Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.10.2019, Az.: 12 KS 127/17

Ersatzbrennstoffanlage; Identität des Vorhabens; Standortvorbescheid; Umweltverträglichkeitsprüfung, erneute; Vorbescheid, immissionsschutzrechtlicher; Öffentlichkeitsbeteiligung, erneute

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.10.2019
Aktenzeichen
12 KS 127/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69919
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Vorbescheid kann nicht mehr nach § 9 Abs. 2 BImSchG durch Zeitablauf unwirksam werden, nachdem eine Teilgenehmigung Bestandskraft erlangt hat, die ihrem Inhalt nach - sei es auch zu Unrecht - für sich in Anspruch nimmt, auf ihm aufzubauen und damit "die Genehmigung" im Sinne des § 9 Abs. 2 BImSchG zu sein.

Die nach einer Rechtsänderung gegenüber entsprechenden Festschreibungen in einem Vorbescheid verschärfte Festsetzung von Emissionsgrenzwerten in einer Teilgenehmigiung macht eine vorherige erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die 3. Teilgenehmigung vom 14. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 und des „klarstellenden“ Bescheides vom 16. August 2019 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen ihre jeweiligen eigenen außergerichtlichen Kosten sowie je zur Hälfte die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der 3. immissionsschutzrechtlichen Teil-genehmigung vom 14. November 2016 (Bl. 341 ff. der Beiakte – BA – 2 zu 12 KS 118/17) in der Fassung des „klarstellenden Bescheides“ vom 16. August 2019 (Bl. 482 ff. der Gerichtsakte - GA -), die der Beklagte der Beigeladenen für den Weiterbau und den Betrieb einer Ersatzbrennstoffanlage (EBS) in der G. Straße in A-Stadt erteilte.

Der Kläger führte einen nordwestlich der geplanten EBS-Anlage gelegenen (vgl. Bl. 112 f. GA) Obstanbaubetrieb, der insbesondere Äpfel, Birnen, Pflaumen und Zwetschgen erzeugt. Der Betrieb wird inzwischen von seinem Sohn Felix fortgeführt. Auf dem Betriebsgelände liegt auch ein Wohnhaus (vgl. Bl. 139 GA), das der Kläger weiterhin bewohnt. Die Strecke – Luftlinie – zwischen dem Standort des umstrittenen Vorhabens und dem Wohnhaus des Klägers wird nach mehr als zwei Dritteln von einer Deichanlage gekreuzt.

Der Standort der genehmigten EBS-Anlage liegt in dem als Industriegebiet Gl 1* festgesetzten Teilbereich des Bebauungsplans H. vom 29. August 2011 bzw. 21. Dezember 2015 der Hansestadt Stade, dessen Unwirksamkeit der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Urteil vom 14. August 2018 – 1 KN 154/12 – (nachfolgend: BVerwG, Beschl. v. 7.3.2019 - BVerwG 4 BN 45/18 -, NVwZ 2019, 655, hier zitiert nach juris) rechtskräftig festgestellt hat. Auf dem Gelände befand sich ehedem ein Aluminiumwerk, das Ende Dezember 2006 stillgelegt wurde (vgl. Bl. 75 BA 1, Bl. 70 Rückseite in BA 10 zu 12 KS 118/17).

Anfang 2007 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die I. GmbH, einen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Dampfzentrale mit thermischer Verwertung von Ersatzbrennstoffen (namentlich Abfällen) zur Erzeugung von Dampf und elektrischer Energie (zwecks Versorgung einer neu zu errichtenden Bioethanolanlage mit Strom und Dampf sowie der Firma J. mit Dampf). Nach einem Verwaltungsverfahren, an dem sich der Kläger beteiligte (vgl. Bl. 279 GA) und welches eine Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung einschloss, wurde der I. GmbH am 10. Januar 2008 ein entsprechender Standortvorbescheid erteilt (Bl. 32 ff. [46 f.] BA 1). Der Standort, für den dieser Vorbescheid erteilt wurde, liegt ca. 160 m nordwestlich desjenigen Standorts, auf den sich nun die 3. Teilgenehmigung bezieht (vgl. die Karte Bl. 75 BA 1). Da das Vorhaben nicht mit den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes K.der Stadt Stade vom 27. April 1978 in der Fassung der 1. Änderung vom 24. Juli 2006 vereinbar war (§ 2 Abs. 2 Punkt II f der Festsetzungen bestimmte den „Ausschluss von Müllverbrennungsanlagen mit einem Durchsatz von 6 t/h“), erteilte der Beklagte in dem Vorbescheid von dieser Festsetzung eine Befreiung (§ 31 BauGB). Allerdings hatte die Stadt Stade ihr Einvernehmen (§ 36 BauGB) hierzu nur unter der Voraussetzung erklärt (vgl. in BA 2 = Bl. 226 ff. [227] GA zu 12 KS 118/17), dass in den Vorbescheid eine Bedingung aufgenommen werde. Deshalb wurde diese Bedingung sprachlich angepasst, aber inhaltsgleich in den 6. Anordnungssatz des Vorbescheides übernommen. Sie lautete: „Die Befreiung wird unter der Bedingung erteilt, dass die Feuerungswärmeleistung der Anlage auf 70 MW bei einer maximalen Brennstoffmenge von 22,9 t/h mit einem Heizwert von 11,0 MJ/kg und einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h mit einem Heizwert von 14,5 MJ/kg beschränkt wird.“

Unter dem 9. Juni 2008 erteilte der Beklagte der I. GmbH auf deren Antrag vom 7. März 2008 eine 1. Teilgenehmigung (Bl. 64 ff. BA 1) für die Gründung und die Fundamente der Dampfzentrale. Im Hinblick auf die beabsichtigte Standortverschiebung holte der Beklagte eine Stellungnahme der Hansestadt Stade ein. Diese führte mit Schreiben vom 29. April 2008 (Bl. 514 GA) aus, sie stimme der Verschiebung der EBS-Anlage auf den neuen Standort zu, wenn der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibe. Die 1. Teilgenehmigung enthält (unter IV. 2.2) bei erneuter Bezugnahme auf die soeben genannte Bauleitplanung (Bebauungsplanes L. der Stadt Stade vom 27. April 1978 in der Fassung der 1. Änderung vom 24. Juli 2006) eine positive Aussage über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der beantragten Nutzung. Diese Aussage bezieht sich auf den um ca. 160 m verschobenen Standort. Die 1. Teilgenehmigung lässt dagegen nicht das rechtliche Verhältnis erkennen, in dem diese Aussage zum Inhalt des Vorbescheides steht.

Unter dem 2. Februar 2009 erteilte der Beklagte der I. GmbH auf einen Antrag vom 14./15. August 2008 eine 2. Teilgenehmigung für den Hochbau der Dampfzentrale (in BA 2 am Ende). Auf der Grundlage der 1. und 2. Teilgenehmigung sind inzwischen große Teile der Anlage einschließlich des Kessels errichtet worden.

Die I. GmbH geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und nach einer Umfirmierung in Insolvenz. Das Kraftwerksprojekt wurde veräußert und wird heute von der Beigeladenen getragen, die auch die Eigentümerin des Betriebsgeländes ist. Die Errichtung der ehedem in der Nachbarschaft geplanten Bioethanolanlage wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Derzeit ist im Industriegebiet A-Stadt kein Abnehmer für Dampf vorhanden. Damit das geplante Kraftwerk gleichwohl effizient arbeitet, soll es mit einer strom-optimierten Turbine betrieben werden. Die Beigeladene ist bereit, Energie in das Industriegebiet zu liefern. Ansonsten will sie den erzeugten Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Eine Auskopplung von Dampf bleibt allerdings weiterhin technisch möglich. Die Beigeladene zeigt sich hieran auch interessiert, da sich aus dem Verkauf von Dampf bzw. Prozesswärme höhere Erlöse erzielen ließen als aus der Stromerzeugung.

Am 16. Juli 2015 (Bl. 73 BA 2 zu 12 KS 118/17) beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung der 3. Teilgenehmigung für ihr Vorhaben des Weiterbaus und des Betriebs des umstrittenen Kraftwerks. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wurde keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommen.

Da die 1. Änderung des Bebauungsplanes L. durch das Oberverwaltungsgericht zunächst außer Vollzug gesetzt und später für unwirksam erklärt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 27.7.2011 - 1 KN 162/08 -) wurde und auch die Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplanes zum Schallschutz beanstandet worden waren, hatte die Hansestadt Stade bereits zuvor beschlossen, einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Diese Bemühungen fanden einen ersten Abschluss, als der Rat der Stadt am 21. Dezember 2015 den Bebauungsplan Nr. H. beschloss und diesen rückwirkend zum 10. September 2011 in Kraft setzte. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 1. Spiegelstrich der textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplanes sind in den Industriegebieten unter anderem Kraftwerke unzulässig, die nicht zu mindestens 50 % der Eigenversorgung der im Industriegebiet M. ansässigen Industrie dienen. Gemäß § 1 Abs. 3 dieser Festsetzung sind Ersatzstoffbrennanlagen nur im Industriegebiet Gl 1* zulässig. Ihre Feuerungswärmeleistung ist auf maximal 70 MW begrenzt. Mit Schreiben vom 31. März 2016 (Bl. 92 BA 3 zu 12 KS 118/17) stellte sich die Hansestadt Stade in einer planungsrechtlichen Stellungnahme gegenüber dem Beklagten auf den Standpunkt, dass das Vorhaben der Beigeladenen, das Gegenstand der 3. Teilgenehmigung werden sollte, nicht den Vorgaben des § 1 Abs. 2 Satz 2 ihres Bebauungsplanes Nr. H. entspreche.

Am 20. Juni 2016 beschloss der Rat der Stadt sodann eine an einen Aufstellungsbeschluss vom 20. Juni 2016 anknüpfende Satzung über eine Veränderungssperre zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. H., die die Fläche des umstrittenen Vorhabens erfasst und am 23. Juni 2016 im Amtsblatt für den Landkreis Stade bekannt gemacht wurde (Bl. 205 ff. BA 3 zu 12 KS 118/17). In der Begründung dieser Satzung [Bl. 203 f. BA 3 zu 12 KS 118/17) heißt es zum Inhalt der vorgesehenen Bauleitplanung unter anderem, neben der bereits durch den Bebauungsplan Nr. H. festgesetzten mindestens 50-prozentigen Nutzung von erzeugter Energie innerhalb des Industriegebietes solle durch die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. H. insbesondere die ergänzende Umsetzung einer Kraft-Wärme-Koppelung gemäß § 9 Abs. [1] Nr. 23 [Buchst.] b BauGB in Verbindung mit § 1a Abs. 5 BauGB entsprechend den Möglichkeiten der Klimaschutznovelle von 2011 im Geltungsbereich der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. H. festgesetzt werden. Die Sicherung durch eine Veränderungssperre wird in dieser Begründung für erforderlich gehalten, weil eine vorgesehene vollständige Verstromung ohne Dampfauskopplung den städtebaulichen Zielen für das Industriegebiet, dem im Vorbescheid und den Teilbaugenehmigungen dargestellten Gesamtkonzept sowie auch dem zur Erstellung des Bebauungsplanes Nr. H. verfolgten integrierten Ansatz der „EBS“ mit Auskopplung von Prozesswärme/-dampf widerspreche.

Unter dem 14. November 2016 (Bl. 341 ff. BA 2 zu 12 KS 118/17) erließ der Beklagte die hier umstrittene 3. Teilgenehmigung, die der Beigeladenen am 15. November 2016 zugestellt wurde (Bl. 361 BA 2 zu 12 KS 118/17). Der erste Anordnungssatz bestimmte, der Beklagte erteile der Beigeladenen „die Genehmigung zum Weiterbau und zum Betrieb einer Anlage zur thermischen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen mit einem Naturumlaufkessel bei einer thermischen Leistung von 70 MW und einem Durchsatz an Einsatzstoffen von maximal 22,9 t/h und 205.000 t/a.“ Die 3. Teilgenehmigung wurde für den Weiterbau und die Inbetriebnahme der Anlage mit Abgasreinigung, Betriebsmittellager, Energieerzeugung und Hilfs- und Nebenanlagen sowie mit Brennstofflagerung im Bunker erteilt. Genehmigt wurden auch verschiedene bauliche und verfahrenstechnische Änderungen, darunter die Systemanpassung der Abgasreinigung, die Errichtung und Inbetriebnahme eines Hilfskessels mit 2 MW Feuerungswärmeleistung im erweiterten Maschinenhaus sowie die Verschiebungen der Standorte des Reststoffs- und des Betriebsmittelsilos. Die getroffene Entscheidung wurde öffentlich bekannt gemacht, und der vollständige Bescheid sowie die genehmigten Antragsunterlagen lagen in der Zeit vom 1. Dezember bis 15. Dezember 2016 (einschließlich) bei dem Beklagten und der Hansestadt Stade zur Einsichtnahme aus (Bl. 364 ff. BA 2 zu 12 KS 118/17).

Am Montag, den 16. Januar 2017, erhob der Kläger Widerspruch gegen die 3. Teilgenehmigung (Bl. 2 BA 1). Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2017 (Bl. 76 ff. BA 1 = Bl. 26 ff. GA), auf den wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird, machte er zu dessen Begründung im Wesentlichen diejenigen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der 3. Teilgenehmigung geltend, die er nunmehr im Klageverfahren weiterverfolgt.

Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. April 2017 (Bl. 127 ff. BA 1 = Bl. 17 ff. GA) als unbegründet zurück.

Nachdem ihm der Widerspruchsbescheid am 3. Mai 2017 zugestellt worden war (Bl. 136 BA 1), hat der Kläger am 6. Juni 2017 (Dienstag nach Pfingsten) den Rechtsweg beschritten.

Auf einen entsprechenden Antrag vom 6. Juli 2017 (Bl. 64 ff. GA) ist ihm durch eine Verfügung des Berichterstatters vom 11. Juli 2017 (Bl. 78 GA) die Klagebegründungsfrist (§§ 8 Satz 2, 6 Satz 1 UmwRG) bis zum Ablauf des 15. Septembers 2017 verlängert worden (§§ 8 Satz 2, 6 Satz 4 UmwRG).

Unter dem 19. Dezember 2018 beschloss der Rat der Hansestadt Stade schließlich eine Satzung zur erneuten Veränderungssperre zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. H., die im Folgenden im Amtsblatt für den Landkreis Stade bekannt gemacht wurde. Diese Veränderungssperre soll an den Aufstellungsbeschluss des Verwaltungsausschusses der Hansestadt vom 18. April 2016 (gemeint ist möglicherweise der 20. Juni 2016 – vgl. Bl. 229 ff. BA 3 zu 12 KS 118/17) anknüpfen.

Unter dem 16. August 2019 hat der Beklagte nach Anhörung der übrigen Beteiligten einen sogenannten „klarstellenden Bescheid“ (Bl. 482 ff. GA) an die Beigeladene gerichtet, in dem er bestimmt, dass der in der angefochtenen 3. Teilgenehmigung unter Nr. I. 1. genannte Wert von 205.000 t/a nicht maßgeblich sei und keine rechtsverbindliche Begrenzung der Durchsatzkapazität für diese Anlage darstelle. Eine Kopie dieses Bescheides hat er dem Kläger übermittelt.

Der Kläger begründet seine Klage, namentlich mit Schriftsatz vom 15. September 2017 (Bl. 109 ff. GA), im Wesentlichen wie folgt:

(A) Die Klage sei zulässig. Seine Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass das von ihm bewohnte Wohngrundstück, sein vormaliger Obstbaubetrieb sowie die Anbauflächen innerhalb des Beurteilungsgebietes nach Nr. 4.6.2.5 der TA Luft lägen, weshalb die Möglichkeit bestehe, dass er durch die Emissionen der Anlage in seinen Rechten verletzt werde. Zwar habe er seinen Betrieb inzwischen seinem Sohn und Nachfolger übergeben. Zur Fortsetzung des Rechtsstreits sei er aber entsprechend den §§ 265 Abs. 2 Satz 1 und 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO weiterhin befugt.

(B) Die Klage sei auch begründet. Die angefochtene 3. Teilgenehmigung sei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtswidrig, und er, der Kläger, könne sich als Teil der betroffenen Öffentlichkeit darauf berufen (§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG) bzw. sei dadurch in eigenen Rechten (nunmehr z. T. Rechte seines Sohnes) verletzt (§ 113 [Abs. 1 Satz 1] VwGO).

(I) Gemäß den §§ 1 Abs. 1 [Satz 1] Nr. 1 Buchst. a), 4 Abs. 1 [Satz 1] Nr. 1 Buchst. a) [und Nr. 2] sowie Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG sei die angefochtene 3. Teilgenehmigung wegen verfahrensrechtlicher Mängel aufzuheben, weil weder eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung noch die nach den §§ 9 UVPG [a. F.] bzw. 10 BImSchG erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden sei.

Für die streitgegenständliche Anlage habe gemäß § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG [a. F.] i. V. m. Nr. 8.1.1.2 der Anlage 1 [a. F.] die Pflicht bestanden, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Mit der Umweltverträglichkeitsprüfung gehe nach § 9 UVPG [a. F.] eine Pflicht zur Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit einher. Darüber hinaus bestehe für die gemäß § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV i. V. m. Nr. 8.1.1.3 des Anhangs 1 immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG eine Pflicht zur Beteiligung der Öffentlichkeit und unterliege die Anlage den Pflichten, die sich aus der IED-Richtlinie (210/75/EU) ergäben.

Die Pflichten zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung seien nicht deshalb gemäß den §§ 23 Abs. 4, 22 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV entfallen, weil bereits im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des Vorbescheids eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei.

(1) Der Beklagte selbst gehe davon aus, dass die Bindungswirkung des Vorbescheids wegen der langen Dauer des Genehmigungsverfahrens eingeschränkt sei. Ausweislich eines Protokolls vom 10. März 2016 (Bl. 69 [Rückseite] BA 3 zu 12 KS 118/17) sei er nämlich der Auffassung, dass die lange Dauer des Genehmigungsverfahrens eine Anwendbarkeit der Übergangsregelungen des § 28 Abs. 6 der 17. BImSchV ausschließe, obwohl der Vorbescheid bereits Regelungen zu den Emissionsgrenzwerten getroffen habe. Hätten aber infolgedessen der im Verfahren zur Erteilung des Vorbescheids vorgenommenen Umweltverträglichkeitsprüfung weniger strenge Grenzwerte zu Grunde gelegen, so spreche auch dies für die Notwendigkeit einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung. Denn zu deren Gegenstand gehöre auch die Frage, ob entsprechende Grenzwerte beim Betrieb der Anlage eingehalten würden. Eine Verschärfung der Grenzwerte führe daher zu einem erneutem Prüfungs- und Beteiligungsbedarf. Die Gutachten, welche die Beigeladene im Verfahren zur 3. Teilgenehmigung habe vorlegen müssen und die nachweisen sollten, dass die neuen Grenzwerte sicher eingehalten würden, hätten zum Gegenstand einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht werden müssen. Der Verzicht darauf sei auch mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbaren.

(2) Die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschriften §§ 23 Abs. 4, 22 Abs. 3 Satz 2 bzw. 8 Abs. 2 der 9. BImSchV setze im Übrigen einen zugunsten des Vorhabens (noch) wirksamen Vorbescheid voraus. Ein solcher habe aber zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erteilung der 3. Teilgenehmigung nicht mehr vorgelegen.

(a) Schon infolge der Verschiebung des Standortes um 160 m könne die 3. Teilgenehmigung nicht mehr an den unveränderten Vorbescheid und damit an die diesem vorausgegangene Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung anknüpfen.

(aa) Für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Relevanz der Standortverschiebung sei allein der Beklagte verantwortlich gewesen. Eine konkludente Änderung des Vorbescheides könne sich aufgrund des für Verwaltungsakte geltenden Bestimmtheitsgebotes nicht (auch) aus außerhalb der 1. Teilgenehmigung liegenden „Gesamtumständen“ ergeben. Vielmehr sei entsprechend den §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung habe verstehen können, maßgeblich. Es seien daher für die Auslegung nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar gewesen seien. Deshalb komme es entscheidend auf die Perspektive von Regelungsadressaten und Drittbetroffenen, hier also auch auf seine, diejenige des Klägers, an. Da die 1. Teilgenehmigung in ihrem Anordnungssatz eine Änderung des – im Vorbescheid bereits abschließend geregelten – Standorts weder vornehme noch in ihrer Begründung einen auf den Vorbescheid bezogenen Änderungswillen erkennen lasse, sei von einer Änderung des Vorbescheids durch die 1. Teilgenehmigung nicht auszugehen. Im Übrigen sei kein diesbezüglicher klarer Antrag von der Rechtsvorgängerin des Beigeladenen gestellt worden und ergebe sich aus dem Schreiben der Hansestadt Stade vom 29. April 2008 ausdrücklich, dass eine Änderung des Vorbescheides nicht gewollt gewesen sei.

(bb) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen stehe auch § 11 BImSchG einer Erhebung der aus der Standortverschiebung um 160 m erwachsenden Einwendung nicht entgegen. Denn die Vorschrift beziehe sich nur auf Einwendungen, die in einem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung hätten erhoben werden können. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung habe es hier jedoch nur im Vorbescheidsverfahren gegeben, in dem von einer Standortverschiebung nicht die Rede gewesen sei.

(b) Ein Antrag auf eine Teilgenehmigung für ein Vorhaben, welches mit demjenigen nicht identisch sei, für das der Vorbescheid erging, sondern infolge der Standortverschiebung um 160 m eine bereits abschließend geklärte Genehmigungsfrage – hier diejenige der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit – erneut aufwerfe, könne die 2-Jahres-Frist des § 9 Abs. 2 BImSchG nicht wahren. Diese Frist schütze unter anderem das Bedürfnis nach Rechtsklarheit hinsichtlich der Bindungswirkungen des Vorbescheids. Von einer Änderung des Vorbescheids lasse sich nicht ausgehen.

(c) Unabhängig davon habe der am 10. Januar 2008 erteilte Vorbescheid auch deshalb zwei Jahre nach seiner Bestandskraft, und damit im Laufe des Jahres 2010, seine Wirksamkeit im Hinblick auf diejenigen Feststellungen verloren, die nicht Gegenstand der 1. und 2. Teilgenehmigung seien, weil binnen der Frist des § 9 Abs. 2 BImSchG nicht die Schlussgenehmigung beantragt worden sei. Die Auffassung des Beklagten, dass schon die fristgerechte Beantragung allein der 1. Teilgenehmigung ausgereicht habe, um ein Unwirksam-Werden zu verhindern, sei mit dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 BImSchG, dem Sinn und Zweck der Befristung und der Systematik des Anlagenzulassungsrechts des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unvereinbar. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 [Halbsatz 1] BImSchG verlange die Beantragung „der Genehmigung“ und nicht irgendeiner Teilgenehmigung. Die Vorschrift solle zudem ausweislich der Gesetzesmaterialien sicherstellen, „dass eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Verhältnisse angemessen berücksichtigt … wird“. Das sei aber nur möglich, wenn diejenigen Verfahrensschritte, die der Erfassung der Verhältnisse und deren möglicher Änderung dienten, nach einer gewissen Zeit wiederholt würden. Der Gesetzgeber gehe in § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 BImSchG davon aus, dass dies spätestens nach vier Jahren erforderlich sei. Die Rechtsauffassung des Beklagten widerspreche der Zielsetzung des Normgebers, weil hiernach bereits durch die Beantragung irgendeiner Teilgenehmigung, die auf einen völlig nebensächlichen Teil der Anlage beschränkt sei oder keine der Genehmigungsvoraussetzungen betreffe, über die durch den Vorbescheid feststellend entschieden worden sei, die Wirksamkeit des Vorbescheids auf unbestimmte Zeit verlängert würde. Nur bei engem zeitlichen Konnex sei die weitgehende Bindungswirkung des Vorbescheids zu rechtfertigen. Deshalb sei die Vorschrift dahingehend auszulegen, dass die Wirksamkeit der Feststellungen des Vorbescheids bei Beantragung einer Teilgenehmigung nur insoweit erhalten bleibe, als der Antrag auf Teilgenehmigung die im Rahmen des Vorbescheids getroffenen Entscheidungen zum Gegenstand habe. Weil weder der Betrieb der Anlage noch die vorläufige positive Gesamtbeurteilung Gegenstand der 1. oder 2. Teilgenehmigung gewesen seien, habe damit der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 in Ansehung des Betriebs und der positiven Gesamtbeurteilung des Vorhabens seine Bindungswirkung verloren. Dies ergebe sich auch aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschriften des Anlagenzulassungsrechts. Die Fristenregelung des § 18 BImSchG bringe als allgemeine Regelung auch für genehmigungsbedürftige Neuanlagen zum Ausdruck, dass Genehmigungen nur so lange ihre Wirkung behielten, als die genehmigten Anlagen tatsächlich errichtet und in Betrieb genommen würden. Im vorliegenden Falle habe das Genehmigungsverfahren in den Jahren 2009 bis 2015 völlig stillgestanden. Schon zum Zeitpunkt der Erteilung der 3. Teilgenehmigung seien die bereits errichteten Bauteile der Anlage eine Bauruine gewesen. Wäre eine bereits in Betrieb genommene Anlage für die Dauer dieser Zeit stillgelegt worden, so wäre ihre Genehmigung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erloschen. Die Rechtsauffassung des Beklagten führe daher zu einem erheblichen rechtssystematischen Wertungswiderspruch. Sie dränge sich auch keineswegs deshalb auf, weil anders die Einhaltung der Frist des § 9 Abs. 2 BImSchG in einem gestuften Verfahren mit Teilgenehmigungen nicht möglich wäre. Im Übrigen gehe der Beklagte selbst in anderem Zusammenhang davon aus, dass die Bindungswirkung des Vorbescheids wegen der langen Dauer des Genehmigungsverfahrens eingeschränkt sei [vgl. oben unter B) I. 1.]. Der Verzicht auf eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung sei mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbaren. Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung diene der Erfassung der Umwelteinwirkungen einer Anlage zum Genehmigungszeitpunkt. Indem die Auswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage einer Untersuchung vom 3. März 2008 beurteilt worden seien, die zum Zeitpunkt der Erteilung der 3. Teilgenehmigung fast neun Jahre alt gewesen sei, habe der Beklagte alle Veränderungen des Standorts in Gestalt hinzugekommener Belastungen oder möglicherweise entstandener neuer Ökosystemstrukturen ignoriert.

(d) Der Stillstand der Bauarbeiten für mehr als drei Jahre habe zudem gemäß (§ 9 Abs. 3 i. V. m.) § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 71 Satz 1 NBauO zum Erlöschen des Vorbescheids sowie der 1. und 2. Teilgenehmigung geführt. Die bereits errichteten Teile der Anlage stellten eine Bauruine dar, zu deren Fertigstellung – entgegen dem, was die 3. Teilgenehmigung voraussetze – nicht mehr auf die erloschene 1. und 2. Teilgenehmigung zurückgegriffen werden könne.

(e) Selbst wenn man nicht davon ausginge, dass der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 gemäß § 9 Abs. 2 BImSchG unwirksam sei, käme ihm keine Bindungswirkung zu, weil sich die Betriebsweise der Anlage, die im Verfahren der 3. Teilgenehmigung zur Genehmigung gestellt worden sei, wesentlich von derjenigen unterscheide, die dem Vorbescheid zugrunde liege.

(aa) Die 3. Teilgenehmigung habe gegenüber dem Vorbescheid die Verbrennung erheblich größerer Mengen an Ersatzbrennstoffen zugelassen, nämlich eine zusätzliche Menge von 51.700 t. Aus dem 6. Anordnungssatz des Vorbescheides, wonach die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nur unter der Bedingung erteilt werde, „dass die Feuerungswärmeleistung auf 70 MW bei einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h mit einem Heizwert von 14,5 MJ/kg … beschränkt wird“, ergebe sich nämlich, dass der Jahresdurchsatz der Anlage auf 153.300 t/a (= 17,5 t/h x 24 h x 365 Tage) begrenzt sei. Der genannten Bestimmung habe ausweislich ihrer Aufnahme in einen der Anordnungssätze des Vorbescheides ein eigener Regelungsgehalt zukommen sollen. Dieser könne nur so verstanden werden, dass ein Durchschnittswert von 17,5 t/h festgelegt werden sollte, der im Durchschnitt der Betriebsstunden nicht überschritten werden dürfe. Bei lebensnaher Auslegung sei davon auszugehen, dass dieser Durchschnittswert jedenfalls im Jahresbetrieb eingehalten werden müsse. Die 3. Teilgenehmigung habe dagegen [bis zum Ergehen des „klarstellenden“ Bescheides vom 16. August 2019] eine maximale Brennstoffmenge von 22,9 t/h und einen Jahresdurchsatz von 205.000 t/a erlaubt und damit gegenüber dem Vorbescheid die Verbrennung erheblich größerer Mengen an Ersatzbrennstoffen zugelassen, nämlich eine zusätzliche Menge von 51.700 t/a (= 205.000 t/a -153.300 t/a). Dies bedeute eine Steigerung um 5,9 t/h, die gemäß Art. 20 Abs. 3 der IED-Richtlinie infolge der Überschreitung des Schwellenwertes von 3 t/h nach Ziffer 5.2 Buchst. a) des Anhangs 1 dieser Richtlinie, der mit demjenigen gemäß Nr. 8.1.1.3 der 4. BImSchV übereinstimme, als wesentliche Änderung anzusehen sei. Die Änderung hätte daher auch zwingend gemäß § 74 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UVPG a. F. einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen, weil durch die Änderung selbst der in Nr. 8.1.1.2 der Anlage 1 zu dem UVPG [a. F.] bezeichnete Größenwert von 3 t/h überschritten worden sei.

(bb) Weitere wesentliche Änderungen der durch die 3. Teilgenehmigung zugelassenen Anlage gegenüber derjenigen, die der Gegenstand des Vorbescheids gewesen sei, beträfen die Rauchgasreinigung (vgl. zur Konzeptionsänderung Bl. 32 f. GA).

