Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.05.2010, Az.: 10 LB 219/07

Anscheinsbeweis bzgl. des verspäteten Absendens einer Meldekarte mehr als zwei Monate nach Ablauf der Meldefrist i.R.d. Verletzung der Meldepflicht eines Tierbesitzers; Anscheinsbeweis hinsichtlich der kurzen zeitlichen Abfolge von Aufgabe und Zugang eines Schriftstücks im Falle der Nutzung des Postweges

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.05.2010
Aktenzeichen
10 LB 219/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 24047
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0527.10LB219.07.0A

Fundstellen

  • AUR 2010, 285-288
  • DVBl 2010, 1059

Amtlicher Leitsatz

Im Hinblick auf eine schuldhafte Verletzung der Meldepflicht des Tierbesitzers im Sinne des § 69 Abs. 3 Nr. 1 TierSG ist nach den Regeln des Beweises des ersten Anscheins davon auszugehen, dass ein auf dem Postweg tatsächlich zugegangenes Schriftstück wenige Werktage zurvor aufgegeben worden ist (hier verspätetes Absenden der Meldekarte mehr als zwei Monate nach Ablauf der Meldefrist).

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Beihilfe für einen im Jahr 2004 erlittenen Tierverlust im Rahmen der Bekämpfung der Bovinen Virusdiarrhoe (BVD).

2

Der Kläger betreibt auf seiner Hofstelle in D. (Landkreis Emsland) Rindermast. Nach dem Datenauszug der Beklagten (Seite 17a und 17b der Beiakte B) ist er seit mehr als zwanzig Jahren deren Mitglied. In den Jahren 1995 bis 2000 und 2002 meldete er seinen Tierbestand stets verspätet, nämlich in 1995 am 30. Januar, in 1996 am 19. Januar, in 1997 am 31. Januar, in 1998 am 4. Februar, in 1999 am 9. April, in 2000 am 4. April und in 2002 am 23. Januar. In 2001 meldete der Kläger seinen Tierbestand fristgerecht. Nachdem sich der Kläger den Zugang für eine Meldung per Internet im Januar 2003 beschafft hatte, meldete er auf diesem Wege fristgerecht seinen Tierbestand in 2003.

3

Ein im August 2003 geborenes Kalb des Klägers (Ohrmarke Nr. DE-03-477-06261) wurde auch bei einer Nachuntersuchung (Blutentnahme am 16. Dezember 2003) positiv auf das BVD-Virus-Antigen getestet. Daraufhin wurde dieses Tier am 3. Februar 2004 geschlachtet. Unter dem 10. März 2004 beantragte der Kläger eine Beihilfe wegen dieses Schadens im Rahmen der Bekämpfung von BVD. Der Veterinär des zuständigen Veterinäramtes schätzte den gemeinen Wert des Tieres auf 550,- EUR. Der Kläger erzielte für dieses Tier einen Erlös in Höhe von 42,25 EUR (brutto).

4

Die im Dezember 2003 an den Kläger versandte Meldekarte reichte der Kläger bei dem von der Beklagten beauftragten Dienstleister ein. Darin meldete der Kläger unter dem 10. Januar 2004 einen Tierbestand von 192 Rindern. In dem elektronisch gespeicherten Dokument (sog. Image) der Meldekarte (Seite 18 Beiakte B) ist vermerkt "PE: 25.03.2004". Hierzu ist in dem Datenauszug (Seite 17a der Beiakte B) festgehalten: "Meldek. 1: Versand 24.12.2003 Erfassng 31.03.2004 Eing. 25.03.2004 Post leer". Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 4. April 2004 den Beitrag für das Jahr 2004 fest und zog diesen am 13. April 2004 im Wege der Lastschrift vom Kläger ein.

5

Die Beklagte bat den Kläger unter dem 6. Juni 2004 mitzuteilen, aus welchen Gründen er trotz des Schadensfalles am 3. Februar 2004 die Bestandmeldung für 2004 erst zum 25. März 2004 abgegeben habe. Der Kläger teilte der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 25. Juni 2004 mit: Er habe die Bestandsmeldung erst am 25. März 2004 abgegeben, weil er zum Stichtag nicht über die entsprechende Meldekarte verfügt habe. Diese sei ihm nicht zugegangen. Er habe deshalb noch einige Zeit gewartet, weil er gedacht habe, dass die Meldekarte noch eintreffen werde. Als dieses nicht geschehen sei, habe er eine Email an die Beklagte geschickt und um Mitteilung seines PIN-Codes gebeten, weil er die Meldung per Internet habe abgeben wollen. Nachdem ihm Ende März der PIN-Code übermittelt worden sei, habe er die Meldung über das Internet abgegeben.

6

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Juli 2004 den Antrag auf Gewährung einer Beihilfe ab. Zur Begründung führte sie an: Der Kläger habe sowohl seinen Tierbestand für das Jahr 2004 nicht fristgerecht gemeldet als auch den Beitrag für das Jahr 2004 nicht fristgerecht geleistet; dies sei jeweils nach Eintritt des Schadens geschehen. Deshalb entfalle nach § 69 Abs. 3 Nr. 2 Tierseuchengesetz - TierSG - der Anspruch auf eine Leistung. Zwar könnte nach § 70 TierSG eine teilweise Leistung bewilligt werden, wenn die Schuld gering sei oder wenn die Versagung als unbillige Härte gewertet werden könne. Ihr Vorstand habe entschieden, dass bei einer verspäteten Meldung und verspäteten Beitragszahlung, die erst nach Eintritt des Schadens erfolgt seien, keine geringe Schuld anerkannt werden könne. Die volle Versagung der Leistung könne auch nicht als unbillige Härte gewertet werden.

