Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.06.2020, Az.: 1 MN 116/19

Folgekostenvertrag; Gesamtkonzept; Kausalität; Kinderlärm; Kindertagesstätte; Pflegekosten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.06.2020
Aktenzeichen
1 MN 116/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72015
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Aus § 22 Abs. 1a BImSchG folgt nicht, dass der von einer Kindertagesstätte ausgehende Lärm bei der Aufstellung eines Bebauungsplans nicht abwägungserheblich wäre.

Auf 20 Jahre kapitalisierte Pflegekosten für öffentliche Grünflächen können nicht durch Folgekostenvertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB) einem Vorhabenträger auferlegt werden; es fehlt regelmäßig am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Vorhaben und Maßnahme.

Eines gemeindlichen Gesamtkonzepts (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.1.2009 - 4 C 15.07 -, BVerwGE 133, 85) bedarf es nicht, wenn eine Folgemaßnahme aus Anlass der Errichtung eines einzelnen Neubaugebiets, in klarem räumlichem Bezug zu diesem und abgestimmt auf den von diesem ausgelösten Bedarf errichtet wird.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 2. April 2019 beschlossene Bebauungsplan „M. /N.“, L., wird bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragsteller vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zur Hälfte, die Beigeladenen tragen sie je zu einem Sechstel. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladenen jeweils selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die vorläufige Außervollzugsetzung des aus dem Rubrum ersichtlichen Bebauungsplans, der Grundlage für die Errichtung eines neuen Wohngebiets in unmittelbarer Nachbarschaft ihres Wohnhauses sein soll.

Das Plangebiet ist eine knapp 17 ha große bislang landwirtschaftlich genutzte Fläche östlich des Stadtteils O. im Süden der Antragsgegnerin. Die verkehrliche Anbindung dieses Ortsteils stellt sich in groben Zügen wie folgt dar: Östlich des Plangebiets, von diesem durch eine weitere landwirtschaftliche Fläche getrennt, verläuft in Nord-Süd-Richtung die P.. Parallel zu dieser bindet etwa 400 m westlich des Plangebiets die Q. (R.) O. an die innenstadtnäheren Stadtteile der Antragsgegnerin an. Zwischen dem Plangebiet und der Q. liegt das sog. S. viertel, ein durch den Bebauungsplan „T.“, U. aus dem Jahr 1978 festgesetztes allgemeines Wohngebiet. Plangebiet und S. viertel werden durch die in Nord-Süd-Richtung verlaufende M. getrennt, die ihrerseits durch die von Westen in sie einmündende V. im Norden sowie die W. im Süden an die Q. angebunden ist. Südlich der Einmündung der W. endet die M. in einem Wendehammer. Etwa 400 m südlich des Plangebiets verbindet der X. (Y.) die Q. mit der P. und setzt sich dann als Z. nach Osten fort. Zwischen dem Plangebiet und dem X. liegt ein von der AA. erschlossenes Gewerbegebiet. Etwa 200 m nördlich des Plangebiets endet der AB., der mit seiner nördlichen Verlängerung, dem AC., ebenfalls den Süden der Antragsgegnerin an die nördlicheren Stadtteile anbindet. Eine zunächst als Fuß- und Radweg sowie als Stadtbahndamm ausgebaute Verlängerung des AB. s quert das Plangebiet im Nordwesten, bildet als S. damm dann die Nordgrenze des S. viertels und mündet schließlich in die Q..

Die Antragsteller sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks an der Westseite des südlichen Endes der M.; von der Einmündung der W. in diese ist es durch ein Wohngrundstück getrennt. Die drei Beigeladenen beabsichtigen im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans in Abstimmung mit der Antragsgegnerin die Herstellung eines Neubaugebiets mit rund 265 Wohneinheiten in Einzel-, Doppel-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern.

Am 1. Dezember 2009 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplans. In der Folgezeit wurden von der Verwaltung der Antragsgegnerin verschiedene Möglichkeiten der Erschließung des Plangebiets geprüft. Mitte 2015 fand eine erste Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, Ende 2016 eine frühzeitige Bürgerbeteiligung statt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB schloss sich vom 14. März bis zum 16. April 2018, die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB vom 9. Oktober bis 9. November 2018 an. In seiner Sitzung am 2. April 2019 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Nach Ausfertigung durch den Oberbürgermeister am 3. April 2019 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss am 31. Mai 2019 öffentlich bekannt.

Der Bebauungsplan weist insgesamt 8,20 ha Baufläche als allgemeines Wohngebiet mit unterschiedlichen Ausnutzungskennziffern aus. Die Wohngebietsflächen werden von öffentlichen Grünflächen mit der Zweckbestimmung Parkanlage durchschnitten und eingerahmt. Die verkehrliche Anbindung erfolgt über die M. entlang der Westgrenze des Plangebiets, je eine Verlängerung der W. und V. (Planstraßen A und D) sowie von Süden über einen Anschluss an die AA.. Weitere Planstraßen dienen der Binnenerschließung. Im Südwesten des Plangebiets, gegenüber dem Grundstück der Antragsteller, ist eine Fläche für Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Kindertagesstätte festgesetzt. Diverse Festsetzungen regeln die Grünordnung im Plangebiet und auf einer Reihe in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogener Ausgleichsflächen. Eine mit dem Bebauungsplan erlassene örtliche Bauvorschrift regelt u.a. die Dachform im Plangebiet.