(α) Während ausweislich des Gutachtens des Ingenieurbüros für Umwelttechnik, Dipl. Ingenieurs N., vom 28. August 2017 (Bl. 140 ff. [143 ff.] GA) die ursprüngliche Konzeption der Rauchgasreinigungsanlage mit zwei hintereinander geschalteten Gewebefiltern eine tatsächliche Abscheideleistung von 99,89 % erbracht hätte, liege der Abscheidegrad der geänderten Rauchgasreinigungsanlage – entgegen den Behauptungen der Beigeladenen – nicht bei 99,9 % der Staubemissionen, sondern lediglich bei 96,7 %. Die fehlerhafte Berechnung der Abscheideleistung durch die Beigeladene beruhe darauf, dass in die Ermittlung des Abscheidegrades die im Zuge der Rauchgasreinigung eingedüsten Adsorbentien einbezogen würden. Betrachte man jedoch richtigerweise allein denjenigen Reinigungseffekt, der in Bezug auf die bereits bei der Verbrennung erzeugten Stäube erzielt werde, führe die Änderung der Konzeption der Rauchgasanlage zu einer Erhöhung des Anteils der tatsächlich ausgetragenen Stäube von 0,11 % auf 3,3 %, also auf 3000 % des ursprünglich vorgesehenen Austrags. Es liege eine um den Faktor 30 geringere Abscheideleistung vor. Die damit eintretende Verschlechterung führe zu erhöhten Immissionen von Staub, Schwermetallen, Dioxinen und Furanen mit entsprechend nachteiligen Auswirkungen auf die Schutzgüter des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

(β) Eine andere wesentliche Änderung des EBS-Kraftwerks, das der Gegenstand der 3. Teilgenehmigung sei, gegenüber demjenigen, auf das sich der Vorbescheid beziehe, sei die fehlende Redundanz der Rauchgasreinigung, die durch den Wegfall des zweiten Gewebefilters im Zuge der Neukonzeption bedingt sei. Auch dies werde durch das Gutachten des Dipl. Ingenieurs N. vom 28. August 2017 (Bl. 145 GA) und die ergänzende Stellungnahme vom 22. Januar 2018 (Bl. 358 ff. [361 ff.] GA) belegt. Mit der Neukonzeption trete eine wesentliche Verschlechterung der Anlagensicherheit und der Emissionswerte im Falle einer Filterstörung ein. Ausweislich des Gutachtens der O. vom 3. Juli 2015 (Bl. 231 ff. [246] BA 9 zu 12 KS 118/17) solle der Durchbruch eines Filterelements anhand der Reingaswerte erkannt werden. Durch das wechselseitige Abschalten der Filter solle sodann der defekte Filterschlauch ermittelt werden, um ihn anschließend zu reparieren. Offensichtlich erfolge diese Abschaltung während des Betriebs mit Handklappen. Ein derartig wechselndes Abschalten lasse sich aber nicht innerhalb weniger Minuten bewerkstelligen; schließlich seien im Maximalfall sechs Filterkammern jeweils ab- und wieder hinzuzuschalten. Bis die betroffene Filterkammer detektiert und dann abgeschaltet worden sei, könne durchaus eine längere Zeitspanne verstrichen sein. Selbst wenn aber nur 20 Minuten vergingen, um die für erhöhte Staubemissionen ursächliche Filterkammer zu lokalisieren und abzusperren, würde voraussichtlich der Halbstunden-Grenzwert der 17. BImSchV überschritten werden. In dem Gutachten der O. vom 3. Juli 2015 werde lediglich ausgeführt, dass durch die beschriebene Vorgehensweise die Einhaltung des Tagesmittelwertes (TMW) gewährleistet werden könne. Es werde dagegen dort nicht erwähnt, dass auch der Halbstunden-Mittelwert (HMW) immer sicher eingehalten werden könne. Auch fänden sich in den Antragsunterlagen, beispielsweise der Anlagen-Betriebsbeschreibung, keine genauen Angaben über die Auslegung des Gewebefilters. In diesen Unterlagen finde sich die Behauptung der Beigeladenen, dass der Filter so ausgelegt sei, dass bei Ausfall einer Filterkammer die anderen ausreichend dimensioniert seien, um den gesamten Abgasstrom des EBS-Kraftwerks zu übernehmen und zu filtern, so nicht wieder. Die Überschreitung des Halbstunden-Grenzwerts könnte damit nur durch den Einsatz eines zweiten Gewebefilters als „Polizeifilter“ aufgrund der damit verbundenen Redundanz sicher vermieden werden.

(f) Der Vorbescheid könne keine Bindungswirkung mehr entfalten, weil durch die - in der 3. Teilgenehmigung gegenüber der 2. Teilgenehmigung vorgesehene - (erneute) Verschiebung der Standorte des Reststoffs- und des Betriebsmittelsilos Grundflächen in Anspruch genommen würden, die nicht Gegenstand der Standortentscheidung des Vorbescheids gewesen seien, und weil die 3. Teilgenehmigung mit dem Bau eines Hilfskessels mit gesondertem Schornstein eine weitere Emissionsquelle vorsehe, die nicht Bestandteil des Antrags auf Erteilung des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 gewesen sei und über die dieser keine Regelungen getroffen habe. Die durch den Betrieb des Hilfskessels erzeugten Abgase könnten nachteilige Auswirkungen auf die Obstanbauflächen des (vormals) klägerischen Betriebs haben, die innerhalb des Beurteilungsgebiets für die Emissionen dieser Anlage lägen (bei einer Schornsteinhöhe von 26 m ergebe sich ein Radius von 26 m x 50 = 1.300 m). Auch für das Erfordernis einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung reiche gemäß § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV bereits die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen für Dritte oder zusätzlicher oder anderer erheblicher Auswirkungen auf in § 1a der 9. BImSchV genannte Schutzgüter.

(g) Eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung sei auch deshalb erforderlich gewesen, weil bereits die Standortverschiebung um ca. 160 m und darüber hinaus die gegenüber dem Genehmigungsstand der 2. Teilgenehmigung mit der 3. Teilgenehmigung teilweise verringerte Gebäudehöhe (einschließlich einer dadurch bedingten Verringerung der notwendigen – nicht der tatsächlichen – Schornsteinhöhe der EBS-Anlage) eine erneute Berechnung der Ausbreitung der Emissionen – und damit der zu erwartenden Immissionen – sowie eine Neubewertung der Umweltauswirkungen erfordert hätten. Er, der Kläger, mache sich den in der gemeinsamen mündlichen Verhandlung erfolgten Vortrag der Klägerin des Parallelverfahrens 12 KS 118/17 betreffend die Unzulänglichkeit der Berücksichtigung von Umweltauswirkungen durch von der umstrittenen EBS-Anlage ausgehende Luftbelastungen zu eigen – hier insbesondere die Erläuterungen ihres Sachbeistandes P..

(3) Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei auch nachzuholen gewesen, weil die bereits im Verfahren zur Erteilung des Vorbescheids vorgelegte Umweltverträglichkeitsstudie (UVS), auf der die damalige Umweltverträglichkeitsprüfung beruht habe, in wesentlichen Punkten unvollständig gewesen sei.

(a) Im Rahmen der ehedem vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) sei keine umfassende Betrachtung von Betriebsstörungen vorgenommen, sondern mit Ausnahme der Berücksichtigung eines vorliegenden Gutachtens zu einem Brand im Brennstoffbunker insoweit auf später einzuholende Gutachten zum Stand der Technik verwiesen worden (vgl. UVS des TÜV Nord vom 3.3.2008, Ziffer 4.3, – Bl. 23 BA 9 zu 12 KS 118/17). Die Anfälligkeit des Vorhabens für die Risiken schwerer Unfälle oder Katastrophen sei jedoch erforderlicher Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. Nr. 4 Buchst. c] Doppelbuchst. ee] und ii] der Anlage 4 zu dem UVPG). Da die Sicherheitstechnik Bestandteil der hier angefochtenen 3. Teilgenehmigung sei, hätte also jedenfalls insoweit eine ergänzende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen.

(b) Die ursprüngliche UVS sei im Hinblick auf ihre Aussagen zur Schallbelastung fehlerhaft und unvollständig gewesen. Denn mangels entsprechender Unterlagen (Maschinenaufstellungspläne und Emissionsdaten) seien die Emissionsdaten einer vergleichbaren Anlage zur Grundlage genommen worden (vgl. UVS des TÜV Nord vom 3.3.2008, Ziffer 4.6, - Bl. 21 BA 9 zu 12 KS 118/17), anstatt – wie geboten – von einer „worst-case-Betrachtung“ auszugehen.

(c) In der ursprünglichen UVS sei die Betrachtung der Gewässerbelastung fehlerhaft gewesen, weil ohne eine Prüfung der konkreten Wirkungszusammenhänge im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben der TA Luft von einer fehlenden Relevanz des Eintrags von Schadstoffen über den Luftpfad ausgegangen worden sei. Der Schwerpunkt der von der Anlage ausgehenden luftgetragenen Immissionen liege jedoch über der Elbe und damit einem dem strengen Schutz der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union unterfallenden Oberflächengewässer, für das gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2000/60/EG ein striktes Verschlechterungsverbot im Hinblick auf den ökologischen und chemischen Zustand des Wasserkörpers gelte. Das Abstellen auf „Irrelevanzwerte“ einer Verwaltungsvorschrift, die nicht speziell dem Gewässerschutz zu dienen bestimmt sei, werde dessen Anforderungen nicht gerecht.

(d) Schließlich sei in der damaligen UVS die benachbarte, mit Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 2. April 2008 zugelassene Anlage zur Verarbeitung flüssiger Epoxidharze (Rotorblattfertigung) als Vorbelastung der Umgebung unberücksichtigt geblieben.

(II) Die angefochtene 3. Teilgenehmigung sei auch materiell rechtswidrig.

(1) Sein, des Klägers, (vormaliger) Obstanbaubetrieb werde durch das EBS-Kraftwerk schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt und müsse mit erheblichen Ertragseinbußen rechnen. Es drohe die unmittelbare Schädigung der Blüten durch von der Anlage emittierten Fluorwasserstoff. Bereits in der Vergangenheit habe er aufgrund von Emissionen, die von dem zuvor an dem Standort befindlichen Aluminiumwerk ausgegangen seien, erhebliche Ertragseinbußen erlitten, die von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen bewertet und von der seinerzeitigen Betreiberin des Werks mit 160.000 DM und später nochmals mit mehreren 10.000 EUR entschädigt worden seien. Darüber hinaus würden seine Früchte durch die Rückstände der verschiedenen weiteren luftgetragenen Schadstoffe, die von der nunmehr genehmigten Anlage ausgingen, beeinträchtigt. Diese Schadstoffe wirkten sowohl unmittelbar luftseitig als auch durch Niederschlag auf den Boden, die Bäume und Früchte sowie über die Gewässer. Die fortwirkenden (vgl. den Hinweis [unter Nr.1.1] auf S. 3 der 3. Teilgenehmigung – Bl. 343 BA 2 zu 12 KS 118/17) Bestimmungen des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 erlaubten unter Nr. 2.2 Satz 2 (Bl. 38 BA 1) unter bestimmten Voraussetzungen einen Verzicht auf die kontinuierliche Erfassung der Fluoremissionen der Anlage. Diese Regelung werde der besonderen Gefährdung des Obstanbaubetriebes durch Fluorwasserstoffimmissionen nicht gerecht und sei nicht geeignet, schädliche Umwelteinwirkungen in Form der Schädigung der Obstbäume zu verhindern. Die 3. Teilgenehmigung stelle nicht sicher, dass eine Beeinträchtigung des Grundwassers und der Wasserentnahmestellen des Obstanbaubetriebs ausgeschlossen sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf nicht hinreichend untersuchte Störfälle, die zu einem Austritt erheblicher Mengen wassergefährdender Stoffe führen könnten.

(2) Die Genehmigungsvoraussetzung des § 6 Abs. 1 [Nr. 1] BImSchG sei nicht erfüllt, weil die Rauchgasreinigungsanlage – wie bereits oben [unter B) I. 2. e) bb) β)] ausgeführt – wegen ihrer fehlenden redundanten Ausgestaltung im Falle einer erheblichen Störung des einzig verbliebenen Gewebefilters nicht in der Lage sei, die Halbstunden-Werte der 17. BImSchV einzuhalten. Im Übrigen bedürfe es eines weiteren Gewebefilters als sogenanntem „Polizeifilter“ auch deshalb, weil es nach dem Abrütteln des Filterkuchens, bei Defekten im Gewebefilter sowie bei Schadstoffpeaks, die aufgrund der Inhomogenität der verfeuerten Abfälle zu erwarten seien, zu einer nicht ausreichenden Reinigungsleistung des vorgesehenen einzigen Gewebefilters kommen könne.

(3) Die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sei nicht sichergestellt, weil die vorgesehene Eingangskontrolle nicht dem Stand der Technik entspreche und nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit gewährleiste, dass nur zugelassene Abfälle zur Verbrennung gelangten und diese nur solche Schadstofffrachten enthielten, die eine Einhaltung der Grenzwerte erlaubten. Auf die vorgeschriebenen Emissionsmessungen könne als Mittel zur Vermeidung unzulässiger Umwelteinwirkungen in diesem Zusammenhang nicht verwiesen werden. Denn kontinuierliche Messungen seien nur bei einigen wenigen Schadstoffen technisch möglich und vorgeschrieben (§ 16 der 17. BImSchV), und für die meisten Schwermetalle, das krebserregende Benzo(a)pyren, Dioxine und Furane existierten keine kontinuierlichen Messverfahren, auf die die Verfahrenselektronik entsprechend reagieren könnte. Vielmehr schreibe § 17 der 17. BImSchV insoweit nur Einzelmessungen vor, die später im Labor analysiert würden. Dies geschehe nach § 17 Abs. 3 der 17. BImSchV nach Abschluss der Inbetriebnahme an lediglich drei Tagen im Jahr, weshalb der wirksamen Eingangskontrolle zur Verwirklichung des Schutzanspruchs aus § 6 BImSchG eine immense Bedeutung zukomme. Vor diesem Hintergrund müsse der Genehmigungsbescheid selbst sicherstellen, dass sich der Betreiber der Anlage vor Verbrennung der Abfälle Gewissheit über deren Zusammensetzung verschaffe und verschaffen könne. Es sei aber nicht plausibel, wie bei einem Eingang von durchschnittlich 23 t Ersatzbrennstoffen pro Stunde durch bloße „Sichtkontrolle und Geruchsprüfung“ im Anlieferungsbunker auch nur sichergestellt werden solle, dass die angelieferten Brennstoffe mit den Angaben des Anlieferers übereinstimmten. Zwar gebe es auf dem Markt keine Technik, mit deren Hilfe der Eintrag von Ersatzbrennstoffen mit unzulässig hohen Schadstoffgehalten ausgeschlossen werden könne. Es existierten aber technisch ausgereifte und erprobte Verfahren, die bereits bei einigen EBS-Aufbereitungsanlagen angewendet würden und die eine signifikant bessere Eingangskontrolle ermöglichten. Es würden hierzu Geräte eingesetzt, die auf der Grundlage einer sogenannten Röntgenfluoreszenz-Analyse arbeiteten und sofort vorliegende Schnellanalysen erlaubten, durch die sich schon bei der Anlieferung erkennen lasse, ob Abfälle hoch mit Schwermetallen belastet seien. Die Anschaffungskosten eines solchen RFA-Gerätes lägen je nach Anwendungsbereich zwischen 20.000,- und 30.000,- EUR und hielten sich damit ohne weiteres im Rahmen des Zumutbaren. Obwohl es derzeit noch nicht möglich sei, Anlieferungskontrollen in Ersatzbrennstoffanlagen ausschließlich mit der RFA-Technik durchzuführen, da insbesondere bei den Schadstoffen Quecksilber und Cadmium die Nachweisgrenzen relativ hoch lägen, sei diese Technik doch hervorragend als Ergänzung zu Laboranalysen, insbesondere zur Auffindung von „hot spots“ in den angelieferten Abfällen, geeignet. Dagegen sei die hier vorgesehene Entnahme von Rückstellproben ungeeignet, eine zusätzliche Sicherheit zu gewährleisten. Denn diese Proben würden erst analysiert, wenn die beprobten Abfälle längst verbrannt seien. Sie ermöglichten allenfalls repressive Maßnahmen der Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfolgung. Auch insoweit könnten sie aber vorliegend keine generalpräventive Funktion entfalten. Denn es sei schon nicht möglich, aus je 2 t inhomogener Gewerbeabfälle eine in irgendeiner Form „repräsentative“ Probe erhalten zu wollen. Deshalb wäre das Verfahren der Probenentnahme konkret vorzuschreiben gewesen. Schließlich stelle die Stichprobenentnahme anhand von Müllmengen anstatt einzelner Anlieferungen die Rückverfolgbarkeit nicht sicher.

(4) Die durch den angefochtenen Bescheid (teil-) genehmigte EBS-Anlage halte auch den Stand der Technik nicht ein. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. N. vom 24. August 2017 (Bl. 145 f. GA) i. V. m. den Ausführungen [unter Nr. 4.3.3 bzw. 4.6.2] des Gutachtens der O. vom 3. Juli 2015 (Bl. 251 [Rückseite] bzw. 255 BA 9 zu 12 KS 118/17), welches der Prüfung des EBS-Kraftwerks Stade auf die Einhaltung des Standes der Verbrennungstechnik sowie der Rauchgasreinigungstechnik gedient habe.

(a) Hinsichtlich des Brandschutzes habe nach dem Gutachten der O. der Nachweis gefehlt, dass die vorgesehene Anzahl und Leistung der geplanten Schaum-Wasserwerfer ausreichend dimensioniert seien, und sei noch sicherzustellen, dass Verriegelungen oder Abschaltungen durch die automatischen Vorrichtungen nach § 4 Abs. 8 der 17. BImSchV innerhalb des Prozessführungssystems protokolliert und archiviert würden. Des Weiteren seien nach diesem Gutachten die Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlalarm zu konkretisieren. Mangels entsprechender Berücksichtigung dieser Kritik im Bescheid über die 3. Teilgenehmigung sei davon auszugehen, dass die Anlage auch in diesem Punkt den Stand der Technik nicht einhalte.

(b) Bezogen auf die Rauchgasreinigungsanlage werde in dem Gutachten der O. darauf hingewiesen, dass der vorgesehene alternative Eintrag von Sorptionsmittel vor dem Verdampfungskühler nicht Stand der Technik sei und somit der Eintrag von Kalkhydrat in den Rohgasstrom noch im Verdampfungskühler oder in dem dahinter angeordneten Abgaskanal zu erfolgen habe. Auch insoweit enthalte der Genehmigungsbescheid indessen keine Regelung, die gewährleiste, dass die Anlage den Stand der Technik einhalte.

(5) Aufgrund der Mängel in der Eingangskontrolle, der unzureichenden Rauchgasreinigung und der fehlenden Einhaltung des Stands der Technik sei jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen, dass die sogenannten Irrelevanzschwellen der TA Luft überschritten würden. Dies bedeute, dass im Genehmigungsverfahren nicht auf eine Ermittlung der Vorbelastung hätte verzichtet werden dürfen, sondern zur Beurteilung, ob die immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten eingehalten würden, eine Ermittlung der Gesamtbelastung erforderlich gewesen wäre. Dies alles hätte dezidierter untersucht und auch zum Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht werden müssen.

(6) Schließlich sei auch im Hinblick auf die von der EBS-Anlage ausgehenden Schallemissionen nicht sichergestellt, dass diese auf dem Wohngrundstück des Klägers zu keinen schädlichen Umwelteinwirkungen führten. Denn die der Genehmigung zu Grunde liegende Schallimmissionsprognose gehe von fehlerhaften Immissionsrichtwerten aus, da zu Unrecht zugrunde gelegt werde, dass sich das Grundstück des Klägers in einem Mischgebiet befinde, wohingegen das Gebiet als allgemeines Wohngebiet einzustufen sei. Zu Unrecht sei der Beklagte der Auffassung, dass Immissionspunkte auf dem Hochwasserschutzdeich hinreichend vergleichbar seien, und wende auf diese die Immissionsrichtwerte eines Mischgebietes an. Dies sei weder nachvollziehbar noch fachlich gerechtfertigt. Angesichts der knappen Unterschreitung der zu hoch angesetzten Richtwerte müsse davon ausgegangen werden, dass bei Zugrundelegung korrekter Richtwerte eine Überschreitung der zulässigen Lärmbelastung zu erwarten stehe. Darüber hinaus fehle der Schallprognose eine nachvollziehbare Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens. So gehe die Schallimmissionsprognose davon aus, dass der Lieferverkehr nur tagsüber erfolge, ohne dass dies über Nebenbestimmungen in irgendeiner Weise sichergestellt sei. Darüber hinaus lege die Schallimmissionsprognose zugrunde, dass die Anlieferung der Ersatzbrennstoffe ausschließlich durch Lkw mit einer Ladekapazität von 15 t erfolge, die jeweils ausgeschöpft werde. Diese Annahmen seien unrealistisch und mit den üblichen Betriebsabläufen in EBS-Anlagen nicht vereinbar. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass die Ladekapazität der Lkw nicht vollständig ausgeschöpft und auch mit Fahrzeugen geringerer Ladekapazität angeliefert werde.

(7) Die Genehmigung stelle keine ausreichende Störungs- und Störfallvorsorge sicher. Schon aufgrund der mangelhaften Eingangskontrolle können nicht sichergestellt werden, dass sich auf dem Betriebsgelände und im Brennkessel im Falle eines Stör- oder Störungsfalls keine gefährlichen Substanzen befänden. Auch sei nicht ausreichend geprüft worden, ob wegen der auf dem Betriebsgelände lagernden Verbrennungsrückstände die Mengenschwellen der Störfallverordnung überschritten würden. Unklar sei auch, ob es wegen der sehr nahen Störfallbetriebe zu gefährdenden Dominoeffekten kommen könne. Es hätte ferner geprüft werden müssen, ob im Falle der Anlieferung und Verbrennung gefährlicher Abfälle, mit der im Rahmen der Abfallverbrennung gerechnet werden müsse, ein hinreichender Schutz für die Nachbarschaft sichergestellt sei. Das gleiche gelte für einen Anlagenbrand bei gleichzeitiger Lagerung gefährlicher Abfälle oder anderer gefährlicher Stoffe auf dem Anlagengelände.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 und des Bescheides vom 16. August 2019 aufzuheben

hilfsweise

die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

(A) Er hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger nicht mehr als Inhaber eines Obstanbaubetriebes klagebefugt gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 6. Juni 2017 sei die Auflassung (vom 8. Mai 2017) des Betriebsgrundstück des Klägers zugunsten seines Sohnes nämlich bereits vorgenommen gewesen. Auf die spätere Eintragung im Grundbuch (hier: am 21. August 2017) komme es nicht an.

(B) Der Beklagte hält die Klage zudem für jedenfalls unbegründet.

(I) Die angefochtene 3. Teilgenehmigung sei nicht infolge von Verfahrensmängeln aufzuheben.

(1) Eine (ergänzende) Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung seien nicht deshalb erforderlich gewesen, weil in der 3. Teilgenehmigung abweichend von dem Vorbescheid für bestimmte Schadstoffe neue und strengere Emissionsgrenzwerte festgesetzt worden seien, die der nach dem Ergehen des Vorbescheids geänderten Fassung der 17. BImSchV entnommen seien.

(2) Die erneute Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung seien entbehrlich gewesen, da beide bereits im Rahmen des Verfahrens zum Erlass des Vorbescheids vorgenommen worden seien und dieser das Vorhaben weiterhin trage. Selbst im Falle eines teilweisen Verlustes der Bindungswirkung des Vorbescheides hätte im Übrigen keine Pflicht zu einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, weil es sich ungeachtet einzelner Änderungen noch um das gleiche Projekt handle. Wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.3.1996 - BVerwG 4 C 19.94 -, NVwZ 1996, 1016 [1017]) ergebe, sei insoweit aber allein auf die Identität des Projektes abzustellen.

(a) Die Gesamtumstände ließen den Schluss zu, dass der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 durch die Passage unter IV.2.2 der 1. Teilgenehmigung vom 8. Juni 2008 unwesentlich geändert worden sei. Obwohl er, der Beklagte, im Außenverhältnis die rechtsverbindliche 1. Teilgenehmigungsentscheidung getroffen habe, sei die Hansestadt Stade in allen baurechtlichen Fragen die zuständige und verantwortliche Fachbehörde gewesen. Aus dem vorgelegten Gesprächsvermerk über das Ergebnis der Besprechung vom 29. Januar 2008 (Bl. 520 Rückseite GA) und dem Schreiben der Hansestadt vom 10. Januar 2008 sei abzuleiten, dass die Hansestadt Stade die Standortverschiebung für bauplanungsrechtlich irrelevant und das Vorhaben auch am neuen Standort für bauplanungsrechtlich zulässig gehalten habe. Letztlich werde man konstatieren müssen, dass eine Standortverschiebung um 160 m geeignet sei, die Genehmigungsfrage in planungsrechtlicher Hinsicht neu aufzuwerfen. Es spreche vieles dafür, dass die Standortverschiebung – insbesondere von der planungsrechtlich zuständigen Stadt – als durchaus planungsrechtlich erheblich, aber letztlich unkritisch eingestuft worden sei. Die Frage nach der bodenrechtlichen Relevanz sei somit in dem Bescheid über die 1. Teilgenehmigung geklärt und der Vorbescheid konkludent dahin geändert worden, dass er das Vorhaben weiterhin trage. Unabhängig davon stelle sich die Frage nach der planungsrechtlichen Relevanz der Änderung jedenfalls nicht in Anwendung des § 34 BauGB. Denn er, der Beklagte, besitze keine Normverwerfungskompetenz, und das Normenkontrollurteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. August 2018 sei erst nach der Entscheidung über den Widerspruch des Klägers ergangen.

(b) Infolge der bejahten konkludenten Änderung des Vorbescheids stellt sich aus Sicht des Beklagten nicht das Problem, dass sich die Anträge auf Erlass der 1. und 2. Teilgenehmigung auf ein anderes Vorhaben als der Vorbescheid beziehen könnten.

(c) Der Vorbescheid sei auch nicht durch Fristablauf unwirksam geworden. Denn die Frist des § 9 Abs. 2 [Halbsatz 1] BImSchG sei bereits durch die Anträge auf Erteilung der 1. und 2. Teilgenehmigung gewahrt worden. Nach allgemeiner Meinung genüge zur Wahrung der genannten Frist ein Antrag auf Teilgenehmigung. Dafür spreche auch das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Mai 2012 – 12 KS 5/10 – (juris). Die Auffassung des Klägers, wonach die Bindungswirkung des Vorbescheids teilweise entfallen könne, überzeuge nicht. Wäre dies vorgesehen, so wäre in § 9 Abs. 2 [Halbsatz 1] BImSchG die Verwendung des Wortes „soweit“ oder der Wortfolge „ganz oder teilweise“ zu erwarten gewesen, die sich in anderen Paragrafen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (§ 18 Abs. 2 bzw. § 21 Abs. 1 BImSchG) finde. Soweit es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/197, S. 34) zu § 8 Abs. 2 BImSchG a. F. (= § 9 Abs. 2 BImSchG) heiße, dass die Fristenregelung sicherstellen solle, „dass eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Verhältnisse angemessen berücksichtigt und das Genehmigungsverfahren selbst nicht allzu lange hinausgezögert wird“, beziehe sich dies nur auf den Beginn des Genehmigungsverfahrens; denn in der Vorschrift gehe es nur um die Antragstellung. Es gebe keine Frist, innerhalb derer die Genehmigung erteilt sein müsste, um die Bindungswirkung des Vorbescheids aufrechtzuerhalten. Auch der Zweck der Regelung spreche gegen die von dem Kläger favorisierte Auslegung. Der Vorbescheid diene dazu, insbesondere bei komplexen oder neu gearteten Anlagen, wichtige Vorfragen verbindlich zu klären, um unnötige Detailplanungen zu vermeiden. Gerade bei solchen Anlagen sei aber damit zu rechnen, das Genehmigungsverfahren langwieriger seien. Folgte man der Ansicht des Klägers, wäre ein Vorhabenträger möglicherweise gezwungen, weitere Teilgenehmigungen zu beantragen, obwohl andere Teilgenehmigungen noch nicht beschieden seien. Dies wäre nicht sachgerecht. Im Übrigen werfe die Rechtsauffassung des Klägers gravierende Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich der Reichweite einer etwaigen Teilunwirksamkeit des Vorbescheids auf. Soweit der Kläger mit dem systematischen Zusammenhang zu § 18 BImSchG argumentiere, sei ihm entgegenzuhalten, dass § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nur für bereits in Betrieb genommene Anlagen gelte und keinen Erst-recht-Schluss ermögliche, da der Fall, auf den geschlossen werden müsste, in § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausdrücklich geregelt sei. Er, der Beklagte, sei im Genehmigungsverfahren der Auffassung gewesen, dass sowohl der bestandskräftige Vorbescheid als auch die 1. und 2. Teilgenehmigung weiterhin volle Bindungswirkung entfalteten. Trotzdem habe aus umweltschutzrechtlichen Erwägungen den Änderungen der 17. BImSchV zugunsten eines höheren Schutzniveaus für die Umwelt Rechnung getragen werden sollen. Da die neuen Grenzwerte strenger als die alten gewesen seien, habe sich hieraus kein Erfordernis einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung oder Öffentlichkeitsbeteiligung ergeben. Insoweit werde auf die ausführliche Begründung auf Seite 30 f. des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Ein konkreter Verstoß gegen höherrangiges Recht der Europäischen Union sei nicht zu erkennen.

(d) Zu Unrecht halte der Kläger § 71 NBauO im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für anwendbar.

(e) Auch aufgrund der von dem Kläger behaupteten Änderung der Anlage sei(en) keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und/oder Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gewesen. Denn die vorgesehenen Änderungen ließen keine nachteiligen Auswirkungen auf Dritte besorgen (§ 8 Abs. 2 der 9. BImSchV). Es seien weder zusätzliche oder andere erheblichen Auswirkungen auf die § 1a der 9. BImSchV genannten Schutzgüter zu besorgen noch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a. F. zu befürchten.

