Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 20.01.2010, Az.: 5 A 2615/08

Anspruch einer Ärzteversorgung auf Zahlung rückständiger Versorgungsbeiträge eines Arztes aus der Insolvenzmasse gegen den Insolvenzverwalter; Aufgelaufene Versorgungsbeiträge als Masseverbindlichkeiten wegen Duldung des Praxisbetriebes des Insolvenzschuldners durch den Insolvenzverwalter

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
20.01.2010
Aktenzeichen
5 A 2615/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 18017
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2010:0120.5A2615.08.0A

Fundstellen

  • EWiR 2010, 397
  • NZI 2010, 11
  • NZI 2010, 64
  • ZIP 2010, 1095-1099
  • ZInsO 2010, 917-922
  • ZVI 2010, 273-278

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 5. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2010
durch
die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Wendlandt-Stratmann,
die Richterin am Verwaltungsgericht Schütz,
die Richterin am Verwaltungsgericht Ihl-Hett sowie
die ehrenamtlichen Richter Büschking und Fahncke
für Recht erkannt:

Tenor:

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Der Bescheid der Beklagten vom 22.04.2008 wird aufgehoben, soweit darin die Versorgungsbeiträge des Beigeladenen für die Zeit vom 08.02.2003 bis zum 29.02.2008 geltend gemacht werden, ferner soweit Säumniszuschläge für die Zeit vor dem 03.03.2005 geltend gemacht werden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die beklagte Ärzteversorgung begehrt vom Kläger - dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beigeladenen - aus der Insolvenzmasse die Zahlung rückständiger Versorgungsbeiträge des Beigeladenen.

2

Der 1943 geborene Beigeladene ist Arzt. Er war seit 1979 Pflichtmitglied der beklagten Ärzteversorgung und setzte nach dem Wegzug aus Niedersachsen seit 1981 die Mitgliedschaft bei der Beklagten freiwillig fort. Im Jahr 1984 ließ er sich als Internist in Engelskirchen/Nordrhein-Westfalen nieder. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. In seiner Praxis arbeiten zur Zeit zwei Angestellte, darunter seine Ehefrau.

3

Vom 01.08.1997 bis zum 30.06.2002 entstanden bei der beklagten Ärzteversorgung Beitragsrückstände im Hinblick auf die vom Beigeladenen zu entrichtenden Versorgungsabgaben in Höhe von 52.261,72 EUR. Die Beklagte hat sie gegenüber dem Beigeladenen mit bestandskräftigem Leistungsbescheid geltend gemacht. Diese Beitragsrückstände sind, da sie vor der Insolvenz entstanden waren, als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet.

4

Auf Antrag des Finanzamts Gummersbach wurde vom Amtsgericht Köln - Insolvenzgericht - am 01.07.2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beigeladenen eröffnet - Az.: 71 IN 25/02 -. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Zunächst führte der Insolvenzschuldner den Praxisbetrieb einvernehmlich mit dem Insolvenzverwalter fort. Wohl weil die Insolvenzgläubiger und auch der Insolvenzverwalter vermuteten, dass der Insolvenzschuldner laufende Einnahmen aus Privathonoraren seiner Patienten verschwieg, beschloss die Gläubigerversammlung mit Beschluss vom 29.01.2003, den Praxisbetrieb zu schließen, falls nicht bis zum 07.02.2003 die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter ausgeglichen worden sei. Da dies nicht erfolgte, wurde der Beschluss vom Insolvenzverwalter ab dem 08.02.2003 umgesetzt, durch Freistellung des Personais des Insolvenzschuldners, Kündigung der Praxisräume sowie durch die Einweisung seiner Person in die Räumlichkeiten mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers, ferner Inkenntnissetzung der Patienten, soweit er deren Adressen hatte.

5

Der Insolvenzschuldner nahm die Praxisräume aber wieder in Besitz. Er erwirkte beim Insolvenzgericht mit Beschluss vom 15.04.2003 ein Pfändungsverbot hinsichtlich der in den Praxisräumen befindlichen Gegenstände. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass es dem Schuldner auch in einem Insolvenzverfahren unbenommen bleibe, selbst zu entscheiden, wie er seine Arbeitskraft einsetzen wolle, da diese nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Ihm müssten daher die Gegenstände belassen bleiben, die er benötige, um seine Arbeitsleistung zu realisieren.

