Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 12.06.2017, Az.: 5 A 144/16
Bestattung; Bestattungskosten; Bestattungspflicht; Kosten für Bestattung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 12.06.2017
- Aktenzeichen
- 5 A 144/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53914
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Gemeinde hat im konkreten Einzelfall ihre Pflicht zur Nachforschung hinsichtlich der Hinterbliebenen erfüllt und war somit zum Zeitpunkt der Beauftragung der Einäscherung subsidiär bestattungspflichtig. Auch wenn es sich bei der in § 9 Abs. 2 NBestattG geregelte Frist von acht Tagen zur Beerdigung oder Einäscherung um eine "Soll-Regelung" handelt, dient diese als Orientierung für das Entstehen der subsidiären Bestattungspflicht.
2. Es begründet keine unbillige Härte, wenn verstorbene Vater zum primär bestattungspflichtigen Sohn keinen Kontakt hatte, der Vater die Familie verlassen hatte, als der Sohn drei Monate alt war, und er keinen Unterhalt geleistet hat.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid der Beklagten, mit dem diese den Kläger zu Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 2.616,15 EUR für die Bestattung seines am 1. Februar 2016 verstorbenen Vaters B. (nachfolgend „der Verstorbene“) herangezogen hat.
Der am C. geborene Verstorbene war vom 19. Juli 1968 bis zum 16. September 1969 mit der Mutter des Klägers verheiratet. Der am D. geborene Kläger hatte zum Verstorbenen keinen persönlichen Kontakt, der Verstorbene leistete auch keinen Unterhalt.
Am 1. Februar 2016 verstarb B. im Klinikum Uelzen, worüber die Beklagte am 8. Februar 2016 informiert wurde. Nachforschungen der Beklagten in der Wohnung des Klägers und bei Bekannten ergaben am 10. Februar 2016, dass es einen Sohn des Verstorbenen gebe, über den jedoch keine weiteren Angaben bekannt seien. Mit E-Mail vom 11. Februar 2016 fragte die Beklagte beim Standesamt Kiel an, ob dort Dokumente über den Verstorbenen vorhanden seien. Mit Fax vom 12. Februar 2016, einem Freitag, übersandte das Standesamt Kiel der Beklagten einen Auszug aus dem Familienbuch des Verstorbenen, aus dem sich ergab, dass der Verstorbene einen Sohn, den Kläger, habe. Mit Fax vom gleichen Tag teilte die Freie und Hansestadt Hamburg der Beklagten die Adresse des Klägers mit.
Am 15. Februar 2016 erteilt die Beklagte dem Bestattungsinstitut E. GmbH den Auftrag zur Einäscherung der Leiche des Verstorbenen. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte die Beklagte den Kläger über den Tod des Verstorbenen und teilte ihm mit, dass er verpflichtet sei, für die Bestattung zu sorgen. Da Leichen innerhalb von acht Tagen seit dem Eintritt des Todes bestattet oder eingeäschert worden sein sollen, habe der Leichnam des Verstorbenen bereits kremiert werden müssen. Der Kläger wurde aufgefordert, sich umgehend mit dem Bestattungshaus F. in Verbindung zu setzen, damit die Bestattung der Urne innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist und entsprechend seiner Wünsche stattfinden könne. Zugleich wurde er in Kenntnis gesetzt, dass die Beklagte für die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen sorgen werde, falls sonst niemand rechtzeitig für die Bestattung sorgt.
Nach Erhalt des Schreibens am 17. Februar 2016 rief der Kläger bei der Beklagten an, wobei er mitteilte, dass er keinen Kontakt zu seinem Vater gehabt habe. Ausweislich eines sich in den Verwaltungsvorgängen befindlichen handschriftlichen Vermerks wurden dem Kläger in diesem Telefonat die rechtlichen Hintergründe für das Schreiben vom 15. Februar 2016 erläutert.
Die Einäscherung des Leichnams erfolgte am 18. Februar 2016. Nachdem der Kläger die Urnenbeisetzung bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Auftrag gegeben hatte, erteilte die Beklagte am 2. März 2016 den Auftrag für die Beisetzung der Urne in der Urnengemeinschaftsgrabanlage des Feuerbestattungsvereins Lüneburg auf dem neuen Friedhof G.. Die Beisetzung erfolgte am 4. März 2016.
