Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.05.2010, Az.: 10 LB 60/07
Gefahr eigener Verfolgung eines Flüchtlings bei gegen Dritte gerichteten Maßnahmen wegen eines asylerheblichen Merkmals; Verlust der Flüchtlingseigenschaft eines Drittstaatsangehörigen bei Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit und Genuss des Schutzes durch das die Staatsangehörigkeit gewährende Land; Schutzanspruch des Betroffenen nach dem Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts bei landesweiter Gefahr für den Flüchtling im Herkunftsland
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.05.2010
- Aktenzeichen
- 10 LB 60/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 24086
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0527.10LB60.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 51 Abs. 1 AuslG
- § 53 AuslG
- § 26 Abs. 4 S. 1 AufenthG
- § 60 Abs. 1 AufenthG
- § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG
- § 73 Abs. 2a S. 4 AsylVfG
- Art. 1 C Nr. 5 S. 2, Nr. 6 S. 2 GFK
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Soweit nach § 73 Abs. 7 AsylVfG in Fällen, in denen eine Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist, die Prüfung nach § 73 Abs. 2a S. 1 AsylVfG spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu erfolgen hat, sind, wenn es an dieser erforderlichen sachlichen Prüfung und Verneinung der Widerrufsvoraussetzungen durch das Bundesamt (Negativentscheidung des Bundesamtes) fehlt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung im Rahmen des § 73 Abs. 2a S. 4 AsylVfG nicht erfüllt.
- 2.
Eine asylerhebliche Gruppenverfolgung von albanischen Volkszugehörigen Kosovos durch den serbischen Staat kann aufgrund der nachhaltigen Veränderungen der Verhältnisse nicht mehr angenommen werden.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf der Feststellung, dass bei ihnen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) vorliegen.
Der im November 1958 in F. (G.) geborene Kläger und die im Juni 1965 in H. (I.) geborene Klägerin sind verheiratet. Sie sind albanische Volkszugehörige und stammen aus Kosovo. Nach eigenen Angaben besitzen sie die serbische und kosovarische Staatsangehörigkeit. Sie reisten am 7. Dezember 1993 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten jeweils einen Asylantrag.
Zur Begründung ihrer Asylanträge trugen die Kläger vor: Sie hätten ihre Heimat verlassen, weil der Kläger im September 1993 eine Gerichtsvorladung erhalten habe. Ihm sei separatistische Agitation vorgeworfen worden. Da er dieser Vorladung nicht gefolgt sei, habe die Polizei nach ihm gesucht. Er habe weder einer Partei angehört noch sich politisch betätigt. Die Klägerin ergänzte, sie habe zwei Fehlgeburten erlitten und vermute, dass serbische Ärzte daran nicht unschuldig gewesen seien. Sie sei Mitglied der LDK (Lidhja Demokratike e Kosovës) gewesen, habe sich aber nicht weiter politisch betätigt.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 4. Januar 1994 die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte nach Ablauf der festgesetzten Ausreisefrist die Abschiebung der Kläger nach (Rest-)Jugoslawien an.
Auf die dagegen gerichtete Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Hannover - 13. Kammer (Einzelrichter) - durch Urteil vom 18. Juli 1994 die Beklagte festzustellen, dass für die Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich (Rest-)Jugoslawien vorliegen und hob den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes auf, soweit er dem entgegenstand; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Die Kläger hätten einen Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich ihres Heimatlandes vorliegen. Als Angehörige der Volksgruppe der Albaner Kosovos drohe ihnen bei Rückkehr in ihre Heimat wegen ihrer Volkszugehörigkeit gegenwärtig mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare gruppengerichtete Verfolgung durch den serbischen Staat. Die dem serbischen Staat zuzurechnenden Verfolgungsmaßnahmen in Kosovo hätten sich in den Jahren 1993 und 1994 so ausgeweitet, dass nunmehr jeder ethnische Albaner wegen seiner Volkszugehörigkeit mit gegen seine physische Unversehrtheit und Bewegungsfreiheit gerichteten Maßnahmen der staatlichen Behörden zu rechnen habe.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellte daraufhin mit Bescheid vom 2. März 1995 zugunsten der Kläger fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich (Rest-)Jugoslawiens vorliegen.
