Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.06.2020, Az.: 5 ME 85/20

dienstliche Beurteilung; fiktive Beurteilungsfortschreibung; Gesamturteil; Höherwertigkeit; Plausibilisierung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.06.2020
Aktenzeichen
5 ME 85/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71755
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.03.2020 - AZ: 2 B 5363/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Plausibilisierung des Gesamturteils im Hinblick auf den "Übertragungsvorgang" von einer fünf- auf eine sechs- bzw. achtzehnstufige Skala unter besonderer Berücksichtigung des höherwertigen Einsatzes (hier: verneint).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer - vom 13. März 2020 geändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ihr im Zuge der sogenannten Beförderungsrunde 2019/2020 noch zugewiesene Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 8 auf der Beförderungsliste der Einheit „Beteiligung K.“ mit der Beigeladenen zu 1. zu besetzen und diese in ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 zu befördern, solange nicht über die Beförderung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bestandskräftig entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 20.642,16 EUR festgesetzt. Für den zweiten Rechtszug wird der Streitwert auf 20.860,98 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Auswahlentscheidung der H., in der sogenannten Beförderungsrunde 2019/2020 (noch) eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 8 in der Einheit „Beteiligung K.“ mit der Beigeladenen zu 1. zu besetzen.

Die Antragstellerin steht im Statusamt einer Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Antragsgegnerin, deren Dienstherrenbefugnisse von dem Postnachfolgeunternehmen H. wahrgenommen werden. Während des Beurteilungszeitraums ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung (Beurteilungszeitraum: 1. September 2016 bis 31. August 2018) war die Antragstellerin, nachdem eine vorherige Abordnung zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Ablauf des 31. August 2016 geendet hatte, zunächst im Zeitraum vom 1. September 2016 bis einschließlich zum 4. Dezember 2016 ohne Beschäftigung. Mit Wirkung vom 5. Dezember 2016 wies ihr die H. gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 des Postpersonalrechtsgesetzes (PostPersRG) dauerhaft eine - nach der Besoldungsgruppe A 9 bewertete - Tätigkeit als „Sachbearbeiterin Backoffice I“ im Unternehmen L. am Dienstort M. -Stadt zu. Aufgrund einer Erkrankung nahm die Antragstellerin die ihr zugewiesene Tätigkeit tatsächlich erst am 17. Januar 2017 auf und übte diese ab diesem Zeitpunkt bis zum Ende des Beurteilungszeitraums (31. August 2018) aus.

Die aktuelle dienstliche Beurteilung der Antragstellerin zum Stichtag 1. September 2018 (Beurteilungszeitraum: 1. September 2016 bis 31. August 2018) gelangte zu dem Gesamturteil „Sehr gut“ (= zweithöchste von insgesamt sechs Notenstufen) mit dem Ausprägungsgrad „+“ (= mittlerer von drei Ausprägungsgraden). Die beurteilten sechs Einzelleistungsmerkmale - 1) Arbeitsergebnisse, 2) Praktische Arbeitsweise, 3) Allgemeine Befähigung, 4) Fachliche Kompetenz, 5) Soziale Kompetenz und 6) Wirtschaftliches Handeln - wurden auf der insoweit (nur) fünf Stufen umfassenden Notenskala durchgehend mit „Sehr gut“ (= höchste der fünf Notenstufen) bewertet. Im Vorfeld dieser dienstlichen Beurteilung waren insgesamt drei Stellungnahmen unmittelbarer Führungskräfte der Antragstellerin eingeholt worden, die zu folgenden Ergebnissen gelangt waren:

- die unmittelbare Führungskraft N. bewertete die Antragstellerin für den etwa fünfeinhalbmonatigen Zeitraum vom 17. Januar 2017 bis 30. Juni 2017 in Bezug auf die genannten sechs Einzelleistungsmerkmale durchgehend mit der Notenstufe „Gut“ (= zweithöchste der fünf Notenstufen),

- die unmittelbare Führungskraft O. bewertete die Antragstellerin für den dreimonatigen Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. September 2017 in Bezug auf die Einzelleistungsmerkmale 1) Arbeitsergebnisse und 4) Fachliche Kompetenz mit der Notenstufe „Sehr gut“ (= höchste der fünf Notenstufen) und in Bezug auf die übrigen vier Einzelleistungsmerkmale mit der zweithöchsten Notenstufe „Gut“,

- die unmittelbare Führungskraft P. bewertete die Antragstellerin für den restlichen elfmonatigen Zeitraum vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. August 2018 wie die Führungskraft O., nämlich in Bezug auf die Einzelleistungsmerkmale 1) Arbeitsergebnisse und 4) Fachliche Kompetenz mit der höchsten Notenstufe „Sehr gut“ und in Bezug auf die übrigen vier Einzelleistungsmerkmale mit der zweithöchsten Notenstufe „Gut“.

In der Begründung des Gesamturteils heißt es u.a. (S. 4), die Antragstellerin sei in der Zeit vom 1. September 2016 bis zum 4. Dezember 2016 „nicht im Einsatz“ gewesen.

Die Beigeladene zu 1., die ebenfalls in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 7 steht und auf einem nach der Besoldungsgruppe A 9 bewerteten Arbeitsposten eingesetzt war, erhielt in ihrer dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2018 (Beurteilungszeitraum: 1. September 2016 bis 31. August 2018) das Gesamturteil „Hervorragend“ (= höchste der insgesamt sechs Notenstufen) mit dem Ausprägungsgrad „Basis“ (= dritthöchster der drei Ausprägungsgrade). Die genannten sechs Einzelleistungsmerkmale wurden auf der - fünf Stufen umfassenden - Notenskala ebenfalls durchgängig mit „Sehr gut“ (= höchste der fünf Notenstufen) bewertet. Im Vorfeld dieser dienstlichen Beurteilung war eine Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft der Beigeladenen zu 1., Q., eingeholt worden; in dieser Stellungnahme wurde die Beigeladene zu 1. für den gesamten Beurteilungszeitraum (1. September 2016 bis 31. August 2018) in Bezug auf die Einzelleistungsmerkmale 3) Allgemeine Befähigung und 4) Fachliche Kompetenz mit der zweithöchsten Notenstufe „Gut“ und in Bezug auf die übrigen vier Einzelleistungsmerkmale mit der höchsten Notenstufe „Sehr gut“ bewertet.