7

Dagegen hat der Kläger am 13. August 2004 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Meldekarte habe ihm zum Stichtag nicht vorgelegen. Zwar habe er es möglicherweise versäumt, die Meldekarte anzufordern. Dies werde aber vom Gesetz nicht sanktioniert. Die Beklagte habe die Möglichkeit, die Vorlage der Meldekarte anzumahnen und den Beitrag auf Grundlage der Tierzahlen des Vorjahres festzusetzen. Beides habe die Beklagte aber unterlassen. Er habe den Beitrag nicht verspätetet geleistet, weil eine rechtzeitige Zahlung vor dem 15. März 2004 nicht möglich gewesen sei. Jedenfalls liege ein Fall geringer Schuld vor, weil eine Zahlung des Beitrages ohne Festsetzung nicht möglich gewesen sei.

8

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2004 - zugestellt am 13. Oktober 2004 - zurück. Ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Bescheid führte sie aus: Da der Kläger die im Dezember 2003 versandte Meldekarte unterschrieben habe, habe ihm diese nachweislich zur Verfügung gestanden. Die Meldekarte sei aber erst am 25. März 2004 bei ihr eingegangen. Die verspätete Meldung sei ursächlich für die verspätete Festsetzung des Beitrags gewesen. Die vollständige Ablehnung der beantragten Leistung sei darin begründet, dass der Kläger erst nach Eintritt des Schadens eine Meldung abgegeben habe. In diesem Fall liege ein Fall von geringer Schuld und unbilliger Härte nicht vor.

9

Der Kläger hat am 15. November 2004, einem Montag, Klage erhoben. Er hat zunächst vorgetragen, er könne sich den Vortrag der Beklagten, die Meldekarte am 25. März 2004 per Post erhalten zu haben, nicht erklären, weil er sich nicht daran erinnern könne, die Meldekarte abgesandt zu haben. Er habe die Meldung per Internet getätigt. Da die Meldekarte bei ihm nicht angekommen sei, habe keine "vorgeschriebene Erhebung" stattgefunden. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die Meldekarte bei ihm rechtzeitig angekommen sei. Sie hätte im vorliegenden Fall nach entsprechender Mahnung die Tierzahlen des Vorjahres heranziehen müssen. Die Funktionsfähigkeit der Beklagten wäre dadurch nicht beeinträchtigt.

10

Auf den Vorhalt der Beklagten zur Verwendung der Meldekarte hat er sodann vorgetragen: Ausweislich der vorliegenden Meldekarte habe er diese am 10. Januar 2004 unterzeichnet und abgesandt. Bei Abfassung der Klageschrift habe er dies nicht mehr gewusst. Er sei zunächst davon ausgegangen, dass er die Meldekarte nicht erhalten habe. Dabei habe er sie bereits im Januar 2004 abgesandt. Dieser Umstand sei jedoch nicht erheblich. Der verspätete Zugang der Meldekarte bei der Beklagten sei im Tierseuchengesetz nicht sanktioniert. Auch habe der Landwirt den Zugang nicht nachzuweisen. Einen Landwirt treffe nicht die Obliegenheit, sich nach Absenden der Meldekarte nach deren Verbleib zu erkundigen. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Tierseuchenkasse sei nicht gegeben. Das Tierseuchengesetz bzw. die entsprechende Satzung habe dieses Problem gesehen und der Beklagten ein Mahnverfahren, hilfsweise die Heranziehung der Vorjahreszahlen auferlegt. Es bestehe eine Obliegenheit der Beklagten, die Anmahnung der Meldekarte nicht zwei Monate hinauszuzögern. Er bestreite mit Nichtwissen, dass die Meldekarte erst am 25. März 2004 eingegangen sei. Aus einem Zugang am 25. März 2004 könne nicht geschlossen werden, dass die Meldekarte erst kurz vorher zur Post aufgegeben worden sei. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er die Meldekarte zurückdatiert habe.