Im Vorfeld des Satzungsbeschlusses, am 26. März 2019, hatten die Antragsgegnerin, die Stadtentwässerung A-Stadt und die Beigeladenen einen notariellen städtebaulichen Vertrag (SV) geschlossen. Darin verpflichteten sich die Beigeladenen unter anderem zur Herstellung der Erschließungsanlagen im Plangebiet, die im Anschluss von der Antragsgegnerin übernommen werden sollten, und zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen. In § 5 des Vertrages ist die Durchführung weiterer Folgemaßnahmen bzw. die Übernahme von Folgekosten vereinbart. Nach § 5 II SV verpflichten sich die Beigeladenen zur Errichtung einer Kindertagesstätte auf der entsprechenden Gemeinbedarfsfläche mit 80 Plätzen; da der auf das Plangebiet entfallende Bedarf auf 74 Plätze berechnet wurde, sollte die Antragsgegnerin den Beigeladenen die Herstellungskosten zu 6/80 erstatten. In § 5 III SV übernehmen die Beigeladenen die Kosten einer Erweiterung der Grundschule O. um einen Zug (rd. 1,5 Mio. €) und einen Anteil an den Kosten eines noch einzurichtenden Ganztagsbetriebs (rd. 0,9 Mio. €); für den Fall einer Zuordnung des Baugebiets zu einem anderen Grundschuleinzugsbezirk verpflichten sich die Beigeladenen zu einem durch die o.g. Summen begrenzten anteiligen Beitrag zu erforderlichen Ausbaukosten an der dann zuständigen Grundschule. In § 14 Abs. 8 SV ist vorgesehen, dass die Beigeladenen die Betriebskosten für die öffentlichen Beleuchtungsanlagen bis zur Übernahme durch die Stadt tragen. In § 14 Abs. 14 SV verpflichten sich die Beigeladenen zur Zahlung eines zweckgebundenen Zuschusses zur Deckung des der Antragsgegnerin bereits entstandenen, auf rd. 44.000,- € beziffert en, umlagefähigen Aufwands für die erstmalige Herstellung der Fahrbahn, der Straßenentwässerung und Beleuchtung M.. In § 16 SV verpflichten sich die Beigeladenen, der Antragsgegnerin nach Fertigstellung die auf 20 Jahre kapitalisierten Pflegekosten der Grünanlagen im Plangebiet einschließlich der Ausgleichsflächen i.H.v. insgesamt 1,13 Mio. € zu erstatten.

II.

Der gegen den Plan gerichtete Normenkontrolleilantrag der Antragsteller hat Erfolg.

1.

Er ist zulässig, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht, reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse, berufen kann.

Einen solchen Belang stellt das Interesse der Antragsteller dar, von den mit der Ausnutzung der Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche „Kindertagesstätte“ unmittelbar gegenüber ihrem Grundstück verbundenen Lärmbelästigungen verschont zu bleiben. Der Senat kann offenlassen, ob bereits der mit dem Bring- und Abholverkehr einer solchen Einrichtung verbundene Verkehrslärm abwägungserheblich war. Zwar sieht die Ausführungsplanung der Beigeladenen die Zufahrt zur Kindertagesstätte nicht gegenüber dem Wohngrundstück der Antragsteller, sondern diesem gegenüber an der Planstraße D (Verlängerung der W.) vor. Durch Planfestsetzungen gesichert ist diese Verkehrsführung allerdings nicht. Der vom Bring- und Abholverkehr einer Kita mit rd. 80 Betreuungsplätzen ausgehende Lärm mag über den Tag gemittelt zwar geringfügig sein; er tritt jedoch gebündelt zu bestimmten Tageszeiten auf. Ob diese punktuellen Belastungen die Bagatellschwelle übersteigen, ist immerhin fraglich. Jedenfalls aber ist der vom unmittelbaren Kita-Betrieb ausgehende Lärm – wenn auch mit eher geringem Gewicht und ohne die Notwendigkeit einer konkreten Lärmprognose – abwägungserheblich. Die Ausführungsplanung der Beigeladenen sieht die Außenspielflächen der Einrichtung zur M. und damit zum Grundstück der Antragsteller hin vor; die M. ist an dieser Stelle mit ca. 18 m nicht so breit, als dass eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung des Antragstellergrundstücks ausgeschlossen wäre. § 22 Abs. 1a BImSchG ändert an der Abwägungserheblichkeit dieser Beeinträchtigung nichts. Er legt fest, dass die von Kindertagesstätten ausgehenden Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen sind. Damit ist jedoch lediglich die Zumutbarkeitsschwelle definiert; eine generelle Irrelevanz für das öffentliche Baunachbarrecht, die die planende Gemeinde berechtigte, die Lage einer Kindertagesstätte ohne jegliche Rücksicht auf Nachbarbelange festzulegen, ergibt sich daraus nicht.

Zweifel an der Erheblichkeit der Betroffenheit der Antragsteller ergeben sich allenfalls daraus, dass der Bebauungsplan „T.“ für das Grundstück der Antragsteller in seinen textlichen Festsetzungen (Sonstige Festsetzungen Nr. 2 a) vorsieht, dass die Baugrundstücke zur M. keine Fenster von Aufenthaltsräumen aufweisen dürfen. Die Aufklärung, ob diese 1978 in einem gänzlich anderen planerischen Kontext getroffene Festsetzung noch Geltung beanspruchen kann, verbietet sich allerdings im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung, zumal sich auch die Antragsgegnerin und die Beigeladenen auf diese Festsetzung nicht berufen haben.

2.

Der Normenkontrolleilantrag ist begründet.

