berücksichtigen, soweit diese sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits abschätzen lassen. Nach diesem Maßstab überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen – derzeit – ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Vollzuges seiner angeordneten Abschiebung nach Italien.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die Voraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nach Italien liegen nach dem hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird, nicht vor. Der Antragsteller hat seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes nach dem 1. Januar 2014 gestellt, sodass gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden sind. Unabhängig von der Frage, ob die wohl grundsätzlich aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO resultierende Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergangen ist, steht derzeit jedenfalls nicht fest, dass die Abschiebung nach Italien im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylG durchgeführt werden kann.

Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bestimmt, dass, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Verfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechte-Charta (GRCh) (gleichlautend wie Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)) mit sich bringen, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortsetzt, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 3 Dublin III-VO wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat – hier die Antragsgegnerin – unter anderem dann der zuständige Mitgliedstaat, wenn keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat vorgenommen werden kann.

So ist es nach summarischer Prüfung hier. Eine Überstellung nach Italien erweist sich danach im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO als unmöglich, weil ein Verstoß gegen Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK in Betracht kommt, wonach (u. a.) niemand unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden darf. Einer solchen Behandlung dürfte der Antragsteller im Falle seiner Abschiebung nach Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein.

Um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh zu gelten, muss die Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Dazu können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./ Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413) ausnahmsweise auch auf Armut zurückzuführende schlechte humanitäre Bedingungen gehören. Das gilt zwar nicht in dem Sinne, dass die Vertragsparteien verpflichtet sind, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen allgemein finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a.a.O.; EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 (Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien) –, juris). Auch reicht die drohende Abschiebung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation des Betroffenen schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat, nicht aus, die Schwelle einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu erreichen. Art. 3 EMRK schützt aber davor, ohne Perspektive in extremer Armut leben zu müssen und außerstande zu sein, für die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Hygieneartikel und Unterkunft aufzukommen (ebenso VG Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2015, – 12 B 245/15 –, juris). Einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im vorstehenden Sinne sind Personen, die vollständig auf staatliche Hilfe angewiesen sind, insbesondere aber dann ausgesetzt, wenn sie sich in einer mit der menschlichen Würde unvereinbaren Situation ernsthafter Entbehrungen und Not einer behördlichen Gleichgültigkeit gegenübersehen. Eine solche Situation liegt nach Auffassung des Einzelrichters nicht erst dann vor, wenn die betreffenden Personen ohne staatliche Unterstützung hilflos dem Tod durch Hunger und Krankheit ausgesetzt wären, sondern auch dann, wenn sie ohne staatliche Hilfe erheblich unterhalb des jeweiligen wirtschaftlichen Existenzminimums leben müssten.

Im Rahmen der Prognose, ob Ausländer im Falle ihrer Überstellung in einen anderen Staat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer in diesem Sinne unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein werden, ist dabei nicht allein auf die Rechtslage in diesem Staat abzustellen; maßgeblich ist auch deren Umsetzung in die Praxis (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./ Belgien und Griechenland) –, a. a. O.; Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG, Rn. 21). Dabei ist zu berücksichtigen, ob staatliche Stellen es durch ihr vorsätzliches Handeln oder Unterlassen betroffenen Personen praktisch verwehren, von ihren gesetzlich verankerten Rechten Gebrauch zu machen (vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) –, HUDOC, Rn. 96).

Im Rahmen der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich anderer EU-Mitgliedstaaten der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens gilt, dem die Vermutung zugrunde liegt, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der EMRK steht (vgl.: EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2018 – 10 LB 82/17 –, Rn. 28f., juris).

Nach diesem Maßstab und unter Berücksichtigung der dem Gericht zugänglichen Erkenntnismittel liegen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller im Falle seiner Überstellung nach Italien dort aufgrund systemischer Schwachstellen der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. des Art. 3 EMRK bzw. des Art. 4 GRCh ausgesetzt sein wird.

a)