11

Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die mit Antrag vom 10. März 2004 begehrte Beihilfe zu gewähren.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung hat sie zunächst auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Ergänzend hat sie vorgetragen: Der Kläger habe schuldhaft gegen seine Melde- und Beitragspflichten verstoßen. Die unter dem 10. Januar 2004 vom Kläger unterzeichnete Meldekarte sei am 25. März 2004 zugegangen. Der Eingang sei mit dem Vermerk "PE 25.03.2004" festgehalten worden. Anhand des Datums der Meldekarte könne aber nicht darauf geschlossen werden, dass der Kläger die Meldekarte im Januar 2004 zur Post gegeben habe. Vielmehr sei aus dem Zeitpunkt des Zugangs der Meldekarte zu schließen, dass der Kläger diese erst im März auf den Postweg gebracht habe. Im Falle einer rechtzeitigen Absendung hätte der Kläger als langjähriges Mitglied erwarten müssen, dass bis Ende Februar 2004 der Beitragsbescheid erlassen worden wäre.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe habe. Der Anspruch des Klägers sei entfallen, weil er schuldhaft seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Der Kläger habe bei der vorgeschriebenen Erhebung keinen Tierbestand gemeldet. Zwar sei die Meldekarte am 25. März 2004 bei der Beklagten eingegangen. Zu jenem Zeitpunkt sei die am 17. Januar 2004 endende Frist jedoch verstrichen gewesen und das betroffene Tier getötet worden, für das der Kläger eine Beihilfe begehre. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Meldekarte rechtszeitig erhalten habe. Anders als vom Kläger nunmehr geltend gemacht, lasse sich daraus aber nicht folgern, dass die Meldekarte fristgerecht bei der Beklagten eingegangen sei. Auf der eingescannten Meldekarte sei als Posteingang der 25. März 2004 vermerkt. Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht habe, er habe nur eine Meldung per Internet abgegeben, und nunmehr erkläre, er bestreite, dass es sich insoweit tatsächlich um das Eingangsdatum handele, reiche dieses Vorbringen nicht aus. Insoweit sei der Kläger für den rechtzeitigen Eingang der Meldekarte bei der Beklagten nachweispflichtig. Der fehlende Nachweis des rechtzeitigen Zugangs der Meldekarte wirke sich nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zum Nachteil des Klägers aus. In dieser verspäteten Meldung liege eine Nichterfüllung der Meldepflicht. Die Meldepflicht des Tierbesitzers beinhalte nicht nur die Meldung schlechthin, sondern auch deren Rechtzeitigkeit. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über die Gewährung einer teilweisen Beihilfe gemäß § 6 Abs. 2 der Beihilfesatzung in Verbindung mit § 70 TierSG. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Weder für die Annahme einer unbilligen Härte noch für das Vorliegen einer nur geringen Schuld habe der Kläger hinreichend substantiiert tragfähige Umstände geltend gemacht; solche seien auch nicht gegeben. Bezüglich der Bewertung des Verschuldens des Klägers hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Bestandsmeldung und Beitragszahlung sei zu berücksichtigen, dass die Ausnahmebestimmung des § 70 TierSG grundsätzlich eng auszulegen sei. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 69,70 TierSG bewerteten den typischen Fall der nicht rechtzeitigen Bestandsmeldung und/oder Beitragszahlung nicht als einen Fall geringer Schuld des Tierhalters, sondern ließen in diesem Regelfall vielmehr den Entschädigungsanspruch vollständig entfallen. § 70 TierSG stelle somit nur ein Korrektiv für Fallgestaltungen dar, bei denen ein Ausschluss der Entschädigung nach § 69 TierSG zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 70 TierSG sei der Tierhalter, der sich auf eine solche ihn begünstigende Ausnahme berufe, darlegungs- und beweispflichtig. Die Verpflichtung zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Bestandsmeldung sei dem Kläger ebenso geläufig gewesen wie das einschlägige Meldeverfahren selbst. Der Kläger habe keine Umstände dargetan, aufgrund derer sich die verspätete Bestandsmeldung und Beitragszahlung - abweichend vom Regelfall - als ein Fall geringergradigen Verschuldens würdigen ließen. Vielmehr spreche der wechselnde Vortrag des Klägers zu Erhalt und Absendung der Meldekarte dafür, dass der Kläger mangels eines hinreichend geordneten Geschäftsbetriebs oder wegen anderweitig begründeter eigener Nachlässigkeit die ihm abverlangte Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Dies begründe jedoch nicht die Annahme einer nur geringen Schuld.

15

Hiergegen führt der Kläger die vom Senat durch Beschluss vom 24. September 2007 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO) zugelassene Berufung. Ergänzend zu seinem bisheriges Vorbringen trägt er vor: Bei der von der Beklagten herangezogenen Regelung des § 69 Abs. 3 TierSG handele es sich - wie der Sanktionscharakter der Vorschrift zeige - um eine rechtshindernde Einwendung. Daher habe die Beklagte den Nachweis zu führen, dass er schuldhaft seiner ihm obliegenden Pflicht nicht nachgekommen sei. Er habe die Meldekarte pünktlich abgesandt. Es sei aber nicht nachgewiesen, dass die Meldekarte am 25. März 2004 bei der Beklagten eingegangen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagen sei auf der vorgelegten Meldekarte der Eingang bei der Beklagten nicht vermerkt worden. Insoweit sei auch die Erklärung des Geschäftsführers der von der Beklagten beauftragten Gesellschaft E. über das Aufdrucken eines Posteingangsdatums unzutreffend und stehe im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten. Es liege daher keine ordnungsgemäße Posteingangskontrolle vor. Nach den "jetzigen Ausführungen" werde das Posteingangsdatum erst einige Tage später auf der eingescannten Meldekarte eingefügt. Auch die auf der Meldekarte aufgedruckte sechsstellige Nummer (87 0336) lasse einen Rückschluss auf das Eingangsdatum nicht zu. Daneben könne von einem verspäteten Zugang nicht auch auf ein verspätetes Absenden geschlossen werden. Es liege auch nicht deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, weil er den Beitrag nicht bis zum 15. März 2004 gezahlt habe. Mangels Beitragsbescheid könne ein schuldhaftes Versäumnis der Beitragspflicht nicht vorliegen. Auch sehe die Satzung keine Obliegenheit des Tierhalters vor, sich nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen, wenn er pflichtgemäß die Meldekarte versandt habe. Wenn man schon eine Pflicht des Tierhalters postuliere, sich nach dem ausbleibenden Beitragsbescheid zu erkundigen, so müsse erst recht eine Pflicht der Beklagten aufgestellt werden, sich nach den Verbleib der Meldekarte zu erkundigen. So sehe die Satzung der Beklagten eine Mahnung des Tierbesitzers vor. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte nicht bereits Ende Januar säumige Tierhalter mahne. Da er eine Einzugsermächtigung erteilt habe, hätte die Beklagte ohne Probleme den Tierseuchenbeitrag abbuchen können. Hiermit habe er auch rechnen können, weil sich die Beklagte bis Mitte März 2004 nicht geäußert habe, dass die Meldekarte nicht eingegangen sei. Weiter eröffne das Gesetz der Beklagten die Möglichkeit, die Vorjahreszahlen heranzuziehen. Jedenfalls sei der Umstand, dass die Beklagte für die Dauer von drei Monaten ihm nicht mitgeteilt habe, dass die Meldekarte dort nicht eingegangen sei, im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen; insoweit sei der angefochtene Bescheid ermessensfehlerhaft.

