Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.02.2002, Az.: 17 Ta 429/01
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen; Geschäftsführer eines Landesinnungsverbands als Arbeitnehmer im Sinne der gesetzlichen Fiktion
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 04.02.2002
- Aktenzeichen
- 17 Ta 429/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 19729
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2002:0204.17TA429.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 14.10.2001 - AZ: 2 Ca 408/01
Fundstellen
- NZA 2003, 343 (amtl. Leitsatz)
- NZA-RR 2002, 491-493 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Der Geschäftsführer eines Landesinnungsverbands (§ 79 HandwO) ist kein Arbeitnehmer im Sinne der gesetzlichen Fiktion des § 5 (1) ArbGG, wenn er nach der Satzung gemäß § 66 (3) in Verbindung mit § 83 (1) Ziffer 3 HandwO zur Vertretung des Vorstands in Geschäften der laufenden Verwaltung berufen ist.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 14.10.2001 (2 Ca 408/01) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 20.728,72 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im vorliegenden Teil des Rechtsstreits über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.
Der Beklagte ist ein Landesinnungsverband. Der Kläger, wurde bei dem Beklagten durch Anstellungsvertrag vom 17.08.1973 (Bl. 79 d. A.) ab dem 01.04.1973 als Geschäftsführer eingestellt.
In der vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr genehmigten Satzung des Beklagten, wegen deren vollen Wortlaut auf Bl. 60 - 68 d. A. verwiesen wird, heißt es auszugsweise wörtlich:
"§ 16
Die Organe des Landesverbandes sind1.
Die Mitgliederversammlung2.
Der Vorstand3.
Der geschäftsführende Vorstand""§ 25
(1)
Der Präsident, im Verhinderungsfalle sein Stellvertreter, und ein weiteres Vorstandsmitglied vertreten gemeinsam den Landesverband in allen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich....(2)
Willenserklärungen, mit Ausnahme bei Geschäften der laufenden Verwaltung, welche den Landesverband vermögensrechtlich verpflichten, bedürfen der Schriftform; überschreitet die vermögensrechtliche Verpflichtung einen Wert von DM 5.000,-, so muss die verpflichtende Erklärung von einem weiteren Vorstandsmitglied unterzeichnet sein. Sonstige Schriftstücke von besonderer Bedeutung müssen von dem Präsidenten oder seinem Stellvertreter und einem weiteren Vorstandsmitglied unterzeichnet sein."
"§ 26(1)
Der Vorstand führt die Geschäfte des Landesverbandes, soweit sie nicht gesetzlich oder durch Bestimmungen der Satzung der Mitgliederversammlung vorbehalten oder anderen Organen übertragen sind.(2)
Die Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung obliegt dem Geschäftsführer. Insoweit vertritt er auch den Landes verband Laufende Geschäfte der Verwaltung sind alle täglich anfallenden Verwaltungsaufgaben, die nach Art und Ausmaß regelmäßig wiederkehren."
Mit Schreiben vom 15.06.2001 (Bl. 6 d. A.) kündigte der Beklagte dem Kläger fristgemäß zum 30.09.2001, vorsorglich zum 31.12.2001. Er stellte ihn weiter mit sofortiger Wirkung unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaub und bei Fortzahlung der Vergütung von der weiteren Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 18.06.2001 (Bl. 15 d. A.) kündigte der Beklagte dem Kläger fristlos. Eine weitere fristgemäße Kündigung sprach der Beklagte mit Schreiben vom 09.11.2001 (Bl. 193 d. A.) aus.
Mit seiner am 20.06.2001 beim Arbeitsgericht Hannover eingereichten und am 04.07.2001 sowie 21.11.2001 erweiterten Klage setzt sich der Kläger gegen alle 3 ausgesprochenen Kündigungen zur Wehr.