Mit Schreiben vom 29 März 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, ihm die Bestattungskosten in Höhe von insgesamt 2.512,65 EUR zuzüglich angefallener Verwaltungskosten und Auslagen aufzuerlegen. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 15. April 2016 hierzu zu äußern. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass die Kosten gemäß § 74 SGB XII auf Antrag übernommen werden können, sofern ihm nicht zugemutet werden könne, die Kosten der Bestattung zu tragen.
Mit Schreiben vom 31. März 2016 nahm der Kläger hierzu Stellung. Es habe niemals Kontakt zwischen ihm und seinem Vater bestanden, seiner Unterhaltspflicht sei er nicht nachgekommen. Für ihn ergebe sich damit tatsächlich keinerlei verwandtschaftliches Verhältnis und auch keine Bestattungspflicht. Von dem Tod des Verstorbenen habe er erst durch das Schreiben der Beklagten Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Verstorbene jedoch bereits an das Bestattungshaus C. überführt bzw. bereits eingeäschert worden. Durch diese verspätete Benachrichtigung sei ihm die Möglichkeit genommen worden, sich zur tatsächlichen Bestattungspflicht zu äußern bzw. selbst über die Art der Bestattung zu entscheiden und auch den kostengünstigsten Anbieter zu finden, sofern die tatsächliche Bestattungspflicht bestätigt worden wäre. Auch sei ihm nicht bekannt, ob es weitere Angehörige gebe, die ebenfalls oder vorrangig zu Bestattung verpflichtet seien. Er werde die von der Beklagten veranlasste Bestattung in dieser Form nicht anerkennen. Darüber hinaus habe er das Erbe ausgeschlagen. Damit sei das Amtsgericht Uelzen verpflichtet zu prüfen, ob es für den Verstorbenen weitere Erben gebe, die ebenfalls zu Bestattung verpflichtet seien. Da diese Ermittlungen offenbar noch nicht abgeschlossen seien, sei für ihn auch der Nachweis, dass er der einzige Bestattungspflichtige sein solle, nicht erbracht.
Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 6. April 2016 die näheren rechtlichen Hintergründe für dessen Bestattungspflicht und die damit verbundene Kostentragungspflicht.
Mit Bescheid vom 12. April 2016 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die von ihm zu tragenden Kosten in Höhe von 2.512,65 EUR zuzüglich der Kosten des Verfahrens von insgesamt 103,50 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass er als Sohn des Verstorbenen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 NBestattG verpflichtet gewesen sei, für die Bestattung zu sorgen. Da er nicht tätig geworden sei, sei die Bestattung von der Beklagten zu veranlassen gewesen. Hiermit habe sie das Bestattungshaus C. beauftragt. Die vom Bestattungshaus C. in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 2.512,65 EUR zuzüglich der Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 EUR und Auslagen von 3,50 EUR, mithin ein Gesamtbetrag von 2.616,15 EUR, werde gemäß § 8 Abs. 4 Satz 3 NBestattG im Wege eines Leistungsbescheids eingezogen.
Hiergegen hat der Kläger am 10. Mai 2016 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er insbesondere vor, dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, wird für die Bestattung zu sorgen, da er erst nach der Einäscherung überhaupt vom Tode des Verstorbenen erfahren habe. Da es sich bei § 9 Abs. 2 NBestattG um eine Soll-Vorschrift handele, hätte die Beklagte mit dem Auftrag zur Einäscherung noch abwarten können. Darüber hinaus sei ungewiss, ob der Kläger der einzig Bestattungspflichtige ist. Zudem werde die Höhe der angefallenen Kosten bestritten. Schließlich sei seine Heranziehung zur Erstattung der Kosten unzumutbar, da er seinen Vater überhaupt nicht gekannt habe. Er trage auch nicht den Namen des Verstorbenen. Es habe nicht einmal der Ansatz eines Verhältnisses bestanden, welches hätte zerrüttet werden können.