Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.05.2010, Az.: 2 ME 180/10

Zumutbarkeit einer um zehn Minuten je Fahrstrecke längeren schultäglichen Beförderung eines behinderten Schülers der Primarstufe in einem Sammeltransport zu einer rund 60 km entfernten Förderschule mit einem überregionalen Angebot

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.05.2010
Aktenzeichen
2 ME 180/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 16067
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0512.2ME180.10.0A

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage, ob die um zehn Minuten je Fahrstrecke längere schultägliche Beförderung eines behinderten Schülers der Primarstufe in einem Sammeltransport zu einer rund 60 km entfernten Förderschule mit einem überregionalen Angebot noch zumutbar ist (hier: bejaht).

Gründe

1

I.

Der am 2000 geborene Antragsteller leidet seit Geburt an einer spastischen Zerebralparese/Tetraprese und an Entwicklungsstörungen motorischer, kognitiver und sprachlicher Funktionen sowie schulischer Fertigkeiten. Aufgrund dieser Behinderung stellte die Landesschulbehörde - Abteilung C. - mit Bescheid vom 19. Juni 2007 einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt im Bereich der körperlichern und motorischen Entwicklung fest. Zugleich erklärte sie sich damit einverstanden, dass der in D. im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners lebende Antragsteller mangels einer in zumutbarer Entfernung liegenden geeigneten öffentlichen Schule das E. -Haus, eine Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung in freier Trägerschaft, in F. im Landkreis G. besucht. Der Antragsteller besucht diese Schule seit September 2007 und befindet sich derzeit im 2. Schuljahrgang. Bisher wurde er schultäglich mit einem insgesamt sieben Schülerinnen und Schüler umfassenden Sammeltransport um 6.35 Uhr von seinem Elternhaus abgeholt und zu der von seinem Wohnort rund 60 km entfernten Schule befördert, die er um 7.45/7.50 Uhr erreicht. Der Unterricht beginnt um 8.00 Uhr.

2

Auf den Antrag des Antragstellers hin verpflichtete das Verwaltungsgericht Oldenburg den Antragsgegner - wie zuvor bereits mit Beschluss vom 8. September 2009 (5 B 2245/09) - mit dem angefochtenen Beschluss im Wege einer einstweiligen Anordnung, die Schülerbeförderung des Antragstellers zum E. -Haus in F. vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2009/2010 dergestalt sicherzustellen, dass die einfache Fahrtzeit die Dauer von 60 Minuten unter störungsfreien Verkehrsverhältnissen nicht überschreitet. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 8. September 2009 - 5 B 2245/09 - angeführt, die gegenwärtige Dauer des einfachen Schulwegs von etwa 90 Minuten überschreite ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 23. März 2009 die Grenze der körperlichen und psychischen Belastbarkeit des Antragstellers. In vorläufiger Befolgung dieses Beschlusses wird der Antragsteller zurzeit von einem Sammeltransport, der neben ihm nur noch einen weiteren Schüler umfasst, um 6.45 Uhr von zu Hause abgeholt und zur Schule nach F. befördert.

3

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

4

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht verpflichtet, die Beförderung des Antragstellers zum E. -Haus in F. vorläufig dergestalt sicherzustellen, dass die einfache Fahrzeit die Dauer von 60 Minuten unter störungsfreien Verkehrsverhältnissen nicht überschreitet.

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Nach § 114 Absatz 1 NSchG sind die Landkreise Träger der Schülerbeförderung und haben die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern. Dieser Verpflichtung kommt der Antragsgegner entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung dem Antragsteller gegenüber hinreichend nach, indem er einen Sammeltransport in dem bisherigen zeitlichen Umfang von 70 bis 75 Minuten reine Fahrzeit für jede Richtung sicherstellt. Einen darüber hinaus gehenden Anspruch auf Beförderung unter Begrenzung der reinen Fahrzeit auf eine Stunde in jede Richtung hat der Antragsteller hingegen nicht glaubhaft gemacht.

