Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.06.2024, Az.: 14 LB 107/23

Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine Regelung in der Allgemeinverfügung zur Anordnung einer Sperrstunde für Restaurationsbetriebe als Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung der Corona-Pandemie

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.06.2024
Aktenzeichen
14 LB 107/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 16844
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0619.14LB107.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 08.03.2022 - AZ: 3 A 175/20

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet selbst bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, um die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Rechtsschutzinteresse bereits im Eilverfahren befriedigt worden ist.

  2. 2.

    Bei der Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständliche Regelung einen legitimen Zweck verfolgt und hierzu geeignet, erforderlich und angemessen ist, kommt der Exekutive und auch der eine Allgemeinverfügung erlassenden Behörde ein Einschätzungsspielraum zu.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 8. März 2022 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich (mittlerweile) im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine Regelung in der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Beklagten, mit der für Restaurationsbetriebe eine Schließzeit in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr des Folgetages für den Publikumsverkehr angeordnet wurde.

Der Kläger ist Inhaber und Betreiber eines sog. G. in der Innenstadt der Beklagten. Im hier relevanten Zeitraum Oktober/November 2020 waren für die Gaststätte die Öffnungszeiten dienstags, mittwochs und donnerstags von 18:00 Uhr bis 1:00 Uhr des Folgetags und freitags und samstags sowie vor Feiertagen von 18:00 Uhr bis 3:00 des Folgetags vorgesehen.

Am 21. Oktober 2020 stellte die Beklagte durch ihre "24. Infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung zur Feststellung der Zahl der Neuinfizierten der Atemwegserkrankung ,Covid-19' durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 im Verhältnis zur Bevölkerung auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" fest, dass am 21. Oktober 2020 die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 50 oder mehr Fälle je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen betrug. In ihrer am selben Tag veröffentlichten "25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung der Atemwegerkrankung ,Covid-19' durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" ordnete die Beklagte sodann unter den Ziffern 2 und 3 an:

"2. Restaurationsbetriebe im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes, insbesondere Restaurants, Freiluftgastronomie, Bars, Imbisse oder Cafés, allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen, einer Mensa oder einer Kantine, sind in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages für den Publikumsverkehr zu schließen. Von dieser Sperrzeit ausgenommen sind Liefer- und Abholdienste.

3. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach Ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben und tritt mit Ablauf des 10.11.2020 außer Kraft. Eine Verlängerung oder Verkürzung bleibt vorbehalten."

Zur Begründung dieser Regelung führte die Beklagte aus:

"Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Danach kann die örtlich zuständige Behörde weitergehende Anordnungen treffen, soweit es im Interesse des Gesundheitsschutzes zwingend erforderlich ist. Die Stadt A-Stadt ist die für den Erlass von notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten im Rahmen weitergehender Anordnungen sachlich und örtlich zuständige Behörde (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NGöGD).

Die Voraussetzungen des § 18 S.1 Nds. Corona-Verordnung sind vorliegend erfüllt. Die gesundheitsamtlich ermittelte Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Gebiet der Stadt A-Stadt im hier maßgeblichen Referenzzeitraum von sieben Tagen beläuft sich nach Stand vom 21. Oktober 2020 auf 55,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Allgemeinverfügung ist von einem weiteren Anstieg der COVID-19 Fälle auszugehen. Die gemeldeten Fälle treten im Stadtgebiet verteilt auf. Sie betreffen nicht lediglich einzelne Einrichtungen, Betriebe oder sonstige abgrenzbare Teilbereiche des öffentlichen Lebens und sind auch nicht nur auf einzelne Stadtteile beschränkt. Durch den drastischen Anstieg der Infektionszahlen auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung bzw. Verlangsamung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden.

Durch diese Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt werden weitergehende Maßnahmen getroffen. Die angeordneten Schutzmaßnahmen sind geeignet, um einer weiteren flächendeckenden Ausbreitung und der damit einhergehenden Gefahr zahlreicher schwerer, ggf. auch tödlicher, Krankheitsverläufe und einer möglichen Überlastung des Gesundheitssystems wirksam vorzubeugen und entgegenzuwirken.

(...)

Zu Ziffer 2:

Als weitere Maßnahme sieht sich die Stadt A-Stadt veranlasst, soziale Kontakte und Zusammenkünfte größerer Personengruppen in Restaurationsbetrieben im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes, insbesondere Restaurants, Freiluftgastronomie, Bars, Imbisse oder Cafés, zu reduzieren. Die sozialen Kontakte und Zusammenkünfte größerer Personengruppen in diesen Restaurationsbetrieben sind insbesondere zu den späteren Abendstunden von großer Geselligkeit geprägt, die allgemein bekanntlich unter Alkoholeinfluss steigt. Mit steigendem Alkoholpegel sinkt zudem die Befolgung der notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln. Um den damit einhergehenden Gefahren der weiteren unkontrollierten Ausbreitung des SARS CoV -2-Virus zu begegnen, wird die Schließung dieser Restaurationsbetriebe für den Publikumsverkehr in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages verfügt ("Sperrstunde"). Diese Maßnahme ist geeignet, um soziale Kontakte und Zusammenkünfte im Bereich der Gastronomie nach 23 Uhr zu vermeiden. Die Sperrstunde gilt nicht für Liefer- und Abholdienste, da beim Ausliefern von Speisen oder bei Abholung durch den Kunden durch geeignete Schutzvorkehrungen, wie zum Beispiel bargeldlose Bezahlung und Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Infektionsrisiko ausreichend reduziert werden kann und soziale Kontakte und Zusammenkünfte hier nicht im Mittelpunkt stehen. Die Ausnahme der Liefer- und Abholdienste von der verfügten Sperrzeit ist deshalb zugunsten der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit gastronomischen Angeboten vertretbar.

Es ist damit zu rechnen, dass ohne das Ergreifen dieser Maßnahmen kurzfristig eine neue Eskalationsstufe der Pandemiebewältigung eintreten wird. Es wird dann nicht mehr ausreichen, die Ansteckungen zurückzuverfolgen und alle betroffenen Personen unter Quarantäne zu stellen oder punktuelle Maßnahmen zu ergreifen. Die Ansteckungsketten müssen daher kurzfristig und noch effektiver unterbrochen werden.

Daher besteht die Erforderlichkeit, die unter den Ziffern 1 und 2 beschriebenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten anzuordnen. Diese weitreichenden effektiven Maßnahmen sind dringend notwendig und angemessen, um im Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems der Stadt A-Stadt sicherzustellen. Sie sind zunächst bis zum 10.11.2020 befristet, was eine zeitnahe und fortlaufende Evaluierung der getroffenen Maßnahmen von vorneherein gewährleistet.