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Leistungsbescheid der Beklagten vom 12. April 2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, dass es auf eine Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht ankomme, weshalb die Ausschlagung des Erbes seine Kostentragungspflicht nicht entfallen lasse. Die Bestattungspflicht des Klägers entfalle auch nicht dadurch, dass er nach seinen Angaben keinen Kontakt zu seinem Vater gehabt und dieser keine Unterhaltszahlungen geleistet habe. Andere Bestattungspflichtige seien nicht ersichtlich. Da nach § 9 Abs. 2 NBestattG Verstorbene innerhalb von acht Tagen seit dem Eintritt des Todes bestattet oder eingeäschert werden sollen, habe sie die Kremierung des Verstorbenen veranlasst. Wegen des fehlenden Kontaktes zwischen Verstorbenem und Kläger habe die Ermittlung der Angehörigen unvermeidbar eine gewisse Zeit in Anspruch genommen. Nachdem der Kläger bis zum 2. März 2016 die Bestattung der Urne nicht in Auftrag gegeben hatte, habe sie im Hinblick auf die zu beachtende Monatsfrist für die Bestattung die Beisetzung der Urne in Auftrag gegeben. Aufgrund der Erklärungen des Klägers sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass er selbst die Urnenbeisetzung innerhalb der Bestattungsfrist veranlassen würde. Die mit dem Leistungsbescheid geforderten Kosten seien für die Ausgestaltung der Bestattung und Beisetzung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form notwendig, angemessen und ortsüblich. Aufgrund des Körperumfangs des Verstorbenen sei ein Kiefernholzsarg in Übergröße sowie weitere Träger notwendig gewesen. Es sei eine kostengeringe Bestattung im anonymen Urnengemeinschaftsgrab gewählt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die der Einzelrichter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 12. April 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 8 Abs. 4 Satz 2, 3 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen vom 8. Dezember 2005 (Nds. GVBl. S. 381) - NBestattG. Nach dieser Vorschrift haften die nach § 8 Abs. 3 NBestattG vorrangig Bestattungspflichtigen der Gemeinde als Gesamtschuldner für die Bestattungskosten; diese werden durch die Gemeinde durch Leistungsbescheid festgesetzt.
Der formell ordnungsgemäße Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger ist zur Erstattung der Bestattungskosten nach § 8 Abs. 4 Satz 2, 3 NBestattG verpflichtet. Die Beklagte hat ihre subsidiäre gesetzliche Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG erfüllt (1.) und der Kläger kann als vorrangig Bestattungspflichtiger nach § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG zur Erstattung der Bestattungskosten herangezogen werden (2.). Diese sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (3.).
1. Die Gemeinde ist für die Veranlassung der Bestattung zuständig gewesen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG hat die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde die Bestattung zu veranlassen, wenn niemand für die Bestattung sorgt.
Zur subsidiären Zuständigkeit der Gemeinde hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 01.09.2015 - 8 LB 28/15 -, V.n.b.) ausgeführt:
„Voraussetzung für die Heranziehung der nach § 8 Abs. 3 Nds. BestattG gesetzlich Bestattungspflichtigen zu den Kosten einer Bestattung auf dieser Grundlage ist, dass die subsidiäre Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Nds. BestattG entstanden und durch diese erfüllt worden ist (vgl. mit eingehender Begründung: Senatsurt. v. 10.11.2011 - 8 LB 238/10 -, NordÖR 2012, 146, 147 f.). Handelt die zuständige Gemeinde auf der Grundlage des § 8 Abs. 4 Satz 1 Nds. BestattG, sorgt sie folglich nicht im Wege des Verwaltungszwangs für die Erfüllung fremder Pflichten, hier der primär Bestattungspflichtigen nach § 8 Abs. 3 Nds. BestattG. Sie erfüllt vielmehr eine ihr selbst obliegende gesetzliche Pflicht zur Bestattung (vgl. Barthel, Nds. Bestattungsgesetz, 2. Aufl., § 8 Anm. 4.1; Repkewitz, Ordnungsbehördliche Bestattungen, in: VBlBW 2010, 228, 230; Stelkens/Seifert, Die Bestattungspflicht und ihre Durchsetzung: Neue und alte Probleme, in: DVBl. 2008, 1537, 1541). Die bei der Erfüllung dieser Pflicht verursachten Bestattungskosten schuldet die Gemeinde selbst. Die primär gesetzlich Bestattungspflichtigen nach § 8 Abs. 3 Nds. BestattG haften der Gemeinde nach der besonderen gesetzlichen Bestimmung in § 8 Abs. 4 Satz 2 Nds. BestattG aber für diese Bestattungskosten. Diese Haftung kann nach § 8 Abs. 4 Satz 3 Nds. BestattG durch Leistungsbescheid festgesetzt werden. Die Rechtmäßigkeit der auf dieser Grundlage erfolgten Heranziehung zu Bestattungskosten erfordert mithin nicht eine (rechtmäßige) zwangsweise Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten im Wege der Ersatzvornahme, sondern lediglich das Entstehen und die Erfüllung der subsidiären gesetzlichen Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Nds. BestattG.
