Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.03.2010, Az.: 8 LB 9/08

Annahme einer wesentlichen Teiltätigkeit des Steinmetzhandwerks und des Steinbildhauerhandwerks beim bloßen Aufstellen von fertigen Grabmalen auf einem Friedhof; Zulässigkeit der selbstständigen Ausübung eines stehenden Gewerbes ohne Eintragung in die Handwerksrolle bei bloßem Aufstellen von Grabsteinen auf einem Friedhof; Annahme von Wesentlichkeit i.S.d. Handwerksordnung (HwO) bei Tätigkeiten aus dem Kernbereich eines Handwerks und Fähigkeit zur Verleihung eines essentiellen Gepräges; Annahme eines handwerklichen Betriebs bei aus der Sicht eines vollhandwerklich arbeitenden Betriebs nur untergeordneten Arbeitsvorgängen aus dem Randbereich des jeweiligen Handwerks; Ergänzung bzw. Ersetzung des Kriterums der Wesentlichkeit i.S.d. der Handwerksordnung (HwO) mit dem Kriterium der Gefahrgeneigtheit durch die Novellierung der Handwerksordnung 2004

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.03.2010
Aktenzeichen
8 LB 9/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 12992
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0311.8LB9.08.0A

Fundstellen

  • DVBl 2010, 665
  • DÖV 2010, 527
  • GewArch 2010, 213-216
  • NVwZ-RR 2010, 639-642
  • NdsVBl 2010, 243-247
  • NordÖR 2010, 218-223

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Das bloße Aufstellen von fertigen Grabmalen auf einem Friedhof ist keine wesentliche Teiltätigkeit des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks; sie darf auch ohne Eintragung in die Handwerksrolle im stehenden Gewerbe selbständig ausgeübt werden.

  2. 2.

    Wesentlich im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO sind Tätigkeiten, die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, rechtfertigen die Annahme eines handwerklichen Betriebes hingegen nicht.

  3. 3.

    Das Kriterium der Wesentlichkeit nach § 1 Abs. 2 HwO wird auch nach der Novelle 2004 der Handwerksordnung (Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2933, und Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2934) nicht durch ein Kriterium der Gefahrgeneigtheit ergänzt oder ersetzt. Auch grundsätzlich gefahrgeneigte Tätigkeiten sind nicht zwingend wesentliche Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO.

Gründe

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte im Berufungsverfahren noch einen Unterlassungsanspruch wegen einer von deren Geschäftsführer getätigten Äußerung geltend.

2

Der Kläger betreibt einen Handel mit von Dritten gefertigten Grabmalen, die er in geringem Umfang auch selbst auf Friedhöfen aufstellt. Der auf dieses Aufstellen entfallende Werklohn des Klägers beträgt ca. 10%, jedenfalls nicht mehr als 20% seines gesamten Betriebsumsatzes.

3

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Kreishandwerkerschaft Lüneburg, handelnd durch deren Geschäftsführer, wandte sich mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 an den Evangelisch-lutherischen Friedhof F.. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:

4

"Uns wurde zugetragen, dass Sie Herrn ... A. ... eine Genehmigung zur Aufstellung von Grabmalen auf Ihren Friedhöfen erteilt haben. Außerdem erteilten Sie Genehmigungen zur Aufstellung von Grabmalen an Privatpersonen.

5

Das Fertigen und Aufstellen von Grabmalen ist eine wesentliche Teiltätigkeit des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks. Dieses Handwerk gehört zu den Berufen, die gem. der Anlage A des Gesetzes zur Ordnung des Deutschen Handwerks nur als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können. Die erforderliche Qualifikation ist die Meisterprüfung in diesem Handwerk oder eine vergleichbare Prüfung.

6

Nach Auskunft der zuständigen Handwerkskammer Bremen liegt für Herrn A. keine Eintragung mit dem Steinmetz- und Bildhauerhandwerk bei der dortigen Kammer vor. Er übt deshalb das Steinmetz- und Bildhauerhandwerk unberechtigt aus, was gem. § 17 der HwO eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

7

Wir bitten Sie, Herrn A. die Genehmigung zur Aufstellung von Grabmalen unverzüglich zu entziehen und auch für Privatpersonen keine Genehmigung zu erteilen." Hierauf antwortete das Evangelisch-lutherische Kirchenkreisamt G. /... der Beklagten mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 und forderte diese auf, eine Rechtsgrundlage für die Untersagung der gewerblichen Tätigkeit des Klägers zu benennen.

8

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte auf, eine Widerrufs- sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dieser Aufforderung kam die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht nach.

9

Der Kläger hat am 13. November 2006 bei dem Verwaltungsgericht Bremen Klage erhoben. Dieses hat die Klage mit Beschluss vom 7. Dezember 2006 an das Verwaltungsgericht Lüneburg verwiesen.

10

Mit seiner Klage hat der Kläger gegen die Beklagte einen Unterlassungs- und Widerrufsanspruch wegen der von ihrem Geschäftsführer getätigten Äußerung sowie Schadensersatz wegen vorprozessual entstandener Kosten für seine anwaltliche Vertretung geltend gemacht. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er könne im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruchs Widerruf der Erklärung und künftige Unterlassung verlangen, weil diese rechtlich falsch sowie geeignet sei und auch darauf abstelle, den zulässiger Weise von ihm betriebenen Gewerbebetrieb zu schädigen und dessen Konkurrenz zu begünstigen. Da er nahezu ausschließlich einen Handel mit Grabsteinen betreibe, stelle die Tätigkeit des Aufstellens von Grabmalen einen sog. "unerheblichen Nebenbetrieb" i.S.d. §§ 2, 3 der Handwerksordnung - HwO - dar. Eine Eintragungspflicht in die Handwerksrolle könne allenfalls dann angenommen werden, wenn das gesamte Berufsbild des Steinmetzen ausgeübt werde. Für das Aufstellen von Grabmalen seien keine Fachkenntnisse erforderlich, es handele sich um ein "Minderhandwerk". Im Übrigen gehöre das Aufstellen von Grabmalen nicht zum typischen Berufsbild des Steinmetzberufes. Der Meisterzwang im Allgemeinen und insbesondere auch für den Steinmetzberuf sei verfassungswidrig. Für die vorgerichtlichen Tätigkeiten seines Prozessbevollmächtigen habe die Beklagte ihm anwaltliche Gebühren in Höhe von insgesamt 377,90 EUR zu erstatten.