Dies resultiert zum einen daraus, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Antragsteller – für den die italienischen Behörden keine individuelle Garantieerklärung abgeben haben, dass er einen Platz in einer Unterkunft erhält und seine grundlegenden Bedürfnisse an Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung gedeckt sind (vgl. hierzu VG Hannover, Urteil vom 26. März 2015 – 10 A 1060/15 –, juris Rn. 43) – im Falle einer Rückkehr nach Italien unmittelbar von einer extremen materiellen Not bedroht wäre. Ein aktueller Monitoring-Bericht (Schweizerische Flüchtlingshilfe und Danish Refugee Council, MUTUAL TRUST IS STILL NOT ENOUGH – The situation of persons with special reception needs transferred to Italy under the Dublin III, 12. Dezember 2018: Regulatiohttps://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/dublin/italien/monitoreringsrapport-2018.pdf) erzeugt erhebliche Bedenken in Bezug auf eine menschenrechtskonforme Art der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber in Italien; insofern liegen greifbare Anhaltspunkte dafür vor, dass das italienische Asylsystem jedenfalls diesbezüglich an systemischen Mängeln krankt. In der dem Bericht zugrundeliegenden Studie wurden über einen längeren Zeitraum 13 Flüchtlinge bzw. Flüchtlingsfamilien vom Zeitpunkt ihrer Rückführung nach Italien im Rahmen des Dublin-Verfahrens begleitet, die alle dem Kreis der sogenannten „vulnerablen Personen bzw. Personengruppen“ zuzuordnen sind. Diese Stichproben, die sich nicht lediglich auf bestimmte Gebiete in Italien bezogen, ergaben ein verheerendes Bild, welches die Stichprobenergebnisse des vorangegangenen und vorzitierten Monitoring-Berichtes aus dem Jahr 2017 (Schweizerische Flüchtlingshilfe und Danish Refugee Council, Is mutual trust enough? – The situation of persons with special reception needs upon return to Italy, 09. Februar 2017: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2017/drc-osar-drmp-report-090217.pdf) bestätigt. So kam es wiederum zu Situationen, in denen sich die Betroffenen zunächst auf der Straße wiederfanden, in einigen Fällen war der Zugang zur (dringend notwendigen) Gesundheitsversorgung (zunächst) nicht gegeben, in mehreren der im Bericht genannten Aufnahmeeinrichtungen war nicht einmal das niemandem zu verwehrende Minimum an Privatsphäre gewährleistet (so wird beispielsweise von Toiletten ohne Türen oder solchen, die sich nicht abschließen lassen, berichtet) und die hygienischen Bedingungen waren teilweise untragbar. Auch wenn es sich (beide Berichte zusammengenommen) lediglich um 19 beobachtete Fälle handelt, so lässt sich daraus zumindest die Vermutung ableiten, dass es sich um Zustände handelt, die weit verbreitet sind und mit denen sich Asylbewerber in Italien regelmäßig konfrontiert sehen. Es wäre ein großer Zufall, wenn es sich bei den 19 dokumentierten Fällen lediglich um Ausnahmen handelte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich jeweils um sogenannte „vulnerable Personen“ handelte. Es besteht zumindest die Vermutung, dass die Situation für Personen, die dieser Gruppe nicht angehören, noch gravierender sein könnte, da zumindest einiges dafür spricht, dass die italienischen Behörden in den beobachteten Fällen besonders dafür sensibilisiert waren, dass eine fürsorgliche Behandlung notwendig war. Man kann also insofern von einem ersten Anschein sprechen, der für das Vorliegen systemischer Mängel im italienischen Asylsystem streitet. Eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur aktuellen Situation von Asylsuchenden in Italien aus dem Mai 2019 (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, 08. Mai 2019: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/dublin/italien/190508-auskunft-italien.pdf) lässt erkennen, dass sich unter der neuen Regierung die Versorgung der Asylbewerber in Italien verschlechtert und insbesondere die zur Verfügung stehenden Geldmittel reduziert werden. Dass im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien rücküberstellte Personen der reellen Gefahr der Obdachlosigkeit ausgesetzt sind, lässt sich nicht nur aus den vorbezeichneten Monitoring-Berichten, sondern auch anhand der in Italien bestehenden Rechtslage und ihrer praktischen Umsetzung ersehen. Aus der vorzitierten Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Mai 2019 (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, a.a.O.) geht hervor, dass eine gesetzliche Regelung in Italien (Dekret 142/2015) vorsieht, dass eine Person, die ohne Meldung das Zentrum (im Sinne der Unterkunft) verlässt, ihren Anspruch auf Unterbringung verliert, da in diesem Fall von einer freiwilligen Abreise ausgegangen werde. Dies führe dazu, dass insbesondere sogenannte „Dublin-Rückkehrer“, die vor Abschluss ihres Asylverfahrens Italien verlassen hätten, kein Obdach erhielten. Es würden in solchen Fällen kaum Möglichkeiten bestehen, erneut einen Platz zu erhalten. Eine aktuelle Reportage des Nachrichtenmagazins Monitor (ARD, Monitor, Hilflos, obdachlos, chancenlos: Das Elend der Flüchtlinge in Italien, Sendung vom 23. Mai 2019, in der Mediathek der ARD abrufbar unter: http://mediathek.daserste.de/Monitor/Hilflos-obdachlos-chancenlos-Das-Elen/Video?bcastId=438224&documentId=63176882, verschriftlicht abrufbar unter: https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/fluechtlinge-italien-100.html) bestätigt dies. Das vorbezeichnete Dekret werde extensiv angewendet und das auch teilweise schon in Fällen, in denen die Betroffenen lediglich eine Nacht außerhalb der Unterkunft verbracht hätten. Insgesamt sei – nach Auskunft der italienischen Behörden – allein in den Jahren 2016 und 2017 mehreren zehntausend Personen auf diese Weise das Recht auf Unterkunft entzogen worden, wobei insbesondere auch die Asylbewerber betroffen seien, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Italien zurückkehrten, da diese gewöhnlich vor der Ausreise eine Unterkunft besessen und diese dann verlassen hätten. In der Sendung wurden mehrere aus Deutschland nach Italien Abgeschobene interviewt, welche seit ihrer Rückkehr dorthin auf der Straße leben. Die genauen Bedingungen sind ggf. im Hauptsacheverfahren aufzuklären. Dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen ist, dass in Bezug auf sogenannte „Dublin-Rückkehrer“ systemische Mängel im italienischen Asylsystem zu verneinen seien (vgl.: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 04. April 2018 – 10 LB 96/17 –, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 10 LB 202/18 –, juris), ist aufgrund der nunmehr veränderten Erkenntnislage nicht mehr maßgeblich.