Diese subsidiäre Bestattungspflicht entsteht nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 1 Nds. BestattG bereits dann, wenn niemand für die Bestattung sorgt. Maßgeblich ist dabei auf die in § 9 Nds. BestattG für die jeweiligen Bestattungsarten und -abschnitte genannten Zeitpunkte abzustellen. Ausgehend von der gesetzlich angeordneten Subsidiarität der gemeindlichen Bestattungspflicht entsteht diese nur, wenn für die Gemeinde nach eigener Prüfung feststeht, dass die gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 Nds. BestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein primär Bestattungspflichtiger nicht vorhanden oder zur Veranlassung der Bestattung nicht willens oder nicht in der Lage ist. Die zuständige Gemeinde hat daher regelmäßig innerhalb der durch § 9 Nds. BestattG bestimmten Zeiträume unter Ausnutzung der ihr zur Verfügung stehenden oder für sie mit zumutbarem Aufwand erreichbaren Erkenntnisquellen zu ermitteln, ob primär Bestattungspflichtige vorhanden und diese zur Veranlassung der Bestattung willens und in der Lage sind. Erst wenn diese - abhängig vom Einzelfall jeweils unterschiedlichen Anforderungen unterliegenden - Ermittlungen die Feststellung gestatten, dass die gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 Nds. BestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden, entsteht die subsidiäre Bestattungspflicht der Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Nds. BestattG (vgl. zur Vorstehendem: Senatsurt. v. 10.11.2011, a.a.O.).“
Diesen Grundsätzen schließt sich der Einzelrichter an.
Hieran gemessen war im vorliegenden Einzelfall im Zeitpunkt der Veranlassung der Einäscherung durch die Beklagte am 15. Februar 2016 und auch im nachfolgenden Zeitpunkt der Veranlassung der Beisetzung der Urne die subsidiäre Bestattungspflicht der Beklagten entstanden.
Die Beklagte hat unmittelbar nachdem sie von dem Todesfall Kenntnis erlangt hat Nachforschungen zu den Bestattungspflichtigen angestellt. So hat sie zwei Tage nach Kenntniserlangung in der Wohnung des Verstorbenen - erfolglos - nach Anhaltspunkten gesucht und am Folgetag beim Standesamt des Geburtstortes nach Hinweisen gefragt. Hierauf ist ihr Name und letztlich auch die Adresse des Klägers am Freitag, den 12. Februar 2016, mitgeteilt worden. Eine Kontaktaufnahme ist postalisch am Montag, den 15. Februar 2016, erfolgt, wobei der Kläger zugleich darauf hingewiesen worden ist, dass eine Kremierung bereits durchgeführt worden ist. Diese ist am gleichen Tag in Auftrag gegeben worden.
Die Beklagte ist durch ihre Ermittlungen den gesetzlichen Anforderungen gerecht geworden, indem sie alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen innerhalb kurzer Zeit genutzt und den primär Bestattungspflichtigen ermittelt hat. Sie durfte, obwohl ihr zu diesem Zeitpunkt der Kläger als primär Bestattungspflichtiger bekannt gewesen ist, am 15. Februar die Einäscherung in Auftrag geben.
