Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.03.2010, Az.: 2 ME 143/10

Familiäre Belastungen als Rechtfertigungsgrund eines nachträglichen Rücktritts von der Prüfung wegen Prüfungsunfähigkeit; Streitwertberechnung bei einem Rechtsstreit über das Nichtbestehen einer Bachelorprüfung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.03.2010
Aktenzeichen
2 ME 143/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 12924
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0316.2ME143.10.0A

Fundstellen

  • DÖV 2010, 568
  • JuS 2010, 9

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Beschwerde ist mangels erforderlichen Beschwerdeantrags bereits als unzulässig zu verwerfen.

  2. 2.

    Familiäre Belastungen mit der Folge einer unzureichenden Prüfungsvorbereitung und einer damit einhergehenden allgemeinen Prüfungsangst rechtfertigen nicht einen nachträglichen Rücktritt von der Prüfung wegen Prüfungsunfähigkeit.

  3. 3.

    Für einen Rechtsstreit, der das Nichtbestehen einer Bachelorprüfung zum Gegenstand hat, ist regelmäßig ein Streitwert von 7.500 EUR im Hauptsacheverfahren und 3.750 EUR im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Ansatz zu bringen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Januar 2010 - zugestellt am 22. Januar 2010 -, mit dem dieses die Anträge des Antragstellers,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zu verpflichten,

  1. 1.

    ihm die ausbildungserhebliche Teilnahme an den weiteren Lehrveranstaltungen des Antragsgegners im Bachelor-Studiengang Angewandte Geodäsie zu erlauben,

  2. 2.

    ihn vorläufig zur schriftlichen Wiederholungsprüfung Programmieren I im Studiengang Angewandte Geodäsie zuzulassen,

    hilfsweise,

  3. 3.

    unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen entsprechenden Zulassungsbescheid zu erlassen,

  4. 4.

    ihn zur mündlichen Ergänzungsprüfung Programmieren I im Studiengang Angewandte Geodäsie zuzulassen,

  5. 5.

    unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen entsprechenden Zulassungsbescheid zu erlassen,

    vorsorglich im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO

  6. 6.

    die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 5. November 2009 gegen die mündliche Prüfungsentscheidung vom 3. November 2009, schriftlich bekanntgegeben mit Bescheid vom 5. November 2009 anzuordnen,

  7. 7.

    hilfsweise

    die aufschiebende Wirkung seines genannten Widerspruchs wiederherzustellen,

und auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, hat keinen Erfolg. Sie ist mangels eines erforderlichen Beschwerdeantrages bereits als unzulässig zu verwerfen (dazu 1.), hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt (dazu 2).

2

1.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die innerhalb von zwei Wochen einzulegende (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und innerhalb eines Monats zu begründende Beschwerde (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) einen bestimmten Antrag enthalten (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 2.3.2010 - 2 ME 383/09 -; Beschl. v. 18.1.2008 - 2 ME 646/07 - m.w.N.). Hieran fehlt es in der - fristgerecht vorgelegten - Beschwerdeschrift vom 1. Februar 2010. Der weitere Schriftsatz des Antragstellers vom 24. Februar 2010, in dem er beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 18. Januar 2010 aufzuheben und zudem auf die Anträge aus seiner Antragsschrift vom 16. Dezember 2009 verweist, ist erst an diesem Tag bei Gericht eingegangen und genügt daher nicht dem Fristerfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist dem Antragsteller am 22. Januar 2010 zugestellt worden, sodass die einmonatige (Begründungs-)Frist am 22. Februar 2010, einem Montag, abgelaufen war. In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses ist der Antragsteller auf diese Frist und das Antragserfordernis ausdrücklich hingewiesen worden. Infolgedessen ist die Beschwerde nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO unzulässig.