Ziel dieser Allgemeinverfügung ist es, die Übertragungswege von SARS-CoV-2 zu unterbrechen und das Risiko einzudämmen, ohne dabei das öffentliche Leben gänzlich zum Stillstand zu bringen. Um dies sicherzustellen, sind die angeordneten Maßnahmen erforderlich und geboten. Mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sind nicht ersichtlich. Diesem Umstand trägt auch die befristete Gültigkeit der Allgemeinverfügung Rechnung, die die Einschränkungen vorerst auf das Nötigste minimieren soll. Insbesondere steht derzeit noch kein flächendeckender Impfstoff bereit und es stehen keine gezielten, spezifischen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Daher stellen die kontaktreduzierenden Maßnahmen für die breite Bevölkerung das einzig wirksame Mittel zum Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit und zur Aufrechterhaltung zentraler Infrastrukturen dar. Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da sie nicht außer Verhältnis zu dem in der Allgemeinverfügung angestrebtem Schutz höherwertiger Rechtsgüter wie Leben, Leib und Gesundheit der Bevölkerung steht.

Am 7. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Nds. GVBl. S. 346). Diese Corona-Verordnung enthielt in der durch Verordnung vom 22. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 363) geänderten Fassung unter anderem die folgende Regelung:

"§ 10

Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen

(...)

(2) 1Für einen Gastronomiebetrieb im Sinne des § 1 Abs. 3 NGastG beginnt eine Sperrzeit um 23.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr, wenn in Bezug auf das Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dem oder in der der Gastronomiebetrieb liegt, die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 35 oder mehr Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt; § 6 Abs. 3 Sätze 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. 2Die zuständige örtliche Behörde kann in begründeten Ausnahmefällen von Satz 1 abweichende Regelungen treffen, es sei denn, dass die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 50 oder mehr Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt; in diesem Fall ist es den Betreiberinnen und Betreibern von Gastronomiebetrieben im Sinne des § 1 Abs. 3 NGastG unabhängig von der Sperrfrist zudem untersagt, alkoholische Getränke im Außer-Haus-Verkauf abzugeben."

Diese Norm trat am 23. Oktober 2020 in Kraft und wurde mit Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2020 (13 MN 393/20 - juris) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Nds. GVBl. S. 368). Nach dessen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 waren u.a. Gastronomiebetriebe im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes, insbesondere Restaurants, die Freiluftgastronomie, Bars einschließlich Einrichtungen in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, Imbisse und Cafés, grundsätzlich für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen. Diese Regelung trat am 2. November 2020 in Kraft und zunächst mit Ablauf des 30. Novembers 2020 außer Kraft. Sie wurde in der Folgezeit allerdings noch mehrfach verlängert.

Gegen die Regelung in Nr. 2 der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 21. Oktober 2020 hat der Kläger am 22. Oktober 2020 um einstweiligen Rechtsschutz ersucht und zugleich (Anfechtungs-)Klage erhoben. Mit Beschluss vom 23. Oktober 2020 (Az.: 3 B 75/20) hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: ) angeordnet. Das dagegen von der Beklagten angestrengte Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. November 2020 (13 ME 421/20) eingestellt, nachdem die Beteiligten das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. In diesem Beschluss wurden dem Kläger die Verfahrenskosten auferlegt, da der beschließende Senat der Ansicht war, dass Überwiegendes dafürspreche, dass die Verhängung einer Sperrstunde als Möglichkeit der Kontaktbeschränkung wegen des gebietsbezogenen Infektionsgeschehens als verhältnismäßig habe angesehen werden dürfen.

Nach dem Außerkrafttreten der Allgemeinverfügung hat der Kläger seine Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Er hat vorgetragen, sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Wiederholungsgefahr. Der Tatbestand des § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 7. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 346) sei nicht erfüllt. Die Maßnahmen seien vor dem Hintergrund der Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts nicht zwingend erforderlich gewesen. Das Infektionsumfeld "Gaststätte" habe gegenüber anderen Infektionsumfeldern ersichtlich eine untergeordnete Rolle gespielt. Zudem hätten mit der Anordnung von Hygienemaßnahmen und Kontaktverfolgung hinsichtlich des Eingriffs in seine Berufsfreiheit mildere, gleich geeignete Mittel zur Verfügung gestanden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass Nr. 2 der "25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt zur Bekämpfung der Atemwegserkrankung Covid.19 durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" vom 21. Oktober 2020 rechtswidrig war.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, das Ausbuchsgeschehen innerhalb des Stadtgebiets habe sich als diffus dargestellt. Es sei zudem allgemein bekannt, dass mit zunehmendem Alkoholgenuss die Einhaltung der Abstandsregeln und auch das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nicht mehr vollumfänglich gewährleistet seien.

Mit Urteil vom 8. März 2022 hat das Verwaltungsgericht Osnabrück festgestellt, dass Nr. 2 der 25. "Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt zur Bekämpfung der Atemwegserkrankung Covid-19 durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" vom 21. Oktober 2020 rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die ursprünglich als Anfechtungsklage erhobene Klage sei nunmehr als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ziffer 2 der streitgegenständlichen "25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt zur Bekämpfung der Atemwegserkrankung Covid-19 durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" vom 21. Oktober 2020 sei rechtswidrig gewesen und habe den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Sätze 1 und 4 VwGO).

Die in Ziff. 2 der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 21. Oktober 2020 verfügte Sperrzeitregelung sei jedenfalls nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG in der Fassung vom 28. März 2020 gedeckt gewesen, weil sie nicht notwendig und damit nicht verhältnismäßig gewesen sei. Die Maßnahme möge zwar geeignet gewesen sein, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Sie sei jedoch nicht erforderlich gewesen.

Ein gebietsbezogenes - diffuses - Infektionsgeschehen sei von der Beklagten nicht dargelegt worden. Sie habe weder in der Begründung der Allgemeinverfügung noch schriftsätzlich nachvollziehbar dargestellt, auf welchen tatsächlichen infektionsschutzrechtlich relevanten Erkenntnissen ihre Einschätzung der Situation beruht habe, der nicht mit milderen Mitteln zu begegnen gewesen sei. Der schlichte Hinweis auf "Ermittlungen" des Gesundheitsdienstes, aber auch "Beobachtungen" des Robert-Koch-Instituts, die darauf hingewiesen hätten, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko bei Ansammlungen von mehreren Personen - nicht nur im häuslichen Bereich, sondern auch in Gastronomie- und Barbetrieben - bestehe, genüge diesen Anforderungen nicht, zumal den offiziellen Verlautbarungen des Robert-Koch-Instituts eine Häufung des Infektionsgeschehens in Gastronomiebetrieben gerade nicht zu entnehmen gewesen sei. Neben einem Verbot des Ausschanks alkoholischer Getränke (ab einer bestimmten Uhrzeit) seien überdies die Einrichtung einer späteren Sperrstunde sowie die ohnehin geltenden Abstands- und Hygieneregeln oder eine Intensivierung derselben (beispielsweise auch durch eine weitere Reduzierung der zulässigen Gästezahl) als mildere Mittel in Betracht gekommen (Bl. 16 des Urteilsabdrucks).

