Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.06.2020, Az.: 2 ME 499/19
Ergänzungsschule; Mängelbeseitigungsverfahren; Mindestschülerzahl; Schulbegriff; Schulgebäude; Schulräume; Untersagung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.06.2020
- Aktenzeichen
- 2 ME 499/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71746
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 26.04.2019 - AZ: 6 B 617/19
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 2 S 1 SchulG ND
- § 140 Abs 2 SchulG ND
- § 159 Abs 1 SchulG ND
- § 160 SchulG ND
Fundstellen
- NordÖR 2020, 491
- SchuR 2023, 175-177
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Steht im Streit, ob eine Schule in freier Trägerschaft, die bisher die begrifflichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Schule (§ 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG) erfüllt hat, diese Voraussetzungen aufgrund nachträglich eingetretener tatsächlicher Änderungen nicht mehr erfüllt, ist jedenfalls im Hinblick auf die Anwendbarkeit der schulaufsichtlichen Bestimmungen weiterhin vom Vorliegen einer "Schule" i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG auszugehen.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Untersagung der Fortführung einer Ergänzungsschule.
Sie ist Trägerin einer Ergänzungsschule mit der Bezeichnung „D. E., Ergänzungsschule mit Grundschulcharakter“. Die Ergänzungsschule nahm im Jahr 2001 ihren Betrieb auf, nachdem die Bezirksregierung B-Stadt mit Bescheid vom 7. August 2001 gemäß § 160 NSchG festgestellt hatte, dass für die Schüler während des Besuchs der Schule die Schulpflicht ruht. Seit dem Jahr 2007 fand der Schulbetrieb in angemieteten Räumlichkeiten im Gebäude … in E. statt.
Im Juli 2018 erfuhr die Antragsgegnerin über die Presse, dass das Klinikum Region B-Stadt als Vermieter der Räumlichkeiten den Mietvertrag mit der Antragstellerin gekündigt und aufgrund des Nichtauszuges der Schule Räumungsklage gegen die Antragstellerin eingereicht hatte. Nach dem Ende der Sommerferien am 8. August 2018 nahm die Antragstellerin den Schulbetrieb zunächst nicht wieder auf.
Mit Schreiben vom 13. August 2018 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass ein Wechsel der Schulräume nach § 158 Abs. 3 NSchG anzeigepflichtig sei. Eine Schule könne ohne Räume nicht betrieben werden. Dies habe Einfluss auf die Anforderungen an eine Einrichtung und auf das Ruhen der Schulpflicht. Beides könne aufgrund dieses Mangels zurückgenommen werden. Sie forderte die Antragstellerin zur Stellungnahme bis zum 31. August 2018 auf, in welchem Räumen aktuell der Schulbetrieb stattfinde, wie der Stand der Räumungsklage sei und in welchem Räumen künftig der Schulbetrieb stattfinden solle. Darüber hinaus seien innerhalb der Frist bereits zuvor angeforderte Angaben zu den derzeitigen Lehrkräften und Schülern vorzulegen.
