Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.05.2010, Az.: 7 OB 26/10

Zulässigkeit einer Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht im Falle der Beantragung des Ruhens des Verfahrens oder nach Klagerücknahme; Rechtsweg bei Streit um die Zahlung oder Erstattung von Konzessionsabgaben

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.05.2010
Aktenzeichen
7 OB 26/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 16068
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0512.7OB26.10.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2010, 660

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Nach Klagerücknahme darf eine Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht nicht mehr ausgesprochen werden. Anderes gilt, wenn lediglich das Ruhen des Verfahrens beantragt worden ist.

  2. 2.

    Bei einem Streit um die Zahlung oder Erstattung von Konzessionsabgaben ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Gründe

1

I.

Mit ihrer am 4. Januar 2010 beim Verwaltungsgericht Osnabrück erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagten zur Erstattung von Konzessionsabgaben verpflichtet seien, die sie, die Klägerin, im Jahre 2006 an die D. AG entrichtet habe und die von dieser an die begünstigten Kommunen abgeführt worden seien. Die Beklagten hätten die Konzessionsabgaben unter Verkennung der Grenzwerte des § 2 Abs. 4 Konzessionsabgabenverordnung - KAV - zu Unrecht beansprucht.

2

Nachdem der Beklagte zu 2.) erklärt hatte, dass er die Konzessionsabgaben nicht vereinnahmt habe, hat die Klägerin die gegen ihn gerichtete Klage beim Verwaltungsgericht am 25. März 2010 zurückgenommen. Im Übrigen haben sie und die Beklagte zu 1.) beim Verwaltungsgericht beantragt, das Verfahren ruhen zu lassen, bis der BGH über die gegen das Urteil des OLG Stuttgart v. 19.11.2009 - 2 U 40/08 - eingelegte Revision entschieden habe.

3

Durch Beschluss vom 26. März 2010 hat das Verwaltungsgericht den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit unverändert an das Landgericht Osnabrück verwiesen. Die Pflicht zur Entrichtung wie auch zur Erstattung von Konzessionsabgaben sei privatrechtlicher Natur, weil diese nach der Rechtsprechung des BGH Entgelte auf der Grundlage zivilrechtlicher Verträge zwischen Energieversorgungsunternehmen und Kommunen seien. Auch die Einstellung des Verfahrens nach Klagerücknahme bleibe dem zuständigen Landgericht überlassen.

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Mit ihrer dagegen erhobenen Beschwerde rügt die Klägerin in erster Linie, dass eine Verweisung nach Klagerücknahme wie auch nach übereinstimmend beantragtem Ruhen des Verfahrens fehlerhaft sei. Außerdem sei, wie schon erstinstanzlich vorgetragen, der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele.

5

II.

Die Beschwerde ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit auch mit dem Beklagten zu 2.) nach § 17a Abs. 2 S. 1 GVG an das Landgericht verwiesen hat. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

6

Bei nichtstreitiger Beendigung des Verfahrens, wie etwa nach Klagerücknahme oder übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärungen, ist die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, § 40 VwGO, nicht mehr zu prüfen, weil der Rechtsstreit in der Hauptsache dann nicht mehr anhängig ist. Eine Verweisung nur wegen der noch zu treffenden Kostenentscheidung kommt nicht in Betracht. Sie darf nicht mehr ausgesprochen werden (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., Rn. 12 Vorb. § 40; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. A., Rn. 15 zu § 17a GVG m.w.N.). Der Kläger soll die Verweisung an ein anderes Gericht gerade dadurch abwenden können, dass er seine Klage zurücknimmt (Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 15 Anh. § 41 a.E. m.w.N.). Das ist hier am 25. März 2010 geschehen (GA B. 32, 33). Die Verweisung ist damit offenkundig fehlerhaft. Das Verwaltungsgericht muss das Verfahren insoweit selbst mit der daraus erwachsenden Kostenfolge einstellen

7

Bezüglich der Klage gegen die Beklagte zu 1.) liegt es anders. Die hier in Betracht kommende Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 251 S. 1 ZPO lässt die Anhängigkeit der Hauptsache nicht entfallen, das Verfahren wird bei einer Ruhensanordnung vielmehr nur ausgesetzt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. A., Rn. 9 zu § 251). Die Anordnung erfordert bereits eine Zweckmäßigkeitsprüfung durch das Gericht, die Sachurteilselemente enthält. Zu einer derartigen Beurteilung und damit auch zur Anordnung des Ruhens ist das Gericht aber nicht befugt, wenn der Rechtsweg zu ihm nicht gegeben ist. Das ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, hier nicht der Fall. Es geht der Klägerin im Ergebnis darum, ihrer Auffassung nach zuviel gezahlte Konzessionsabgaben zurückzuerhalten. Dieses Rechtsverhältnis gründet im Zivilrecht, weil die Abgaben privatrechtliche Entgelte sind, auch wenn Zulässigkeit und Bemessungselemente, deren richtige Anwendung die Klägerin hier in Zweifel zieht, in der KAV geregelt sind (BGH, Urt. v.21.03.1996 - III ZR 245/94 -, DVBl. 1996, 801<802>). Die Klägerin verweist in ihrer Beschwerde insoweit lediglich auf ihren erstinstanzlich gegenteiligen Vortrag, ohne sich weiter mit den Darlegungen des Verwaltungsgerichts zu befassen und etwas Neues vorzutragen. Es besteht deshalb für den Senat kein Anlass, diesen Punkt weiter zu vertiefen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO und § 21 Abs. 1 S. 1 GKG (keine Gerichtskosten bei - offenkundig - unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht). Eine Rechtsgrundlage für die Erstattung außergerichtlicher Kosten bei unrichtiger Sachbehandlung besteht nicht (OVG Berlin, Beschl. v. 28.02.1997- 2 S 4/97 -, NVwZ-RR 1998, 405 <406>).

9

Die Zulassung einer weiteren Beschwerde nach § 17a Abs. 4 S. 4 GVG kommt nicht in Betracht, weil die in § 17a Abs. 4 S. 5 GVG aufgeführten Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. Posser/Wolff, VwGO, Rn. 243 zu § 40).