Der Kläger hat die Anträge angekündigt,
- 1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung des Beklagten vom 15.06.2001 noch durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.06.2001 noch durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 09.11.2001 aufgelöst worden ist und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht;
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis,
hilfsweise ein Abschlusszeugnis zu erteilen, dass sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt;
- 3.
den Beklagten zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Geschäftsführer weiter zu beschäftigen;
- 4.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 11.041,07 EUR brutto zuzüglich 9,26 % Zinsen aus 5.520,54 EUR seit dem 16.07.2001 und zuzüglich 9,26 % Zinsen aus 5.520,54 EUR seit dem 16.08.2001 zu zahlen.
- 5.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 386,56 EUR zuzüglich 9,26 % Zinsen seit dem 08.07.2001 zu zahlen.
- 6.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die monatlichen Entgeltabrechnungen für den Zeitraum 11/1999 bis 7/2002 herauszugeben.
Er hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben, weil er nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglied des Vertretungsorgans zur Vertretung des Beklagten berufen sei. Er sei auf Grund eines Arbeitsvertrages für den Beklagten tätig und weisungsgebunden. Insbesondere habe er keine eigenständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vorbringens insoweit wird auf die Seiten 1 bis 6 seines Schriftsatzes vom 14.09.2001 (Bl. 130 bis 135 d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte hat den Antrag angekündigt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für nicht eröffnet und beruft sich darauf, dass der Kläger kraft Satzung des Beklagten zur Vertretung der juristischen Person berufen sei.
Auf Rüge des Beklagten hat das angerufene Arbeitsgericht durch Beschluss der Kammer vom 14.10.2001, dem Kläger zugestellt am 05.11.2001, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Hannover verwiesen. Wegen der Begründung wird auf den dortigen Beschluss (Bl. 188 und 188 R d. A.) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 15.11.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers. Auf den Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes (Bl. 196 bis 202 d. A.) wird Bezug genommen. Der Kläger wiederholt im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, er habe keine Befugnisse gehabt, die annähernd die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG begründen könnten, vielmehr sei er weisungsabhängig und vielfältigen Beschränkungen unterlegen gewesen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss ist nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 78 Abs., 1 Satz 1 ArbGG, 577, 569 ff ZPO). Die Vorsitzende ist alleinentscheidungsbefugt (BAG vom 10.12.1992 - 5 AZB 6/92 - NZA 1993, 619).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint. Der Kläger gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer.
1.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG "gelten .... in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglied des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind", nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes. Die Vorschrift stellt auf die formale Vertreterstellung des Mitarbeiters auf Grund Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags ab. Der Gesetzgeber hat nicht bestimmt, dass diese Personen keine Arbeitnehmer "sind", sondern dass sie nicht als "solche" gelten. Es handelt sich mithin um eine negative gesetzliche Fiktion. Auf den Umfang der auf Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag beruhenden Vertretungsmacht kommt es nicht an. Eine gesetzliche oder in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag enthaltene Beschränkung der Vertretungsmacht, etwa auf Gesamtvertretung, auf die laufenden Geschäfte, oder auf Geschäfte besonderer Art oder nur bis zu einer gewissen Größenordnung schließt die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht aus. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist auch auf Personen anzuwenden, die ohne diese Fiktion als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG oder wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen wären. Umgekehrt bedeutet dies, dass § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG Personen, denen nur rechtsgeschäftlich Vollmacht erteilt worden ist, nicht erfasst und zwar auch dann nicht, wenn diese sehr weit reicht (BAG-Beschluss vom 06.05.1999 - 5 AZB 22/98 - NZA 1999, 838 [BAG 21.05.1999 - 5 AZB 31/98]; BAG-Beschluss vom 05.05.1997 - 5 AZB 35/96 - NZA 1997, 959; BAG-Beschluss vom 11.04.1997 - 5 AZB 32/96 - NZA 1997, 902; Beschluss vom 26.06.1967 - 5 AZR 341/66 - AP Nr. 30 zu § 2 ArbGG 1953 und Beschluss vom 22.07.1998 - 5 AS 30/98 - n.v.).