Im Nachgang hierauf erhielten die Kläger von der zuständigen Ausländerbehörde zunächst Aufenthaltsbefugnisse und seit dem 21. August 2003 unbefristete Aufenthaltserlaubnisse, die seit dem 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnisse nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG fortgelten. Insbesondere in den Jahren 2003 und 2004 hielten sich die Kläger zeitweise in Kosovo auf.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Funktionsnachfolgerin des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge leitete im Februar 2006 das Widerrufsverfahren ein. Nach Anhörung der Kläger widerrief es mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. August 2006 die mit Bescheid vom 2. März 1995 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen. Zur Begründung führte das Bundesamt aus: Die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG sei nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) zu widerrufen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorlägen. Aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit hätten die Kläger politische Verfolgung nicht mehr zu befürchten. Eine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Albaner oder aus individuellen Gründen könne im Falle einer heutigen Rückkehr der Kläger nach Kosovo mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die seit Jahren angespannte politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage in Kosovo, die 1999 zu einer gewaltsamen und gezielten Vertreibung von mehreren hunderttausend Kosovo-Albanern aus Kosovo und zu einem militärischen Eingreifen der NATO-Staaten geführt habe, habe sich mit dem Einmarsch der KFOR (Kosovo Force) und dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte im Juni 1999 sowie dem Regimewechsel in Belgrad nach dem Sturz von Milosevic im Oktober 2000 grundlegend geändert. Die Ausübung der Regierungsgewalt über Kosovo durch Serbien sei de facto suspendiert. Auf Grundlage von diplomatischen Übereinkommen habe der jugoslawische Staat seine gesamten militärischen und paramilitärischen Einheiten aus Kosovo abgezogen und die Gewaltanwendungen und Repressionen gegenüber den Kosovo-Albanern eingestellt. Mit großer Sicherheit werde die UNO ihre Sicherheitspräsenz erst aufgeben, wenn sich die Verhältnisse in Kosovo stabilisiert hätten. Die internationale Staatengemeinschaft sei bemüht, Kosovo zu stabilisieren und zu demokratisieren. Die ersten Schritte zur Verwirklichung der Selbstverwaltung von Kosovo seien zwischenzeitlich erfolgt. Im März 2002 habe das Parlament von Kosovo seine Arbeit aufgenommen. Die Sicherheitslage für Kosovo-Albaner habe sich merklich stabilisiert. Die überwiegende Mehrheit der Kosovo-Albaner, die während des Kosovo-Konflikts geflohen seien, sei nach Kosovo zurückgekehrt. Nur wenige von ihnen seien mit Sicherheitsproblemen konfrontiert gewesen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im übrigen Serbien und Montenegro politische Verfolgung drohe. Aufgrund der politischen Entwicklung in Serbien und Montenegro sei landesweit eine Fortsetzung der gegen die albanische Bevölkerungsgruppe gerichteten Verfolgung auszuschließen, so dass es Kosovo-Albanern wieder zugemutet werden könne, ggf. in Serbien oder Montenegro Zuflucht zu suchen. Staatliche Repressionen wie sie unter dem Milosevic-Regime üblich gewesen seien, fänden nicht mehr statt. Die Regierungen von Serbien und Montenegro sowie der beiden Teilrepubliken übten keine gezielte Unterdrückung bestimmter Gruppen aus, sei es wegen ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder politischer Überzeugung. Die Lage der Minderheiten habe sich deutlich verbessert. Zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, aus denen die Kläger eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ablehnen könnten, seien angesichts der dargestellten Entwicklung nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG lägen nicht vor. Aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit hätten die Kläger politische Verfolgung im Sinne der vorgenannten Bestimmung durch staatliche Maßnahme nicht zu befürchten. Übergriffe nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG auf Kosovo-Albaner, die als Verräter der albanischen Sache angesehen würden, kämen nur in Einzelfällen vor. UNMIK (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) und KFOR seien außerdem willens und in der Lage, Verfolgungsmaßnahmen von Dritten wirksam zu unterbinden.
Die Kläger haben am 6. September 2006 Klage erhoben. Sie haben zur Begründung geltend gemacht: Der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG verletze sie in ihren Rechten. Der Kosovo-Krieg sei seit sieben Jahre vorbei. Der Widerruf sei nicht unverzüglich erfolgt. Aufgrund des Zuwartens ohne Grund seitens der Behörde bedeute die Rückkehr in ihre Heimat eine unzumutbare Härte. Mit einer Rückkehr in ihre Heimat hätten sie nicht mehr gerechnet. Sie seien in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert.