6

In der Folgezeit führte der Beigeladene (Insolvenzschuldner) den Praxisbetrieb fort, rechnete mit den privat krankenversicherten Patienten direkt ab und vereinnahmte gegen den Widerstand des Insolvenzverwalters weiterhin die Honorare, ohne ihm deren Höhe mitzuteilen. Hinsichtlich der gesetzlich krankenversicherten Patienten rechnete der Beigeladene mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein ab. Diese zahlte die Arzthonorare aber nicht an den Beigeladenen, sondern an den Insolvenzverwalter, der die Beträge für die Insolvenzmasse auf dem Insolvenzanderkonto vereinnahmte. Vom 01.01.2003 bis zum 31.1.2.2003 vereinnahmte der Beigeladene Privathonorare in Höhe von 95.307,92 EUR, während der Kläger (Insolvenzverwalter) 31.000,00 EUR für Leistungen bei gesetzlich Versicherten für die Insolvenzmasse vereinnahmte. Im Jahr 2004 vereinnahmte der Beigeladene 73.779,32 EUR und der Kläger 86.966,11 EUR. Insgesamt sind bislang mehr als 600.000,00 EUR für die Insolvenzmasse vereinnahmt worden. Diese diente aber auch der Befriedigung von Masseverbindlichkeiten.

7

Nachdem der Kläger sich geweigert hatte, dem Beigeladenen für die Führung der Arztpraxis einen monatlichen Betrag zu überlassen, mit der Begründung, dass dieser weiterhin gesetzeswidrig die anfallenden Privathonorare für sich vereinnahme, wurden aufgrund eines am 3105.2006 erfolgten informellen Gesprächs des Insolvenzgerichts mit dem Verwalter und dem Insolvenzschuldner ab dem 01.06.2006 sämtliche Zahlungen der KV Nordrhein, der Privatpatienten sowie aus den vom Beigeladenen erstellten Arztgutachten an den Kläger abgeführt. Monatlich wurden nach Maßgabe des Beschlusses des Insolvenzgerichts vom 06.11.2006 -71 IN/25/02 - als notwendige Aufwendungen zur Führung der Arztpraxis 8.057,10 EUR als nachgewiesen angesehen. Diese wurden rückwirkend ab dem 01.06.2006, zunächst unter Berücksichtigung von Verrechnungen in verminderter Höhe und ab Oktober 2006 in voller Höhe, vom Kläger an den Beigeladenen ausgezahlt. Zusätzlich erhielt der Beigeladene aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 12.03.2007 - 71 IN 25/02 - einen Monatsbetrag für den Unterhalt für sich und seine Familie in Höhe von 2.464,49 EUR, worin - entsprechend dem Antrag des Beigeladenen - 1.117,00 EUR für die Beiträge zur Ärzteversorgung enthalten waren. Diese hat der Beigeladene aber nicht an die Beklagte weitergeleitet.

8

Die Beklagte hatte in der Zeit ab Juli 2002 fortlaufend versucht, zunächst von ihrem Mitglied und später auch vom Insolvenzverwalter die ab Insolvenzeröffnung beim Versorgungswerk aufgelaufenen Versorgungsbeitragsrückstände zu erlangen. Beide weigerten sich zu zahlen. Nachdem der Insolvenzschuldner der beklagten Ärzteversorgung mit Klage gedroht hatte, falls sie die Beitragsrückstände nicht vom Insolvenzverwalter einfordere, erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger den Leistungsbescheid über Beitragsrückstände im Insolvenzverfahren vom 22.04.2008. Darin wurde der Kläger aufgefordert, für die Zeit vom 01.07.2002 bis zum 31.05.2006 den aufgelaufenen Rückstandsbetrag in Höhe von 49.798,59 EUR sowie den Säumniszuschlag von 995,00 EUR, ferner für den Zeitraum vom 01.06.2006 bis zum 29.02.2008 den Versorgungsbeitrag in Höhe 23.479,00 EUR sowie den Säumniszuschlag von 469,58 EUR, insgesamt 74.743,14 EUR zu zahlen. Zur Begründung heißt es in dem Leistungsbescheid, die zu entrichtenden Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk seien zu den "sonstigen Masseverbindlichkeiten" im Sinne des § 55 Abs. 1 Hr. 1 Alt. 2 Insolvenzordnung - InsO - zu zählen, d.h., zu Verbindlichkeiten, die "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet worden seien, ohne Kosten des Verfahrens zu sein. Die Pflichtbeiträge seien vergleichbar mit Steuerschulden, die durch die Betriebsfortführung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstünden und ebenfalls als Masseverbindlichkeit aus der Masse vorweg zu begleichen seien.