3

Es kann dahinstehen, ob ein ausdrücklicher Antrag dann entbehrlich ist, wenn sich aus dem gesamten Beschwerdevorbringen das verfolgte Rechtsschutzziel unzweifelhaft ermitteln lässt. Denn diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat in erster Instanz mehrere - oben genannte - nebeneinander stehende und sich einander ausschließende Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jeweils auf der Grundlage des § 123 Abs. 1 VwGO und des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO und darüber hinaus jeweils mehrere Hilfsanträge gestellt; zudem hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Diese Anträge hat das Verwaltungsgericht "bei verständiger Würdigung (§§ 122, 88 VwGO)" dahingehend ausgelegt, dass er begehre, die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung über seine Klage (5 A 3260/09) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2009 die weitere Teilnahme an Lehrveranstaltungen in dem von dem Antragsteller besuchten Studiengang zu erlauben und ihn vorläufig zur schriftlichen Wiederholungsprüfung, hilfsweise zur mündlichen Ergänzungsprüfung, im Modul Programmieren I zuzulassen. Diesen so verstandenen Rechtsschutzantrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt und dies im Einzelnen begründet. Der Beschwerdeschrift des Antragstellers vom 1. Februar 2010 kann nicht mit der nötigen Klarheit und Eindeutigkeit entnommen werden, welches Rechtsschutzziel er mit seiner Beschwerde weiter verfolgt. Es ist Sache des anwaltlich vertretenen Antragstellers, den Antrag in der Beschwerdeinstanz ausdrücklich und eindeutig zu benennen. Wenn es - wie vorliegend - hieran fehlt, ist es nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, fehlende Anträge oder nicht hinreichend bestimmte Anträge herauszuarbeiten sowie die einzelnen Aspekte der Beschwerdebegründung im Einzelnen daraufhin zu überprüfen, zu welchem Antrag sie vorgetragen sein könnten, und hieraus wiederum Rückschlüsse auf das Rechtsschutzziel des Antragstellers zu ziehen.

4

2.

Ungeachtet dessen hätte die Beschwerde aber auch dann keinen Erfolg, wenn man annehmen würde, der Antragsteller genüge dem Antragserfordernis und verfolge seine erstinstanzlich gestellten Anträge auch in der Beschwerdeinstanz in vollem Umfang weiter. Der Senat hat sich bei dieser Überprüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das Beschwerdevorbringen des Antragstellers zu beschränken.

5

a)

Im maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 1. nicht, da die Antragsgegnerin ihren Exmatrikulationsbescheid vom 22. Januar 2010 mit Schriftsatz vom 19. Februar 2010 ausdrücklich aufgehoben hat, sodass der Antragsteller - vorbehaltlich der sich aus §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 1 NHG ergebenden Verpflichtung zur fristgerechten Zahlung des Studien- und Verwaltungskostenbeitrags mit der gesetzlichen Folge der Exmatrikulation gemäß § 19 Abs. 5 Satz 3 NHG bei Nichtleistung - bei der Antragsgegnerin weiterhin eingeschrieben und mithin berechtigt ist, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen.

6

b)

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Gewährung von Akteneinsicht im Widerspruchsverfahren und im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist bereits nicht hinreichend dargelegt.

7

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller und seinem Prozessbevollmächtigten hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben. Die Einwände des Antragstellers in der Beschwerdeschrift und in seinem Schriftsatz vom 11. März 2010 greifen im Ergebnis nicht durch. Der Antragsteller hatte in seiner (ersten) Widerspruchsschrift vom 5. November 2009 lediglich "um schriftliche Mitteilung der Prüfungsbewertungen nebst Prüfungsfragen vom 03.11.2009" gebeten, ohne deutlich zu machen, dass er danach noch ergänzend inhaltlich zu der Bewertung der Leistungen in der mündlichen Ergänzungsprüfung vorzutragen beabsichtigte. Auch in seinem (zweiten) Widerspruchsschreiben vom 16. November 2009 fehlt ein derartiger Hinweis. Daher ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin gehalten war, über den Widerspruch des Antragstellers nicht wie geschehen am 2. Dezember 2009, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden, zumal die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. November 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sein Widerspruch der Prüfungskommission am 30. November 2009 zur Entscheidung vorgelegt werde. Spätestens nach Kenntnisnahme dieses Hinweises wäre der Antragsteller seinerseits gehalten gewesen, die Antragsgegnerin unverzüglich darauf hinzuweisen, dass er über die bisherige Begründung seines Widerspruches, die sich ausschließlich auf die Darstellung seiner persönlichen Verhältnisse beschränkte, beabsichtigte, auch zur Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung vorzutragen. Dieser Obliegenheit ist er nicht nachgekommen. Auf seinen weiteren Einwand, das Verwaltungsgericht habe in die Berechnung des Zeitraumes zwischen der Mitteilung vom 17. November 2009 und dem Erlass des Widerspruchsbescheids zu Unrecht die Wochenendtage einbezogen, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Im Übrigen ist dem Antragsteller im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren Akteneinsicht gewährt worden, sodass ein etwaiger Gehörsverstoß nach§§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG, 1 Abs. 1 Satz 1 Nds. VwVfG unbeachtlich wäre.

