Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.07.2021, Az.: 4 LA 263/20

Befreiungsanspruch; Inanspruchnahme, doppelt; Nebenwohnung; Zweitwohnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.07.2021
Aktenzeichen
4 LA 263/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70900
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.10.2020 - AZ: 7 A 2635/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht hat nach Maßgabe des Urteilstenors Nr. 2 Satz 1 der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 derjenige, der als Inhaber einer Haupt- und einer Nebenwohnung für die Hauptwohnung zur Leistung des Rundfunkbeitrags herangezogen wird, d. h. auf Zahlung des Beitrags für diese Wohnung in Anspruch genommen wird und den Rundfunkbeitrag hierfür selbst entrichtet, so dass die Heranziehung zu einem Rundfunkbeitrag für die Zweitwohnung eine doppelte Inanspruchnahme nach sich zöge (ebenso Bay. VGH, Urt. v. 22.4.2021 - 7 BV 20.206 -, juris Rn. 17 ff.; ferner Sächs. OVG, Urt. v. 5.5.2021 - 5 A 376/20 -, juris Rn. 29 ff.).

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 7. Kammer - vom 12. Oktober 2020 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 857,50 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Denn die von ihm geltend gemachten Berufungszulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) sind nicht gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Befreiung von der Rundfunkbetragspflicht für seine Nebenwohnung unter der Adresse „C.“ abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage habe, soweit der Beklagte den Kläger ab dem 1. Februar 2020 von der Rundfunkbeitragspflicht befreit habe. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2020 ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17 -. Ein Anspruch auf Befreiung für einen vor dem Tag der Verkündung des Urteils am 18. Juli 2018 liegenden Zeitraum bestehe nach Nr. 2 Satz 2 des Urteilstenors auf Antrag nur unter der Voraussetzung, dass über einen Rechtsbehelf gegen einen Festsetzungsbescheid noch nicht abschließend entschieden worden sei, und lediglich beschränkt auf den Zeitraum, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids sei. Diese Voraussetzungen seien für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 30. Juni 2018 mangels angegriffenem Festsetzungsbescheid nicht erfüllt. Im Übrigen sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die Feststellung der Unvereinbarkeit der Belastung von Zweitwohnungsinhabern mit der Verfassung die Annahme maßgeblich, dass ein Beitragsschuldner zur Abschöpfung desselben Vorteils nicht mehrfach herangezogen werden dürfe, da das Rundfunkangebot von einer Person auch in mehreren Wohnungen nur einmal genutzt werden könne. Gemessen hieran sei die Heranziehung des Klägers zum Rundfunkbeitrag für die Zweitwohnung rechtmäßig, denn er sei weder zum Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung herangezogen worden noch habe er für eine andere Wohnung in dem streitigen Zeitraum Rundfunkbeiträge entrichtet. Durch die Heranziehung seiner Lebensgefährtin für die Hauptwohnung sei der Vorteil nicht auch für die Zweitwohnung abgegolten. Schließlich könne der Kläger den geltend gemachten Anspruch auch nicht mit Erfolg auf § 4a Abs. 1 RBStV stützen, da er in dem noch streitigen Zeitraum nicht in einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt habe.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Bundesverfassungsgericht hat durch sein Urteil vom 18. Juli 2018 (- 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 u. 1 BvR 189/17 -, u.a. in juris veröffentlicht) festgestellt, dass die Zustimmungsgesetze und Zustimmungsbeschlüsse der Länder zu Artikel 1 des Fünfzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. Dezember 2010, soweit sie § 2 Absatz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags in Landesrecht überführen, mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar sind, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden (Urteilstenor Nr. 1). Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das bisherige Rundfunkbeitragsrecht bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber mit der Maßgabe weiterhin anwendbar ist, dass ab dem Tag der Verkündung des Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 RBStV nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien sind (Urteilstenor Nr. 2 Satz 1). Ist über Rechtsbehelfe noch nicht abschließend entschieden, kann nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein solcher Antrag rückwirkend für den Zeitraum gestellt werden, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids ist (Urteilstenor Nr. 2 Satz 2). Die Gesetzgeber sind verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen (Urteilstenor Nr. 3).

Gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG sind die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden an diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG umfasst den Entscheidungsausspruch und die ihn tragenden Entscheidungsgründe, soweit diese Ausführungen zur Auslegung der Verfassung enthalten (BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 9.3.2000 - 2 BvL 9/97 -, juris Rn. 45; Beschl. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 -, juris Rn. 60). Auch Übergangsregelungen und Rechtsfolgen-anordnungen, die ergehen, um der getroffenen Sachentscheidung Geltung zu verschaffen und das vom Bundesverfassungsgericht gefundene Recht zu verwirklichen, binden in den Grenzen des Tenors und der ihn tragenden Entscheidungsgründe (BVerfG, Beschl. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 -, juris Rn. 60; vgl. ferner Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: Juli 2020, § 31 Rn. 86). Zudem hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG Gesetzeskraft, wenn es – wie hier – gemäß § 13 Nr. 8a BVerfGG über Verfassungsbeschwerden nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b des Grundgesetzes entscheidet und ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Die Gesetzeskraft erstreckt sich – anders als die Bindungswirkung gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG – nur auf den Entscheidungstenor, die Gründe der Entscheidung können insoweit aber zur Auslegung des in Gesetzeskraft erwachsenen Tenors herangezogen werden (BVerfG, Beschl. v. 27.6.2014 - 2 BvR 429/12 -, juris Rn. 18; Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: Juli 2020, § 31 Rn. 162). Ordnet das Bundesverfassungsgericht – wie hier – die Fortgeltung der verfassungswidrigen Norm für einen Übergangszeitraum oder anderweitige Übergangsregelungen an, so besitzen diese ebenfalls Gesetzeskraft (Walter/Grünewald, BVerfGG, Stand 1.1.2021, § 31 Rn. 50; a. A. für auf der Grundlage von § 35 BVerfGG erlassene Übergangsregelungen Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: Juli 2020, § 31 Rn. 86, 248). Die Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts ist in den Fällen, in denen sie Gesetzeskraft hat, durch das Bundesministerium der Justiz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen (§ 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG). Von dem Tenor des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 sind die Nrn. 1 bis 3 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. I 2018, Nr. 31, S. 1349). In diesem Umfang hat die Entscheidungsformel somit sowohl Bindungswirkung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG als auch Gesetzeskraft gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG (ebenso Bay. VGH, Beschl. v. 30.4.2020 - 7 ZB 20.42 -, juris Rn. 9).

Nach dem Wortlaut des bindenden und in Gesetzeskraft erwachsenen Urteilstenors Nr. 2 Satz 2 ist – wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt – Voraussetzung für einen rückwirkenden, d. h. über den Tag der Verkündung des Urteils am 18. Juli 2018 hinausgehenden Antrag auf Befreiung von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen, dass über einen Rechtsbehelf hinsichtlich eines Zeitraums, der Gegenstand des angegriffenen Festsetzungsbescheids ist, noch nicht abschließend entschieden worden ist. In Entsprechung hierzu hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Voraussetzung für eine rückwirkende Befreiung des Klägers von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 30. Juni 2018 nicht erfüllt ist, da es einen Festsetzungsbescheid, der einen vor dem 18. Juli 2018 liegenden Zeitraum betrifft und den der Kläger mit einem Rechtsbehelf angegriffen hat, nicht gibt. Der Einwand des Klägers mit seinem Zulassungsantrag, das Verwaltungsgericht habe verkannt, „dass der Inhalt des Leitsatzes der verfassungsgerichtlichen Entscheidung unter Ziffer 2. Satz 2 nicht Voraussetzung für die Antragsberechtigung des Satzes 1 ist“, ist unzutreffend. Denn das Verwaltungsgericht hat die nach dem Urteilstenor Nr. 2 Satz 2 für eine rückwirkende Befreiung erforderlichen Voraussetzungen nur in diesem Zusammenhang geprüft und nicht auf eine Beitragsbefreiung nach Maßgabe der Nr. 2 Satz 1 des Urteilstenors ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils am 18. Juli 2018 bis zum Erlass einer Neuregelung übertragen.