11

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, es künftig zu unterlassen gegenüber Dritten über ihn wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen, er sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzes in die Handwerksrolle eingetragen sei,

  2. 2.

    der Beklagten für jeden einzelnen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nach Ziffer 1 Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, oder, falls dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft der gesetzlichen Vertreter, oder Ordnungshaft der gesetzlichen Vertreter bis zu 6 Monaten anzudrohen,

  3. 3.

    die Beklagte zu verpflichten, gegenüber dem Ev.-luth. Friedhof F., ..., ..., die mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 aufgestellte Behauptung zu widerrufen, er übe das Steinmetz-/Bildhauer-handwerk unberechtigt aus, dies stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, das Aufstellen von Grabmalen dürfe nur mit Meisterprüfung oder einer der Meisterprüfung vergleichbaren Prüfung betrieben werden, dem Kläger solle die Genehmigung zur Aufstellung von Grabmalen unverzüglich entzogen werden,

  4. 4.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 377,90 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung hat sie vorgetragen, Steinmetztätigkeiten würden als gefahrenträchtig eingestuft. Die Ausführung von Steinmetzarbeiten am Friedhof sei umfassender Natur und daher vollumfänglich aus dem Blickwinkel der Handwerksordnung zu betrachten. Es gehe nicht nur um den Akt der Verdübelung des Grabmals. Insbesondere aus Gründen der Verkehrssicherheit müsse ein am Friedhof tätiger Steinmetz in der Lage sein, die Standsicherheit des Steins und benachbarter Steine sowie die Einsturzgefährdung zu beurteilen, ferner Grundfragen der Geologie beherrschen und Wissen über Fundamente besitzen. Es existierten Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, die Teil der Ausbildung im Steinmetzhandwerk seien und im Ausland nicht gelehrt würden. Diese seien als bindendes Recht einzuhalten. Ein Friedhofsträger könne sich darüber nicht durch Zulassung von nicht qualifizierten Kräften hinwegsetzen.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 17. Oktober 2007 verurteilt, es künftig zu unterlassen, gegenüber Dritten über den Kläger wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen, er sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei, der Beklagten für jeden einzelnen Verstoß gegen dieses Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 EUR angedroht und die Beklagte verpflichtet, gegenüber dem Evangelisch-lutherischen Friedhof F., die mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 aufgestellte Behauptung zu widerrufen, der Kläger übe das Steinmetz-/Bildhauerhand-werk unberechtigt aus, dies stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, das Aufstellen von Grabmalen dürfe nur mit Meisterprüfung oder einer der Meisterprüfung vergleichbaren Prüfung betrieben werden, dem Kläger solle die Genehmigung zur Aufstellung von Grabmalen unverzüglich entzogen werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

15

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig, soweit der Kläger von der Beklagten die Zahlung vorprozessual entstandener Kosten seiner anwaltlichen Vertretung begehre. Denn insoweit sei allein der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben, da es sich hierbei um einen Schadensersatzanspruch handele, für den als Anspruchsgrundlage allein die Vorschrift des§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht komme. Soweit der Kläger einen Unterlassungs- und Widerrufsanspruch gegen die Beklagte geltend mache, sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet und die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig. Insbesondere bestehe ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis. Denn dem Kläger könne nicht zugemutet werden, zunächst die Wiederholung der umstrittenen Äußerung abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen. Eine Wiederholungsgefahr sei auch deshalb gegeben, weil es die Beklagte bisher abgelehnt habe, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die streitige Erklärung gegenüber dem Evangelisch-lutherischen Friedhof F. zu widerrufen. Dem Kläger stehe der beantragte Unterlassungsanspruch als Abwehranspruch gegenüber den hoheitlichen Äußerungen der Beklagten zu. Diese habe mit dem Schreiben vom 2. Oktober 2006 rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen. Denn die in diesem Schreiben von der Beklagten geäußerte Rechtsauffassung sei inhaltlich unzutreffend, was die Beklagte angesichts der einschlägigen Rechtsprechung auch habe erkennen müssen. Die Frage, ob der Kläger zum Aufstellen von Grabsteinen berechtigt sei oder diese Tätigkeit ein erlaubnispflichtiges Handwerk darstelle, die der Eintragung mit dem Beruf des Steinmetzen und Bildhauers in die Handwerksrolle bedürfe, ergebe sich aus der Handwerksordnung und den Anforderungen, die die Rechtsprechung hierzu aufgestellt habe. Danach komme es zwar für die Feststellung, ob ein Betrieb als Handwerksbetrieb zu qualifizieren sei, zunächst nicht darauf an, dass in vollem Umfang ein handwerksfähiges Gewerbe ausgeübt werde. Ein Handwerksbetrieb könne vielmehr auch dann vorliegen, wenn dort Tätigkeiten ausgeübt würden, die nur Teilbereiche eines Gewerbes der Anlage A der Handwerksrolle umfassten, hier den Teilbereich des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks. Erforderlich sei aber, dass die ausgeführten Tätigkeiten zu den "wesentlichen Tätigkeiten" des betroffenen Handwerks gehören. Wesentliche Tätigkeiten eines handwerksfähigen Gewerbes lägen nur vor, wenn es sich dabei um Verrichtungen und Arbeitsweisen handele, die den Kernbereich gerade dieses Handwerks ausmachten und ihm sein essentielles Gepräge verliehen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erschienen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassten, könnten die Annahme eines handwerklichen Betriebes hingegen nicht rechtfertigen. Dies treffe nicht nur auf die Arbeitsvorgänge zu, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erforderten. Vielmehr gehörten hierzu auch solche Tätigkeiten, die zwar anspruchsvoll, aber im Rahmen des Gesamtbildes des betreffenden Handwerks nebensächlich seien und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten verlangten, auf welche die einschlägige handwerkliche Ausbildung hauptsächlich ausgerichtet sei. Nach diesen Maßstäben und unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien die im Gewerbebetrieb des Klägers ausgeführten Arbeiten (Handel mit und Aufstellen von Grabsteinen) nicht Teil des Kernbereichs des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks. Der Tätigkeitsbereich des Klägers, soweit er das Aufstellen der im Rahmen seines Gewerbes verkauften fertigen Grabmale auf Friedhöfen betreffe, repräsentiere nur einen kleinen Ausschnitt aus den Kenntnissen und Fähigkeiten, die das Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk prägten. Der Kernbereich des vorgenannten Handwerks liege aber in der formenden und gestaltenden Tätigkeit am Stein und mit dem Stein. Aus dem Stein als Werkstoff oder unter Verwendung des Werkstoffs Stein stelle der Steinmetz und Steinbildhauer sein Werk her. Es gehe ihm vorwiegend darum, unter Verwendung von Stein etwas Neues zu schaffen. Dem stünden auch die von der Beklagten benannten Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbau-Berufsgenossenschaft nicht entgegen. Zwar seien auch Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes dem Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk zuzurechnen. Unfallverhütungsvorschriften und Verkehrssicherungspflichten im Allgemeinen, die alle Gewerbetreibenden und Handwerker beträfen, würde jedoch keine Aussage über die Zugehörigkeit einzelner Tätigkeiten zu dem Kern eines Handwerks, insbesondere zu der hier streitigen Frage, ob es sich bei der Tätigkeit des Aufstellens von Grabmalen um wesentliche Tätigkeiten des Steinmetzberufes handele, beinhalten. Schließlich führe der Einwand der Beklagten, dass es für das Aufstellen von Grabmalen entsprechender Fachkenntnisse bedürfe, nicht zu der Annahme, dass die Ausübung dieser Tätigkeit durch den Kläger als Ausübung des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks anzusehen sei. Das Erfordernis bzw. Vorhandensein von Fachkenntnissen oder Spezialwissen ändere nämlich nichts daran, dass die Tätigkeit des Aufstellens von Grabsteinen das Berufsbild des Steinmetzen und Steinbildhauers nicht in seinem Kernbereich berühre. Unter den im Wesentlichen gleichen materiellen Voraussetzungen stehe dem Kläger gegen die Beklagte auch ein (Folgenbeseitigungs-)Anspruch auf Widerruf der Äußerungen gegenüber dem evangelisch-lutherischen Friedhof F. zu. Der Antrag des Klägers, der Beklagten für jeden einzelnen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR, oder, falls dies nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft der gesetzlichen Vertreter, oder Ordnungshaft der gesetzlichen Vertreter bis zu 6 Monaten anzudrohen, habe aber nur teilweise Erfolg. Denn aufgrund der Besonderheiten des öffentlichen Rechts könne nur ein Ordnungsgeld von 10.000 EUR angedroht werden. Eine Androhung von Ersatzordnungshaft bzw. Ordnungshaft könne nicht erfolgen.