16

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Juli 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2004 zu verpflichten, dem Kläger eine Beihilfe in Höhe von 397,75 EUR zu gewähren,

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hilfsweise

den Kläger im Hinblick auf eine teilweise Gewährung einer Beihilfe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

19

Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen vor: Der Kläger habe seinen Tierbestand verspätet gemeldet. Auch nach der elektronischen Beitragsakte ergebe sich, dass die Meldekarte am 25. März 2004 zugegangen, am 31. März 2004 eingescannt und am 3. April 2004 weiterverarbeitet worden sei. Der Posteingang werde nicht auf der Meldekarte aufgedruckt, sondern auf der im Datenverarbeitungsprogramm eingescannten Meldekarte - dem sog. Image - elektronisch eingefügt. Daraufhin sei am 5. April 2004 der Erstbescheid versandt worden. Zu den organisatorischen Abläufen bei der Bearbeitung der Meldekarte und der Erstellung der Beitragsbescheide hat die Beklagte Bezug genommen auf die Erklärungen des Geschäftsführers der E. EDV Service GmbH, Herrn F. G., vom 8. Januar 2008 (Bl. 138 der Gerichtsakte) und vom 26. Mai 2010 (Bl. 167 der Gerichtsakte). Hingegen habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt, dass er die Meldekarte tatsächlich am 10. Januar 2004 abgesandt habe. Es könne nur davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Meldekarte Mitte März 2004 verschickt habe, so dass die Meldekarte am 25. März 2004 und damit verspätet eingegangen sei. Daher liege ein schuldhafter Verstoß gegen die Meldeverpflichtung vor. Die verspätete Meldung habe letztlich dazu geführt, dass auch der Beitragsbescheid erst am 5. April 2004 habe versandt und der Beitrag am 13. April 2004 habe abgebucht werden können.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Die Beklagte hat den Beihilfeantrag des Klägers zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihm die beantragte Beihilfe zu gewähren (1.) noch hilfsweise darauf, dass die Beklagte ihn im Hinblick auf eine teilweise Gewährung einer Beihilfe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats bescheidet (2.), § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.

22

1.

Dem Begehren des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm die beantragte Beihilfe zu gewähren, steht § 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten über die Gewährung von Beihilfen aus Anlass von Tierseuchen (Beihilfesatzung) vom 12. April 1985 (Nds. MBl. 1988, S. 6) in der Fassung der Satzung vom 15. Oktober 2001 (Nds. MBl. S. 908) in Verbindung mit § 69 Abs. 3 TierSG in der Bekanntmachung der Neufassung vom 11. April 2001 (BGBl. I S. 506) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82) entgegen.

23

Als rechtliche Grundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch kommt allein § 13 Abs. 1 Satz 1 Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz (AGTierSG) vom 1. August 1994 (Nds. GVBl. S. 411) in der Fassung des Gesetzes vom 20. Februar 1997 (Nds. GVBl. S. 53) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Beihilfesatzung der Beklagten in Betracht. Nach § 13 AGTierSG kann der Verwaltungsrat der Beklagten durch Satzung bestimmen, dass die Beklagte Beihilfen für Tierverluste durch Tierseuchen und seuchenartige Erkrankungen, zu den Kosten der Verhütung und Bekämpfung von Tierseuchen und seuchenartigen Erkrankungen sowie für Schäden infolge von Verhütungs- oder Bekämpfungsmaßnahmen gewährt. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und gewährt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a ihrer Beihilfesatzung u.a. Beihilfen für Tierverluste für (nachgeborene) Kälber ab einem Alter von drei Monaten, die innerhalb von sechs Wochen nach dem Vorliegen des zweiten viruspositiven Befundes auf BVD/MD ausgemerzt wurden. Die Höhe beträgt in diesen Fällen vier Fünftel des gemeinen Wertes (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Beihilfesatzung), wobei der Wert der verwertbaren Teile des Tieres auf die Beihilfe anzurechnen ist (§ 2 Abs. 2 Satz 3 Beihilfesatzung).

24

Der Anspruch des Klägers auf eine Beihilfe für den erlittenen Tierverlust nach der Beihilfesatzung der Beklagten ist jedoch nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Beihilfesatzung entfallen. Nach dieser Regelung gelten die Leistungsausschlüsse oder Leistungsminderungen nach §§ 68 bis 70 TierSG sinngemäß auch für die Gewährung von Beihilfen. Hier entfällt ein Anspruch des Klägers auf eine Beihilfe nach § 69 Abs. 3 Nr. 1 und 2 TierSG, weil der Kläger schuldhaft sowohl bei den vorgeschriebenen Erhebungen einen Tierbestand nicht angegeben (Nr. 1) als auch seine Beitragspflicht nicht erfüllt hat (Nr. 2).

25

a.

Der Kläger hat zunächst in schuldhafter Weise seinen Tierbestand nicht bei der vorgeschriebenen Erhebung angegeben.