(aa) Entgegen der Auffassung des Klägers werde mit der 3. Teilgenehmigung keine Erhöhung der Abfallmenge zugelassen.

Denn entscheidend sei insoweit allein die Übereinstimmung der in dem ersten Anordnungssatz der 3. Teilgenehmigung unter Nr. I. 1. enthaltene Begrenzung der Feuerungswärmeleistung der Anlage auf 70 MW bei einer Durchsatzleistung von 22,9 t/h mit der im 6. Anordnungssatz des Vorbescheides unter Nr. I. Satz 6 enthaltenen Beschränkung der Feuerungswärmeleistung der Anlage auf 70 MW bei einer maximalen Brennstoffmenge von 22,9 t/h mit einem Heizwert von 11,0 J/kg. Da die Feuerungswärmeleistung rechnerisch das Produkt (vgl. Bl. 370 GA) aus maximaler Durchsatzleistung und Heizwert sei (22.900 kg/h x 11,0 MJ/kg = 251.900 MJ/h = 69,972 MW ≈ 70 MW), lasse sich aus den ersten beiden eingangs der 3. Teilgenehmigung genannten Größen die fehlende dritte, der Heizwert, errechnen. Er ergebe sich zudem aus dem Anhang der 3. Teilgenehmigung. Da der Heizwert von Ersatzbrennstoffen regelmäßig höher als 11 MJ/kg liege, nämlich wie in dem 6. Anordnungssatz des Vorbescheids dargestellt durchschnittlich bei 14,5 MJ/kg, sei in der Praxis aufgrund des höheren Heizwertes somit sogar mit einer geringeren als der zugelassenen Durchsatzmenge zu rechnen.

Demgegenüber gehe der Kläger von unrichtigen Beschränkungen der Durchsatzmenge der Anlage sowohl in der angefochtenen 3. Teilgenehmigung als auch in dem Vorbescheid vom 10. Januar 2008 aus. Wie nunmehr durch den Bescheid vom 16. August 2019 (Bl. 482 ff. GA) klargestellt worden sei, stelle der unter Nr. I. 1. der 3. Teilgenehmigung genannte Wert von 205.000 t/a keine rechtsverbindliche Begrenzung dar. Die Angabe einer Durchsatzkapazität von 205.000 t/a entstamme ursprünglich den Antragsunterlagen des Vorbescheids, sei aber bereits durch diesen ausgeschlossen worden. Sie stehe im Widerspruch zu den oben genannten maßgeblichen Angaben einer Feuerungswärmeleistung von 70 MW und einer Durchsatzmenge von maximal 22,9 t/h, aus der sich rechnerisch eine Jahresdurchsatzkapazität von nur 200.604 t/a ergebe. Ausweislich der Begründung der drei ergangenen Teilgenehmigungen habe diese bereits im Vorbescheid festgeschriebene Begrenzung der Anlagen- und Durchsatzkapazität jedoch beibehalten werden sollen. Der Wert von 205.000 t/a sei irrtümlich aus den insoweit ebenfalls widersprüchlichen Antragsunterlagen zur 3. Teilgenehmigung übernommen worden und nach alledem offensichtlich unzutreffend.

Was den Vorbescheid betreffe, so sei die in dessen 6. Anordnungssatz enthaltene weitere Angabe, dass die Feuerungswärmeleistung der Anlage auf 70 MW bei „einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h mit einem Heizwert von 14,5 MJ/kg“ beschränkt wird, ebenfalls nicht maßgeblich. Diese Angabe sei ebenso wie die übrigen in diesem 6. Anordnungssatz genannten Größen aus der Stellungnahme der Hansestadt Stade vom 10. Januar 2008 (Bl. 434 ff. [435] GA) in den Vorbescheid übernommen worden. Während es nach seiner, des Beklagten, Auffassung Sinn und Zweck der Angabe des Wertes von 11 MJ/kg gewesen sei, unter Übernahme des entsprechenden Grenzwertes in dem damaligen § 6 Abs. 2 [Satz 1] Nr. 1 KrW-/AbfG eine energetische Verwertung von Abfällen in Abgrenzung zur Abfallbeseitigung sicherzustellen, hätten die Angaben einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h mit einem Heizwert von 14,5 MJ/kg lediglich der Erläuterung gedient (Bl. 431 GA).

(bb) Es liege keine relevante Änderung der Rauchgasreinigung vor.

(α) Die vorgesehene Abgasreinigungseinrichtung sei dem aktuellen – im Vergleich strengeren – Stand der Technik angepasst worden. Abweichend von der Konzeption im Vorbescheid sei sie zwar weiterhin als konditioniert trockenes Abgasreinigungssystem, nun aber mit gestufter Additivzugabe geplant. Infolge der gestuften Additivzugabe werde auf einen zweiten Gewebefilter verzichtet. Hierdurch seien jedoch keine zusätzlichen oder anderen Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu erwarten. Die gegenteilige Stellungnahme des Dipl. Ing. R. überzeuge nicht. Zu dessen Berechnungen trage die Beigeladene ausreichend vor.

(β) Die Beigeladene erläutere auch nachvollziehbar, dass der Filter der Abgasreinigungsanlage so ausgelegt sei, dass selbst bei Ausfall einer kompletten Filterkammer noch eine ausreichende Filterleistung für den vollständigen Gasstrom erbracht werde und damit die Grenzwerte sicher eingehalten würden. Die Erneuerung der Gewebeschläuche bei einem Defekt könne auf unterschiedliche Weise erfolgen. Entweder könnten einzelne Kammern während des Betriebs mit Handklappen abgesperrt werden oder der Kessel sei herunterzufahren und die defekten Schläuche seien zu erneuern. Es sei nicht zu besorgen, dass hierbei nachteilige Auswirkungen auftreten könnten.

(f) Es habe kein Anlass bestanden, nur aufgrund der Verschiebung der Silos und des Baus des Hilfskessels eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung vorzunehmen. Die Silos lägen weiterhin unmittelbar neben dem Rest der Anlage auf dem Betriebsgelände. Es würden demnach entgegen der klägerischen Behauptung keine „völlig neuen Grundstücke“ in Anspruch genommen. Zudem sei hinsichtlich des Reststoffsilos gutachterlich bestätigt worden, dass die Verschiebung bezüglich der Emissionen keine Relevanz habe (vgl. Kurzstellungnahme des TÜV Nord vom 30.6.2015 – Bl. 201 ff. BA 9 zu 12 KS 118/17). Der Hilfskessel werde funktionsbedingt nur zeitweise in Betrieb sein, werde ausschließlich mit leichtem Heizöl befeuert und falle unter die 1. BImSchV. Eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung ergebe sich unter diesem Gesichtspunkt daher nicht. Darüber hinaus sei bereits zu Beginn der Anlagenplanung eine Ölbefeuerung für die Stillstandbeheizung des EBS-Kessels vorgesehen gewesen, deren Abgase in den Schornstein des Kraftwerks geleitet worden wären. Die erforderliche Höhe des nun separat geplanten Schornsteins sei gutachterlich ermittelt worden (vgl. die soeben zitierte Kurzstellungnahme).

(3) Mit seinen Einwänden gegen die ursprüngliche Umweltverträglichkeitsprüfung könnte der Kläger selbst dann nicht durchdringen, wenn man davon ausginge, dass er mit diesem Vorbringen nicht bereits ausgeschlossen sei, obwohl er im Verwaltungsverfahren zum Erlass des Vorbescheides Stellung genommen und von dessen Anfechtung abgesehen habe. Denn allenfalls liege ein relativer Verfahrensfehler vor, sodass § 4 Abs. 1a UmwRG eingreife und eine Aufhebung der Entscheidung ausscheide, wenn keine konkrete Möglichkeit bestehe, dass diese ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre. Dies sei hier der Fall.

(a) Bei der Prüfung, ob der geforderte Stand der Technik tatsächlich eingehalten werde, handle sich es nicht um ein Thema, das Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung wäre. Aus der Anlage 4 zu dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung könne der Kläger nichts herleiten, weil diese Anlage erst nach Erteilung der Genehmigung und Erlass des Widerspruchsbescheids, nämlich mit Wirkung zum 29. Juli 2017, eingeführt worden sei.

(b) Es sei sachgerecht gewesen, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Emissionsdaten einer vergleichbaren Anlage zurückzugreifen. Im Übrigen könnte ein Fehler nicht zur Aufhebung der angefochtenen 3. Teilgenehmigung führen, weil deren Nebenbestimmungen hinreichend sicherstellten, dass von der Anlage keine für die Nachbarschaft schädlichen Umweltauswirkungen im Sinne des § 3 BImSchG ausgingen. Der 3. Teilgenehmigung liege eine zum konkretisierten Anlagenbestand erstellte schalltechnische Untersuchung vom 29. Juni 2015 zugrunde. Die Darstellung der Schallthematik in der Umweltverträglichkeitsprüfung habe sich demnach nicht auf den Inhalt der 3. Teilgenehmigung ausgewirkt.

(c) Soweit der Kläger eine mangelhafte Berücksichtigung der Gewässerbelastung über den Luftweg in der ursprünglichen Umweltverträglichkeitsprüfung beanstande, sei ihm entgegenzuhalten, dass es bei der Prüfung nur um erhebliche nachteilige Auswirkungen eines Vorhabens gehe. Wenn die Luftschadstoffe schon für den direkten Wirkweg irrelevant seien, bestehe erst recht kein Anlass zu der Annahme, dass sie auf anderen Wirkwegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hätten.

(d) Die benachbarte Anlage zur Fertigung von Rotorblättern sei in der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen gewesen, da sie erst später, nämlich am 2. April 2008, genehmigt worden sei. Zudem sei nicht zu erkennen, inwieweit von dieser Anlage umweltbelastende Auswirkungen zu erwarten sein sollten. Durchgeführte Emissionsmessungen zeigten, dass die Emissionen der Anlage selbst bei deren Betrieb irrelevant wären. Im Übrigen sei die Produktion am Standort eingestellt worden.

(II) Die 3. Teilgenehmigung sei materiell rechtmäßig. Dies gelte auch dann, wenn man davon ausginge, dass der Kläger mit seinem Vorbringen gegen die bereits im Vorbescheid festgesetzten Regelungen, wie Emissionsgrenzwerte und Regelungen über Messungen, nicht präkludiert sei.

(1) Soweit er sich gegen ihm vermeintlich drohende schädliche Umwelteinwirkungen wende, sei dem Kläger entgegenzuhalten, dass die einschlägigen Grenzwerte eingehalten würden.

Im Hinblick auf mögliche Luftverunreinigungen könne als Einwirkungsbereich der Anlage das Beurteilungsgebiet im Sinne der Nr. 4.6.2.5 der TA Luft zugrunde gelegt werden. Dieses entspreche einem Radius um den Emissionsschwerpunkt der Anlage (Schornstein), der dem 50-fachen der tatsächlichen Schornsteinhöhe entspreche. Im vorliegenden Falle betrage die genehmigte Schornsteinhöhe 100 m, sodass der Einwirkungsbereich der Anlage in einem Radius von 5 km um diese Emissionsquelle liege. Das vormalige Grundstück des Klägers befinde sich in ca. 1,5 km Entfernung nordwestlich vom Emissionsschwerpunkt innerhalb dieses Einwirkungsbereichs. Die Obstanbauflächen lägen ebenfalls in nordwestlicher Richtung und reichten bis ca. 1,25 km an den Emissionsschwerpunkt heran. Die maximale Zusatzbelastung trete sowohl bei den gasförmigen als auch den staubförmigen Luftschadstoffen nordöstlich des geplanten Standorts im Bereich der Elbe in etwa 2.200 m Entfernung vom Emissionsschwerpunkt auf. Damit liege dieser Immissionsschwerpunkt, der zu keiner relevanten Zusatzbelastung führe, ca. 1.800 m von den Obstanbauflächen und ca. 2.000 m vom Grundstück des Klägers entfernt. Hinsichtlich der Emissionen in die Luft entsprächen die in der 3. Teilgenehmigung festgesetzten Grenzwerte denjenigen der 17. BImSchV in deren aktueller Fassung, sodass davon ausgegangen werden könne, dass das Schutzniveau im Sinne von § 5 Abs. 1 BImSchG erreicht werde. Gegenüber den Vorgaben des Vorbescheids seien in der 3. Teilgenehmigung die Tagesmittelwerte für Staub und Stickstoffoxide verschärft (von 10 mg/m3 auf 5 mg/m3 bzw. 200 mg/m3 auf 150 mg/m3) und es sei ein zusätzlicher Grenzwert für Ammoniak mit 10 mg/m³ aufgenommen worden. Die Halbstundenwerte für Staub seien von 30 mg/m³ auf 20 mg/m³ verringert und das Ammoniak sei zusätzlich auf 15 mg/m³ begrenzt worden. Darüber hinaus seien zusätzlich Jahresmittelwerte für Stickoxide und Quecksilber als Grenzwerte aufgenommen worden (mit 100 mg/m³ bzw. 0,01 mg/m³). Damit sei die Anlage gegenüber den ursprünglichen Planungen weiter ertüchtigt worden, sodass immissionsseitig eine Verbesserung eintrete.

Soweit der Kläger die in Ziffer 2.2 Satz 2 des Vorbescheids angesprochene Möglichkeit eines Verzichts auf kontinuierliche Emissionsmessungen für Fluorverbindungen bemängele, sei dem entgegenzuhalten, dass die 17. BImSchV in ihrer alten Fassung diese Möglichkeit eröffnet habe, in der aktuellen Fassung des § 16 Abs. 4 der 17. BImSchV eine kontinuierliche Messung aber gar nicht mehr gefordert werde. Entgegen den Befürchtungen des Klägers seien im Übrigen Beeinträchtigungen durch Fluorid-Immissionen nicht zu erwarten, da die entsprechenden Emissionen sich voraussichtlich deutlich unterhalb der festgelegten Emissionswerte bewegen würden. In der Umweltverträglichkeitsstudie des TÜV Nord im Verwaltungsverfahren zum Erlass des Vorbescheids sei festgestellt worden, dass die Jahresmittelwerte der Zusatzbelastung für gasförmige Luftschadstoffe für HF bei 0,0015 µg/m³ lägen, wobei das Bewertungskriterium bei 0,4 µg/m³ liege, sodass die Relevanzgrenze von 0,04 µg/m³ deutlich unterschritten werde.

(2) Wie bereits oben unter B) I. 2. e) bb) dargestellt, genüge die Rauchgasreinigungsanlage den an sie zu stellenden Anforderungen.

(3) Es sei durch die O. unter dem 3. Juli 2015 gutachterlich bestätigt worden (vgl. Bl. 237 und 249 BA 9 zu 12 KS 118/17), dass das Prozedere der Annahme der Ersatzbrennstoffe, einschließlich der Plausibilitätsprüfung des angelieferten Brennstoffs gegenüber der Deklarationsanalyse, dem Stand der Technik entspreche. Bei den zugelassenen Abfällen handle es sich sämtlich um in der Abfallverzeichnis-Verordnung als nicht gefährliche Abfälle eingestufte Materialien. Die Abfalleigenschaften würden durch die vorzulegenden Deklarationsanalysen für alle Abfälle nachgewiesen. Damit werde bereits bei den Abfallbehandlungsanlagen/Lieferanten der Abfälle der Nachweis erbracht, dass diese die festgelegten Annahmebedingungen der Ersatzbrennstoffanlage erfüllten. Letztlich würden somit bereits aufbereitete Abfälle – neben Wertstoffen würden Stör- und Schadstoffe aussortiert – von spezialisierten und zertifizierten Lieferanten angeliefert. Zudem würden die Abfälle einer Sichtkontrolle, Geruchsprüfung und einer Überprüfung der Begleitdokumente unterzogen. Die zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Regelungen zur Beprobung der angelieferten Abfälle berücksichtigten die gültigen Mitteilung der LAGA sowie die Vorgaben der Nachweisverordnung. Sie entsprächen daher dem Stand der Probennahmetechnik. Die von dem Kläger beanstandete Regelung über die Gewinnung von Rückstellproben stelle keine Verschlechterung gegenüber der ursprünglich angedachten Regelung dar. Sie berücksichtige unter anderem, dass sich die Deklarationsanalysen der Lieferanten auf Chargen bezögen, nicht auf Lkw. Soweit der Kläger behaupte, es gebe angeblich genauere und wirkungsvollere Methoden, führe die Beigeladene überzeugend aus, dass dies nicht der Fall sei. Das gelte insbesondere für die von dem Kläger benannte Röntgenfluoreszenz-Analyse. Wie der Kläger selbst einräume, führe sie bei bestimmten Schadstoffen, darunter Quecksilber und Cadmium, nicht zu guten Ergebnissen.

(4) Entgegen den Ausführungen des Klägers entspreche die Anlage auch dem Stand der Technik.

(a) Dies gelte namentlich für die Rauchgasreinigungsanlage. Bei der Konzeption einer solchen Anlage spielten unterschiedliche Einflussfaktoren eine Rolle. Dementsprechend erhebe auch die einschlägige VDI RL 3460 „keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit“. Entscheidend sei, dass die Emissionswerte der aktualisierten 17. BImSchV sicher eingehalten würden. Das sei hier der Fall. Im Übrigen sei den Antragsunterlagen unter 3.7 „Abgasreinigungsanlage“ [stattdessen richtig: unter Kapitel 5.1.2, S. 6/17 – Bl. 41 BA 6 zu 12 KS 118/17] zur Additivdosierung Folgendes zu entnehmen: Die Hauptmenge an Additiv werde im Nominalfall in den Reaktor nach dem Verdampfungskühler aufgegeben. Die Zugabe von Additiv vor dem Verdampfungskühler diene insbesondere bei Schadgasspitzen einer Vorabscheidung saurer Schadgaskomponenten. Bereits hieraus sei erkennbar, dass die Zugabe von Additiv in den Reaktor nach dem Verdampfungskühler verfahrenstechnisch realisiert werde, lediglich zusätzlich aber die Option bestehe, Additiv auch vor dem Verdampfungskühler einzubringen.

(b) In Ansehung des Brandschutzes sei der Stand der Technik ebenfalls gewahrt. Der Brandschutz sei bereits Teil der bestandskräftigen 2. Teilgenehmigung (vgl. dort Ziff. 3.3 bis 3.7). Aufgrund der in der 3. Teilgenehmigung beantragten Änderungen der Anlage sei einer Fortschreibung des Brandschutzkonzepts erforderlich gewesen. Die externe Brandschutzsachverständige (Brandschutzbüro S.) habe in ihrem Prüfbericht vom Dezember 2015 (Bl. 266 ff. GA) das fortgeschriebene Brandschutzkonzept bestätigt.

(5) Bei Unterschreitung der Irrelevanzschwellen der TA Luft sei keine Ermittlung der Vorbelastung erforderlich. Die von dem Gutachter ermittelten Belastungen lägen deutlich unter der Relevanzschwelle der TA Luft. Die tatsächlichen Emissionen von EBS Kraftwerken lägen zudem regelmäßig weit unter diesen Grenzwerten. Anhaltspunkte, die eine Überschreitung im tatsächlichen Betrieb befürchten ließen, bestünden nicht.

(6) Zu Unrecht beanstande der Kläger unzulässige Schallimmissionen an seinem Wohnhaus. Das Wohnhaus liege nicht – wie von ihm behauptet – in einem als allgemeines Wohngebiet einzustufenden Gebiet, sondern im Außenbereich. Für eine Wohnnutzung im Außenbereich könnten allenfalls Maßstäbe der Schutzbedürftigkeit in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig seien, mithin für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten würden. Aus der der angefochtenen 3. Teilgenehmigung zugrundeliegenden Schallimmissionsprognose sei zu entnehmen, dass die für sämtliche Immissionspunkte ermittelten Beurteilungspegel sowohl tagsüber als auch nachts die Immissionsrichtwerte der TA Lärm unterschritten. Das Gutachten des TÜV Nord („Bericht über eine schalltechnische Untersuchung für die Dampfzentrale in A-Stadt vom 29. Juni 2015 [Bl. 207 ff. BA 9 zu 12 KS 118/17]) enthalte zwar keine Aussage zur Immissionsbelastung auf dem Grundstück des Klägers. Es bewerte aber die Schallimmissionen an den festgelegten Immissionspunkten I 1-16, die sich auf dem Landesschutzdeich unmittelbar angrenzend an ein Gebiet befänden, welches im derzeit gültigen Flächennutzungsplan 2000 der Hansestadt Stade als gemischte Baufläche dargestellt sei. Damit sei nicht zu beanstanden, dass der Schallgutachter Schallwerte für ein Mischgebiet zugrunde gelegt habe. Es sei hervorzuheben, dass die westlich des Deiches und damit von den Schallquellen des Industriegebietes weiter entfernt gelegene Bebauung zusätzlich von dem Deich „abgeschirmt“ werde. Deshalb sei davon auszugehen, dass die dort befindlichen Wohngebäude, auch dasjenige des Klägers, geringeren Lärmimmissionen ausgesetzt würden, als dies rechnerisch für die genannten Immissionsschwerpunkte 1-16 gelte. Der von dem Kläger befürchtete nächtliche Lieferverkehr sei nicht zu erwarten. Die Beigeladene habe die in der Schallimmissionsprognose angesetzten Anlieferzeiten, Montag bis Samstag jeweils von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr, so beantragt und darauf hingewiesen, dass erfahrungsgemäß die Anlieferung nur bis 18:00 Uhr vorgenommen werde. Da der Betrieb wie beantragt durchgeführt werden müsse (Nebenbestimmung 1.1 der 3. Teilgenehmigung), sei in der Schallimmissionsprognose jedoch zu Recht der „worst case“ einer Anlieferung bis 22:00 Uhr zugrunde gelegt worden. Zudem sei mit einem maximalen Durchsatz der Anlage von 205.000 t/a und einer Lademenge von 15 t pro Lkw gerechnet worden. Es sei jedoch tatsächlich mit durchschnittlichen Lademengen von ca. 23 t pro Lkw zu rechnen, zumal die jeweiligen Zulieferer (Aufbereitungsanlagen) im Interesse einer Minimierung der Transportkosten Sorge für eine jeweils volle Beladung der Transportfahrzeuge tragen dürften.

(7) Es sei nicht zu erkennen, inwieweit das Betriebskonzept der Störfallvorsorge nicht gerecht werde. Die Anlage unterliege auch unter Berücksichtigung der Abfälle, die beim Betrieb der Anlage entstünden, nicht den Regelungen der 12. BImSchV. Genehmigt worden sei lediglich die Verbrennung nicht gefährlicher Abfälle. Zudem werde der Ersatzbrennstoff nicht offen, sondern in einem Bunker gelagert. Vom TÜV Nord sei der „worst case“, der Fall eines Bunkerbrandes, bewertet worden. Das Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst in einem solchen Fall keine Gefahr für die Umgebung bestehe.

(8) Im Übrigen würde es an der erforderlichen Verletzung des Klägers bzw. seines Sohnes in eigenen Rechten fehlen.

(a) Als drittschützende Norm komme grundsätzlich § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Betracht, soweit er bestimme, dass Anlagen so zu errichten und zu betreiben seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden könnten. Eine Schädlichkeit in diesem Sinne sei hier jedoch bereits deshalb ausgeschlossen, weil die in der Genehmigung festgeschriebenen Grenzwerte den aktuellen Anforderungen der 17. BImSchV entsprächen und diese Anforderungen [sogar] dem nicht nachbarschützenden Vorsorgegrundsatz zuzuordnen seien.

(b) Auch hinsichtlich der Eingangskontrollen der Ersatzbrennstoffe bestehe kein Schutz- oder Abwehranspruch von Nachbarn. Denn es handle sich im weiteren Sinne um Maßnahmen zur Begrenzung des Schadstoffgehalts im „Input“ einer Abfallverbrennungsanlage, die der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren erhebliche Nachteile und Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG dienten.

(c) Der Schutz des Grundwassers diene im Allgemeinen dem Interesse der öffentlichen Wasserversorgung und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung der Wasserentnahmestellen des Klägers sei nicht erkennbar.

(d) Eine Rechtsverletzung durch Schallimmissionen scheide ebenfalls aus. Das Wohnhaus des Klägers liege in einigem Abstand zum nächstgelegenen Immissionspunkt, für den bereits eine Unterschreitung der zulässigen Werte festgestellt worden sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

(A) Die Beigeladene tritt der Zulässigkeit der Klage nicht mit eigenen Argumenten entgegen.

(B) Sie hält den Rechtsbehelf des Klägers im Wesentlichen aus denselben Gründen für unbegründet, die auch der Beklagte geltend macht.

(I) Die 3. Teilgenehmigung sei formell rechtmäßig ergangen. Eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung seien nicht erforderlich gewesen.

(1) Eine (ergänzende) Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung seien nicht deshalb erforderlich gewesen, weil in der 3. Teilgenehmigung abweichend von dem Vorbescheid für bestimmte Schadstoffe neue und strengere Emissionsgrenz-werte festgesetzt worden seien, die der nach dem Ergehen des Vorbescheids geänderten Fassung der 17. BImSchV entnommen seien.

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 weiterhin wirksam.

(a) Eine Auslegung der 1. Teilgenehmigung vom 9. Juni 2008 führe zu dem Ergebnis, dass der Vorbescheid hinsichtlich des endgültigen Standorts der Anlage angepasst worden sei.

(aa) Der Beklagte habe gewusst, dass die Frage nach einer Fortwirkung des Vorbescheids aufgrund der Verschiebung des Standorts neu habe bewertet werden müssen. Er habe sich ausweislich seiner Anforderung einer Stellungnahme der Hansestadt Stade und der durchgeführten Besprechung auch mit der bodenrechtlichen Relevanz der Änderung des Standorts auseinandergesetzt. All dies habe ihn dazu bewogen, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des verschobenen Vorhabens in der 1. Teilgenehmigung ausdrücklich zu bejahen. Aus den begleitenden Unterlagen und den Umständen, unter denen die Verschiebung genehmigt worden sei, habe sich für die Beteiligten klar ergeben, dass der Vorbescheid mit Ausnahme des Standortes der Anlage seine umfassende Wirkung behalten sollte. Er habe auf den neuen Standort angepasst werden sollen, um seine umfassende feststellende Wirkung auch weiterhin zu behalten. Dazu habe er geändert werden müssen. Die Aussage der Hansestadt Stade in ihrer Stellungnahme vom 29. April 2008, wonach die Zustimmung zu der Verschiebung auf den neuen Standort davon abhängig gemacht werde, dass der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 „in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt“, spreche nur vordergründig gegen eine Änderung des Verwaltungsakts vom 10. Januar 2008. Denn es sei der Stadt lediglich darum gegangen, die immissionsschutzrechtlichen Regelungen des Vorbescheides zu erhalten, wohingegen sie mit dessen boden- und baurechtlicher Veränderung einverstanden gewesen sei. Eine Änderung des Vorbescheids im Rahmen einer Teilgenehmigung sei rechtlich zulässig. Dem stehe im vorliegenden Falle auch nicht das Erfordernis eines entsprechenden Änderungsantrags entgegen. Zwar sei der Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids nicht als ein Weniger in einem Genehmigungsantrag enthalten. Der Antrag auf Erteilung sei allerdings nicht mit einem Antrag auf Änderung vergleichbar. Dieser könne konkludent auch in einem Antrag auf Erteilung einer Teilgenehmigung enthalten sein.

(bb) Im Übrigen sei der Kläger gemäß § 11 BImSchG mit seinen an die Standortverschiebung um ca. 160 m anknüpfenden Einwendungen präkludiert. Denn er hätte diese Einwendungen bereits im Verfahren zur Erteilung der 1. Teilgenehmigung geltend machen können.

(cc) Kein anderes Ergebnis würde sich aber ergeben, wenn man annähme, der Vorbescheid sei nicht geändert worden. Denn aus § 8 Abs. 2 BImSchG folge, dass die bauplanungsrechtliche Beurteilung des um ca. 160 m verschobenen Standortes in der 1. Teilgenehmigung mit einer vorläufigen Gesamtbeurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens verbunden gewesen sei, die sich mit der Erteilung jeder weiteren Teilgenehmigung verfestigt und Bindungswirkung für die 2. und 3. Teilgenehmigung entfaltet habe.

(dd) Selbst wenn man auch dies nicht annähme, sei davon auszugehen, dass der Beklagte im Rahmen der 3. Teilgenehmigung die Fortwirkung des Vorbescheids unter dem Blickwinkel der Standortverschiebung um ca. 160 m auch unter dem Aspekt der planungsrechtlichen Relevanz erneut geprüft und letztere namentlich in dem ergangenen Widerspruchsbescheid zutreffend verneint habe. Diese Prüfung sei zu Recht auf der Basis des seinerzeit geltenden Bebauungsplanes H. erfolgt, weil der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, die Wirksamkeit dieses Bebauungsplanes zu überprüfen und insoweit auch keine Verwerfungskompetenz gehabt habe. Das Normenkontrollurteil vom 14. August 2018 sei erst nach der Widerspruchsentscheidung ergangen.

(b) Infolge der in erster Linie bejahten konkludenten Änderung des Vorbescheids stellt sich aus Sicht der Beigeladenen nicht das Problem, dass sich die Anträge auf Erlass der 1. und 2. Teilgenehmigung auf ein anderes Vorhaben als der Vorbescheid beziehen könnten.