16

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die der Senat durch Beschluss vom 18. Februar 2008 - 8 LA 132/07 - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassen hat, soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung und die darauf bezogene Androhung eines Ordnungsgeldes wendet. Im Übrigen hat der Senat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

17

Zur Begründung der Berufung vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt weiter aus: Der Kläger benötige zum Aufstellen von Grabmalen eine handwerksrechtliche Zulassung. Entscheidend sei, dass es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei dieser Tätigkeit um eine wesentliche (Teil-)Tätigkeit des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks handele. Zur Bestimmung der Wesentlichkeit sei nach der Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 maßgeblich auf die Gefahrgeneigtheit einer Tätigkeit abzustellen. Diese müsse hier bejaht werden. Denn die Aufnahme des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks in die Anlage A zur Handwerksordnung im Rahmen von derer Novellierung im Jahr 2004 sei gerade auf zahlreiche Unfälle in diesem Bereich zurückzuführen. Grabmale seien eben Bauwerke, bei deren Errichtung die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst beachtet werden müssten. Insbesondere müssten diese nach statischen Berechnungen über die Tragfähigkeit des Untergrundes standsicher aufgestellt und entsprechend ihrer Größe dauerhaft und frostsicher gegründet sein. Dieser Fundamentierung sowie der Verdübelung und Vermörtelung der Grabmale mit dem Fundament komme entscheidende Bedeutung für die Standsicherheit der Grabmale zu. Die Gefahrgeneigtheit der hiermit verbundenen Tätigkeiten zeige sich auch in verschiedenen technischen Regelwerken wie der Technischen Anleitung zur Standsicherheit von Grabmalanlagen (TA Grabmal), der Richtlinien für das Erstellen und Prüfen von Grabanlagen des Bundesinnungsverbandes des Deutschen Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks und der Unfallverhütungsvorschriften für Grabmale von Berufsgenossenschaften sowie daran, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Steinmetz- und Steinbildhauermeisterverordnung "Entwurf, Herstellung und Aufstellung von Denkmälern und Grabsteinen sowie Herstellung und Verlegung von Grababdeckungen und -einfassungen" eine essentielle Tätigkeit des Berufsbildes des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks sei. Im Übrigen bezögen heute zahlreiche Grabmalsteinmetze vorgefertigte Grabmale von Industriebtrieben und beschränkten ihre Tätigkeit auf das Aufstellen, da eine künstlerische händische Fertigung in Deutschland aus Kostengründen kaum möglich sei. Der danach zu bejahenden Wesentlichkeit der (Teil-)Tätigkeit "Aufstellen von Grabmalen" stehe die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Diese sei zum einen weit vor der Novelle der Handwerksordnung ergangen und betreffe einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, in dem jemand mit einschlägigem Erfahrungshorizont Teiltätigkeiten von Steinmetzen aufnehme. Neben der danach erforderlichen handwerksrechtlichen Zulassung ergäben sich in der Regel aus Friedhofssatzungen ähnliche oder gar weitergehende Genehmigungserfordernisse. Hiernach sei die Tätigkeit von Gewerbetreibenden auf Friedhöfen regelmäßig von einer Zulassung der Friedhofsverwaltung abhängig. Voraussetzung für diese Zulassung sei unter anderem eine fachliche Zuverlässigkeit und eine handwerksrechtliche Ausbildungsqualifikation, wenn nicht gar eine Meisterprüfung. Genau an dieser fachlichen Qualifikation fehle es aber bei dem Kläger. Dieser habe weder eine Ausbildung im Steinmetzgewerbe noch sei er mit Verkehrssicherungspflichten und Unfallverhütungsvorschriften vertraut. Daher sei keinerlei Berechtigung zu erkennen, die es dem Kläger erlauben würde, Grabmale aufzustellen.