9

Der Kläger hat dagegen am 16.05.2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, es handele sich bei den Beitragsforderungen nicht um Masseverbindlichkeiten. Derartige Verbindlichkeiten lägen nur vor, wenn sie durch Handlungen des Insolvenzverwalters durch Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet worden seien. Er als Insolvenzverwalter habe die Arztpraxis des Beigeladenen ab 2003 gerade nicht fortgeführt, sondern in Ausführung des Beschlusses der Gläubigerversammlung alles ihm innerhalb des Insolvenzverfahrens Mögliche zur Praxisstilllegung getan. Der Insolvenzschuldner habe außerhalb des Insolvenzverfahrens Gewinne erzielt. Es läge von seiner - des Klägers - Seite keine konkludente Zustimmung zur Betriebsfortführung vor, etwa durch die Vereinnahmung der Arzthonorare der gesetzlich krankenversicherten Patienten. Der Umstand, dass Einnahmen zur Insolvenzmasse gehörten, weil sie Neuerwerb darstellten, lasse nicht den Schluss zu, dass die aus der außerinsolvenzlichen Tätigkeit herrührenden Pflichtbeiträge damit Masseverbindlichkeiten seien. Zur Vereinnahmung der Entgelte verpflichte ihn § 35 Alt.2 InsO a.F.. Die ohne das Einverständnis des Insolvenzverwalters im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit begründeten Verbindlichkeiten seien nicht aus der Masse zu berichtigen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Zahlung pfändungsfrei gestellter Beträge für laufende Betriebskosten ab dem 01.06.2006. Insoweit seien lediglich gerichtliche Beschlüsse des Insolvenzgerichts befolgt worden. Das gelte auch, soweit ausweislich des Beschlusses vom 12.03.2007 - 71 IN 25/02 - die Pfandfreistellung monatlicher Unterhaltsleistungen in Höhe von 2.464,49 EUR auch Leistungen für die Ärzteversorgung in Höhe von 1.117,00 EUR beinhalte. Der Beigeladene habe diese Gelder offenbar veruntreut, statt sie an die Beklagte weiterzuleiten.

10

Der Kläger hatte zunächst beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22.04.2008 aufzuheben.

11

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er die Klage zurückgenommen, soweit sie rückständige Versorgungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.07.2002 bis zum 07.02.2003 betrifft.

12

Im Übrigen beantragt er,

den Bescheid der Beklagten vom 22.04.2008 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie erwidert, nach der aktuellen Rechtsprechung handele es sich bei den Beitragsforderungen des Versorgungswerkes nicht um eine persönliche Schuld des Insolvenzschuldners, sondern um eine zur Masse gehörende Verbindlichkeit. Dies gelte ungeachtet des Umstandes, dass der Insolvenzschuldner seine Arztpraxis ohne Genehmigung der Gläubiger und gegen den Willen des Klägers fortgeführt habe. Das folge bereits aus der Vereinnahmung der Zahlungen der KV Nordrhein für die Masse. Wenn der Insolvenzverwalter Gelder vereinnahme, habe er hieraus auch die Pflichtbeiträge zu zahlen. Dass er nicht auch die gegenüber den privat krankenversicherten Patienten des Insolvenzschuldners abgerechneten Honorare vereinnahmt habe, könne nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Denn er habe als Insolvenzverwalter dafür Sorge zu tragen, dass die im Rahmen der Fortführung der Praxis - egal ob genehmigt oder nicht - verdienten Honorare zur Masse gelangten. Insoweit gelte nichts anderes als bei der Pflicht des Insolvenzverwalters zur Entrichtung von Steuern auf den Neuerwerb im Insolvenzverfahren.

15

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

16

Er trägt vor, es handele sich bei den im Verlaufe des Insolvenzverfahrens durch die Fortführung der Arztpraxis entstandenen Forderungen Dritter gegen ihn um sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO. Insoweit gelte nichts anderes als bei den Steuerschulden. In der Vermehrung der Masse liege eine Verwaltung der Insolvenzmasse. Davon sei jedenfalls bei einer Praxisfortführung, die Gewinne abwerfe, auszugehen. Für seine Auffassung beruft er sich auf Art. 12 Abs. 1 GG und auf die Gesetzesbegründung zum Insolvenzvereinfachungsgesetz. Der Insolvenzverwalter habe bis zum 03.06.2008 Honorare in Höhe von 600.289,42 EUR vereinnahmt. Bei den Honoraren handele es sich um Neuerwerb, der in die Insolvenzmasse falle, auch wenn die Betriebsführung vom Kläger nicht genehmigt worden sei. Auch das Finanzamt Gummersbach sei davon ausgegangen, dass die Vereinnahmung der Honorare ausreiche, um eine Verwaltung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO zu bejahen. Dem Schuldner 0,00 EUR von seinen Honoraren zu befassen, ihn aber gleichwohl zur Zahlung von Einkommenssteuer zu verpflichten, sei unbillig. Das gelte jedenfalls für den Zeitraum bis zum 31.05.2006, in welchem ihm vom Verwalter keine Mittel überlassen worden seien, um die Praxiskosten zu bestreiten. Privatliquidationen würden nur ca. 15% Prozent seines Umsatzes ausmachen, während sich die Praxiskosten auf 60 bis 75% des Umsatzes beliefen. Der Kläger habe aber 85% des Umsatzes an sich gezogen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge - Bände A und B -.