Am 30. August 2019 entschied die H. insgesamt 11 Beamte der Einheit „Beteiligung K.“ in ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 zu befördern und verwies zur Begründung auf die entsprechende Beförderungsliste. Aus dieser Liste geht hervor, dass

- die ersten sieben ausgewählten Beamten (lfd. Nr. 1 bis 7 der Liste) in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2018 das Gesamturteil „Hervorragend“ (= höchste der insgesamt 6 Notenstufen) mit dem Ausprägungsgrad „+“ (= mittlerer von drei Ausprägungsgraden) erhalten haben,

- die achte ausgewählte Beamtin (lfd. Nr. 9 der Liste) in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2018 das Gesamturteil „Hervorragend“ mit dem Ausprägungsgrad „Basis“ (= dritthöchster von drei Ausprägungsgraden) erhalten hat,

- die neunte ausgewählte Beamtin (lfd. Nr. 10 der Liste) - die Beigeladene zu 1. - in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2018 ebenfalls das Gesamturteil „Hervorragend, Basis“ erhalten hat,

- die zehnte und elfte ausgewählte Beamtin (lfd. Nr. 13 und 15 der Liste) - die Beigeladenen zu 2. und 3. des erstinstanzlichen Verfahrens - in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. September 2018 - ebenso wie die Antragstellerin - das Gesamturteil „Sehr gut, +“ erhalten haben, in ihrer - insoweit als für die Auswahl maßgeblich angesehenen - Vorbeurteilung jedoch mit dem Gesamturteil „Sehr gut, Basis“ (Beigeladene zu 2. des erstinstanzlichen Verfahrens) und „Gut, Basis“ (Beigeladene zu 3. des erstinstanzlichen Verfahrens) bewertet worden waren und deshalb der Antragstellerin (lfd. Nr. 16 der Liste), die in ihrer Vorbeurteilung das Gesamturteil „Rundum zufriedenstellend, ++“ erhalten hatte, vorgezogen worden sind.

Am 30. Oktober 2019 teilte die H. der Antragstellerin mit, dass sie im Zuge der Beförderungsrunde 2019/2020 auf der Beförderungsliste „Beteiligung R.“ nach A 8 mit dem Ergebnis „Sehr gut +“ geführt werde. Für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 stünden auf der genannten Beförderungsliste, die 92 Beförderungsbewerber umfasse, insgesamt elf Planstellen zur Verfügung. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsplanstellen reiche nicht aus, um alle Beamten dieser Beförderungsliste zu befördern; es könnten neben Beamten mit einem besseren Gesamtergebnis nicht alle Beamte befördert werden, die mit „Sehr gut +“ bewertet worden seien; da eine weitere Differenzierung mittels Feinausschärfung nicht möglich gewesen sei, sei in einem weiteren Schritt die Vorbeurteilung heranzuziehen gewesen. Dies habe zu dem Ergebnis geführt, dass nur die in der Vorbeurteilung mit mindestens „Gut +“ beurteilten Beamten befördert werden könnten. Daher könne die Antragstellerin in dieser Beförderungsrunde nicht befördert werden.

Die Antragstellerin erhob unter dem 14. November 2019 durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung und hat am 15. Dezember 2019 bei dem Verwaltungsgericht Hannover insoweit um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht; dabei hat sie ihren Eilantrag auf die Auswahl der Beigeladenen zu 1. als der neunten ausgewählten Beamtin sowie der Beigeladenen zu 2. und 3. des erstinstanzlichen Verfahrens als der zehnten und elften ausgewählten Beamtin beschränkt. Die Antragstellerin hat ihre eigene aktuelle dienstliche Beurteilung nicht angegriffen, im Hinblick auf ihre Vorbeurteilung aber gerügt, dass diese fehlerhaft sei, weil Beurteilungsbeiträge der Bundesagentur für Arbeit nicht nachvollziehbar in das Beurteilungssystem der H. transformiert worden seien. Soweit die Antragsgegnerin meine, die Antragstellerin sei mit Einwänden gegen ihre Vorbeurteilung zum Stichtag 1. September 2016 unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ausgeschlossen, werde dem entgegengetreten. Wenn die Antragsgegnerin die Auswahlentscheidung auf das Ergebnis der Vorbeurteilung stütze, habe die Antragstellerin auch das Recht, die Richtigkeit dieser Vorbeurteilung anzugreifen, selbst wenn sie gegen diese seinerzeit keinen Widerspruch erhoben habe.

Ferner hat die Antragstellerin eingewandt, die aktuelle dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. sei fehlerhaft, weil das Gesamturteil nicht nachvollziehbar plausibilisiert worden sei: Die in der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. enthaltene Begründung sei formelhaft ohne inhaltlichen Aussagewert; es hätte gesondert und einzelfallbezogen begründet werden müssen, weshalb die Beigeladene zu 1. trotz des Umstandes, dass sie von ihrer unmittelbaren Führungskraft Q. in Bezug auf zwei Einzelleistungsmerkmale nur mit der zweithöchsten Notenstufe „Gut“ belegt worden sei, gleichwohl das Gesamturteil „Hervorragend, Basis“ erhalten habe. Eine solche Begründung fehle jedoch. Gerechtfertigt wäre maximal das Gesamturteil „Sehr gut, +“. Dann aber müsste die Beigeladene zu 1. aus dem Kreis der Auszuwählenden ausscheiden, weil für sie keine Vorbeurteilung vorhanden sei.