18

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 17. Oktober 2007 zu ändern, soweit die Berufung zugelassen worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

20

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das Kriterium der Gefahrgeneigtheit als wesentlicher Zweck der Handwerksordnung nur geeignet, deren Anwendungsbereich zu begrenzen, nicht aber diesen auszuweiten, zumal es sich nicht um ein geschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1 der Handwerksordnung handele. Im Übrigen stelle nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Oberverwaltungsgerichte eine Tätigkeit, die nicht sämtliche Tätigkeiten aus einem Berufsbild nach Anlage A der Handwerksordnung umfasse, kein minus zu dieser dar, sondern ein aliud. Sei dieses aliud als solches nicht in die Anlage A zur Handwerksordnung aufgenommen, könne für dessen selbständige Ausübung im stehenden Gewerbe nicht die Eintragung in die Handwerksrolle verlangt werden. Den von der Beklagten verwendeten Beruf des Grabmalsteinmetzen kenne die Anlage A zur Handwerksordnung gar nicht. Auch die Beschreibung des Berufsbildes des Steinmetzen oder Steinbildhauers in den Ausbildungs- und Berufsbildverordnungen nenne das Aufstellen von Grabmalen nicht. Der Kläger übe hier auch tatsächlich keine der Haupttätigkeiten eines Steinmetzen oder Steinbildhauers aus. Vielmehr würden nach seinen individuellen Vorgaben in zwei polnischen Steinmetzbetrieben die Grabsteine komplett gefertigt. Er transportiere diese sodann nach Deutschland und stelle diese, gegebenenfalls unter Heranziehung von Hilfskräften, auf den Friedhöfen auf. Soweit erforderlich habe er bei den Friedhofsverwaltungen eine Aufstellgenehmigung beantragt und teilweise, beispielsweise von der Stadt H. am 26. März 2008, eine solche auch erhalten. Seit der Auseinandersetzung mit der Beklagten habe er seine Tätigkeit zum Aufstellen von Grabsteinen zur Gänze eingestellt, beabsichtige aber, diese nach einem für ihn günstigen Abschluss der Auseinandersetzung wieder aufzunehmen. Die für diese Tätigkeit maßgeblichen Sicherheitsbestimmungen seien ihm bekannt und würden beachtet. Wenn die Beklagte darauf verweise, die Aufnahme des Steinmetzen in die Anlage A zur Handwerksordnung sei den zahlreichen Unfällen in diesem Bereich geschuldet, sei dies nicht nachzuvollziehen. Denn diese Unfälle seien ja trotz des grundsätzlichen Erfordernisses einer handwerksrechtlichen Zulassung aufgetreten.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

22

Entscheidungsgründe Die zulässige Berufung, die nach dem Beschluss des Senats vom 18. Februar 2008 - 8 LA 132/07 - im Berufungszulassungsverfahren nur die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung und die darauf bezogene Androhung eines Ordnungsgeldes zum Gegenstand hat, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben.

23

Die auf Unterlassung von Äußerungen der Beklagten und Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Verstoß gegen das Unterlassungsgebot gerichtete Klage des Klägers ist zulässig (1.) und begründet (2.).

24

1.

Für den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Der Unterlassungsanspruch ist öffentlich-rechtlicher Natur. Als Abwehranspruch teilt er die Rechtsnatur des Handelns, gegen das er sich richtet (BVerwG, Beschl. v. 29.4.1985 - 1 B 149/84 -, [...] Rn. 8). Mit seiner Klage will der Kläger erreichen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit künftig die Behauptung unterlässt, er, der Kläger, sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei. Diese Behauptung ist von der Beklagten, handelnd durch ihren Geschäftsführer, als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 89 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 53 Satz 1 der Handwerksordnung - HwO - in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2091)) bei Erfüllung hoheitlicher Aufgaben und gestützt auf vorhandene oder vermeintliche öffentlich-rechtliche Befugnisse abgegeben worden. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft ist, anders als deren Vorstand, zwar kein Organ (vgl. Detterbeck, HwO, 4. Aufl., § 89 Rn. 1, § 60 Rn. 1), aber nach § 21 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ein verfassungsgemäß berufener Vertreter im Sinne des § 30 BGB. Die von ihm hier in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen getätigten Äußerungen werden der Beklagten daher nach §§ 31, 89 Abs. 1 BGB zugerechnet (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.12.2009 - 2 ME 313/09 - m.w.N.; Palandt, BGB, 69. Aufl., § 31 Rn. 6 ff.).

25

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.5.1989 - 7 C 2/87 -, BVerwGE 82, 76, 77 f.; BVerwG, Urt. v. 17.1.1980 - 7 C 42/78 -, BVerwGE 59, 319, 325 ff.) Wird mit dieser - wie hier - ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht, der anders als der Anspruch auf Widerruf bereits getätigter Äußerungen auf ein künftiges Ereignis ausgerichtet ist, muss ein besonderes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.5.1989 - 7 C 2/87 -, [...] Rn. 46). Daran fehlt es, solange sich noch nicht mit dafür erforderlicher Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.3.1974 - 1 C 7/73 -, BVerwGE 45, 99, 105 [BVerwG 19.03.1974 - I C 7/73]). Sind aber Rechtsverletzungen bereits erfolgt und weitere zu besorgen, ist eine vorbeugende Unterlassungsklage zulässig; der Rechtsschutz wäre ungenügend, wenn auch in diesen Fällen erst nach Eintritt einer Rechtsverletzung nur festgestellt werden könnte, dass ein Anspruch auf Unterlassung dieser Rechtsverletzung bestanden habe (BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 56/79 -, BVerwGE 64, 298, 300). Danach liegt hier, wo der Kläger von der Beklagten vor dem Hintergrund bereits erfolgter Äußerungen die Unterlassung künftiger Äußerungen verlangt, ein besonderes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis vor. Denn dem Kläger kann nicht zugemutet werden, zunächst die Wiederholung der umstrittenen Äußerung abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass die Beklagte es bisher abgelehnt hat, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die streitige Äußerung vollinhaltlich verteidigt.