Entscheidungsgründe

18

Soweit der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

19

Die Klage ist zulässig. Die Beklagte wertet die Rückstände nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 2 InsO als Masseverbindlichkeit und hat den nach § 1 Nds. VwVG ergangenen vollstreckbaren Leistungsbescheid in formellrechtlicher Hinsicht zutreffend gegen den Insolvenzverwalter gerichtet (Braun, InsO, 2002, § 53 Rdnr. 10). Der Kläger ist als Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes und damit prozessführungsbefugt. Er führt den Prozess in gesetzlicher Prozessstandschaft für den Insolvenzschuldner im eigenen Namen (§ 80 Abs. 1 InsO).

20

Soweit die Klage nicht zurückgenommen wurde, hat sie - von einem ganz geringen Teil abgesehen - Erfolg.

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Die Beklagte macht mit dem Bescheid vom 22.04.2008 gegenüber dem Kläger Beitragsrückstände ihres Mitglieds im Hinblick auf die nach § 27 Alterssicherungsordnung - ASO - zu entrichtenden Versorgungsbeiträge für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.07.2002 bis zum 29.02.2008 einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 74.743,14 EUR geltend. Für den Zeitraum, in dem der Beigeladene die Arztpraxis gegen den eindeutig bekundeten Willen der Insolvenzgläubiger und - vor allem - des Insolvenzverwalters fortgeführt hatte, stellen die dadurch entstandenen Versorgungsbeiträge keine sonstigen Masseverbindlichkeiten dar und sind nicht aus der Insolvenzmasse nach § 53 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 1 oder 2 InsO vorweg zu berichtigen (dazu unter 2.).

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1.

Nach der einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stellen Forderungen Dritter gegen den Insolvenzschuldner (nur) dann sonstige Masseverbindlichkeiten dar, wenn sie durch die im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter erfolgte Fortführung einer freiberuflichen Praxis entstanden sind (vgl. Bay VGH, B. v. 28.11.2005 - 9 ZB 04.3254 - NVwZ-RR 2006, 550-551 und -[...]; VG Minden, U. v. 19.10.2007 - 7 K 2679/06 -, -[...]; VG Magdeburg, U. v. 26.02.2009 - 3 A 332/06 MD -). Der Kläger hat die Klage hinsichtlich der während der genehmigten Praxisfortführung aufgelaufenen Beitragsrückstände folgerichtig im Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Säumniszuschläge für die ab Insolvenzeröffnung bis zum 07.02.2003 aufgelaufenen Beitragsrückstände können gegenüber dem Insolvenzverwalter entsprechend § 35 ASO erst 14 Tage nach der ihm gegenüber erfolgten Zahlungsaufforderung vom 17.02.2005 geltend gemacht werden, d.h. erst ab dem 03.03.2005. Das Gericht macht von der Regelung in § 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO Gebrauch und überlässt es wegen des nicht unerheblichen Aufwandes der Beklagten, den Betrag (Beitragsrückstand einschließlich Säumniszuschlag) nach Maßgabe der vorgegebenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte neu zu errechnen und den Beteiligten mitzuteilen, ferner den Verwaltungsakt nach Rechtskraft der Entscheidung mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben (§ 113 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

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2.

Materiellrechtlich besteht für den Zeitraum ab dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 29.01.2003 über die Schließung des Praxisbetriebes des Insolvenzschuldners und der daraufhin erfolgten Inbesitznahme der Räumlichkeiten durch den Insolvenzverwalter zum 08.02.2004 keine Rechtsgrundlage mehr für die Entstehung von Masseverbindlichkeiten im Hinblick auf die weiterhin nicht entrichteten Versorgungsbeiträge des Gemeinschuldners und die dadurch aufgelaufenen Beitragsrückstände. Eine Vorwegberichtigung der Verbindlichkeiten des Schuldners, die nach der Insolvenzeröffnung ohne die Einwilligung oder sogar gegen den ausdrücklichen Willen des Insolvenzverwalters entstanden sind, ist aus der Masse nach § 53 InsO nicht möglich. Insoweit besteht für die Auferlegung der Zahlungsverpflichtung durch einen Leistungsbescheid gegen den Insolvenzverwalter keine Rechtsgrundlage. Eine Masseforderung ist nicht mehr begründet worden. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO - eine durch eine Handlung des Insolvenzverwalters begründete Masseverbindlichkeit - liegen nicht vor, weil der Insolvenzverwalter dem Schuldner die Fortführung der Praxis ab diesem Zeitpunkt mit allem Nachdruck verweigert hatte. Es liegt aber auch keine "in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse" begründete Verbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO vor.