6

Die Schülerbeförderung gehört nach § 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise. Mit dieser Übertragung hat der Gesetzgeber diese zugleich ermächtigt, im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts innerhalb eines Gestaltungsspielraums die Erfüllung dieser Aufgabe auszuformen. Diese nähere Ausgestaltung umfasst nicht nur die - in § 114 Abs. 2 NSchG ausdrücklich genannte - Bestimmung der Mindestentfernung, sondern erstreckt sich auf alles, was zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "zumutbaren Bedingungen" in § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG erforderlich ist. Dazu gehört insbesondere auch die zeitliche Höchstgrenze sowie die Entscheidung, ob diese Höchstgrenze die Summe von Fahr- und Wartezeit vor und nach dem Unterrichtsbeginn und -ende oder nur die reine Fahrzeit umfassen soll. Hierbei kann auch ein größerer Einzugsbereich einer Schule aufgrund ihres besonderen überregionalen Angebots berücksichtigt werden (vgl. Senat, Urt. v. 4.6.2008 - 2 LB 5/07 -, [...] Langtext Rdnr. 37 ff. m.w.N.; 13. Senat des beschließenden Gerichts, Urt. v. 30.11.1983 - 13 A 56/83 -, NVwZ 1984, 812, 813 f.).

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In Ausfüllung dieses Gestaltungsspielraums hat der Antragsgegner in § 3 seiner Satzung über die Schülerbeförderung vom 15. Juli 1997 - im Folgenden: SBS - die zumutbaren Schulwegzeiten näher konkretisiert. Nach § 3 Abs. 1 lit. a SBS beträgt die zumutbare Zeit bei unter anderem Grundschulen und "Sonderschulen" (jetzt: Förderschulen) bis zu 45 Minuten für den reinen Schulweg in eine Richtung. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift gilt bei in lit. a bis e im Einzelnen aufgeführten Schulen im Primarbereich eine reine Fahrzeit von bis zu 60 Minuten noch als zumutbar, während gemäß § 3 Abs. 3 SBS die zeitlichen Grenzen der Zumutbarkeit bei Schülerinnen und Schülern an Schulen mit einem besonderen überregionalen Angebot in Abwägung der Zumutbarkeit für die zu befördernden Schüler im Einzelfall mit dem öffentlichen Interesse an einer wirtschaftlichen Organisation der Schülerbeförderung höher als in Abs. 1 und 2 dieser Vorschrift angesetzt werden können. Dass der Antragsgegner mit diesen Satzungsbestimmungen den ihm nach dem oben Gesagten zustehenden Gestaltungsspielraum als Aufgabenträger der Schülerbeförderung im eigenen Wirkungskreis überschritten hat und sie damit von den gesetzlichen Vorgaben nicht mehr gedeckt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat geht daher mit Bindungswirkung für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes davon aus, dass diese Satzungsbestimmungen wirksam sind und Geltung auch im Einzelfall des Antragstellers beanspruchen. Anlässlich dieses Falles bedarf es mit Blick auf die tatsächliche Fahrzeit einschließlich der Wartezeit bis zum Unterrichtsbeginn von 85 Minuten, die der Antragsteller im für ihn ungünstigsten Fall hinzunehmen hat (6.35 Uhr bis 8.00 Uhr), insbesondere keiner Entscheidung zu der Frage, ob im Regelungsbereich des § 3 Abs. 3 SBS auch eine Fahr- und Wartezeit von mehr als 90 Minuten im Primarbereich allgemein oder zumindest im Bereich von Förderschulen noch als angemessen angesehen werden kann oder ob diese Zeitspanne eine äußerste Grenze der Zumutbarkeit auch bei Bildungseinrichtungen mit einem besonders überregionalen Angebot darstellt (vgl. hierzu Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Kommentar, Stand: Januar 2009, § 114 Anm. 3.1 m.w.N.).

8

Unerheblich ist zunächst, dass der Antragsteller eine Schule außerhalb der Gebietsgrenzen des Antragsgegners besucht. Die Schülerbeförderungspflicht endet nicht an der Grenze der jeweiligen Gebietskörperschaft, da § 114 NSchG allein auf den Wohnsitz des schulpflichtigen Kindes und nicht auf die Belegenheit der Schule abstellt; dies stellt der Antragsgegner auch nicht in Abrede.