26

2.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung, gegenüber Dritten über den Kläger wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen, er sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei (a.) Das Verwaltungsgericht hat der Beklagten für jeden einzelnen Verstoß gegen dieses Unterlassungsgebot zu Recht ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 EUR angedroht (b.).

27

a.

In der Rechtsprechung ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Beseitigung subjektiv-öffentliche Rechte verletzender amtlicher Äußerungen im Bereich der hoheitlichen Verwaltung heute grundsätzlich anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.8.1997 - 3 C 49/96 -, [...] Rn. 19; BVerwG, Urt. v. 12.10.1971 - 6 C 99.67 -, BVerwGE 38, 336, 346 [BVerwG 12.10.1971 - VI C 99/67]; BVerwG, Beschl. v. 27.12.1967 - 6 B 35.67 -, DÖV 1968, 429; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 12.2.1991 - 9 L 246/89 -, NJW 1992, 192, 193), und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige behördliche Maßnahme nicht auf einem Verwaltungsakt, sondern auf schlichtem Verwaltungshandeln beruht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.5.1989 - 7 C 2/87 -, BVerwGE 82, 76, 78 ; BVerwG, Urt. v. 25.8.1971 - 4 C 23.69 -, DVBl. 1971, 858, 860).

28

Ein solcher öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch setzt - unabhängig davon, ob dessen Rechtsgrundlage unmittelbar in den Grundrechten oder in dem analog anzuwendenden § 1004 BGB gesehen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.1.1989 - 7 C 77/87 -,BVerwGE 81, 197, 199 f. (offengelassen); Niedersächsisches OVG, Urt. v. 12.2.1991 - 9 L 246/89 -, NJW 1992, 192, 193 (Grundrechte); Bayerischer VGH, Urt. v. 18.12.1990 - 8 B 87.03780 -, NJW 1991, 2660 f. [VGH Bayern 18.12.1990 - 8 B 87.03780]; Hessischer VGH, Urt. v. 20.10.1987 - 9 OE 24/83 -, NJW 1988, 1683 f. [VGH Hessen 20.10.1987 - 9 OE 24/83] (§ 1004 BGB analog)) - voraus, dass zu besorgen ist, die Beklagte werde künftig durch ihr hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.8.1997 - 3 C 49/96 -, [...] Rn. 19; BVerwG, Beschl. v. 29.4.1985 - 1 B 149/84 -, [...] Rn. 9). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

29

Die wörtliche oder sinngemäße Behauptung der Beklagten gegenüber Dritten, der Kläger sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei, ist rechtswidrig.

30

Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, weil es ihm an einer handwerksrechtlich erforderlichen Zulassung fehle, ist falsch. Sie beruht auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung der Beklagten. Das Aufstellen von Grabmalen auf einem Friedhof ist eine Tätigkeit, die auch ohne Eintragung in die Handwerksrolle im stehenden Gewerbe selbständig ausgeübt werden darf.

31

Nach § 1 Abs. 1 HwO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Nach Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist ein Gewerbebetrieb ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A zur HwO aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten).

32

Das Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" ist in Nr. 8 der Anlage A zur HwO aufgeführt. Der Gewerbebetrieb des Klägers umfasst dieses Handwerk, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, aber nicht vollständig. Das vom Gewerbebetrieb des Klägers allein umfasste Aufstellen von Grabmalen auf Friedhöfen stellt auch keine Tätigkeit dar, die für das Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" wesentlich ist.

33

Wesentlich im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO sind Tätigkeiten, die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, rechtfertigen die Annahme eines handwerklichen Betriebes hingegen nicht (vgl. Senatsurt. v. 27.10.1992 - 8 L 10/90 -, GewArch 1993, 250 f.; BVerwG, Urt. v. 25.2.1992 - 1 C 27/89 -, NVwZ-RR 1992, 547, 548; Detterbeck, HwO, 4. Aufl., § 1 Rn. 67 jeweils m.w.N.).

34

Für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Verordnungen über Berufsbilder und Prüfungsanforderungen in der Meisterprüfung veröffentlichte Berufsbilder mit herangezogen werden. Sie enthalten nämlich erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.9.1991 - 1 C 55/88 -, NVwZ-RR 1992, 472, 473).

35

Unter Berücksichtigung der Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der bis zum 30. September 1990 geltenden Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk vom 1. April 1975 (BGBl. I S. 778), wo es heißt:

36

"Dem Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen: ... 4. Entwurf, Herstellung und Aufstellung von Denkmälern und Grabsteinen sowie Herstellung und Verlegung von Grababdeckungen und -einfassungen;", und § 2 Abs. 2 Nr. 10 der Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk vom 11. Juli 2008 (BGBl. I S. 1281), wo es heißt:

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"Im Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk sind zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Fertigkeiten und Kenntnisse als ganzheitliche Qualifikationen zu berücksichtigen: ... 10. Werkstücke und Bauteile, insbesondere Grabmalanlagen und Denkmäler, auch unter Berücksichtigung von Schriften, Ornamenten, Zeichen und Symbolen, entwerfen, herstellen, aufstellen und versetzen," ist daher davon auszugehen, dass das Aufstellen von Grabmalen fachlich dem Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" zugehörig ist. Eine Aussage zur Wesentlichkeit dieser Tätigkeit ist hiermit aber noch nicht verbunden. Denn die Meisterprüfungsberufsbilder können eine Reihe unterschiedlichster Tätigkeiten und Kenntnisse enthalten, also sowohl wesentliche Tätigkeiten des betreffenden Handwerks als auch einfache Tätigkeiten sowie Tätigkeiten nicht geregelter Gewerbe (so zutreffend Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 15/1206, S. 41; vgl. Detterbeck, HwO, 4. Aufl., § 45 Rn. 14).