Ob – wie der Antragsteller mit seinem Zulassungsantrag sinngemäß ebenfalls geltend gemacht hat – eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für vor dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts liegende Zeiträume entgegen dem Wortlaut des Urteilstenors Nr. 2 Satz 2 auch dann in Betracht kommt, wenn der Rundfunkbeitrag für die weitere Wohnung für diesen Zeitraum noch nicht entrichtet worden ist, ein Festsetzungsbescheid gegen den säumigen Beitragsschuldner auf der Grundlage von § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV aber nicht ergangen ist und dieser demzufolge einen Rechtsbehelf hiergegen nicht hat anhängig machen können (so VG Leipzig, Urt. v. 4.6.2020 - 1 K 29/20 -, juris Rn 20), kann vorliegend dahinstehen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2020 nach Maßgabe der im Urteilstenor Nr. 2 Satz 1 genannten Voraussetzungen.

Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch auf Befreiung des Klägers von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 nämlich „im Übrigen“ zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum weder für seine Hauptwohnung zu einem Rundfunkbeitrag herangezogen worden ist noch für eine andere Wohnung Rundfunkbeiträge entrichtet hat, und durch die Heranziehung seiner Lebensgefährtin für die Hauptwohnung in diesem Zeitraum der Vorteil für die Zweitwohnung nicht abgegolten ist (Urteilsabdruck, S. 4 ff.). Der Senat stellt insoweit klar, dass dies sowohl für den vor der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 als auch den danach liegenden Teil des hier noch streitigen Zeitraums vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2020 gilt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach dem Urteilstenor Nr. 2 Satz 1 sind ab dem Tag der Verkündung des Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Absatz 1 und 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Unter den im Urteilstenor Nr. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Befreiung für vor dem Zeitpunkt der Verkündung liegende Zeiträume. Sowohl für vor als auch nach dem Zeitraum der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts liegende Zeiträume ist demnach Voraussetzung für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht, dass die Person ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und 3 RBStV für die Hauptwohnung „nachkommt“. Dieser Begriff wird weder vom Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungsgründen näher erläutert noch findet er im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag Verwendung. Der Wortsinn legt nahe, dass der Beitragsschuldner seiner Rundfunkbeitragspflicht „nachkommt“, wenn auf seine Beitragsschuld mit befreiender Wirkung geleistet wird und diese durch Zahlung erfüllt wird. Maßgeblich ist dabei, als wessen Leistung sich die Zahlung der Rundfunkbeiträge bei objektivierter Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers darstellt (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 10.3.2021 - 1 LA 336/20 -, juris Rn. 5; vorgehend VG Bremen, Urt. v. 18.9.2020 - 2 K 1828/18 -, juris Rn. 24; ferner Sächs. OVG, Urt. v. 5.5.2021 - 5 A 376/20 -, juris Rn. 38). Eine Leistung des Beitragspflichtigen auf seine Schuld in diesem Sinn liegt aber nicht vor, wenn dieser neben anderen für eine Wohnung rundfunkbeitragspflichtig ist und ein anderer Beitragspflichtiger den Rundfunkbeitrag zur Erfüllung der ihn selbst treffenden Beitragspflicht zahlt. Mehrere Beitragsschuldner haften zwar gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 RBStV als Gesamtschuldner entsprechend § 44 der Abgabenordnung mit der Folge, dass die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 AO). Die befreiende Wirkung für die übrigen Schuldner durch die Leistung des anderen Gesamtschuldners tritt aber ein, ohne dass die übrigen Schuldner selbst leisten.