9

Der Antragsteller unterfällt der Regelung in § 3 Abs. 3 SBS. Bei der in F. im Landkreis G. belegenen Schule E. -Haus handelt es sich um eine Förderschule in freier Trägerschaft mit dem Schwerpunkt der körperlichen und motorischen Entwicklung. Ausweislich des Internet-Auftritts dieser Schule (http://www. -haus.net) umfasst sein Einzugsbereich mit den Landkreisen G., H., C., I., J. und K. den gesamten nordwestlichen Bereich Niedersachsens. Damit handelt es sich objektiv und auch nach dem Selbstverständnis dieser Schule um eine Bildungseinrichtung mit einem "besonderen überregionalen Angebot" im Sinne der genannten Satzungsbestimmung. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass diese Schule auch eine Internatsbetreuung für diejenigen Schülerinnen und Schüler anbietet, die eine schultägliche Fahrzeit von mehr als einer Stunde für jede Fahrtrichtung zu bewältigen haben. Auch die Landesschulbehörde führt in ihrem Bescheid vom 19. Juni 2007 an, dass eine andere - als das 60 km vom Wohnort des Antragstellers gelegene E. -Haus - geeignete öffentliche Schule in zumutbarer Entfernung für den Antragsteller nicht erreichbar ist. Die Regelung des § 3 Abs. 3 SBS umfasst sowohl nach ihrer Systematik als auch ihrem Wortlaut alle in § 3 Abs. 1 und 2 SBS genannten Schulformen, mithin auch die Förderschulen.

10

Auch das Verwaltungsgericht ist ersichtlich - in einem ersten Schritt - davon ausgegangen, dass das E. -Haus eine Schule mit einem "besonderen überregionalen Angebot" darstellt. Im Folgenden hat es aber - in einem zweiten Schritt - dieses überregionale Angebot bezogen auf Gesamtschulen, die gemäß § 63 Abs. 4 NSchG schulbezirksübergreifend besucht werden, auf private Ersatzschulen wie etwa Waldorfschulen sowie berufsbildende Schulen, überregional besuchte Gesamtschulen und allgemein-bildende Ersatzschulen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Antragsgegner wendet in seiner Beschwerdebegründung zu Recht ein, dass die von dem Verwaltungsgericht als typische Anwendungsfälle des § 3 Abs. 3 SBS bezeichneten Schulformen unter die Satzungsbestimmung des § 3 Abs. 2 SBS zu subsumieren sind und das E. -Haus unter keine in der letzteren Vorschrift genannten Schulformen fällt.

11

Das E. -Haus als Förderschule stellt gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 h NSchG eine allgemeinbildende Schule dar und bietet keinen "besonderen Bildungsgang" im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a. SBS. Ein derartiger eigenständiger Bildungsgang ist mit Blick auf die besondere Ausgestaltung des Lehrstoffs sowie der Lehr- und Erziehungsmethoden etwa bei einem altsprachlichen Gymnasium (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 20.12.1995 - 13 L 7975/94 -, NdsVBl. 1996, 242) oder einer Waldorfschule (vgl. Senat, Urt. v. 24.5.2007 - 2 LC 9/07 -, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 30.11.1983 - 13 OVG A 56/83 -, a.a.O.; Urt. v. 16.9.1984 - 13 OVG A 172/83 -; Urt. v. 17.10.1984 - 13 OVG A 1733 -) angenommen worden. Demgegenüber orientiert sich das E. -Haus nach seinem in dem genannten Internet-Auftritt erkennbaren Selbstverständnis und den möglichen Schulabschlüssen an den öffentlichen Schulen und unterrichtet nach den für diese geltenden Kerncurricula und Richtlinien.

