Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.07.2021, Az.: 5 LA 124/20

aufgezwungene Teilzeit; Einstellungsteilzeit; Teilzeit; Teilzeitbeschäftigung; Zwangsteilzeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.07.2021
Aktenzeichen
5 LA 124/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70903
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 23.06.2020 - AZ: 3 A 217/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frage der Berücksichtigung von Zeiten einer Einstellungsteilzeit bei der Versorgungsfestsetzung

Tenor:

Auf den Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 23. Juni 2020 zugelassen.

Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen

5 LB 112/21

geführt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Festsetzung höherer Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung der Zeiten ihrer Teilzeitbeschäftigung im Zeitraum vom 14. August 1986 bis zum 31. Juli 1989 als ruhegehaltfähige Dienstzeit im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung.

Die am … 1958 geborene Klägerin stand - zuletzt im Amt einer Studiendirektorin (Besoldungsgruppe A 15) - im niedersächsischen Schuldienst und ist mit Ablauf des … 2018 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden.

Sie war nach erfolgreicher Absolvierung der einstufigen Lehrerausbildung (1977 bis 1983) zunächst als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis („Feuerwehrlehrkraft“) für zu vertretende Lehrkräfte an verschiedenen niedersächsischen Gymnasien tätig, und zwar in einem Umfang von 16/23 Stunden der regulären Unterrichtsverpflichtung. Im April 1986 bewarb sie sich um Einstellung in den niedersächsischen Schuldienst an Gymnasien. Seinerzeit wurden Lehrkräfte aufgrund der Arbeitsmarktsituation grundsätzlich nur dann neu eingestellt, wenn sie zu einer Herabsetzung ihrer Regelstundenzahl, also einer Teilzeitbeschäftigung, um mindestens ein Viertel bereit waren (sogenannte Einstellungsteilzeit); außerdem mussten sich Gymnasiallehrkräfte mit einer Absenkung ihres Grundgehalts auf die Besoldungsgruppe A 12 bereit erklären. Nach entsprechender Information stellte die Klägerin mit Datum vom 21. Juli 1986 den (Teilzeit-)Antrag, ihre Arbeitszeit vom Tag ihrer Einstellung an für den Zeitraum von 5 Jahren auf 17/23 Stunden zu ermäßigen. Daraufhin wurde sie mit Wirkung vom … 1986 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienassessorin (Besoldungsgruppe A 13) ernannt und ihr wurde ein Dienstposten am Gymnasium D. in E. übertragen. Gleichzeitig wurde ihr mitgeteilt, dass sie für die Dauer von vier Jahren das Grundgehalt aus der Besoldungsgruppe A 12 erhalten werde und dass auf ihren Antrag hin bis zum 31. Juli 1991 eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 17/23 Wochenstunden mit entsprechend reduzierten Bezügen bewilligt werde.

Die Absenkung des Grundgehalts der Klägerin endete letztlich schon im Dezember 1988, weil insoweit berücksichtigt wurde, dass ihr Gehalt bereits während ihrer Tätigkeit als „Feuerwehrlehrkraft“ abgesenkt worden war.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1989 wurde der Klägerin mitgeteilt, sie könne ihren Dienst bereits ab dem 1. August 1989 mit voller Regelstundenzahl antreten, weil bei ihr anrechenbare (Teilzeitbeschäftigungs-)Zeiten als angestellte Lehrkraft vorlägen. Sie werde um Mitteilung gebeten, ob sie hiervon Gebrauch machen wolle bzw. um Übersendung eines Antrags auf weitere Teilzeitbeschäftigung ersucht.

Die Klägerin stellte unter dem 4. Juli 1989 einen (Formular-)Antrag auf Teilzeitbeschäftigung für den Zeitraum vom 1. August 1989 bis zum 31. Juli 1991 im Umfang von 17 Stunden und kreuzte hierin an, der Antrag erfolge „aus Arbeitsmarktgründen nach § 80 a Abs. 1 Nr. 1 NBG“. Daraufhin wurde ihr für den betreffenden Zeitraum eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 17/22,5 Stunden - die Regelstundenzahl an Gymnasien war zwischenzeitlich um 0,5 Stunden herabgesetzt worden - bewilligt.

Seit dem . 1991 bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des … 2018 war die Klägerin durchgehend in Vollzeit beschäftigt.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 4. April 2018 setzte der Beklagte die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 1. April 2018 auf der Grundlage ihres letzten Amtes als Studiendirektorin (Besoldungsgruppe A 15) fest. Die Zeiten der Teilzeitbeschäftigung im Zeitraum vom 14. August 1986 bis zum 31. Juli 1989 wurden dabei lediglich im Umfang von 17/23 berücksichtigt.