Die Antragstellerin teilte unter dem 31. August 2018 mit, dass die Schule derzeit noch aus einer altersgemischten Lerngruppe mit 15 Schülern bestehe. Das Mietverhältnis für das Gebäude … in E. sei jetzt einvernehmlich aufgehoben worden. Die Schulräume befänden sich nunmehr im Gebäude … in F.. Geplant sei, nach dem Abschluss von Umbau- und Renovierungsarbeiten den Unterricht in den neuen Räumlichkeiten nach den Herbstferien ab dem 15. Oktober 2018 aufzunehmen. Für den Zeitraum 3. September 2018 bis 28. September 2018 finde der Unterricht übergangsweise im Jugend- und Gästehaus G. in der H. statt. Die Antragstellerin machte zudem Angaben zu den derzeitigen Lehrkräften und übersandte eine Schülerliste.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu einer beabsichtigten Untersagung der Fortführung der D. E. und zu einem Widerruf der Feststellung zum Ruhen der Schulpflicht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. Oktober 2018. Es seien keine geeignete Schuleinrichtung angezeigt und keine für den Grundschulbetrieb ausreichend qualifizierten Lehrkräfte nachgewiesen worden. Ein Miet- oder Nutzungsvertrag für die neuen Räume sei nicht vorgelegt worden. Auch der Nachweis einer baurechtlichen Zulässigkeit einer Schulnutzung liege nicht vor. In ungeeigneten Schulräumen dürfe eine Ergänzungsschule nicht betrieben werden. Auch die eingereichten Unterlagen zu den Lehrkräften seien unzureichend. Von den zuletzt 2014 angezeigten Lehrkräften sei keiner mehr dabei. Die Antragstellerin sei ihrer Verpflichtung nach § 158 Abs. 3 NSchG, jede Einstellung von Lehrkräften anzuzeigen, nicht nachgekommen. Zu einem Teil der aktuellen Lehrkräfte fehlten Unterlagen hinsichtlich ihrer Qualifikation. Arbeitsverträge habe die Antragstellerin ebenfalls nicht vorgelegt. Ihr sei es zudem nicht gelungen, einen Ersatz für den mittlerweile 82-jährigen Schulleiter Herr I. zu finden. Aufgrund von Elternbeschwerden sei bekannt, dass dieser in den Schulräumen nicht anwesend sei und sich nicht am Unterricht beteilige, was nicht den Anforderungen an einen Schulleiter entspreche. Auch aufgrund der fehlenden Schulräume lägen aktuelle Elternbeschwerden vor. Diese Eltern beabsichtigten, sich für ihre Kinder eine andere Schule zu suchen. Es sei daher davon auszugehen, dass die für eine Schule erforderliche Mindestanzahl von 12 Schülern nicht mehr vorhanden sei.
Die Antragstellerin nahm hierzu dahingehend Stellung, dass ein Nutzungsänderungsantrag für das neue Gebäude bei der Stadt E. gestellt worden sei. In den von der Antragsgegnerin im baurechtlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahmen seien unrichtige Angaben enthalten.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2018 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Einrichtung der Antragstellerin keine Schule i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG ist, untersagte die Fortführung der Ergänzungsschule mit Grundschulcharakter und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an. Zur Begründung führte sie aus, dass in den letzten Wochen mehr als fünf Eltern bei der Suche nach einer anderen Schule beraten worden seien, die ihr Kind nicht mehr an der Ergänzungsschule der Antragstellerin beschulen lassen wollten. Mit unter 12 Schülern erfülle die Einrichtung nicht mehr die Anforderungen an eine Schule. Die ergänzende Untersagung der Fortführung des Betriebes beruhe auf den bestehenden Mängeln der Einrichtung. Geeignete Räume seien nicht nachgewiesen worden. Da der Antragstellerin die fehlenden Schulräume schon länger bekannt seien, sei die kurze Frist zur Anhörung gerechtfertigt, damit die Schüler nach den Herbstferien nicht erneut ein Ausbleiben des Unterrichts hinnehmen müssten. Die Untersagung beruhe zudem auf den Mängeln hinsichtlich der Lehrkräfte und des Schulleiters. Aufgrund der nicht erfolgten Anzeigen über die neuen Lehrkräfte und die Veränderungen beim Schulgebäude sei auch die erforderliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin als Schulträger nicht mehr vorhanden. Die Untersagung sei verhältnismäßig. Die sofortige Vollziehung des Bescheides rechtfertige sich dadurch, dass die Ergänzungsschulen zum Wohle der Schüler den gesetzlichen Anforderungen entsprechen müssten. Die Erziehungsberechtigten, die ihre Kinder noch nicht umgemeldet hätten, bräuchten rechtzeitig bis zum Ende der Herbstferien Planungssicherheit.
Mit weiterem Bescheid vom 9. Oktober 2018 widerrief die Antragsgegnerin die Feststellung zum Ruhen der Schulpflicht an der D. E. und ordnete die sofortige Vollziehung des Widerrufes an.
Die Antragstellerin zeigte unter dem 12. Oktober 2018 an, dass der Schulbetrieb ab dem 15. Oktober 2018 eingestellt werde.