Der Senat hat sich mit Beschluss vom 28.2.2020 - 1 MN 153/19 -, juris Rn. 15, dem vom 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung (Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381 = BauR 2015, 968 = juris Rn. 12; v. 16.9.2015 - 4 VR 2.15 -, BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, BauR 2019, 1442 = juris Rn. 4) vertretenen Prüfungsmaßstab für Anträge nach § 47 Abs. 6 VwGO angeschlossen. Zu prüfen sind danach zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist.

a)

Die Erfolgsaussichten eines Hauptsacherechtsbehelfs der Antragsteller sind hoch. Der Bebauungsplan der Antragstellerin leidet voraussichtlich an zumindest einem Abwägungsmangel, der zur Unwirksamkeit des Plans führen dürfte. Der Rat hat die mit der Planung verbundenen Auswirkungen auf den städtischen Haushalt in einem über den Bagatellbereich hinausgehenden Umfang verkannt, da er von der Wirksamkeit des § 16 Abs. 1 des städtebaulichen Vertrages mit den Beigeladenen ausgegangen ist.

Die darin vereinbarte Übernahme der auf 20 Jahre kapitalisierten Pflegekosten der allgemeinen öffentlichen Grünflächen einschließlich integrierter Kinderspielflächen, des Jugendplatzes und der öffentlichen Straßenraumbegrünung sowie der Ausgleichsflächen wird sich voraussichtlich als unwirksam erweisen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB kann Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen sein, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Der Senat lässt dahinstehen, ob die langfristige Pflege öffentlicher Grünflächen – anders als etwa eine anfängliche Fertigstellungs- und Entwicklungspflege – noch als „städtebauliche Maßnahme“ i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 BauGB angesehen werden kann (skeptisch insoweit Mitschang, BauR 2003, 183). Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen Vorhaben und Maßnahme (ebenso OLG Hamm, Urt. v. 12.12.2002 - 22 U 81/02 -, juris Rn. 30; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 11 BauGB Rn. 159, Stand: Februar 2017; Bank, in: Brügelmann, § 11 BauGB Rn. 73, 74, Stand: Februar 2014). Das Kausalitätserfordernis als Voraussetzung für die Wirksamkeit von Folgekostenverträgen soll einerseits den „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ verhindern, d.h. sicherstellen, dass planende Gemeinden sich in ihrer Abwägung nicht von der Verlockung beeinflussen lassen, dass Bauwillige ihr im Gegenzug für die Einräumung von Baurecht Maßnahmen finanzieren, die die Gemeinde anderenfalls selbst bezahlen müsste. Gleichzeitig soll es den Bauwilligen ermöglicht werden, der Gemeinde Kosten abzunehmen, die sie abwägungsfehlerfrei zum Anlass nehmen könnte, von einer Bauleitplanung abzusehen. Mit Blick auf die Kosten der laufenden Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen gilt dabei: Je weiter der Unterhaltungszeitraum in die Zukunft ausgedehnt wird, desto schwerer fällt es, einen nach den vorgenannten Maßgaben relevanten Kausalzusammenhang zu konstruieren. Die Ausweisung eines neuen Baugebiets hat regelmäßig den Zuzug von Einwohnern zur Folge, aus deren Abgaben die Unterhaltung der ihren Bedürfnissen dienenden öffentlichen Einrichtungen finanziert werden kann. Die Abwälzung der Unterhaltungskosten auf einen Vorhabenträger liefe darauf hinaus, dass die Gemeinde dauerhaft ein Baugebiet mit denselben fiskalischen Vorteilen, aber ohne die finanziellen Lasten ihrer „Altbaugebiete“ erhielte. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob es vor diesem Hintergrund zulässig ist, in einer Anfangsphase, in der einer Gemeinde für ein Baugebiet bereits vor dessen weitgehender Ausnutzung die vollen Unterhaltskosten entstehen, diese jedenfalls teilweise vertraglich dem Vorhabenträger aufzuerlegen. Ein Zeithorizont von 20 Jahren ist aber in jedem Fall deutlich zu lang bemessen (ebenso Kukk, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 11 Rn. 51). Aus dem von der Antragsgegnerin angeführten Urteil des BGH vom 18.9.2009 - V ZR 2/09 -, NVwZ 2010, 398 = juris Rn. 16 f. ergibt sich nichts Gegenteiliges. Daraus, dass der BGH einen Beitrag zu Einrichtungen der Tourismusinfrastruktur wegen seiner zeitlichen und gegenständlichen Unbestimmtheit für unwirksam erachtet hat, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass eine in diesen Punkten bestimmte Regelung wirksam sein muss.

Die Unwirksamkeit des Folgekostenvertrags in diesem Punkt begründet einen beachtlichen Abwägungsmangel. Die Antragsgegnerin hat die Übernahme der kapitalisierten Pflegekosten als hinreichend gewichtig angesehen, um sie als Punkt 8.2.4 und 8.2.5, jeweils letzter Absatz, in die Planbegründung, die die wesentlichen, die Abwägungentscheidung tragenden Erwägungen wiedergeben soll, aufzunehmen. Der Gesamtbetrag in einer Größenordnung von rund einer Million Euro liegt auch für eine Stadt der Größe der Antragsgegnerin oberhalb eines Bagatellbereichs, für den ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis von vornherein ausschiede. Angesichts der Gesamtkosten und -vorteile der Planverwirklichung mag der Vortrag der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren, ihr Rat hätte die Planung nicht von der Finanzierung einer solchen Summe abhängig gemacht, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben; offenkundig im dem Sinne, dass sich eine Abwägungserheblichkeit nach § 214 Abs. 3 Satz 2, 1. Hs. BauGB ausschließen ließe, ist dies nicht.

b)