24

In Betracht käme insoweit nur eine durch "Verwaltung" der Insolvenzmasse begründete Forderung. Hierunter können auch Pflichtbeiträge für die Versorgungswerke fallen. Voraussetzung ist aber, wie ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter die Praxis fortführt oder sich mit der Fortführung einverstanden erklärt hat (so für Beiträge ausdrücklich Jarchow, Hamburger Kommentar für Insolvenzrecht, 2. A. 2007, § 55 Rdnr. 8; Tetzlaff, InsO 2005, 393, 396: lehnt sogar Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht ab; Onusseit, ZVI, 2009, 353, 356; Pape, NZI 2005, 141, 145; ders. in ZInsO 2002, 917, 920). Rechtssystematisch dürfte dies bereits daraus herzuleiten sein, dass die weiteren Regelbeispiele des § 55 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 2 - Verwertung, Verteilung - ebenfalls (nur) durch den Insolvenzverwalter in Ausführung der Beschlüsse der Gläubigerversammlung bewirkt werden können. Uhlenbruck (InsO, Komm., 12. A., 2003, § 55, Rdnr. 27 ff) zählt zu den "in anderer Weise" entstandenen Masseverbindlichkeiten alle Verbindlichkeiten, die durch die Insolvenzverwaltung ausgelöst werden, z.B. Begleichung öffentlicher Lasten (Rdnr. 28), Aufwendungen für Massesicherungen, z.B. Prämie aus einer Feuerversicherung für Gebäude (Rdnr. 29), Aufwendungen für Beseitigung von Umweltlasten, Steuerschulden der Insolvenzverwaltung (Rdnr. 37), Hausbewirtschaftungskosten bei Wohnungseigentum (Rdnr. 38), gesetzliche Ansprüche aus Gefährdungshaftung (Rdnr. 42), Ansprüche, die aus Unterlassungen des Insolvenzverwalters entstehen, wenn eine Pflicht zum Handeln bestand (Rdnr. 44). All diese Beispiele zeigen, dass auch die "in anderer Weise" begründeten Verbindlichkeiten nur dann Masseverbindlichkeiten sind, wenn sie in einer irgendwie gearteten Weise auf die Verwaltung durch den Insolvenzverwalter zurückzuführen sind.

25

Dass Masseverbindlichkeiten durch ausdrücklich nicht genehmigte Tätigkeiten des Insolvenzschuldners nicht begründet werden, folgt aber auch und gerade aus §§ 80, 81 InsO, denn nach der Insolvenzeröffnung hat der Gemeinschuldner hiernach nicht mehr die Rechtsmacht, durch sein Handeln die Masse zu verpflichten (so ausdrücklich Onusseit, a.a.O. 356). Eine "Mitverwaltung" der Insolvenzmasse durch den Insolvenzschuldner, wie der Beigeladene sie für rechtlich möglich erachtet und für sein Handeln beansprucht, widerspricht grundlegenden Prinzipien des Insolvenzrechts. Die Insolvenzmasse ist zwar kein rechtsfähiges Gebilde; der Gemeinschuldner ist rechtlich (weiterhin) Schuldner der Masseverbindlichkeiten, doch ist seine Schuldnerstellung vermittelt durch den Verwalter als Repräsentant der Masse, welche nach außen (allein) durch den Verwalter in Erschienung tritt (Becker, Insolvenzrecht, 2. A., 2008, Rdnr. 273). Nicht dem Gemeinschuldner, sondern nur dem Insolvenzverwalter steht während des Insolvenzverfahrens das Recht auf Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens des Schuldners gemäß §§ 80, 81, 148 InsO zu.

26

Zwar fällt die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners unstreitig nicht in die Insolvenzmasse und damit auch nicht unter den Insolvenzbeschlag nach § 80 InsO. Der Schuldner kann vom Insolvenzverwalter nicht daran gehindert werden, außerhalb des Insolvenzverfahrens und außerhalb der Masse weiterhin unternehmerisch tätig zu werden (Becker, a.a.O., Rdnr. 197). Zu diesem Zwecke war ihm auf seine Erinnerung hin folgerichtig die Rumpfausstattung seiner Praxis gemäß § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vom Amtsgericht Köln zur weiteren Nutzung zugestanden worden (B. v 15.04.2003-71 IN 25/02 -, NJW-RR 2003, 987-989 und -[...]). Damit war aber keine - auch keine stillschweigende - Genehmigung des Insolvenzverwalters zur Praxisfortführung verbunden in dem Sinne, dass der Schuldner fortan Verbindlichkeiten für die Insolvenzmasse begründen konnte. Vielmehr stand der Praxisfortführung weiterhin der ausdrückliche und eindeutige Beschluss der Gläubigerversammlung vom 29.01.2003 über die Einstellung des Praxisbetriebes und die Verweigerungshaltung des Insolvenzverwalters im Hinblick auf die Genehmigung der Praxisfortführung entgegen.