2.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt der Kläger deshalb nicht als Arbeitnehmer, weil er kraft Satzung allein zur Vertretung der juristischen Person berufen ist, bei der er angestellt ist.
2.1
Der beklagte Landungsinnungsverband ist eine juristische Person des privaten Rechts. Er wird mit Genehmigung der Satzung rechtsfähig, § 80 HandwO. Als Zusammenschlüsse öffentlich - rechtlicher Körperschaften und insbesondere auf Grund der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben (§§ 81, 82 HandwO) nehmen die Landesinnungsverbände eine besondere Rechtstellung ein, die sie von anderen juristischen Personen des privaten Rechts unterscheidet. Sie sind eine atypische Erscheinungsform der juristischen Person des Privatrechts. So wie Handwerksinnungen sind auch Landesinnungsverbände Teil der staatlich geregelten Organisation des Handwerks. Sie nehmen, ebenso wie die Innungen, auf Grund gesetzlicher Zuweisung zwar nicht ausschließlich, aber eben auch Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr. Diese Besonderheiten ließen den Gesetzgeber eine teilweise vom Vereinsrecht abweichende Regelung für Innungsverbände treffen (vgl. Musielak/Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Auflage, München 1995, Rz 2 zu § 79).
2.2
Zwar zählt der Kläger nicht zu den in § 16 der Satzung genannten Organen des Beklagten, da dort nur die Mitgliederversammlung, der Vorstand und der geschäftsführende Vorstand genannt sind. Der Kläger war aber kraft Satzung allein zur Vertretung des Beklagten berufen. Das folgt aus § 26 Abs. 2 der Satzung, wonach dem Geschäftsführer die Geschäfte der laufenden Verwaltung obliegen und er insoweit auch den Landesverband vertritt. Aus dieser Norm ergibt sich, dass es sich bei der Übertragung der laufenden Geschäftserledigung auf den Geschäftsführer nicht nur um eine auf das Innenverhältnis bezogene Regelung handelt. § 26 Abs. 2 Satz 2 der Satzung beinhaltet vielmehr gerade die Vertretungsmacht nach außen. Es handelt sich auch um eine Alleinvertretungsberechtigung des Geschäftsführers; hinsichtlich der Geschäfte der laufenden Verwaltung bedarf seine Vertretungstätigkeit keiner Mitwirkung einer anderen Person. Der Kläger ist mithin nach der Satzung zur Alleinvertretung des Beklagten berechtigt, wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat.
2.2.1
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die allgemeine Vertretungsregelung des § 25 Abs. 1 der Satzung, wonach der Präsident, im Verhinderungsfalle sein Stellvertreter und ein weiteres Vorstandsmitglied gemeinsam den Landesverband in allen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
§ 26 Abs. 2 der Satzung stellt sich insoweit für Geschäfte der laufenden Verwaltung als Spezialregelung zu § 25 Abs. 1 der Satzung dar. Dies ergibt sich auch aus Absatz 2 des § 25 der Satzung, wonach "Willenserklärungen, mit Ausnahme bei Geschäften der laufenden Verwaltung, welche den Landesverband vermögensrechtlich verpflichten", der Schriftform bedürfen und bei Überschreitung der vermögensrechtlichen Verpflichtung über einen Wert von 5.000,00 DM die verpflichtene Erklärung von einem weiteren Vorstandsmitglied unterzeichnet sein muss. Geschäfte der laufenden Verwaltung sind mithin in § 25 der Satzung nicht angesprochen. Für Geschäfte der laufenden Verwaltung ist vielmehr die Vorschrift des § 26 Abs. 2 entscheidend, d. h. insoweit vertrat der Kläger als Geschäftsführer den Beklagten.
Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Vertretungsmacht des Geschäftsführers in Geschäften der laufenden Verwaltung keine ausschließliche ist, sondern daneben auch eine Vertretung nach Maßgabe des § 25 der Satzung erfolgen könnte, stünde dies der Annahme einer Alleinvertretung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG durch den Geschäftsführer in Geschäften der laufenden Verwaltung nicht entgegen. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verlangt schon dem Wortlaut nach nicht das Vorliegen einer ausschließlichen Vertretungsmacht (BAG Beschluss vom 11.04.1997, a.a.O. und Beschluss vom 22.07.1998, a.a.O.).