Die voraussichtliche Unwirksamkeit des Bebauungsplans rechtfertigt vorliegend dessen vorläufige Außervollzugsetzung. Ein entsprechendes Interesse der Antragsteller besteht; die Nachteile, die mit dem weiteren Planvollzug verbunden sind, bestehen im Wesentlichen in der (bereits in der Bauphase lärmintensiven) Errichtung der Kindertagesstätte gegenüber ihrem Wohngrundstück und der Entstehung von Wohnungen, deren Bedarf an Betreuungsplätzen nach Fertigstellung eine Inbetriebnahme der Einrichtung erwarten lässt. Dass diese Entwicklungen insgesamt erst nach einer Hauptsacheentscheidung des Senats eintreten könnten, ist weder von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen dargelegt, noch sonst ersichtlich. Der Außervollzugsetzung stehen keine hinreichend gewichtigen Interessen der Antragsgegnerin oder Dritter an der vorläufigen Ausnutzung des Bebauungsplans gegenüber. Das Interesse an der Umsetzung eines mit hoher Wahrscheinlichkeit abwägungsfehlerhaft zustande gekommenen Bebauungsplans wiegt generell gering. Die vorläufige Außervollzugsetzung ermöglicht es dem Rat der Antragsgegnerin, in Kenntnis der tatsächlichen Kostenfolgen seinen Willen zur Planaufstellung zu bekräftigen oder aber zu revidieren. Sollte das erstere seiner Absicht entsprechen, ist die Heilung des Bebauungsplans, für die es keiner erneuten öffentlichen Auslegung bedürfte, ohne großen Zeitverzug möglich. Im letzteren Fall wäre eine Außervollzugsetzung erst recht angezeigt.

3.

Nur vorsorglich, für den Fall eines Heilungsversuchs der Antragsgegnerin, weist der Senat daher zu den übrigen Angriffen der Antragsteller gegen den Bebauungsplan auf folgendes hin:

a)

Ein Verfahrensfehler liegt voraussichtlich nicht in den Änderungen an den textlichen Festsetzungen VII.4.2 und VII.6.1 nach Durchführung der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB, ohne erneutes Beteiligungsverfahren. Die Änderungen betreffen die Zulassung einer Selbstbegrünung geeigneter Flächen am AD. im Rahmen der Entwicklung blütenreicher halbruderaler Gras- und Staudenfluren bzw. die Bewirtschaftungsweise und den Erneuerungsturnus der Einsaat der Ausgleichsfläche im Geltungsbereich E mit der „AE.“. Aus Sicht des Senats spricht Überwiegendes dafür, dass diese in sinngemäßer Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erfordernis einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung (Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 2.87 -, NVwZ 1988, 822; v. 18.4.2016 - 4 BN 9.16 -, ZfBR 2016, 489 [OVG Nordrhein-Westfalen 03.12.2015 - 2 D 91/14.NE]; v. 31.7.2018 - 4 BN 41.17 -, juris Rn. 6; v. 3.1.2020 - 4 BN 25.19 -, juris Rn. 7) keinen erneuten Beteiligungsbedarf der Träger öffentlicher Belange auslösten, weil sie auf Anregungen eines solchen Trägers (des BUND bzw. der Abteilung Umweltschutz der Antragsgegnerin) zurückgehende Optimierungen der Maßnahmen darstellen, die keine Belange anderer Träger nachteilig berühren.

b)

Die textlichen Festsetzungen wurden entgegen der Vermutung der Antragsteller ausweislich der Planaufstellungsvorgänge öffentlich ausgelegt (BA 003 Bl. 749 ff., dort als „Auslegungsexemplar“ gestempelt).

c)

Ob die Auslegungsbekanntmachung vom 1. Oktober 2018 im Rahmen des Hinweises auf verfügbare umweltbezogene Informationen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB namentlich auf Feldhamsteruntersuchungen sowie auf Blüten- und Farnpflanzen als Gegenstand des landschaftspflegerischen Fachbeitrags hätte hinweisen müssen, kann dahinstehen; in jedem Fall handelte es sich dabei nur um einzelne Angaben dazu, welche Arten von umweltbezogenen Informationen verfügbar sind, so dass ein daraus resultierender Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BauGB unbeachtlich wäre.

d)

Die Bedeutung des Wortes „bzw.“ in den textlichen Festsetzungen II.7 und V.6 ist ohne weiteres ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Darlegungen der Beigeladenen (S. 6 der Antragserwiderung vom 15. Januar 2020) bzw. der Antragsgegnerin (S. 7 unten/8 oben der Antragserwiderung vom 5. Februar 2020) Bezug genommen. Gleiches gilt für den Begriff der „jeweiligen Fassadenbreite“. Zu Recht verweisen die Beigeladenen auf die vergleichbare Regelung in § 5 Abs. 3 Nr. 2 NBauO.