Die Kläger haben beantragt, den Bescheid des Bundesamtes vom 22. August 2006 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Die Kläger könnten sich nicht auf § 73 Abs. 2a AsylVfG berufen. Die in dieser Vorschrift bestimmte Frist habe erst am 1. Januar 2005 zu laufen begonnen. Die Rechtsfolge dieser Bestimmung könnte erst dann eintreten, wenn innerhalb von drei Jahren eine Prüfung des Widerrufs oder der Rücknahme erfolgt sei, die nicht zum Erlass eines Widerrufs- oder Rücknahmebescheides geführt habe. Hier sei aber der Widerruf ausgesprochen worden.
Das Verwaltungsgericht Hannover - 13. Kammer (Einzelrichter) - hat mit Urteil vom 7. November 2006 der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe bislang das nach § 73 Abs. 2a AsylVfG "erforderliche Ermessen" nicht ausgeübt. Nach der nunmehr geltenden Vorschrift des § 73 Abs. 2a AsylVfG liege der Widerruf von Anerkennungen oder positiven Feststellungen zu Abschiebungshindernissen im Ermessen der Beklagten, wenn eine frühere Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung weiterhin vorliegen, nicht zu einem Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren geführt habe. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides habe die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG schon mehr als drei Jahre zurückgelegen, ohne dass die Beklagte ein Widerrufsverfahren eingeleitet habe. Nach Ablauf von drei Jahren (seit Erlass des begünstigenden Bescheides) verlange ein Widerruf auch dann eine Ermessensentscheidung, wenn von der Beklagten entgegen § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG noch keine Prüfung vorgenommen worden sei.
Hiergegen führt die Beklagte die vom Senat durch Beschluss vom 5. Februar 2007 wegen Abweichung von der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) zugelassene Berufung. Zur Begründung nimmt sie Bezug auf diese in ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung dargelegte Abweichung.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hannover vom 7. November 2006 (Az. 13 A 6195/06) abzuweisen.
Die Kläger haben weder einen Antrag gestellt noch auf die Berufung der Beklagten erwidert.
Der Senat hat im Einverständnis der Beteiligten die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 2. März 2010 - C-175/08 u.a. -) auf die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 -) vor einer Entscheidung über die Berufung abgewartet. Die in der Erkenntnismittelliste vom 8. März 2010 (Bl. 83 ff. der Gerichtsakte) aufgeführten Auskünfte, Berichte, Stellungnahmen und Gutachten sind zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird verwiesen auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der für die Kläger zuständigen Ausländerbehörde der Region Hannover, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Die Anfechtungsklage der Kläger ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a.
Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren zutreffend nach der neuen, durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 geänderten Rechtslage beurteilt.
Der mit dem angefochtene Bescheid vom 22. August 2006 ausgesprochene Widerruf des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 2. März 1995 über die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG findet seine rechtliche Grundlage in § 73 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586). Der angefochtene Widerruf durfte nach dieser Bestimmung als gebundene Entscheidung ergehen und erforderte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nach § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG keine Ermessensausübung durch das Bundesamt. Dies wird nunmehr durch die Neuregelung des § 73 Abs. 7 AsylVfG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - klargestellt. Danach hat in Fällen, in denen - wie vorliegend - die Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist, die Prüfung nach § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu erfolgen. Darin ist eine Übergangsregelung für vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar gewordene Altanerkennungen zu sehen, die klarstellt, bis wann die Altanerkennungen auf einen etwaigen Widerruf hin zu überprüfen sind. Mithin kommt vor einer solchen Prüfung und Verneinung der Widerrufsvoraussetzungen (Negativentscheidung des Bundesamtes) eine Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 -, Buchholz 451.902 Europ. Ausl- u Asylrecht Nr. 19; ebenso vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes am 28. August 2007: BVerwG, Urteil vom 25. November 2008 - BVerwG 10 C 53.07 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 31; Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 10 C 24.07 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 28; Urteil vom 20. März 2007 - BVerwG 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Nach Maßgabe dessen ist § 73 Abs. 2a AsylVfG zwar auf den angefochtenen Widerrufsbescheid anwendbar, jedoch sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung des Bundesamtes hier nicht erfüllt, weil es an der erforderlichen vorherigen sachlichen Prüfung und Verneinung der Widerrufsvoraussetzungen durch das Bundesamt fehlt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Prüfung des Widerrufs und eine Negativentscheidung pflichtwidrig unterblieben sind, denn die in § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmte Frist war zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen.
b.