Sie hat am 9. November 2018 zum einen gegen den Untersagungsbescheid vom
9. Oktober 2018 (erstinstanzliches Az. 6 A 7158/18) und zum anderen gegen den Widerrufsbescheid vom 9. Oktober 2018 (erstinstanzliches Az. 6 A 7155/18) Klagen erhoben. Am 30. Januar 2019 hat die Antragstellerin (sinngemäß) beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Untersagungsbescheid wiederherzustellen. Hinsichtlich des Widerrufsbescheides hat die Antragstellerin keinen Eilrechtsschutzantrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem von der Antragsgegnerin mittels der Beschwerde angegriffenen Beschluss die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Untersagungsbescheid der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2018 wiederhergestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar einiges dafür spreche, dass die materiellen Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 159 Abs. 1 NSchG vorlägen. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin jedoch nicht, wie es diese Vorschrift erfordere, eine ausreichend bemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt. Es bestünden bereits Zweifel daran, ob in dem Anhörungsschreiben vom 1. Oktober 2018 eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung i. S. d. § 159 Abs. 1 NSchG gesehen werden könne. Jedenfalls sei die eingeräumte Stellungnahmefrist bis zum 8. Oktober 2018 zu kurz bemessen. Das Übersendungsschreiben zu der Anhörung trage das Datum 2. Oktober 2018. Ob die Anhörung wie dort angegeben vorab per Fax übersandt worden sei, lasse sich nach dem Verwaltungsvorgang nicht feststellen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Anhörungsschreiben der Antragstellerin - wie von dieser angegeben - erst am 8. Oktober 2018 zugegangen sei.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat Erfolg.
Die Antragstellerin hat in ihrem Beschwerdevorbringen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zutreffend dargelegt, dass sie ein Mängelbeseitigungsverfahren durchgeführt hat. Der deshalb vom Senat umfassend zu prüfende Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Untersagungsbescheid vom 9. Oktober 2018 ist zulässig, aber unbegründet.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin fehlt es nicht bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2018 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Antragstellerin den Schulbetrieb ab dem 15. Oktober 2018, also nach den Herbstferien, tatsächlich eingestellt hat. Denn hiermit hat die Antragstellerin der Sache nach den angeordneten Sofortvollzug des Untersagungsbescheides umgesetzt, ohne auf einen weiteren Betrieb der Ergänzungsschule mit Bindungswirkung für die Zukunft verzichtet zu haben.
Die Unbegründetheit des Antrages nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO ergibt sich daraus, dass die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung hinreichend begründet hat und nach der vorzunehmenden Interessenabwägung das öffentliche Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt, da sich die Untersagung der Fortführung des Schulbetriebes aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweist.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2018 wahrt das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO in Bezug auf den gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordneten Sofortvollzug. Die Erwägung der Antragsgegnerin, die betroffenen Eltern und Schüler benötigten zeitnah Klarheit über den Fortbestand der Schule im Hinblick auf das bevorstehende Ende der Herbstferien, trägt die Anordnung des Sofortvollzuges im Hinblick auf die im Übrigen voraussichtlich anzunehmende Rechtmäßigkeit des Bescheides (s.u.) auch inhaltlich.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 159 Abs. 1 NSchG. Hiernach kann die Errichtung oder Fortführung einer Ergänzungsschule von der Schulbehörde untersagt werden, wenn Schulträger, Leiterin oder Leiter, Lehrkräfte oder Einrichtungen der Ergänzungsschule den Anforderungen nicht entsprechen, die zum Schutz der Schülerinnen und Schüler oder der Allgemeinheit an sie zu stellen sind, und den Mängeln trotz Aufforderung der Schulbehörde innerhalb einer bestimmten Frist nicht abgeholfen worden ist. Diese Bestimmung ist auf die von der Antragstellerin betriebene D. E. anwendbar, auch wenn zwischen den Beteiligten im Streit steht, ob sie zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch die gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG für das Vorliegen einer Schule erforderliche Mindestanzahl von zwölf Schülerinnen und Schülern aufwies.
Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG, wonach Schulen alle auf Dauer eingerichteten Bildungsstätten sind, in denen unabhängig vom Wechsel der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler nach einem in sich geschlossenen Bildungsplan allgemein bildender Unterricht oder berufsbildender Unterricht in einem nicht nur auf einzelne Kenntnisgebiete oder Fertigkeiten beschränkten Umfang für mindestens zwölf Schülerinnen und Schüler und mindestens für die Dauer von sechs Monaten erteilt wird, dient der Bestimmung des Anwendungsbereiches des NSchG, welches gemäß § 1 Abs. 1 NSchG für die öffentlichen Schulen und die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen) im Land Niedersachsen gilt. Einrichtungen, die nicht dem Schulbegriff des § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG entsprechen, unterliegen daher nicht dem NSchG und somit auch nicht der Schulaufsicht durch die Antragsgegnerin. Im Bereich der Privatschulen findet über die Bestimmung des Begriffs „Schule“ in erster Linie der Abgrenzung zu den sog. Freien Unterrichtseinrichtungen i. S. d. § 140 Abs. 2 NSchG statt (z. B. Fahrschulen, Tanzschulen oder Sprachschulen), die nicht den Bestimmungen des Schulrechts, sondern in aller Regel dem Gewerberecht unterfallen (vgl. Schippmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand 60. EL 2019, § 1 Tz. 2; Brockmann, in: ebd., § 140 Tz. 3).
Die seit dem Jahr 2001 betriebene D. E. erfüllte bisher unstreitig die in § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Schule. In einem Fall, in welchem - wie hier - in Streit steht, ob eine bisher dem Schulrecht unterliegende Einrichtung aufgrund nachträglich eingetretener tatsächlicher Änderungen nicht mehr die Begriffsmerkmale einer Schule erfüllt, ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit jedenfalls im Hinblick auf die Anwendbarkeit der schulaufsichtlichen Bestimmungen weiter vom Vorliegen einer „Schule“ i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG und somit von einer Anwendbarkeit des Schulaufsichtsrechts auf die entsprechende Einrichtung auszugehen. Dies gebietet schon der Schutz der betroffenen Schüler, Eltern und Lehrkräfte einer solchen Einrichtung, da anderenfalls etwa das hier in Rede stehende Absinken unter die gesetzliche definierte Mindestanzahl von zwölf Schülern automatisch dazu führen würde, dass der Antragsgegnerin die Ausübung jeglicher Maßnahmen der Schulaufsicht (sei es nach der Generalvorschrift des § 167 Abs. 1 NSchG für Schulen in freier Trägerschaft oder nach speziellen Regelungen wie dem hier in Rede stehenden § 159 Abs. 1 NSchG) mangels weiterer Anwendbarkeit des NSchG verwehrt wäre. Denkbar wären dann lediglich noch behördliche Eingriffe aufgrund des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. aufgrund sonderordnungsrechtlicher Vorschriften etwa aus dem Gewerberecht. Ein Rückgriff auf diese Vorschriften ließe jedoch unberücksichtigt, dass gerade die Einhaltung der spezifisch schulrechtlichen Bestimmungen in Streit steht, sodass es nicht sachgerecht wäre, derartige Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich des insoweit speziellen Schulaufsichtsrechts auszuklammern. Einer Klärung, ob an der Ergänzungsschule der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 9. Oktober 2018 tatsächlich noch mindestens zwölf Schüler vorhanden war, bedarf es nach dem Vorstehenden nicht.
Wie die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, entsprach die D. E. schon deshalb nicht mehr den an sie als Ergänzungsschule zu stellenden Anforderungen i. S. d. § 159 Abs. 1 NSchG, weil sie das Vorliegen geeigneter Räume für den Schulbetrieb seit dem Auszug aus dem Gebäude … in E. im Juli 2018 nicht mehr nachweisen konnte.
Ob die von der Antragstellerin nach ihren Angaben in dem Schreiben vom 31. August 2018 ab dem 3. September 2018 genutzten Räumlichkeiten im Jugend- und Gästehaus G. den - insbesondere in bauordnungsrechtlicher Hinsicht - an Schulräume zu stellenden Anforderungen entsprachen, ist mangels entsprechender Angaben der Antragstellerin nicht nachprüfbar. Da die dortige Nutzung von Vornherein jedoch auf den Zeitraum bis zum 28. September 2018, also den Beginn der Herbstferien 2018, beschränkt war, bedarf es hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 159 Abs. 1 NSchG zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 8. Oktober 2018 insofern keiner Entscheidung.