(c) Der Vorbescheid sei nicht deshalb gemäß § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG unwirksam geworden, weil sämtliche Anträge auf Teilgenehmigungen innerhalb der dort genannten Frist hätten gestellt werden müssen. Vielmehr entspreche es allgemeiner Ansicht, dass bereits ein (einziger) Antrag auf Teilgenehmigung ausreiche, um diese Frist zu wahren. Der Wortlaut der Vorschrift stütze ihre Auslegung durch den Kläger nicht. Da jede Teilgenehmigung für sich genommen eine Genehmigung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sei, sei mit dem hier verwendeten Begriff der Genehmigung – wie in zahlreichen anderen Vorschriften dieses Gesetzes – auch die Teilgenehmigung gemeint. Die Verwendung des Wortes „wenn“ im Text der Norm stehe der Auffassung des Klägers entgegen, der Vorbescheid könne gegebenenfalls teilweise unwirksam werden. Denn sie impliziere eine Alternative von „alles oder nichts“. Der Wille des historischen Gesetzgebers spreche ebenfalls nicht dafür, dass sämtliche Anträge auf Teilgenehmigungen innerhalb der Zweijahresfrist gestellt werden müssten. Da es in § 9 Abs. 2 BImSchG nur um die Beantragung gehe, solle lediglich verhindert werden, dass ein Antragsteller sich einen Vorbescheid „auf Vorrat“ sichere, dann aber jahrelang nicht in das weitere Genehmigungsverfahren eintrete. Der Zweck der Norm spreche ebenfalls gegen die von dem Kläger vorgenommene Auslegung. Der Vorbescheid sei gerade geschaffen worden, um dem Projektentwickler bei neueren Entwicklungen – die sich auch in einem einheitlichen Genehmigungsverfahren ergeben könnten – Sicherheit zu geben. Es gebe keinen Grund dafür, warum sich aus der Kombination der Instrumente des Vorbescheids und der Teilgenehmigung gegenüber der Kombination von Vorbescheid und Vollgenehmigung die mit der Rechtsauffassung des Klägers verbundenen gravierenden Nachteile für den Projektentwickler ergeben sollten. Es sei auch keineswegs so, dass der letzte Antrag auf Teilgenehmigung bei allen Projekten unproblematisch innerhalb der Frist des § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG gestellt werden könnte. Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Klägers könnte sich sogar die Notwendigkeit ergeben, weitere Anträge auf Teilgenehmigung zu stellen, obwohl die vorherigen Anträge noch nicht beschieden worden seien. Dies entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die Ansicht des Klägers würde zudem erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Reichweite der Teilunwirksamkeit des Vorbescheids aufwerfen. Aus § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG lasse sich der von dem Kläger gezogene Erst-recht-Schluss nicht ziehen. Auch im Atomrecht, das mit § 7a Abs. 1 Satz 2 AtG eine § 9 Abs. 2 BImSchG vergleichbare Regelung enthalte, werde die Stellung sämtlicher Anträge auf Teilgenehmigung innerhalb der Frist nicht verlangt. Entgegen dem Vortrag des Klägers sei der Beklagte nicht davon ausgegangen, dass die Bindungswirkung des Vorbescheids erloschen sei, als er sich entschlossen habe, in der 3. Teilgenehmigung die Einhaltung der aktuellen Grenzwerte der 17. BImSchV zu fordern. Es sei vielmehr allein darum gegangen, dass der Stand der Technik und damit die aktuellen Grenzwerte eingehalten werden sollten. Ob sie, die Beigeladene, sich demgegenüber auf die Bindungswirkung des Vorbescheids hätte berufen können, möge dahinstehen. Denn sie habe ohnehin stets beabsichtigt, eine Anlage nach dem aktuellen Stand der Technik zu errichten, und daher die neuen Grenzwerte akzeptiert. Da diese strenger gewesen seien als die alten Werte, habe sich hieraus kein Erfordernis einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung ergeben. Im Übrigen wäre selbst bei teilweisem Verlust der Bindungswirkung des Vorbescheids eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich gewesen, weil die Identität des Vorhabens gleichgeblieben sei und nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.3.1996 - BVerwG 4 C 19.94 -, NVwZ 1996, 1016 [1017]) einzelne Änderungen eines Projektes nicht dazu führten, dass es für Zwecke der Umweltverträglichkeitsprüfung als neues Vorhaben einzuordnen sei. Ein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union liege nicht vor.

(d) Zu Unrecht halte der Kläger § 71 NBauO im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für anwendbar.

(e) Es habe auch wegen Änderungen der Anlage keine Pflicht zu einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung oder Öffentlichkeitsbeteiligung bestanden. Die Erforderlichkeit einer neuen Öffentlichkeitsbeteiligung ergebe sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV. Der Kläger missverstehe den rechtlichen Maßstab der „Besorgnis“. Um zu einer hinreichend sicheren Prognose zu gelangen, könne die Genehmigungsbehörde selbstverständlich Gutachten auswerten.

(aa) Mit der 3. Teilgenehmigung sei keine Erhöhung der Abfallmenge zugelassen worden. Zwar werden in den Anordnungssätzen der 3. Teilgenehmigung der Weiterbau und Betrieb eines Kraftwerks mit einer Feuerungswärmeleistung von 70 MW und einer Durchsatzmenge von 22,9 t/h oder 205.000 t/a genehmigt. Die Durchsatzmenge von 22,9 t/h habe jedoch im gesamten Genehmigungsverfahren eine höhere Relevanz gehabt als die Durchsatzmenge von 205.000 t/a. Dementsprechend seien im Vorbescheid und in den ersten beiden Teilgenehmigungen jeweils immer die Feuerungswärmeleistung von 70 MW und die Durchsatzmenge von 22,9 t/h in Bezug genommen worden. Zu Letzterer könne die Jahresdurchsatzmenge von 205.000 t/a nicht sinnvoll in Bezug gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund sei es zu begrüßen, dass der Beklagte in dem klarstellenden Bescheid vom 16. August 2019 die Unmaßgeblichkeit dieser Angabe festgeschrieben habe. Mit den maßgeblichen Festsetzungen einer Feuerungswärmeleistung von 70 MW und einer Durchsatzmenge von 22,9 t/h erlaube die 3. Teilgenehmigung jedoch keine Erhöhung der Brennstoffmenge gegenüber dem Vorbescheid. Die dortige zusätzliche Angabe einer durchschnittlichen Durchsatzmenge von 17,5 t/h mit einem Heizwert von 14,5 J/kg stelle lediglich eine Angabe zur Darstellung der zu erwartenden Eingangsdaten des Materials dar. Mit ihr habe keine eigenständige Regelung hinsichtlich des genehmigten maximalen Durchsatzes getroffen werden sollen. Das zeige sich schon daran, dass in dem Anordnungssatz des Vorbescheids nicht von einem Jahresdurchschnitt die Rede sei. Es sei allein die unzutreffende Interpretation des Klägers, dass hier ein Jahreswert habe festgesetzt werden sollen.

(bb) Auch die geänderte Rauchgasreinigung sei nicht relevant. Durch den Wechsel der Konzeption des Filtersystems ergäben sich keine neuen nachteiligen Umweltauswirkungen.

(α) Die gegen die Qualität der Rauchgasreinigungsanlage gerichteten Berechnungen des Klägers überzeugten nicht (vgl. Bl. 219 und 377 f. GA). Der vorgenommene Leistungsvergleich der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption sei verfehlt. Der technische Berater des Klägers „zäume in seiner Argumentation das Pferd von hinten auf“: Er nehme [zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit der Filteranlage in ihrer ursprünglichen Konzeption] als Grundlage den modernen Gewebefilter und berechne dann, dass eine Doppelung dieses Filters die Filterleistung nochmals [auf 99,89 %] verbessern würde [Bl. 144 GA]. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass bei der früheren Konzeption der Rauchgasreinigung die volle Filterleistung erst nach der zweiten Gewebefilterstufe erreicht worden wäre, vor der noch die Zugabe von Additiven hätte erfolgen sollen. Auch bei dem ursprünglich vorgesehenen Konzept habe die Sorption von Schadgasen im Wesentlichen nämlich nur in einer Stufe, und zwar in der zweiten Stufe, erfolgen sollen. Aus der Bezeichnung des ursprünglich geplanten zweiten Gewebefilters als „Polizeifilter“ lasse sich keineswegs schließen, es habe sich um eine reine Doppelung eines Gewebefilters gehandelt. Denn als „Polizeifilter“ könne auch ein Filter bezeichnet werden, der als letzte Reinigungsstufe sicherstelle, dass das Rauchgas gereinigt sei. Die Behauptung des Klägers, dass der Abscheidegrad der Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption nicht bei 99,9 % der Staubemissionen liege, sondern nur bei 96,7 %, gehe fehl. Als Abscheidegrad eines Filters bezeichne man das Verhältnis der Masse der abgeschiedenen Partikel zur Masse der aufgegebenen Partikel. Es handele sich um den Unterschied zwischen der Partikelbelastung vor und nach dem Filter in Prozent. Deshalb sei es richtig, hierbei die eingedüsten Adsorbentien zu berücksichtigen, da diese (mitsamt den von ihnen gebundenen Schadstoffen) ausgefiltert werden müssten. Zudem überzeuge die Ermittlung des angeblich niedrigeren „Abscheidegrads“ von 96,7 % auf der Basis der Rohgasbelastung [150 mg/m³] und des Grenzwertes von 5 mg/m³ nicht. Sie besage lediglich, dass selbst ein Abscheidegrad von 96,7 % zur Einhaltung des Grenzwertes von 5 mg/m³ ausreichen würde. Über den tatsächlichen Abscheidegrad des Filters besage sie nichts. Im Übrigen sei die Berechnung unzutreffend, weil der Grenzwert von 5 mg/m³ bei weitem nicht ausgenutzt werde.

(β) Im Fall einer Störung des Filters komme es entgegen den Behauptungen des Klägers nicht zu nachteiligeren Umwelteinwirkungen als beim Einsatz der ursprünglich vorgesehenen Technologie (Bl. 220 und 378 GA). Der technische Berater des Klägers erwecke den Eindruck, als wären bei der ursprünglich geplanten Rauchgasreinigungsanlage zwei identische Gewebefilter sicherheitshalber hintereinander vorgesehen gewesen, von denen nun einer einfach weggelassen werden solle. Dieser Eindruck sei allerdings unzutreffend. Vielmehr seien zwei Filterstufen mit unterschiedlichen Funktionen vorgesehen gewesen. Erst der zweite Gewebefilter habe dazu dienen sollen, das Adsorptionsmittel Kalkhydrat mitsamt den gebundenen Schadstoffen (Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Schwefeldioxid/Schwefeltrioxid) aus dem Rauchgas zu filtern; eine Redundanz habe es diesbezüglich nicht gegeben. Eine Redundanz ergebe sich vielmehr bei den modernen Anlagen aus der Auslegung des Filters: Der Filter sei so ausgelegt, dass selbst bei ungeplantem Ausfall einer kompletten Filterkammer noch eine ausreichende Filterleistung für den vollständigen Gasstrom erbracht werde und die Grenzwerte sicher eingehalten würden. Die Identifizierung und Abschaltung der betreffenden Kammer dauere im Übrigen nur wenige Minuten (und die Leitwarte der Anlage sei rund um die Uhr besetzt). Es sei also nicht so, dass bis zur Lokalisierung des konkret defekten Filterschlauches die Grenzwerte überschritten würden. Der Vorbescheid gebe unter Nr. 2.17 für den Fall eines Defekts einen Halbstundenwert für Gesamtstaub von 150 mg/m³ vor. Dieser Wert werde durch die neue Rauchgasreinigung auch im Fall eines defekten Filterschlauches eingehalten. Im Übrigen verfüge das Kraftwerk über eine automatische Verriegelung, welche die Zufuhr von Brennstoff zum Kessel stoppe, wenn infolge eines Ausfalls oder einer Störung der Rauchgasreinigung eine Überschreitung von kontinuierlich überwachten Emissionsgrenzwerten eintrete.

(e) Irrelevant seien auch die vorgesehenen Verschiebungen von Silos und die Errichtung des Heizkessels. Dieser Hilfskessel, der ausschließlich mit extraleichtem Heizöl befeuert werde, unterfalle der 1. BImSchV. Seine Errichtung löste keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung aus. Schon der Gesetzgeber gehe davon aus, dass eine solche Verbrennungsanlage keine erheblichen Umweltauswirkungen habe. Dies gelte sogar bei einem Dauerbetrieb – wohingegen hier lediglich ein zeitweiser Betrieb stattfinden solle. Die Hilfsstoffsilos befänden sich innerhalb der Gebäudeeinheit Abgasreinigung, sodass durch ihre Verschiebung im Verhältnis zur 2. Teilgenehmigung keine neuen/anderen Auswirkungen auf Schutzgüter zu besorgen seien. Hinsichtlich des Reststoffsilos sei gutachterlich bestätigt worden, dass keine Relevanz bezüglich der Emissionen bestehe. Die im Industriegebiet und direkt neben dem teilweise errichteten Kraftwerk gelegene relevante Fläche sei ohnehin nicht bewachsen. Durch die Verschiebung kleiner Baukörper innerhalb dieser Fläche ergäben sich ersichtlich keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen.

(3) Auf seine Behauptung, die ursprüngliche Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft gewesen, könne der Kläger sein Begehren nach Aufhebung der 3. Teilgenehmigung nicht stützen. Er sei mit diesem Vorbringen präkludiert, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung des Vorbescheids stattgefunden habe, in dem sich der Kläger beteiligt habe, ohne letztlich den Vorbescheid anzufechten. Im Übrigen würden die behaupteten inhaltlichen Mängel der damaligen Umweltverträglichkeitsprüfung dem Unterbleiben einer solchen Prüfung nicht gleichstehen und griffen sie aus den auch von der Beklagten angeführten Gründen nicht durch.

(II) Entgegen den Ausführungen des Klägers sei die 3. Teilgenehmigung auch materiell rechtmäßig. Vorab sei festzuhalten, dass der Kläger gemäß § 11 BImSchG mit seinen Einwendungen präkludiert sei, soweit er sich gegen bereits in dem Vorbescheid festgesetzte Regelungen, wie insbesondere Emissionsgrenzwerte und Regelungen zu Messungen, wende. Diesbezüglich hätte er den Vorbescheid anfechten müssen.

(1) Die in der 3. Teilgenehmigung festgeschriebenen Emissionsgrenzwerte entsprächen den Vorgaben der einschlägigen 17. BImSchV bzw. seien teils sogar strenger, soweit strengere Grenzwerte bereits im Vorbescheid festgeschrieben worden seien (was insbesondere für Cadmium und Thallium der Fall sei). Die Einhaltung der Vorgaben der 17. BImSchV sei ausreichend für eine Rechtmäßigkeit der Genehmigung. Es sei nicht Aufgabe der Genehmigungsbehörde (oder der Gerichte in einem anschließenden gerichtlichen Verfahren), die dem Verordnungsgeber zugewiesene Risikoermittlung und Risikoeinschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Dementsprechend sei höchstrichterlich anerkannt, dass die Grenzwerte der 17. BImSchV nicht lediglich Mindeststandards seien, welche die Genehmigungsbehörde gegebenenfalls verschärfen könnte. Sie würden hier eingehalten. Infolge der Einhaltung dieser Grenzwerte sei es unerheblich, ob der Kläger vor über 25 Jahren einen Entschädigungsvertrag mit dem damaligen Eigentümer einer ganz anderen Industrieanlage geschlossen habe. Zu Unrecht bemängele der Kläger die Möglichkeit eines Verzichts auf kontinuierliche Emissionsmessungen für Fluorverbindungen. Die Regelung unter Ziffer 2.2 Satz 2 des Vorbescheids sei rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei ein solcher Verzicht bislang nicht erfolgt.

(2) Wie bereits oben [unter B) I. 2. e) bb)] ausgeführt, sei die Kritik des Klägers an der Neukonzeption der Rauchgasreinigungsanlagen unberechtigt. Unrichtig sei auch seine Behauptung, das Abrütteln des Filters führe zu einem Anstieg des Schadstoffausstoßes. Das Reinigen der Filterschläuche erfolge kontinuierlich im Wechsel, separat für jede Filterkammer und führe nicht zu einer Überschreitung des genehmigten Emissionswertes. In die Auslegung der Rauchgasreinigungsanlagen sei vielmehr bereits eingerechnet, dass kontinuierlich eine Reinigung der Filterschläuche erfolge. Auch hinsichtlich des Auftretens von Schadstoff-Peaks bestünden keine Bedenken. Das theoretische Durchschlagen von Quecksilber-Peaks sei ausschließlich davon abhängig, wie viel Aktivkoks sich im Rauchgasreinigungssystem befinde, und nicht davon, wie viele Gewebefilter es gebe.

(3) Die vorgesehene Eingangskontrolle sei ausreichend. Die Zusammensetzung des Ersatzbrennstoffes werde bereits vom Lieferanten kontrolliert, und es müssten dementsprechende Deklarationsanalysen vorgelegt werden, welche sowohl die Einzelstoffe als auch die fertige Mischung umfassten (vgl. Nebenbestimmung 5.1 der 3. Teilgenehmigung). Somit müsse bereits vom Lieferanten nachgewiesen werden, dass der Ersatzbrennstoff die festgelegten Annahmebedingungen des EBS-Kraftwerks erfülle. Es sei gutachterlich bestätigt, dass das vorgesehene Prozedere der Annahme dem Stand der Technik entspreche. Der Kläger behaupte, es gebe viel genauere und wirkungsvollere Methoden. Das sei aber unzutreffend und gelte insbesondere nicht für die Röntgenfluoreszenz-Analyse. Die RFA-Technik führe bei bestimmten Schadstoffen, darunter Quecksilber und Cadmium“, nicht zu guten Ergebnissen. Vor allem aber könnten auch mit diesen Geräten nur Stichproben geprüft werden; es sei damit nicht möglich, eine komplette Anlieferung vollumfänglich auf Schadstoffe zu „durchleuchten“. Vor diesem Hintergrund sei es widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits den Einsatz einer solchen Technologie verlange und andererseits bemängele, es sei kaum möglich, aus mehreren Tonnen Ersatzbrennstoffen repräsentative Stichproben zu ziehen. Der Kläger kritisiere, dass nicht mehr – wie zunächst vorgeschlagen – eine Probe pro Lkw genommen werden solle, sondern „je Abfallcharge aus je 5-20 t Proben zu entnehmen“ seien (Nebenbestimmung 5.3 der 3. Teilgenehmigung). Die geänderte Formulierung berücksichtige jedoch, dass die Deklarationsanalysen der Lieferanten sich auf Chargen bezögen, nicht auf Lkw. Viel wichtiger als die Eingangskontrolle sei ohnehin, dass die Rauchgasreinigung so ausgelegt sei, dass sie auch Spitzenbelastungen abfangen könne. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Beschl. vom 2.11.2010 – 2 K 138/10 –, BeckRS 2010, 55889) beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass sich im dort entschiedenen Fall die Frage nach der Erforderlichkeit einer engmaschigen Eingangskontrolle stellte, weil – anders als hier – keine Filtertechnologie vorgesehen gewesen sei, welche Schadstoffe hätte abfangen können. Ebenso wichtig sei, dass es die Aufsichtsbehörde anhand der Emissionsmessungen feststellen könnte, wenn in unzulässiger Weise hochbelastete Abfälle verbrannt würden. Insgesamt müssten Risiken nur mit hinreichender, der Verhältnismäßigkeit entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Dieser Grad an Wahrscheinlichkeit sei gegeben.

(4) Das EBS-Kraftwerk entspreche dem aktuellen Stand der Technik.

(a) Dies sei bezogen auf die Rauchgasreinigung in dem Gutachten der O. vom 3. Juli 2015 bestätigt worden. Wesentlich sei, dass die Emissionsgrenzwerte sicher eingehalten würden. Das sei vom Gutachter bestätigt worden. Soweit die U. darauf hinweise, dass entsprechend den Ausführungen der VDI 3460 Blatt 1 [11] beim Verfahren mit Verdampfungskühlung das Sorptionsmittel entweder noch in dem Verdampfungskühler oder in dem dahinter angeordneten Abgaskanal eingedüst und fein verteilt werden solle, entspreche die geplante Anlage dieser Anforderung. Denn die Hauptmenge an Additiv werde im Nominalfall in den Reaktor nach dem Verdampfungskühler aufgegeben. Die vorgesehene zusätzliche Möglichkeit der Additivzugabe vor dem Verdampfungskühler werde zwar nicht als Stand der Technik verlangt, widerspreche diesem aber auch nicht. Denn die maßgeblichen Regelwerke erhöben keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit. Es habe daher für die Genehmigungsbehörde kein Anlass bestanden, die zusätzliche Option abzulehnen und die Zugabe von Additiv allein nach dem Verdampfungskühler zu verlangen.

(b) Bezüglich des Brandschutzes sei der Stand der Technik ebenfalls eingehalten. Das Gutachten der O. vom Juli 2015 sei durch die Prüfung und Bestätigung des fortgeschriebenen Brandschutzkonzepts durch das Brandschutzbüro S. aus dem Dezember 2015 überholt.

(5) Da die vom Gutachter ermittelten Belastungen deutlich unter der Irrelevanzschwelle der TA Luft lägen und die entgegenstehende Behauptung des Klägers, diese Schwellen würden im tatsächlichen Betrieb überschritten, eine unbelegte Unterstellung sei, sei keine Ermittlung der Vorbelastung erforderlich gewesen.

(6) Der Kläger befürchte zu Unrecht unzulässige Schallimmissionen. Entgegen seiner Behauptung befinde sich sein Wohngrundstück im Außenbereich, sodass er allenfalls die Gültigkeit der Schutzmaßstäbe für sich in Anspruch nehmen könne, die für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig seien. Das in Bezug genommene Gutachten des TÜV Nord vom 29. Juni 2015 enthalte keine Aussage zur Immissionsbelastung auf dem Grundstück des Klägers, sondern zur Bewertung der Schallimmissionen an festgelegten Immissionspunkten auf dem Landesschutzdeich, der eine natürliche Lärmschutzwand darstelle. Allein schon deshalb sei davon auszugehen, dass die Immissionsbelastung durch das Kraftwerk hinter dem Deich deutlich geringer ausfallen werde als an diesen Punkten. Da schon dort die für ein Mischgebiet maßgeblichen Richtwerte tags und nachts eingehalten würden, gelte dies erst recht für das Grundstück des Klägers. Die im Rahmen der Schallimmissionsprognose angesetzten Lieferzeiten entsprächen dem beantragten und gemäß Nebenbestimmung 1.1 der 3. Teilgenehmigung verbindlichen Betrieb. Vorsorglich sei sogar eine zu hohe Zahl von Anfahrten mit Lkw angesetzt worden.

(7) Inwieweit das Betriebskonzept der Störfallvorsorge nicht gerecht werden solle, vermöge der Kläger nicht zu substantiieren, zumal gutachterlich bestätigt worden sei, dass der Stand der Sicherheitstechnik erfüllt sei und eine Betriebsanweisung für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen noch vor Inbetriebnahme zu erstellen sei (Nebenbestimmung 6.13). Auf die 12. BImSchV könne sich der Kläger auch deshalb nicht erfolgreich berufen, weil sie unmittelbar geltende Betreiberpflichten enthalte, die keiner ausdrücklichen Anordnung in einer Genehmigung bedürften. Das Argument, die angeblich mangelhafte Eingangskontrolle begründe ein Risiko bei Störfällen, gehe fehl, weil die Verbrennung gefährlicher Abfälle nicht zugelassen sei und der Brennstoff nicht offen auf dem Gelände, sondern in einem Bunker gelagert werde.

(8) Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten sei aus den auch von dem Beklagten genannten Gründen nicht zu erkennen. Da die Grenzwerte der 17. BImSchV dem nicht nachbarschützenden Vorsorgegrundsatz zugeordnet seien, könne sich der Kläger insbesondere nicht einmal auf diese Werte berufen, sondern allenfalls auf eine in diesen Werten enthaltene, weniger weitgehende und zahlenmäßig nicht festgelegte Schutzkomponente.

(III) Die Veränderungssperre der Hansestadt Stade vom 17. Dezember 2018 sei unwirksam. Denn soweit – wie allein noch als rechtens in Betracht komme – die gesicherte Planung (auch) in der beabsichtigten Neuaufstellung eines Bebauungsplanes bestehe, der den für unwirksam erklärten Bebauungsplan 602/01 nicht nur ändern, sondern gänzlich ersetzen solle, hätte es zur Wirksamkeit der Veränderungssperre eines vorhergehenden Beschlusses zur (Neu-) Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes bedurft. Der Aufstellungsbeschluss für eine Änderungsplanung erfasse eine solche Planung nämlich nicht. Darüber hinaus sei die Veränderungssperre vom 17. Dezember 2018 unwirksam, weil sie der Sicherung einer von der Hansestadt Stade auch weiterhin beabsichtigten Verhinderungsplanung diene.

Die Beiziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren sei notwendig gewesen. Denn das Verfahren sei für sie, die Beigeladene, von hoher wirtschaftlicher Bedeutung, und bereits das Widerspruchsverfahren habe nicht leicht zu klärende rechtliche Fragen aufgeworfen, die eine anwaltliche Beratung erforderlich gemacht hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und die in diesem beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Sie sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung im Senat gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig (A), aber nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang (teilweise) begründet (B).

A) Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

I. Die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VwGO und dem Umstand, dass die umstrittene 3. Teilgenehmigung den Weiterbau und Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Verbrennung von Abfällen betrifft, deren jährliche Durchsatzleistung selbst unter Berücksichtigung des Bescheides des Beklagten vom 16. August 2019 mehr als 100.000 t/a beträgt, nämlich 200.604 t/a (= 22,9 t/h x 24 x 365). Deshalb kann an dieser Stelle dahinstehen, ob der Bescheid objektiv eine möglicherweise zuständigkeitsrelevante Klarstellung enthält oder eine unerhebliche nachträgliche Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG).

II. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil er geltend macht, als Nachbar durch die angefochtene 3. Teilgenehmigung in seinen Rechten verletzt zu sein und dies nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, soweit er eine Beeinträchtigung durch schädliche Umwelteinwirkungen in Gestalt luftgetragener Schadstoffe beanstandet. Denn § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entfaltet Drittschutz zugunsten der Nachbarschaft, und das Wohnhaus und der (vormalige) Betrieb des Klägers liegen in dem für die Abgrenzung der Nachbarschaft maßgeblichen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.3.2019 - 12 ME 105/18 -, ZNER 2019, 148 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28) Einwirkungsbereich der EBS-Anlage.

Erforderlich für eine gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu bejahende Klagebefugnis ist grundsätzlich die Möglichkeit einer nachteiligen qualifizierten Betroffenheit, deren rechtliche Einordnung als schädliche Umwelteinwirkung, sonstige Gefahr, erheblicher Nachteil oder erhebliche Belästigung für die Nachbarschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nach den Umständen des Einzelfalls nicht schlechthin ausgeschlossen werden kann (Nds. OVG, Beschl. v. 3.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris, Rn. 18). Eine qualifizierte Betroffenheit setzt ein besonderes Verhältnis zur Anlage im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung des Bürgers zum Genehmigungsgegenstand voraus. Eine solche Beziehung kann durch Rechte an einer Sache oder einer Sachgesamtheit (beispielsweise an einem Grundstück oder an einem Gewerbebetrieb) vermittelt werden, die derart im Einwirkungsbereich der Anlage belegen sind, dass sie durch diese in einer von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise betroffen sein können.

Es mag dahinstehen, ob diese Voraussetzungen beim Normalbetrieb der genehmigten EBS-Anlage zugunsten des Klägers zu bejahen sind. Bezogen auf Luftverunreinigungen ergibt sich der Einwirkungsbereich grundsätzlich aus dem Beurteilungsgebiet im Sinne der Nr. 4.6.2.5 TA Luft (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.9.2018 - BVerwG 7 C 24.16 -, NVwZ 2019, 410 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 20 f.). Beurteilungsgebiet ist gemäß Nr. 4.6.2.5 TA Luft die Fläche, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befindet, der dem 50-fachen der tatsächlichen Schornsteinhöhe entspricht und in der die Zusatzbelastung im Aufpunkt mehr als 3,0 vom Hundert des Langzeitkonzentrationswertes beträgt. In Anknüpfung an die genehmigte Schornsteinhöhe von 100 m lässt sich hier zwar ein Kreis mit einem Radius von 5 km um die umstrittene Ersatzbrennstoffanlage ermitteln (vgl. Gutachterliche Stellungnahme des TÜV Nord im Hinblick auf die erforderliche Schornstein-Mindesthöhe vom 4.3.2008, S. 17 und 43, – Bl. 119 und 124 [Rückseite] BA 9 zu 12 KS 118/17), innerhalb dessen sich auch das Wohnhaus und der (vormalige) Betrieb des Klägers finden. In der Kreisfläche enthaltene (vormalige) Flächen des Klägers, auf denen es – wenn überhaupt (vgl. Bl. 120 ff. BA 9 zu 12 KS 118/17) – im Normalbetrieb dazu kommen kann, dass die „Zusatzbelastung im Aufpunkt mehr als drei Prozent des Langzeitkonzentrationswertes beträgt“, lassen sich indessen nicht bestimmen.