26

Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 AGTierSG findet in Niedersachsen eine amtliche Erhebung des Tierbestandes statt, welche die Beklagte durchzuführen hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 AGTierSG). Die amtliche Erhebung findet jährlich an einem Stichtag statt, den die Beklagte durch Satzung bestimmt. Hierzu gibt die Beklagte amtliche Erhebungsbogen aus, die Angaben des einzelnen Tierbesitzers über seinen Namen, seine Anschrift sowie über die Art und die Zahl der bei ihm am Stichtag vorhandenen, der Beitragserhebung unterliegenden Tiere und, soweit die Beitragserhebung davon abhängt, auch Angaben über das Alter und das Gewicht der Tiere vorsehen (§ 14 Abs. 2 Satz 3 AGTierSG). Die Tierbesitzer haben unter Verwendung der amtlichen Erhebungsbogen innerhalb von zwei Wochen nach dem Stichtag die vorstehenden Angaben zu machen (§ 14 Abs. 2 Satz 5 AGTierSG). Die Beklagte hat den Stichtag für 2004 der amtlichen Erhebung auf den 3. Januar 2004 bestimmt (§ 1 Abs. 2 Beitragssatzung). Entsprechend der vorstehenden gesetzlichen Regelungen sieht § 1 Abs. 3 der Beitragssatzung der Beklagten vor, dass die Tierbesitzer der Beklagten innerhalb von zwei Wochen nach dem Stichtag ihren Namen sowie die Anschrift mitzuteilen und die Art und die Zahl der bei ihnen am Stichtag vorhandenen Tiere anzugeben haben. Die Meldung hat auf dem von der Beklagten ausgegebenen amtlichen Erhebungsbogen (Meldekarte) zu erfolgen. Hat ein Tierbesitzer keine Meldeunterlagen erhalten, so hat er die Unterlagen rechtzeitig vor dem Zeitpunkt der Meldeverpflichtung bei der Beklagten anzufordern (§ 1 Abs. 3 Satz 4 Beitragssatzung).

27

Der Kläger hat seinen Tierbestand nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Stichtag (3. Januar 2004) gemeldet. Die Meldekarte ist bei der Beklagten erst am 25. März 2004 und damit erheblich verspätet eingegangen.

28

Der Einwand des Klägers, der Zugang der Meldekarte am 25. März 2004 sei nicht erwiesen, greift nicht durch. Aufgrund des Vorbringens der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Meldekarte erst am 25. März 2004 bei der von der Beklagten beauftragten Stelle eingegangen ist. Auch wenn auf der Meldekarte im Original der Posteingang nicht vermerkt worden ist, ist dieser in der elektronischen Beitragsakte auf dem elektronisch gespeicherten Abbild der Meldekarte festgehalten worden. Es ist kein Anhalt dafür ersichtlich, dass der auf diese Weise dokumentierte Posteingang unzutreffend ist, selbst wenn dieser Vermerk einige Tage nach dem Posteingang erfolgt. Denn am Tag des Posteingangs erhält die Meldekarte eine individuelle Paginierung, die stets eine Zuordnung der Meldekarte für die weitere Bearbeitung ermöglicht. Gegenteiliges kann auch der Erklärung des Geschäftsführers der von der Beklagten beauftragten Gesellschaft in seiner Erklärung vom 8. Januar 2008 nicht entnommen werden. Soweit der Kläger die Richtigkeit der Erklärung des Geschäftsführers im Hinblick auf den Aufdruck des Posteingangs angezweifelt hat, trägt dieses Vorbringen nicht. Aufgrund der ergänzenden Erklärung des Geschäftsführers vom 26. Mai 2010 ist klargestellt, dass der Posteingang allein auf dem elektronisch gespeicherten Abbild der Meldekarte (dem Image) "aufgedruckt" wird. Für einen Posteingang am 25. März 2004 spricht auch der weitere zeitliche Ablauf der Beitragserhebung mit dem Erstellen des Beitragsbescheides am 5. April 2004 und der Einziehung des Beitrags am 13. April 2004 wie er in der elektronischen Beitragsakte der Beklagte im einzelnen dokumentiert ist. Aus der darin ersichtlichen Abfolge der Bearbeitung der Meldekarte für das Beitragsjahr 2004 des Klägers wird deutlich, dass die Meldekarte nicht fristgerecht, sondern mit erheblicher Verspätung eingegangen ist. Der Kläger hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Meldekarte tatsächlich fristgerecht zugegangen ist. Vielmehr hat er noch in seinem Schreiben vom 25. Juni 2004, in der Begründung seines Widerspruchs sowie in der Klagebegründung vom 15. November 2004 und damit wiederholt eine verspätete Meldung seines Tierbestandes nicht in Abrede gestellt.

29

Steht somit zur Überzeugung des Senats fest, dass die Meldekarte des Klägers bei der Beklagten am 25. März 2004 zugegangen ist, so folgt hieraus, dass der Kläger nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 Satz 5 AGTierSG genannten Frist seinen Tierbestand gemeldet hat. Im Hinblick hierauf ist nicht von Belang, ob der Kläger ggf. die Meldekarte noch vor Ablauf der genannten Frist an die Beklagte abgesandt hat. Denn nach der vorgenannten Bestimmung beschränkt sich die gesetzliche Meldepflicht des Tierbesitzers nicht darin, die Meldekarte rechtzeitig an die Beklagte abzusenden, sondern die Meldung innerhalb der genannten Frist vorzunehmen; Letzteres ist nur dann gegeben, wenn die Meldekarte bei der Beklagten zugegangen ist.