Im Hinblick auf die mit dem Schreiben vom 31. August 2018 gegenüber der Antragsgegnerin angezeigte beabsichtigte Anmietung von Schulräumen in dem Gebäude … in F. hat die Antragstellerin keinen Mietvertrag bzw. Nutzungsvertrag vorlegen können. Der Abschluss eines solchen ist offenbar an Unstimmigkeiten zwischen der Antragstellerin und dem in Betracht kommenden Vermieter, Herrn J., gescheitert. Ausweislich des im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Protokolls des Elternabends vom 24. September 2018 bestand Herr J. nach den dort wiedergegebenen Ausführungen des Geschäftsführers der Antragstellerin auf einer sofortigen Vermietung einer Gesamtfläche von ca. 1.600 qm, obwohl die Antragstellerin zunächst lediglich eine kleinere Teilfläche mit Option auf eine spätere Erweiterung bei einem beabsichtigten Anwachsen der Schule anmieten wollte. Dieser Umstand stand nach der auf dem Elternabend geäußerten Auffassung des Geschäftsführers der Antragstellerin einer kurzfristigen Lösung entgegen (vgl. Bl. 35 der Gerichtsakte). Lediglich ergänzend kommt hinzu, dass die Antragstellerin auch nicht nachgewiesen hat, dass in baurechtlicher Hinsicht eine Nutzung der Räumlichkeiten in F. als Schulgebäude zulässig gewesen wäre. Auf ihr Vorbringen, eine baurechtliche Nutzungsänderung sei beantragt worden, jedoch habe die Antragsgegnerin durch ablehnende und unrichtige Stellungnahmen im baurechtlichen Verfahren der Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung aktiv entgegengewirkt, kommt es angesichts der nach den eigenen Ausführungen des Geschäftsführers der Antragstellerin für das Scheitern einer Anmietung ausschlaggebenden Differenzen mit dem möglichen Vermieter nicht an.
Soweit die Antragstellerin im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgetragen hat, es habe auch eine mögliche Interimslösung in den Räumen der K.-Schule in L. im Raum gestanden, fehlt es ausweislich des Verwaltungsvorgangs bereits an einer entsprechenden Mitteilung der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vor dem Erlass des streitgegenständlichen Untersagungsbescheides. Zudem hat die Antragstellerin auch bezüglich dieses Raumes keine entsprechende Miet- oder Nutzungsvereinbarung vorlegen können. Eine nach dem Vortrag der Antragstellerin nur mündlich von der Schulleiterin der K.-Schule, Frau M., erteilte Zusage über eine interimsweise Vermietung eines 48 qm großen Raumes an die Antragstellerin kann im Hinblick auf die im Rahmen der Schulaufsicht sicherzustellende Verfügbarkeit von den Anforderungen genügenden Schulräumlichkeiten nicht als ausreichend angesehen werden. Zudem ist, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat, unklar, ob Frau M. als Schulleiterin überhaupt berechtigt gewesen wäre, rechtsverbindlich über die Vermietung von Räumlichkeiten des Schulträgers, der N., zu entscheiden. Auch aus der von der Antragstellerin vorgelegten E-Mail der Schulleiterin der K.-Schule vom 2. Oktober 2018 an die Antragsgegnerin, wonach sie mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin vereinbart habe, einen Raum im Gebäude der K.-Schule übergangsweise zur Verfügung zu stellen, folgt daher nichts Anderes.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass die Nichtanzeige des Auszuges aus dem bisherigen Schulgebäudes … in E. die Annahme einer Unzuverlässigkeit der Antragstellerin als Schulträgerin stützt. Gemäß § 158 Abs. 3 NSchG hat eine Ergänzungsschule unter anderem jede wesentliche Änderung der Schuleinrichtung der Schulbehörde anzuzeigen. Dies ist jedoch wie ausgeführt nicht geschehen, vielmehr hat die Antragsgegnerin erst aus Presseberichten erfahren, dass der Antragstellerin das bisherige Schulgebäude nicht mehr zur Verfügung steht. Aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Presseberichten ergibt sich auch, dass nach den Angaben des Sprechers des Klinikums Region B-Stadt die Antragstellerin die entsprechenden Räume bereits zum Juni 2017 hätte räumen sollen und es aufgrund des fortgesetzten Nichtauszuges zu einer Räumungsklage des Regionsklinikums gegen die Antragstellerin gekommen ist (vgl. Bl. 124 der Beiakte 001). Der Antragstellerin war somit bereits seit langem bekannt, dass sie aus ihren bisherigen Räumlichkeiten ausziehen musste, ohne dass sie die Antragsgegnerin als Schulaufsichtsbehörde hierüber informiert hat.