Mit ihrem am 16. April 2018 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Zeiten vom 14. August 1986 bis zum 31. Juli 1989 müssten im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung berücksichtigt werden, weil seinerzeit eine Einstellung nur an eine Teilzeitbeschäftigung gekoppelt und mit der Absenkung auf die Besoldungsstufe A 12 möglich gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Richtig sei zwar, dass bei der Einstellung der Klägerin im Jahr 1986 eine Übernahme in das Beamtenverhältnis von der Beantragung einer Teilzeitbeschäftigung abhängig gemacht worden sei. Die dieser Praxis zugrunde liegende Norm des § 80 a des Niedersächsischen Beamtengesetzes alter Fassung (NBG a. F.) sei durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden; die entsprechende Dienstzeit sei daher grundsätzlich im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Dies gelte jedoch nicht, soweit der Beamte durch Erklärung oder in sonstiger Weise eindeutig den Willen geäußert habe, dass er auch im Fall einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätte. Ein solcher Fall sei anzunehmen, wenn der Beamte die Teilzeitbeschäftigung fortgesetzt habe.Im Falle der Klägerin sei ihrer Personalakte zu entnehmen, dass sie sowohl zeitlich vor der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe während ihrer Tätigkeit als angestellte Lehrkraft mit 16/23 Wochenstunden als auch nach Ablauf der aufgezwungenen Teilzeit mit 17/23 Wochenstunden in Teilzeit tätig gewesen sei. Aufgrund dieser Sachlage sei also davon auszugehen, dass auch ohne die vorgegebene Stundenreduzierung nach § 80 a NBG a. F. eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt worden wäre. Deshalb sei eine nachträgliche Berücksichtigung der aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung mit voller Stundenzahl ausgeschlossen.

Die Klägerin hat ihr Berücksichtigungsbegehren mittels am 16. Juli 2018 bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück erhobener Klage weiterverfolgt und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Sie habe zeitlich vor Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe erzwungenermaßen einen Teilzeitantrag gestellt, weil sie anderenfalls nicht eingestellt worden wäre. Daher greife Ziffer 2.3, Satz 1 des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Sport und der übrigen obersten Landesbehörden vom 10. September 1990 (Nds. MBl. 1990, S. 1121; im Folgenden: Gemeinsamer Runderlass1990) zu ihren Gunsten ein. Dieser Runderlass sei Folge des Umstandes, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 6. Juli 1989 (- BVewG 2 C 52.87 u. a. -, juris) auch in Bezug auf die niedersächsische Regelung zur Einstellungsteilzeit entschieden habe, dass die Ermäßigung der Arbeitszeit eines neu eingestellten Beamten aufgrund eines ihm abverlangten Antrags ohne die Möglichkeit zur Wahl der vollen Beschäftigung rechtswidrig sei. Im Falle einer Wahlmöglichkeit hätte die Klägerin zu Beginn ihres Beamtenverhältnisses keinen Teilzeitantrag gestellt.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus ihrem weiteren Teilzeitantrag für den Zeitraum vom 1. August 1989 bis 31. Juli 1991. Diesen Antrag habe sie nur gestellt, weil sie ansonsten nicht an ihrer damaligen Schule hätte bleiben können. Als ihr im Juni 1989 seitens des Dienstherrn mitgeteilt worden sei, dass sie aufgrund der Anrechnung ihrer Teilzeitbeschäftigung als angestellte Lehrkraft ab dem 1. August 1989 ihren Dienst mit voller Regelstundenzahl aufnehmen könne, habe sich die Situation an ihrer Schule, dem Gymnasium D. in E., so dargestellt, dass die Schülerzahlen rapide heruntergegangen seien. Eine Vollzeitbeschäftigung an dieser Schule wäre daher nach Rücksprache mit der Schulleitung nicht möglich gewesen. Weil auch der seinerzeitige Schulleiter die Klägerin als Lehrkraft habe behalten wollen, habe er ihr in Abstimmung mit dem Personalrat nahegelegt, auf die sofortige Umsetzung der Vollzeitbeschäftigung zu verzichten, weil dies größere Probleme bei der Personalplanung bedeutet hätte. Daher habe die Klägerin, obwohl sie lieber in Vollzeit tätig gewesen wäre, entschieden, „aus arbeitsmarktpolitischen Gründen“ eine Teilzeitbeschäftigung bis zum ursprünglich angesetzten Termin im Jahr 1991, nun allerdings in Höhe von 17/22,5 Stunden, zu beantragen. Seit dem Jahr 1991 bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand sei sie durchgehend in Vollzeit beschäftigt gewesen. Sie sei somit zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung keinesfalls an einer reduzierten Unterrichtsverpflichtung interessiert gewesen, sondern habe diese ausschließlich aufgrund der äußeren Umstände hingenommen, weil sie ansonsten nicht niedersächsische Landesbeamtin geworden wäre. Die Situation im Sommer 1989 habe sich indes grundlegend von der Situation im Sommer 1986 unterschieden, denn im Sommer 1989 sei die Klägerin bereits Beamtin gewesen und ihr sei als solche die Möglichkeit eröffnet worden, die Zwangsteilzeit vorzeitig zu beenden. Aus ihrer freiwilligen Entscheidung im Sommer 1989 könne kein Rückschluss auf die Situation im Sommer 1986 gezogen werden.