Auch der in der textlichen Festsetzung Nr. II.11 benannte Höhenbezugspunkt der „nächstgelegenen öffentlichen Verkehrsfläche oder nächstgelegenen privaten Verkehrsfläche an dem Punkt der Straßenbegrenzungslinie, der der Mitte der straßenzugewandten Gebäudeseite am nächsten liegt“ bei Eckgrundstücken dürfte hinreichend bestimmt definiert sein, selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Gebäude nicht nur gleich weit von zwei Erschließungsstraßen entfernt ist, sondern auch beiden einen Haupteingang zuwendet. Der Senat hat bereits in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen die Auslegung nicht die vorrangige Berücksichtigung einer bestimmten Straßenseite ergibt, davon auszugehen sein dürfte, dass das Gebäude die Höhenbegrenzung mit Blick auf beide Erschließungsstraßen einhalten muss (Senatsurt. v. 26.10.2016 – 1 KN 6/15 -, BauR 2017, 202 = juris Rn. 46, sowie tendenziell auch Urt. v. 14.5.2019 – 1 KN 101/17 -, juris Rn. 73). Das dürfte auch hier gelten.

e)

Die – von der Antragsgegnerin eingeräumte und mittlerweile geheilte – ursprüngliche formelle Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift zur Dachform führt nicht zur Abwägungsfehlerhaftigkeit des Bebauungsplans. Die Antragsteller möchten das Gegenteil daraus ableiten, dass die Antragsgegnerin auf S. 95 der Planbegründung erklärt habe, mit der Anordnung von Flachdächern im Westen des Plangebiets die hier erstrebte Errichtung von Mehrfamilienhäusern ermöglichen zu wollen. Selbst wenn man den Wirkzusammenhang „Zulassung von Flachdächern erlaubt Staffelgeschosse, Staffelgeschosse erlauben Mehrfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser entsprechen im Westen des Plangebiets dem planerischen Willen“ nachvollzöge, ergäbe sich aus einer Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift kein Abwägungsfehler; denn auch in diesem Fall wären Flachdächer zulässig.

f)

Hinreichende Anhaltspunkte für einen Abwägungsfehler in Gestalt eines sog. „Etikettenschwindels“ bei der Festsetzung eines Allgemeinen Wohngebiets bestehen nicht. Ein solcher liegt vor, wenn die Gemeinde eine bestimme Festsetzung nur wählt, um auf dem Papier ein stimmiges Konzept – typischerweise hinsichtlich der Immissionsverträglichkeit des Baugebiets – einzuhalten, tatsächlich aber die mit dieser Festsetzung verbundene Planausnutzung nicht wünscht (vgl. sinngemäß Senatsurteil vom 24.4.2002 - 1 K 1948/00 -, ZfBR 2002, 689 = juris Rn. 19 m.w.N.). Ein beachtlicher Abwägungsfehler kann nur dann angenommen werden, wenn die vom Festgesetzten abweichende Planungsabsicht der Gemeinde entweder ausdrücklich erklärt wird oder zwingend aus den faktischen Ausnutzungsmodalitäten des Plangebiets folgt. Die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets kann vor diesem Hintergrund einen Etikettenschwindel darstellen, wenn die Realisierung der ein solches Gebiet vom reinen Wohngebiet unterscheidenden nicht störenden gewerblichen Nutzungen durch weitere Festsetzungen faktisch vereitelt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Unstreitig steht im Vordergrund der planerischen Überlegungen der Antragsgegnerin die Schaffung von Wohnraum. Allerdings hat sie in der Planbegründung (S. 61) ausdrücklich auch die Möglichkeit der Ansiedlung anderer wohnverträglicher Nutzungen begrüßt; dem entspricht die keineswegs auf einen faktischen Ausschluss hinauslaufende Feinsteuerung dieser Nutzungen in den textlichen Festsetzungen I.1 bis I.6. Die Breite der Haupterschließungsstraßen des Baugebiets mag Lieferverkehr mit Großfahrzeugen erschweren; viele im allgemeinen Wohngebiet zulässige Nutzungen benötigen solchen jedoch nicht. Auch die Nachbarschaft zu Einkaufsmöglichkeiten im nahegelegenen Gewerbegebiet (Kaufland) schließt die Ansiedelung nicht störender Gewerbe- und Handwerksbetriebe (z.B. Bäcker, Friseure) nicht schlechthin aus.

g)

Ein beachtlicher Abwägungsfehler ergibt sich nicht aus einer möglichen Unwirksamkeit von für das südliche Gewerbegebiet festgesetzten Lärmemissionskontingenten nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BauR 2018, 623 = juris Rn. 15), nach der eine Emissionskontingentierung nach § 1 Abs. 4 BauNVO nur zulässig ist, wenn wenigstens eine faktisch unbeschränkte Fläche im gegliederten Bereich verbleibt. Selbst wenn der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet dem nicht gerecht würde, würde dies sich im Ergebnis nicht auf die Abwägung des Rats der Antragsgegnerin zur voraussichtlichen Lärmbelastung des hier in Rede stehenden Plangebiets auswirken. Eine unwirksame Emissionskontingentierung lässt sich durch Bezugnahme auf eine nicht mit Emissionskontingenten belegte Fläche außerhalb des Plangebiets – wie sie in einer so großen Stadt wie der Antragsgegnerin zweifellos vorhanden ist – in der Planbegründung ohne inhaltliche Änderungen und in kurzer Frist heilen (Senatsurt. v. 15.11.2018 – 1 KN 29/17 –, NVwZ-RR 2019, 631 = juris Rn. 37 ff.). Hätte der Rat der Antragsgegnerin die Unwirksamkeit des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet bei Abwägung des vorliegenden Plans erkannt, hätte er offenkundig die Möglichkeit einer solchen Heilung in Betracht gezogen. Im Übrigen müssten selbst ohne wirksame Festsetzung eines Lärmkontingents künftige Vorhaben im Gewerbegebiet – bei Bestandsvorhaben ist ohnehin von einer Einhaltung der bislang als wirksam erachteten Lärmkontingentierung auszugehen – über das Gebot der Rücksichtnahme die Schutzansprüche des Wohngebiets berücksichtigen.

h)

Ob die Entscheidung für die Erschließung des Plangebiets in der festgesetzten Form frei von Abwägungsfehlern ist, bedarf angesichts des Umstandes, dass die folgenden Ausführungen allenfalls für ein ggf. beabsichtigtes Heilungsverfahren Bedeutung haben, keiner abschließenden Entscheidung.