12

Unter die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 lit. b bis e SBS fallen vorrangig nur die im Gebiet des Antragsgegners befindlichen Schulen, wie sich gerade in Abgrenzung zu den in § 3 Abs. 3 NSchG genannten Schulen mit einem besonderen überregionalen Angebot ergibt. Deshalb fällt das E. -Haus als Ersatzschule in freier Trägerschaft nicht unter § 3 Abs. 2 lit. b SBS. Es stellt nicht eine Ergänzungsschule dar und ist in § 154 NSchG nicht als Ersatzschule in kirchlicher Trägerschaft aufgeführt (§ 3 Abs. 2 lit. b SBS). Diese von dem Antragsteller besuchte Schule umfasst nicht das gesamte Kreisgebiet des Antragsgegners (§ 3 Abs. 2 lit. c SBS) und wird auch nicht von der Regelung des § 3 Abs. 2 lit. d SBS berührt. Der Antragsteller besucht diese Schule zudem nicht als Folge eines nach § 63 Abs. 4 NSchG in Anspruch genommenen Wahlrechts (§ 3 Abs. 2 lit. e SBS).

13

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und des Antragstellers ist unerheblich, dass dieser die Bildungseinrichtung in F. nicht aufgrund seiner freiwilligen Willensentscheidung oder einer solchen seiner Eltern besucht, sondern ihm von der Landesschulbehörde der Besuch dieser Schule in freier Trägerschaft aufgrund seines sonderpädagogischen Förderbedarfs mangels einer Alternative gestattet worden und er aufgrund dieser "Zuweisung" zum Besuch dieser Schule verpflichtet ist. Die Grenze der Zumutbarkeit auf der Grundlage von § 3 Abs. 3 SBS ist nicht deshalb höher anzusetzen, weil der Schüler sich freiwillig für einen weiteren Schulweg entschieden hat. Hintergrund der Regelung ist vielmehr erkennbar, dass das Einzugsgebiet der gewählten Schule derart groß ist, dass eine Beförderung in den in § 3 Abs. 1 und 2 SBS genannten zeitlich starren Grenzen bereits von den objektiven Gegebenheiten oftmals nicht möglich ist, sodass eine feste zeitliche Grenze nicht angebracht erscheint, es vielmehr einer Abwägung im Einzelfall bedarf.