Einerseits war zum Zeitpunkt, an dem die Beklagte die Einäscherung in Auftrag gegeben hat, die subsidiäre Bestattungspflicht entstanden, da die Frist zur Einäscherung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 NBestattG bereits abgelaufen gewesen ist. Danach sollen Leichen innerhalb von acht Tagen seit dem Eintritt des Todes bestattet oder eingeäschert worden sein. Diese Frist endete unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 NBestattG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 2 der Friedhofssatzung der Stadt Uelzen vom 24.06.2013 mit Ablauf des 10. Februar 2016. Auch wenn es sich bei dieser Frist lediglich um eine „Soll-Regelung“ handelt, so dient diese dennoch als Orientierung für das Entstehen der subsidiären Bestattungspflicht. Die Frist ist einzuhalten, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, die ein Abweichen rechtfertigen (vgl. Horn, Niedersächsisches Bestattungsgesetz, 2. Aufl. 2009, S. 127). Ein solcher Grund kann zwar auch in der Ermittlung der primär bestattungspflichtigen Angehörigen liegen, aber nur, wenn dadurch nicht die zeitlichen Vorgaben des § 9 Abs. 2 NBestattG übermäßig überschritten werden (vgl. Urt. d. Kammer v. 09.03.2017 - 5 A 92/15 -, V.n.b.). Von einer solchen Überschreitung ist hier aber auszugehen. Die Beauftragung der Einäscherung ist erst 14 Tage nach Eintritt des Todes vorgenommen worden und somit bereits nach einer deutlichen Überschreitung der Acht-Tages-Frist. Da damit zu rechnen gewesen ist, dass zwischen der Beauftragung der Einäscherung und der tatsächlichen Durchführung mehrere Tage liegen können, wäre ein weiteres Abwarten nicht sachgerecht gewesen, zumal es durch die Postlaufzeit des Schreibens an den Kläger und ein Abwarten, ob dieser die Einäscherung beauftragt, zu weiteren Verzögerungen gekommen wäre. Insbesondere darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 NBestattG hygienische Gründe und Gründe des Gesundheitsschutzes hat, weshalb eine übermäßige Überschreitung der Frist verhindert werden muss.
Der Ablauf der Frist und die späte Information des Klägers lagen auch nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten, da diese erst nach Ablauf einer Woche durch die Klinik H. von dem Todesfall informiert worden ist. Dadurch ist die Beklagte zu schnellem Handeln gezwungen gewesen. Dies hat sie durch die kurzfristige Recherche nach Angehörigen des Verstorbenen umgesetzt.
Andererseits wäre die Beklagte auch dann subsidiär Bestattungspflichtige geworden, wenn von einer verfrühten Beauftragung der Einäscherung auszugehen wäre. Denn mangelnde Bemühungen der Gemeinde können unerheblich sein, wenn davon auszugehen wäre, dass sich der primär Bestattungspflichtige grundsätzlich geweigert hätte, die Bestattung selbst durchzuführen, auch wenn die Gemeinde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen und den primär Bestattungspflichtigen zur Vornahme der Bestattung aufgefordert hätte (vgl. Urt. d. Kammer v. 09.03.2017 - 5 A 92/15 -, V.n.b.; VG Osnabrück, Urt. v. 05.05.2015 - 1 A 244/14 -, V.n.b.). Der Einzelrichter ist davon überzeugt, dass der Kläger eine Einäscherung nicht kurzfristig nach Erhalt einer entsprechenden Aufforderung veranlasst hätte. Auch wenn der Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, dass ihm durch die aus seiner Sicht verfrühte Beauftragung der Einäscherung die Möglichkeit genommen worden sei, diese selbst und damit kostengünstiger in Auftrag zu geben, zeigt sich bereits an der Weigerung des Klägers, für eine Bestattung der Urne zu sorgen, obwohl ihm hierfür genügend Zeit zur Verfügung gestanden hat, dass er auch die Kremierung nicht beauftragt hätte. Der telefonische Hinweis der Klägers gegenüber der Beklagten nach Erhalt des Schreibens vom 15. Februar 2016, dass er zu seinem Vater keinen Kontakt gehabt habe, unterstreicht, dass er sich auch bei einer früheren Information über den Tod seines Vaters und seine Bestattungspflicht geweigert hätte, diese zu erfüllen.
2. Der Kläger konnte als vorrangig Bestattungspflichtiger nach § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG zur Erstattung der Bestattungskosten herangezogen werden.
Der Kläger ist als Sohn des Verstorbenen vorrangig Bestattungspflichtiger gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 NBestattG. Nach § 8 Abs. 3 NBestattG ist eine Rangfolge festgelegt, nach der die Bestattungspflicht besteht. Eine vorrangig vor dem Kläger bestattungspflichtige Ehefrau des Verstorbenen war nicht vorhanden, da die Ehe zur Mutter des Klägers rechtskräftig geschieden worden ist. Weitere Kinder sind nicht bekannt und könnten somit von der Beklagten auch nicht herangezogen werden. Ausnahmen von der gesetzlichen primären Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 3 NBestattG hat der Landesgesetzgeber nicht vorgesehen. Seiner Pflicht zur Bestattung des Verstorbenen ist der bestattungspflichtige Kläger nicht nachgekommen, so dass die Beklagte nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG die Bestattung veranlasst hat.