Der Senat merkt allerdings an, dass die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die mit einer Anbindung des Plangebiets an den AB. verbundenen Kosten nicht auf die Beigeladene hätten übertragen werden können, weil diese Variante wegen besser geeigneter Varianten städtebaulich und verkehrlich nicht erforderlich sei, Bedenken begegnet. Die Entscheidung, welche Erschließungsvariante sie für die städtebaulich vorzugswürdige hält, liegt grundsätzlich im Rahmen der gemeindlichen Planungshoheit. Lediglich dann, wenn die Anbindung an den AB. schlechthin nicht abwägungsfehlerfrei beschlossen werden könnte, scheidet auch eine Kostenabwälzung auf den Vorhabenträger aus. Dafür ist hier nichts Hinreichendes ersichtlich. Die Entscheidung, auf eine Anbindung an den AB. zu verzichten, ist aus den in der Planbegründung neben dem Kostentragungsargument genannten weiteren Gründen gut nachvollziehbar; dass eine stärkere Betonung des Ruhebedürfnisses der Altanwohner und der unmittelbaren Anbindung des Baugebiets an die Innenstadt aber schlechthin unvertretbar gewesen wäre, lässt sich nicht feststellen. Liegt es mithin in der Planungshoheit der Gemeinde, den Ausbau des AB. s zur notwendigen Folgemaßnahme der Entwicklung des Plangebiets zu erklären, so begrenzt lediglich das Gebot der Angemessenheit zwischen dem von den Beigeladenen erhofften Planungsvorteil und der Folgemaßnahme bzw. der Gesamtheit der Folgemaßnahmen die Möglichkeit einer Kostenabwälzung. Dass diesem Gebot bei Mehrkosten von 1,5 bis 2,0 Mio. € (Planbegründung S. 22) nicht mehr genügt wäre, ist angesichts des wirtschaftlichen Gesamtvolumens des Vorhabens nicht ohne nähere Darlegungen erkennbar.

Erhebliches spricht dafür, dass eine mögliche Fehlvorstellung des Rats der Antragsgegnerin über die von dieser zu tragenden Kosten einen beachtlichen Abwägungsfehler begründet. Der Antragsgegnerin und den Beigeladenen ist darin zuzustimmen, dass das Kostenargument nur einer unter verschiedenen gegen eine Anbindung an den AB. ins Feld geführten Gesichtspunkten war und dass das Argument dahin weitergeführt werden könnte, dass eine Kostenübernahme durch die Beigeladenen mittelbar den ebenfalls unerwünschten Effekt einer Verteuerung der Baugrundstücke hätte. Der letztere Gedanke findet in der Planbegründung indes keinen Niederschlag. Ob diese hinreichende Anhaltspunkte dafür bietet, dass der Rat die mit einer Anbindung an den AB. verbundenen Planvarianten auch unabhängig vom Kostenargument abgelehnt hätte, ist auch mit Blick auf S. 24 der Planbegründung zweifelhaft.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die von den Antragstellern als Anlagen 4.1 bis 4.3 zur Akte gereichten Alternativplanungen einer Bürgerinitiative, der die Antragsteller angehören, nicht zum Gegenstand ihrer Abwägung gemacht hat, dürfte keinen Abwägungsfehler begründen. Diese beinhalten ein gegenüber dem beschlossene Plan wesentlich erweitertes Projekt, das die Ausweisung umfangreicher Gewerbeflächen zwischen dem Plangebiet und der P. einschließt. Auf die Aufgabe, anlässlich der Verkehrskonzeption für ein überschaubares Wohngebiet die Vor- und Nachteile eines inhaltlich gänzlich andersartigen und wesentlich ambitionierteren städtebaulichen Vorhabens zu prüfen und abzuwägen, musste sich die Antragsgegnerin nicht einlassen. Soweit die Planungen der Bürgerinitiative ein Verkehrskonzept – Erschließung über die AA. und/oder den AB. – beinhalten, sind diese in ihren Vor- und Nachteilen als Erschließungsvarianten B, C und C3 in die Abwägung eingegangen. Konkrete Vorteile dieser Varianten, die der Rat verkannt haben könnte, sind der Antragsbegründung nicht zu entnehmen.

i)

Gewisse Bedenken hat der Senat ferner, ob nicht weitere für die Finanzierungsvorstellungen des Rates der Antragsgegnerin maßgebliche Bestimmungen des städtebaulichen Vertrags vom 26. März 2019 unwirksam sein könnten.

aa)

Diese Bedenken betreffen nicht die Verpflichtung der Beigeladenen zur Errichtung einer Kindertagesstätte (§ 5 II SV). Der Einwand der Antragsteller, nach der Rechtsprechung setze ein wirksamer Folgekostenvertrag ein – hier fehlendes – vom Rat der vertragschließenden Gemeinde getragenes Gesamtkonzept voraus, aus dem sich der Bedarf für die vertragsgegenständliche Folgemaßnahme schlüssig ergebe, überzeugt nicht. Dies ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Beigeladenen sich im städtebaulichen Vertrag vom 26. März 2019 nicht zur Übernahme von Folgekosten i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, sondern unmittelbar zur Errichtung der Kindertagesstätte verpflichtet haben. Denn auch ein solcher Folgelastenvertrag als Unterform des Durchführungsvertrages i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass die Kosten der städtebaulichen Maßnahme Voraussetzung oder Folge des von dem gemeindlichen Vertragspartner geplanten Vorhabens sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl., § 11 Rn. 30 a.E.). Das setzt voraus, dass die Maßnahme einen vom Vorhaben ausgelösten Bedarf deckt, die Gemeinde ihren Beitrag zur Ermöglichung des Vorhabens (i.e. die Baugebietsausweisung) also ohne Durchführung der Maßnahme abwägungsfehlerfrei ablehnen könnte. Das Erfordernis der Kausalität zwischen Maßnahme und Vorhaben ergibt sich aus dem Anliegen, einen Missbrauch des Instruments des Folgekosten-/Folgelastenvertrags zur Erhebung einer „Zuzugsabgabe“ und damit letztlich einem Ausverkauf von Hoheitsrechten zu verhindern.