Auch die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen zu 2. und 3. Des erstinstanzlichen Verfahrens seien mangels hinreichender Plausibilisierung des Gesamturteils fehlerhaft und könnten der Auswahlentscheidung deshalb nicht zugrunde gelegt werden. Wenn das Beurteilungsergebnis „Hervorragend“ nur solchen Beamten vorbehalten sei, die höherwertig eingesetzt seien, deute dies darauf hin, dass die Beurteilungsliste falsch zusammengesetzt sei. Außerdem sei eine - wie hier geschehen - doppelte Berücksichtigung der Höherwertigkeit, nämlich sowohl bei der Bewertung der Einzelleistungsmerkmale als auch bei der Ermittlung des Gesamturteils, unzulässig.

Mit Beschluss vom 13. März 2020 hat das Verwaltungsgericht Hannover den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Es liege zwar ein Anordnungsgrund vor, die Antragstellerin habe jedoch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht.

Auf eine Fehlerhaftigkeit ihrer eigenen Vorbeurteilung zum Stichtag 1. September 2016 könne sich die Antragstellerin nicht berufen, weil sie ihr Recht, gegen diese dienstliche Beurteilung Einwendungen zu erheben, verwirkt habe.

Die aktuelle dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die in ihr enthaltene Begründung des Gesamturteils sei plausibel. Dass für die Beigeladene zu 1. keine Vorbeurteilung vorliege, sei unschädlich, weil die Beigeladene zu 1. der Antragstellerin bereits aufgrund des besseren Gesamturteils („Hervorragend, Basis“ statt „Sehr gut, +“) vorzuziehen gewesen sei.

Auch die Begründung des Gesamturteils in der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 2. des erstinstanzlichen Verfahrens sei hinreichend plausibel. Dies gelte auch für die Begründung des Gesamturteils der Vorbeurteilung dieser Beamtin.

Die Begründung des Gesamturteils in der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 3. des erstinstanzlichen Verfahrens sei ebenfalls nachvollziehbar. Zwar spreche einiges dafür, dass die Begründung des Gesamturteils in der Vorbeurteilung dieser Beamtin nicht den Plausibilisierungsanforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genüge. Dies wirke sich jedoch nicht aus, weil die Antragstellerin - wie ausgeführt - ihre eigene dienstliche Vorbeurteilung nicht mehr angreifen könne.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, die sie auf die Auswahl der Beigeladenen zu 1. beschränkt hat. Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen. Die Beigeladene zu 1. hat sich im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Die von ihr in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen die von der Antragstellerin begehrte Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung im tenorierten Sinne.

1. Der Beschwerde ist nicht der Erfolg zu versagen, weil sich der Eilantrag der Antragstellerin zwischenzeitlich erledigt hätte und ihr deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehlte.

Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren mitgeteilt (Beschwerdeerwiderung - BE - vom 23.4.2020, S. 2 [Bl. 192/Gerichtsakte - GA -]), dass in Bezug auf die - die Einheit „Beteiligung K.“ betreffende - Beförderungsrunde 2019/2020 nach der Besoldungsgruppe A 8 bei dem Verwaltungsgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 2 B 5381/19 noch ein weiteres Verfahren geführt worden sei; in diesem Verfahren sei vergleichsweise vereinbart worden, dass die Antragsgegnerin über das Beförderungsbegehren der dortigen Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheide, während sich die dortige Antragstellerin damit einverstanden erklärt habe, dass die ersten acht ausgewählten Bewerber der Liste befördert werden könnten, also auf die Geltendmachung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs in Bezug auf diese acht Bewerber verzichtet habe.

Aus diesem Vergleich ergibt sich indes - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin (so BE vom 23.4.2020, S. 2 [Bl. 192/GA]; BE vom 12.5.2020, S. 3f. [Bl. 201/GA]) - keine Erledigung des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Eine Erledigung des Eilverfahrens der Antragstellerin läge nur vor, wenn die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung vom 30. August 2010, soweit die Antragstellerin diese noch angreift, aufgehoben hätte. Dies ist indes nicht der Fall. Die Antragstellerin hat im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen gegen die Auswahl der neunten Beamtin - der Beigeladenen zu 1. (lfd. Nr. 10 der Beförderungsliste) - sowie der zehnten und elften Beamtin - der Beigeladenen zu 2. und 3. des erstinstanzlichen Verfahrens (lfd. Nr. 13 und 15 der Liste) - erhoben; im Beschwerdeverfahren hat sie ihre Einwendungen auf die Auswahl der Beigeladenen zu 1. als der neunten ausgewählten Beamtin beschränkt. Die Auswahl der ersten acht ausgewählten Beamten der Beförderungsliste, die Gegenstand des vor dem Verwaltungsgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 2 B 5381/19 geführten Verfahrens gewesen ist, ist von der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt angegriffen worden.

2. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

a) Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf abgehoben (Beschlussabdruck - BA -, S. 7f.), dass Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3). Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG), wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 13), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist.

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19; Beschluss vom 29.5.2020, a. a. O., Rn. 13). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte - wie etwa die Vorbeurteilung - abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2019 - 5 ME 158/19 -; Beschluss vom 29.5.2020, a. a. O., Rn. 13).

Die Verwaltungsgerichte haben - auch hiervon ist die Vorinstanz zutreffend ausgegangen (BA, S. 8f.) - im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Der Beamte oder Richter braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten; andererseits ist auch der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb „auszusetzen“, weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020, a. a. O., Rn. 14). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, welche Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002, a. a. O., Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2014 - 5 ME 110/14 -; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 33; Beschluss vom 29.5.2020, a. a. O., Rn. 14).

b) Mit Blick auf diese Grundsätze hält die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die von der Antragsgegnerin bzw. der H. zugunsten der Beigeladenen zu 1. getroffene Auswahlentscheidung sei rechtmäßig, der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Auswahlentscheidung ist zwar nicht schon deshalb fehlerhaft, weil die ihr zugrundeliegende aktuelle dienstliche Beurteilung der Antragstellerin fehlerhaft wäre - dazu unter aa -. Fehlerhaft ist jedoch die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende aktuelle dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. - dazu unter bb -. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung, der eine rechtmäßige dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. zugrunde liegt, zum Zuge kommen könnte - dazu unter cc -.

aa) Die Antragstellerin dringt nicht mit ihrer Auffassung durch (so Beschwerdebegründung - BB - vom 20.4.2020, S. 1 bis 3 [Bl. 182 bis 184/GA]), ihre eigene aktuelle dienstliche Beurteilung sei fehlerhaft, weil ein Zeitraum von 4,5 Monaten - und damit von fast 20 Prozent des Beurteilungszeitraums - nicht abgedeckt sei; diese Erkenntnislücke sei so erheblich, dass die aktuelle dienstliche Beurteilung nicht verwertbar sei.

Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17.7.2015 - 5 ME 99/15 -) sei „bereits eine Beurteilungslücke von 10,4 Prozent des Beurteilungszeitraums relevant“ in dem Sinne, dass eine Vergleichbarkeit mit den übrigen Beurteilungen der Vergleichsgruppe ausscheide (BB vom 20.4.2020, S. 2 [Bl. 183/GA]), lag jener Entscheidung die - mit dem Streitfall nicht vergleichbare - Fallkonstellation zugrunde, dass die dienstliche Regelbeurteilung des dortigen Antragstellers, der als Bundesbeamter an einer Beförderungsrunde der H. teilgenommen hatte, auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage beruht hatte. Ausgehend von dem Grundsatz, dass die Eignung aktueller dienstlicher Beurteilungen als Vergleichsgrundlage voraussetzt, die dienstliche Tätigkeit im maßgeblichen Beurteilungszeitraum vollständig zu erfassen, und ausgehend von dem weiteren Grundsatz, dass ein Beurteiler, der die Tätigkeit des zu Beurteilenden während des Beurteilungszeitraums nicht oder nicht vollständig aus eigener Anschauung kennt, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen hat, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, hatte der Senat im Beschwerdeverfahren zum Aktenzeichen 5 ME 99/15 eine Zeitspanne von 81 Tagen festgestellt, die trotz im Formulardeckblatt niedergelegter vorgeblicher Berücksichtigung tatsächlich nicht Gegenstand einer Stellungnahme einer unmittelbaren Führungskraft gewesen ist. Wegen dieser - mit Blick auf die Länge des Beurteilungszeitraums (25,5 Monate) nicht unwesentlichen - Erkenntnislücke, die zudem noch am Ende des Beurteilungszeitraums und damit in einem Bereich lag, in dem eine Leistungssteigerung gegenüber dem Beginn des Beurteilungszeitraums nicht ausgeschlossen erschien, hat der Senat die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende Regelbeurteilung des dortigen Antragstellers als fehlerhaft angesehen.

Aus dieser Entscheidung lässt sich für den Streitfall jedoch nichts ableiten. Denn in der - im vorliegenden Beschwerdeverfahren erstmals als Beurteilungsfehler gerügten - „Lücke“ von etwa 4,5 Monaten hat die Antragstellerin unstreitig keine beurteilungsfähige Arbeitsleistung erbracht. Im Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 4. Dezember 2016 war die Antragstellerin, die zuvor an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgeordnet gewesen war, ohne Beschäftigung; erst mit Wirkung vom 5. Dezember 2016 wurde ihr gemäß § 4 PostPersRG eine Tätigkeit bei der S. in M. -Stadt zugewiesen (Bl. 26ff./Beiakte 002). Vor diesem Hintergrund hätte die Stellungnahme ihrer unmittelbaren Führungskraft an sich den Zeitraum ab dem 5. Dezember 2016 - und nicht erst, wie geschehen, den Zeitraum ab dem 17. Januar 2017 - umfassen müssen. Dieser Umstand ist jedoch im Hinblick auf die Frage, ob eine zu einem Beurteilungsfehler führende „relevante Erkenntnislücke“ vorliegt, unbeachtlich, weil die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag (Antragsschrift vom 14.11.2019, S. 3 [Bl. 12/GA]) die Tätigkeit bei der S. aufgrund einer Erkrankung erst am 17. Januar 2017 aufgenommen hat. Beurteilungsfähige Leistungen der Antragstellerin lagen somit tatsächlich erst ab dem 17. Januar 2017 vor.

Soweit die Antragstellerin damit argumentiert, für den nicht abgedeckten Teil des Beurteilungszeitraums hätte eine fiktive Beurteilungsfortschreibung erfolgen müssen (BB vom 20.4.2020, S. 3 [Bl. 184/GA]), folgt der beschließende Senat dieser Argumentation ebenfalls nicht.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG sollen dienstliche Beurteilungen Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen sein und daher eine möglichst lückenlose Leistungsnachzeichnung gewährleisten. Werden während des Beurteilungszeitraums keine dienstlichen Leistungen erbracht, die Grundlage einer Beurteilung sein könnten, so kann der Dienstherr Benachteiligungen der betroffenen Beamten dadurch ausschließen, dass er die Fortschreibung vergangener Beurteilungen durch eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs des freigestellten Beamten vorsieht; hierbei kann er auch dem Gesichtspunkt einer zu erwartenden Leistungssteigerung im Rahmen des Vertretbaren Rechnung tragen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - BVerwG 2 C 11.09 -, juris Rn. 9 m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 13.10.2017 - 5 ME 153/17 -, juris Rn. 29). Hiervon ausgehend ist das - nunmehr auch in § 33 Abs. 3 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) geregelte - Rechtsinstitut einer fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen durch Verwaltung und Gerichte weiterentwickelt worden. Die fiktive Fortschreibung fingiert nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung, sie unterstellt auch eine Fortentwicklung der Leistungen des Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter. Damit prognostiziert sie, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt gewesen und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a. a. O., Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 13.10.2017, a. a. O., Rn. 29).

Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der „Konzernbetriebsvereinbarung zwischen der H. und dem Konzernbetriebsrat über die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen und Beamten bei der H.“ (Fassung vom 28.7.2017; Bl. 20ff./GA; im Folgenden: KBV) unterfallen nicht dem Geltungsbereich der Vereinbarung - also sind nicht zu beurteilen - Beamtinnen und Beamte, die während des gesamten Beurteilungszeitraums als Mitglied im Betriebsrat oder Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen voll freigestellt oder aus persönlichen Gründen freigestellt oder beurlaubt waren; die Regelungen des § 33 Abs. 3 BLV finden Anwendung (§ 1 Abs. 4 Satz 2 KBV) . Nach § 33 Abs. 3 BLV ist - wenn keine aktuelle dienstliche Beurteilung vorliegt - jedenfalls in den folgenden Fällen die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamtinnen und Beamten fiktiv fortzuschreiben:

1. […]

2. bei Elternzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit und

3. bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit weniger als 25 Prozent der Arbeitszeit beansprucht.

Diese Fallkonstellationen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor.

Ungeachtet dessen betrifft das Rechtsinstitut der fiktiven Beurteilungsfortschreibung besondere Ausnahmekonstellationen, in denen aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Freistellung entweder gar kein Dienst vorliegt oder aber die dienstliche Tätigkeit von ihrem Umfang her nicht repräsentativ ist, um die Qualifikation des Beamten für den gesamten Beurteilungszeitraum zu beurteilen (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 16.12.2015 - 5 ME 197/15 -, juris Rn. 23 [zu einem Personalratsmitglied]; Beschluss vom 13.10.2017, a. a. O., Rn. 34 (zu einer niedersächsischen Gleichstellungsbeauftragten). Auch in dem Fall, in dem bei teilweiser Freistellung die verbleibende dienstliche Tätigkeit keinen repräsentativen Umfang (mehr) hat, wird jedoch nicht - worauf der Vortrag der Antragstellerin, für den nicht abgedeckten Teil des Beurteilungszeitraums hätte eine fiktive Fortschreibung der Beurteilung veranlasst werden müssen, hindeutet - eine „Mischbewertung“ in dem Sinne vorgenommen, dass zu dem tatsächlich bewerteten Teil ein „fiktiv fortgeschriebener“ Teil hinzutritt und beide Teile in einer Gesamtbewertung zusammengeführt werden, sondern es findet auch in dieser Fallkonstellation insgesamt eine fiktive Beurteilungsfortschreibung im Sinne einer prognostischen Einschätzung statt. Dass es im Streitfall an einer belastbaren Tatsachengrundlage, die beurteilt werden könnte, fehlte, ist angesichts eines Zeitraums von 19,5 Monaten (= etwa 80 Prozent) des insgesamt 24-monatigen Beurteilungszeitraums, für den Stellungnahmen in Bezug auf tatsächliche Leistungen der Antragstellerin vorliegen, jedoch nicht ersichtlich.

bb) Die aktuelle dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. ist jedoch fehlerhaft, weil das dortige Gesamturteil nicht hinreichend begründet worden ist.

Das Gebot, bei der Erstellung der Beurteilung von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemeingültige Wertmaßstäbe zu beachten, erfordert es, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat (Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2008 - 5 LA 102/04 -, juris Rn. 4). Das Gesamturteil und die Bewertung der Einzelkriterien einer dienstlichen Beurteilung müssen in dem Sinne übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen ergibt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 13.14 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 21.12.2016 - BVerwG 2 VR 1.16 -, juris Rn. 39; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020, a. a. O., Rn. 37; Beschluss vom 29.5.2020, a. a. O., Rn. 44). Fehlt es an einer hinreichenden Plausibilisierung des Gesamturteils, so kann eine entsprechende Begründung nicht mehr im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (BVerwG, Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 51.16 -, juris Rn. 16ff.; Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 48; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020, a. a. O., Rn. 39).

Mit Blick auf diese Grundsätze hat die Antragstellerin mit ihrem Vortrag (BB vom 20.4.2020, S. 5 [Bl. 186/GA]),

die Berücksichtigung der höherwertigen Tätigkeit im Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. werde nur formelhaft mit einem Textbaustein begründet, der keine Rückschlüsse auf die individuell erbrachten Leistungen zulasse,

die Feststellung des Verwaltungsgerichts (BA, S. 11f.), die aktuelle dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1. sei nicht fehlerhaft, (noch hinreichend) in Frage gestellt.

Da mit einem höheren Statusamt regelmäßig die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind, kann im Grundsatz davon ausgegangen werden, der auf einem höherwertigen Dienstposten eingesetzte Beamte erfülle die geringeren Aufgaben seines Statusamtes in mindestens ebenso guter wenn nicht besserer Weise als die Anforderungen des höherwertigen Dienstpostens (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.8.2017 - 1 B 1132/16 -, juris Rn. 22; Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2018 - 5 ME 124/18 -; Beschluss vom 12.8.2019 - 5 ME 112/19 -; Beschluss vom 29.10.2019 - 5 ME 141/19 -). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Schlussfolgerung grundsätzlich im Hinblick auf alle nach dem jeweiligen Beurteilungssystem benoteten Einzelkriterien (hier: sechs) gilt, denn die mit der Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens einhergehenden gesteigerten Anforderungen werden sich in der Regel nicht nur bei bestimmten Einzelleistungsmerkmalen bemerkbar machen, sondern diese in der Gesamtheit betreffen (OVG NRW, Beschluss vom 17.8.2017, a. a. O., Rn. 22; Nds. OVG, Beschluss vom 25.2.2016 - 5 ME 217/15 -, juris Rn. 26; Beschluss vom 8.11.2018 - 5 ME 125/18 -; Beschluss vom 12.8.2019 - 5 ME 112/19 -; Beschluss vom 29.10.2019 - 5 ME 141/19 -). Vor diesem Hintergrund bedarf es einer nachvollziehbaren Begründung, wenn die Beurteiler lediglich einzelne Merkmale höher bewertet haben, als dies in der von der unmittelbaren Führungskraft vorgelegten, auf den höherwertigen Dienstposten bezogenen Stellungnahme geschehen ist. Die Begründung muss erkennen lassen, warum gerade diese Einzelleistungsmerkmale (und andere nicht) höher bewertet worden sind (OVG NRW, Beschluss vom 17.8.2017, a. a. O., Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2018 - 5 ME 125/18 -; Beschluss vom 12.8.2019 - 5 ME 112/19 -; Beschluss vom 29.10.2019 - 5 ME 141/19 -).