b)

Darüber hinaus ist aufgrund der dem Einzelrichter vorliegenden Informationen auch zu erwarten, dass der Antragsteller im Falle einer (hypothetischen) Anerkennung als Schutzberechtigter in Italien aufgrund systemischer Schwachstellen der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh ausgesetzt sein wird.

Wie der Europäische Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist es für die Anwendung von Art. 4 GRCh (und damit auch für die Anwendung von Art. 3 EMRK) gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 –, Rn. 88, juris). Deshalb ist auch erheblich und zu untersuchen, ob eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh im Falle einer möglichen Anerkennung des Antragstellers als Schutzberechtigter in Italien drohen würde.

Das dem so ist, ergibt sich daraus, dass anerkannt Schutzberechtigte keinen Zugang zur Sozialhilfe (in Form des sogenannten „Bürgergeldes“) haben und ihnen deshalb ein Leben unterhalb des Existenzminimums droht.

Das Anfang März 2019 in Italien neu eingeführte „Bürgergeld“ i. H. v. (bis zu) 780,- € pro Monat, für dessen Bezug ein Bedürftigkeitsnachweis erforderlich ist und das damit faktisch eine Form der Sozialhilfe darstellt, wird lediglich an italienische Staatsbürger gezahlt oder solche Menschen, die seit mindestens zehn Jahren (davon die letzten zwei kontinuierlich) in Italien wohnen (vgl.: https://www.redditodicittadinanza.gov.it/; Neues Deutschland Online vom 6. März 2019, Italien führt Grundsicherung ein – Das sogenannte Bürgerschaftsgeld ähnelt dem deutschen Hartz IV, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1113764.buergergeld-italien-fuehrt-grundsicherung-ein.html; Frankfurter Allgemeine Zeitung Online vom 6. März 2019, Neue Sozialleistungen sorgen in Italien für Ansturm, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/buergergeld-sorgt-fuer-ansturm-in-italien-16075215.html; Süddeutsche Zeitung Online vom 6. März 2019, Italien führt das Bürgergeld ein, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italien-grundeinkommen-cinque-stelle-1.4357211; Neue Züricher Zeitung Online vom 8. März 2019, Das italienische Bürgergeld ist da, https://www.nzz.ch/wirtschaft/italiens-regierung-fuehrt-buergergeld-ein-ld.1465569; Tagesschau.de vom 29. April 2019, Bürgergeld in Italien – Sozialpolitische Revolution, https://www.tagesschau.de/ausland/italien-buergergeld-101.html).

Anerkannt Schutzberechtigten steht nach Art. 20ff. Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) – namentlich deren Artikel 29 – und den Wohlfahrtsvorschriften der GFK – namentlich dessen Art. 23 – ein Anspruch auf „Inländergleichbehandlung“ zu (vgl.: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 – 2 BvR 157/17 –, Rn. 20, juris; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 31. Juli 2018 – 2 BvR 714/18 –, Rn. 23, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, Rn. 27, juris). Das Bundesverfassungsgericht hatte in Bezug auf Griechenland ausgeführt, dass die dort (zum damaligen Zeitpunkt) gewährten Sozialleistungen an einen bis zu 20jährigen legalen Aufenthalt anknüpften, weshalb anerkannt Schutzberechtigte von der Inanspruchnahme dieser Leistungen faktisch ausgeschlossen seien (vgl.: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 – 2 BvR 157/17 –, Rn. 20, juris). Eine vergleichbare Situation liegt auch in Italien in Bezug auf das „Bürgergeld“ vor, welches für Menschen, die nicht zuvor einer Beschäftigung nachgegangen sind, den weitaus größten und einzig sicheren Teil staatlicher Sozialleistungen ausmacht (vgl. zu den übrigen, sehr limitierten und zu großen Teilen nicht garantierten Sozialleistungen die Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, Beschluss vom 6. April 2018 – 10 LB 109/18 –, Rn. 34 - 47, juris). Auch ein zehnjähriger Aufenthalt in Italien als Grundvoraussetzung für den Leistungsbezug dürfte für anerkannt Schutzberechtigte mit einem faktischen Leistungsausschluss gleichzusetzen sein.