Der Kläger hat sich aber hinreichend konkret auf eine etwaige Verletzung seiner Rechte im Falle einer Störung der von der Beigeladenen geplanten Anlage berufen. Auszugehen ist dabei von der Annahme, dass schädliche Umweltauswirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auch von Störfällen ausgehen (vgl. Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 5 Rnrn. 12 f.) und dann weiter als im Normalfall reichen können. Damit erweitert sich der Einwirkungsbereich, der demnach „dynamisch“ zu verstehen ist (Nds. OVG, Beschl. v. 12.9.2019 - 12 MS 40/19 -, Seite 4 der Abschrift; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Juni 2019, § 3 BImSchG Rn. 27). Allerdings setzt die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO auch in einem solchen Fall nicht nur eine Betroffenheit, sondern eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten voraus. Daher ist im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Atomrecht zur Begründung einer „störfallbedingten“ Klagebefugnis (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11.1.1985 - BVerwG 7 C 74.82 -, BVerwGE 70, 365 ff, hier zitiert nach juris, Rn. 14, und Urt. v. 14.3.2013 - BVerwG 7 C 34.11 -, NVwZ 2013, 1407 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 42, sowie Roller, NVwZ 2010, 990 ff. [995]) auch im Immissionsschutzrecht von dem „Betroffenen“ zu fordern, ein konkretes Störfallszenario und weiter dazulegen, dass für diesen Störfall die zur Verhinderung von Schäden Drittbetroffener, zu denen er zähle, normativ gebotenen Schutzmaßnahmen unterlassen worden seien (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.4.2008 - BVerwG 7 B 2.08 -, juris, Rnrn. 16 f.). Eine (noch) hinreichend konkrete Darlegung solcher Szenarien hat der Kläger mit seinem Vortrag betreffend die Überschreitung maßgeblicher Emissionsgrenzwerte für die (kumulativ denkbaren) Fälle nicht nur des Bruches eines Filterschlauches (vgl. dazu: Gutachterliche Stellungnahme des TÜV Nord im Hinblick die erforderliche Schornstein-Mindesthöhe vom 4.3.2008, S. 39 f. – Bl. 122 [Rückseite] und 123 BA 9 zu 12 KS 118/17), sondern zugleich der Verfeuerung stark belasteter Ersatzbrennstoffe vorgenommen, die seines Erachtens drohen und durch gebotene Schutzmaßnahmen in Gestalt eines zusätzlichen „Polizeifilters“ bzw. Verbesserungen der Eingangskontrolle (unter anderem durch ein RFA-Gerät) verhindert werden könnten. Aufgrund der Belegenheit des Wohnhauses und (vormaligen) Betriebes des Klägers in der genannten Kreisfläche sowie dem Kläger in der Vergangenheit durch Emissionen des Aluminiumwerks entstandene Mindererträge im Obstanbau kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, allein die Entfernung zwischen dem Betrieb des Klägers und dem Standort der umstrittenen EBS-Anlage schließe schädliche Umweltauswirkungen auch im Falle der von ihm genannten Störfallszenarien schlechthin aus.

III. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, der Kläger habe mit der „Übertragung“ des Obstanbaubetriebes auf seinen Sohn und Nachfolger schon vor Erhebung der Klage seine Klagebefugnis verloren.

Denn zum einen bewohnt der Kläger weiterhin als dinglich berechtigter Altenteiler (vgl. Bl. 577 GA) ein Wohnhaus auf dem Betriebsgelände des Obstanbaubetriebes und ist er auch als berechtigter Hausbewohner weiterhin klagebefugt, um schädliche Umwelteinwirkungen oder erhebliche Belästigungen abzuwehren, die zu seinen Lasten von der benachbarten EBS-Anlage ausgehen.

Zum anderen hatte gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO die der Klageerhebung nachfolgende Veräußerung der Betriebsgrundstücke an den Sohn und Nachfolger des Klägers auf den Prozess keinen Einfluss (vgl. etwa: BVerwG, Beschl. v. 6.5.1998 - BVerwG 7 B 230.97 -, juris, Rn. 2). Diese Veräußerung erfolgte – anders als in dem von dem Beklagten angeführten Fall (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 -, RdL 2012, 327 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 57) – erst während des Prozesses, also nach der Klageerhebung vom 6. Juni 2017. Denn maßgeblich ist der für den Eigentumserwerb notwendige letzte Teilakt (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1997 - I ZR 215/94 -, NJW 1998, 156 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28), hier also die gemäß § 873 Abs. 1 BGB neben der Auflassung (§ 925 Abs. 1 Satz 1 BGB) vom 8. Mai 2017 erforderliche Eintragung im Grundbuch, die erst am 21. August 2017 vorgenommen wurde (Bl. 574 GA). Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Klagebefugnis eines aus einer Auflassungsvormerkung Berechtigten (Urt. v. 14.11.2012 - BVerwG 9 C 14.11 -, BVerwGE 145, 96 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 11 ff.) kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, der Veräußerer eines Grundstücks habe bereits mit der Auflassung die eigene Klagebefugnis verloren. Vielmehr kann ein solcherart Berechtigter auch neben dem bisherigen Grundstückeigentümer klagebefugt sein (vgl. Urt. v. 14.11.2012 - BVerwG 9 C 14.11 -, a. a. O., juris, Rn. 19). Einen Antrag auf Übernahme des Rechtsstreits durch den Sohn und Rechtsnachfolger des Klägers (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO) haben weder der Beklagte noch die Beigeladene gestellt, sodass dahinstehen kann, ob auch § 266 ZPO hier anwendbar gewesen wäre.

B) Die Klage ist auch teilweise begründet.

I. Zu Recht ist der Kläger der Auffassung, seine Klage müsse mit dem Hilfsantrag Erfolg haben, weil in dem der Erteilung der 3. Teilgenehmigung vorausgegangenen Verwaltungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen gewesen wären.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger klagebefugt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - BVerwG 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 20), kann er gemäß den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 UmwRG die Verfahrensmängel einer zu Unrecht unterlassenen Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a] UmwRG) bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) nach Maßgabe des § 4 Abs. 1b UmwRG erfolgreich geltend machen. Denn die umstrittene EBS-Anlage ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i. V. m. Nr. 8.1.1.3 des Anhangs 1 immissionsschutzrechtlich in einem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung [§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) der 4. BImSchV, § 10 Abs. 3 ff. BImSchG] genehmigungsbedürftig und u. a. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UVPG i. V. m. Nr. 8.1.1.2 der Anlage 1 UVP-pflichtig.

Im vorliegenden Falle durfte zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017), der sich durch den Erlass des „klarstellenden Bescheides“ vom 16. August 2019 insoweit nicht verschoben hat (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, BauR 2019, 651 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 166), die 3. Teilgenehmigung nicht ohne eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt werden. Denn es wären nicht nur (mindestens) eine Ergänzung der im Vorbescheidsverfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gewesen (1.), sondern auch eine Änderung des Vorbescheids, ohne die die genannten Verfahrenshandlungen nicht mehr Grundlage der Erteilung der 3. Teilgenehmigung sein konnten (2.).

1. Zu Recht beanstandet der Kläger, mindestens eine Ergänzung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorbescheidsverfahrens sei schon deshalb erforderlich gewesen, weil der Beklagte in der 3. Teilgenehmigung, und zwar abweichend von dem Vorbescheid, für bestimmte Schadstoffe neue und strengere Emissionsgrenzwerte festgesetzt hat, die der nach dem Ergehen des Vorbescheids geänderten Fassung der 17. BImSchV entnommen sind. Die Maßgeblichkeit dieser Werte ergab sich jedenfalls daraus, dass sich der Beklagte mit der Beigeladenen auf deren Anwendung verständigt hatte. Dieses Einverständnis rechtfertigte die entsprechende Änderung und Ergänzung der Nebenbestimmungen unter IV. 2. des Vorbescheides vom 10. Januar 2008 (Bl. 32 ff. [37 ff.] BA 1) durch die Regelungen unter II. 2. i. V. m. 1.3 der 3. Teilgenehmigung vom 14. November 2016. Ob ansonsten ein teilweiser Widerruf des Vorbescheides (§§ 9 Abs. 3, 21 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG) erforderlich gewesen wäre, mag dahinstehen. Die Übergangsvorschrift des § 28 der 17. BImSchV sieht allerdings Übergangsfristen nur zu Gunsten bestehender Anlagen vor. Von diesen Übergangsregelungen wird das Vorhaben der Beigeladenen nicht begünstigt. Denn weder ist es eine „bestehende abfallmitverbrennende Großfeuerungsanlage“ (§§ 2 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 8 der 17. BImSchV) noch eine „bestehende Abfallverbrennungs- oder -mitverbrennungsanlage“ (§ 2 Abs. 9 der 17. BImSchV). Letzteres ergibt sich daraus, dass sowohl die Erteilung eines Vorbescheides als auch die Erteilung solcher Teilgenehmigungen, die die Anlagenteile, auf die sich die Anforderungen der Verordnung beziehen, nicht (vollständig) umfassen, nicht ausreichen (vgl. Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Juni 2019, § 28 der 17. BImSchV, Rn. 4, und § 2 der 17. BImSchV, Rn. 8), um das Erfordernis einer Genehmigung vor dem 2. Mai 2013 zu erfüllen.

Die damit für das Vorhaben eingetretene Maßgeblichkeit der Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV (n. F.) erforderte jedenfalls insoweit, als es die anhand dieser Grenzwerte zu bewertenden Umweltauswirkungen betraf, eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung unter erneuter Beteiligung der Öffentlichkeit. Das ergibt sich aus der Überlegung, dass der Beklagte über die Einhaltung der entsprechenden neuen Emissionsgrenzwerte und die Tauglichkeit der dazu ergriffenen Maßnahmen der Beigeladenen nicht mehr vor dem Hintergrund (nur) der dem Vorbescheid vorausgegangenen Umweltverträglichkeitsprüfung entscheiden durfte. Denn er durfte diese Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 20 Absatz 1b der 9. BImSchV a. F. – unabhängig von allen weiteren gegen ihre Heranziehung bestehenden Bedenken – jedenfalls insoweit nicht mehr für hinreichend aktuell halten, als es Umweltauswirkungen in Gestalt luftgetragener Schadstoffe betraf. Zwar war § 25 Abs. 3 UVPG (n. F.), der das Problem der Aktualität ausdrücklich regelt und aus Gründen der Richtlinienkonformität lückenfüllend auch im Anwendungsbereich der 9. BImSchV Anwendung finden dürfte (vgl. Kümper, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 1. Aufl. 2018, § 25 UVPG Rn. 5), zu dem hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 noch kein geltendes Recht. Es galt aber auch schon zuvor, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung auf einer hinreichend aktuellen Grundlage beruhen muss, obwohl sich ausdrückliche Vorgaben zur Aktualität dieser Grundlage weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergaben (vgl. Beckmann, in: Hoppe/Beckmann/Kment [Hrsg.], UVPG/UmwRG, 5. Aufl. 2018 § 25 UVPG Rn. 153, sowie BVerwG, Urt. vom 9.2.2017 - BVerwG 7 A 2.15 -, BVerwGE 158, 1 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 149). Denn eine Bewertung der Umweltauswirkungen, die sich an nicht mehr geltenden rechtlichen Maßstäben orientiert, ist nicht geeignet, im Sinne des § 20 Abs. 1b Satz 3 der 9. BImSchV a. F. bei der Entscheidung über den Antrag nach Maßgabe der hierfür geltenden Vorschriften berücksichtigt zu werden. Vielmehr kann sie die ihr zugedachte Funktion nicht erfüllen. Die Anwendung der durch die 17. BImSchV (n. F.) verschärften oder neu hinzugekommenen Emissionsgrenzwerte hat auch eine Prüfung der zu deren Einhaltung erforderlichen Maßnahmen der Beigeladenen notwendig gemacht. Der Beklagte konnte dabei nicht allein auf der Grundlage der bereits im Vorbescheidsverfahren vorgelegten Unterlagen davon ausgehen, dass (auch) diese verschärften bzw. zusätzlichen Emissionsgrenzwerte sicher eingehalten werden würden. Vielmehr lässt sich bereits aus den Antragsunterlagen (unter Kapitel 5.1.2, Seite 3/17 – Bl. 39 [Rückseite] BA 6 zu 12 KS 118/17) zu der 3. Teilgenehmigung schließen, dass das System der Abgasreinigung auch deshalb geändert wurde, um die Anforderungen der 17. BImSchV (n. F.) einhalten zu können. Ob dies der Fall war und die Anlage dem Stand der Technik entsprach, war unter anderem Gegenstand des im Verfahren zur Erteilung der 3. Teilgenehmigung vorgelegten Gutachtens der O. vom 3. Juli 2015 (Bl. 231 ff. BA 9 zu 12 KS 118/17). Es ließ sich offensichtlich ohne ein entsprechendes Gutachten als Grundlage nicht beurteilen. Vor diesem Hintergrund war die Bewertung der Umweltauswirkungen, die dem Vorbescheid zugrunde lag und weder die rechtlichen Maßstäbe der 17. BImSchV (n. F.) noch solche Gutachten berücksichtigen konnte, keine weiterhin ausreichende Entscheidungsgrundlage. Aufgrund dessen geht der Einwand fehl, einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung habe es insoweit nicht bedurft, weil es vermeintlich nur um die Einhaltung strengerer Grenzwerte gehe und damit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf die in § 1 a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter zu besorgen seien (§§ 23 Abs. 4, 22 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV a. F.).

2. Das zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017) bestehende Erfordernis, nicht ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung die 3. Teilgenehmigung zu erlassen, ergibt sich zudem aus den Regelungen der 9. BImSchV, die in ihrer zum maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Altfassung anzuwenden sind. Letzteres ist hier allerdings zumindest teilweise unerheblich, da mit den inzwischen erfolgten Änderungen des Wortlauts der §§ 8 und 22 – soweit hier interessierend – nur Klarstellungen bezweckt wurden (vgl. die Begründung der Bundesregierung zur 1. ÄndVO, BR-Drucks. 268/17, S. 28 zu Nr. 9 [§ 8 der 9. BImSchV] bzw. S. 33 zu Nr. 17 [§ 22 Abs. 3 der 9. BImSchV]).

Gemäß den §§ 23 Abs. 4, 22 Abs. 3 Satz 2 der 9. BImSchV a. F. soll in einem Verfahren über eine weitere Teilgenehmigung, der bereits ein Vorbescheid mit Umweltverträglichkeitsprüfung vorausging, die Prüfung der Umweltverträglichkeit auf zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. genannten Schutzgüter beschränkt werden. Dementsprechend bedarf es keiner erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn derartige Auswirkungen nicht vorhanden sind. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV a. F. darf bei einer Änderung eines eine UVP-pflichtige Anlage betreffenden Vorhabens nach Erteilung eines Vorbescheids auch von einer immissionsschutzrechtlich vorgesehenen zusätzlichen Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen werden, wenn keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf in § 1a der 9. BImSchV a. F. genannte Schutzgüter zu besorgen sind. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV a. F., deren Schutzgut, die „Dritten“, in den Schutzgütern der 9. BImSchV a. F. enthalten ist, wird insoweit kraft Spezialität von derjenigen des § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV a. F. verdrängt (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 8 der 9. BImSchV, Rn. 32; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, Werkstand: Februar 2019, § 8 der 9. BImSchV Rn. 10). Aus §§ 8 Abs. 2 Satz 3 und 23 Abs. 4 i. V. m. 22 Abs. 3 Satz 2 der 9. BImSchV a. F. kann entnommen werden, dass im Regelfall des gestuften Verfahrens nur einmal, und zwar gegebenenfalls im Verfahren zur Erteilung des Vorbescheids, die Öffentlichkeit zu beteiligen und die Umweltverträglichkeit zu überprüfen ist. Eine erneute Überprüfung der Umweltverträglichkeit ist nur geboten, wenn auch die Öffentlichkeit wieder zu beteiligen ist (vgl. Nds. OVG, Urt. vom 8.5.2012 - 12 KS 5/10 -, NVwZ-RR 2012, 836 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 30). Die Prüfung soll dann auf zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. genannten Schutzgüter beschränkt werden. Da ein erkennbarer Zusammenhang zwischen den genannten Ausnahmevorschriften der 9. BImSchV a. F. besteht und jedenfalls in § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV a. F. die Erteilung eines Vorbescheids als tatbestandliche Voraussetzung genannt wird, ist allerdings davon auszugehen, dass beide Ausnahmevorschriften unanwendbar sind und es deshalb einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung bedarf, wenn die Rechtswirkungen der Erteilung des Vorbescheids zugunsten des in Rede stehenden Vorhabens entfallen. Denn wirkt der Vorbescheid nicht mehr zugunsten des Vorhabens, so mangelt es an dem Bindeglied, welches das Verwaltungsverfahren, das seinem Erlass vorausging, mit dem Verfahren über den Antrag auf Erlass der 3. Teilgenehmigung zusammenschließt. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.3.1996 - BVerwG 4 C 19.94 -, NVwZ 1996, 1016 ff.) vermag der Senat nichts Anderes herzuleiten. Sie bezieht sich auf eine andere Fallgestaltung und ist nicht zu den hier einschlägigen Verfahrensvorschriften der 9. BImSchV ergangen, sondern zu Änderungen des Vorhabens in einem (einheitlichen) Planfeststellungsverfahren. Ohne das vorgenannte rechtliche Bindeglied allein auf eine weitgehende tatsächliche Identität der Vorhaben abzuheben, die einerseits Gegenstand des Vorbescheids und andererseits Gegenstand auf diesen aufbauender Teilgenehmigungen sind, schließ der Senat aus.

a) Der Vorbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2008 vermag nicht zugunsten des Vorhabens zu wirken, das Gegenstand der 3. Teilgenehmigung ist, weil er sich infolge der Standortverschiebung um ca. 160 m, die der Erteilung der 1. Teilgenehmigung vom 9. Juni 2008 vorausgegangen ist, nicht auf das zur Genehmigung anstehende UVP-pflichtige Vorhaben bezieht und insoweit nicht geändert worden ist. Ob ein Vorbescheid zugunsten eines geänderten Vorhabens fortwirken kann, hängt vom Fortbestand der Identität dieses Vorhabens (vgl. Peschau, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 9 BImSchG Rn. 28) auch unter bauplanungsrechtlichem Blickwinkel ab. Wegen der entsprechenden Anwendbarkeit des § 13 BImSchG auf den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid (vgl. Hornmann, in: BeckOK BauGB, Werkstand: 1.5.2019, § 14 BauGB Rn. 81) ist ein Standortvorbescheid bauplanungsrechtlich einer Bebauungsgenehmigung vergleichbar. Auch die Bindungswirkung einer Bebauungsgenehmigung endet jedoch – soweit landesrechtlich nicht anders geregelt – bereits dann, wenn das Bauvorhaben im Vergleich zum Bauvorbescheid derart verändert wird, dass die Änderung die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufwirft (vgl. OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 2.6.2009 - 3 M 54/09 -, NordÖR 2010, 27 ff. [OVG Bremen 26.06.2009 - 1 B 552/08], hier zitiert nach juris, Rn. 34, m. w. N.). Die Prüfung, ob die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen wird, ist nicht mit der Prüfung der Frage identisch, ob das Vorhaben am neuen Standort bauplanungsrechtlich zulässig ist. Auf der Grundlage der rechtskräftigen stattgebenden Normenkontrollentscheidungen des 1. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 27.7.2011 - 1 KN 162/08 - und v. 14.8.2018 - 1 KN 154/2 -) und unter Berücksichtigung der darin zutreffend vorgenommenen Inzidentkontrolle auch des Ursprungsbebauungsplans Nr. L. der Hansestadt Stade ist von einer Unwirksamkeit der Bauleitplanung der Hansestadt Stade in den hier interessierenden Zeiträumen auszugehen. Für die Bauleitplanungen, die unmittelbarer Gegenstand der genannten Normenkontrollurteile waren, ergibt sich dies bereits aus § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO, und zwar mit Wirkung ex tunc (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.8.2012 - BVerwG 7 CN 1/11 -, juris, Rn. 15). Hinsichtlich der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. V. hat der 1. Senat in seinem Urteil vom 27. Juli 2011 Folgendes ausgeführt:

„Dieser enthält unter § 2 der textlichen Festsetzungen die Festsetzung, ‚dass unter Berücksichtigung aller Betriebe im Planbereich folgende Lärmbeurteilungspegel an der festgelegten Messlinie auf dem alten Landesschutzdeich nicht überschritten werden‘. Festgesetzt wird damit ein Summenpegel aus den Lärmimmissionen aller im Bereich des Bebauungsplans zulässigen Betriebe, der an einer bestimmten Grenzlinie, hier dem alten Landesschutzdeich, hinter dem die Wohnbebauung beginnt, nicht überschritten werden darf. Im Bereich des Bebauungsplans Nr. L. war und ist auch die Ansiedlung mehrerer verschiedener Industriebetriebe und nicht nur eines einzigen Betriebs möglich. Dies ergibt sich nicht schon aus der Größe des erfassten Gebietes, sondern mittlerweile auch daraus, dass mehrere Betriebe dort schon angesiedelt sind und noch weitere Flächen zur Ansiedlung zur Verfügung stehen. Da ein ‚Summenpegel‘ nicht das Immissionsverhalten als, Eigenschaft‘ bestimmter Anlagen und Betriebe festsetzt, sondern offen lässt, welche Immissionen von welcher Anlage oder welchem Betrieb ausgehen dürfen, lässt er offen, wie das Gesamtkontingent auf die einzelnen Betriebe zu verteilen ist. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht geeignet, eine Nutzungsart im Sinne von § 1 Abs. 4 BauNVO zu beschreiben und dementsprechend festzusetzen. Die Festsetzung eines „Zaunwerts“ ist danach unzulässig. Ein entsprechender Bebauungsplan ist insgesamt unwirksam, wenn er ohne die Festsetzung zum Lärmgeschehen nicht, vollständig‘ ist. (BVerwG, Urt. v. 16.12.1999 - 4 CN 7.98 -, a. a. O. [BVerwGE 110, 193] mit Nachweisen der weiteren Rechtsprechung). Der Ursprungsbebauungsplan enthielt keinerlei weitere Festsetzungen zu einer Lärmbegrenzung gegenüber dem angrenzenden Wohngebiet, abgesehen von der Festsetzung der, Zaunwerte‘. Ein Plan, der diesen Punkt nicht regelt, obwohl Industriegebiet und Wohn-/Mischgebiet unmittelbar aneinandergrenzen, würde den Anforderungen an diese zentrale Frage der Konfliktlösung nicht gerecht werden und könnte deshalb auch nicht ohne die entsprechende Festsetzung Bestand haben."

Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an. Auch der Ursprungsbebauungsplans Nr. L. ist unwirksam. Dementsprechend ist die Frage nach der Identität des Vorhabens unter Berücksichtigung der Bebauung zum Zeitpunkt des Ergehens des Vorbescheides vom 10. Januar 2008 einerseits bzw. des hiesigen Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 andererseits auf der Grundlage des § 34 oder § 35 BauGB zu beurteilen. Dabei ist unerheblich, ob der Beklagte seinerseits zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides hinsichtlich der Bebauungspläne der Hansestadt Stade eine Verwerfungskompetenz hatte. Denn maßgebend für die gerichtliche Überprüfung ist die zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt bestehende objektive Rechtslage, und nicht das Ausmaß, in welchem der Beklagte dieser Rechtslage seinerseits damals Rechnung zu tragen vermochte. Gleichgültig, ob sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens an den ca.160 m auseinanderliegenden jeweiligen Standorten im Ergebnis nach § 34 oder § 35 BauGB beurteilte, war diese Verschiebung mit der sich die Entfernungen zu anderweitig bereits vorhandener Bebauung in der Umgebung, insbesondere in dem (unwirksam) vorgesehenen Industriegebiet, merklich veränderte, so erheblich, dass allein dadurch die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen wurde. Es war insbesondere nicht möglich, von einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens am ursprünglichen Standort ohne weiteres auf die bauplanungsrechtliche Beurteilung am neuen Standort zu schließen.

aa) Der Standortverschiebung ist auch nicht durch eine entsprechende Änderung des Vorbescheids im Rahmen der 1. Teilgenehmigung vom 9. Juni 2008 (dort unter IV. 2.2) Rechnung getragen worden. In entsprechender Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB hat die Auslegung eines Verwaltungsaktes zum einen nach seinem objektiven Erklärungswert unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Erklärung und zum anderen danach zu erfolgen, wie ihn Adressat oder Drittbetroffener nach Treu und Glauben verstehen dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.1.2008 - BVerwG 7 B 48.07 -, juris, Rn. 8, m. w. N.). Hiernach ist nicht nur zu berücksichtigen, dass dem Beklagten bei Erlass der 1. Teilgenehmigung kein Antrag der damaligen Vorhabenträgerin vorlag, der die Angabe enthielt, dass eine Änderung des Vorbescheids, nämlich die Übertragung seines Inhalts auf einen anderen Standort, beantragt wird, obwohl dies nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 2 der 9. BImSchV a. F. erforderlich gewesen wäre. Denn diese Vorschrift findet auf Änderungsbegehren – ähnlich wie bereits auf Antragsänderungen im laufenden Verfahren (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.12.2017 - 12 ME 163/17 -, DVBl. 2018, 198 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 26) – entsprechende Anwendung. Bedeutsam ist auch, dass die Hansestadt Stade mit dem Schreiben vom 29. April 2008 (Bl. 514 GA), auf das (unter IV. 2.2) der ersten Teilgenehmigung ausdrücklich Bezug genommen wird, der Verschiebung der EBS-Anlage auf den neuen Standort nur zustimmte, wenn der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 „in seiner ursprünglichen Form“ erhalten bleibe. Selbst wenn von dem Beklagten und der Hansestadt erkannt worden sein sollte, dass die Genehmigungsfrage durch die Standortverschiebung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen wurde, verdeutlicht dies nämlich, dass weder die Hansestadt Stade noch ihr folgend der (für den Regelungsinhalt der Teilgenehmigung gemäß § 13 BImSchG allein verantwortliche) Beklagte die hieraus resultierende Notwendigkeit erkannten, auch den Vorbescheid zu ändern. Im Zuge der Auslegung der 1. Teilgenehmigung ist ferner zu berücksichtigen, dass sich in ihr – entgegen dem auf Änderungen eines Vorbescheids ebenfalls entsprechend anwendbaren § 23 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der 9. BImSchV a. F. – weder die Angaben dazu finden, dass der Vorbescheid geändert werde, noch, auf welchen Gegenstand sich die Änderung beziehe. Dies ergibt sich weder aus den Anordnungssätzen noch aus der Begründung des Bescheides. Vor diesem Hintergrund konnten nach dem Empfängerhorizont weder die damalige Adressatin der 1. Teilgenehmigung noch der Kläger als Drittbetroffener diese Teilgenehmigung dahin verstehen, der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 werde geändert. Vielmehr verdeutlicht der vorgelegte Akteninhalt, dass zwar ein Problem erkannt, der Lösungsweg einer Änderung des Vorbescheids aber gerade nicht beschritten wurde.

bb) Ohne Erfolg beruft sich die Beigeladene hinsichtlich der an die Standortverschiebung um ca. 160 m anknüpfenden Einwendungen des Klägers auf die Präklusionsvorschrift des § 11 BImSchG und verweist darauf, dass entsprechende Einwendungen bereits im Verfahren zur Erteilung der 1. Teilgenehmigung hätten vorgebracht werden können. Denn wie sich sowohl aus dem Wortlaut des § 11 BImschG („nach den ausgelegten Unterlagen“) als auch aus § 19 Abs. 2 BImSchG und dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt, kann diese nur angewendet werden, wenn die früheren Verwaltungsakte in einem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ergangen sind (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 11 BImSchG Rn. 2; Wasielewski, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 11 Rn. 12). Das Verfahren zur Erteilung der 1. Teilgenehmigung wurde aber ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt.

cc) Die (hilfsweise) Argumentation der Beigeladenen, dass die bauplanungsrechtliche Beurteilung des um ca. 160 m verschobenen Standortes in der 1. Teilgenehmigung vom 9. Juni 2008 (dort unter IV. 2.2) mit einer vorläufigen Gesamtbeurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens verbunden gewesen sei, die Bindungswirkung für die 3. Teilgenehmigung entfalte, vermag nicht zu überzeugen. Denn soweit über die Eignung eines Standortes in einem Vorbescheid abschließend befunden worden ist, enthalten spätere Teilgenehmigungen zu dieser Frage grundsätzlich nur wiederholende Aussagen ohne eigenständigen Regelungsgehalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.1982 - BVerwG 7 C 54.79 -, NVwZ 1982, 624 ff. [625, unter B.1.b]). Als Gegenstand eines vorläufigen positiven Gesamturteils kommt zudem grundsätzlich nur dasjenige in Betracht, was im Rahmen des Gesamtprojektes über das bereits definitiv Erledigte hinausgeht (vgl. Wasielewski, in: Führ, GK, BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 8 Rn. 25). Vor diesem Hintergrund spricht Überwiegendes dafür, auch den Ausführungen unter IV. 2.2 der 1. Teilgenehmigung keinen Regelungsgehalt beizumessen, sondern sie lediglich als – unrichtige – Begründung dafür zu werten, weshalb der ergangene Standortvorbescheid (vermeintlich) auch für den neuen Standort fortzuwirken vermöge. Dem dürfte die unzutreffende Annahme zugrunde gelegen haben, maßgeblich sei hier, ob das Vorhaben auch am neuen Standort bauplanungsrechtlich zulässig sei, und nicht, ob die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen werde. Im Übrigen verbietet sich die von der Beigeladenen favorisierte Auslegung auch mit Blick auf den Empfängerhorizont Drittbetroffener. Denn diese müssen nicht damit rechnen, dass ohne ausdrückliche Änderung eines Standortvorbescheides, der die Standortfrage abschließend klärt und in einem gestuften Verfahren erkennbar weiterhin als unverzichtbare Grundlage von Teilgenehmigungen in Anspruch genommen wird, durch Teilgenehmigungen „versteckte“ Neuregelungen der Standortfrage vorgenommen werden, die zu ihren Lasten Bindungswirkung für die Zukunft erzeugen sollen.

(dd) Der Argumentation der Beigeladenen, der Beklagte habe im Rahmen der 3. Teilgenehmigung die Fortwirkung des Vorbescheids unter dem Blickwinkel der Standortverschiebung um ca. 160 m unter dem Aspekt der planungsrechtlichen Relevanz erneut geprüft und letztere namentlich in dem ergangenen Widerspruchsbescheid zutreffend verneint, ist nicht zu folgen. Vielmehr hat der Beklagte die Standortverschiebung um ca. 160 m – unzutreffend – für bereits durch die 1. Teilgenehmigung abschließend genehmigt gehalten und wäre eine – etwaige – erneute Prüfung mit dem Ergebnis der Irrelevanz dieser Verschiebung im Zuge der Erteilung der 3. Teilgenehmigung oder des Widerspruchsverfahrens auch in ihrem Ergebnis unrichtig. Denn wie oben unter B) II. 2. a) vor aa) ausgeführt, ist diese Verschiebung sehr wohl relevant.