Diesen Anforderungen genügt die Begründung der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. nicht. Aus der Begründung der Einzelleistungsmerkmale geht hervor, dass die Einzelleistungsmerkmale 3) Allgemeine Befähigung und 4) Fachliche Kompetenz, welche in der Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft Q. mit der zweithöchsten Notenstufe „Gut“ bewertet worden sind, „aufgrund der an eine höherwertige Tätigkeit gestellten Anforderungen“ auf die höchste Notenstufe „Sehr gut“ heraufgesetzt worden sind; in Bezug auf die übrigen vier Einzelleistungsmerkmale, die von der unmittelbaren Führungskraft bereits mit „Sehr gut“ bewertet worden sind, finden sich indes keine Ausführungen zur Höherwertigkeit, insbesondere auch nicht in dem Sinne, dass insoweit eine „Heraufsetzung“ aufgrund der Höherwertigkeit nicht möglich gewesen sei. In der Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung wird die konkrete Bewertung der jeweiligen Einzelleistungsmerkmale vor dem Hintergrund der um zwei Besoldungsstufen höherwertigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im Beurteilungszeitraum ebenfalls nicht benannt.

In diesem Zusammenhang ist - worauf die Antragstellerin mit ihren Ausführungen (BA, S. 6 [Bl. 186/GA] sinngemäß Bezug nimmt - der rechtliche Grundsatz zu beachten, dass das Erfordernis der nachvollziehbaren Begründung des Gesamturteils aus den Einzelbewertungen insbesondere dann gilt, wenn die maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien für die Bewertung der Einzelkriterien einerseits und für das Gesamturteil andererseits verschiedene Beurteilungsskalen vorsehen, denn hier muss erläutert werden, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Enzelbewertungen gebildet wurde (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 36). Hieraus folgt, dass im Streitfall aufgrund der von der H. verwendeten fünfstufigen Skala hinsichtlich der Bewertung der Einzelkriterien einerseits und der sechs- bzw. (unter Berücksichtigung der Ausprägungsgrade) achtzehnstufigen Skala hinsichtlich der Bewertung des Gesamturteils andererseits eine Erläuterung des „Übertragungsvorgangs“ erforderlich ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19.7.2017 - 5 ME 39/17 -, juris Rn. 15). Die in der Begründung des Gesamturteils der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. enthaltenen Ausführungen sind in Bezug auf den „Übertragungsvorgang“ und der hierbei auch zu berücksichtigenden Höherwertigkeit der von der Beigegeladenen zu 1. im Beurteilungszeitraum ausgeübten Tätigkeit jedoch in der Tat formelhaft und daher nicht geeignet, das vergebene Gesamturteil nachvollziehbar zu begründen.

In der Passage, in der es wörtlich heißt:

„Das Gesamturteil wird im Vergleich zu der Bewertung der 5er-Notenskala in den Einzelmerkmalen in einer 6er-Notenskala gebildet. Im Gesamturteil kommt im oberen Leistungsspektrum im Vergleich zu den Einzelmerkmalen die Notenstufe 'Hervorragend' dazu. Die Bewertung 'Rundum zufriedenstellend' bildet dabei ein 100%iges Leistungs- und Befähigungsbild ab. Darüber hinaus wird das Gesamturteil mit den Ausprägungsgraden 'Basis', '+' und '++' gebildet. Der Ausprägungsgrad 'Basis' zeigt eine Tendenz zur nächstniedrigeren Notenstufe auf. Der Ausprägungsgrad '+' ist der Mittelwert. Der Ausprägungsgrad '++' signalisiert eine Tendenz zur nächsthöheren Note. Die Abstufung der 5er-Notenskala der Einzelnoten zu der 6er-Notenskala des Gesamturteils mit den Ausprägungsgraden ermöglicht eine weitere Differenzierung“,

werden lediglich die verwendeten Skalensysteme in abstrakter Weise verbal beschrieben ohne darzutun, nach welchen Kriterien der „Übertragungsvorgang“ erfolgt.

Der weitere Absatz,

„Die fünf Notenstufen unterhalb 'Hervorragend' nehmen in den Stellungnahmen und in der Beurteilung den gleichen Stellenwert ein. Die Schaffung der obersten, aufgesetzten Spitzennote 'Hervorragend' erfolgt vielmehr, um der Sondersituation bei der H. Rechnung zu tragen, dass dort ein großer Teil der Beamten höherwertig eingesetzt ist. Ohne eine weitere Notenstufe hätte die Notenvergabe, gerade für Beamte, die bereits die Höchstnoten in den Stellungnahmen erreicht hatten und zudem noch höherwertig eingesetzt sind, nicht im Vergleich zu anderen Beamten (die zwar gleich bewertet, aber nicht im gleichen Maße oder gar nicht höherwertig eingesetzt sind) angemessen und dem Leistungsgedanken entsprechend gestaltet werden können“,

beschreibt in allgemeiner Weise die sich in Beurteilungsfällen bei der H. stellende Besonderheit, dass - zum Teil auch deutlich - höherwertige Einsätze bei der Notenvergabe zu berücksichtigen sind, legt aber weder dar, nach welchen systematischen Vorgaben diese Berücksichtigung erfolgen soll, noch beinhaltet die zitierte Passage eine individuelle Begründung dahingehend, wie diese Berücksichtigung gerade im Beurteilungsfall der Beigeladenen zu 1. erfolgt ist.