8

Auch ist dem Verwaltungsgericht ein Gehörsverstoß nicht unterlaufen. Der Antragsteller hatte am Ende seiner Antragsschrift vom 16. Dezember 2009 die Gewährung von Akteneinsicht beantragt und hierzu angemerkt, weiterer Vortrag und Beweisantritt bleibe ausdrücklich nach Akteneinsicht vorbehalten. Der Einwand des Antragstellers in der Beschwerdeschrift, er habe im Eilantrag "darum gebeten, weiter vortragen zu dürfen nach Akteneinsicht", trifft daher nicht zu. Das Verwaltungsgericht hatte seinem Prozessbevollmächtigten die Verwaltungsvorgänge mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2009 zugesandt, woraufhin dieser die Akten mit Schriftsatz vom 6. Januar 2010 kommentarlos zurücksandte hatte, ohne darauf hinzuweisen, dass noch beabsichtigt sei, zur Sache vorzutragen. Daher stand es dem Verwaltungsgericht frei, über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wie geschehen am 18. Januar 2010 zu entscheiden.

9

c)

Der Vortrag des Antragstellers in der Beschwerdeschrift vom 1. Februar 2010, in der er sich erstmals zu der Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung im Fach "Programmieren I" vom 3. November 2009 verhält, rechtfertigt ein anderes Ergebnis ebenfalls nicht.

10

Der Hinweis des Antragstellers, er habe in der zweiten schriftlichen Wiederholungsprüfung vom 29. Juni 2009 elf von 30 möglichen Punkten erzielt, sodass ihm nur vier Punkte zum Bestehen fehlten, führt ebenso wenig weiter wie sein Einwand, aus dem Protokoll der mündlichen Ergänzungsprüfung seien weder die vergebenen Punkte für einzelne Prüfungsfragen noch eine Gesamtpunktzahl ersichtlich. Substantiierte Einwände gegen die Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistung mit der Note 5,0 hat der Antragsteller nicht erhoben, sondern lediglich in pauschaler Weise behauptet, "die Arbeit im Rahmen der schriftlichen Wiederholungsprüfung wurde rechtsfehlerhaft bewertet", sodass sich eine "inzidente Überprüfung" dieser Bewertung - wie von dem Antragsteller in seiner Klageschrift vom 16. Dezember 2009 "vorsorglich beantragt" - verbietet. Auch hat er nicht dargelegt, woraus sich ergeben soll, dass die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung am 3. November 2009 nach anderen Bewertungskriterien als den ursprünglich der zweiten schriftlichen Wiederholungsprüfung zugrunde gelegten Kriterien erfolgt sei. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Allgemeinen Teils der Prüfungsordnung für die Bachelor-Studiengänge der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven (BPO AT) als der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin darf eine als schriftliche Prüfungsleistung durchgeführte zweite Wiederholungsprüfung nur nach mündlicher Ergänzungsprüfung mit "nicht ausreichend (5,0)" bewertet werden, wobei nach Satz 4 dieser Bestimmung bei bestandener mündlicher Ergänzungsprüfung die Prüfungsleistung (insgesamt) mit "ausreichend (4,0)" bewertet wird. Die Vergabe einzelner Punkte für einzelne Prüfungsleistungen in der mündlichen Ergänzungsprüfung ist nach der Prüfungsordnung nicht vorgesehen.