30

Dem Leistungsausschluss des § 69 Abs. 3 Nr. 1 TierSG kann der Kläger nicht entgegengehalten, dass er die Meldung seines Tierbestandes nachgeholt hat. Maßgeblich ist insoweit allein, dass der Tierbesitzer während des Erhebungszeitraums eine zu geringe Tierzahl angegeben oder überhaupt keine Tiere angemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1982 - 3 C 89.81 -, Buchholz 418.6 VierSG Nr. 9; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Februar 1999 - 3 L 198/97 -, NordÖR 2001, 126).

31

Der Kläger hat die Meldepflicht auch schuldhaft verletzt. Er hat die ihm mögliche und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen und deshalb zumindest fahrlässig gehandelt. Denn es ist davon auszugehen, dass der Kläger nicht hinreichend Sorge dafür getragen hat, dass die Meldung fristgerecht bei der Beklagten eingehen wird. Der Senat ist auf Grundlage des Vorbringens der Beteiligten und nach dem Inhalt der Akten zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Meldekarte nicht so rechtzeitig abgesandt hat, dass er davon ausgehen durfte, sie werde der Beklagten rechtzeitig zugehen. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger die Meldekarte erst im März 2004 und damit erheblich verspätet zur Post gegeben hat. Dem liegt zugrunde, dass die Meldekarte tatsächlich erst am 25. März 2004, einem Donnerstag, bei der von der Beklagten beauftragten Gesellschaft zugegangen ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Dauer des Postlaufs der Meldekarte tatsächlich mehr als zwei Monate betragen hat.

32

Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein auf dem Postweg tatsächlich zugegangenes Schriftstück wenige Werktage zuvor aufgegeben worden ist. Hier greift zugunsten der Beklagten eine Beweiserleichterung nach den Regeln des Beweises des ersten Anscheins. Insoweit liegt ein typischer Geschehensablauf vor, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf einen bestimmten Verlauf hinweist und es rechtfertigt, die besonderen Umstände des einzelnen Falls in ihrer Bedeutung zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 4 B 15.08 -, ZfBR 2008, 594; Urteil vom 2. Februar 2000 - BVerwG 8 C 29.98 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 10; Urteil vom 24. August 1999 - BVerwG 8 C 24.98 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 305 m.w.N.). Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass aus dem Absenden eines Schriftstückes per Post nicht nach den Regeln des Beweises des ersten Anscheins darauf geschlossen werden kann, dass das Schriftstück auch beim Adressaten zugegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2009 - VIII ZR 107/08 -, NJW 2009, 2197 m.w.N.; BFH, urteil vom 14. März 1989 - VII R 75/85 -, BFHE 156, 66 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24. Oktober 2005 - § Nc 37/05 -, NJW 2006, 2505). Diese Rechtsprechung kann indes nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn hier liegt der Zugang des Schriftstückes beim Empfänger vor, so dass damit ohne Weiteres auf die Aufgabe des Briefes in der Vergangenheit und einen typischen Geschehensablauf hinsichtlich des automatisch gestalteten Postlaufs geschlossen werden kann (vgl. zum Zeitpunkt des Zugangs eines Bescheides Urteil des 11. Senat des erkennenden Gerichts, Urteil vom 21. März 1997 - 11 L 1272/96 -, [...]).

33

Es sind auch keine Umstände vorgetragen worden oder aus dem Inhalt der Akten ersichtlich, die darauf hindeuten, dass es hinsichtlich des Postlaufs der Meldekarte des Klägers zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. So ist in der elektronischen Beitragsakte der Beklagten, in die auf dem Briefumschlag befindlichen Vermerke der Post über Unregelmäßigkeiten im Postlauf übernommen werden, kein entsprechender Hinweis festgehalten worden.

34

Soweit der Kläger nunmehr behauptet, er habe die Meldekarte unmittelbar nach Unterzeichnung am 10. Januar 2004 an die Beklagte abgesandt, ist dieses Vorbringen nicht glaubhaft. Zum einen lässt sich diese Behauptung nicht mit der in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindlichen Dokumentation des Posteingangs und der weiteren Bearbeitung, die der Senat für nachvollziehbar erachtet, in Einklang bringen. Zum anderen ist das Vorbringen des Klägers im Antrags- und Widerspruchsverfahren sowie anfänglich im Klageverfahren einerseits und sein jetziges Vorbringen andererseits widersprüchlich, ohne dass es dem Kläger gelungen ist, die offenen Widersprüche nachvollziehbar auszuräumen. Vor allem ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger in zeitlicher Nähe zu den Vorgängen wiederholt und über einen längeren Zeitraum erklärt hat, keine Meldekarte von der Beklagten erhalten zu haben, sich an eine Absendung der Karte nicht erinnern zu können, weil er seinen Tierbestand über das Internet gemeldet habe, er aber nunmehr vorträgt, sich an einer unmittelbaren Absendung der Meldekarte im Januar 2004 erinnern zu können. Bei dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zum Zeitpunkt des Absendens der Meldekarte handelt es sich deshalb zur Überzeugung des Senats lediglich um Mutmaßungen, nachdem die Beklagte die vom Kläger unterzeichnete Meldekarte vorgelegt hat.