Der Widerruf ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere ist den Klägern entsprechend den Vorgaben des § 73 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG die beabsichtigte Entscheidung über den Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG mitgeteilt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
Auch das Vorbringen der Kläger, der Widerruf sei entgegen § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht unverzüglich ergangen, vermag die Aufhebung des angefochtenen Widerrufsbescheids nicht zu rechtfertigen. Das Gebot der Unverzüglichkeit des Widerrufs nach dieser Bestimmung dient ausschließlich öffentlichen Interessen, so dass ein etwaiger Verstoß dagegen keine Rechte des betroffenen Ausländers verletzt. Auch findet die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG in den Fällen keine Anwendung, in denen - wie hier - die Anerkennung innerhalb der in § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmten Frist widerrufen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Juni 2007 und 20. März 2007, a.a.O. für die Drei-Jahres-Frist des § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG).
c.
Die Voraussetzungen für den Widerruf liegen auch in materiell-rechtlicher Hinsicht vor. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Insoweit entspricht die hier maßgebende Bestimmung des § 73 Abs. 1 AsylVfG ihrem Inhalt nach dem Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK).
Ein "Wegfall der Umstände" im Sinne von Art. 1 C Nr. 2 Satz 1 GFK, aufgrund derer die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfolgte, ist ebenso wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gegeben, wenn sich die im Zeitpunkt der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sind und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG (vormals nach § 51 Abs. 1 AuslG) liegen in Bezug auf die Kläger nicht mehr vor. Die Umstände, die hier der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG zugrunde gelegen haben (Gruppenverfolgung von albanischen Volkszugehörigen Kosovos durch den serbischen Staat), sind aufgrund der nachhaltigen Veränderungen der Verhältnisse sowohl in Serbien als auch in Kosovo nicht nur vorübergehend weggefallen. Die Kläger sind aufgrund dieser nachhaltigen Veränderungen der Verhältnisse jetzt und auf absehbare Zeit sowohl vor Gruppen- als auch vor Einzelverfolgung hinreichend sicher.
Die Gefahr eigener Verfolgung des Flüchtlings nach § 60 Abs. 1 AufenthG kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine innerstaatliche/inländische Fluchtalternative besteht, die im Falle einer drohenden Rückkehrverfolgung vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss. Diese Grundsätze gelten prinzipiell auch für die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, wie sie nunmehr durch das Zuwanderungsgesetz ausdrücklich als schutzbegründend geregelt ist, § 60 Absatz I 4 Buchst. c AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 - BVerwG 1 C 24.06 -, Buchholz 203.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 30 und Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243).
Nach Maßgabe dessen ist eine Verfolgung der Kläger - sei es durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure - wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Kosovo-Albaner sowohl in Serbien als auch in Kosovo auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen. Die im Zeitpunkt der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft angenommene Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit durch Organe des serbischen Staats besteht nicht mehr. Zur Begründung im Einzelnen verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG zunächst auf die Ausführungen des Bundesamtes in dem angefochtenen Widerrufsbescheid.
Eine für den vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Veränderung der Verhältnisse in Serbien und in Kosovo ist seit Erlass des Widerrufsbescheides nicht eingetreten. In den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln finden auch bezogen auf den Zeitraum seit August 2006 Verfolgungshandlungen in Kosovo - abgesehen vom Sonderfall Kosovo Nord - gegen Angehörige der Albaner wegen ihrer Volkszugehörigkeit keine Erwähnung. So wird in dem Länderbericht des Bundesministeriums des Innern der Republik Österreich vom 27. September 2009 festgehalten, dass die Situation der Kosovo-Albaner - abgesehen vom Sonderfall Kosovo-Nord - unproblematisch ist (vgl. auch UNHCR vom 9. November 2009 und Friedrich-Ebert-Stiftung vom Oktober 2009 "Der unabhängige Kosovo im Herbst 2009" Nr. 4.1). Dass es gelegentlich zu Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen kommt, etwa anlässlich der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo (vgl. ai, ai-Report Serbien 2009), vermag die nachhaltige Veränderung der Verhältnisse für Angehörige der Volksgruppe der Albaner in Kosovo nach dem Abzug der gesamten militärischen und paramilitärischen Einheiten des jugoslawischen Staats aus Kosovo nicht in Frage zu stellen. Durch die Etablierung der internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz haben staatliche Repressionen gegen Kosovo-Albaner aufgehört; dem Auswärtigen Amt sind Berichte über gezielte Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der UNMIK oder durch die Regierung der Republik Kosovo nicht bekannt. Auch haben Repressionen Dritter gegen Angehörige der Gruppe der Albaner deutlich nachgelassen. So sind in 2007 acht albanische Volkszugehörige Opfer ethnisch motivierter Gewalt geworden; im Jahr 2006 waren es noch 29 albanische Volkszugehörige (Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo vom 2. Februar 2009 und vom 19. Oktober 2009). Die zivile Rechtsstaatsmission der Europäischen Union (EULEX) als internationale Organisation hat exekutive Funktionen im Bereich der Verfolgung organisierter Kriminalität, Korruption, interethnischer Kriminalität, Kriegsverbrechen sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Im Hinblick auf die Menschenrechtslage sind in Kosovo zahlreiche Nichtregierungsorganisationen tätig. Der freie Zugang und eine direkte Kontaktaufnahme sind jederzeit möglich. Weiter gibt es seit November 2000 die Institution der Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch zivile Behörden zuständig ist. Auf rechtlicher Ebene besteht ein Anti-Diskriminierungsgesetz und nach der Verfassung der Republik Kosovo finden zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen Anwendung. Abgesehen von den Bereichen der organisierten Kriminalität und der Korruption ist die Kriminalität in Kosovo rückläufig und sogar niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich; dies gilt besonders für Eigentums-, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo vom 19. Oktober 2009). Darin findet sich auch kein Hinweis darauf, dass gegen Angehörige der Gruppe der Albaner gerichtete Straftaten nicht wirksam strafrechtlich verfolgt würden.
Auch in Bezug auf Serbien ist von Übergriffen auf Angehörige ethnischer Minderheiten berichtet worden, darunter auch Angehörige der Volksgruppe der Albaner (vgl. ai, ai-Report Serbien 2008). Es wird aber nicht dargelegt, dass es sich um eine Vielzahl von Fällen gegen Kosovo-Albaner gehandelt hat, die auf eine beachtliche Verfolgungsdichte schließen lässt. So stellt das Auswärtige Amt fest, dass sich die Lage in der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbien zu Kosovo weitgehend beruhigt hat. Seit den Kommunalwahlen sind die ethnischen Albaner inzwischen angemessen in den Gemeindeorganen vertreten. Auch im serbischen Parlament ist die albanische Minderheit vertreten. Ferner befindet sich eine multiethnische Polizeitruppe im Aufbau. Aufgrund dieser Entwicklung konnten die Rückkehrprogramme für Albaner, die aus Südserbien nach Kosovo geflohen waren, erfolgreich abgeschlossen werden (Auswärtiges Amt, Lagebericht Serbien vom 22. September 2008; vgl. auch Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) "Serbien-Montenegro - zur Situation der AlbanerInnen im Presevo-Tal" vom Mai 2005 unter Nr. 6).
Dem entgegenstehende Gesichtspunkte haben die Kläger nicht aufgezeigt. Vielmehr steht die Einschätzung des Senats, dass albanische Volkszugehörige im Falle einer Rückkehr in die Republik Kosovo aufgrund der vorstehenden nachhaltigen Veränderungen der Verhältnisse vor Verfolgung hinreichend sicher sind, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und der anderer Gerichte (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. Februar 2006 - 8 LA 14/06 -, [...]; Beschluss vom 28. Februar 2005 - 8 LA 16/05 -; BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. März 2001 - A 14 S 2078/99 -, [...]; Beschluss vom 16. März 2004 - A 6 S 219/04 -, AuAS 2004, 142; Beschluss vom 22. Oktober 2007 - A 6 S 740/05 -, [...]; Hess. VGH, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 7 UE 847/01.A -, [...]; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. April 2005 - 13 A 654/05.A -, AuAS 2005, 175 m.w.N.; OVG Saarland, Beschluss vom 1. Dezember 2006 - 3 Q 126/06 -, [...]). Entsprechendes gilt für den Fall einer Rückkehr in die Republik Serbien (vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 15. Februar 2006 und 28. Februar 2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 22. Oktober 2007 und 16. März 2004, a.a.O.).
Individuelle Verfolgungsgefahren zum jetzigen Zeitpunkt haben die Kläger nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich.