Die übrigen verwaltungsverfahrensrechtlichen Rügen des Klägers greifen nicht unabhängig von der Standortverschiebung um ca. 160 m durch. Im Folgenden, d. h. unter B) I. 2. b) bis f) werden sie behandelt, weil und soweit ihr potenzielles Durchgreifen ein Hindernis für die Möglichkeit wäre, in einem ergänzenden Verfahren [dazu im Einzelnen unter B) III.] unter anderem den Vorbescheid vom 10. Januar 2008 dahin zu ändern, dass er sich auf den um ca. 160 m verschobenen Standort bezieht. Es ist dabei unter B) I. 2. c) bis e) jeweils gedanklich zu unterstellen, dass der Vorbescheid zugunsten des umstrittenen Vorhabens nicht bereits an der Standortverschiebung um ca. 160 m scheitert, sondern dessen ungeachtet für den aktuellen Standort wirken kann.

b) Obwohl der bestandskräftige Vorbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2008, dessen verfügender Teil gemäß § 10 Abs. 8 Satz 2 und 3 sowie Abs. 9 BImSchG öffentlich bekannt gemacht wurde (Nds. MBl. 2008, S. 193 und 204), bis auf weiteres nicht zugunsten des um ca. 160 m verschobenen Vorhabens wirkt, ist er nicht seinerseits – als mittelbare Folge der unrichtigen Einschätzung der Bedeutung dieser Standortverschiebung durch den Beklagten und die vormalige Vorhabenträgerin – endgültig unwirksam geworden.

Der Kläger meint, die Anträge auf Erteilung der 1. und 2. Teilgenehmigung hätten die 2-Jahres-Frist des § 9 Abs. 2 BImSchG schon deshalb nicht wahren können, weil sie – infolge der Standortverschiebung um ca. 160 m – für ein Vorhaben gestellt worden seien, welches nicht mit demjenigen identisch sei, für das der unveränderte Vorbescheid erging. Deshalb sei der Vorbescheid nach der genannten Vorschrift unwirksam geworden. Zwar ist ihm zuzugestehen, dass zur Wahrung der Frist des § 9 Abs. 2 BImSchG grundsätzlich nur ein Antrag geeignet ist, der dasselbe Vorhaben zum Gegenstand hat (vgl. Peschau, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 9 BImSchG Rn. 30 i. V. m. Rn. 28).

Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 BImSchG ist aber dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie (jedenfalls in Anknüpfung an mit der Identität des Vorhabens zusammenhängende) inhaltliche Mängel der Antragstellung nicht mehr Anwendung findet, nachdem eine Genehmigung [auch Teilgenehmigung, dazu im Folgenden näher unter B) I. 2. c)] Bestandskraft erlangt hat, die für sich in Anspruch nimmt, auf den (unveränderten) Vorbescheid aufzubauen und damit „die Genehmigung“ im Sinne des § 9 Abs. 2 BImSchG zu sein. Solche bestandskräftigen Genehmigungen liegen hier in Gestalt der 1. und der 2. Teilgenehmigung vor.

Die teleologische Reduktion, die zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen zählt, ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (vgl. BSG, Urt. v. 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R -, BSGE 118, 18 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 27., m. w. N.). Sie setzt eine verdeckte Regelunglücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.2008 - VIII ZR 200/05 -, BGHZ 179, 27 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 22, m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 BImSchG bestehen ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 7/179, S. 34, zu § 8 Abs. 2 [= § 9 Abs. 2 BImSchG]) darin sicherzustellen, „dass eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Verhältnisse angemessen berücksichtigt und das Genehmigungsverfahren selbst nicht allzu lange hinausgezögert wird.“ Es soll verhindert werden, dass der Vorhabenträger aufgrund der durch den positiven Vorbescheid gewonnenen Sicherheit das Genehmigungsverfahren so lange hinausgezögert, dass der zwischenzeitliche Eintritt einer Änderung der Verhältnisse, insbesondere ein weiteres Fortschreiten der technischen Entwicklung, zu erwarten ist, dies jedoch wegen der Bindungswirkung des Vorbescheides nicht ohne weiteres berücksichtigt werden könnte. Außerdem soll auf diese Weise der Erteilung von Vorbescheiden „auf Vorrat“ entgegengewirkt werden (vgl. Storost, in: Ule/Laubinger, BImSchG, Werkstand: Juni 2019, § 9 BImSchG Rn. D 16). Die Vorschrift dient zudem einem Bedürfnis nach Rechtsklarheit, das hinsichtlich der Bindungswirkung des Vorbescheids besteht (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Juni 2019, § 9 BImSchG, Rn. 82). Sie knüpft an die Antragstellung, und nicht an die Erteilung der Genehmigung an, weil der Träger des Vorhabens auf den Zeitpunkt der beantragten Erteilung einer Genehmigung nur beschränkten Einfluss hat. Aus alledem ergibt sich, dass es sich um eine im Ansatz verfahrensrechtliche Regelung handelt, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers das Verhalten des Vorhabenträgers nach dem Ergehen eines Vorbescheides steuern soll und deren Eingreifen sich schon anhand einer Fristberechnung beurteilen lässt. Ihre Anwendung auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation der – jedenfalls in Ansehung der 1. und 2. Teilgenehmigung – nicht zeitlich, sondern inhaltlich unzureichenden Antragstellung würde der Norm aber die Wirkung einer materiell-rechtlichen Fehlerfolgenregelung verschaffen. Eine unerkannt fehlerhafte behördliche Bejahung der – nicht immer einfach zu beurteilenden – Identität des vom Vorbescheid erfassten mit dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben hätte hiernach ganz einschneidende Konsequenzen. Selbst Jahre nach dem Ergehen der fehlerhaften, aber bestandskräftigen Voll- oder Teilgenehmigung könnte eine erhebliche Rechtsunsicherheit eintreten, weil der Genehmigung bei Unwirksamkeit des Vorbescheides die Grundlage und – möglicherweise – auch Teile ihres für den Vollzug erforderlichen Regelungsgehalts fehlen würden, ohne dass sich dies unschwer heilen ließe. Den §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 und 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG sowie den §§ 4 Abs. 1b und 7 Abs. 5 UmwRG ist aber die Wertung des Gesetzgebers zu entnehmen, dass – auch wenn sie in einer mangelnden Antragstellung gründen – grundsätzlich nur offensichtliche, besonders schwerwiegende Fehler ohne weiteres zur Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes führen sollen. Dementsprechend verdeutlicht auch § 43 Abs. 2 VwVfG, dass der Adressat eines Verwaltungsaktes, hier der Vorhabenträger, in der Regel Vertrauen in die Wirksamkeit selbst fehlerhafter Verwaltungsakte haben darf und soll. Die diesem Grundsatz widersprechenden Konsequenzen einer wortlautgetreuen Anwendung des § 9 Abs. 2 BImSchG (anknüpfend an den Artikel „die“ statt „eine“ vor „Genehmigung“) auf die vorliegende, untypische Fallgestaltung haben dem Gesetzgeber erkennbar nicht vor Augen gestanden. Dies rechtfertigt die Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes in Gestalt der nach dem Wortlaut der Norm auch für die hiesige Fallkonstellation angeordneten Rechtsfolge der Unwirksamkeit. Ob eine teleologische Reduktion in anderen untypischen Fällen (z. B. bei erst nachträglich erkannter Formunwirksamkeit der Antragstellung, einer Unwirksamkeit derselben aufgrund unerkannter Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers oder bei fehlerhafter behördlicher Berechnung des Fristendes) vorzunehmen wäre, kann hier offenbleiben.

c) Die Anträge vom 7. März und 14. August 2008 auf Erteilung der 1. bzw. 2. Teilgenehmigung für das EBS-Kraftwerk sind ersichtlich zeitgerecht innerhalb der Frist des § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG gestellt worden. Dabei ist davon auszugehen, dass auch die Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Teilgenehmigung ausreicht, um im Sinne des § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG „die Genehmigung“ zu beantragen (Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Februar 2019, § 9 BImSchG Rn. 86; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 9 Rn. 24). Die Auffassung des Klägers, die Vorschrift sei dahin auszulegen, dass eine Teilunwirksamkeit des Vorbescheids eintrete, wenn nicht innerhalb der in § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG genannten Frist auch die letzte zur Erreichung des Umfangs einer vollen Genehmigung erforderliche Teilgenehmigung (Schlussgenehmigung) beantragt worden sei, ist unzutreffend. Gegen ihre Richtigkeit spricht mit Blick auf die behauptete Rechtsfolge bereits der Umstand, dass in dem Wortlaut der Vorschrift eine Dichotomie zum Ausdruck kommt, wonach der Vorbescheid entweder wirksam oder unwirksam ist; denn es fehlen einschränkende Ausdrücke wie etwa „soweit“ oder „ganz oder teilweise“. Auch aus den Gesetzesmaterialien, dem Zweck und dem gesetzessystematischen Zusammenhang der Regelung lässt sich die von dem Kläger favorisierte Interpretation nicht herleiten. Zwar lässt sich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz (BT-Drucks. 7/179, S. 34, zu § 8 Abs. 2 [= § 9 Abs. 2 BImSchG]) entnehmen, dass die Vorschrift auch sicherstellen soll, dass eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Verhältnisse angemessen berücksichtigt wird. Diese gesetzgeberische Intention darf aber nicht verabsolutiert werden. Aus ihr lässt sich nicht der Schluss ziehen, der Gesetzgeber habe das Ziel der angemessenen Berücksichtigung geänderter Verhältnisse allein dem Regelungsbereich des § 9 Abs. 2 BImSchG überlassen. Denn die Frist des § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 BImSchG beginnt erst mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Vorbescheids, obwohl – wie dem Gesetzgeber bekannt gewesen sein muss – sich die Bestandskraft eines Vorbescheids durch ein Widerspruchsverfahren und einen sich anschließenden, möglicherweise über mehrere Instanzen geführten Rechtsstreit um viele Jahre verzögern kann. Schon deshalb konnte sich der Gesetzgeber von § 9 Abs. 2 BImSchG die völlige Sicherstellung einer angemessenen Berücksichtigung geänderter Verhältnisse nicht versprechen und wäre die Norm dazu auch in der von dem Kläger favorisierten Auslegung nicht geeignet. Stattdessen würde eine von Gesetzes wegen eintretende Teilunwirksamkeit des Vorbescheids die Frage nach der Abgrenzung ihres konkreten Umfangs im Einzelfall aufwerfen und damit erhebliche Rechtsunsicherheit bewirken. Im Übrigen besteht angesichts der zu bejahenden (vgl. Wasielewski, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 9 BImSchG Rn. 75; Peschau, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 9 Rn. 27) Möglichkeit, den Vorbescheid gemäß § 9 Abs. 3 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BImSchG ganz oder (behördlich konkretisiert) teilweise zu widerrufen, kein Bedürfnis für den Eintritt einer (teilweisen) Unwirksamkeit eines Vorbescheids unter den von dem Kläger genannten Voraussetzungen. Vielmehr würde der schematische Eintritt einer solchen Rechtsfolge in Anknüpfung an einen Fristablauf, der gemäß § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 BImSchG spätestens vier Jahre nach der Bestandskraft einträte, den mannigfaltigen Verhältnissen, die nach erstmaliger Beantragung einer Teilgenehmigung denkbar sind, nicht gerecht. Die Regelung des § 21 Abs. 4 Satz 1 BImSchG spricht ebenfalls nicht dagegen, die aus einer Veränderung der Verhältnisse während einer langen Dauer des Genehmigungsverfahrens resultierende Problematik der Lösung durch einen Widerruf des Vorbescheids zu überlassen. Denn resultiert die Entstehung des Widerrufsgrundes aus Umständen, die in der Sphäre des Vorhabenträgers liegen, so ist sein Vertrauen in den Fortbestand des Vorbescheids nicht schutzwürdig (vgl. Wasielewski, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 21 BImSchG Rnrn. 75 und 77). Zu diesen Umständen dürften auch überlange Verzögerungen im Ablauf des Verfahrens zu zählen sein, die auf eine mutwillig verzögerte Beantragung weiterer Teilgenehmigung zurückzuführen sind oder in finanziellem Unvermögen des Vorhabenträgers ihre Ursache haben. Denn Unterlassungen des Vorhabenträgers können die Schutzwürdigkeit seines Vertrauens ebenfalls entfallen lassen (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 21 BImSchG, Rn. 64). Inwieweit bereits der Umstand, dass eine Schlussgenehmigung nicht binnen der Maximalfrist des § 9 Abs. 2 BImSchG beantragt wurde, ein Indiz für den Wegfall der Schutzwürdigkeit des Vertrauens darstellt, kann hier offenbleiben. Die von dem Kläger konstruierten Missbrauchsfälle rechtfertigen seine Interpretation des § 9 Abs. 2 BImSchG ebenfalls nicht. Denn eine gesetzliche Regelung ist nicht allein aus der Missbrauchsperspektive zu interpretieren. Schließlich vermag auch die gesetzessystematische Argumentation des Klägers nicht zu überzeugen. Aus § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG kann kein Erst-recht-Schluss gezogen werden, weil die hier in Rede stehende Fallgestaltung derjenigen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verwandter ist und § 18 Abs. 3 BImSchG zu erkennen gibt, dass der Gesetzgeber gerade in den Fällen einer teilweisen Ausnutzung einer Genehmigung eine am Gesetzeszweck orientierte flexible Handhabung für erforderlich hält, die schon wegen der in § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 BImSchG enthaltenen Maximalfrist von nur vier Jahren auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Klägers nicht gewährleistet wäre. Auch aus der Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt sich nichts Entscheidendes zu Gunsten des Klägers. Denn sofern keine erhebliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse vorliegt, bedarf es keiner erneuten Prüfung der Umweltauswirkungen. Eine allein durch Zeitablauf begründete unwiderlegliche Vermutung insoweit relevanter Veränderungen besteht jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Zeiträumen und Umständen (noch) nicht.

d) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, der Stillstand der Bauarbeiten für mehr als drei Jahre habe gemäß (§ 9 Abs. 3 i. V. m.) § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 71 Satz 1 NBauO zum Erlöschen des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids sowie der 1. und 2. Teilgenehmigung geführt, weil namentlich die beiden Teilgenehmigungen gemäß § 13 BImSchG auch Baugenehmigungen einschlössen.

aa) Bereits seinem Wortlaut nach betrifft § 71 Satz 1 NBauO lediglich Baugenehmigungen. Weder ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid noch eine immissionsschutzrechtliche (Teil-)Genehmigung ist aber eine Baugenehmigung. Der Umstand, dass der hier in Rede stehende immissionsschutzrechtliche Vorbescheid vom 10. Januar 2008 quasi eine Bebauungsgenehmigung (Bauvorbescheid) und die 1. und 2. Teilgenehmigung jeweils Baugenehmigungen „einschließen“, ändert daran nichts. Anderes ergibt sich auch nicht aus den §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 13 BImSchG. Denn Regelungen des Verfahrensrechts, hier über das Außerkrafttreten einer durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ersetzten Genehmigung, finden im konzentrierten Genehmigungsverfahren des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – namentlich neben § 18 BImSchG – keine Anwendung (vgl. Wasielewski, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 13 BImSchG Rn. 55, m. w. N.). Daher können im Gleichklang mit immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen, die eine Baugenehmigung einschließen, selbst ursprünglich rein baurechtliche Genehmigungen, die gemäß § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgelten, nicht mehr durch Zeitablauf nach Landesbauordnungsrecht erlöschen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.12.2017 - BVerwG 4 C 7.16 -, NVwZ 2018, 982 ff. [983 f., Rnrn. 17 ff.]). Im Übrigen wäre § 71 Satz 1 NBauO jedenfalls nicht auf den quasi eine Bebauungsgenehmigung (Bauvorbescheid) einschließenden immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid vom 10. Januar 2008 anwendbar. Das ergibt sich schon im Umkehrschluss aus § 73 Abs. 2 Satz 2 NBauO, der nicht auf § 71 Satz 1 NBauO verweist; die Anwendung des § 73 Abs. 2 Satz 1 NBauO scheidet allerdings ebenfalls aus.

bb) Die Hilfsbeweisanträge zu 1. und zu 2. des Klägers werden abgelehnt. Es bestand kein Anlass, zum Beweis der „Tatsachen“, dass 1. der bereits errichtete Teil der Anlage nicht alle betriebsnotwendigen Bauteile umfasst, deren Errichtung durch die erste und zweite Teilgenehmigung zugelassen wurden, und dass 2. sich die errichteten Bauteile in einem Zustand befinden, der einen genehmigungskonformen Betrieb nicht zulässt, den Anlagenstandort in Augenschein zu nehmen und gerichtlich ein Sachverständigengutachten zum Zustand der errichteten Anlagenteile einzuholen. Denn die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers sind unerheblich. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfen nämlich durch die – nicht erloschene – 1. oder 2. Teilgenehmigung zugelassene Bauteile, die noch nicht hergestellt wurden, weiterhin gebaut werden. Auch kann es schon in Ansehung des entscheidungserheblichen Zeitpunktes (hier: Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017) nicht darauf ankommen, in welchem Zustand sich die bereits errichteten Bauteile der EBS-Anlage aktuell befinden.

Im Übrigen bestehen auf der Grundlage des Bauzustandsberichts vom 31. Juli 2015 (Bl. 9 ff. BA 10 zu 12 KS 118/17) und der glaubhaften Angaben des Geschäftsführers der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung über den Erhaltungszustand der vorhandenen Anlagenteile keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die errichteten Gebäude und namentlich der Kessel bereits am 27. April 2017 nur noch unbrauchbare „Ruinen“ gewesen seien.

e) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 habe seine Bindungswirkung deshalb verloren, weil der Betrieb der Anlage, die im Verfahren der 3. Teilgenehmigung zur Genehmigung gestellt worden sei, zusätzliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV [a. F.] genannten Schutzgüter besorgen lasse und sich das Vorhaben daher wesentlich von demjenigen unterscheide, auf das sich der Vorbescheid beziehe.

aa) Es trifft nicht zu, dass die angefochtene 3. Teilgenehmigung vom 14. November 2016 in der Fassung des Bescheides vom 16. August 2019 im Verhältnis zu dem Vorbescheid vom 10. Januar 2008 die Verbrennung einer erheblich größeren Menge von Ersatzbrennstoffen zulässt.

α) Die 3. Teilgenehmigung ist in der Fassung des Bescheides vom 16. August 2019 maßgeblich, weil der letztgenannte Bescheid ein ändernder Verwaltungsakt ist, der gemäß den §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG durch Übersendung einer Kopie an den Kläger diesem gegenüber Wirksamkeit erlangt hat, und der ändernde Verwaltungsakt nicht seinerseits unter für den Kläger erfolgreich rügefähigen Mängeln leidet.

αα) Der Bescheid vom 16. August 2019 ist ein ändernder Verwaltungsakt (allerdings kein Änderungsbescheid im Sinne des § 16 BImSchG), weil die Voraussetzungen für eine Berichtigung im Sinne der §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 42 Satz 1 VwVfG zwar nicht erfüllt sind, der Beklagte aber in der Begründung dieses Bescheides zu erkennen gibt, dass er die Regelungswirkung der 3. Teilgenehmigung vom 14. November 2016 auch dann im Sinne der vorgenommenen „Klarstellung“ konkretisieren möchte, wenn entgegen der Rechtsauffassung, der er zuneigt, objektiv keine Berichtigung vorliegt.

ββ) Die Voraussetzungen einer Berichtigung im Sinne des § 42 Satz 1 VwVfG liegen nicht vor, weil die Unrichtigkeit, die korrigiert wird, nicht offenbar ist.

Der erste Anordnungssatz der 3. Teilgenehmigung in ihrer Fassung vom 14. November 2016 enthielt widersprüchliche Angaben über die Kapazität der genehmigten EBS-Anlage, da in diesem Anordnungssatz neben der Feuerungswärmeleistung von 70 MW zwei unvereinbare maximale Durchsatzmengen pro Zeiteinheit, nämlich 22,9 t/h und 205.000 t/a, genannt wurden. Da die Feuerungswärmeleistung das Produkt aus der Durchsatzmenge pro Zeiteinheit und dem Heizwert ist (vgl. Bl. 370 GA), kann aus nur zwei dieser drei Größen die jeweils dritte Größe errechnet werden. Folglich reichen bereits zwei dieser drei Größen aus, um die Kapazität der Anlage eindeutig vorzugeben. Steht von diesen beiden die Feuerungswärmeleistung fest (hier: 70 MW), kann deshalb mit mehreren Angaben über die Durchsatzmenge, die sich auf verschiedene Zeiteinheiten beziehen (hier: 22,9 t/h bzw. 205.000 t/a), nur dann ein und dieselbe Anlagenkapazität bezeichnet werden, wenn sich die Angaben über die Durchsatzmengen pro Zeiteinheit ineinander umrechnen lassen, d. h. die Durchsatzmenge von 22,9 t/h müsste sich auf eine Durchsatzmenge von 205.000 t/a hochrechnen lassen. Eine solche Hochrechnung (22,9 t/h x 24 x 365 = 200.604 t/a) misslingt hier indessen, denn sie führt (und zwar selbst in Schaltjahren: 22,9 t/h x 24 x 366 = 201.153,6 t/a) nur zu einer um rund 4.000 t/a niedrigeren Durchsatzmenge pro Jahr. Die Angaben von 22,9 t/h einerseits und 205.000 t/a andererseits sind also widersprüchlich.

Diese Widersprüchlichkeit kann nicht im Wege der Berichtigung dahin aufgelöst werden, dass die Angabe von 205.000 t/a unbeachtlich ist, weil Letzteres nicht offenbar ist.

Offenbar sind Unrichtigkeiten, „wenn sie ins Auge springen“ (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42 Rn. 22). Zwar sind dabei die Erkenntnismöglichkeiten eines „Verständigen“ in der Lage eines Beteiligten maßgeblich und kann sich die Offensichtlichkeit auch aus der Abweichung vom vorher abgesprochenen Inhalt eines Verwaltungsaktes ergeben (vgl. Sachs, a. a. O., § 42 Rn. 24). Nicht korrigierbar sind aber Irrtümer, die bei der Willensbildung aufgetreten sind (vgl. Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 42 Rn. 8), und Fehler in Berechnungen, die nicht im Verwaltungsakt erscheinen und auch für den Betroffenen nicht erkennbar sind (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42 Rn. 26). Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich der in der 3. Teilgenehmigung genannte Wert von 205.000 t/a nicht nach § 42 Satz 1 VwVfG als unbeachtlich qualifizieren. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ein Fehler in der Willensbildung des Beklagten vorliegt, weil er die Angabe 205.000 t/a als eigenständige Begrenzung der jährlichen Durchsatzleistung gewollt und aus den Antragsunterlagen der 3. Teilgenehmigung übernommen hat, ohne dass er sich überhaupt Rechenschaft darüber ablegte, ob sie in Widerspruch zu weiteren in den ersten Anordnungssatz aufgenommenen Angaben treten könnte. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Beklagte angenommen habe, es handle sich bei dieser Jahres-Durchsatzleistung um diejenige, die sich aus der Hochrechnung der Durchsatzleistung von 22,9 t/h auf ein Jahr ergebe, ist damit nicht offenbar, dass die Angabe von 205.000 t/a „unbeachtlich“ ist. Vielmehr läge es dann näher, sie durch Nennung eines anderen hochgerechneten Wertes zu „berichtigen“. Davon abgesehen erschließt sich bereits das Problem der Widersprüchlichkeit beider in Rede stehenden Angaben erst bei Kenntnissen über den rechnerischen Zusammenhang der verschiedenen Größen und nach Rechengängen, die in der angefochtenen 3. Teilgenehmigung nicht dargestellt werden. Um die Widersprüchlichkeit gerade im Sinne der Unbeachtlichkeit der Angabe von 205.000 t/a aufzulösen, wären zudem noch weitere Überlegungen anzustellen. Nach alledem scheidet es aus, die vorgenommen „Klarstellung“ nach § 42 VwVfG vorzunehmen.

Vielmehr bleibt es dabei, dass die 3. Teilgenehmigung in ihrer Fassung vom 14. November 2016 gegen die §§ 37 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) und 21 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BImSchV a. F. verstoßen hat, weil in Ansehung der Kapazität der Anlage der Gegenstand der Genehmigung nicht genau bezeichnet wurde.

γγ) Zwar dürfte die Form, in der dem Kläger der ändernde Verwaltungsakt, also der Bescheid vom 16. August 2019 bekannt gegeben wurde, nicht den an sie zu stellenden Anforderungen entsprechen. Denn an einen Ergänzungsbescheid, mit der die Unbestimmtheit eines Verwaltungsaktes – hier die 3. Teilgenehmigung vom 14. November 2016 – korrigiert wird, dürften dieselben Anforderungen zu stellen sein wie an die Bekanntgabe des zu korrigierenden (Teil-) Genehmigungsbescheids (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.5.2018 - 12 ME 25/18 -, RdL 2018, 275 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 31). Dieser Verfahrensfehler ist jedoch gemäß den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a), 4 Abs. 1a) und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG unerheblich, weil offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

β) Wie sich durch Hochrechnung (22,9 t/h x 24 x 365 = 200.604 t/a) ermitteln lässt, gestattet die 3. Teilgenehmigung in der Fassung des Bescheids vom 16. August 2019 die jährliche Verbrennung von 200.604 t Ersatzbrennstoff. Die Auffassung des Klägers, demgegenüber lasse der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 lediglich die Verbrennung von 153.300 t jährlich zu, ist unzutreffend. Das ergibt sich daraus, dass der Kläger von der Durchschnittsangabe 17,5 t/h zu der Beschränkung auf eine Jahrestonnage von 153.300 t dadurch gelangt, dass er voraussetzt, der Durchschnittswert von 17,5 t/h müsse im Jahresbetrieb eingehalten werden. Es findet sich aber weder in dem 6. Anordnungssatz noch in der Begründung des Vorbescheids eine Angabe, dass und über welchen Zeitraum dieser Durchschnittswert verbindlich einzuhalten sei. Wenn – wie der Kläger meint – mit der Aufnahme der umstrittenen Angabe in den Anordnungssatz des Vorbescheides eine Regelung bezweckt gewesen wäre, würde es dieser Regelung daher von vornherein an der gemäß den §§ 37 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) und 23 Abs. 2 Nr. 3 der 9. BImSchV a. F. erforderlichen Bestimmtheit fehlen. Sie wäre als unvollständig unwirksam und könnte schon deshalb die von dem Kläger vorgenommene Hochrechnung nicht rechtfertigen. Die Angabe des fehlenden Zeitraums ließe sich – entgegen der Annahme des Klägers – insbesondere nicht im Auslegungswege ergänzen. Dies gilt schon deshalb, weil weder auf der Grundlage des Textes des Vorbescheides noch in Anbetracht der Konsequenzen einer solchen Regelung angenommen werden kann, dass dies den fachbehördlichen Absichten des Beklagten entsprach. Dagegen spricht schon, dass die von dem Kläger befürwortete Ergänzung mittelbar zu einer neben die Begrenzung von 22,9 t/h tretenden weiteren Begrenzung der maximalen Durchsatzleistung führen würde, welche die erstgenannte Begrenzung ganz erheblich relativierte. Denn der Betreiber müsste, um die Zeiten, in denen er die maximale Durchsatzleistung von 22,9 t/h in Anspruch genommen hat, über das Jahr hinweg „auszugleichen“, zu anderen Zeiten Ersatzbrennstoffe mit überdurchschnittlichem Brennwert verfeuern, wollte er die Kapazität der Anlage voll ausnutzen. Dies würde eine besondere Kalkulation mit der Beschaffenheit der jeweils zu verbrennenden Materialien erfordern und ist weder zweckmäßig noch praktikabel. Im Übrigen ist die umstrittene Durchschnittsangabe weder sinnlos noch unverständlich, wenn man ihr keine Regelungsfunktion beilegt. Vor dem rechtlichen Hintergrund, dass sie sich im Zusammenhang mit der Befreiung von der bauplanungsrechtlichen Festsetzung „Ausschluss von Müllverbrennungsanlagen mit einem Durchsatz von 6 t/h“ findet, hat sie nämlich jedenfalls einen informativen Gehalt: Mit den zusätzlichen Angaben der „durchschnittlichen“ Brennstoffmenge von 17,5 t/h und des damit korrespondierenden Heizwerts von 14,5 MJ/kg wird erläutert, mit welchem tatsächlichen Durchsatz pro Stunde erfahrungsgemäß in der Regel zu rechnen sein wird, und damit ein realistisches Bild von den – anderweitig rechtswirksam begrenzten – Auswirkungen der Befreiung auf die von ihr betroffene Größe gegeben. Für diese Funktion spricht insbesondere, dass sich aus den Antragsunterlagen über den Vorbescheid (Nr. 3.1.2.1, 6-14, – Bl. 442 GA) entnehmen lässt, dass der „durchschnittlich zu erwartende“ Heizwert des Ersatzbrennstoffs 14,5 MJ/kg beträgt und sich als Produkt der Brennstoffmenge von 17,5 t/h und des Heizwerts von 14,5 MJ/kg eine Feuerungswärmeleistung von 70,49 MW ≈ 70 MW errechnet.

γ) Der Hilfsbeweisantrag zu 3. des Klägers wird abgelehnt. Es hat kein Anlass bestanden, zum „Beweis“ der „Tatsache“, dass objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bestimmung einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h im Vorbescheid eine eigenständige beschränkende Wirkung für die zugelassene Anlagenkapazität zukommt, den gesamten Verwaltungsvorgang zum Vorbescheid, jedenfalls aber den Genehmigungsantrag beizuziehen. Denn es ist unerheblich, ob sich aus dem gesamten Verwaltungsvorgang zum Vorbescheid oder dem Genehmigungsantrag „objektive Anhaltspunkte“ im Sinne dieses „Hilfsbeweisantrags“ ergeben. In entsprechender Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB hat die Auslegung eines Verwaltungsaktes zum einen nach seinem objektiven Erklärungswert unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Erklärung und zum anderen danach zu erfolgen, wie ihn Adressat oder Drittbetroffener nach Treu und Glauben verstehen dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.1.2008 - BVerwG 7 B 48.07 -, juris, Rn. 8, m. w. N.). Hiernach kommt es für die Auslegung nicht nur, aber in erster Linie auf die Anordnungssätze und die Begründung eines Bescheides an. Beide lassen es jedoch vor dem Hintergrund der oben bereits genannten und für die Interpretation des Vorbescheids maßgeblichen Gesichtspunkte hier nicht zu, der Benennung einer durchschnittlichen Brennstoffmenge von 17,5 t/h im Vorbescheid – trotz der im Text des Bescheides eindeutig fehlenden Angabe eines weiteren Bezugszeitraumes – eine eigenständige beschränkende Wirkung für die zugelassene Anlagenkapazität zuzumessen. Insbesondere ließe sich nicht lediglich aufgrund von „objektiven Anhaltspunkten“ für eine (beabsichtigte) eigenständige beschränkende Wirkung der umstrittenen Passage die von dem Kläger befürwortete Ergänzung derselben um gerade einen Jahreszeitraum vornehmen. Damit würde vielmehr eine hinreichend bestimmte, aber bislang fehlende und weder stimmige noch praktikable Regelung erst geschaffen.