27

In der vollständigen Einbeziehung des durch das Tätigwerden des Insolvenzschuldners generierten Neuerwerbs in die Insolvenzmasse liegt kein stillschweigendes Einverständnis des Verwalters in die Fortführung der Arztpraxis durch den Gemeinschuldner. Denn das Insolvenzverfahren erfasst - anders als die Konkursordnung nach früherem Recht - das gesamte Vermögen des Schuldners, das dieser während des Verfahrens erlangt. Das folgt aus § 35 InsO in der hier maßgeblichen bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung (die Hinzufügung der Abs. 2 und 3 durch das Insolvenzvereinfachungsgesetz vom 13.04.2007 - BGBl. I 2007, 509 - ist gemäß der Übergangsregelung in Art. 103 c Abs. 1 Satz 1 EGInsO auf zu diesem Zeitpunkt bereits eröffnet gewesene Insolvenzverfahren nicht anwendbar). Der Insolvenzverwalter war nach der Rechtsprechung des BGH gemäß § 35 InsO a.F. gesetzlich verpflichtet, das vom Schuldner während des Insolvenzverfahrens erlangte Vermögen tatsächlich auch für die Insolvenzmasse zu vereinnahmen (BGH, B. v. 20.03.2003 - IX ZB 388/02 -, NJW 2003, 2167-2170 und -[...]: in Nr. 25 wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Einkünfte einer Psychologin aus Gutachten, Unterricht, Betreuungen im vollen Umfang zur Insolvenzmasse zählen und nicht etwa nur der sich aus der Verminderung der Einnahmen um die betrieblich veranlassten Ausgaben ergebende Gewinn). Diese Rechtsprechung hat der BGH in dem dieses Insolvenzverfahren betreffenden Beschluss vom 05.04.2006 - IX ZB 169/04 -, -[...]) erneut bestätigt.

28

Der Grundsatz, dass die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners nicht in die Insolvenzmasse fällt und damit auch nicht dem Insolvenzbeschlag nach § 80 InsO unterliegt, andererseits aber der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, dessen aus der Arbeitkraft herrührende Einkünfte vollständig zur Insolvenzmasse zu ziehen, lässt sich nur auf den ersten Blick nicht miteinander in Einklang bringen. Dem Insolvenzschuldner wird dadurch die nachinsolvenzliche Betätigung nicht unmöglich gemacht. Er ist "nur" gehalten, rechtzeitig und ausreichend Anträge nach §§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, 850a, 850i ZPO an das Insolvenzgericht auf Pfandfreistellung zu steilen. Das ist zwar umständlich, aber nicht unmöglich (Onnusseit, a.a.O., 356). Er kann beantragen, dass ihm von seinem durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier Anteil belassen wird (BGH, B. v. 20.03.2003, a.a.O., vgl. auch Leits. 3; B. v. 05.04.2006, a.a.O., insb. auch Leits. 3). Zudem hat er die Möglichkeit, gemäß § 100 InsO zu beantragen, dass die Gläubigerversammlung aus der Insolvenzmasse Unterhalt für ihn und seine Familie gewährt.

29

Der Umstand, dass die vom Insolvenzschuldner an den Insolvenzverwalter und auch an das Insolvenzgericht tatsächlich auch gestellten Anträge, im Hinblick auf im großen Umfang verheimlichte Privatliquidationen, zunächst abgelehnt wurden - das Insolvenzgericht hat dem Insolvenzverwalter eine Aufrechnungsmöglichkeit der Masse mit einer Schadensersatzforderung gegen den Schuldner wegen unzulässiger Vereinnahmung von Neuerwerb zugebilligt (B. v. 28.02.2005 - 71 IN 25/02 - NZI 2005, 226, -beck-online-), war dem individuellen insolvenzlichen Verhalten des Beigeladenen geschuldet. Diese einzelfallbezogenen Umstände stellen die vorgenannten Grundsätze nicht in Frage. Dass Pfandfreistellungsanträge auch im Falle des Beigeladenen bei Vereinnahmung der Einkünfte für die Masse Erfolg haben können, zeigen im Übrigen die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln vom 06.11.2006 und vom 12.03.2007, die den Zeitraum ab dem 01.06.2006 betreffen und berücksichtigen, dass eine Verheimlichung der Einnahmen aus Privathonoraren, Gutachtereinkünften u.a. ab diesem Zeitpunkt seitens des Insolvenzschuldners nicht mehr stattfand. Die hier vertretene Rechtsauffassung stimmt überein mit der Auffassung des Insolvenzgerichts im Beschluss vom 06.11.2006, wonach die vom Schuldner durch den Praxisbetrieb begründeten Verbindlichkeiten nicht zu den Masseverbindlichkeiten zählen, auch nicht aufgrund der vom Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner nach Maßgabe der Pfandfreistellung in diesem Beschluss zu erstattenden Kosten.