Die dargestellten Umstände begründen für sich genommen eine die Untersagung der Fortführung der Ergänzungsschule rechtfertigende Mängellage, so dass es auf die weiteren Ausführungen der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid zu darüber hinaus bestehenden Mängeln im Hinblick auf die Lehrkräfte sowie den mittlerweile 82-jährigen Schulleiter Herrn I. nicht mehr ankommt.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin bei der Ausübung des ihr nach § 159 Abs. 1 NSchG eingeräumten Untersagungsermessens Ermessensfehler unterlaufen wären. Sie hat ihren Ermessenserwägungen insbesondere ausdrücklich zugrunde gelegt, dass bereits allein das Fehlen von Schulräumlichkeiten eine Untersagung rechtfertigt. Es liegt auf der Hand, dass eine Ergänzungsschule ohne das Vorhandensein von anforderungsgerechten Schulräumen nicht fortbetrieben werden kann; ein milderes und gleichgeeignetes Mittel als eine Untersagung der Betriebsfortführung ist zum Schutze der Schüler in einem solchen Fall nicht ersichtlich. Die Antragstellerin vermag auch mit ihrem Einwand, ihr stehe aufgrund des schon seit 18 Jahren bestehenden Schulbetriebes ein Bestandsschutz zu, den die Antragsgegnerin nicht beachtet habe, nicht durchzudringen. Auf eine besondere Schutzwürdigkeit kann sie sich vorliegend schon wegen der festgestellten Anzeigepflichtverletzungen hinsichtlich der Veränderungen der Schulräumlichkeiten nicht berufen.
Die Antragsgegnerin hat vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides der Sache nach auch die weitere Anforderung des § 159 Abs. 1 NSchG, dass die Ergänzungsschule unter Setzung einer bestimmten Frist erfolglos zur Abhilfe der bestehenden Mängel aufgefordert worden sein muss, erfüllt.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war die Durchführung eines solchen Mängelbeseitigungsverfahrens nicht schon deshalb entbehrlich, weil es sich bei der D. E. bereits zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses wegen eines Absinkens der Schülerzahl unter die Mindestanzahl von zwölf Schülern nicht mehr um eine Schule i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG gehandelt hätte. Wie bereits ausgeführt war hier - unabhängig von der strittigen Frage, ob ein Absinken unter zwölf Schüler tatsächlich gegeben war - aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit weiterhin vom Vorliegen einer Schule auszugehen und somit die weitere Anwendbarkeit des Schulaufsichtsrechts eröffnet. Dies bedingt, dass auch auf die Durchführung des in § 159 Abs. 1 NSchG gesetzlich vorgesehenen Mängelbeseitigungsverfahrens nicht verzichtet werden konnte. Auch in der Sache ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, im Falle eines im Streit stehenden Absinkens der Schülerzahl auf die Durchführung eines Mängelbeseitigungsverfahrens zu verzichten. Auch dann ist der betroffenen Einrichtung die Möglichkeit einzuräumen, vor einer schulaufsichtlichen Untersagungsverfügung die vorliegenden Mängel zu beheben, wovon auch die Möglichkeit umfasst ist, dass die Ergänzungsschule durch Neugewinnung von Schülern wieder die gesetzliche Mindestschüleranzahl erreicht.