2.2.2
Für § 5 Abs. 3 ArbGG genügt die Übertragung von Teil-Vertretungsbefugnissen; die Vorschrift stellt nicht darauf ab, in welchem Umfang jemand vertretungsberechtigt ist (BAG-Urteil vom 30.06.1960 - 5 AZR 404/59 - AP Nr. 8 zu § 5 ArbGG 1953 und BAG vom 11.04.1997 - 5 AZB 32/96 - a.a.O.). Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG wird selbst durch erhebliche Einschränkungen der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen (BAG vom 17.01.1985 - 2 AZR 96/84 - AP Nr. 2 zu § 5 ArbGG 1979). Unerheblich ist daher auch, dass der Kläger gemäß § 34 der Satzung im Innenverhältnis nach näherer Anweisung des Vorstands die laufenden Geschäfte der Geschäftsstellen zu führen hat, seine Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis also eingeschränkt ist. Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis ist insoweit unschädlich (vgl. BGH vom 12.07.1977 - VI ZR 159/75 (KG) - NJW 1977, 2259, 2260 [BGH 12.07.1977 - VI ZR 159/75] und BAG vom 11.04.1997, a.a.O.).
2.3
Die Vertretungsmacht des Klägers ergibt sich aus einer Satzung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Es liegt nicht lediglich der vom Kläger angenommene Fall einer für § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ausreichenden rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht vor.
2.3.1
Nach § 55 in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Ziffer 1 HandwO war für den Beklagten als Landesinnungsverband eine Satzung mit bestimmtem Mindestinhalt zu errichten und gemäß § 80 für die Erlangung der Rechtsfähigkeit die Genehmigung der Satzung durch die oberste Landesbehörde erforderlich. Die Satzungserrichtung beruht mithin auf der gesetzlichen Satzungsermächtigung des § 55 HandwO. Autonome Satzungen, die von nicht-staatlichen Verbänden im Rahmen ihrer Befugnisse erlassen werden, sind Rechtsnormen und damit Gesetze zwar nicht im formellen, aber im materiellen Sinne (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Einleitung V vor 23). Bei der dem Kläger erteilten Vertretungsmacht handelt es sich mithin nicht um eine nur rechtsgeschäftliche Vertretungsdelegation. Die eigenständige Vertretungsmacht des Klägers in Geschäften der laufenden Verwaltung erfordert gerade nicht die Bevollmächtigung seitens des Präsidenten oder des Vorstandes. Dem entspricht auch der Einstellungsvertrag vom 17.08.1993, nach dem dem Kläger nicht etwa rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für den Beklagten übertragen wurde, sondern in dessen Ziffer 3 es ausdrücklich heisst:
"Der Aufgabenbereich des Geschäftsführers, seine Rechte und Pflichten ergeben sich aus der Satzung ... des Verbandes."
Einer Bevollmächtigung des Klägers im Anstellungsvertrag bedurfte es wegen der in der Satzung geregelten Vertretungsverfugnis nämlich gerade nicht.
Für den Verein (§ 21 ff BGB) ist insofern anerkannt, dass die ebenfalls durch die Satzung bestellten besonderen Vertreter nach § 30 Satz 1 BGB zu den organschaftlichen Vertretern im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gehören (vgl. Germelmann, ArbGG, 3. Auflage, Rz 30 zu § 5 m.w.N. zur Rechtsprechung).