Die Beklagte begründet ihre vom Senat mit Beschluss vom 28. September 2023 (14 LA 241/22) zugelassene Berufung im Wesentlichen damit, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Sperrzeit verneint habe. Die Maßnahme habe sie vor dem Hintergrund getroffen, dass zum damaligen Zeitpunkt ein Großteil der Bevölkerung noch nicht geimpft gewesen sei, für die Neuinfektionen keine schwerpunktmäßige Betroffenheit einzelner Einrichtungen erkennbar gewesen sei und Menschenansammlungen zu vermeiden gewesen seien. Dabei sei berücksichtigt worden, dass Alkohol eine enthemmende Wirkung habe, aufgrund derer die Einhaltung von Mindestabständen und hygienerechtlichen Schutzvorschriften abnehme. Auch die Hygiene- und Infektionsstandards hätten nichts daran geändert, dass ohne die Sperrstunde eine Vielzahl von Personen auf begrenztem Raum über einen regelmäßig nicht unerheblichen Zeitraum und - gerade in den Wintermonaten - in schlecht belüfteten Räumlichkeiten weiter aufeinandergetroffen wären. Ein Alkoholausschankverbot ab 23:00 Uhr hätte nicht dazu geführt, dass Menschenansammlungen vermieden worden wären. Das Verbot des Ausschanks alkoholischer Getränke zu einem früheren Zeitpunkt, beispielsweise ab 20 Uhr, wäre einer Schließung des gastronomischen Betriebes gleichgekommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 8. März 2022 zum Az. die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, es werde bestritten, dass der Beklagten bei Erlass der Allgemeinverfügung Informationen vorgelegen hätten, dass der Großteil der Infizierten nicht habe angeben können, wo eine Ansteckung erfolgt sei. Selbst wenn von einem diffusen Infektionsgeschehen auszugehen gewesen wäre, hätte die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens auf Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) zugreifen müssen, die ein erhöhtes Infektionsgeschehen in Gaststätten gerade nicht bestätigt hätten. Eine hohe Inzidenz innerhalb eines bestimmten Gebietes habe nicht das Verbot jeglicher sozialer Kontakte rechtfertigen können, wenn keine konkreten Anhaltspunkte einer erhöhten Infektionsgefahr bestanden hätten. Die Beklagte hätte die Erforschung der Infektionsumfelder intensivieren müssen, um die Zielgenauigkeit von Schutzmaßnahmen zu erhöhen oder die Kontaktnachverfolgung effektiver zu gestalten. Ob die Annahme, dass die enthemmende Wirkung von Alkohol zur Abnahme der Einhaltung von Mindestabständen und hygienerechtlichen Schutzvorschriften führe, richtig gewesen sei, müsse nicht geklärt werden. Eine solche Annahme hätte allenfalls ein Alkoholausschankverbot innerhalb eines bestimmten Zeitraums gestützt. Eine Erforderlichkeit der Sperrzeitenregelung habe sich auch nicht aus einem tätigkeitsbezogenen Infektionsgeschehen ergeben, da die Beklagte keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorgebracht habe, dass in Gastronomiebetrieben in der Zeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr des Folgetages ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber dem sonstigen gastronomischen Betrieb bestanden habe. Aus der mangelnden Erforderlichkeit folge im Übrigen auch die Unangemessenheit, da ohne sachlichen Grund in die Berufsfreiheit der Betreiberinnen und Betreiber von Restaurationsbetrieben eingegriffen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Senat trifft diese Entscheidung durch Beschluss (§ 130a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die (Fortsetzungs-) Feststellungsklage ist bereits unzulässig (1.), davon abgesehen wäre sie auch unbegründet (2.).

1. Die nach dem Außerkrafttreten der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung der Beklagten mit Ablauf des 10. November 2020 lediglich noch auf die Feststellung gerichtete Klage, dass Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt rechtswidrig war, ist bereits unzulässig.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113 Abs. 1 VwGO statthaft. Bei der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 1 NdsVwVfG i.V.m. § 35 Satz 2 VwVfG) mit Dauerwirkung, der sich nach Außerkrafttreten mit Ablauf des 10. November 2020 erledigt hat. Der Kläger hat jedoch ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen gerichtlichen Feststellung, dass die Sperrzeitregelung in Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt rechtswidrig war, weder dargetan noch ist ein solches ersichtlich (a)). Davon abgesehen ist die Klage für den Zeitraum vom 2. bis zum 10. November 2020 auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (b)).

a) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 20). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben (BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 - 6 C 2.22 -, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.3.2017 - 6 C 1.16 -, juris Rn. 29). Darüber hinaus kommt in den Fällen der sich typischerweise kurzfristig erledigenden Maßnahmen, in denen eine Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren nur im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage möglich ist, ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Betracht, wenn der Verwaltungsakt zu einem qualifizierten Grundrechtseingriff geführt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 - 6 C 2.22 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 29.1.2024 - 8 AV 1/24 -, juris Rn. 11 mit Verweis auf Urt. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 -, juris LS 2 sowie Rn. 29 und Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 -, juris Rn. 25).

Der Kläger kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse weder auf eine konkrete Widerholungsgefahr (aa)) noch auf die grundgesetzliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (bb)) stützen. Für ein Rehabilitationsinteresse oder die Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses ist bereits nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich.

aa) Ein berechtigtes Feststellungsinteresse aufgrund einer konkreten Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 - 6 C 2.22 -, juris Rn. 17; Urt. v. 27.4. 2021 - 1 C 13.19 -, juris Rn. 16; Urt. v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 -, juris Rn. 18 und Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 -, juris Rn. 21). Nur unter diesen engen Voraussetzungen kann die gerichtliche Entscheidung für ein künftiges behördliches Handeln von "richtungweisender" Bedeutung sein. Ist hingegen ungewiss, ob in Zukunft die gleichen tatsächlichen Verhältnisse noch einmal eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse aus einer Wiederholungsgefahr nicht hergeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, juris Rn. 8).

Gemessen an diesen Anforderungen ist eine erneute Sperrzeitregelung als Maßnahme zur Bekämpfung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus in absehbarer Zeit nicht wahrscheinlich. Denn die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr vergleichbar. Mit dem zwischenzeitlichen Ende der Corona-Pandemie hat die Gefährdung der Bevölkerung durch eine COVID-19-Erkrankung aufgrund des erreichten Immunisierungsgrades durch eine Impfung oder eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus sowie der milderen Krankheitsverläufe der heute dominierenden Virusvarianten ganz erheblich abgenommen. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat das veränderte Pandemiegeschehen normativ nachvollzogen. Die für besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach § 28a IfSG vorausgesetzte Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG gilt mit Ablauf des 25. November 2021 gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 IfSG als aufgehoben. Unabhängig von einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite regelte § 28b IfSG besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei saisonal hoher Dynamik nur bis zum 7. April 2023.

bb) Auch die grundgesetzliche Rechtsweggarantie vermittelt dem Kläger vorliegend kein berechtigtes Feststellungsinteresse.