30

Zwar wird von Maus (ZPI 2004, 389, 391) vertreten, dass auch bei einer nicht von der Gläubigerversammlung veranlassten Betriebsfortführung Masseverbindlichkeiten entstehen. Lüdtke (Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. A., 2007, § 35, Rdnr. 269) vertritt, dass bei geduldetem selbständigem Wirtschaften des Schuldners dessen Verbindlichkeiten massezugehörig sind, Ries (ZVI 2004, 221) bejaht dies ebenfalls. Hierbei geht es aber - soweit ersichtlich - stets um geduldete Fortführung oder aber um Fortführung, bei der der Insolvenzverwalter den Anschein erweckt, das Handeln des Schuldners zu dulden bzw. mit ihm einverstanden zu sein. Es kann dahingestellt bleiben, ob geduldete Betriebsfortführung oder Weiterwirtschaften unter dem Rechtsschein der Duldung eines Insolvenzverwalters Masseverbindlichkeiten auszulösen vermögen. Dies könnte zugunsten von Neugläubigern zu bejahen sein, denen anderenfalls ein Zugriffsobjekt für ihre Verbindlichkeiten fehlte. Darum geht es hier nicht. Die Fortführung der Arztpraxis durch den Insolvenzschuldner wurde vom Insolvenzverwalter nach dem 08.02.2003 ausdrücklich nicht geduldet. Er hatte in Ausführung des Beschlusses der Gläubigerversammlung vom 29.01.2003 alles ihm rechtlich Mögliche unternommen, um den Insolvenzschuldner an der Fortführung der Praxis zu hindern. Dieser hatte die Rechtsmacht, seine Praxis fortzuführen, stattdessen vom Insolvenzgericht erhalten (B. v. 15.04.2003 - 71 IN 25/02 -). Unter diesen Umständen liegt eine Duldung der Praxisfortführung durch den Insolvenzverwalter nicht vor. Er ist als bestellte Partei kraft Amtes unabhängiges Organ der Rechtspflege (Amtstheorie, h. M., vgl. Braun, a.a.O., § 80, Rdnr. 18), das im eigenen Namen das ihm übertragene (private) Amt ausübt und dabei im Interesse der insolvenzgläubiger handelt (§ 1 InsO), wobei er die Beschlüsse der Gläubigerversammlung auszuführen hat. Den Beschluss des Insolvenzgerichts hat er sich nicht als eigenes Handeln zurechnen zu lassen, im Übrigen verhält sich der Beschluss vom 15.04.2003 aber auch nicht zu der hier maßgeblichen Frage, ob die durch die Betriebsfortführung entstehenden Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten sind.

31

Der Beigeladene hat sich für seine Rechtsauffassung, dass bei einer vom Schuldner ohne bzw. gegen den Willen des Verwalters betriebenen Praxisfortführung, die Gewinne abwirft, die durch den Betrieb entstehenden Verbindlichkeiten Masseschulden sind, zwar auf Art. 12 Abs. 1 GG und auf die Gesetzesbegründung zum Insolvenzvereinfachungsgesetz vom 13.04.2007 (a.a.O.) berufen. Hieraus kann er aber für sich nichts herleiten. Die von ihm zitierten Sätze lauten (BT-Drs. 16/3227, 17): "Der Insolvenzverwalter hat abzuwägen, ob der Behalt des Neuerwerbs in der Masse für diese vorteilhaft ist. In diesem Falle hat er alle mit dem Neuerwerb in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen." Damit ist, wie in dem Absatz zuvor erläutert, lediglich gemeint, dass der Verwalter prüfen muss, ob er die Fortführung der Tätigkeit duldet. Die diesem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachlage, nämlich dass der Weiterbetrieb gegen seinen Willen erfolgt, ist nicht Gegenstand der Begründung des Gesetzesentwurfs. Zudem hat der Bundesrat den Ausführungen der Bundesregierung, wonach die Neuregelung lediglich klarstellende Funktion habe, aber auch widersprochen (BT-Drs. 16/3227, 24). Die von ihm vorgeschlagene klarstellende Regelung: "Verbindlichkeiten aus einer nicht nach § 35 Abs. 2 aus der Masse freigegebenen selbstständigen Erwerbstätigkeit des Schuldners während des laufenden Insolvenzverfahrens sind Masseverbindlichkeiten", hat die Bundesregierung im Übrigen abgelehnt mit der Begründung (BT-Drs. 16/3227, 27): "Zudem qualifiziert Satz 3 die durch den Schuldner begründeten Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten um. Dies entspricht nicht der Systematik des Gesetzes: Masseverbindlichkeiten entstehen im Insolvenzverfahren kraft Gesetzes (§ 54 InsO) oder werden durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter bzw. die Verwaltung oder Bereicherung der Masse begründe (§ 55 InsO). Der Schuldner selbst kann wegen des Entzugs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO keine Masseverbindlichkeiten begründen." Das entspricht der vom erkennenden Gericht vertretenen Rechtsauffassung.