Der Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist auch nicht wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung findet der Beendigungstatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG in Übereinstimmung mit Art. 1 C Nr. 5 Satz 2 und Nr. 6 Satz 2 GFK keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat abzulehnen. Weder haben die Kläger solche Gründe geltend gemacht noch sind solche ersichtlich.
d.
Der Widerruf des Bescheides vom 2. März 1995 über die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG steht schließlich im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. Nr. 1 304 S. 12).
Der Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist an den Anforderungen der Art. 14 und 11 der Richtlinie zu messen, weil das Richtlinienumsetzungsgesetz auch die genannten Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht umsetzt, ohne die Anwendbarkeit der Bestimmungen in zeitlicher Hinsicht einzuschränken; damit werden die unionsrechtlichen Erlöschenstatbestände in Art. 11 auf von der Richtlinie selbst nicht erfasste Sachverhalte ausgedehnt, so dass sie auch auf vor dem 20. Oktober 2004 gestellte Schutzanträge anwendbar sind (BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2008, a.a.O.).
Die Voraussetzungen für die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 Buchst. c und e sind im Fall der Kläger gegeben. Nach der erstgenannten Bestimmung erkennen die Mitgliedstaaten die einem Drittstaatsangehörigen zuerkannte Flüchtlingseigenschaft ab, wenn er nach Art. 11 nicht mehr Flüchtling ist. Gemäß Art. 11 Abs. 1 ist ein Drittstaatsangehöriger u.a. dann nicht mehr Flüchtling, wenn er eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt (Buchst. c) oder nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (Buchst. e). Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie ist zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann (Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie).
Die Kläger haben nach der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid des Bundesamtes vom 2. März 1995 die Staatsangehörigkeit der Republik Kosovo angenommen und damit eine neue Staatsangehörigkeit erworben. Sie genießen damit den Schutz der Republik Kosovo. Die Bundesrepublik Deutschland und 21 anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die Republik Kosovo nach ihrer Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 völkerrechtlich anerkannt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo vom 19. Oktober 2009).
Daneben sind die Kläger als Drittstaatsangehörige auch deshalb nicht mehr Flüchtlinge im Sinne des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie, weil die Umstände weggefallen sind, aufgrund derer sie als Flüchtlinge anerkannt worden sind, und sie es nicht mehr ablehnen können, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Dies ist der Fall, wenn in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände in dem betreffenden Drittland diejenigen Umstände, aufgrund derer der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG haben muss. Dies verlangt, dass der oder die nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie in Betracht kommenden Akteure, die Schutz bieten können, geeignete Schritte eingeleitet haben, um die Verfolgung zu verhindern. Dass ist insbesondere der Fall, wenn diese Akteure über wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, verfügen und das der betreffenden Staatsangehörige bei Erlöschen seiner Flüchtlingseigenschaft Zugang zu diesem Schutz haben wird. Zu den Schutz bietenden Akteuren können auch internationale Organisationen gehören, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, etwa durch Präsenz multinationaler Truppen in diesem Gebiet (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - C-175/08 u.a. -, [...]).
Den nach Art. 2 Buchst. c und Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG angesprochenen "Schutz des Landes" kann der Drittstaatsangehörige nicht wegen des Vorliegens allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat ablehnen. Die Richtlinie sieht im Rahmen des Begriffs "internationaler Schutz" zwei unterschiedliche Schutzregelungen vor. Zum einen den Flüchtlingsstatus und zum anderen den durch subsidiären Schutz gewährten Status, wobei nach Art. 2 Buchst. e der Richtlinie eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz eine solche ist, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt. Deshalb würden die jeweiligen Bereiche der beiden Schutzregelungen verkannt, wenn die Beendigung der Geltung Ersterer von der Feststellung abhängig gemacht würde, dass die Voraussetzung für die Anwendung Letzterer nicht erfüllt sind. Daher tritt nach der Systematik der Richtlinie das etwaige Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft unbeschadet des Rechts des Betroffenen ein, um die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zu ersuchen (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010, a.a.O., Rdnr. 80; vgl. in Bezug auf § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243; Beschluss vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 1 B 174.06 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 23; Beschluss vom 27. November 2007 - BVerwG 10 B 86.07 -, [...]).
Dass in vorgenanntem Sinne die Umstände, aufgrund derer die Kläger als Flüchtlinge anerkannt wurden, weggefallen sind, hat der Senat vorstehend bereits im Einzelnen dargelegt. Auch dem Vorbringen der Kläger lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass diese Umstände nicht weggefallen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.