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Maßgeblich für die Wesentlichkeit ist vielmehr, ob die jeweilige Tätigkeit bei natürlicher Betrachtung den Kernbereich des Handwerks ausmacht und ihm sein essentielles Gepräge gibt. Nach der - verfassungskonformen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.9.2000 - 1 BvR 2176/98 -, NVwZ 2001, 189 ) - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt der Kernbereich des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks in der formenden und gestaltenden Tätigkeit am Stein und mit dem Stein. Steinmetz und Steinbildhauer stellen ihr Werk aus dem Stein als Werkstoff oder unter Verwendung des Werkstoffs Stein her mit dem Ziel, unter Verwendung von Stein etwas zu schaffen. Die Tätigkeit eines Steinmetzen und Steinbildhauers wird essentiell dadurch geprägt, dass der natürliche oder künstliche Stein bearbeitet wird und hierdurch einem Steinrohling durch substanzverändernde Tätigkeiten ein neues Gesicht oder eine neue Gestalt gegeben wird, wie beispielsweise bei der Herstellung eines Grabsteins, einer Grababdeckung oder einer Grabeinfassung (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1990 - 1 C 41.88 -, BVerwGE 87, 191, 194 f.). Im Verhältnis hierzu ist das bloße Aufstellen des aus Stein hergestellten Werks nur eine dem Randbereich des Handwerks zuzuordnende Tätigkeit, und zwar selbst dann, wenn das Aufstellen mit Fundamentierungs-, Armierungs- oder Verdübelungsarbeiten verbunden ist. Denn für die Herstellung des Werks aus Stein und die handwerkliche gestaltende Arbeit des Steinmetzen oder Steinbildhauers sind diese Tätigkeiten nicht prägend (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1990 - 1 C 41/88 -, BVerwGE 87, 191, 195 f.).

39

Anlass, von dieser überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen, besteht für den Senat nach dem Vorbringen der Beklagten hier nicht.

40

Soweit die Beklagte einwendet, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beziehe sich lediglich auf die Frage, ob die Restaurierung von Steinwerken eine wesentliche Tätigkeit der Steinmetzen und Steinbildhauer sei und daher nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden könne, geht sie fehl. Das Bundesverwaltungsgericht hat allgemein den Kernbereich des Handwerks der Steinmetzen und Steinbildhauer beschrieben und hieran auch in der Folge festgehalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1992 - 1 C 36/89 -, GewArch 1993, 117). Zudem bestimmt sich die Wesentlichkeit einer Tätigkeit nicht danach, von wem sie tatsächlich ausgeführt wird, also etwa einem Grabsteinrestaurator oder einem Grabsteinhändler, sondern danach, ob sie für ein bestimmtes Handwerk prägend ist, so dass das Vorliegen einer wesentlichen Tätigkeit nur einheitlich und fallübergreifend beurteilt werden kann.

41

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch überholt, dass die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 nun maßgeblich eine Betrachtung nach der Gefahrgeneigtheit einer Tätigkeit erfordert und diese Gefahrgeneigtheit gerade für das Aufstellen von Grabmalen zu bejahen ist. Zutreffend ist zwar, dass seit der Herausnahme des Handwerksrechts aus derGewerbeordnung im Jahre 1953 maßgebliche Zwecke der Handwerksordnung - und zugleich die Rechtfertigung für die Meisterprüfung - die Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks, die Qualitätssicherung sowie die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft waren und der Gesetzgeber mit der Novelle 2004 (Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2933, und Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2934) die maßgeblichen Zwecke der deregulierten und entbürokratisierten Handwerksordnung dahingehend neu bestimmt hat, dass nunmehr einerseits Gesundheit und Leben Dritter geschützt und andererseits die hohe Ausbildungsbereitschaft im Handwerk gesichert werden sollen (vgl. eingehend Müller, Meisterpflicht und Gefahrgeneigtheit - Zum Grundverständnis der Handwerksordnung nach der Novelle 2004 -, GewArch 2007, 361 f.). Dies zeigt aber zugleich, dass nicht allein die Gefahrgeneigtheit von typischerweise mit einem Handwerk verbundenen Tätigkeiten Anlass für dessen Aufnahme in die Anlage A zur HwO gewesen sein muss, diese vielmehr auch oder stattdessen auf die Ausbildungsleistung des betreffenden Handwerks zurückzuführen sein kann. Insbesondere für das Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" ist nicht ersichtlich, dass dieses (allein) wegen der Gefahrgeneigtheit der dieses Handwerk prägenden Tätigkeiten in die Anlage A zur HwO als das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Handwerke aufgenommen worden ist. Vielmehr sah der ursprüngliche Gesetzentwurf vor, dass die Anlage A der HwO auf den Kreis der Handwerke beschränkt wird, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, a.a.O., BT-Drs. 15/1206, S. 1 und 22). In dieser ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs war das Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" nicht der Anlage A, sondern lediglich der Anlage B zugeordnet (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, a.a.O., BT-Drs. 15/1206, S. 14). Erst im Vermittlungsverfahren wurde das für die Aufnahme von Handwerken in die Anlage A maßgebliche Kriterium der Gefahrgeneigtheit um das Kriterium der Ausbildungsleistung ergänzt (vgl. Stenografischer Bericht der 795. Sitzung des Bundesrates v. 19.12.2003, S. 503 und 517) und erst in diesem Zuge das Handwerk der "Steinmetzen und Steinbildhauer" in die Anlage A zur HwO aufgenommen (Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Dritten Gesetz zur Änderung derHandwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 15/2246, S. 4).