Mit der Einführung dieses „Bürgergeldes“ haben sich die Verhältnisse in Italien derart geändert, dass die zuvor u. a. vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. April 2018, a. a. O., Rn. 47) angenommene Gleichbehandlung von Inländern und anerkannt Schutzberechtigten bei der Gewährung von Sozialleistungen nicht mehr gegeben ist. Vielmehr dürften anerkannt Schutzberechtigte derart von grundlegenden Sozialleistungen ausgeschlossen sein, dass sie – anders als die italienische Bevölkerung – unterhalb des in Italien notwendigen Existenzminimums zu leben gezwungen sind, soweit sie – was aufgrund der Sprachbarriere und häufig fehlender Qualifikation sowie mangelnder sozialer Netzwerke und Familienstrukturen auf viele anerkannt Schutzberechtigte zutreffen dürfte – auf absehbare Zeit keinen Zugang zu einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit erlangen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte in seinem vorzitierten Beschluss vom 6. April 2018 zu der Situation anerkannt Schutzberechtigter in Italien vor der Einführung des „Bürgergeldes“ u. a. ausgeführt (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. April 2018, a. a. O., Rn. 34 - 47):

„Für Dublin-Rückkehrer, die in Italien noch keinen Schutzstatus erhalten haben, hat der Senat in seinem Urteil vom 4. April 2018 (- 10 LB 96/17 -, juris) systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen und die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verstößen gegen Art. 4 EUGrCh und Art. 3 EMRK ebenfalls verneint. Anerkannte Schutzberechtigte befinden sich nach ihrer Rückkehr nach Italien hinsichtlich des Zugangs zu Wohnraum und zu den Leistungen zum Lebensunterhalt zwar in einer schwierigeren Situation als Dublin-Rückkehrer, die noch keinen Schutzstatus erhalten haben, doch auch in ihrem Fall können systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen, die eine Verletzung von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK begründen, nicht festgestellt werden. Auch die Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie sind für diesen Personenkreis erfüllt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Anerkannte Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsbewilligung, die 5 Jahre gültig ist, bei Ablauf in der Regel automatisch verlängert wird (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, Seite 31, und Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 34) und Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu einer Berufsausbildung verschafft (BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, Seite 3). Sie können mit dieser Aufenthaltsbewilligung ein- und ausreisen und sich in Italien ohne Einschränkungen bewegen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 33).

Sie sind bezüglich der sozialen Rechte und dem Zugang zu Sozialleistungen den italienischen Staatsangehörigen völlig gleichgestellt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 35, und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 3). Angesichts dessen, dass das italienische Sozialsystem nicht dem deutschen Sozialsystem vergleichbar ausgestaltet ist und sowohl für anerkannte Flüchtlinge als auch für italienische Staatsangehörige gleichermaßen deutlich weniger Fürsorgeleistungen vorhält, bedeutet dies aber auch, dass von ihnen grundsätzlich erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seiten 35 und 49, und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 1). Soweit es danach im Bereich der Versorgung mit einer Unterkunft und mit den Leistungen zum Lebensunterhalt – wie im Folgenden dargestellt wird – zu Problemen kommen kann, ergeben sich daraus keine systemischen Mängel in den Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte, die eine Verletzung von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK begründen (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.08.2016 – 13 A 63/16. A –, juris Rn. 55 ff.). Denn Art. 3 EMRK ist nach dem oben dargestellten Maßstab im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Verhalten eines Staates, der mit Gleichgültigkeit auf eine gravierende Mangel- und Notsituation reagiert, und begründet beispielsweise keinen individuellen Anspruch auf Versorgung mit einer Wohnung oder die allgemeine Verpflichtung, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen. Anerkannte Schutzberechtigte müssen sich insbesondere auf die für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Voraussetzungen und Einschränkungen hinsichtlich des Empfangs von Sozialleistungen verweisen lassen (sogenannte Inländergleichbehandlung).

Höhere Anforderungen an die Versorgung von anerkannten Flüchtlingen ergeben sich auch nicht aus der Qualifikationsrichtlinie. Denn nach deren Art. 29 Abs. 1 tragen die Mitgliedstaaten “nur“ dafür Sorge, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe – wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats – erhalten. Nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie tragen die Mitgliedstaaten ferner dafür Sorge, dass diese Personen zu denselben Bedingungen – wie Staatsangehörige des ihren Schutz gewährenden Mitgliedstaats – Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Schließlich muss nach Art. 32 Abs. 1 der Richtlinie auch der Zugang zu Wohnraum “nur“ unter den Bedingungen gewährleistet werden, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufhalten. Da Italien anerkannte Schutzberechtigte im Hinblick auf die Sozialleistungen genauso behandelt wie seine eigenen Staatsangehörigen, scheidet deshalb auch ein Verstoß gegen die Qualifikationsrichtlinie von vornherein aus (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.08.2016 – 13 A 63/16. A –, juris Rn. 58).

Demgegenüber kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass Flüchtlinge, die die Landessprache oft nur unzureichend beherrschen, über kein familiäres Netzwerk in Italien verfügen, das sie bei fehlenden staatlichen Leistungen auffangen könnte, und sie insofern faktisch schlechter gestellt sind als die italienischen Staatsangehörigen. Denn dies ändert nichts daran, dass sie den Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie entsprechend dieselben rechtlichen und tatsächlichen Zugangsmöglichkeiten zu den Sozialleistungen haben wie italienische Staatsangehörige. Im Unterschied beispielsweise zu der Lage in Bulgarien (siehe hierzu Senatsurteil vom 29.01.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 36 ff, 45 ff. und 49 ff.) werden sie nämlich nicht durch die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des Zugangs zu den Sozialleistungen von diesen ausgeschlossen.