Mit Urteil vom 23. Juni 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Nach den maßgeblichen versorgungsrechtlichen Regelungen dürften Zeiten mit einer geringeren als der regelmäßigen Arbeitszeit nur zu dem Teil als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, der dem Verhältnis der tatsächlichen zur regelmäßigen Arbeitszeit entspreche. Dem habe der Beklagte in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitraum in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.

Zwar regele Ziffer 2.3, Satz 1 des Gemeinsamen Runderlasses1990, dass Dienstzeiten auf Grund einer Verfügung über die Ermäßigung der Arbeitszeit im Sinne der Ziffer 1 im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu berücksichtigen seien, unabhängig davon, ob die Verfügung Bestandskraft erlangt habe oder nicht. Dies gelte jedoch nach Ziffer 2.3, Satz 3 des Gemeinsamen Runderlasses1990 nicht, soweit die Beamten oder Richter durch Erklärung oder in sonstiger Weise eindeutig den Willen geäußert hätten, dass sie auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätten; ein solcher Fall sei anzunehmen, wenn Beamte oder Richter Anträge auf Teilzeitbeschäftigung mit weniger als drei Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit gestellt hätten oder die Teilzeitbeschäftigung fortsetzten. In Anwendung dieser Bestimmungen seien die in Rede stehenden Zeiten zu Recht nicht berücksichtigt worden.

Rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Gemeinsamen Runderlasses1990 bestünden nicht. Er beinhalte nachvollziehbare und ermessensgerechte Kriterien, anhand derer man die ungeachtet der früheren Rechtslage freiwillig in Teilzeit arbeitenden Beamten und Richter „herausfiltere“ und den übrigen freiwillig in Teilzeit tätigen Beamten und Richtern gleichstelle. Dementsprechend könne dieser Erlass in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch darauf begründen, dass Zeiträume einer aufgezwungenen Teilzeit im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt würden.

Aus Ziffer 2.3, Satz 3, 2. Halbsatz des Gemeinsamen Runderlassens1990 ergebe sich jedoch, dass im Falle der Klägerin ein entsprechender Anspruch ausscheide. Beide Alternativen des 2. Halbsatzes des Satzes 2 seien erfüllt. Die erste Alternative des Halbsatzes 2 - „wenn der Beamte oder Richter Anträge auf Teilzeitbeschäftigung mit weniger als drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit gestellt hat“ - beziehe sich auf den Umfang der Zwangsteilzeit. Insoweit habe die Klägerin unstreitig einen Arbeitsumfang von weniger als 75 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit - nämlich 73,91 Prozent (17 Stunden : 23 Stunden = 0,7391) - geleistet. Die zweite Alternative des Halbsatzes 2 - „oder die Teilzeitbeschäftigung fortsetzen“ - beziehe sich auf die fortgesetzte Teilzeittätigkeit; insofern sei kein Mindest- oder Maximalumfang gefordert, so dass die Beschäftigungsquote von 75,56 Prozent (17 : 22,5 Stunden = 0,7556) dem Eingreifen der zweiten Alternative nicht entgegenstehe. Selbst wenn man jedoch auch für die zweite Alternative eine Grenze von 75 Prozent forderte bzw. verlangte, dass die Teilzeitbeschäftigung unverändert fortgesetzt werden müsse, führe dies - insoweit selbständig tragend - zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin habe die Grenze von 75 Prozent zwar ab dem 1. August 1989 unstreitig überschritten. Der Teilzeitzähler habe sich jedoch nicht aufgrund eines entsprechenden Antrags der Klägerin, mit dem sie ihre bisherige wöchentliche Unterrichtsverpflichtung von 17 Stunden erhöht hätte, vergrößert. Die Vergrößerung habe lediglich darauf basiert, dass die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer um 0,5 Stunden verringert und der Teilzeitzähler dadurch „verschoben“ worden sei. Die Klägerin habe keinen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in geändertem Umfang gestellt, sondern ihr Arbeitskraftanteil habe sich lediglich rechnerisch erhöht. Dieser Fall sei mit einer bewussten Entscheidung für die Ableistung einer höheren Stundenzahl, von der der Gemeinsame Runderlass erkennbar ausgehe, nicht vergleichbar.