Anders als die Antragsteller meinen, setzt dies allerdings nicht in jedem Fall ein vom Rat der vertragschließenden Gemeinde getragenes Gesamtkonzept zur Zuordnung des von ihren Einrichtungen gedeckten Bedarfs zu bestimmten künftigen Vorhaben voraus. Ein solches fordert die Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 18.2.2016 - 1 LC 28/12 -, DVBl. 2016, 983 = BauR 2016, 1270 = juris Rn. 107 ff.) wie die des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 29.1.2009 - 4 C 15.07 -, BVerwGE 133, 85 = NVwZ 2009, 1109 = juris Rn. 30 ff.) in Fällen, in denen die Zuordnung der Maßnahme zum vom Vorhaben ausgelösten Bedarf sich nicht ohne weiteres erschließt, namentlich wenn die Maßnahme den Gesamtbedarf mehrerer Baugebiete deckt; in diesem Fall bedarf es einer nachvollziehbaren Darlegung, weshalb das zum Satzungsbeschluss berufene Organ sich in seiner Entscheidung gerade von der Durchführung oder Nichtdurchführung der Maßnahme würde beeinflussen lassen.

So liegt der Fall hier nicht. Die Kindertagesstätte wird erst aus Anlass der Planung, in klarem räumlichem Bezug zum geplanten Baugebiet und abgestimmt auf den von diesem ausgelösten Bedarf errichtet. Die von den Antragstellern in Bezug genommene interne Stellungnahme des Fachbereichs 51 der Antragsgegnerin vom 3. August 2015 stützt diese Annahme eher, als dass sie sie in Frage stellt. Der dort errechnete Bedarf von 47-51 Kita-Plätzen bei 160 Wohneinheiten entspricht dem im städtebaulichen Vertrag auf der Grundlage der im Baugebiet voraussichtlich entstehenden 265 Wohneinheiten veranschlagten Bedarf von 74 Plätzen. Soweit der Fachbereich 20 der Antragsgegnerin in seiner Stellungnahme vom 16. April 2018 vom Erfordernis eines Gesamtkonzepts spricht, bezieht sich dies auf die Option, eine von beiden Investoren(gruppen) getragene Einrichtung für das vorliegende und das Baugebiet O. -Süd gemeinsam zu schaffen.

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob sich aus der Stellungnahme vom 16. April 2018 hinreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass für das Baugebiet O. -Süd eine Kindertagesstätte errichtet wurde, die den Bedarf beider Baugebiete aufnehmen kann, es für das streitgegenständliche Baugebiet mithin entgegen der Vorstellung des Antragsgegners überhaupt keines Kita-Neubaus bedurft hätte. Dies würde zwar die Kausalität zwischen Maßnahme und Vorhaben in Frage stellen, da der Rat in diesem Fall die Planung nicht abwägungsfehlerfrei unter Berufung auf fehlende Kita-Plätze hätte ablehnen können. Daraus ergibt sich aber, dass eine insoweit etwa bestehende Fehlerhaftigkeit des Folgekostenvertrags nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen würde. Denn wenn der Bedarf des Baugebiets an Kita-Plätzen bereits anderweitig gedeckt wäre, hätte für den Rat selbst im Falle einer Unwirksamkeit der Folgelastenvereinbarung und der daraus folgenden Möglichkeit, dass die Beigeladenen die Errichtung der neuen Kita verweigerten, kein Anlass bestanden, auf die Ausweisung des Baugebiets zu verzichten. Anhaltspunkte dafür, dass der Rat sich von der Erwägung hat leiten lassen, der städtebauliche Vertrag werde ihm gleichsam „auf Vorrat“ ein derzeit nicht benötigtes Kitagebäude verschaffen, bestehen nicht.

bb)

Die Regelung zur vertraglichen Übernahme der Kosten von Schulerweiterungsmaßnahmen (§ 5 III SV) im städtebaulichen Vertrag vom 26. März 2019 begegnet hingegen Bedenken. Diese beziehen sich nicht auf die Kosten für eine Erweiterung der Grundschule O. um einen weiteren Zug. Wie im Falle der Kindertagesstätte ist hier der – im Vertrag nachvollziehbar dargestellte – Kausalzusammenhang zwischen Vorhaben und Maßnahme evident und muss nicht erst durch ein städtebauliches Gesamtkonzept hergestellt werden. Gleiches gilt für die Auffangklausel für den Fall der Zuordnung des Neubaugebiets zu einem anderen Schulbezirk (§ 5 III vorletzter Absatz SV). Der Kausalzusammenhang wird auch in diesem Fall durch die Zuordnung des Baugebiets zu einem Schulbezirk in Verbindung mit der Kapazität der Grundschule vorgegeben. Auch wenn diese Schule naturgemäß noch nicht bezeichnet werden kann, ist die Maßnahme – bauliche Erweiterung einer Schule um die für die für eine Erweiterung um einen Zug nötigen Räume – hinreichend konkretisiert. Die Klausel greift nur, wenn eine Schulerweiterung aus Kapazitätsgründen tatsächlich nötig ist und durchgeführt wird und ist auf die tatsächlich erforderlichen Baukosten begrenzt; das stellt schon der Prüfungsvorbehalt der Beigeladenen (§ 5 III vorletzter Absatz a.E.) sicher. Von einer Zuzugsabgabe oder einem zweckungebundenen Infrastrukturbeitrag kann insoweit keine Rede sein.