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verlangt, ein berechtigtes Feststellungsinteresse über die einfach-rechtlichen Konkretisierungen hinaus auch dann anzuerkennen, wenn ein gewichtiger Eingriff in die Grundrechte sich typischerweise so kurzfristig erledigt, dass gerichtlicher Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren regelmäßig nicht erlangt werden kann (vgl. zum Erfordernis des qualifizierten Grundrechtseingriffs jüngst klarstellend: BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 - 6 C 2.22 -, juris Rn. 21 ff. m.w.N.; Beschl. v. 29.1.2024 - 8 AV 1/24 -, juris Rn. 11).

Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet jedoch selbst bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, um die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern (BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 -, juris Rn. 31). Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Rechtsschutzinteresse bereits im Eilverfahren befriedigt worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris Rn. 39: Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist nicht gegeben, wenn eine Versammlung wie geplant, wenn auch gegebenenfalls unter den Versammlungszweck nicht gefährdenden Modalitäten durchgeführt werden konnte).

So liegt es hier: Das Verwaltungsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 23. Oktober 2020 (Az.: 3 B 75/20) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Klägers vom 22. Oktober 2020 (Az.:; im Tenor wird das Datum der Klagerhebung fälschlich mit dem 23. Oktober 2020 angegeben) gegen Ziff. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt angeordnet. Damit entfaltete die angegriffene Sperrzeitregelung bereits einen Tag nach ihrem Inkrafttreten für den Kläger keine Wirkung mehr, er konnte seinen G. auch wieder nach 23 Uhr öffnen. Es blieb somit lediglich die eine Nacht vom 22. auf den 23. Oktober, in der der Kläger seinen G. bereits um 23 Uhr schließen musste. Zwar ist diesbezüglich das Erfordernis einer typischerweise kurzfristigen Erledigung erfüllt. Es fehlt indes an der weiteren Voraussetzung, dass der angegriffene Verwaltungsakt zu einem qualifizierten Grundrechtseingriff geführt hat. Ein solcher ist jedenfalls anzunehmen bei einer Verletzung der Menschenwürde, bei Grundrechtseingriffen mit grundgesetzlichem oder gesetzlichem Richtervorbehalt sowie in Fällen eines so eklatant fehlerhaften Vorgehens eines Hoheitsträgers, dass objektive Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) naheliegt. Hinsichtlich anderer Grundrechte ist bei der Beurteilung der Eingriffsintensität nach der Art des Eingriffs zu differenzieren. Im Rahmen der Einzelfallwürdigung ist zum einen dessen besondere Bedeutung im Gesamtsystem der Grundrechte zu berücksichtigen und zum anderen zu bewerten, inwieweit die fragliche Maßnahme die Möglichkeit individueller Selbstbestimmung in dem durch das Grundrecht erfassten Lebensbereich beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 - 6 C 2.22 -, juris Rn. 33 f. m.w.N.; Beschl. v. 29.11.2023 - 6 C 2/22 -, juris Rn. 18 ff.). Eine Verletzung der Menschenwürde, Eingriffe unter Richtervorbehalt oder in Grundrechte mit erheblicher Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung stehen hier nicht in Rede. Zwar griff die Sperrzeitregelung in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG des Klägers ein. Allerdings beschränkte sich dieser Eingriff darin, dass der Kläger in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 2020 statt - wie sonst üblich - um 1 Uhr bereits um 23 Uhr, also lediglich zwei Stunden früher, schließen musste. Es ist nicht ersichtlich, dass diese zeitlich derart geringfügige Beeinträchtigung für den Kläger ein solches Gewicht hat, das die nachträgliche Klärung der Rechtmäßigkeit der Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt A-Stadt rechtfertigt. Insbesondere macht der Kläger auch keine Umsatzeinbußen geltend, die eine besondere Intensität der lediglich zweistündigen Beschränkung begründen könnten.

b) Davon abgesehen ist die Klage für den Zeitraum vom 2. bis zum 10. November 2020 auch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Im Einzelnen:

Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Inanspruchnahme eines Gerichts ist ein rechtlich anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse. Ein solches fehlt, wenn ein Erfolg des konkret eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens die Rechtstellung des Prozessführenden nicht verbessern würde (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vor § 40 Rn. 16). Fehlte schon der Anfechtungs- oder der Verpflichtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, gilt dies auch für die Fortsetzungsfeststellungsklage, weil eine unzulässige Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach Eintritt des erledigenden Ereignisses nicht zu einer zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage führen kann (Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 44. EL März 2023, § 113 Rn. 150 m.w.N.). Die Fortsetzungsfeststellungsklage setzt die Ausgangsklage lediglich fort. Deshalb müssen im Moment der Erhebung deren sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sein bzw. müssen diese während des Zeitraums, auf den sich die Anfechtungsklage erstreckt, vorliegen. Dies war hier ab dem 2. November 2020 nicht mehr der Fall. Ab diesem Zeitpunkt hat der Anfechtungsklage des Klägers das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt.

Ab dem 2. November 2020 wurde u.a. die vollständige Schließung der Restaurationsbetriebe für den Publikumsverkehr in der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 geregelt und in der Folgezeit im Rahmen weiterer Änderungsverordnungen fortgeschrieben. Auch eine Aufhebung der Sperrzeitenregelung in Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Beklagten hätte daher ab diesem Zeitpunkt die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern können, weil er seinen G. aufgrund der deutlich weitergehenden landesweiten Verordnung, die eine vollständige Schließung und nicht lediglich eine Sperrzeit vorsah, weiterhin (während der Sperrzeiten) nicht hätte öffnen dürfen (vgl. für den Fall, dass sich der Rechtsschutzsuchende an inhaltsgleiche gesetzliche Regeln halten muss: BVerwG, Beschl. v. 7.3.2002 - 4 BN 60.01 -, juris; VGH BW, Beschl. v. 10.2.1998 - 9 S 557/96 -, juris Rn. 34 ff. m.w.N.). Dass er auch die Schließung der Gastronomiebetriebe in der für den maßgeblichen Zeitraum relevanten Corona-Verordnung angegriffen hätte, trägt der Kläger nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Die Regelung ist auch sonst nicht (mehr) Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist bereits abgelaufen. Eine Normenkontrolle gegen diese Regelung in der Corona-Verordnung ist daher auch nicht mehr möglich. In einem Eilverfahren hat der seinerzeit zuständige 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zudem entschieden, dass ein Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 (Schließung von Gastronomiebetrieben) ohne Erfolg bleibt (vgl. Beschl. v. 6.11.2020 - 13 MN 411/20 -, juris).

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage lag somit ab dem 2. November 2020 nicht mehr vor (vgl. auch: VG Augsburg, Urt. v. 29.3.2021 - Au 9 K 20.575 - juris Rn. 19 ff.; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 31.08.2021 - 20 ZB 21.608 -, juris Rn. 7 f.; VG Freiburg, Beschl. v. 25.3.2020 - 4 K 1246/20 -, juris Rn. 7, 10; VG Würzburg, Urt. v. 22.01.2021 - W 8 K 20.519 - juris Rn. 22). Damit fehlt auch der Fortsetzungsfeststellungsklage in dem genannten Zeitraum das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 34 f.).

2. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen zu 1. von der Zulässigkeit der Klage ausgehen wollte, wäre diese jedenfalls unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass die in der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 21. Oktober 2020 u.a. angeordnete Sperrzeitregelung für Restaurationsbetriebe im Zeitraum vom 22. Oktober bis zum 10. November 2020 rechtswidrig war. Die angegriffene Regelung war rechtmäßig und verletzte den Kläger somit nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO analog.

Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung der Rechtswidrigkeit dieses erledigten Verwaltungsaktes ist - wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt - der gesamte Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten der Allgemeinverfügung am 22. Oktober 2020 und dem Außerkrafttreten mit Ablauf des 10. Novembers 2020. Es ist allein Sache des Klägers, den von ihm begehrten Umfang der Aufhebung eines Verwaltungsaktes zu bestimmen (Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 113 Rn. 124). Der Aufhebungsantrag kann sich beim Dauerverwaltungsakt nicht nur auf einen bestimmten Zeitpunkt, sondern auch auf den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit oder Teile hiervon beziehen (Riese, in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 44. EL März 2023, § 113 Rn. 111 m.w.N.). Bei sachgerechter Auslegung des Klageantrags möchte der Kläger hier die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelung während der gesamten Geltungsdauer der Allgemeinverfügung überprüfen lassen. Er hat bereits am 22. Oktober 2020, also am Tag des Inkrafttretens der Allgemeinverfügung, Klage erhoben und auf die zu erwartenden Umsatzeinbußen während der Geltungsdauer hingewiesen.

In dem so bestimmten maßgeblichen Beurteilungszeitraum beruhte Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Beklagten auf einer tauglichen Rechtsgrundlage (a)) und war formell (b)) sowie materiell (c)) rechtmäßig.

a) Die angegriffene Regelung in Nr. 2 der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Beklagten findet ihre Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) i. d. F. des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) - im Folgenden: IfSG a.F. § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 7. Oktober 2020 (NdsGVBl. S. 346) ist hingegen nicht als Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung anzusehen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 25.11.2020 - 13 MN 487/20 -, juris Rn. 20 und zu einer späteren Fassung der Vorschrift NdsOVG, Beschl. v. 6.4.2021 - 13 ME 166/21 -, juris Rn. 8).

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. traf die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt wurden oder sich ergab, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich war; sie konnte insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befanden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG a.F. konnte die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Satz 1 Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) wurden insoweit eingeschränkt (§ 28 Abs. 1 Satz 4, § 32 Satz 3 IfSG).

Diese Verordnungsermächtigung begegnet, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden (vgl. z.B. Senatsurt. v. 17.8.2023 - 14 KN 48/22 -, juris Rn. 99 m.w.N. und Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 41/22 -, juris Rn. 53 ff. m.w.N.; vgl. auch NdsOVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 389/20 -, juris Rn. 31 ff.) und dies gilt auch für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 22. Oktober bis einschließlich zum 10. November 2020. Auch das Bundesverwaltungsgericht hält § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. in diesem Zeitraum für verfassungsmäßig (ausführlich z.B. BVerwG, Urt. v. 16.5.2023 - 3 CN 4.22 -, juris Rn. 26 ff.). Der Kläger macht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend.

b) Die Allgemeinverfügung ist auch formell rechtmäßig.

Die Wahl des Instruments der Allgemeinverfügung ist für die vorliegend getroffene Maßnahme nicht zu beanstanden. Für auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. gestützte Maßnahmen ist die Form einer Rechtsverordnung nicht zwingend vorgeschrieben (allerdings nach § 32 IfSG möglich), so dass Maßnahmen als Verwaltungsakt erlassen werden können (vgl. bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 53).

Eine Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet (§ 35 Satz 2 VwVfG). Während die Adressaten nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmt bzw. bestimmbar sein müssen, muss sich die Allgemeinverfügung auf einen konkreten Einzelfall beziehen. Die Regelung eines Einzelfalles stellt das maßgebliche Kriterium für die Abgrenzung der Allgemeinverfügung von einer Rechtsnorm dar. Nicht die Unbestimmtheit des Personenkreises, sondern die Konkretheit des geregelten Sachverhalts unterscheidet die personenbezogene Allgemeinverfügung von der Rechtsnorm (vgl. bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 54 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 35 Rn. 162).

Die vom Kläger angegriffene Regelung der Allgemeinverfügung der Beklagten genügte den beschriebenen Anforderungen sowohl im Hinblick auf den betroffenen Personenkreis als auch hinsichtlich der konkreten Situation in ihrer sächlichen und zeitlichen Dimension. In personeller Hinsicht wurden alle (natürlichen und juristischen) Personen adressiert, die Restaurationsbetriebe führen. Dieser Personenkreis ist ohne große Schwierigkeiten nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar. Der für eine Allgemeinverfügung erforderliche Bezug zu einem konkreten Sachverhalt ergibt sich hier aus der Corona-Pandemie, deren weitere Ausbreitung die Beklagte durch ihre Maßnahmen reduzieren wollte. Die Anordnungen dienten damit nicht der Abwehr einer abstrakten Gefahr, sondern betrafen eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2. Zudem war die Allgemeinverfügung zeitlich eng befristet (vgl. bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 55; BayVGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 -, juris Rn. 7; VG Hamburg, Beschl. v. 27.3.2020 - 14 E 1428/20 -, juris Rn. 54 f.; vgl. zu den "anlassbezogenen Regelungen" auch: Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 35 Rn. 286 ff.).

Nr. 2 der Allgemeinverfügung wurde auch nicht dadurch formell rechtswidrig, dass mit § 10 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 7. Oktober 2020 in der Fassung der Verordnung vom 22. Oktober 2020 zum 23. Oktober 2020 auch eine landesweite Sperrzeitenregelung für Gastronomiebetriebe in Kraft trat. Diese Norm regelte für ganz Niedersachsen nichts anderes als im Gebiet der Beklagten durch die Allgemeinverfügung bereits galt. Mit der Außervollzugsetzung der Verordnungsnorm durch das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 blieb Nr. 2 der Allgemeinverfügung weiterhin bestehen.

Weitere formelle Mängel der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Beklagten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist die Allgemeinverfügung vom 21. Oktober 2020 inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Allgemeinverfügung lässt sich eindeutig und klar entnehmen, dass Restaurationsbetriebe im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages für den Publikumsverkehr zu schließen sind.

c) Die streitgegenständliche Regelung der Allgemeinverfügung war auch materiell rechtmäßig.

aa) § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG a.F. setzte tatbestandlich lediglich voraus, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt wurden oder es sich ergab, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen lagen bei Erlass und im Geltungszeitraum der hier zu beurteilenden Verfügung im Bundesgebiet, im Land Niedersachsen und auch auf dem Gebiet der Beklagten vor. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Osnabrück im erstinstanzlichen Urteil (vgl. UA Bl. 11 ff.) verwiesen (vgl. zudem für den hier relevanten Zeitraum: NdsOVG, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 MN 393/20 -, juris Rn. 43 ff.).