Der Kläger kann seiner Inanspruchnahme nicht entgegenhalten, dass ihm die Bestattungspflicht und damit die Kostenerstattungspflicht nicht zugemutet werden könne, weil er zu dem Verstorbenen keinen Kontakt gehabt, diesen nicht gekannt und der Verstorbene auch keinen Unterhalt für ihn gezahlt habe. Dieses Vorbringen wäre nur dann erheblich, wenn das Vorliegen einer unbilligen Härte zu einer Befreiung von der Kostenerstattungspflicht führen würde und aufgrund des fehlenden Kontaktes zum Verstorbenen die Pflicht zur Erstattung der Bestattungskosten eine unbillige Härte für den Kläger darstellen würde.
Während die Rechtsprechung teilweise davon ausgeht, dass hinsichtlich der Kostenerstattungspflicht eine unbillige Härte nicht zu einer Befreiung führt, da dies nicht im Gesetz angelegt ist (vgl. Thür. OVG, Urt. v. 23.04.2015 - 3 KO 341/11 -, juris, Rn. 49 ff.; OVG Hamburg, Urt. v. 26.05.2010 - 5 Bf 34/10 -, juris, Rn. 25 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 -, juris, Rn. 23), wird teilweise davon ausgegangen, dass als Ausfluss aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das Vorliegen einer unbilligen Härte dazu führen kann, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht zu erstatten hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.12.2012 - 8 LA 150/12 -, juris; Beschl. v. 09.09.2016 - 8 PA 120/16, V.n.b.; Bayer. VGH, Beschl. v. 17.01.2013 - 4 ZB 12.2374 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urt. v. 30.07.2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rn. 49 ff.).
Ob eine Befreiung von der Kostenerstattungspflicht aus Billigkeitsgründen überhaupt in Betracht kommt, kann vorliegend aber offen bleiben, da für den Kläger schon keine unbillige Härte aufgrund des fehlenden Kontakts zum und der unterbliebenen Unterhaltszahlungen durch den Verstorbenen vorliegt.
Denn die Voraussetzungen für das Vorliegen einer unbilligen Härte werden, selbst wenn grundsätzlich eine unbillige Härte als Grund für eine Befreiung von der Kostentragungspflicht anerkannt wird, sehr eng ausgelegt, so dass eine unbillige Härte nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen wird. Ein solcher Ausnahmefall wird einerseits angenommen, wenn dem Verstorbenen nach §§ 1666, 1666 a BGB die elterliche Sorge dauerhaft entzogen worden war (vgl. Nds. OVG. Beschl. v. 09.09.2016 - 8 PA 120/16 -, V.n.b.). Andererseits wird erwogen, ob auch eine schwere Straftat des Verstorbenen zulasten des Bestattungspflichtigen ausnahmsweise zum Wegfall der Kostentragungspflicht führen kann. Eine solche Ausnahme kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Straftat die Totenfürsorge als eine für den Bestattungspflichtigen schlechthin unerträgliche und unverhältnismäßige Verpflichtung erscheinen lassen würde und eine ungeschriebene Ausnahme von der gesetzlich auferlegten Bestattungspflicht und eine daran anknüpfende Kostenverlagerung auf die Allgemeinheit rechtfertigen könnte (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -, juris, Rn. 11).