11

Einen Grundsatz der Prüferkontinuität in den von dem Antragsteller aufgestellten Sinn gibt es weder nach allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätzen noch ist ein solcher in der Prüfungsordnung der Antragsgegnerin festgelegt, sodass aus dem Umstand, dass die beiden ersten schriftlichen Prüfungsarbeiten teilweise von anderen Prüfern bewertet worden sind als die zweite Wiederholungsprüfung und die mündliche Prüfung, ein Verfahrensverstoß nicht hergeleitet werden kann.

12

Das Protokoll der mündlichen Ergänzungsprüfung vom 3. November 2009 genügt den Anforderungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 BPO AT. Wie vorgeschrieben enthält es die wesentlichen Gegenstände der mündlichen Prüfung und die Bewertung der Leistung. Entgegen der Ansicht des Antragstellers erfordern auch allgemeine prüfungsrechtliche Grundsätze für das Protokoll einer mündlichen Prüfung keine Angaben, die über denäußeren Ablauf des Prüfungsgeschehens hinausgehen; insbesondere ist ein Wortprotokoll ebenso wenig erforderlich wie Angaben zu Inhalten des Prüfungsgesprächs, auch bedarf es nicht einer Niederschrift von Fragen und Antworten (Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 482 ff. m.w.N.).

13

d)

Der Vorwurf, der Erstprüfer Prof. Dr. B. sei befangen, greift nicht durch. Die Besorgnis der Befangenheit ist berechtigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung zu rechtfertigen. Dies ist auf der Grundlage von bestimmten Tatsachen objektiv aus der Sicht eines "verständigen Prüflings" zu beurteilen (Niehues, a.a.O. Rdnr. 196 m.w.N.). Derartige Gründe sind hier nicht in hinreichendem Umfang dargelegt.

14

Auf die Durchfallquote pro Studienjahrgang kommt es nicht entscheidungserheblich an, sodass der Frage des von dem Antragsteller behaupteten Rufes des Erstprüfers Prof. Dr. B., besonders schwere Prüfungsaufgaben zu stellen, solange nicht weiter nachzugehen ist, wie er sich bei der Auswahl des Prüfungsstoffes im Rahmen des nach der Prüfungsverordnung Zulässigen bewegt. Eine derartig pauschale Behauptung ist daher nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Sachlichkeit dieses Prüfers zu begründen.