Ergänzend wird auf den Situationsbericht des RKI vom 21. Oktober 2020 (dem Tag der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Verfügung) Bezug genommen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-21-de.pdf?__blob=publicationFile), in dem es u.a. heißt:

"Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau Ende August und Anfang September ist aktuell in fast allen Bundesländern ein weiterer Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung zu beobachten (...). Der Anteil der COVID-19 Fälle in der älteren Bevölkerung nimmt aktuell zu. Die berichteten R-Werte liegen seit Anfang Oktober deutlich über 1. Bundesweit gibt es in verschiedenen Landkreisen Ausbrüche, die mit unterschiedlichen Situationen in Zusammenhang stehen, u.a. größeren Feiern im Familien- und Freundeskreis und in Betrieben. Es werden auch wieder vermehrt COVID-19-bedingte Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gemeldet.

Zusätzlich kommt es in zahlreichen Landkreisen zu einer zunehmend diffusen Ausbreitung von SARS CoV-2-Infektionen in die Bevölkerung, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind. Die zuständigen Behörden mussten daher die notwendigen Schutzmaßnahmen treffen. (...)

In den meisten Kreisen handelt es sich zumeist um ein diffuses Geschehen, gelegentlich mit Häufungen in Zusammenhang mit privaten Feiern im Familien- und Freundeskreis."

bb) Regelungen zur Beschränkung von Kontakten und zur Schließung von Einrichtungen und Betrieben, die - wie hier - unabhängig von einem Krankheits- oder Ansteckungsverdacht an jeden im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung gerichtet sind, können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. sein. Insbesondere kann sich eine Schutzmaßnahme nach § 28 Abs. 1 IfSG auch gegen einen Nichtstörer wie den Kläger richten (BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 -, juris Rn. 26). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie in der seinerzeitigen Situation - eine Inanspruchnahme nur der infizierten und damit als Störer einzustufenden Personen bereits daran scheitert, dass deren Störereigenschaft oftmals nicht bekannt ist, weil aufgrund der verhältnismäßig langen Inkubationszeit der Erkrankung, häufig symptomlos verlaufender Infektionen und zahlenmäßig eingeschränkter Testungen der Infektionsstatus eines wesentlichen Teils der Bevölkerung offen sein dürfte (vgl. ausführlich BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 21 ff.).

Die angegriffene Sperrzeitenregelung für Restaurationsbetriebe wahrte auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und stellte damit eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 47).

(1) Mit der Sperrzeitenregelung für Restaurationsbetriebe wurden die legitimen Ziele verfolgt, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung der beklagten Stadt vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems in der Stadt A-Stadt infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden. Der Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwersterkrankter Menschen stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Die so verstandene Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems durch geeignete Mittel zu gewährleisten und damit einhergehend das Leben und die Gesundheit der durch eine Überforderung des Gesundheitssystems unmittelbar Gefährdeten zu schützen, ist Aufgabe des Staates. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet diesen, sich schützend und fördernd vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu stellen (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 - juris Rn. 66).

(2) Zur Erreichung dieser legitimen Ziele war die streitgegenständliche Sperrzeitenregelung für Restaurationsbetriebe auch verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen.

(a) Die Sperrzeitregelung für Restaurationsbetriebe war - eingebettet in das durch die Niedersächsische Corona-Verordnung und ergänzende Allgemeinverfügungen geregelte Gesamtkonzept aus Betriebsschließungen und Kontaktbeschränkungen - zur Erreichung des Ziels geeignet.

Für die Eignung einer Maßnahme reicht es aus, dass diese den verfolgten Zweck fördern kann. Bereits die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 59; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185). Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt (BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 -, juris Rn. 114 m.w.N.; Beschl. v. 27.4.2022 - 1 BvR 26499/21 -, juris Rn. 166 m.w.N.; Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 59 m.w.N.).

Der Beklagten stand bei der Beurteilung der Eignung der in Betracht kommenden Maßnahmen ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel zur Erreichung der Ziele bezog (vgl. dazu bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 47 m.w.N.). Der Beurteilung von Prognoseentscheidungen des Gesetzgebers legt das Bundesverfassungsgericht je nach Zusammenhang differenzierte Maßstäbe zugrunde, die von einer bloßen Evidenz- über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Im Einzelnen maßgebend sind Faktoren wie die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, die Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter. Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne Weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen. Erfolgt der Eingriff jedoch zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die verfassungsgerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der Eignungsprognose beschränkt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a., juris Rn. 185). Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Die Eignung setzt folglich nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186). Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186).

Diese Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht zunächst mit Blick auf den gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum aufgestellt hat, werden in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung auch auf die Exekutive angewandt (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 59; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 185 ff.; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 94 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 2.3.2022 - 13 B 195/22.NE -, juris Rn. 42; SächsOVG, Urt. v. 16.12.2021 - 3 C 20/20 - juris Rn. 26 m.w.N.; ThürOVG, Beschl. v. 13.01.2022 - 3 EN 764/21 -, juris Rn. 67; vgl. auch zum Erlass von Allgemeinverfügungen: Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: 4. EL November 2023, § 24 Rn. 173). Ein exekutives Handeln auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage in einer akuten Krisensituation bedeutet zwangsläufig oftmals ein Handeln im Ungewissen, das auf gewisse Spielräume für unterschiedliche Handlungsoptionen und Gewichtungen im Einzelfall angewiesen ist (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 48). Denn nur so kann die Exekutive die auch ihr vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe, Gefahren für hoch- und höchstrangige Rechtsgüter durch den Ausbruch einer übertragbaren Krankheit abzuwenden oder jedenfalls einzudämmen, nachkommen (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Wenn eine neuartige übertragbare Krankheit auftritt, ist typisch, dass Entscheidungen jedenfalls zunächst häufig auf einer unsicheren Erkenntnislage getroffen werden müssen und es an empirischen Nachweisen für die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen fehlen kann. Wenn die Exekutive nicht allein deswegen verpflichtet sein soll, das Infektionsgeschehen mit den damit einhergehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung unreguliert "laufen zu lassen", ist sie darauf angewiesen, Entscheidungen über Infektionsschutzmaßnahmen auf Prognosen zu stützen. Korrespondierend mit der zunehmenden Aufklärung der Gefahrenlage durch gewonnene Erkenntnisse und wissenschaftliche Gewissheiten verengen sich dann auch die Einschätzungsspielräume (vgl. Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 50 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70).

Von einer solchen Verengung der Entscheidungsspielräume geht der Senat hier allerdings nicht aus, weil jedenfalls noch im Herbst und Winter 2020/2021 die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Virus, seinen Übertragungswegen und seinen Auswirkungen weitgehend am Anfang standen (vgl. im Einzelnen zu Regelungen, die zeitlich sogar nach der hier streitigen Maßnahme in Kraft getreten sind: Senatsurt. v. 1.6.2023 - 14 KN 36/22 -, juris Rn. 115 ff.). Es ist daher für die Eignung der angegriffenen Maßnahme lediglich zu prüfen, ob die Prognose der Beklagten aus einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials herrührt und ob sich die Beklagte Kenntnis von der zur Zeit des Erlasses der Norm bestehenden tatsächlichen Ausgangslage in korrekter und ausreichender Weise verschafft hat (vgl. Senatsurt. v. 1.6.2023 - 14 KN 36/22 -, juris Rn. 118 m.w.N.).