Solche Straftaten sind vorliegend nicht ersichtlich. Es ist auch nicht vorgetragen worden, dass dem Verstorbenen nach §§ 1666, 1666 a BGB die elterliche Sorge dauerhaft entzogen worden war. Dass der Kläger keinen Kontakt zu seinem Vater hatte und diesen niemals kennengelernt hat, ist nicht relevant. Auf ein persönliches Verhältnis zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen kommt es nicht an. Die Bestattungspflicht ist allein Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen. Ihre Bestimmung anhand objektiver Verwandtschaftsverhältnisse ist sachgerecht, da die Bestattungspflicht der Gefahrenabwehr dient und die zuständigen Gemeinden nicht innerhalb der Bestattungsfrist Ermittlungen und Untersuchungen über die tatsächlich bestehenden persönlichen Verhältnisse zwischen den Angehörigen und dem Verstorbenen durchführen und ggf. verifizieren können (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rn. 48; VG Oldenburg, Urt. v. 31.05.2017 - 5 A 4667/15 -, V.n.b.). Der bloße Umstand, dass Familienmitglieder räumlich und emotional voneinander entfernt und die traditionellen familiären Beziehungen nicht unterhalten worden sind, führt deshalb nicht bereits zur Anerkennung einer besonderen Härte, aufgrund derer von der Heranziehung zur Kostenerstattung abgesehen werden kann (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.04.2015 - 2 LB 28/14 -, juris, Rn. 49; VG Oldenburg, Urt. v. 31.05.2017 - 5 A 4667/15 -, V.n.b.). Dies gilt auch bei einer seit Jahrzehnten fehlenden familiären Bindung zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen, bei der der Verstorbene die Bestattungspflichtige und ihre Mutter verlassen hat, als die später bestattungspflichtige Tochter noch im Säuglingsalter gewesen ist, bis kurz vor dem Tod keinen Kontakt zur Tochter hatte und keinen Unterhalt geleistet hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rn. 6). Eine unbillige Härte ist nicht anzunehmen, wenn ein bestattungspflichtiges leibliches Kind seinen verstorbenen Vater nicht gekannt und auch keinen persönlichen Kontakt mit diesem gehabt hat (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.04.2015 - 2 LB 28/14 -, juris, Rn. 50; VG Köln, Urt. v. 30.05.2012 - 9 K 1361/11 -, juris, Rn. 27).
Weitergehende allgemeine Billigkeitserwägungen sind bei der Durchsetzung der Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 NBestattG und bei der Heranziehung zu Bestattungskosten auf der Grundlage von § 8 Abs. 4 NBestattG grundsätzlich nicht anzustellen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -, juris, Rn. 12). Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, bestehen angesichts der damit verbundenen Kostenbelastung für den herangezogenen Bestattungspflichtigen nicht (Nds. OVG, Beschl. v. 04.04.2008 - 8 LA 4/08, juris, Rn. 6). Denn es handelt sich um keine abschließende Entscheidung über die tatsächliche Kostenbelastung des Bestattungspflichtigen, da er grundsätzlich entweder Rückgriff bei einem Erben nach § 1968 BGB oder einem anderen gleichrangig Bestattungspflichtigen nach §§ 426 BGB, 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG nehmen kann und (hilfsweise) bei einer Unzumutbarkeit der Kostentragung zudem die Möglichkeit der Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger nach § 74 SGB XII eröffnet ist (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rn. 16 f., wonach bei Ermittlung der Unzumutbarkeit nicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bestattungspflichtigen zu berücksichtigen ist, sondern auch solche Umstände, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, etwa die Nähe und Beziehung des Verstorbenen zum Bestattungspflichtigen). Auf letztgenannte Möglichkeit ist der Kläger durch die Beklagte bereits im Anhörungsschreiben vom 29. März 2016 ausdrücklich hingewiesen worden.
3. Die Höhe der im streitgegenständlichen Bescheid geltend gemachten Bestattungskosten von insgesamt 2.512,65 EUR ist nicht zu beanstanden. Soweit die Ordnungsbehörde auf Kosten des Bestattungspflichtigen die Bestattung selbst veranlasst, hat sie grundsätzlich eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form zu gewährleisten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rn. 9). Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn die Ordnungsbehörde - wie vorliegend die Beklagte - mangels ausdrücklicher abweichender Bestimmungen des Verstorbenen oder des Bestattungspflichtigen eine Bestattung nach Maßgabe ihrer Sozialhilferichtlinien für Bestattungen veranlasst. Darin sind nämlich die notwendigen Kosten für ein ortsübliches Begräbnis in einfacher, aber der Würde des Toten entsprechender Art zusammengefasst. Es unterliegt somit der Beklagten, bei einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Bestattung dafür Sorge zu tragen, dass diese günstig, aber dennoch würdevoll ist. Es ist weder ersichtlich noch substantiiert dargelegt worden, dass einzelne Posten auf der Rechnung des Bestattungsinstituts überhöht bzw. überflüssig wären. Dies gilt insbesondere auch für den Sarg in Übergröße und die zusätzlichen Träger, die der Beklagten vom Bestattungsinstitut in Rechnung gestellt worden sind.
Die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Gebühren ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 NVwKostG i.V.m. § 1 Abs. 1 AllGO und der lfd. Nr. 56.8 des dazu ergangenen Kostentarifs. Die Berechtigung zur Erhebung der Zustellkosten ergibt sich aus § 13 NVwKostG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.