Bedenken bestehen hingegen, soweit sich die Antragsgegnerin in § 5 III SV einen Beitrag zur Einrichtung des Ganztagsbetriebs an der GS O. (oder der sonst dem Baugebiet zugeordneten Schule) hat versprechen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn man, was nicht ohne weiteres erkennbar ist, unterstellt, dass die veranschlagten Kosten sich auf investive Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ganztagsbetrieb und nicht auf kapitalisierte Betriebskosten beziehen. Der vereinbarte Kostenbeteiligungsschlüssel (prognostizierte Schülerzahl aus dem Neubaugebiet im Verhältnis zur Gesamtschülerschaft der GS O.) lässt jedenfalls vermuten, dass Anknüpfungspunkt der Folgekostenvereinbarung nicht ein durch das Vorhaben verursachter Mehraufwand, sondern der Gesamtaufwand für die Einrichtung des Ganztagsbetriebs ist. Es ist aber nicht evident, ja nicht einmal nachvollziehbar, dass die Einrichtung des Ganztagsbetriebes insgesamt erst durch das Vorhaben kausal verursacht würde. Übernommen werden mithin Kosten für Maßnahmen, die gleichzeitig durch mehrere Baugebiete ausgelöst sein (können). Der Umstand, dass die Beigeladenen nur einen Anteil an diesen Kosten tragen sollen, ändert daran nichts, denn der Kostenschlüssel trennt nicht einen nachweislich vorhabenbedingten Mehraufwand von den „Sowiesokosten“ ab, sondern teilt die Gesamtkosten lediglich „ideell“, um dem Erfordernis der Angemessenheit der Gegenleistung gerecht zu werden. Die – selbst teilweise – Übernahme der Kosten einer vorhabenübergreifend verursachten Maßnahme kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (neben dem vorzitierten Urt. v. 29.1.2009 insbes. Urt. v. 24.3.2011 - 4 C 11.10 -, BVerwGE 139, 262 = juris Rn. 11) nur dann wirksam vereinbart werden, wenn ein vom Rat der vertragschließenden Gemeinde getragenes Konzept sie (auch) dem Vorhaben zuordnet. Ein solches Konzept ist hier nicht dargelegt. Der städtebauliche Vertrag selbst kann diese Zuordnung schon deshalb nicht herstellen, da er vor Vertragsschluss ausweislich der Planaufstellungsvorgänge nicht dem Rat der Antragsgegnerin, sondern lediglich dem Verwaltungsausschuss zur Zustimmung vorgelegt wurde.

Der Senat lässt offen, ob die Annahme, die Kosten der Ganztagseinrichtung würden anteilig von den Beigeladene getragen werden, die Abwägungsentscheidung des Rats beeinflusst hat. Anders als die kapitalisierten Pflegekosten der Grünanlagen (s.o. 2.) wird die diesbezügliche Entlastung des Gemeindehaushalts in der Planbegründung, soweit ersichtlich, nicht explizit erwähnt. Andererseits erreicht auch sie einen Umfang, der klar über den Bagatellbereich hinausgeht. Da eine etwaige erneute Ratsentscheidung in Kenntnis der vorstehenden Ausführungen ergehen würde, kann dies indes auf sich beruhen.

cc)

Die Regelung zur Tragung der Betriebskosten der Straßenbeleuchtung bis zu deren Übergabe an die Stadt ist nicht zu beanstanden. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Anlage erst nach der Übergabe eine öffentliche ist.

dd)

Die Vereinbarung eines zweckgebundenen Zuschusses zum umlagefähigen Erschließungsaufwand in § 14 Abs. 14 SV führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Höhe dieses Zuschusses durch Auslegung ermittelbar: sie soll 44.000,- € betragen. Das ergibt sich daraus, dass dieser, und nur dieser Betrag im zweiten Unterabsatz als (gerundeter) beitragsfähiger anteiliger Erschließungsaufwand und nachfolgend als Zweck des Zuschusses die Deckung des umlagefähigen Aufwands genannt wird. Dass es sich dabei tatsächlich um den maßgeblichen Erschließungsaufwand handelt, haben die Antragsteller nicht substantiiert in Frage gestellt; dass insoweit im Vertrag keine detaillierte Berechnung enthalten ist, dürfte unschädlich sein. Ob die Vereinbarung im Übrigen, etwa als Ablösungsvereinbarung iSd § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB (§ 10 der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 3.9.2002 lässt eine solche zu), wirksam ist, kann dahinstehen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Falle der Unwirksamkeit des § 14 Abs. 14 SV den auf die östlichen Anrainergrundstücke entfallenden beitragsfähigen anteiligen Erschließungsaufwand nicht durch Erschließungsbeiträge finanzieren könnte. Soweit die Realisierbarkeit des Betrages die Entscheidung des Rats für die Planaufstellung beeinflusst haben sollte, wäre diese Vorstellung mithin unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrages gerechtfertigt. Dass der mit einer Erhebung von Erschließungsbeiträgen möglicherweise verbundene administrative Mehraufwand von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist, kann ausgeschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen bedarf es nicht, da diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).