35

Dem Leistungsausschluss nach § 69 Abs. 3 Nr. 2 TierSG kann der Kläger nicht entgegenhalten, die Beklagte hätte die Meldung des Tierbestandes anmahnen müssen und ggf. den Beitrag nach Maßgabe Tierbestandes des Vorjahres festsetzen müssen. Weder die gesetzlichen Bestimmungen des AGTierSG noch die Beitragssatzung sehen eine Verpflichtung der Beklagten vor, die Meldung säumiger Tierbesitzer anzumahnen. So ermöglicht § 14 Abs. 2 Satz 6 AGTierSG der Beklagten lediglich, durch Satzung zu bestimmen, dass für die Beitragserhebung die Zahl der Tiere des Vorjahres maßgeblich ist, wenn die Meldung des Tierbestandes unterbleibt. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht und in § 1 Abs. 3 Satz 5 Beitragssatzung vorgesehen, dass die Beklagte die Beiträge nach den Tierzahlen des Vorjahres festsetzen kann, wenn der Tierbesitzer trotz Mahnung keine Tiere gemeldet hat. Die durch diese Bestimmung geschaffene Möglichkeit der Beklagten, trotz fehlender Meldung einen Beitrag durch Bescheid festsetzen und damit den Beitrag gegebenenfalls zwangsweise beitreiben zu können, vermag aber nicht die Beklagte zu verpflichten, mit der Meldung säumige Tierbesitzer mahnen zu müssen. Vielmehr ist es eine eigene Obliegenheit der Tierbesitzer und liegt zur Verhinderung eines Leistungsausschlusses im eigenen Interesse, sich um die Einhaltung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen zu kümmern. Die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 5 Beitragssatzung lässt deshalb die Meldepflicht des Tierbesitzers unberührt.

36

b.

Daneben ist der Anspruch des Kläger auf Gewährung einer Beihilfe auch deshalb entfallen, weil der Kläger seine Beitragspflicht schuldhaft nicht erfüllt hat (§ 69 Abs. 3 Nr. 2 TierSG). Dabei beinhaltet die Beitragspflicht des der Beklagten angeschlossenen Tierbesitzers nicht nur die Zahlung des Beitrags schlechthin, sondern die rechtzeitige Zahlung innerhalb der dem Tierbesitzer gesetzten Frist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1996 - BVerwG 3 B 56.96 -, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 15; Urteil des Senats vom 22. Januar 1996 - 3 L 5546/94 -, Nds. VBl. 1997, 12; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. September 2003, a.a.O.).

37

Der Kläger ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 AGTierSG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Tierseuchenbeiträgen für das Jahr 2004 - Beitragssatzung - vom 23. Oktober 2003 (Nds. MBl. S. 748) beitragspflichtig. Die Beitragssatzung sieht in § 5 vor, dass die Beiträge nach § 1 Abs. 3 (Meldungen des Tierbestandes am Stichtag 3. Januar 2004) am 15. März 2004 fällig werden. Lediglich für die Beiträge nach § 1 Abs. 4 (Beitragserhebung in Fällen von Bestandsvergrößerungen, Neugründungen oder Wiedereinstallungen) sieht die Beitragssatzung ausdrücklich eine Fälligkeit nach Zugang eines Beitragsbescheides vor. Ob hieraus der Schluss gezogen werden kann, dass die Fälligkeit des Beitrages in Fällen des § 1 Abs. 3 Beitragssatzung den Erlass eines Beitragsbescheides nicht voraussetzt, kann offen bleiben. Denn der Kläger kann sich nach den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf den fehlenden Erlass eines Beitragsbescheides vor dem 15. März 2004 berufen, weil er durch sein pflichtwidriges Verhalten hierfür die Verantwortung trägt, indem er seinen Tierbestand nicht nur nicht rechtzeitig, sondern auch nicht vor Auflauf des 15. März 2004 gemeldet hat. Auch insoweit kann der Kläger sich nicht darauf berufen, dass die Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, einen Beitrag auf Grundlage der Tierzahl des Vorjahres festzusetzen. Durch § 1 Abs. 3 Satz 5 Beitragssatzung wird der Beklagten lediglich die Möglichkeit eingeräumt, den Beitrag auf der vorgenannten Grundlage festzusetzen. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte verpflichtet wäre, zur Meidung von Leistungsausschlüssen zu Lasten des Tierbesitzers Beiträge auf dieser Grundlage festzusetzen. Auch insoweit ist die damit zusammenhängende Beachtung der Melde- und Beitragspflicht eigene Angelegenheit des jeweiligen Tierbesitzers.

38

Auch soweit der Kläger seine Beitragspflicht verletzt hat, unterliegt es keinen Zweifeln, dass er die ihm mögliche und zumutbare Sorgfalt verletzt und deshalb fahrlässig gehandelt hat. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Kläger die Meldekarte rechtzeitig abgesandt hat, entfällt nicht der Fahrlässigkeitsvorwurf. Aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft bei der Beklagten ist der Kläger mit dem stets gleichbleibenden Verfahren der Meldung des Tierbestandes und Beitragerhebung der Beklagten vertraut. Bei der gebotenen Sorgfalt eines Tierbesitzers ist zu erwarten gewesen, dass der Kläger über seine gegenüber der Beklagten bestehenden Melde- und Beitragspflichten nach den gesetzlichen Bestimmungen des AGTierSG und den Satzungsbestimmungen informiert gewesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 1990 - BVerwG 3 C 21.89 -, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 13; OVG Sachsen-Anhalt, urteil vom 11. September 2003 - 2 L 458/00 -, [...], Rdnr. 29). Er hätte im Hinblick darauf, dass bis Ende Februar 2004 ein Beitragsbescheid nicht ergangen ist, bei der gebotenen Sorgfalt davon ausgehen müssen, dass seine Meldung bei der Beklagten nicht eingegangen ist. Denn der Erlass des Beitragsbescheides hängt im Allgemeinen allein von der Meldung des Tierbestandes ab; weitergehende Prüfungen vor Erlass des Beitragsbescheides erfolgen im Regelfall nicht. Es hat auch deshalb besondere Veranlassung für den Kläger bestanden, auf den Zugang der Meldung bei der Beklagten und auf die Rechtzeitigkeit der Zahlung des Tierseuchenbeitrags zu achten, weil er bereits Anfang Februar einen Tierverlust im Rahmen der Bekämpfung der BVD erlitten hatte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger auch noch Anfang März 2004 die einfache Möglichkeit gehabt hat, seinen Tierbestand vorsorglich (erneut) per Internet zu melden, wie er dies bereits im Beitragsjahr 2003 getan hat. Auf diese Weise wäre eine rechtzeitige Zahlung des Beitrages bis zum 15. März 2004 sichergestellt gewesen.