Davon abgesehen dürften auch viele italienische Staatsangehörige in der heutigen Zeit über kein ausreichendes familiäres Netzwerk mehr verfügen, das sie im Falle der Bedürftigkeit auffängt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass gerade auch anerkannte Flüchtlinge Zugang zu den Hilfeleistungen kommunaler und karitativer Einrichtungen sowie der Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) haben, die das fehlende familiäre Netzwerk zumindest teilweise ausgleichen. Denn diese versorgen sie nicht nur mit Lebensmitteln und Unterkunftsplätzen (Auswärtiges Amt, Anfragebeantwortung an OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2016 zum Az. 13 A 516/14.A, Seite 5; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 80), sondern bieten auch andere, speziell auf anerkannte Flüchtlinge zugeschnittene und durch staatliche sowie europäische Mittel geförderte Hilfen wie Jobtrainings, Praktika und Sprachkurse (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 53; BAMF, Länderinformation: Italien, Mai 2017, Seite 3) und auch Projekte an, die beim Übergang zur Selbstständigkeit nach der Beendigung der Unterbringung in einem SPRAR-Zentrum unterstützen sollen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 51).

Über die Hilfen durch kommunale und karitative Einrichtungen sowie NGO’s hinaus sind rücküberstellte anerkannte Schutzberechtigte aber auch im Hinblick auf staatliche Hilfen keineswegs gänzlich auf sich selbst gestellt. Unabhängig von dem oben genannten Gesichtspunkt der sogenannten Inländergleichbehandlung kann deshalb auch aus diesem Grund eine Verletzung der Rechte aus Art. 4 EUGrCh und Art. 3 EMRK nicht festgestellt werden, zumal der italienische Staat auf die Situation anerkannter Flüchtlinge nicht mit Gleichgültigkeit reagiert.

Anerkannte Flüchtlinge haben im Rahmen der bestehenden Kapazitäten und sofern die maximale Aufenthaltsdauer von 6 Monaten, die unter bestimmten Voraussetzungen (bei Gesundheitsproblemen oder im Hinblick auf bestimmte Integrationsziele) um weitere 6 Monate verlängert werden kann, noch nicht ausgeschöpft ist, Zugang zum Zweitaufnahmesystem SPRAR, das zur Zeit über 31.313 Plätze verfügt. (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 1, Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 1, und Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seiten 29, 35 f. und 39; BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, Seite 3). Bei den SPRAR handelt es sich um eine dezentrale auf lokaler Ebene organisierte (Zweit-)Unterbringung, die aus einem Netzwerk von Unterkünften und überwiegend aus Wohnungen besteht, auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen NGO‘s basiert und die Teilhabe am kommunalen Leben fördern soll. Die Unterbringung wird von Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen (Rechtsberatung, Sprachkurse, psychosoziale Unterstützung, Jobtrainings, Praktika, Unterstützung bei der Suche einer Stelle auf dem Arbeitsmarkt) begleitet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seiten 35 f. und 53, und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 6; BAMF, Länderinformation: Italien, Mai 2017, Seiten 1 und 2). Neben Lebensmitteln erhalten die Bewohner auch ein Taschengeld je nach SPRAR-Projekt zwischen 1,50 Euro/Tag und 3 Euro/Tag (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 50, und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 3; BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, Seiten 1 und 2).
(…)

Allerdings haben anerkannte Schutzberechtigte in der Regel keinen Zugang zum SPRAR-System mehr, wenn sie einmal in einer SPRAR- Unterkunft aufgenommen worden sind und diese wieder verlassen haben. Von dieser Regel kann nur abgewichen werden, wenn die betroffene Person einen Antrag beim Innenministerium einreicht und neue “Verletzlichkeiten“ vorbringt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 36, und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 1). In diesem Fall ebenso wie in dem Fall, dass die maximale Aufenthaltsdauer in einer SPRAR-Einrichtung abgelaufen ist, haben die betroffenen Personen, sofern sie nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen und eine Wohnung zu mieten, und auch keinen Unterkunftsplatz in den bereits erwähnten kommunalen und karitativen Einrichtungen oder mit Hilfe der NGO’s erhalten, ebenso wie italienische Staatsangehörige in vergleichbarer Situation nur Zugang zu Notschlafstellen und zu Unterkünften in besetzten Häusern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 2). Daraus ergibt sich aber kein systemisches Versagen bezüglich der Aufnahmebedingungen für rücküberstellte anerkannte Schutzberechtigte und keine Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 4 EUGrCh. Denn auch nach diesen rechtlichen Maßgaben ist der italienische Staat nicht gehindert, den Zugang zu den SPRAR-Einrichtungen von bestimmten - von den Schutzberechtigten erfüllbaren - Voraussetzungen abhängig zu machen und den Anspruch auf Unterkunft in einer solchen Einrichtung entfallen zu lassen, wenn der Schutzberechtigte die Unterkunft “eigenmächtig“ verlässt (vgl. Art 20 Abs. 1 a) der Aufnahmerichtlinie, wonach einem Antragsteller die gewährten materiellen Leistungen entzogen werden können, wenn dieser den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort eigenmächtig verlässt), bzw. die Aufenthaltsdauer in einer solchen Einrichtung zu begrenzen. Aus diesem Verhalten des italienischen Staates kann deshalb auch nicht auf dessen Gleichgültigkeit gegenüber anerkannten Schutzberechtigten geschlossen werden.