15

Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers, aus dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen e-mail-Schriftwechsel zwischen ihm und Prof. Dr. B. ergebe sich dessen Befangenheit. Dem Einwand des Antragstellers in diesem Zusammenhang, durch die Aufnahme der getauschten e-mails in die Prüfungsakte sei sein Persönlichkeitsrecht und das Gebot der Vertraulichkeit des Wortes verletzt, ist nicht zu folgen. Die e-mails sind im laufenden Prüfungsverfahren gewechselt worden und betreffen Fragen des Prüfungsverfahrens, sodass sie ungeachtet ihrer Form als e-mail Bestandteil der Prüfungsakte geworden sind. Aus den Antworten von Prof. Dr. B. auf die diversen Anfragen des Antragstellers lässt sich eine Befangenheit nicht ansatzweise herleiten. Insbesondere gilt dies für die Antwort von Prof. Dr. B. in seiner e-mail vom 12. Oktober 2009 auf die Frage des Antragstellers in dessen e-mail vom selben Tag, was er für die mündliche Ergänzungsprüfung alles lernen müsse, er solle am besten noch ein Buch zu Rate ziehen. Der Hinweis des Prüfers auf die Lektüre eines Buches bezieht sich auf seine vorherige Bemerkung, dass die Folien kein Skript darstellten. Damit wollte der Prüfer ersichtlich darauf hinweisen, dass die von ihm in der Vorlesung verteilten Folien allein zur Prüfungsvorbereitung nicht ausreichten. Der Antragsteller verkennt in diesem Zusammenhang, dass es in seinem Verantwortungsbereich liegt, sich eigenständig auf eine Prüfung vorzubereiten und ein Prüfer nicht verpflichtet ist, den Prüfungsstoff aus eigenem Antrieb oder - wie hier - auf Nachfrage des Prüflings einzugrenzen und diesem vorab gezielt das konkrete Prüfungsthema zu offenbaren. Dass der Prüfungsstoff zuvor nicht hinreichend vermittelt worden ist, macht der Antragsteller weder geltend, noch ist dies sonst ersichtlich. Prof. Dr. B. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Februar 2010 ausgeführt, der in der mündlichen Ergänzungsprüfung abgefragte Prüfungsstoff zu der Aufgabe "Umfangberechnung eines Polygonzugs" sei sowohl in der Vorlesung von Prof. C. als auch von ihm als Übung bzw. Vorlesungsbeispiel behandelt worden, wobei der fachliche Hintergrund der als einfach zu qualifizierenden Aufgabe zum Grundlagenwissen der Vorlesung gehöre und in vielen Beispielen und Aufgaben immer wieder geübt worden sei. In seinen Vorlesungen im Sommersemester 2009 sei der Antragsteller ebenso wie auch in dem von einem Studenten aus einem höheren Fachsemester angebotenen fachbezogenen Tutorium zu keinem Termin anwesend gewesen. Unabhängig davon führen Ausbildungsmängel im Allgemeinen nicht zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - BverwG 6 B 36.92 -, [...] Langtext Rdnr. 2 m.w.N.).

16

e)

Der weitere Einwand des Antragstellers, die mündliche Ergänzungsprüfung im Fach "Programmieren I" hätte fairerweise am Computer selbst stattfinden müssen, wie dies bei der Prüfung im Fach "Programmieren II" in Gruppenarbeit geschehe, greift ebenfalls nicht durch. Prof. Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 2010 ausgeführt, im Fach "Programmieren I" stehe die Bedienung eines Computers nicht im Vordergrund. Ziel des Unterrichts in diesem Fach sei es ausweislich der entsprechenden Modulbeschreibung unter anderem, mit bestimmten Fachbegriffen und einfachen Datenstrukturen umgehen zu lernen, wozu ein fundiertes Wissen über die theoretischen Grundlagen gehöre. Daher ist es nicht sachwidrig, die mündliche Ergänzungsprüfung in dem Fach "Programmieren I" nicht mit praktischen Übungen am Computer zu verbinden.

17

Mithin ist entgegen der Annahme des Antragstellers auch die Formulierung von Prof. Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 2010, die Studierenden verwechselten die Fähigkeit zum erfolgreichen Erstellen von Programmen am Computer mit dem Verständnis für die Grundlagen der Softwareentwicklung, nicht geeignet, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit gegenüber dem Antragsteller zu begründen. Mit dieser Formulierung greift der Prüfer die Kritik des Antragstellers in seiner Beschwerdeschrift auf und stellt aus seiner Sicht die Anforderungen an die Studierenden in einem wissenschaftlichen Studiengang dar, ohne die Gebote der Fairness und der Sachlichkeit zu verletzen.

18

f)

Die Kritik des Antragstellers in seiner Beschwerdeschrift an der Bemerkung des Verwaltungsgerichts, entgegen der Behauptung des Antragstellers habe eine nachhaltige Störung der Prüfung durch äußere Einwirkungen ersichtlich nicht vorgelegen, ist unberechtigt. Der Antragsteller hatte entgegen seiner jetzigen Darstellung in der Klageschrift vom 16. Dezember 2009 genau diesen Einwand - wenn auch in pauschaler, nicht nachvollziehbarer Form - erhoben und durch einen Hinweis auf jeweils eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 29.8.1990 - BVerwG 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323 = NJW 1991, 442) und des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (Urt. v. 26.2.1986 - 2 A 71/85 -, NJW 1988, 1751 <Leitsatz>) zu untermauern versucht. Diese Entscheidungen haben hingegen Störungen des Ablaufs einer Prüfung durch äußere Einwirkungen wie Baulärm zum Gegenstand und verhalten sich nicht zu der Frage einer besonderen familiären Belastung des Prüflings.