Die Motivlage der Klägerin für ihren weiteren Teilzeitantrag sei angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gemeinsamen Runderlasses1990 unerheblich.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat Erfolg. Der von ihr geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) greift durch.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung
auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen der Klägerin zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für die Berechnung der Ruhegehaltsbezüge der Klägerin ist § 4 Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes (NBeamtVG) in der zum Zeitpunkt ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2018 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2016. Danach wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der
ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Die ruhegehaltfähige Dienstzeit ist regelmäßig nur die im Beamtenverhältnis verbrachte Dienstzeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG); dabei gilt der Grundsatz, dass Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur zu dem Teil ruhegehaltfähig sind, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht (§ 6 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz NBeamtVG).

Dieser Grundsatz erfährt jedoch nach Ziffer 2.3, Satz 1 des Gemeinsamen Runderlasses1990 (bzw. nach Ziffer 2., Satz 1 des im Wesentlichen gleichlautenden Gemeinsamen Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Finanzen, des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport und des Kultusministeriums vom 28.11.2007 [Nds. MBl. 2007, 1764]; im Folgenden: Gemeinsamer Runderlass2007) in Fällen der „aufgezwungenen“ Teilzeit, also der Einstellungsteilzeit nach § 80 a bzw. c NBG a. F., eine Durchbrechung. Diese Runderlasse tragen dem Umstand Rechnung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 80 a NBG a. F. und entsprechenden Vorschriften anderer Länder (vgl. Urteile vom 6.7.1989 - BVerwG 2 C 52.87, BVerwG 2 C 14.88 und BVerwG 2 C 30.88 -, juris) die Ermäßigung der Arbeitszeit eines neu eingestellten Beamten aufgrund eines ihm abverlangten Antrags ohne die Möglichkeit zur Wahl der vollen Beschäftigung rechtswidrig ist und dass das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift des § 80 c NBG a. F. für mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und nichtig erklärt hat (BVerfG, Beschluss vom 19.7.22007 - 2 BvF 3/02 -, juris). Daher regelt Ziffer 2.3, Satz 1 des Gemeinsamen Runderlasses1990 (bzw. Ziffer 2., Satz 1 des Gemeinsamen Runderlasses2007), dass Dienstzeiten aufgrund einer Verfügung über die Ermäßigung der Arbeitszeit gemäß § 80 a bzw. c NBG a. F. im Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu berücksichtigen sind, unabhängig davon, ob die Verfügung Bestandskraft erlangt hat oder nicht.

Diese Ausnahme gilt jedoch nach Ziffer 2.3, Satz 3 des Gemeinsamen Runderlasses1990 (bzw. nach Ziffer 2., Satz 2 des Gemeinsamen Runderlasses2007) nicht - mit der Folge, dass wiederum der Regelfall des § 6 Abs. 1 Satz 3 NBeamtVG eingreift, die Teilzeitbeschäftigung also nur zu dem Teil ruhegehaltfähig ist, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht -, soweit die Beamten oder Richter durch Erklärung oder in sonstiger Weise eindeutig den Willen geäußert haben, dass sie auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätten; ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn Beamte oder Richter Anträge auf Teilzeitbeschäftigung mit weniger als drei Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit gestellt oder die Teilzeitbeschäftigung fortgesetzt haben.

Die Beteiligten streiten hier über die Frage, ob eine solche „Rückausnahme“ vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat Ziffer 2.3, Satz 3 des Gemeinsamen Runderlasses1990 (bzw. Ziffer 2., Satz 2 des Gemeinsamen Runderlasses2007) dahingehend ausgelegt, dass allein der Umstand der Stellung eines weiteren Teilzeitantrags bei der ersten Möglichkeit, die „Zwangsteilzeit“ zu beenden, ausreicht, um hieraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Klägerin seinerzeit - also im Sommer 1986 - auch im Falle einer Wahlmöglichkeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt hätte; die Motivlage für die Stellung des zweiten Teilzeitantrags sei unbeachtlich. Dieser Feststellung ist die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen (Zulassungsbegründung - ZB - vom 20.8.2020, S. 6, 9 [Bl. 98, 101/Gerichtsakte - GA -]); ergänzende ZB vom 17.3.2021 [Bl. 109 bis 111/GA]) substantiiert im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entgegengetreten.