Abgesehen davon sind anerkannte Flüchtlinge, sofern sie weder in einer staatlichen noch in einer kommunalen oder karitativen Einrichtung einen Unterkunftsplatz finden, genauso gestellt wie italienische Staatsangehörige in vergleichbarer Situation. Schon aus diesem Grund folgen – wie oben ausgeführt – aus den dargestellten Schwierigkeiten keine systemischen Mängel in den Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte, die eine Verletzung von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK begründen.

Schließlich ergibt sich aus den verfügbaren Erkenntnisquellen auch nicht, dass tatsächlich der größte Teil der anerkannten Schutzberechtigten über einen längeren Zeitraum obdachlos ist. Denn danach ist ein im Verhältnis zu ihrer Gesamtzahl eher kleiner Teil der Migranten tatsächlich obdachlos bzw. lebt in besetzten Häusern. Nach Schätzung der MÈDECINS SANS FRONTIÈRES (= Ärzte ohne Grenzen) gibt es nämlich “nur“ ungefähr 10.000 obdachlose Menschen unter den Asylsuchenden und Schutzgenehmigungsinhabern (MSF, „OUT of sight“ – Second edition, Stand: 08.02.2018).

Einen Anspruch auf staatliche Sozialhilfe, die mit der in Deutschland gewährten Sozialhilfe vergleichbar ist, haben außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen lebende und mangels hinreichender Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt oft auf Schwarzarbeit (beispielsweise in der Landwirtschaft) angewiesene Schutzberechtigte (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 52) ebenso wenig wie italienische Staatsangehörige (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 49). Es gibt ein Arbeitslosengeld, wenn jemand seine (legale) Arbeit verloren hat. Personen mit sehr geringem oder keinem Einkommen – wie viele anerkannte Schutzberechtigte – haben ferner die Möglichkeit, sich für einen “finanziellen Beitrag“ zu bewerben, dessen Höhe je nach Region bzw. Gemeinde sehr unterschiedlich ist (beispielsweise in Rom bis zu 500 Euro im Jahr, in Mailand 250 Euro pro Monat für einen Zeitraum von 6 Monaten) und dessen Gewährung von der Anzahl der Anfragen und dem verfügbaren Budget abhängt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seiten 49 f., und Anlage vom 31.07.2017 zu der Anfragebeantwortung an VG Hannover vom 12.09.2017, Seite 4). Da der italienische Staat die anerkannten Schutzberechtigten demnach auch in dieser Hinsicht genauso behandelt wie seine eigenen Staatsangehörigen, können auch insoweit systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen, die eine Verletzung von Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK begründen, nicht festgestellt werden.“

Demnach hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen für anerkannt Schutzberechtigte insbesondere deshalb verneint, weil diese bei der Gewährung von Sozialleistungen nicht schlechter gestellt seien als Inländer. Diese Begründung ist seit Einführung des „Bürgergeldes“ in Italien Anfang März 2019 aber nicht mehr haltbar, weshalb der Einzelrichter die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht (mehr) als maßgebend ansieht.

Die Ungleichbehandlung der anerkannt Schutzberechtigten mit Inländern bei der Gewährung des Bürgergeldes wird auch nicht auf andere Weise ausgeglichen. Andere zur Verfügung stehende Unterstützungsmöglichkeiten dürften nicht ausreichen, um zu verhindern, dass sie häufig ein Leben unterhalb des Existenzminimums fristen müssen.

Die in der zitierten Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aufgeführten sogenannten „finanziellen Beiträge“ reichen ersichtlich nicht annährend zur Existenzsicherung aus. Ferner besteht kein einklagbarer Anspruch auf diese Leistungen, sondern es hängt letztlich vom Zufall ab, ob und für welchen – zum Teil nur kurzen – Zeitraum man solche überhaupt erhält.

Der Verweis des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auf das häufige Angewiesensein auf Einkommen aus Schwarzarbeit, die im Falle von Flüchtlingen in nicht seltenen Fällen sogar in einen Zustand moderner Sklaverei mündet (vgl. z. B.: Deutschlandfunk Online vom 29. Juni 2017, Migranten in Italien – Die neuen Sklaven Europas, https://www.deutschlandfunk.de/migranten-in-italien-die-neuen-sklaven-europas.1773.de.html?dram:article_id=389841; Die Zeit Online vom 8. August 2018, Erntehelfer – Italiens moderne Sklaverei, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/erntehelfer-italien-migranten-afrika-sklaverei-modern; ARTE vom 26. November 2018, Re: Sklaverei in Italien – Yvan Sagnets Kampf für Erntehelfer), stellt keine ernsthafte Möglichkeit der Existenzsicherung, sondern vielmehr einen unmenschlichen und erniedrigenden Zustand im Sinne des Art. 3 EMRK für die betroffenen Flüchtlinge dar. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass Schwarzarbeit (auch in Italien) verboten ist.