19

g)

Aus einer derartigen familiären Belastung und auch aus der von dem Antragsteller vorgetragenen allgemeinen Prüfungsangst lässt sich im Übrigen - worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - entgegen seiner Ansicht eine durchgreifende Prüfungsunfähigkeit im Sinne des § 16 BPO AT nicht herleiten. Es ist Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit oder Behinderung, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die Konsequenzen zu ziehen, und zwar grundsätzlich vor Beginn der Prüfung. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Geltendmachung krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit, sondern für alle die Prüfungsfähigkeit mindernden Umstände (BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - BVerwG 6 B 36.92 -, [...] Langtext Rdnr. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 31.5.2005 - 4 N 64.04 -, [...] Langtext Rdnr. 8, jeweils m.w.N.). Hieran fehlt es. Der Antragsteller hat seine aus seiner Sicht bestehende Prüfungsunfähigkeit zum einen nicht - wie dies nach § 16 Abs. 2 Satz 1 BPO AT erforderlich gewesen wäre - unverzüglich geltend und durch die Vorlage einesärztlichen Attestes glaubhaft gemacht, sondern sich hierauf erst im Nachhinein berufen, als ihm das Scheitern seiner Prüfung bekannt gegeben worden war. Zum anderen können die von ihm vorgetragenen familiären Belastungen eine Prüfungsunfähigkeit am Tage der mündlichen Prüfung nicht begründen. Eine zum (nachträglichen) Rücktritt berechtigende Prüfungsunfähigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn der Prüfling aktuell und vorübergehend in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen ist (Bayerischer VGH, Beschl. v. 7.1.2009 - 7 ZB 08.1478 -, BayVBl. 2010, 27). Hierfür ist nichts Durchgreifendes vorgetragen oder sonst ersichtlich. Der Sache nach macht der Antragsteller mit dem Hinweis auf seine familiäre Situation imÜbrigen geltend, er habe sich auf die Prüfung nicht hinreichend vorbereiten können. Eine ausreichende Prüfungsvorbereitung fällt indes allein in den Verantwortungsbereich des Prüflings. Der Einwand des Antragstellers in diesem Zusammenhang, die Antragsgegnerin habe ihre Fürsorgepflicht dadurch verletzt, dass diese und die ihn betreuenden Hochschullehrer nicht hinterfragt hätten, warum er sich zur mündlichen Prüfung gemeldet habe, obwohl er zuvor in den Vorlesungen und dem Tutorium nicht erschienen sei, greift daher nicht durch.

20

h)

Warum das Verwaltungsgericht die verfassungsgerichtliche Kritik des Antragstellers an der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Prüfungsordnung der Antragsgegnerin nicht hinreichend gewürdigt haben soll, ist von dem Antragsteller lediglich in pauschaler Weise behauptet, aber nicht in einer den Darlegungserfordernissen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt worden. Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 11. März 2010 bemängelt, dass sich die Studienbedingungen in einem Bachelorstudiengang im Vergleich zu einem Diplomstudiengang allgemein wesentlich verschlechtert hätten und dies erhebliche Auswirkungen auf das Bestehen der Prüfungen habe und auch seiner streitgegenständlichen mündlichen Prüfung gehabt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Vortrag zum einen außerhalb der einmonatigen Begründungsfrist erfolgt ist und zum anderen in dieser allgemeinen Art nicht die Annahme rechtfertigt, die Bewertung der mündlichen Prüfung des Antragstellers unterliege durchgreifenden Bewertungsfehlern. Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers, dass sich inzwischen die Voraussetzungen für die Anmeldung zum praktischen Semester geändert hätten.

21

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Rechtsschutzgesuchs (§§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO) zu Recht abgelehnt hat.