42

Kann die Aufnahme in die Anlage A zur HwO und damit Zulassungspflichtigkeit eines Handwerks aber in gleicher Weise wegen dessen Gefahrgeneigtheit oder wegen dessen Ausbildungsleistung erfolgt sein, bietet allein die Gefahrgeneigtheit einer Tätigkeit keinen Anhaltspunkt dafür, ob es sich um eine wesentliche oder um eine nicht wesentliche Tätigkeit eines Handwerks handelt. Maßgeblich bleibt danach die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Abgrenzung nach Kern- und Randbereich eines Handwerks, so dass eine dem Randbereich zuzuordnende Tätigkeit, selbst dann, wenn sie gefahrgeneigt ist, keine wesentliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO darstellt.

43

Ebenso wird auch die Negativabgrenzung in § 1 Abs. 2 Satz 2 HwO nicht durch ein Kriterium der Gefahrgeneigtheit erweitert oder überlagert (vgl. Senatsbeschl. v. 4.1.2007 - 8 LA 123/06 -; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.12.2005 - 6 S 1601/05 -,GewArch 2006, 126, 128; a.A. Kormann/Hüpers, Zweifelsfragen der HwO-Novelle 2004, GewArch 2004, 353). Nach Nr. 2 dieser Bestimmung sind keine wesentlichen Tätigkeiten insbesondere solche, die zwar eine längere Anlernzeit von mehr als 3 Monaten verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist. Selbst wenn, wie die Beklagte es unter Hinweis auf verschiedene technische Regelwerke wie die Technische Anleitung zur Standsicherheit von Grabmalanlagen (TA Grabmal), die Richtlinien für das Erstellen und Prüfen von Grabanlagen des Bundesinnungsverbandes des Deutschen Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks und die Unfallverhütungsvorschriften für Grabmale von Berufsgenossenschaften behauptet, das Aufstellen von vorgefertigten Grabmalen grundsätzlich gefahrgeneigt sein sollte, stellt es nicht allein deshalb schon eine wesentliche Tätigkeit des Steinmetzen- und Steinbildhauerhandwerks dar, weil es - wie dargelegt - für das Gepräge dieses Handwerks nur nebensächlich ist und allenfalls einen kleinen, keinesfalls hauptsächlichen Ausschnitt aus den Kenntnissen und Fähigkeiten, die sich nach der oben zitierten Steinmetz- und Steinbildhauermeisterverordnung als zentrale Qualifikationsmerkmale das Steinmetzen- und Steinbildhauerhandwerk darstellen, erfordert. Hierbei handelt es sich um lediglich anlernfähige Kenntnisse und Fertigkeiten aus dem Bereich des Maurerhandwerkes bei der Herstellung eines Grabsockels (Fundaments), bei der fachgerechten Verbindung dieses Fundamentes mit den vorgefertigten Grabmalen und deren passgenaues sowie lotrechtes Aufstellen (vgl. LG Mainz, Urt. v. 31.1.2006 - 10 HK.O 54/05, 10 HKO 54/05 -, GewArch 2007, 123). Über welche konkreten Kenntnisse und Fertigkeiten hingegen der Kläger verfügt, ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO unerheblich (vgl. Senatsbeschl. v. 27.4.2006 - 8 LA 63/05 -).

44

Soweit die Beklagte darüber hinaus behauptet, der Kläger sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, weil es ihm an anderen erforderlichen, hier insbesondere friedhofsrechtlichen Zulassungen fehle, bestehen erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit dieser Behauptung. Denn der Kläger hat zumindest für die Friedhöfe der Stadt H. und die evangelisch-lutherischen Friedhöfe im Kirchenkreis I. entsprechende friedhofsrechtliche Zulassungen nachgewiesen.

45

Letztlich kann der Senat aber dahinstehen lassen, ob diese Behauptung inhaltlich richtig ist. Denn die Beklagte hat eine solche Äußerung schon deshalb zu unterlassen, weil sie insoweit nicht im Rahmen ihrer Zuständigkeit, sondern ultra vires handelt (vgl. zu diesem Anwendungsfall des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs BVerwG, Urt. v. 17.7.1987 - 7 C 19/85 -, Buchholz 11 Art. 87 GG Nr. 3; BVerwG, Urt. v. 17.1.1980 - 7 C 42/78 -, BVerwGE 59, 319, 326). Die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 89 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 53 Satz 1 HwO) kann und darf nur im Rahmen des ihr durch Gesetz oder Satzung zugewiesenen Aufgaben- und Wirkungsbereiches und damit innerhalb des durch ihre Zwecke und Aufgaben bestimmten, sachlich und räumlich beschränkten Lebenskreises handeln (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1992 - I ZR 251/90 -, BGHZ 119, 237, 242 f.; BGH, Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 278/88 -, NVwZ 1991, 300, 301 ; BGH, Urt. v. 28.2.1956 - I ZR 84/54 -, BGHZ 20, 119, 124; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.9.1975 - IV A 464/72 -, DVBl 1976, 395, 396).

46

Unter Berücksichtigung der sich aus § 87 HwO ergebenden Pflichtaufgaben und aus § 2 der Satzung der Beklagten ergebenden freiwilligen Aufgaben der Beklagten ist nicht ersichtlich, dass es zu deren Aufgabenbereich gehören würde, Dritte über die Erforderlichkeit anderer als handwerksrechtlicher, öffentlich-rechtlicher Zulassungen, insbesondere nach den Bestimmungen des Friedhofsrechts, für das Aufstellen von Grabmalen auf Friedhöfen hinzuweisen. Ein Bezug zu den Aufgaben der Beklagten und insbesondere den nach § 87 Nr. 1 HwO wahrzunehmenden Gesamtinteressen des selbständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes ist bei Hinweisen, die ausschließlich Belange der Träger von Friedhofsverwaltungen und Benutzer der Friedhöfe betreffen, nicht erkennbar.

47

Die damit insgesamt rechtswidrige Behauptung der Beklagten gegenüber Dritten, der Kläger sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei, verletzt den Kläger in subjektiv-öffentlichen Rechten, hier aus Art. 12 Abs. 1 GG (Recht auf freie Berufsausübung) und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht).