Hieran gemessen ist die Prognoseentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Ausgehend von den damaligen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Übertragbarkeit des Virus von Mensch zu Mensch über Tröpfchen sowie durch Aerosole, die längere Zeit in der Umgebungsluft schweben und sich z. B. in Innenräumen anreichern und größere Distanzen überwinden können, sowie durch Schmierinfektionen (siehe zu den Übertragungswegen die Informationen des Robert-Koch-Instituts unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html), durfte sie die Sperrzeitregelung für Restaurationsbetriebe für ein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus halten. Es steht danach außer Zweifel, dass Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen mit einer Anzahl regelmäßig ansonsten nicht zusammentreffender Personen und längerer Verweildauer ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringen (vgl. Senatsurt. v. 1.6.2023 - 14 KN 37/22 -, juris Rn. 80; OVG LSA, Beschl. v. 18.3.2021 - 3 R 13/21 -, juris Rn. 40 m.w.N.; BremOVG, Beschl. v. 19.2.2021 - 1 B 53/21 -, juris Rn. 33).

Die Sperrzeitenregelung für Restaurationsbetriebe beschränkte die Kontaktmöglichkeiten in den betroffenen Betrieben während des Zeitraums von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr und verhinderte dadurch, dass sich wechselnde Gäste oder Gästegruppen in dieser Zeit in den Einrichtungen einfanden. Dabei wurde zugleich dem Umstand entgegengewirkt, dass Kontakte und Zusammenkünfte in Restaurationsbetrieben zu späten Abendstunden von großer Geselligkeit geprägt sind, die unter Alkoholeinfluss bekanntlich steigt. Zudem wurden die Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg von und zu gastronomischen Einrichtungen und die erhöhte Attraktivität des öffentlichen Raums bei geschlossenen gastronomischen Einrichtungen reduziert. Überdies trug die Reduzierung der Gästezahlen dazu bei, dass die Gefahr eines Eintrags der Infektion in das weitere berufliche und private Umfeld der (ausbleibenden) Gäste verringert wurde (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 MN 393/20 -, juris Rn. 54; OVG NRW, Beschl. v. 26.10.2020 - 13 B 1581/20 -, juris Rn. 54 ff.; BayVGH, Beschl. v. 19.6.2020 - 20 NE 20.21127 -, juris Rn. 40).

(b) Die Maßnahme war - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch zur Erreichung der oben definierten legitimen Ziele erforderlich. Für die Annahme der Erforderlichkeit einer Maßnahme darf kein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Ziels zur Verfügung stehen, das den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet, wobei die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahme in jeder Hinsicht eindeutig feststehen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 203 ff.).

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 hatte die Exekutive angesichts der fehlenden Erfahrungen mit dem SARS-CoV-2-Virus und den Wirkungen von Schutzmaßnahmen wiederum einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum, der sich darauf bezog, die Wirkung der von ihr gewählten Maßnahmen im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 17).

Ein solcher Spielraum hat jedoch Grenzen. Die Einschätzung der Exekutive muss auf ausreichend tragfähigen Grundlagen beruhen. Das Ergebnis der Prognose muss einleuchtend begründet und damit plausibel sein. Das unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Maßgebend ist die Erkenntnislage bei Erlass der Maßnahme (ex-ante-Sicht). Im gerichtlichen Verfahren obliegt es der Exekutive, Tatsachen und Erwägungen vorzutragen, die das Ergebnis ihrer Prognose plausibel machen. Das Gericht hat nicht eigene prognostische Erwägungen anzustellen, sondern die Rechtmäßigkeit der Prognose der Exekutive zu überprüfen. Wird die Annahme, die gewählte Maßnahme erreiche den Zweck der Schutzverordnung wirksamer als eine in Betracht kommende weniger belastende Alternative, im gerichtlichen Verfahren nicht plausibel gemacht, kann das Gericht nicht zur Feststellung gelangen, dass die verordnete Schutzmaßnahme erforderlich und damit verhältnismäßig ist. Das geht zu Lasten der Exekutive (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. zum Vorstehenden auch Senatsurt. v. 11.7.2023 - 14 KN 35/22 -, juris Rn. 195).

Dies zugrunde gelegt war die Beklagte nicht verpflichtet, andere, weniger einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Der Einwand des Klägers, das Infektionsumfeld "Gastronomie" habe nach den Ermittlungen des RKI gegenüber anderen Bereichen und insbesondere dem (rein) privaten Umfeld insgesamt eine allenfalls untergeordnete Rolle gespielt, so dass schon aus diesem Grund kein Bedarf an weitergehenden Schutzmaßnahmen bestanden habe, überzeugt angesichts des seinerzeitigen Infektionsgeschehens nicht. Die Beklagte hat in der Begründung ihrer Allgemeinverfügung darauf hingewiesen, dass sich die gesundheitsamtlich ermittelte Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Gebiet der Stadt A-Stadt im maßgeblichen Referenzzeitraum von sieben Tagen nach Stand vom 21. Oktober 2020 auf 55,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner belaufen habe und von einem weiteren Anstieg auszugehen sei. Die gemeldeten Fälle seien über das Stadtgebiet verteilt. Sie beträfen nicht lediglich einzelne Einrichtungen, Betriebe oder sonstige abgrenzbare Teilbereiche des öffentlichen Lebens und seien auch nicht nur auf einzelne Stadtgebiete beschränkt. Die Inzidenz von 50 oder mehr Fällen Neuinfizierter je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern kumulativ in den letzten sieben Tagen markierte seinerzeit die Grenze, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in Deutschland zu einer Rückverfolgung der Infektionsketten maximal in der Lage war und so das wichtige und legitime Ziel der Verhinderung der weiteren Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko noch erreicht werden konnte (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 MN 393/20 -, juris Rn. 57 m.w.N.). Die Beklagte hat ergänzend in ihren Schriftsätzen vom 23. Oktober 2020 und vom 27. Oktober 2020 darauf hingewiesen, dass sich das Ausbruchsgeschehen auf ihrem Gebiet als diffus dargestellt habe, d.h. man habe eine Entwicklung der Ausbreitung ohne definierte Hotspots gesehen. Damit hat die Beklagte ein dynamisches und diffuses Infektionsgeschehen im Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung und während seiner knapp dreiwöchigen Geltungsdauer hinreichend schlüssig dargelegt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser von der Beklagten geschilderte Sachverhalt unzutreffend gewesen sein könnte. Der Kläger trägt dazu auch nichts vor. Auch das RKI berichtete im Übrigen im bereits zitierten Situationsbericht vom 21. Oktober 2020 von einem zunehmend diffusen Infektionsgeschehen (vgl. oben unter c) aa)). Aus den zum damaligen Zeitpunkt im Hinblick auf das zunehmend diffuse Infektionsgeschehen fehlenden Informationen über die Verbreitung des Virus kann nicht darauf geschlossen werden, dass das Geschehen in Restaurationsbetrieben, insbesondere in den späten Abendstunden, keine infektiologische Relevanz hatte. Die Beklagte hat sich auch nicht lediglich auf die Inzidenz in ihrem Gebiet gestützt, sondern gerade auch geprüft, ob dem etwa lokale und klar eingrenzbare Infektionsvorkommen zu Grunde lagen (vgl. zu diesem Erfordernis: NdsOVG, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 MN 393/20 -, juris Rn. 57). In diesem Sinne hat auch das erkennende Gericht in dem Einstellungsbeschluss vom 17. November 2020 im parallelen Eilverfahren (13 ME 421/20) darauf hingewiesen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Verfügung aufgrund eines diffusen, für sie nicht mehr überschaubaren und damit nicht zu ermittelnden Infektionsgeschehens in ihrem Gebiet getroffen habe und daher Überwiegendes dafür spreche, dass die Verhängung einer Sperrstunde als Möglichkeit der Kontaktbeschränkung wegen des gebietsbezogenen Infektionsgeschehens als verhältnismäßig habe angesehen werden dürfen.