Sie hat geltend gemacht, dass sich - unterstellt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermutungsregelung der Ziffer 2.3, Satz 3, 2. Halbsatz des Gemeinsamen Runderlasses1990 (bzw. der Ziffer 2. Satz 2, 2. Halbsatz des Gemeinsamen Runderlasses2007) lägen vor - eine Vermutungsregelung auch widerlegen lassen müsse und dass insoweit sehr wohl die Motivlage zum Zeitpunkt der Stellung des weiteren Teilzeitbeschäftigungsantrags bedeutsam sei, denn aus dieser könne sich - wie hier - ergeben, dass von der freiwilligen Beantragung einer Teilzeitbeschäftigung mit dem Ziel, an der Stammschule zu verbleiben, nicht auf die Freiwilligkeit auch des ersten Teilzeitbeschäftigungsantrags geschlossen werden könne. Die Klägerin hat zur weiteren Stützung dieser Sichtweise in ihrer ergänzenden Zulassungsbegründung vom 17. März 2021 auf das - in Rechtskraft erwachsene - Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. Oktober 2020 (- 13 A 5367/18 -, juris) verwiesen, wonach es sich bei dem Umstand der Beantragung einer weiteren Teilzeitbeschäftigung nur um ein Indiz (dafür, dass auch der zuvor gestellte Teilzeitantrag freiwillig erfolgt ist) handelt, welches im Einzelfall auch widerlegbar sei (a. a. O., Rn. 21). Es sei durchaus denkbar, dass ein Beamter, der ursprünglich nur zwangsweise in Teilzeit gearbeitet hat, seine Teilzeittätigkeit aufgrund neu eingetretener, privater Lebensumstände nach Auslaufen der Zwangsteilzeit freiwillig fortgesetzt habe; lege der Beamte in einem solchen Fall seinen erst aufgrund veränderter Lebensumstände neu entstandenen Willen, in Teilzeit zu arbeiten, überzeugend und glaubhaft dar, könne aus der bloßen Fortsetzung der Teilzeittätigkeit nicht geschlossen werden, dass er auch zeitlich vor Eintritt der veränderten Lebensumstände freiwillig in Teilzeit gearbeitet hätte; die durch die Fortsetzung der Teilzeittätigkeit grundsätzlich begründete Indizwirkung sei in einem solchen Fall widerlegt (a. a. O., Rn. 21). Diese Erwägungen, ebenso wie deren Übertragbarkeit auf den Streitfall, sind nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen und lassen den Erfolg der erstrebten Berufung jedenfalls als offen erscheinen, was für die Bejahung ernstlicher Richtigkeitszweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausreicht. Für eine Widerlegung der Indizwirkung ließe sich bei einer Gesamtwürdigung der Umstände zudem anführen, dass die Klägerin seit dem Jahr 1991 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand durchgehend in Vollzeit tätig war.

Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 20. April 2021 den Vortrag der Klägerin, er bringe die vom Verwaltungsgericht Hannover in jener Entscheidung entwickelten Grundsätze nunmehr zur Anwendung (so ergänzende ZB vom 17.3.2021, S. 2 [Bl. 110/GA]), bestätigt. Ob die vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 20. April 2021 zum Ausdruck gebrachte Position zutrifft, es sei danach zu differenzieren, ob nach Auslaufen der Einstellungsteilzeit eine neue private/gesundheitliche oder „nur“ eine neue dienstliche/schulorganisatorische Situation eingetreten sei mit der Folge, dass lediglich bei einer freiwilligen Fortsetzung der Teilzeittätigkeit aufgrund neu eingetretenen privater/gesundheitlicher Lebensumstände (wie der bevorstehenden Geburt eines Kindes oder dem Erleiden von Fehlgeburten) die Vermutungsregelung widerlegt sei, nicht jedoch bei einer freiwilligen Fortsetzung der Teilzeittätigkeit aus dienstlichen/schulorganisatorischen Gründen, ist zweifelhaft, bleibt aber letztlich der vertiefenden Prüfung im Berufungsverfahren vorbehalten.

2. Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO). Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).