48

Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG schützt auch die gewerbliche Betätigung, soweit sie auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist auch die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung. Bestandteil dieser unternehmerischen Betätigung ist auch das Verhalten des Unternehmers im wirtschaftlichen Wettbewerb. Die bestehende Wirtschaftsverfassung enthält als eines ihrer Grundprinzipien den grundsätzlich freien Wettbewerb des als Anbieter und Nachfrager auf dem Markt auftretenden Unternehmers. Das Verhalten des Unternehmers in diesem Wettbewerb ist Bestandteil seiner Berufsausübung und daher, soweit sich dieses Verhalten in erlaubten Formen bewegt, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.2.1972 - 1 BvR 170/71 -, BVerfGE 32, 311, 317 [BVerfG 08.02.1972 - 1 BvR 170/71]; BVerwG, Urt. v. 18.4.1985 - 3 C 34/84 -, BVerwGE 71, 183, 189). Als Beschränkung der so verstandenen Freiheit kommen nicht allein Gebote und Verbote in Betracht; es genügt vielmehr, dass durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit dadurch behindert wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 -, BVerfGE 86, 28, 37). Art. 12 Abs. 1 GG schützt Unternehmen in ihrer beruflichen Betätigung daher auch vor inhaltlich unzutreffenden Informationen oder vor Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, wenn der Wettbewerb in seiner Funktionsweise durch sie gestört wird und sie in der Folge den betroffenen Wettbewerber in der Freiheit seiner beruflichen Tätigkeit beeinträchtigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.2004 - 1 BvR 2566/95 -, NJW-RR 2004, 1710, 1711).

49

Die hier streitige Behauptung der Beklagten gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Trägern der Friedhofsverwaltung, behindert die berufliche Tätigkeit des Klägers. Der mit der Behauptung verbundene Hinweis, der Kläger sei nicht berechtigt, Grabmale aufzustellen, insbesondere deshalb, weil er nicht mit dem Beruf des Steinmetzen in die Handwerksrolle eingetragen sei, greift zwar nicht unmittelbar in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. In Rechtsprechung und Literatur ist indes allgemein anerkannt, dass durch hoheitliche Äußerungen auch mittelbar in Grundrechte eingegriffen werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.8.2009 - 1 BvR 3275/07 -, NVwZ 2009, 1486, 1487; BVerwG, a.a.O.; Hessischer VGH, Beschl. v. 27.9.1994 - 14 TG 1743/93 -, NVwZ 1995, 611 f.; Leidinger, Hoheitliche Warnungen, Empfehlungen und Hinweise im Spektrum staatlichen Informationshandelns - Zum aktuellen Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur -, DÖV 1993, 925, 928 f.; Gusy, Verwaltung durch Information - Empfehlungen und Warnungen als Mittel des Verwaltungshandelns -, NJW 2000, 977, 983 f.). Maßgeblich ist allein, ob die faktischen oder mittelbaren Beeinträchtigungen in ihrer Zielsetzung und in ihren Wirkungen unmittelbaren Eingriffen gleichkommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.8.2009 - 1 BvR 3275/07 -, NVwZ 2009, 1486, 1487). Hieran gemessen stellt die streitgegenständliche Behauptung der Beklagten einen Eingriff in Rechte des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Die Behauptung der Beklagten gegenüber Dritten benennt den Kläger persönlich und ist offensichtlich darauf gerichtet, diesen von der Erbringung der genannten Tätigkeiten (Aufstellen von Grabmalen) gegenüber Dritten auszuschließen. Bei derartigen personenbezogenen Äußerungen sind deren Folgen für den Betroffenen sowohl vorhersehbar als auch beabsichtigt und greifen daher in das Recht ausArt. 12 Abs. 1 GG ein.

50

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört unter anderem die soziale Anerkennung des Einzelnen. Daher umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das eigene Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.9.2003 - 1 BvR 865/00 -, NJW 2004, 590, 591 f.; BVerfG, Beschl. v. 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185, 193). Die hier beanstandete Behauptung der Beklagten hat eine derartige Persönlichkeitsrelevanz. Die Adressaten der Äußerung der Beklagten erhalten aufgrund dieser den Eindruck, der Kläger erbringe und erbiete gewerbliche Leistungen, zu denen er nach geltenden Rechtsvorschriften nicht befugt sei, mithin verhalte sich der Kläger nicht rechtstreu. Die Behauptung der Beklagten beeinträchtigt damit den sozialen Geltungsanspruch des Klägers und kann insbesondere das Bild nachhaltig negativ beeinflussen, das sich die Öffentlichkeit von dem Kläger macht.

51

Schließlich besteht auch die Gefahr, dass die Klägerin die bereits einmal getätigte streitgegenständliche Äußerung gegenüber (anderen) Dritten wiederholt. Indiz hierfür ist die Weigerung der Beklagten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.1.2004 - 12 B 2197/03 -, NJW 2004, 1611 f.). Zudem hat die Beklagte die Behauptung auch im gerichtlichen Verfahren weder zurückgenommen noch relativiert. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie an ihren Äußerungen vollinhaltlich festhält. Allein eine derartige Rechtsverteidigung begründet zwar nicht die Gefahr einer Wiederholung. Denn sonst würde die Beklagte in der wirksamen Verteidigung ihrer Rechte beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.2008 - I ZR 94/06 -, [...] Rn. 14). Die hier gegebenen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Interesse beider Beteiligten an einer obergerichtlichen Klärung im Hinblick auf die Gestaltung des jeweiligen zukünftigen Verhaltens und die Einlassungen des Geschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 11. März 2010, dokumentieren indes die Bereitschaft der Beklagten, sich unmittelbar oder in naher Zukunft nach Abschluss des Rechtsstreits in gleicher Weise zu verhalten, und begründen damit eine konkrete Wiederholungsgefahr.

52

b.

Für jeden einzelnen Verstoß gegen das aus dem gegebenen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch folgende Unterlassungsgebot hat das Verwaltungsgericht der Beklagten zu Recht ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 EUR angedroht (vgl. auchNiedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.9.2006 - 5 OB 194/06 -, NVwZ-RR 2007, 139 f.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 17. Erg.-Lfg., § 172 Rn. 18 f.). Der Senat macht sich insoweit die - von der Berufungsklägerin nicht angegriffenen - überzeugenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts zu Eigen und verweist auf sie (§ 130b Satz 2 VwGO).