Für die vorgenannte Auslegung des Urteilstenors, dass der Beitragsschuldner seiner Beitragspflicht für die (Haupt-) Wohnung nicht bereits dann „nachkommt“, wenn ein für diese Wohnung ebenfalls rundfunkbeitragspflichtiger Dritter als Gesamtschuldner den Rundfunkbeitrag auf die ihn treffende Schuld leistet, sprechen auch die Gründe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018. Das Bundesverfassungsgericht hat den Verstoß der Erhebung eines Beitrags für Zweitwohnungen nach den seinerzeit geltenden Bestimmungen gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit damit begründet, dass Zweitwohnungsinhaber für denselben Vorteil doppelt herangezogen werden. Der mit der Erhebung des Rundfunkbeitrags abgegoltene Vorteil ist personenbezogen in dem Sinne, dass es auf denjenigen Vorteil aus dem Rundfunkempfang ankommt, den die Beitragspflichtigen selbst und unmittelbar ziehen können. Das Rundfunkangebot kann aber von einer Person auch in mehreren Wohnungen zur gleichen Zeit nur einmal genutzt werden. Mit der Heranziehung einer Person in der Erstwohnung ist dieser Vorteil abgeschöpft, und es kommt insoweit eine erneute Heranziehung einer Zweitwohnung nicht in Betracht (BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 u. 1 BvR 189/17 -, juris Rn. 107; Hervorhebungen durch den Senat).

Auch wenn nach der missverständlichen Formulierung in den Entscheidungsgründen eine „erneute Heranziehung einer Zweitwohnung“ nicht in Betracht kommt und das Bundesverfassungsgericht – wie von dem Kläger mit seinem Zulassungsantrag vorgebracht – betont, dass die Bemessung des Rundfunkbeitrags insoweit zu beanstanden ist, als ein Rundfunkbeitrag auch für die Inhaberschaft von Zweitwohnungen erhoben wird, die Rundfunkbeitragspflicht an die Inhaberschaft einer Wohnung anknüpft und nach der Entscheidung des Gesetzgebers die Beitragspflicht wohnungs- und nicht personenbezogen erhoben wird (BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 u. 1 BvR 189/17 -, juris Rn. 73, 87 und 107; Hervorhebungen durch den Senat), folgt hieraus nicht, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Beitragsschuldner von der Rundfunkbeitragspflicht für die Zweitwohnung bereits dann zu befreien ist, wenn der Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung durch einen anderen Gesamtschuldner entrichtet wird. Einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht hat nach Maßgabe des Urteilstenors Nr. 2 Satz 1 der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 vielmehr nur derjenige, der als Inhaber einer Haupt- und einer Nebenwohnung für die Hauptwohnung zur Leistung des Rundfunkbeitrags herangezogen wird, d. h. auf Zahlung des Beitrags für diese Wohnung in Anspruch genommen wird und den Rundfunkbeitrag hierfür selbst entrichtet, so dass die Heranziehung zu einem Rundfunkbeitrag für die Zweitwohnung eine doppelte Inanspruchnahme nach sich zöge (ebenso Bay. VGH, Urt. v. 22.4.2021 - 7 BV 20.206 -, juris Rn. 17 ff.; ferner Sächs. OVG, Urt. v. 5.5.2021 - 5 A 376/20 -, juris Rn. 29 ff.). Denn das Bundesverfassungsgericht hat in den Entscheidungsgründen ebenfalls deutlich gemacht, dass die Inhaberschaft der Wohnung lediglich der gesetzliche Anknüpfungspunkt zur typisierenden Erfassung der dem Individuum grundsätzlich flächendeckend bereitgestellten Möglichkeit des privaten Rundfunkempfangs ist und der Rundfunkbeitrag für einen personen- und nicht wohnungsbezogenen Vorteil erhoben wird (BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 u. 1 BvR 189/17 -, juris Rn. 107; Hervorhebungen durch den Senat). Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die Landesgesetzgeber bei einer Neuregelung für solche Zweitwohnungsinhaber von einer Befreiung absehen können, die die Entrichtung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachweisen; die Gesetzgeber dürften aber von derselben Person auf keinen Fall Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Betrags hinaus verlangen (BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 u. 1 BvR 189/17 -, juris Rn. 111; Hervorhebungen durch den Senat). Das Bundesverfassungsgericht hat damit erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Verfassungswidrigkeit in der doppelten Heranziehung für einen personenbezogenen Vorteil liegt, der sich durch die Anzahl der Wohnungen, die ein Beitragsschuldner innehat, nicht erhöht, mit der Folge, dass der Beitragsschuldner, der mehrere Wohnungen innehat, nicht mehr als den vollen Rundfunkbeitrag zahlen darf. Insoweit stellt das Bundesverfassungsgericht auf Zahlungen durch den Beitragsschuldner selbst ab.