Von der Möglichkeit in den sogenannten SIPROIMI-Einrichtungen (vormals SPRAR) unterzukommen profitiert nur ein Teil der anerkannt Schutzberechtigten, sodass sich auch hieraus nichts anderes ergeben dürfte, zumal der mögliche Aufenthalt zeitlich stark begrenzt ist (s. o.: sechs Monate bis maximal zwölf). Des Weiteren dürfte auch ein Großteil der aus dem Staatsgebiet der Antragsgegnerin abgeschobenen und in Italien anerkannten Schutzberechtigten keinen Zugang zu diesen Einrichtungen erhalten. Denn soweit sie zuvor in einer SPRAR- bzw. nunmehr SIPROIMI-Einrichtung untergebracht waren und diese im Zuge der Ausreise aus Italien verlassen haben, besteht in der Regel kein Zugangsrecht mehr (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. April 2018, a. a. O., Rn. 44). Dass insoweit eine Verletzung von Art. 3 EMRK ausscheiden soll, weil der Zugang durch eigenmächtiges Handeln der betroffenen Personen sozusagen selbstverschuldet verwirkt sei, erschließt sich dem Einzelrichter nicht. Denn dies ändert nichts daran, dass anerkannt Schutzberechtigte durch eine Abschiebung nach Italien in eine so extreme materielle Not geraten, dass das Existenzminimum nicht mehr erreicht wird, weshalb nach den oben dargestellten Maßstäben eine Verletzung vom Art. 3 EMRK vorliegt. Denn bei der Frage, ob eine existenzielle Notlage gegeben ist, kann es nicht darauf ankommen, ob diese auch auf das Verhalten der betroffenen Person zurückzuführen ist.

Dass in Italien durch nichtstaatliche Träger Unterstützung geleistet wird, hat bei der Frage, ob systemische Mängel vorliegen, außer Betracht zu bleiben, was sich bereits aus dem Wortlaut ergibt („systemische Mängel“). Denn insoweit ist ausschließlich auf die staatlich garantierten Einrichtungen abzustellen. Alle nichtstaatlichen Unterstützungsangebote für anerkannt Schutzberechtigte sind freiwillig und können deshalb jederzeit wegfallen. Darüber hinaus sind viele anerkannt Schutzberechtigte nach den Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts trotz aller Hilfsangebote häufig auf Schwarzarbeit angewiesen (s. o.).

Aber selbst wenn unter Einbeziehung der nichtstaatlichen Unterstützungsleistungen in der Vergangenheit und vor der Einführung des „Bürgergeldes“ die insgesamt vorhandenen Sozialleistungen ausreichend gewesen sein sollten, um anerkannt Schutzberechtigten ein im Sinne des Art. 3 EMRK menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, stellt sich die Frage, ob die vom Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in seiner zitierten Entscheidung beschriebenen Leistungen nach Einführung des „Bürgergeldes“ fortbestehen. Denn es liegt nahe, dass der italienische Staat, der durch das „Bürgergeld“ zusätzliche Ausgaben hat, im Rahmen seiner restriktiven Flüchtlingspolitik an anderer Stelle Einsparungen vornimmt. Schon aus diesem Grund ist die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, um im Hauptsacheverfahren diese Frage aufzuklären.

Wie gravierend sich die Situation anerkannt Schutzberechtigter in Italien darstellt, lässt sich auch aus anderen aktuellen Gerichtsentscheidungen deutlich herauslesen. So hat beispielsweise das Verwaltungsgericht Hamburg in einem Beschluss vom 7. Juni 2019 (VG Hamburg, Beschluss vom 7. Juni 2019 – 9 AE 1416/19 –, Rn. 23 - 27, juris) ausgeführt (wobei es jedoch unzutreffender Weise von einer weiterhin bestehenden „Inländergleichbehandlung“ ausgegangen ist):