Soweit das Verwaltungsgericht zudem auf die in gastronomischen Einrichtungen damals bereits geltenden Hygiene- und Infektionsschutzstandards verwiesen hat, traf dies zwar zu, änderte aber an den gleichwohl bestehenden Kontakt- und Aufenthaltsmöglichkeiten, die es nach den Vorstellungen der Beklagten zu reduzieren galt, nichts. Die Hygiene- und Infektionsschutzstandards wirkten nicht dem Umstand entgegen, dass ohne die Sperrzeit zu erwarten war, dass eine Vielzahl von Personen auf begrenztem Raum über einen regelmäßig nicht unerheblichen Zeitraum und - was gerade in den Herbst- und Wintermonaten zu befürchten war - in schlecht gelüfteten Räumlichkeiten weiter aufeinandertrafen. Gerade bei einem längeren Verweilen von mehreren Personen in geschlossenen Räumen bestand ein nicht unbeträchtliches Übertragungsrisiko durch die Aufnahme gegebenenfalls virushaltiger Aerosole (vgl. die Informationen des Robert-Koch-Instituts unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 B 1586/20.NE -, juris Rn. 73 f.).

(Individuelle) Möglichkeiten, die gastronomischen Einrichtungen organisatorisch und räumlich so einzurichten, dass Infektionen weiter minimiert werden, konnten Kontakte nicht in gleicher Weise effektiv verringern, wie eine Sperrzeit (OVG NRW, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 B 1586/20.NE -, juris Rn. 75).

Auch ein Alkoholausschankverbot hätte kein gleich geeignetes, milderes Mittel dargestellt. Unabhängig von der Frage, inwieweit sich ein bloßes Ausschankverbot in Gaststätten hätte kontrollieren lassen, galt das schon deshalb, weil die Beklagte mit der Sperrstunde (primär) das eigenständige legitime Ziel verfolgte, soziale Kontakte zeitlich zu limitieren bzw. ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht neu entstehen zu lassen. Dieses Ziel hätte sich mit einem Ausschankverbot nicht ebenso wirksam erreichen lassen, auch wenn davon auszugehen war, dass die Möglichkeit zum Alkoholkonsum für einen nicht unerheblichen Teil der Nutzer abendlicher gastronomischer Angebote von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 29.10.2020 - 13 B 1586/20.NE -, juris Rn. 75).

(c) Die streitgegenständliche Sperrzeitregelung für Restaurationsbetriebe war auch während ihrer gesamten Geltungsdauer verhältnismäßig im engeren Sinne.

Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordert, dass der mit der Regelung verbundene Mehrwert für die Eindämmung des Infektionsgeschehens nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht. Es sind in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits und die Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. Umgekehrt wird ein Handeln des Normgebers umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216 m.w.N.).

Davon ausgehend erweist sich die Sperrzeitregelung für Restaurationsbetriebe während ihrer knapp dreiwöchigen Geltungsdauer nicht als unangemessen. Zwar griff die Sperrzeitregelung mit erheblichem Gewicht in die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG der davon betroffenen Betreiber von Restaurationsbetrieben ein und gingen insbesondere für diejenigen Betriebe, die - wie das G. des Klägers - typischerweise einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes erst später am Abend und in der Nacht erzielen, auch mit relevanten wirtschaftlichen Einbußen einher. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die gesamte Gastronomie bereits infolge der zu Beginn der Pandemie bereits verordneten flächendeckenden Betriebsschließungen während des sog. "Ersten Lockdowns" erhebliche Belastungen und Umsatzeinbußen verkraften mussten.

Dem gegenüber stand jedoch der Schutz überragend wichtiger Gemeinwohlbelange. Die angegriffene Sperrzeitregelung diente - wie dargelegt - dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens sowie insgesamt der Bevölkerungsgesundheit und damit Individual- und Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang. Bei Erlass der streitgegenständlichen Regelung beobachtete das RKI ausweislich seines Situationsberichtes einen beschleunigten Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung und appellierte dringend, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert. Ein Impfstoff stand noch nicht zur Verfügung. Es ging der Beklagten darum, Schutzmaßnahmen zu erlassen, die die Maßnahmen in der Niedersächsischen Corona-Verordnung sinnvoll ergänzen sollten, um Kontakte zwischen Menschen insbesondere in ihrer Freizeit weitergehend zu unterbinden und damit eine effektive Eindämmung der Verbreitung des Virus zu erreichen. Dabei hat sie gerade bei Gastronomiebetrieben weiteren Handlungsbedarf gesehen. Bei der Beurteilung und Abwägung dieser Umstände mussten die mit der Sperrzeitregelung beeinträchtigten Interessen wirtschaftlicher Art daher zurücktreten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst für die Milderung der Eingriffsintensität sorgte, indem sie die streitgegenständlichen Regelungen bis zum 10. November 2020 befristete. Zudem galt die Sperrzeitregelung erst ab 23 Uhr, so dass jedenfalls bis dahin ein Betrieb möglich war. In wirtschaftlicher Hinsicht wurde der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit außerdem dadurch gemildert, dass von Seiten der Bundesregierung in verschiedener Form Hilfsleistungen für von den Schutzmaßnahmen betroffene Unternehmen gewährt wurden. So wurden die seit November 2020 geltenden Betriebsbeeinträchtigungen durch die nichtrückzahlbaren Überbrückungshilfe II, Novemberhilfe, Dezemberhilfe und Überbrückungshilfe III gemildert. Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass der Kläger nicht von den Hilfen profitiert hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 (in analoger Anwendung, vgl. bereits Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 41/22 -, juris Rn. 135 m.w.N.), § 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.