Auch die weiteren Ausführungen in der Begründung des Gesamturteils der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. bleiben abstrakt und damit losgelöst vom konkreten Beurteilungsfall. Wenn es dort heißt:

„Nach Würdigung aller Erkenntnisse und unter Berücksichtigung der Höherwertigkeit der Funktion sowohl in den Einzelkriterien als auch im Gesamturteil wird das oben angegebene Gesamturteil festgesetzt.

Bei der Festlegung des Gesamtergebnisses werden alle Einzelmerkmale gleichmäßig gewichtet. Sämtliche Einzelmerkmale werden mit 'Sehr gut' bewertet. Im Hinblick darauf, dass die Beamtin in den Einzelmerkmalen überwiegend hervorzuhebende Leistungen erzielt hat, konnte in einer Gesamtbetrachtung aller Einzelmerkmale und im Vergleich mit den anderen Beamten der Beurteilungsliste das Gesamturteil 'Hervorragend Basis' vergeben werden“,

beinhaltet dies lediglich die Behauptung, dass das Gesamturteil „Hervorragend, Basis“ nach Würdigung aller Erkenntnisse und unter Berücksichtigung der Höherwertigkeit vergeben worden ist, begründet aber nicht konkret auf den Einzelfall der Beigeladenen zu 1. bezogen, warum sie, die in allen Einzelleistungsmerkmalen mit der Note „Sehr gut“ bewertet worden ist, im Gesamturteil die Spitzennote „Hervorragend, Basis“ (und nicht etwa eine Benotung nach „Hervorragend, +“ oder nach „Sehr gut, ++“ oder „Sehr gut, +“) erhalten hat. Dieses Begründungsdefizit zeigt sich insbesondere im Verhältnis zur Antragstellerin, die im Beurteilungszeitraum ebenfalls um zwei Besoldungsstufen höherwertig eingesetzt war und die ebenfalls in allen Beurteilungsmerkmalen mit der höchsten Notenstufe auf der fünfstufigen Skala, also mit „Sehr gut“, bewertet worden ist, im Gesamturteil aber auf der sechs- bzw. achtzehnstufigen Skala „nur“ die Bewertung „Sehr gut, +“ erhalten hat. Die Antragsgegnerin bzw. die H. hat also nicht nachvollziehbar erläutert, wie das Gesamturteil „Hervorragend, Basis“ aus den Einzelbewertungen gebildet worden ist.

Soweit das Verwaltungsgericht festgestellt hat (BA, S. 12),

durch die Beurteilung der Beigeladenen zu 1. mit dem Gesamturteil „Hervorragend“ solle „offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sie in der Stellungnahme ihrer Führungskraft schon in vier Einzelmerkmalen die Bestnote erhalten hatte“,

vermag der beschließende Senat der mit diesen Ausführungen vertretenen „Offensichtlichkeit“ des Gesamturteils „Hervorragend, Basis“ in Bezug auf die Beigeladene zu 1. nicht beizutreten. Zwar sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 37). Der beschließende Senat hat indes bereits in seinem Beschluss vom 8. November 2018 (- 5 ME 125/18 -) herausgestellt, dass er in Fällen, in denen das derzeitige Beurteilungssystem der H. angewendet worden ist, ein „Sich-Aufdrängen“ eines bestimmten Gesamturteils für nahezu ausgeschlossen hält. Denn dieses Beurteilungssystem ist - wie ausgeführt - durch eine Inkongruenz der einerseits für die Einzelleistungskriterien und andererseits für das Gesamturteil zur Anwendung gelangten Bewertungsskalen gekennzeichnet und enthält keinerlei abstrakt-generelle Vorgaben zum „Übertragungsvorgang“, also zu der Frage, wie die Beurteiler aus den - nach der fünfstufigen Skala erfolgten - Bewertungen der Einzelleistungsmerkmale das - nach einer sechs- bzw. achtzehnstufigen Skala festzusetzende - Gesamturteil herzuleiten haben. Bedarf es demnach zur Herleitung des Gesamturteils stets einer individuellen, substanzhaltigen Begründung, die den „Übertragungsvorgang“ ausgehend von den Umständen des Einzelfalls nachvollziehbar erläutert, erscheint bei Fehlen einer solchen individuellen Begründung bzw. bei Verwendung der aus der obergerichtlichen Rechtsprechung bekannten formel- bzw. floskelhaften Begründungen in dienstlichen Beurteilungen der H. ein „Sich-Aufdrängen“ eines bestimmten Gesamturteils kaum möglich (Nds. OVG, Beschluss vom 12.8.2019 - 5 ME 112/19 -; Beschluss vom 11.10.2019 - 5 ME 122/19 -; Beschluss vom 29.10.2019 - 5 ME 141/19 -). Dies gilt auch in Bezug auf die in der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1. verwendeten und von der Antragstellerin zu Recht als floskelhaft gerügten Begründung.

Dem beschließenden Senat ist durchaus bewusst, dass das Beurteilungserfordernis im Hinblick auf die bei der H. beschäftigten Beamten zu Schwierigkeiten führt, die sich in „normalen“ Beurteilungsfällen nicht stellen. Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Beurteilung von einem Beurteiler erstellt wird, der die Leistungen des zu Beurteilenden nicht aus eigener Anschauung kennt; in diesen Fällen sind Beurteilungsbeiträge Dritter heranzuziehen und durch den Beurteiler zu würdigen. Im „Normalfall“ dürfte dem Beurteiler jedoch die jeweilige beamtenrechtliche Tätigkeit jedenfalls in ihren Grundzügen bekannt sein, was in Bezug auf die bei der H. beschäftigten Beamten, die größtenteils aufgrund von Zuweisungen oder Beurlaubungen Tätigkeiten in der Privatwirtschaft wahrnehmen, deren Leistungsbeschreibung sich von herkömmlichen beamtenrechtlichen Tätigkeiten deutlich unterscheiden, nicht immer der Fall sein. Zusätzlich erschwert wird die Aufgabe der Beurteilungserstellung im Bereich der H. noch dadurch, dass viele der Beamten höherwertig beschäftigt werden, wobei zudem der Umfang höherwertiger Beschäftigung von einem Beamten zum anderen erheblich differieren kann (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 5.9.2017 - 1 B 498/17 -, juris Rn. 59). Hinzu tritt, dass die Inkongruenz der Notenskalen für die Einzelbewertungen und für das Gesamturteil die Begründung des Gesamtergebnisses noch einmal deutlich anspruchsvoller macht (ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 5.9.2017, a. a. O., Rn. 59). Gleichwohl rechtfertigen all diese - zum Teil „hausgemachten“ - Schwierigkeiten es nicht, die durch die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung insbesondere des Gesamturteils abzusenken oder sogar der Sache nach auf eine solche Begründung zu verzichten (ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 5.9.2017, a. a. O., Rn. 59).