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Art. 12 Abs. 1 GG ist ohnehin nicht verletzt, weil dem Insolvenzschuldner - wie ausgeführt - die außerinsolvenzliche Verwendung seiner Arbeitskraft mit unpfändbaren Gegenständen (§ 36 Abs. 1 InsO) unter Pfandfreistellung der laufenden Betriebskosten und Pfandfreistellung seines Unterhalts möglich ist. Der Rechtsauffassung des Finanzamts Gummersbach im Hinblick auf Einkommenssteuerschulden, nämlich dass bereits in der bloßen Vermehrung der Insolvenzmasse durch die Einkünfte des Schuldners "Verwaltung der Insolvenzmasse in anderer Weise" liegt und dadurch Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1; Alt. 2 InsO begründet werden, wird nicht gefolgt. Denn anderenfalls hätte es ein Insolvenzschuldner in der Hand, gegen den Willen des Insolvenzverwalters Masseverbindlichkeiten entstehen zu lassen, was - wie ausgeführt - mit § 80 InsO nicht zu vereinbaren wäre.

33

3.

Für den Zeitraum ab dem 01.06.2006 sprechen zwar einige Anhaltspunkte dafür, dass der Insolvenzverwalter die Fortführung der Arztpraxis durch den Insolvenzschuldner zumindest hingenommen hat, wenngleich es im Beschluss des Insolvenzgerichts vom 12.03.2007 - 71 IN 25/02 - heißt, dass eine Einigung zwischen bei Beteiligten nicht möglich gewesen sei. Jedenfalls aber hatten Insolvenzschuldner und Insolvenzverwalter am 31.05.2006 beim Insolvenzgericht-Amtsgericht Köln - im Hinblick die Fortführung der Praxis durch den Insolvenzschuldner eine Regelung getroffen. Es kann offen bleiben, ob hierin bereits eine Duldung des Praxisbetriebes durch den Insolvenzverwalter gesehen werden kann. Denn die für den Zeitraum ab dem 01.06.2006 aufgelaufenen Versorgungsbeiträge sind bereits aus einem anderen Grund keine Masseverbindlichkeiten, nämlich deshalb, weil das Insolvenzgericht veranlasst hatte, dass neben den Kosten für die Führung der Arztpraxis (vgl. B. v. 06.11.2006 - 71 IN 25/02 -) mit Beschluss vom 12.03.2007 -71 IN 25/02 - rückwirkend zum 01.06.2006 Unterhaltsbeträge dem Insolvenzschuldner aus der Masse zu überlassen waren, und zwar insgesamt ein Betrag von 2.464,49 EUR monatlich, wobei ihm hiervon auf seinen beim Gericht gestellten Antrag hin monatlich 1.117,00 EUR ausdrücklich für die Entrichtung der Beiträge zur beklagten Ärzteversorgung überlassen worden waren. Den Beschlüssen hat der Insolvenzverwalter im Wesentlichen entsprochen. Die Beiträge waren vom Beigeladenen (Insolvenzschuldner) in seinem eigenen Versorgungsinteresse an die Beklagte weiterzuleiten. Dass der Beigeladene die seit dem 01.06.2006 rückständigen Beiträge tatsächlich nicht an die Beklagte entrichtet hat, liegt in seinem Verantwortungsbereich. Aufgrund der zweckgerichteten, vom Insolvenzgericht veranlassten Pfandfreigabe konnten "sonstige" Masseverbindlichkeiten" nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 2 InsO nicht entstehen mit der Folge, dass der Kläger auch für die ab dem 01.06.2006 aufgelaufenen rückständigen Versorgungsbeiträge des Beigeladenen nach § 53 InsO aus der Masse nicht verpflichtet werden konnte. Der Leistungsbescheid ist mithin auch, soweit er den Zeitraum ab dem 01.06.2006 betrifft, rechtsfehlerhaft gegen den Kläger (Insolvenzverwalter) gerichtet worden.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Abweichend von der Grundregel in § 155 Abs. 2 VwGO wendet das Gericht bei der zutreffenden einheitlichen Kostenentscheidung die Regelung in § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO entsprechend an, da das geringfügige Unterliegen des Klägers im Hinblick auf Säumniszuschläge (für die bis zum 07.02.2003 aus der Insolvenzmasse zu zahlenden Versorgungsbeiträge des Beigeladenen) und die Teilklagerücknahme zusammen nur einen geringen Teil - nicht mehr als ca. ein Zehntel - des Streitgegenstandes ausmachen. Die entsprechende Anwendung von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO entspricht daher der gesetzlichen Wertung (vgl. auch Bay VGH, U. v. 11.08.2009 - 11 B 08.186 -, -juris). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren der unterliegenden Partei nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Klagantrag gestellt hat und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

36

Gründe, gemäß § 124a Abs, 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.

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Rechtsmittelbelehrung

38

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 74.743,14 EUR festgesetzt.

Wendlandt-Stratmann
Schütz
Ihl-Hett