14

Nach der demnach einschlägigen Satzungsbestimmung des § 3 Abs. 3 SBS bedarf es daher einer Abwägung der Zumutbarkeit für den zu befördernden Schüler im Einzelfall einerseits mit dem öffentlichen Interesse an einer wirtschaftlichen Organisation der Schülerbeförderung andererseits. Anlässlich dieses Falles kann der Senat die Fragen, ob wirtschaftliche Gesichtspunkte für den Träger der Schülerbeförderung überhaupt einen abwägungsrelevanten Faktor darstellen und von der gesetzlichen Vorschrift des § 114 Abs. 1 NSchG gedeckt sind oder gegebenenfalls mit welchem Gewicht sie in die Abwägung einzubeziehen sind, dahinstehen lassen. Denn die mit dem von dem Antragsteller zurückzulegenden Schulweg von rund 60 km verbundene Fahrzeit von bisher rund 70 bis 75 Minuten je Fahrstrecke erachtet der Senat entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts noch für zumutbar. Ausgangspunkt der Überlegung ist der Umstand, dass der Antragsteller eine von seinem Wohnort rund 60 km entfernte Schule mit einem überregionalen Angebot besucht, die weit außerhalb des in § 3 Abs. 1 SBS genannten Zeitfensters von 45 Minuten pro Fahrstrecke liegt. Deshalb muss der Antragsteller bereits aus objektiven Gründen eine weit längere Fahrzeit hinnehmen. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die Dauer des einfachen Schulwegs mit etwa 90 Minuten je Strecke angenommen. Der Antragsgegner hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise in § 3 SBS mit der Formulierung des "reinen Schulweges" allein auf die reine Fahrzeit abgestellt und die Wartezeit zwischen der Ankunft in der Schule und dem Beginn des Unterrichts nicht mit einbezogen, sondern in § 4 SBS gesondert geregelt. Der Antragsteller wird bisher um 6.35 Uhr abgeholt und erreicht die Schule um 7.45/7.50 Uhr, sodass die in den Blick zu nehmende maßgebliche Fahrzeit bisher 70 bis 75 Minuten beträgt. Er hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese Fahrzeit im Vergleich zu der von ihm akzeptierten Fahrzeit von 60 Minuten die Grenze seiner körperlichen und psychischen Belastbarkeit überschreitet. Nach der von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der Kinderärztin Dr. L. vom 23. März 2009 soll er bedingt durch den langen Anfahrtsweg nicht in der Lage sein, regulär am Schulleben teilzunehmen; auch soll das Familienleben durch die erhebliche Erschöpfung nach der Heimfahrt beeinträchtigt sein. Die insoweit benannten Belastungen sind aber zum einen pauschal ohne Nennung konkreter Symptome bezeichnet worden; zum anderen beruhen die angesprochenen Beeinträchtigungen aber offenbar selbst nach Ansicht der Kinderärztin vorrangig auf dem langen Schulweg von 60 km und der daher bereits aus objektiven Gründen nicht zu verkürzenden Fahrzeit von mindestens 60 Minuten und nicht auf der Differenz von zehn bis fünfzehn Minuten zwischen dieser Zeitspanne - die der Antragsteller und seine Eltern bereit sind hinzunehmen - und der bisherigen Fahrzeit mit einem Sammeltransport von sieben Kindern. Die genannte ärztliche Stellungnahme ist zudem in sich selbst unschlüssig, wenn sie ohne weitere Ausführungen zum einen als Obergrenze der Belastbarkeit des Antragstellers von einer Stunde spricht und im nächsten Satz ohne nähere Erklärung eine solche von 40 Minuten in Ansatz bringt. Auch die Stellungnahme des E. -Hauses vom 12. März 2010 rechtfertigt eine andere Sichtweise nicht. Hiernach sei der Antragsteller oftmals unausgeschlafen und müde in der Schule angekommen oder im Verlauf des Schultages rasch ermüdet, als er noch um 6.35 Uhr von zu Hause abgeholt worden sei. Derzeit wirke er im Unterricht wacher und ermüde im Verlauf des Vormittags weniger. Einen kausalen Bezug dieser genannten Verbesserung zu der um zehn Minuten verringerten Fahrzeit stellt diese Stellungnahme selbst nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - her. Aber selbst man diese in diesem Sinn verstehen könnte oder sie derart verstanden wissen wollte, erscheint es dem Senat wenig wahrscheinlich und ist nichts dafür in hinreichendem Umfang dargelegt, dass die äußerst kurze Zeitspanne von zehn bis fünfzehn Minuten eine wesentliche Verbesserung der psychischen und körperlichen Belastung des Antragstellers bewirkt.

15

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anordnungsanspruch allein § 114 NSchG darstellt. Daher ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass die von dem Antragsteller in pauschaler Weise in Bezug genommenen verfassungs- und sozialrechtlichen Vorschriften sowie die UN-Behindertenkonvention zu einer für ihn günstigeren Entscheidung führen. Der Senat hat mit Blick auf die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Schülerbeförderung in seiner Rechtsprechung betont, dass es Sache des Landesgesetzgebers ist, die maßgeblichen Regelungen zu treffen, ohne dass das Verfassungsrecht des Bundes oder des Landes und einfaches Bundesrecht Vorgaben für die Schülerbeförderung enthalten. Die nach Maßgabe des Landesrechts für die Schülerbeförderung gewährte Leistung ist - verfassungsrechtlich gesehen - eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand, ohne dass die staatliche Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Elternrecht, das Grundrecht des Schülers auf Bildung (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip einen Anspruch darauf begründen, dass die öffentliche Hand die Kosten der Schülerbeförderung übernimmt (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 24.5.2007 - 2 LC 9/07 -, NdsVBl. 2007, 336; Urt. v. 4.6.2008 - 2 LB 5/07 -, [...] Rdnr. 34, jeweils m.w.N.).