2.3.2
Das in der Satzung des Beklagten vorgesehene System der Vertretung steht auch im Einklang mit den Vorschriften der HandwO. Denn § 66 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Ziffer 3 der HandwO sieht vor, dass durch die Satzung "die Vertretung einem oder mehreren Vorstandsmitgliedern einzeln oder gemeinsam oder dem Geschäftsführer übertragen werden" kann. Ein Höchst- oder Mindestumfang der Übertragung ist nicht vorgesehen. Auch Teilvertretungsbefugnisse können übertragen werden. Das ist insbesondere hinsichtlich der laufenden Verwaltungsgeschäfte sachdienlich, denn soweit der Landesinnungsverband nach § 66 Abs. 3 in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Ziffer 3 der HandwO grundsätzlich gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorstand vertreten wird, gilt der Grundsatz der Gesamtvertretung, d. h. sämtliche Vorstandsmitglieder haben gemeinsam die Vertretung wahrzunehmen. Eine Gesamtvertretung des Landesverbands durch sämtliche Vorstandsmitglieder dürfte aber in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Deshalb empfiehlt sich zumindest für einen Kreis häufig wiederkehrender Geschäfte, die Vertretung zu erleichtern. Dabei kann dies auch nach der Bedeutung der einzelnen Geschäfte verschieden geregelt sein und zum Beispiel bei Angelegenheiten von großen finanziellen Auswirkungen durch die notwendige Beteiligung mehrerer Vorstandsmitglieder vor einem Missbrauch gesichert werden, wie dies im Streitfall durch § 25 Abs. 2 der Satzung geschehen ist (vgl. Musielak/Detterbeck, a.a.O., Rz 15 f zu § 66). Unerheblich ist daher, dass der Kläger nur für die Geschäfte der laufenden Verwaltung Vertretungsbefugnis nach außen besitzt. Desgleichen kommt es nicht darauf an, ob er alleine Arbeitsverträge abschließen und kündigen konnte, denn auf den Umfang der Vertretungsmacht kommt es nach § 66 Abs. 3 der HandwO ebenfalls nicht an. Vielmehr kann die Vertretung nach dieser Vorschrift auch nach der Bedeutung der einzelnen Geschäfte verschieden geregelt sein (Musielak/Detterbeck, a.a.O., Rz 16 zu § 66).
3.
Im Rahmen des vorliegenden Rechtswegsbestimmungsverfahrens ist es nicht erforderlich, zu klären, ob der Kläger Arbeitnehmerstatus bei dem Beklagten besaß. Auch soweit der Kläger geltend macht, er sei wegen seiner eingeschränkten Kompetenzen Arbeitnehmer gewesen, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten wegen der gesetzlichen Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ausgeschlossen. Der Anstellungsvertrag des Vertreters einer juristischen Person kann auch ein Arbeitsvertrag sein (BAG vom 06.05.1999, a.a.O.).
4.
Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts folgt schließlich auch nicht bereits aus der vom Kläger begehrten Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für einen Organvertreter im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nur dann eröffnet, wenn die Rechtsstreitigkeit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person nicht das der Organstellung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis, sondern ein weiteres Rechtsverhältnis betrifft (BAG vom 23.08.2001 - 5 AZB 9/01 - NZA 2002, 52). Die vorliegende Rechtsstreitigkeit betrifft aber nur den der Organstellung zu Grunde liegenden Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 17.08.73. Eine weitere Rechtsbeziehung wird auch vom Kläger nicht behauptet. Die Grundsätze der Rechtswegbestimmung in sog. "sicnon-Fällen" sind auf Organvertreter nicht anwendbar (BAG vom 06.05.1999, a.a.O.).
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren nach den allgemeinen Regeln (§ 97 Abs. 1 ZPO) dem unterliegenden Kläger aufzuerlegen. § 17 b Abs. 2 GVG gilt für die Rechtswegbeschwerde nicht (BGH vom 17.06.1993, NJW 1993, 2541; Baumbach-Lauterbach-Albers, ZPO, 60. Auflage, § 17 b GVG Rn 5).
Gründe, die weitere sofortige Beschwerde zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben, § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG i.V.m. § 48 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 3 ff ZPO, 12 Abs. 7 ArbGG in Höhe von 1/3 des Hauptverfahrens festgesetzt worden.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 20.728,72 Euro festgesetzt.