Nachdem die Antragsgegnerin über Berichte in der Presse von den Mängeln hinsichtlich der Schulräumlichkeiten der D. E. erfahren hat, hat sie die Antragstellerin - was das Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt hat - bereits mit Schreiben vom 13. August 2018 unter Fristsetzung bis zum 31. August 2018 aufgefordert, mitzuteilen, in welchen Räumen der Schulbetrieb zukünftig stattfinden solle. Bereits hierbei hat sie darauf hingewiesen, dass eine Schule ohne Räume nicht betrieben werden könne, dies Auswirkungen auf die Einrichtung und das Ruhen der Schulpflicht habe und beides aufgrund des Mangels zurückgenommen werden könne. Auch wenn die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 13. August 2018 nicht ausdrücklich auf § 159 Abs. 1 NSchG verwiesen hat, kann hierin der Sache nach eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Einräumung einer angemessenen Frist gesehen werden. Zwar hat die Antragstellerin hierauf mit Schreiben vom 31. August 2018 mitgeteilt, dass künftig die Anmietung des Gebäudes … in F. beabsichtigt sei. Eine entsprechende Miet- oder Nutzungsvereinbarung hat sie aber wie ausgeführt nicht vorliegen können. Vor diesen Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin in ihrem Anhörungsschreiben vom 1. Oktober 2018 lediglich eine kurze Frist bis zum 8. Oktober 2018 gesetzt hat, die zudem der Sache nach aufgrund des bevorstehenden Endes der Herbstferien gerechtfertigt war. Jedenfalls in der Gesamtschau der Mängelbeseitigungsaufforderung vom 13. August 2018 und des Anhörungsschreibens vom 1. Oktober 2018 hat die Antragsgegnerin die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Durchführung eines Mängelbeseitigungsverfahrens erfüllt. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, dass das Anhörungsschreiben vom 1. Oktober 2018 der Antragstellerin - wie diese vorträgt - gegebenenfalls erst am 8. Oktober 2018 zugegangen ist, da die Antragstellerin bereits aufgrund des vorherigen Verfahrens mit einem unmittelbar drohenden schulaufsichtlichen Einschreiten der Antragsgegnerin rechnen musste. Zudem hätte sie, wenn eine Miet- oder Nutzungsvereinbarung über anforderungsgerechte Schulräume tatsächlich vorgelegen hätte, dies der Antragsgegnerin auch noch am 8. Oktober 2018 mitteilen können.
Ergänzend merkt der Senat an, dass die in dem angefochtenen Bescheid weiterhin getroffene Feststellung, bei der Einrichtung der Antragstellerin handele es sich nicht mehr um eine Schule i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 NSchG, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat ausdrücklich nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2018 beantragt. Die Anordnung des Sofortvollzuges richtete sich nach dem Tenor des Bescheides aber nur auf die Untersagung der Fortführung. Unabhängig von der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Antragstellerin überhaupt zu einer Feststellung durch Verwaltungsakt berechtigt sein könnte, dass es sich bei einer Einrichtung nicht um eine Schule i. S. d. NSchG handelt, war bei der D. E. aber wie ausgeführt für die Anwendbarkeit der hier maßgeblichen schulaufsichtlichen Bestimmungen weiterhin von einer Erfüllung des Schulbegriffes auszugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 38.2 sowie Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013 - (NordÖR 2014,11). Der Senat setzt hinsichtlich der im Streit stehenden Untersagung der Fortführung einer Ergänzungsschule in der Hauptsache die Hälfte des für eine Genehmigung zum Betrieb einer Ersatzschule anzusetzenden Wertes (Nr. 38.2 des Streitwertkataloges) an. Zwar kann für die Zurücknahme einer Genehmigung (bzw. eine Untersagung der Fortführung) als actus contrarius grundsätzlich der gleiche Streitwert angesetzt werden wie für eine Genehmigung selbst. Während einer Ersatzschule mit der Genehmigung aber auch das Recht zuerkannt wird, schulpflichtige Schüler aufzunehmen (§ 143 Abs. 3 NSchG), bedarf eine nach § 158 Abs. 2 Satz 1 NSchG lediglich anzeigepflichtige Ergänzungsschule zur Beschulung von schulpflichtigen Kindern einer zusätzlichen Feststellung des Ruhens der Schulpflicht (§ 160 NSchG). Die Antragsgegnerin hat im Falle der Antragstellerin auch die mit Bescheid vom 7. August 2001 getroffene Feststellung des Ruhens der Schulpflicht widerrufen, dies geschah jedoch mit einem gesonderten Bescheid vom 9. Oktober 2018, der im vorliegenden Verfahren nicht im Streit steht. Da das Verfahren hier voraussichtlich einen faktisch die Hauptsache ersetzenden Charakter hat, hat der Senat von einer weiteren Reduzierung des Streitwertes aufgrund der Vorläufigkeit des Verfahrens abgesehen (Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).