39

2.

Der Kläger kann auch nicht hilfsweise beanspruchen, dass die Beklagte ihn im Hinblick auf eine teilweise Gewährung einer Beihilfe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats bescheidet.

40

Als rechtliche Grundlage für einen solchen Anspruch kommen allein §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 6 Abs. 2 Satz 1 Beihilfesatzung in Verbindung mit § 70 Satz 1 TierSG in Betracht. Nach der letztgenannten Bestimmung kann eine Beihilfe u.a. in den Fällen des § 69 Abs. 3 TierSG teilweise gewährt werden, wenn die Schuld gering ist oder die Versagung der Entschädigung für den Besitzer eine unbillige Härte bedeuten würde. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, so dass der Beklagten kein Ermessen eröffnet ist, für den erlittenen Tierverlust eine Teilbeihilfe zu gewähren.

41

a.

Die Schuld des Klägers kann nicht als gering angesehen werden. Das Maß der Schuld hängt von einer umfassenden Abwägung der tatsächlich festgestellten Umstände ab. Ebenso wie ein vorsätzliches Handeln eine geringe Schuld nicht ausschließt, kann die Fahrlässigkeit eines Handelns oder Unterlassens dessen Einstufung als in schwerem oder normalem Maße schuldhaft nicht ausschließen. Bei der Einstufung des Maßes der Schuld ist der Schutzzweck der verletzten Handlungs- oder Verhaltensverpflichtung des Tierbesitzers zu beachten. Dabei kann eine an sich gering schuldhafte Pflichtverletzung bei besonderen Merkmalen von Verwerflichkeit oder bei mehrfacher Wiederholung und erst recht bei hartnäckiger Uneinsichtigkeit durchaus das Maß nicht geringer Schuld erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 1995 - BVerwG 3 C 19.93 -, BVerwGE 98, 111; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. September 2003 - 2 L 458/00 -, [...]).

42

Nach Maßgabe dessen kann auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht festgestellt werden, dass die Schuld, die den Kläger hinsichtlich der erheblich verspäteten Meldung seines Tierbestandes und der damit einhergehenden verspäteten Entrichtung des Beitrages trifft, gering gewesen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund der Meldungen in den Vorjahren und wie jeder Tierhalter im Vorfeld der Meldung des Tierbestandes für das Jahr 2004 über die einzuhaltenden Frist bei der Meldung des Tierbestandes und der Zahlung des Tierseuchenbeitrages sowie über die Folgen bei Versäumen dieser Fristen informiert gewesen ist. Darüber hinaus hat die Beklagte hierauf sowohl in dem Hinweisblatt, das den Tierhaltern im Dezember 2003 mit dem amtlichen Erhebungsbogen übersandt worden ist, als auch in dem Anhang der Beitragssatzung ausdrücklich aufmerksam gemacht. Angesichts des Tierverlustes am 3. Februar 2004 hat für den Kläger zudem eine besondere Veranlassung bestanden, auf die rechtzeitige Erfüllung seiner Beitragspflicht zu achten.

43

Bei der Frage, ob die Schuld des Klägers als gering zu achten ist, ist mit einzustellen, dass es bei der rechtzeitigen Erfüllung der Melde- und Beitragspflichten eines Tierhalters nicht um die Einhaltung weniger bedeutender Ordnungsvorschriften geht, sondern es sich um wesentliche Hauptpflichten eines Tierhalters gegenüber der Tierseuchenkasse als Solidargemeinschaft handelt. Vor allem kommt der fristgerechten Zahlung des Tierseuchenbeitrages als eine wesentliche Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit einer Tierseuchenkasse eine jedem Mitglied ohne weiteres erkennbar hohe Bedeutung zu (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. November 1998 - 13 A 587/98 -, RdL 1999, 135; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2000 - 1 S 130/00 -, RdL 2000, 275; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. September 2003, a.a.O.). Die Schuld des Klägers ist auch nicht deshalb als gering zu werten, weil er nach eigenen Angaben in den Vorjahren stets seine Melde- und Beitragspflichten fristgerecht nachgekommen sei. Vielmehr hat er - wie aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten ersichtlich - im Zeitraum 1995 bis 2004 lediglich in den Jahren 2001 und 2003 seinen Tierbestand rechtzeitig gemeldet.

44

b.

Ebenso wenig bedeutet die Versagung einer teilweisen Beihilfe für den Kläger eine unbillige Härte. Eine Beihilfe für den beantragten Tierverlust beliefe sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 Beihilfesatzung auf 397,75 EUR. Die Versagung einer Teilbeihilfe stellt keine im Hinblick auf die Missachtung der Melde- und Beitragspflichten übermäßige und damit unbillige Härte dar. Auch in Relation zum Gesamttierbestand des Klägers, ist nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Teilbeihilfe nach § 70 TierSG die Existenzgrundlage des Klägers gefährden könnte.