Im Übrigen ist das Bestehen von „objektiven Anhaltspunkten“ für eine bestimmte Interpretation keine konkrete Beweistatsache, sodass es sich der Sache nach bei dem „Hilfsbeweisantrag“ zu 3. nur um einen Beweisermittlungsantrag des Klägers handelt. Diesem Antrag hat der Senat auch deshalb nicht nachzugehen, weil vor dem Hintergrund des bereits in der (beantworteten) Verfügung vom 3. Juni 2019, unter 2. a) am Ende (Bl. 408 f. GA), an den Beklagten gerichteten Ersuchens, etwaige einschlägige Aktenbestandteile des Vorbescheidsverfahrens vorzulegen, nicht zu erwarten steht, das noch weitere Aktenbestandteile existieren, aus denen sich „objektive Anhaltspunkte“ im Sinne des Klägers ergeben. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass in dem während der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Schreiben der Stadt Stade vom 11. Oktober 2007 (Bl. 688 GA), dort unter 4., von „beantragten Werten“ die Rede ist. Denn weder ist eindeutig, wer (der vormalige Vorhabenträger oder die Stadt Stade) diese Werte „beantragt“ haben soll, noch wäre eine „Antragstellung“ mit eben jenen „Werten“, die in dem genannten Schreiben unter 4. a) wiedergegeben werden, von Belang. Denn unter diesen „Werten“ fehlt ebenfalls der Bezugszeitraum, den der Kläger in den Vorbescheid hineinliest.

bb) Mit der 3. Teilgenehmigung wird entgegen der Auffassung des Klägers auch keine wesentliche Änderung der Rauchgasreinigungsanlage zugelassen, die zur Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung führen würde, weil zusätzliche (erhebliche) oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter zu besorgen sind. Die entsprechende Argumentation des Klägers kann weder im rechtlichen Ansatz noch in Ansehung der aufgestellten tatsächlichen Behauptungen überzeugen.

α) Zu Unrecht argumentiert der Kläger mit einer angeblich geringeren Reinigungsleistung der Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption.

αα) In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Prüfungen, ob gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV a. F. eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist und ob es gemäß den §§ 23 Abs. 4, 22 Abs. 3 Satz 2 der 9. BImSchV a. F. einer weiteren Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, weil zusätzliche (erhebliche) oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter zu besorgen sind, dieselben Maßstäbe angelegt werden müssen. Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV a. F. sind zwar grundsätzlich alle für die Schutzgüter nachteiligen Auswirkungen (Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 8 der 9. BImSchV, Rn. 32), insbesondere Verschlechterungen der Immissionssituation und der Sicherheitslage (Czajka, a. a. O., § 8 der 9. BImSchV, Rn. 24). Es ist aber entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV a. F. bei dieser Prüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit nachteilige Auswirkungen auf diese Schutzgüter durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen (= Vorkehrungen) ausgeschlossen werden (Czajka, a. a. O., § 8 der 9. BImSchV, Rn. 33; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Feb. 2019, § 8 der 9. BImSchV, Rn. 10). Hierbei ist nicht stets ein vollständiger Ausschluss zu fordern, sondern ggf. genügt es auch, wenn die Auswirkungen der Änderung – dem Stande der Vermeidungs- bzw. Sicherheitstechnik entsprechend – lediglich so weit reduziert werden, dass sie wegen Geringfügigkeit vernachlässigt werden können (Czajka, a. a. O., § 8 der 9. BImSchV, Rn. 27). Läuft die Beurteilung der Erheblichkeit der Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter – wie im vorliegenden Falle – auf einen Vergleich der Wirksamkeit der vor der Änderung des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen (Rauchgasanlage alter Konzeption) mit der Wirksamkeit der Maßnahmen hinaus, die Gegenstand der Änderungen des Vorhabens sind (Rauchgasanlage neuer Konzeption), so ist kein Vergleich des faktischen Wirkungsgrads der Maßnahmen (d. h. Vorkehrungen) vorzunehmen (unklar: Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 8 der 9. BImSchV, Rn. 27), sondern ein Vergleich derjenigen Leistungsfähigkeit, die bereits durch Verwaltungsakt festgeschrieben wurde bzw. nunmehr festgeschrieben werden soll. Denn eine Wirksamkeit von Maßnahmen (d. h. Vorkehrungen) des Vorhabenträgers, die diesem nicht verbindlich vorgeschrieben ist oder vorgeschrieben werden soll, ist unerheblich, weil sie nicht gesichert ist. Sind – wie im vorliegenden Falle durch den Vorbescheid vom 10. Januar 2008 – auf der Grundlage einer Prüfung von Maßnahmen (d. h. Vorkehrungen) einer bestimmten Konzeption (hier: die ursprünglich vorgesehene Rauchgasreinigungsanlage) bereits bestandskräftig Grenzwerte festgelegt worden, so ist allein die sich aus diesen Festlegungen ergebende Leistungsfähigkeit in den Vergleich mit Maßnahmen (d. h. Vorkehrungen) des geänderten Vorhabens (hier: die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption) einzubeziehen. Auch hinsichtlich der Rauchgasanlage neuer Konzeption kommt es dabei nicht auf die tatsächliche, sondern die rechtlich festgeschriebene Leistungsfähigkeit an. Während jedoch nach Bestandskraft der behördlichen Billigung der Maßnahmen alter Konzeption (hier durch den unanfechtbaren Vorbescheid vom 10. Januar 2008) im Rahmen des vorzunehmenden Vergleichs nicht mehr infrage zu stellen ist, dass diese „alten“ Maßnahmen geeignet waren, die ehedem festgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten, unterliegt dies hinsichtlich der Maßnahmen neuer Konzeption der Überprüfung. Da die durch die 3. Teilgenehmigung festgesetzten Grenzwerte jedenfalls nicht höher, sondern teilweise sogar deutlich niedriger als diejenigen sind, die durch den Vorbescheid festgeschrieben wurden, steht hiernach bereits dann fest, dass infolge der Änderung der Rauchgasanlage weder zusätzliche (erhebliche) noch andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter zu besorgen sind, wenn die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption in der Lage ist, die Einhaltung der in der 3. Teilgenehmigung festgeschriebenen Grenzwerte sicherzustellen. Aus Rechtsgründen kommt es daher auf die tatsächliche Reinigungsleistung der Rauchgasreinigungsanlage alter Konzeption gar nicht und auf diejenige der Rauchgasreinigungsanlagen neuer Konzeption lediglich insoweit an, als es die Einhaltung der in der 3. Teilgenehmigung festgeschriebenen Grenzwerte angeht. An dieser Einhaltung bestehen jedoch – wie im Folgenden gezeigt wird – keine durchgreifenden Zweifel.

ββ) Im Übrigen wäre der Argumentation des Klägers aber auch dann nicht zu folgen, wenn es auf einen Vergleich der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption ankäme. Die Behauptung einer erheblich höheren Abscheideleistung der ursprünglich konzipierten Rauchgasreinigungsanlage im Verhältnis zu der mit der 3. Teilgenehmigung gebilligten Konzeption kann nämlich schon deshalb nicht überzeugen, weil der von dem Kläger errechnete Abscheidegrad der ursprünglichen Konzeption von 99,89 % auf bereits im Ansatz verfehlten Spekulationen beruht. Zu diesem Prozentsatz gelangt der Kläger lediglich, indem er unterstellt, die beiden Gewebefilter der ursprünglich konzipierten Anlage hätten jeder für sich dieselbe Reinigungsleistung erbracht, die er für den einzelnen Gewebefilter der neu konzipierten Anlage ermittelt (vgl. Bl. 144 GA). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass diese Unterstellung vor dem Hintergrund der durch die Beigeladene überzeugend dargestellten Unterschiede in der Konstruktion der Anlagen unzulässig ist. Damit fehlt es für einen Vergleich der tatsächlichen Reinigungsleistung beider Anlagenkonzepte bereits an einer überzeugenden Herleitung der ersten beiden der (vermeintlich) zu vergleichenden Größen. Da im Übrigen davon auszugehen ist, dass die neu konzipierte Rauchgasreinigungsanlage bewusst verbessert wurde, um strengere Grenzwerte einhalten zu können als die Anlage alter Konzeption (vgl. die Antragsunterlagen, unter 5.1.2 5-17, Bl. 40 [Rückseite] BA 6 zu 12 KS 118/17), spricht nichts dafür, dass die alte Konzeption gleichwohl in einem Vergleich der tatsächlichen Reinigungsleistungen besser abschneiden könnte.

γγ) Der Hilfsbeweisantrag zu 4. des Klägers wird abgelehnt. Es hat kein Anlass bestanden, zum Beweis der Tatsache, dass die mit der 3. Teilgenehmigung zugelassene Rauchgasreinigung gegenüber der im Vorbescheid noch vorgesehenen Rauchgasreinigung eine um den Faktor 30 schlechtere Abscheideleistung aufweist, gerichtlich ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gericht ist aufgrund der ihm bereits vorliegenden Sachverständigengutachten und sachverständigen fachbehördlichen Stellungnahmen selbst hinreichend sachkundig, um die Richtigkeit der Behauptung einer um den Faktor 30 geringeren Reinigungsleistung – wie soeben unter B. I. 2. e) bb) α) ββ) geschehen – selbst zu beurteilen. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigenbeweises drängt sich nicht auf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, NdsRpfl 2014, 260 ff. hier zitiert nach juris, Rn. 10., n. w. N.).

Im Übrigen bezieht sich die beantragte Beweiserhebung aber auch auf eine letztlich – d. h. unter Einbeziehung aller Begründungsstränge des Urteils – unerhebliche Behauptung. Denn wie sich aus der weiteren, selbständig tragenden Argumentation des Senats oben unter B. I. 2. e) bb) α) αα) ergibt, kommt es auf einen Vergleich der tatsächlichen Reinigungsleistungen der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption – und damit auch die Relation dieser Reinigungsleistungen zueinander – nicht an.

β) Ohne Erfolg argumentiert der Kläger damit, eine zuvor gegebene Redundanz innerhalb der Rauchgasreinigungsanlagen alter Konzeption sei in rechtlich relevanter Weise mit der Änderung der Rauchgasreinigung entfallen, sodass in Fällen einer Störung der Rauchgasreinigungsanlage zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV bezeichneten Schutzgüter zu besorgen seien.

αα) Zum einen ist wiederum der rechtliche Ansatz des Klägers unzutreffend. Bei dem Vergleich der Leistungsfähigkeit der entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV a. F. zu berücksichtigenden Maßnahmen gegen Ausfälle in der Rauchgasreinigungsanlage alter bzw. neuer Konzeption ist nicht auf einen Vergleich der faktischen Störungsfolgen abzuheben. Entscheidend ist hier vielmehr der Vergleich der bereits durch den Vorbescheid vorgegebenen Grenzen für diese Folgen mit den entsprechenden in der 3. Teilgenehmigung gesetzten Grenzen, wobei lediglich hinsichtlich der Rauchgasanlage neuer Konzeption zu prüfen ist, ob diese Grenzen tatsächlich eingehalten werden können, weil alles Erforderliche unternommen wird und werden soll, um ein Versagen auszuschließen (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Werkstand: Mai 2019, § 8 der 9. BImSchV, Rn. 26).

Die im Falle von Störungen der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption einzuhaltenden Grenzwerte ergeben sich aus der Nebenbestimmung unter IV. 2.17 des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 (Bl. 41 BA 1). Diese Bestimmung gilt gemäß der Regelung unter II.1.3 Satz 2 der 3. Teilgenehmigung (Bl. 9 GA zu 12 KS 118/17) fort, weil sie nicht durch die 3. Teilgenehmigung gegenstandslos oder geändert worden ist. Sie knüpft zwar mit ihrem Wortlaut an § 16 der 17. BImSchV in der Fassung vom 14. August 2003, und nicht an die entsprechende Regelung in § 21 der 17. BImSchV in der Fassung vom 2. Mai 2013 an. Deshalb ist sie aber nicht gegenstandslos geworden. Denn eine bestimmte Fassung der 17. BImSchV wird in ihr nicht genannt. Dagegen sollen sowohl nach altem als auch nach neuem Recht von der Behörde für technisch unvermeidbare Ausfälle der Abgasreinigungseinrichtungen Festlegungen über den Zeitraum getroffen werden, währenddessen von den auf der Grundlage der 17. BImSchV festgesetzten Emissionsgrenzwerten abgewichen werden darf. Der Beklagte hat in der Regelung unter IV. 2.17 des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 im größtmöglichen Umfang zugunsten des Vorhabens von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Da eine Bestimmung über den genannten Zeitraum weder entbehrlich ist („soll“) noch Ziffer IV. 2.17 des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 durch die 3. Teilgenehmigung ausdrücklich geändert wurde, ist die genannte Nebenbestimmung des Vorbescheids im Lichte der durch die 3. Teilgenehmigung geschaffenen Gesamtregelung auszulegen. Dies bedeutet, dass Ziffer IV. 2.17 des Vorbescheids insoweit einen dynamischen Inhalt hat, als sie die jeweils für die Anlage auf der Grundlage der 17. BImSchV festgesetzten Grenzwerte betrifft. Sie regelt daher nunmehr, dass im entsprechenden Umfang von den auf der Grundlage der 17. BImSchV in der Fassung vom 2. Mai 2013 durch die 3. Teilgenehmigung festgesetzten Grenzwerten abgewichen werden darf. Allerdings empfiehlt sich aus Sicht des Senats insoweit eine Klarstellung in dem etwaigen ergänzenden Verfahren. Im Übrigen könnte, selbst wenn man annähme, dass die Regelung unter IV. 2.17 des Vorbescheids gegenstandlos geworden wäre und es deshalb an einer entsprechenden behördlichen Festlegung für Störungen des Betriebs fehlte, daraus möglicherweise nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass ein Weiterbetrieb der Anlage in Störungsfällen unzulässig wäre (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 7.8.2007 - 2 A 690/06 -, ZUR 2008, 150 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 100; a. A. Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: Februar 2019, § 21 der 17. BImSchV Rn. 3). Der von dem Kläger problematisierte Riss eines Filterschlauches in der Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption stellt einen technisch unvermeidbaren Ausfall im Sinne der Ziffer IV. 2.17 des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 dar. Technisch unvermeidbar ist eine Störung, wenn die Anlage genehmigungskonform betrieben und bedient wurde und alle erforderlichen Vorsorgemaßnahmen getroffen wurden, die Störungen und Fehlbedienungen auszuschließen (Ohms, a. a. O., § 21 der 17. BImSchV Rn. 4). Weil die Rauchgasanlage neuer Konzeption – wie im Folgenden noch näher auszuführen ist – dem Stand der Technik entspricht und es, auch wenn sie genehmigungskonform betrieben und bedient wird, zum Riss eines Filterschlauchs kommen kann, ist ein solches Ereignis eine technisch unvermeidbare Störung. Deshalb sind im Falle eines gerissenen Filterschlauches die in der 3. Teilgenehmigung festgesetzten „regulären“ Grenzwerte nicht vollständig, sondern – zumindest für die von dem Kläger problematisierte Zeitspanne bis zur Absperrung der betroffenen Filterkammer – nur in dem sich aus § 21 der 17. BImSchV ergebenden Mindestumfang einzuhalten. Der Kläger legt nicht substantiiert dar, weshalb darin unter dem Blickwinkel der rechtlichen Vorgaben eine Verschlechterung zulasten der Schutzgüter des § 1a der 9. BImSchV verbunden wäre. Er zeigt auch nicht überzeugend auf, dass selbst unter Berücksichtigung der Ziffer IV.2.17 des Vorbescheids im Falle eines gerissenen Filterschlauchs bestimmte auch dann noch maßgebliche Grenzwerte der 17. BImSchV in der Fassung von 2013 nicht eingehalten werden könnten.

ββ) Soweit der Kläger geltend macht, im Falle des Risses eines Filterschlauches sei es in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, „die Halbstundenwerte der 17. BImSchV“ einzuhalten, ist ihm nicht zu folgen. Denn aus dem Gutachten der O. vom 3. Juli 2015 (Bl. 231 ff. [246] BA 9 zu 12 KS 118/17) unter 3.7.8 Abs. 1 ergibt sich, dass der Durchbruch eines Filterelements sofort durch die kontinuierliche Staubmessung erkannt und sodann durch das wechselweise Abschalten der Filter der defekte Filterstrauch ermittelt wird. Zwar heißt es sodann lediglich, die Einhaltung des TMW (Tagesmittelwert) sei gewährleistet. Hieraus kann jedoch der Umkehrschluss, dass demgegenüber ein Halbstunden-Mittelwert nicht eingehalten werden könne, nicht gezogen werden. Im letzten Absatz unter 3.7.8 des Gutachtens der O. heißt es nämlich ausdrücklich: „In jedem Fall werden der Durchbruch und die Funktionsuntüchtigkeit eines Filterelementes mit der Reingasstaubmessung erkannt und die Überschreitung der Grenzwerte vermieden.“ Bereits aus der Verwendung des Plurals „Grenzwerte“ kann gefolgert werden, dass damit nicht lediglich ein Tagesmittelwert gemeint ist. Auch rechtfertigt die Aussage „in jedem Falle“ die Schlussfolgerung, dass es hierbei nicht darauf ankommt, ob bei dem Versuch, die defekte Filterkammer durch Betätigung von Handklappen zu lokalisieren, bereits das erste oder erst das sechste Absperren einer Kammer zum Auffinden des defekten Filterschlauches führt. Im Übrigen weist die Beigeladene zutreffend (vgl. das Gutachten der U. unter 4.3.2 zu Kapitel 4.3.1,6, letzter Spiegelstrich; Bl. 251 BA 9 zu 12 KS 118/17) darauf hin, dass das EBS-Kraftwerk über eine automatische Verriegelung verfügt, welche die Zufuhr von Brennstoff zum Kessel stoppt, wenn infolge einer Störung der Rauchgasreinigung eine Überschreitung von kontinuierlich überwachten Emissionsgrenzwerten eintreten kann. Auch ist der Hinweis der O. unter 3.7.8 des genannten Gutachtens zu beachten, dass es verschiedene Techniken gebe, um einen Gewebeschlauch zu erneuern, darunter diejenige, die Kammer während des Betriebs mit Handklappen abzusperren – gegebenenfalls müsse die Kessellast etwas reduziert werden. Aus diesem Hinweis ergibt sich nämlich ein Indiz dafür, dass auch der weitere Vortrag der Beigeladenen zutrifft, dass der Filter neuer Konzeption so ausgelegt sei, dass grundsätzlich die Reinigungsleistung von fünf der sechs Filterkammern ausreiche, um die Einhaltung aller maßgeblichen Grenzwerte der 17. BImSchV einzuhalten. Die Annahme des Klägers, allein die Phase von maximal fünf Fehlversuchen, in der ein Sechstel des Rauchgasstromes kaum oder nicht gereinigt ausströme, könne nicht in der Weise bewältigt werden, dass die währenddessen unter Berücksichtigung der Ziffer IV.2.17 des Vorbescheids noch maßgeblichen Halbstundenmittelwerte der 17. BImSchV in der Fassung von 2013 eingehalten werden, beruht demgegenüber auf Spekulation. Dagegen führt die O. im letzten Absatz unter 3.7.8 ihres Gutachtens vom 3. Juli 2015 (Bl. 246 [Rückseite] BA 9 zu 12 KS 118/17) aus, dass die EBS-Anlage unter Einschluss der Rauchgasreinigungsanlage die nach dem Stand der Technik erforderliche Vorsorge trifft, um die Vorgaben der 17. BImSchV (insbesondere § 4) einzuhalten. Hieraus folgt ohne weiteres, dass es keines zusätzlichen „Polizeifilters“ bedarf, um eine hinreichende Bewältigung von Störungsfällen sicherzustellen.

γγ) Nach alledem ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Grenzwerte der 17. BImSchV in der Fassung von 2013 für die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption verpflichtend festgeschrieben werden sollten und jedenfalls nicht großzügiger, sondern teilweise sogar strenger sind als diejenigen des Vorbescheids, dass durch die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption weder zusätzliche noch andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. genannten Schutzgüter zu besorgen sind. Es begegnet insoweit auch kein Bedenken, dass der Beklagte dies auf der Grundlage eines Gutachtens, nämlich desjenigen der O., beurteilt hat. Denn die Regelung § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV a. F. würde ins Leere laufen, wenn allein die Notwendigkeit einer Zuziehung von Sachverständigen zu einer Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste.

δδ) Der Gedankenführung des Klägers wäre aber auch dann nicht zu folgen, wenn es entgegen der durch den erkennenden Senat vertretenen Rechtsauffassung auf einen tatsächlichen Vergleich der Störfall- und Störungssicherheit der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption ankäme. Denn die These des Klägers, die Sicherheit der Rauchgasreinigungsanlage alter Konzeption sei allein infolge des Vorhandenseins zweier nacheinander geschalteter Gewebefilter höher, überzeugt nicht. Wie die Beigeladene überzeugend ausführt und sich anhand der Kurzbeschreibung – Neugenehmigung im Vorbescheidsverfahren – vom 31. Januar 2007, S. 7-14 (eingangs der BA 2) nachvollziehen lässt, erbrachten die beiden Gewebefilter der Rauchgasreinigungsanlage alter Konzeption keineswegs dieselbe Reinigungsleistung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Ausfall des zweiten Gewebefilters (Reinigungsstufe 3) wegen der im Wesentlichen nur dort, und nicht vor dem ersten Gewebefilter vorgesehenen Zugabe von Kalkhydrat ein erhebliches Sinken der Reinigungsleistung nach sich gezogen hätte, die durch den ersten Filter nicht aufzufangen gewesen wäre. Allein das Vorhandensein einer größeren Anzahl von Filtern nach der Konzeption der Rauchgasreinigungsanlage, die dem Vorbescheid zugrunde lag, besagt daher nichts Entscheidendes über die Störfall- und Störungssicherheit der ursprünglichen Rauchgasreinigungsanlage. Deshalb fehlt es den Ausführungen des Klägers bereits an einer überzeugenden Darstellung der tatsächlichen Reinigungsleistung eines der Vergleichsobjekte (nämlich der Anlage alter Konzeption) in Stör- und Störungsfällen.

εε) Der Hilfsbeweisantrag zu 5. des Klägers wird abgelehnt. Es bestand kein Anlass zum Beweis der „Tatsache“, dass aufgrund der gegenüber dem Vorbescheid geänderten und mit der 3. Teilgenehmigung zugelassenen Rauchgasreinigung, die auf eine weitere Filterstufe („Polizeifilter“) verzichtet, im Falle einer Störung des Gewebefilters nicht sichergestellt ist, dass die Halbstundenmittelwerte der 17. BImSchV eingehalten werden können, während dies bei der dem Vorbescheid zugrundeliegenden Abgasreinigungsanlage gewährleistet wäre, gerichtlich ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Das Gericht ist aufgrund der ihm bereits vorliegenden Sachverständigengutachten und sachverständigen fachbehördlichen Stellungnahmen hinreichend sachkundig, um die Richtigkeit der Behauptung, im Falle einer Störung des Gewebefilters sei nicht sichergestellt, dass die Halbstundenmittelwerte der 17. BImSchV eingehalten werden können, unter Berücksichtigung der besonderen Regelungen für Störungsfälle des Vorbescheids – wie soeben unter B. I. 2. e) bb) β) αα) und ββ) geschehen – selbst zu beurteilen. Eine solche hinreichende Sachkunde besteht unter Berücksichtigung der „Gutachterlichen Stellungnahme im Hinblick auf die erforderliche Schornsteinmindesthöhe“ des TÜV Nord vom 4. März 2008, dort namentlich unter 6. 2 und 7.4 (Bl. 118 [Rückseite],122 [Rückseite] und 123 BA 9 zu 12 KS 118/17) auch hinsichtlich eines – etwaigen – Vergleichs mit der tatsächlichen Reinigungsleistung der Rauchgasreinigungsanlage alter Konzeption – wie unter B. I. 2. e) bb) β) δδ) thematisiert. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigenbeweises drängt sich daher nicht auf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, NdsRpfl 2014, 260 ff. hier zitiert nach juris, Rn. 10, n. w. N.).

Soweit sich die Behauptung des Klägers auf die Nichteinhaltung solcher Halbstundenwerte bezieht, von denen gemäß der Nebenbestimmung unter IV. 2.17 des Vorbescheids vom 10. Januar 2008 abgewichen werden darf, ist sie unerheblich. Denn die Ermittlung eines gebrochenen Filterschlauches mag nach den glaubhaften Angaben der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung – im ungünstigsten Fall – mehr als zehn Minuten in Anspruch nehmen. Ein Zeitraum von mehr als vier Stunden (vgl. § 21 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 der 17. BImSchV) ist hierzu jedoch – bei weitem – nicht erforderlich.

In Ansehung speziell des angestrebten Vergleichs zwischen der tatsächlichen Reinigungsleistung der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption bezieht sich die beantragte Beweiserhebung aber auch auf eine letztlich – d. h. unter Einbeziehung aller Begründungsstränge des Urteils – unerhebliche Behauptung. Denn wie sich aus der weiteren, selbständig tragenden Argumentation des Senats oben unter B. I. 2. e) bb) β) αα) ergibt, kommt es auf einen Vergleich der tatsächlichen Reinigungsleistungen der Rauchgasreinigungsanlagen alter und neuer Konzeption in Störungsfällen nicht an.

f) Die an die Veränderungen gegenüber dem Planungsstand der 2. Teilgenehmigung anknüpfenden Rügen des Klägers führen ebenfalls nicht unabhängig von der Standortverschiebung um 160 m zur Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung.

aa) Soweit der Kläger unter dem Blickwinkel der Immissionsbelastung geltend macht, zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV [a. F.] bezeichneten Schutzgüter seien deshalb zu besorgen gewesen, weil mit der 3. Teilgenehmigung als Veränderung gegenüber dem Vorbescheid ein Hilfskessel mit nunmehr eigenem Schornstein errichtet werden solle, ist dies hier gerichtlich nur eingeschränkt zu prüfen. Vor dem Hintergrund, dass eine vergleichbare, ebenfalls Emissionen verursachende Einrichtung nach den glaubhaften Angaben der Beklagten schon in dem ursprünglichen Anlagenkonzept vorgesehen war, sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahme des TÜV Nord vom 30. Juni 2015 (Bl. 201 ff. BA 9 zu 12 KS 118/17) kann insoweit lediglich festgestellt werden, dass nicht schon allein aufgrund einer isolierten Betrachtung der Art und Menge der Emissionen des Hilfskessels mit zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter gerechnet werden muss.

Inwieweit dies auch unter Berücksichtigung standortbezogener Faktoren zu gelten hat, bedarf hier dagegen keiner weiteren gerichtlichen Klärung. Denn der Beklagte hat zu Unrecht die Standortverschiebung um ca. 160 m bei seinem Vergleich der Umweltauswirkungen des erneut geänderten Vorhabens mit demjenigen, für das der Vorbescheid erteilt wurde, außer Betracht gelassen. Da damit die Dimension der Veränderung teilweise verkannt wurde, würde sich in einem ergänzenden Verfahren die Frage nach zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV a. F. bezeichneten Schutzgüter nicht mehr in der bislang im Verwaltungsverfahren aufgeworfenen und gutachterlich geprüften Weise stellen. Damit erübrigt sich auch eine weitere gerichtliche Beurteilung der behördlichen Einschätzung der Auswirkungen der Änderung des Vorhabens in dem vorliegenden Rechtsstreit.

bb) Mit Blick auf die in ihrem Standort (nochmals) verschobenen Reststoffsiloanlagen ist die Frage nach zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BImSchV [a. F.] bezeichneten Schutzgüter in dem Verwaltungsverfahren zur Erteilung der 3. Teilgenehmigung ebenfalls – zu Unrecht – lediglich ohne Berücksichtigung der Standortverschiebung um ca. 160 m aufgeworfen und gutachterlich geprüft worden. Sie würde sich in einem ergänzenden Verfahren daher ebenfalls nicht mehr in gleicher Weise stellen. Deshalb ist auch insoweit eine weitere gerichtliche Beurteilung der behördlichen Einschätzung der Auswirkungen der Änderungen des Vorhabens in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht geboten.

g) Soweit sich der Kläger dem in der gemeinsamen mündlichen Verhandlung erfolgten Vortrag der Klägerin des Parallelverfahrens 12 KS 118/17 betreffend die Unzulänglichkeit der Berücksichtigung von Umweltauswirkungen durch von der umstrittenen EBS-Anlage ausgehende Luftbelastungen – hier insbesondere die sachverständigen Erläuterungen ihres Sachbeistandes P. – zu eigen macht, werden die in diesem Vortrag enthaltenen Erklärungen und Beweismittel gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 6 Satz 2 UmwRG nicht zugelassen. Denn dieser Vortrag hat sich nicht lediglich als Vertiefung bisherigen eigenen fristgerechten Vorbringens des Klägers dargestellt. Der Kläger hat es auch nicht genügend entschuldigt, dass er einen entsprechenden konkreten Tatsachenvortrag unter Angabe des Beweismittels eines Sachverständigenbeweises nicht bereits innerhalb der ihm bis zum Ablauf des 15. September 2019 verlängerten Klagebegründungsfrist vorgenommen hatte (§§ 8 Abs. 1 Satz 2, 6 Satz 2 UmwRG, 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Zudem war es nicht möglich, den Sachverhalt mit geringem Aufwand auch ohne Mitwirkung der Beteiligten zu ermitteln (§§ 8 Abs. 1 Satz 2, 6 Satz 2 UmwRG, 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die insoweit entsprechend anzuwendende Regelung des § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung, ob Veranlassung besteht, von einer Präklusion abzusehen, ist deswegen zu prüfen, ob die in § 6 Satz 1 UmwRG normierte prozessuale Mitwirkungspflicht des Klägers im Einzelfall ihre Bedeutung verliert, weil sich der Sachverhalt so einfach darstellt, dass er ohne nennenswerten Aufwand von Amts wegen ermittelt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1998 - BVerwG 11 A 6.97 -, NVwZ-RR, 1998, 592 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 25). Das Gericht hat sich zur Beurteilung dieser Frage zwar Ausführungen des Sachbeistandes P. in der mündlichen Verhandlung angehört. Diesen Ausführungen ließ sich indessen nur mit Mühe folgen, um zumindest Kernthesen des Sachbeistandes zu erfassen. Die Beurteilung des Vorbringens in seiner Gesamtheit hätte hiernach weiteren erheblichen gerichtlichen Aufwand erfordert. Denn die Aussagen des Sachbeistandes über tatsächliche Änderungen des Vorhabens, deren Bedeutung für die Immissionsprognose und deren – etwa – nicht sachgerechte Verarbeitung in bereits vorliegenden Gutachten hätten zunächst anhand der Akten im Einzelnen nachvollzogen werden müssen. Selbst danach hätte die eigene Sachkunde des Gerichts voraussichtlich nicht ausgereicht, um ohne sachverständige Hilfe die Ausführungen des Sachbeistandes abschließend zu bewerten.