Der beschließende Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 19. Juli 2017 (a. a. O., Rn. 22) ausgeführt, nicht nachvollziehen zu können, warum die Antragsgegnerin trotz der zahlreichen beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren, in denen unterlegene Bewerber um Beförderungsämter häufig erfolgreich gerügt haben, dass das in den jeweils angegriffenen dienstlichen Beurteilungen vergebene Gesamturteil nicht nachvollziehbar erläutert worden sei, davon absieht, zweifelsfrei, unmissverständlich, nachvollziehbar und für alle zu erstellenden Beurteilungen verbindlich darzustellen, wie sich die in ihren Beurteilungsrichtlinien verwendeten unterschiedlichen Bewertungsskalen bezogen auf das zu bildende Gesamturteil verhalten. Dies gilt weiterhin und gerade auch mit Blick auf die weitere Besonderheit, dass die bei der H. beschäftigten Beamten nicht nur - wie dies bei „klassischen“ Behörden der Fall ist - bisweilen und innerhalb ihrer Laufbahn höherwertig eingesetzt werden, sondern dass ein großer Teil jener Beamten höherwertig - und zwar teilweise deutlich, d. h. um mehrere Besoldungsstufen höherwertig und teilweise sogar laufbahnübergreifend - eingesetzt ist und dass - wie dem beschließenden Senat aus seiner Spruchpraxis bekannt ist - in zahlreichen Konkurrentenstreitverfahren aus dem Bereich der H. die fehlende Nachvollziehbarkeit des Gesamturteils auch im Hinblick auf höherwertige Einsätze gerügt worden ist. Es obliegt der Antragsgegnerin bzw. der H., den zur Überprüfung der dienstlichen Beurteilungen berufenen Verwaltungsgerichten ein insoweit stimmiges und schlüssiges System zu präsentieren; es ist hingegen nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, zu versuchen, aus der konkreten Vergleichsgruppe auf ein solches System zu schließen (so aber BA, S. 12).

cc) Da die Antragsgegnerin ein schlüssiges und nachvollziehbares System der Ermittlung des Gesamturteils durch Übertragung der Einzelbewertungen des fünfstufigen auf das insoweit maßgebliche sechs- bzw. achtzehnstufige System unter besonderer Berücksichtigung des Gesichtspunktes des höherwertigen Einsatzes nicht vorgelegt hat, erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Neubeurteilung der Beigeladenen zu 1., die - wie die Antragstellerin um zwei Besoldungsstufen höherwertig eingesetzt war und die wie die Antragstellerin in Bezug auf alle Einzelleistungsmerkmale mit „Sehr gut“ beurteilt worden ist – bei einer Neubeurteilung ebenfalls „nur“ das Gesamturteil „Sehr gut, +“ erhält. Dann aber wäre nach den maßgeblichen Beförderungsrichtlinien auf die Vorbeurteilung abzustellen, und insoweit hat die Antragstellerin - von der Antragsgegnerin unbestritten - erklärt, dass die Beigeladene zu 1. nicht über eine solche verfügt (BB vom 20.4.2010, S. 2, 5 [Bl. 183, 186/GA]). Da die Frage, wie die Antragsgegnerin dann weiter verfährt, derzeit offen ist (zur Frage, ob in einem Stellenbesetzungsverfahren der H. von Ziffer 4a der Beurteilungsrichtlinien [= Heranziehung der Vorbeurteilung] abgewichen werden darf, vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.11.2019 - 5 ME 134/19 -), lässt sich jedenfalls derzeit nicht feststellen, dass die Auswahl der Antragstellerin unter keinem Gesichtspunkt in Betracht kommt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der (unterlegenen) Beigeladenen zu 1. sind Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen, weil sie keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3, 1. Halbsatz VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie unterlegen ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beigeladenen zu 2. und 3. des erstinstanzlichen Verfahrens schon deshalb keinerlei Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen, weil sie an diesem nicht beteiligt waren.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (3. April 2020) geltenden Fassung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202), beträgt also die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (3. April 2020) maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 - m. w. Nw.) der Besoldungsgruppe A 8 in Höhe von 3.476,83 EUR (vgl. Anlage IV zu § 20 Abs. 2 Satz 2 BBesG in der seit dem 1. März 2020 geltenden Fassung vom 9. Dezember 2019). Dies zugrunde gelegt ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 20.860,98 EUR (3.476,83 EUR x 6); eine Halbierung für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 10.4.2015 - 5 ME 33/15).

Die Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug bemisst sich ebenfalls nach §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG in der Fassung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202); zum Zeitpunkt der Einleitung des ersten Rechtszugs (15. November 2019) betrug das hier maßgebliche (s. o.) Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 8 jedoch nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - 3.266,67 EUR, sondern 3.440,36 EUR (Anlage IV zu Abs. 20 Abs. 2 Satz 2 BBesG in der vom 1. April 2019 bis zum 29. Februar 2020 geltenden Fassung vom 8. November 2018. Dementsprechend war der Streitwert von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG) auf 20.642,16 EUR (3.440,36 EUR x 6) zu ändern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).