„Das italienische System geht davon aus, dass international Schutzberechtigte, die auf fünf Jahre befristete sowie verlängerbare Aufenthaltserlaubnisse erhalten und sich frei auf dem Staatsgebiet bewegen können (AIDA, Country Report: Italy, 2018 Update, 16.4.2019, S. 134 u. 142, abrufbar unter „www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2018update.pdf“, im Folgenden: AIDA), ab Gewährung des Schutzstatus für sich selbst sorgen müssen. Sie sind zwar hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt, für diese ist das Sozialsystem aber ebenfalls sehr schwach ausgestaltet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 35, abrufbar unter „www.fluechtlingshilfe.ch/assets/ news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf“, im Folgenden: Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016).Während im laufenden Asyl- sowie sich gegebenenfalls anschließenden Rechtsmittelverfahren die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber in Kollektivzentren vorgesehen ist (AIDA, a.a.O., S. 80 ff.), berechtigt ein gewährter internationaler Schutzstatus nicht zum Verbleib in diesen (AIDA, a.a.O., S. 143). Seit der Reform des Unterbringungssystems im Jahr 2018 sollen international Schutzberechtigte für sechs Monate im System der Zweitaufnahmeeinrichtungen (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non accompagnati, SIPROIMI) untergebracht werden, wobei von den insgesamt verfügbaren 35.650 Plätzen in den über 875 dezentralen Projekten 704 Plätze für psychisch erkrankte sowie körperliche behinderte Personen und 3.730 Plätze für unbegleitete Minderjährige vorgesehen sind (AIDA, a.a.O., S. 145 f.). Teilweise wird berichtet, dass der Aufenthalt in den Zweitaufnahmeeinrichtungen auf maximal zwölf Monate verlängert werden kann (borderline-europe, Stellungnahme zu der derzeitigen Situation von Geflüchteten in Italien mit besonderem Blick auf die Unterbringung, 3. Mai 2019, S. 3, abrufbar unter „https://www.borderline-europe.de/sites/default/files/projekte_files/2019_05_03_BORDERLINE-EUROPE_Stellungnahme_Unterbringung_ITALIEN_0.pdf“, im Folgenden: borderline; Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 38).Anschließend droht international Schutzberechtigten nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen das Risiko der Obdachlosigkeit (AIDA, a.a.O., S. 143 f.). Davon sind auch Frauen, alleinerziehende Mütter, Familien sowie physisch und psychisch beeinträchtigte Personen betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, 8.5.2019, S. 3, abrufbar unter „www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/dublin/italien/190508-auskunft-italien.pdf“; Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 49). Sozialwohnungen gibt es nur sehr wenige, die Wartezeit beträgt mehrere Jahre. Allein in Mailand gibt es eine Warteliste mit 10.000 Personen, jedes Jahr werden aber nur 400 Personen untergebracht (Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 50). Regelmäßige monatliche Sozialhilfeleistungen, die das Existenzminimum sichern könnten, gibt es nicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 49). International Schutzberechtigte haben in rechtlicher Hinsicht Zugang zum Arbeitsmarkt (AIDA, a.a.O., S. 146). Eine Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden, gestaltet sich für sie jedoch vor dem Hintergrund der relativ hohen Arbeitslosigkeit in Italien insbesondere unter jungen Menschen sowie häufig nur eingeschränkter italienischer Sprachkenntnisse und wenig qualifizierter Berufsbildung als schwierig. Deshalb suchen viele Personen, die dazu in der Lage sind, Arbeit auf dem Schwarzmarkt, insbesondere in der Landwirtschaft und im Süden des Landes (borderline, a.a.O., S. 2 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 51 ff.).Nach Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen sind in Italien tatsächlich mindestens 10.000 Personen vom Aufnahmesystem ausgeschlossen (AIDA, a.a.O., S. 100; Médecins sans Frontières, Out of Sight, Informal Settlements, social marginality, obstacles to access to healthcare and basic needs for migrants, asylum seekers and refugees, second edition, Februar 2018, S. 1, im Folgenden: MSF; abrufbar unter „https://www.msf.fr/sites/default/files/out_of_sight_130218.pdf“). Sie leben über das italienische Staatsgebiet verteilt mit eingeschränktem oder ohne Zugang zur Basisversorgung in informellen Siedlungen, besetzten Häusern oder unter freiem Himmel. Es kommt zu zwangsweisen Räumungen durch die Polizei, ohne dass Wohnraum zur Verfügung gestellt würde (MSF, a.a.O., S. 10). Zudem wirkt sich eine fehlende Meldeanschrift auf das Recht zur Gesundheitsversorgung aus (MSF, a.a.O., S. 27; borderline, a.a.O., S. 9). Der Alltag der Betroffenen ist von der Deckung der Elementarbedürfnisse bestimmt, indem sie für Mahlzeiten bei Suppenküchen anstehen sowie eine Dusch- und Waschmöglichkeit und einen Schlafplatz suchen. Die Lebensbedingungen sind nicht kindgerecht und gefährden die Entwicklung von Kindern (Schweizerische Flüchtlingshilfe 2016, S. 47 ff.).“

Der italienische Staat dürfte der (häufig eintretenden) sozialen Not anerkannt Schutzberechtigter (nunmehr) mit einer Gleichgültigkeit gegenüberstehen, die er gegenüber der eigenen Bevölkerung (und Menschen, die seit geraumer Zeit im Land leben) nicht (mehr) zeigt. Dies ergibt sich daraus, dass die Grundsicherung in Form des „Bürgergeldes“ vom Staat zur Sicherung des Existenzminimums offensichtlich als notwendig angesehen wird. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der italienische Staat mit dem faktischen Ausschluss anerkannt Schutzberechtigter vom „Bürgergeld“ (s. o.), die Existenzbedrohung der Schutzberechtigten tatenlos und damit gleichgültig hinnimmt.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 80 AsylG).