2. Soweit der Kläger Mängel der Umweltverträglichkeitsstudie rügt, die der Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde gelegen hat, die dem Vorbescheid vom 10. Januar 2008 vorausging, verweist die Beigeladene zu Recht darauf, dass er mit diesen Einwendungen gemäß § 11 BImSchG präkludiert ist. Denn der Vorbescheid vom 10. Januar 2008 gilt gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 und 2 und Abs. 9 BImSchG als dem Kläger zugestellt, nachdem er ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht wurde (vgl. Nds. MBl. 2008, 193 und 204). Er hat – wie bereits ausgeführt – seine Wirksamkeit nicht verloren, und die Einwendungen, die der Kläger gegen die ihm zugrundeliegende Umweltverträglichkeitsstudie erhebt, beruhen auf Tatsachen, die er im Verfahren über den Vorbescheid hätte vorbringen können. Im Übrigen wäre diesen Einwendungen des Klägers aber auch aus den im Tatbestand aufgeführten vom Beklagten genannten Gründen nicht zu folgen.

II. Die angefochtene 3. Teilgenehmigung ist auch materiell rechtswidrig. Zwar vermag der Kläger es nicht als Verletzung in eigenen Rechten zu rügen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass es in Ermangelung einer Wirksamkeit des Vorbescheids zu Gunsten des Vorhabens an einer bauplanungsrechtlich tragfähigen Standortentscheidung fehlt. Die 3. Teilgenehmigung verstößt aber – für den Kläger erfolgreich als Verletzung in eigenen Rechten rügefähig – insgesamt gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, soweit es den erforderlichen Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von luftgetragenen Schadstoffen – insbesondere bei Störungsfällen – und Lärm anbetrifft.

Nach § 6 Abs. 1 BImSchG darf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur dann erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung, darunter die 17. BImSchV (Verordnung über die Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen), ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

§ 5 Abs. 1 BImSchG verpflichtet den Vorhabenträger u. a. dazu, die (genehmigungsbedürftige) Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG).

Diesen Vorgaben wird die 3. Teilgenehmigung nicht gerecht, weil ihre den Kläger schützenden Festlegungen größtenteils aus dem Vorbescheid übernommen oder auf ein Zusammenwirken mit (nur) in diesem Vorbescheid getroffenen Bestimmungen angelegt sind. Dies gilt etwa, soweit überwiegend (nämlich im Bereich der Übereinstimmung der 17. BImSchV a. F. mit der 17. BImSchV n. F.) als Emissionsgrenzwerte dieselben Grenzwerte festgeschrieben werden, über deren Maßgeblichkeit – im Sinne eines Ausschnitts aus dem die Zulässigkeit des Betriebs feststellenden Teil der Anlagengenehmigung (vgl. Wasielewski, in: GK-BImSchG, § 9 Rn. 11 und BVerwG, Urt. v. 11.1.1985 - BVerwG 7 C 74.82 -, BVerwGE, 70, 365 [372]) – bereits abschließend in dem Vorbescheid vom 10. Januar 2008 entschieden worden war. Denn insoweit setzt die 3.Teilgenehmigung nur noch die entsprechende Feststellung des Vorbescheides in eine Verfügung um, der ihrerseits die maßgebliche Grundlage in der behördlichen Willensbildung fehlt, wenn – wie hier – der Vorbescheid, und damit die durch ihn getroffene Feststellung nicht zu Gunsten des Vorhabens zu wirken vermag. Entsprechendes gilt, soweit in der Teilgenehmigung – mit dem Vorbescheid übereinstimmende – Vorgaben für die Zusammensetzung der Ersatzbrennstoffe gemacht werden. Soweit in der 3. Teilgenehmigung die Einhaltung von Grenzwerten als aufgrund von Kontrollmessungen gesichert betrachtet und der Lärmschutz als gewährleistet angesehen wird, kann dies ohne die Vorgaben des Vorbescheides nicht als gesichert gelten.

Weil dies mit Blick auf die Möglichkeit von Bedeutung ist, in einem ergänzenden Verfahren [dazu im Einzelnen unter B) III.] unter anderem den Vorbescheid vom 10. Januar 2008 dahin zu ändern, dass er sich nunmehr auf den um ca. 160 m verschobenen Standort bezieht, wird jedoch im Folgenden abgehandelt, ob – diesen Mangel hinweggedacht – die weiteren materiell-rechtlichen Einwendungen des Klägers durchgreifen. Es ist deshalb im Folgenden [unter B) II. 1. bis 7.] jeweils gedanklich zu unterstellen, dass der Vorbescheid trotz dieser Verschiebung zugunsten des Vorhabens am aktuellen Standort zu wirken vermag.

1. Zu Unrecht meint der Kläger sinngemäß, sein (vormaliger) Obstanbaubetrieb sei unzulässigen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt, die in Emissionen von Fluorwasserstoff und verschiedenen weiteren luftgetragenen Schadstoffen bestünden, selbst wenn die Grenzwerte der in dem angefochtenen Bescheid herangezogenen 17. BImSchV in der Fassung von 2013 eingehalten würden. Der Kläger zeigt nicht auf, dass die Anforderungen der 17. BImSchV dem Stand der Technik nicht mehr entsprächen, wie dieser sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2017 darstellte. Er zeigt auch nicht konkret auf, weshalb die die Anforderungen der 17. BImSchV in der Fassung von 2013 ergänzenden, aus dem Vorbescheid übernommenen weiteren Emissionsgrenzwerte, u. a. für Cadmium und Thallium, nach dem Stand der Technik inzwischen als überholt gelten müssten. Dementsprechend stellen diese Vorgaben, namentlich diejenigen der 17. BImSchV, eine auch im gerichtlichen Verfahren weiterhin verbindliche Konkretisierung der unbestimmten Rechtssätze des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dar. Die 17. BImSchV konkretisiert mit ihren baulichen und betrieblichen Anforderungen an die Anlage sowie mit der Festlegung der Emissionsgrenzwerte insoweit die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG abschließend (BVerwG, Urt. vom 26.4.2007 - BVerwG 7 C 15.06 -, NVwZ 2007, 1086 f., hier zitiert nach juris, Rn. 15). Dies gilt ausweislich des § 3 Abs. 1 der 17. BImSchV auch in Ansehung einer über den Luftpfad drohenden Verschmutzung des Oberflächen- und des Grundwassers. Vor diesem Hintergrund und den Ausführungen zu den Brennstoffeigenschaften unter 3.2.1 und der Umsetzung des Standes der Technik unter 4.6.2 in dem Gutachten der O. vom 3. Juli 2015 (Bl. 236 [Rückseite] f. und 255 BA 9 zu 12 KS 118/17) bestehen daher für den erkennenden Senat keine Zweifel daran, dass erst recht die hinter den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zurückbleibenden Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, die allein zugunsten des Klägers Drittschutz entfalten (vgl. Hess. VGH, Urt. vom 7.8.2007 - 2 A 690/06 -, ZUR 2008,150 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 73), eingehalten werden. Ein darüberhinausgehendes Schutzniveau kann der Kläger nicht beanspruchen. Dementsprechend ist auch die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen auf kontinuierliche Erfassungen der Fluoremission der Anlage zu verzichten, aus den von dem Beklagten dargelegten Gründen rechtlich unbedenklich.

2. Der Vortrag des Klägers, dass die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption in Störungsfällen nicht in der Lage sei, die Halbstundenwerte der 17. BImSchV einzuhalten, und dass es auch in anderen Fällen eines (nicht vorhandenen) „Polizeifilters“ bedürfe, bleibt erfolglos, ohne dass es zu dieser Beurteilung einer Beweisaufnahme bedürfte. Das ergibt sich unter anderem aus den vorangegangenen Ausführungen – vgl. insbesondere oben unter B) I. 2. e) β) ββ) und εε) – sowie den folgenden Ausführungen unter 3., aus denen sich mittelbar ergibt, dass mit extremen Schadstoffpeaks nicht zu rechnen ist.

3. Der Kläger beanstandet ohne Erfolg die für die Annahme der Abfälle vorgesehenen Prozeduren.

a) Wie in dem Gutachten der O. vom 3. Juli 2015 unter Nr. 4.2.3 i. V. m. Nr. 3.2.2 (Bl. 249 [Rückseite] bzw. 237 BA 9 zu 12 KS 118/17) bestätigt wird, genügen diese den nach dem Stand der Technik an sie zu stellenden Anforderungen und gewährleisten damit auch zu Gunsten des Klägers ein hinreichendes Schutzniveau gegenüber den Folgen der Verbrennung von Falschlieferungen. Dabei ist zu betonen, dass die erforderliche Sicherstellung der Betreibergrundpflichten nicht nur durch technische Einrichtungen, sondern alternativ auch durch das Betriebskonzept erreicht werden kann (so im Grundsatz auch: VG Freiburg, Urt. v. 2.11.2010 - 2 K 138/10 -, juris, Rn. 79). Entscheidend insoweit ist im vorliegenden Falle, dass entsprechend dem Betriebskonzept der Beigeladenen (vgl. unter 3.1.1.2 der Antragsunterlagen – Bl. 94 [Rückseite] BA 5 zu 12 KS 118/17), das gemäß der Nebenbestimmung unter II. 1.1 der 3. Teilgenehmigung (Bl. 9 GA zu 12 KS 118/17) verpflichtend einzuhalten ist, und auf der Grundlage der Nebenbestimmung unter II. 5.1 der 3. Teilgenehmigung (Bl. 17 GA zu 12 KS 118/17) nur zugelassene ungefährliche Abfälle angenommen werden dürfen, die aus einer externen Aufbereitungsanlage stammen und in entsprechend deklarierten Chargen angeliefert werden. Damit liegt die maßgebliche Verantwortung für die Zusammensetzung der Abfälle bei dem anliefernden Unternehmen. Vor dem Hintergrund dieser sinnvollen Arbeitsteilung zwischen externer EBS-Aufbereitungsanlage einerseits und der EBS-Verbrennungsanlage andererseits ist keine nochmalige Überprüfung der Zusammensetzung der angelieferten Abfälle auf dem Niveau einer Aufbereitungsanlage in der EBS-Verbrennungsanlage selbst erforderlich. Vielmehr kann eine dortige Eingangskontrolle – wie in der 3. Teilgenehmigung geschehen – im Wesentlichen darauf beschränkt werden, Rückstellproben zu nehmen und zu prüfen, ob die Deklarierung ordnungsgemäß ist sowie ob offensichtliche Unstimmigkeiten zwischen Deklarierung und Anlieferung vorliegen. Um dieses Prüfungsniveau zu gewährleisten, sind die in der 3. Teilgenehmigung vorgegebenen Eingangskontrollen ausreichend. Die Auffassung des Klägers, es müsse quasi noch einmal eine tiefgehende Überprüfung des Ergebnisses der externen Aufbereitung der Ersatzbrennstoffe vor der Verbrennung stattfinden, ist unzutreffend. Dementsprechend kann aus dem Einsatz von Röntgenfluoreszenz-Analyse-Geräten in EBS-Aufbereitungsanlagen auch nichts darüber gefolgert werden, was in einer EBS-Verbrennungsanlagen Stand der Technik der Eingangskontrolle ist. Angesichts der beschränkten Eignung der RFA-Geräte, namentlich Schadstoffe wie Quecksilber und Cadmium nachzuweisen, und des von der Beigeladenen glaubhaft hervorgehobenen Umstandes, dass auch mit diesen Geräten jeweils nur Stichproben analysiert werden könnten, bringt ihr Einsatz zudem nur einen unwesentlichen Sicherheitsgewinn. Es war daher auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (vgl. OVG NRW, Urt. vom 1.6.2015 – 8 A 1487/14 –, juris, Rn. 76 und 77, m. w. N.) nicht geboten, der Beigeladenen die Beschaffung und den Einsatz solcher Geräte in einer Nebenbestimmung aufzugeben. Angesichts des Umstandes, dass sich die Deklarierungen der anliefernden EBS-Aufbereitungsanlagen auf Chargen, nicht Lkw beziehen, war hierauf auch bei der Entnahme der Rückstellproben abzuheben. Da die aus den Chargen zu nehmenden Mischproben weiterhin den Charakter einer Stichprobe behalten, können an ihre Repräsentativität nicht die hohen Anforderungen gestellt werden, deren Nichterfüllung der Kläger beanstandet.

b) Der Hilfsbeweisantrag zu 6. des Klägers wird abgelehnt. Es bestand kein Anlass, durch gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass – wie der Kläger meint – die vorgesehenen Probennahmen im Rahmen der Eingangskontrollen für die Ersatzbrennstoffe nicht gewährleisten, dass verunreinigte Lieferungen erkannt und/oder einem bestimmten Lieferanten zugeordnet werden können. Denn das Gericht ist, namentlich auf der Grundlage des Gutachtens der O. vom 3. Juli 2015 und des Akteninhalts sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des sachkundigen Beklagten, selbst hinreichend sachkundig, um zu beurteilen, inwieweit die vorgesehenen Probennahmen im Rahmen der Eingangskontrollen zureichend gewährleisten, dass verunreinigte Lieferungen erkannt und/oder einem bestimmten Lieferanten zugeordnet werden können. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigenbeweises drängt sich daher nicht auf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, NdsRpfl 2014, 260 ff. hier zitiert nach juris, Rn. 10., n. w. N.).

Im Übrigen ist das Beweisthema insoweit unerheblich, als jedenfalls ein Erfordernis zu gewährleisten, dass verunreinigte Lieferungen durch eine Probennahme im Rahmen der Eingangskontrollen stets noch vor der Verbrennung erkannt werden, nicht besteht.

c) Der Hilfsbeweisantrag zu 7. des Klägers wird abgelehnt. Es bestand kein Anlass, durch gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass – wie der Kläger meint – die vorgesehenen Eingangskontrollen für die Ersatzbrennstoffe nicht dem Stand der Technik entsprechen und insbesondere über bloße Sicht- und Geruchskontrollen hinausgehende, wirksame Methoden wie z. B. die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) existieren, mit denen Schadstoff- und Schwermetallbelastungen der angelieferten Ersatzbrennstoffe festgestellt werden können. Denn ob die Eingangskontrollen für die Ersatzbrennstoffe dem Stand der Technik entsprechen und insbesondere welche etwa wirksameren Methoden im Rahmen dieses Standes existieren, ist unerheblich. Die Nichteinhaltung des Standes der Technik ist für den Kläger nämlich nicht rügefähig, weil dieser Gesichtspunkt dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugeordnet ist, der seinerseits keinen Drittschutz entfaltet.

Im Übrigen ist der Senat auf der Grundlage des Gutachtens der O. vom 3. Juli 2015 und des Akteninhalts sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des sachkundigen Beklagten aber auch selbst hinreichend sachkundig, um zu beurteilen, ob die vorgesehenen Eingangskontrollen für die Ersatzbrennstoffe dem Stand der Technik entsprechen. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigenbeweises drängt sich daher nicht auf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, NdsRpfl 2014, 260 ff. hier zitiert nach juris, Rn. 10., n. w. N.). Dass über bloße Sicht- und Geruchskontrollen hinausgehende, wirksame Methoden wie z. B. die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) existieren, mit denen Schadstoff- und Schwermetallbelastungen der angelieferten Ersatzbrennstoffe – in dem von der Beigeladenen eingeräumten Umfang – festgestellt werden können, besagt zudem nichts darüber, inwieweit ihr hiesiger Einsatz – also vor dem Hintergrund der Anlieferung bereits aufbereiteter Brennstoffe – als Stand der Technik angesehen werden müsste.

4. Soweit der Kläger im Übrigen kritisiert, die EBS-Anlage halte den Stand der Technik nicht ein, beruft er sich auf einen Gesichtspunkt, der dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugeordnet ist, der seinerseits keinen Drittschutz entfaltet (vgl. BVerwG, Beschl. vom 16.1.2009 - BVerwG 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27, hier zitiert nach juris, Rn. 11). Mangels eigener Rechtsbetroffenheit kann der Kläger deshalb entsprechende Verstöße nicht als Verletzung in eigenen Rechten geltend machen. Unter den von ihm genannten Gesichtspunkten ergibt sich auch nicht, dass die Technik, die nach Auffassung des Klägers dem aktuellen Stand nicht entsprechen soll, so mangelhaft wäre, dass zugleich zweifelhaft sein könnte, ob die Anforderungen des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingehalten sind.

a) Die Kritik des Klägers, ein ausreichender Brandschutz sei nicht nachgewiesen, geht fehl, weil ein entsprechender Nachweis später durch den Prüfbericht des Brandschutzbüros S. vom 7. Dezember 2015 (Bl. 266 ff. GA) erbracht wurde.

b) Der Kläger rügt, die Rauchgasreinigungsanlage halte den Stand der Technik nicht ein, weil der vorgesehene alternative Eintrag von Resorptionsmittel vor dem Verdampfungskühler nicht dem Stand der Technik entspreche. Dies betrifft allenfalls die nach den Antragsunterlagen (Kapitel 5.1.2, S. 6/17, – Bl. 41 BA 6 zu 12 KS 118/17) vorgesehene alternative (zusätzliche) Zugabe von Additiv vor (statt hinter) dem Verdampfungskühler bei Schadgasspitzen. Soweit die O. in ihrem Gutachten vom 3. Juli 2015 unter 4.6.2 (Bl. 255 BA 9 zu 12 KS 118/17) die Auffassung vertritt, diese Alternative entspreche nicht dem Stand der Technik, liegt darin nach Auffassung des Senats jedoch keine Relativierung der an nahezu gleicher Stelle getroffenen Aussage, dass die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV nach dem Stand von 2013 eingehalten werden würden. Ob dies mit einer Zugabe von Additiv vor oder nach dem Verdampfungskühler erreicht wird und Ersteres nicht dem Stand der Technik entspräche, ist unter dem Blickwinkel des Drittschutzes unerheblich und daher für den Kläger nicht erfolgreich rügefähig.

5. Da namentlich die gegen die Eingangskontrollen und die Rauchgasreinigungsanlage neuer Konzeption erhobene Kritik des Klägers nicht durchgreift, kann er damit auch nicht begründen, dass eine Überschreitung der Irrelevanz-Schwellen der TA Luft eintritt. Dementsprechend war es auch nicht erforderlich, die Vorbelastung zu ermitteln.

6. Zu Unrecht macht der Kläger geltend, das von ihm bewohnte Wohnhaus werde unzulässigen Schallimmissionen durch die umstrittene EBS-Anlage ausgesetzt sein. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass das entsprechende Wohngrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt. Es befindet sich vielmehr ausweislich auch der von dem Kläger selbst eingereichten Unterlagen (Bl. 112 und 113 GA) mangels eines entsprechenden Bebauungszusammenhangs im Außenbereich. Für Wohnnutzungen im Außenbereich fehlt es in der TA Lärm zwar an einer ausdrücklichen Regelung. Nach der einhelligen Rechtsprechung sind jedoch die Richtwerte maßgeblich, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche gelten, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nach Abschnitt 6.1 Buchstabe c) der hier noch anzuwendenden TA Lärm a. F. (heute 6.1 Buchstabe d) einschlägigen Werte (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 5.3.2019 - 12 KN 202/17 -, ZNER 2019, 240 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 125, m. w. N.). Zugunsten des Klägers maßgeblich ist daher lediglich ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags bzw. 45 dB(A) nachts. Da diese Werte nach den überzeugenden „Schalltechnischen Untersuchungen für die Dampfzentrale in A-Stadt“ des TÜV Nord vom 29. Juni 2015 (Bl. 207 ff. [212] BA 9 zu 12 KS 118/17) an den Immissionspunkten IP 1 bis IP 6 auf dem Deich (vgl. Bl. 213 [Rückseite] BA 9 zu 12 KS 118/17) eingehalten werden, gilt dies erst recht für das hinter diesem Deich gelegene Grundstück, das der Kläger bewohnt. Soweit der Kläger des Weiteren beanstandet, in die schalltechnische Untersuchung sei unter dem Blickwinkel der Ziffer 7.4 TA Lärm [a. F.] eine zu geringe Zahl von An- und Abfahrten der Lkw eingegangen, ist dies aus den von der Beigeladenen genannten Gründen unrichtig. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die angenommenen (vgl. Bl. 212 [Rückseite] BA 9 zu 12 KS 118/17) und der Nr. 3.1.1.2 der Antragsunterlagen (Bl. 94 [Rückseite] BA 5 zu 12 KS 118/17) entnommenen 40 bis 80 Lkw-Fahrten im Zusammenhang damit stehen dürften, dass in den Antragsunterlagen teilweise noch von einer (unrichtig zu hohen) Durchsatzkapazität der Anlage von 205.000 Mg/a (= 205.000 t/a) ausgegangen wird (vgl. Bl. 96 BA 5 zu 12 KS 118/17).

7. Es ist im Gegensatz zum Vortrag des Klägers nicht zu erkennen, dass die umstrittene EBS-Anlage gemäß § 1 der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung) deren Regelungen für Störfälle unterliegt. Denn zu Recht weisen der Beklagte und die Beigeladene darauf hin, dass in der Anlage keine gefährlichen Stoffe in größeren Mengen vorhanden sein werden. Die Auffassung des Klägers, aufgrund der seines Erachtens unzureichenden Eingangskontrolle sei etwas Anderes zu erwarten, rechtfertigt seine Sichtweise nicht, weil die Eingangskontrollen zureichend sind und bereits durch die Anlieferung aufbereiteter Abfälle hinreichend sichergestellt wird, dass es zu den von ihm befürchteten Szenarien nicht kommt.

Zwar gewährleistet auch § 5 Abs. 1 BImSchG unmittelbar einen Schutz gegen die Folgen von Störungsfällen, seien diese nun als schädliche Umwelteinwirkungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BImSchG) oder als sonstige Gefahren (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BImSchG) einzuordnen (vgl. Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 5 Rnrn. 12 und 27). Auch insoweit vermag der Senat jedoch keine Defizite zu erkennen, da die von dem Kläger behaupteten Gefährdungsszenarien in Anlegung des für die Begründetheitsprüfung heranzureichenden rechtlichen Maßstabs nicht als realistisch erscheinen.

III. Die Klage hat nur teilweise Erfolg. Denn der Senat ist der Auffassung, dass die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1b Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 und 7 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 UmwRG einer Aufhebung der angefochtenen Genehmigung entgegenstehen, weil im Sinne einer entsprechenden konkreten Möglichkeit (vgl. zum Planfeststellungsrecht: BVerwG, Beschl. v. 20.1.2004 - BVerwG 4 B 112.03 -, DVBl. 2004, 648 f., hier zitiert nach juris, Rn. 4) Hinreichendes dafür spricht, dass sich die festgestellten Rechtsfehler der Genehmigung in einem ergänzenden Verfahren beheben lassen.

1. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ließe sich nämlich nachholen, und die Änderung eines Vorbescheids im Sinne seiner künftigen Wirkung für einen verschobenen Standort dürfte im Zuge der Erteilung einer Teilgenehmigung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.10.1987 - BVerwG 7 B 176.87 -, NVwZ 1988, 538 f., hier zitiert nach juris, Rn. 4, – zur Änderung einer ersten Teilgenehmigung durch eine weitere Teilgenehmigung), und damit auch in einem ergänzenden Verfahren, vorgenommen werden können. Dafür spricht nicht nur, dass ein Vorbescheid Entscheidungen enthält, die als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Anlagenvollgenehmigung einzuordnen sind. Zu berücksichtigen ist zudem, dass selbst Verstöße gegen zwingendes Recht, deren Heilung nicht in der Hand der Genehmigungsbehörde selbst liegt, sondern sogar das Einschreiten eines anderen Verwaltungsträgers in einem externen Verfahren voraussetzt, im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens ausgeräumt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.4.2004 - BVerwG 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28).

2. Die von der Hansestadt Stade unter dem 17. Dezember 2018 erlassene Veränderungssperre käme – obwohl ihre Missachtung für den Kläger nicht rügefähig wäre – zwar als mögliches objektivrechtliches und damit hier faktisches Hindernis für die konkrete Möglichkeit der Mängelbehebung in einem ergänzenden Verfahren in Betracht. Diese Veränderungssperre dürfte jedoch unwirksam sein. Soweit die Veränderungssperre unter Berufung auf § 17 Abs. 3 BauGB erneut beschlossen wurde, um lediglich eine Änderung des Bebauungsplans W. vom 29. August 2011 bzw. 21. Dezember 2015 der Hansestadt Stade zu sichern, dessen Unwirksamkeit der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Urteil vom 14. August 2018 – 1 KN 154/12 – rechtskräftig festgestellt hat, ist sie schon deshalb unwirksam, weil eine auf diese unwirksame Bebauungsplanung aufbauende, lediglich zur Ergänzung oder Modifikation bestehender, aber unwirksamer Festsetzungen bestimmte Änderungsplanung ihrerseits nicht erforderlich und rechtens sein kann. Denn es fehlt ihr an der vorausgesetzten Anknüpfungsgrundlage. Sie darf daher nicht durch eine Veränderungssperre gesichert werden. Anderes gilt auch nicht, soweit mit dieser Veränderungssperre bezweckt ist, im (eingetretenen) Falle der (rechtskräftig festgestellten) Unwirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. H. die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. H. als eigenständigen Bebauungsplan aufzustellen. Der Beigeladenen dürfte nämlich darin zuzustimmen sein, dass eine eigenständige Planaufstellung, mit der das Planungsziel durch umfassende Neufestsetzungen verfolgt werden soll, einen entsprechenden eigenen Aufstellungsbeschluss erfordert hätte. Zudem spricht in der Zusammenschau Überwiegendes dafür, dass die Hansestadt Stade mit ihrer Veränderungssperre vom 17. Dezember 2018 lediglich das konkrete Vorhaben zu verhindern sucht. Insbesondere ist nicht zu erwarten, dass sich unter den Voraussetzungen, die die Hansestadt Stade bauleitplanerisch festschreiben möchte, in überschaubaren Zeiträumen überhaupt ein Träger für das dann bis auf weiteres unwirtschaftliche Vorhaben des Weiter- oder Neubaus einer EBS-Anlage auf dem überplanten Grundstück finden könnte. Deshalb ist nicht zu erkennen, dass für die beabsichtigte Planung im Sinne einer Angebotsplanung ein Bedürfnis besteht. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass die Planung nicht erforderlich ist und kein legitimes Planungsziel verfolgt, sodass sie eine Veränderungsperre nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand: Mai 2019, § 14 BauGB, Rnrn. 55 und 57). Ob die Planung überhaupt in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. b) BauGB eine taugliche Rechtsgrundlage findet, kann offen bleiben.

3. Die konkrete Möglichkeit der Mängelbehebung in einem ergänzenden Verfahren entfällt nicht bereits deshalb, weil die Hansestadt Stade in dem ergänzenden Verfahren ihr baurechtlich nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliches Einvernehmen versagen könnte. Denn sollte diese Versagung tatsächlich erfolgen und – etwa – rechtswidrig sein, kann der Beklagte das Einvernehmen ersetzen (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i. V. m. § 2 Nr. 2 Nds. DVO-BauGB).

C) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 3 und 154 Abs. 3 VwGO.

D) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10 (in entsprechender Anwendung) sowie 709 Satz 2 und 711 Satz 1 und 2 ZPO.

E) Der Senat lässt nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Denn sie wirft u. a. folgende Fragen auf: Zum einen die von dem erkennenden Senat bejahte Frage, ob § 9 Abs. 2 BImSchG dahingehend teleologisch zu reduzieren ist, dass er in Anknüpfung an (mit der Identität des Vorhabens zusammenhängende) inhaltliche Mängel der Antragstellung nicht mehr Anwendung findet, nachdem eine Teilgenehmigung Bestandskraft erlangt hat, die ihrem Inhalt nach für sich in Anspruch nimmt, auf den (unveränderten) Vorbescheid aufzubauen und damit „die Genehmigung“ im Sinne des § 9 Abs. 2 BImSchG zu sein; zum anderen die von den erkennenden Senat verneinte Frage, ob eine im Vorbescheidsverfahren durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren ganz oder teilweise entbehrlich machen kann, obwohl der ergangene Vorbescheid nicht zugunsten des genehmigten Vorhabens zu wirken vermag.