Für die hier befürwortete Auslegung des Urteilstenors Nr. 2 Satz 1 spricht zudem, dass die nach dem Urteilstenor Nr. 3 bis zum 30. Juni 2020 zu treffende, hier zum 1. Juni 2020 in Kraft getretene Neuregelung nach § 4a RBStV zur Befreiung von der Beitragspflicht für Nebenwohnungen ebenfalls darauf abstellt, ob der Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung durch den Beitragsschuldner selbst „entrichtet“ wird (§ 4a Abs. 1 Satz 1 1. Var. RBStV). In der Gesetzesbegründung zu § 4a RBStV heißt es dazu, dass der Rundfunkbeitrag von derjenigen Person entrichtet wird, auf deren Rechnung im Außenverhältnis die Rundfunkbeitragszahlungen an die zuständige Landesrundfunkanstalt erfolgen. Es kommt danach nicht maßgeblich darauf an, wer die Rundfunkbeiträge faktisch zahlt bzw. von wessen Bankkonto die Rundfunkbeiträge überwiesen oder abgebucht werden. Ebenso wenig kommt es nach der Gesetzesbegründung darauf an, ob im Innenverhältnis zwischen Wohnungsinhabern Ausgleichsansprüche bestehen (vgl. LT-Drs. 18/5443, S. 13). Dieses Verständnis ist auch für die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 18. Juli 2018 getroffene Übergangsregelung zugrunde zu legen.

Da nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, gegen die der Kläger durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben hat und die deshalb für den Senat im Zulassungsverfahren bindend sind, in dem Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2020 seine Lebensgefährtin für die Hauptwohnung „D. A-Stadt“ zu Rundfunkbeiträgen herangezogen worden ist und somit nicht der Kläger die Rundfunkbeiträge für die Hauptwohnung geleistet bzw. entrichtet hat, hat dieser keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung in diesem Zeitraum.

Die Berufung ist schließlich nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 hat bis zum Inkrafttreten der Regelung des § 4a RBStV – wie aufgezeigt – einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV für eine weitere Wohnung nur derjenige, der bereits als Inhaber einer Hauptwohnung den Rundfunkbeitrag für diese selbst entrichtet hat. Hiervon ist das Verwaltungsgericht durch seine Entscheidung nicht abgewichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 47 Abs. 1 und 3 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert ist nach § 52 Abs. 1 GKG zu bemessen, da die vom Kläger verfolgte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht weder eine mit seiner Klage bezifferte Geldleistung noch einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt im Sinne von § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG betrifft. Für das vom Kläger angestrebte Rechtsmittelverfahren legt der Senat zur Bemessung der sich für ihn ergebenden Bedeutung der Sache den noch streitigen Zeitraum zugrunde, für den er eine Rundfunkbeitragsbefreiung begehrt. Er hat mit seinem Zulassungsantrag geltend gemacht, dass in dem Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2020 (49 Monate) die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht vorgelegen hätten und das Verwaltungsgericht für diesen Zeitraum die Klage zu Unrecht abgewiesen habe. Bei einem monatlichen Rundfunkbeitrag von 17,50 EUR wäre der Kläger bei Erfolg des von ihm angestrebten Rechtsmittels von Rundfunkbeiträgen in Höhe von 857,50 EUR befreit worden, so dass sich in dieser Höhe der Streitwert für das Zulassungsverfahren ergibt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).