Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.01.2013, Az.: 15 KF 19/11
Auslegung des § 21 Abs. 5 FlurbG im Hinblick auf die Wirksamkeit der Wahl des Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.01.2013
- Aktenzeichen
- 15 KF 19/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 32173
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:0129.15KF19.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 5 FlurbG
- § 34 Abs. 3 S. 2 VwVfG
- § 43 Abs. 1 VwGO
Fundstellen
- DÖV 2013, 444
- NdsVBl 2013, 257-259
Amtlicher Leitsatz
Ein Teilnehmer einer Flurbereinigung kann die Unwirksamkeit der Wahl des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft im Wege der Feststellungsklage geltend machen; die Feststellungsklage ist gegen die Teilnehmergemeinschaft zu richten. Genügt ein Beglaubigungsvermerk nicht den zwingenden Anforderungen des § 34 Abs. 3 Satz 2 VwVfG, führt dies zur Unwirksamkeit der amtlichen Beglaubigung. § 21 Abs. 5 FlurbG ist nicht dahin auszulegen, dass nur die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu wählen wäre, sondern dahin, dass die Teilnehmer für jedes einzelne Mitglied des Vorstands einen bestimmten Stellvertreter zu wählen haben.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Wahl des Vorstands der Beklagten unwirksam ist.
Er ist Teilnehmer der durch die Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) Oldenburg durch Beschluss vom 12. November 2010 angeordneten Regelflurbereinigung Schwei. Die Flurbereinigung hat rd. 400 Teilnehmer und umfasst ein Verfahrensgebiet in der Gemarkung Schwei (Gemeinde Stadland im Landkreis Wesermarsch) zur Größe von rd. 2.775 ha.
Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen (LGLN) lud unter dem 3. März 2011 durch öffentliche Bekanntmachung die Teilnehmer zur Wahl des Vorstands der Beklagten am 31. März 2011 ein. Diese Einladung enthielt folgenden Hinweis:
"Wenn ein Teilnehmer am Termin verhindert ist, kann er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht muss spätestens im Termin dem Amt für Landentwicklung vorgelegt werden und beglaubigt sein. Beglaubigte Vollmachten werden gemäß § 108 FlurbG kostenfrei bei der Gemeinde Stadland ausgestellt."
In der Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 wurden nach Aufstellung einer Wahlliste zunächst neun Mitglieder des Vorstandes der Beklagten gewählt. Das mit der geringsten Stimmenzahl gewählte Mitglied des Vorstands erhielt 77 Stimmen. Der nächstplatzierte Bewerber erhielt 71 Stimmen. Anschließend wurden nach Aufstellung einer Wahlliste neun Stellvertreter gewählt. An dieser Wahl nahmen u.a. Bevollmächtigte der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern 122, 123, 157, 162, 183, 204, 410, 455 und 483 teil, die Vollmachten vorlegten, die mit einem amtlichen Beglaubigungsvermerk versehen waren. Der jeweilige Vollmachtnehmer hatte zuvor mit einer vom betreffenden Vollmachtgeber unterzeichneten Vollmachtsurkunde und Vorlage des Personalausweises des Vollmachtgebers oder einer Kopie hiervon bei der Verwaltung der Gemeinde Stadland mit der Bitte um amtliche Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers vorgesprochen. Ein Bediensteter der Gemeinde Stadland hatte nach Vergleich der Unterschriften in Personalausweis (oder Kopie hiervon) und Vollmachtsurkunde in Abwesenheit des Vollmachtgebers dessen Unterschrift beglaubigt. Im jeweiligen Beglaubigungsvermerk gab der Bedienstete der Gemeinde Stadland an: "Die umstehende Unterschrift ist von ... (Bezeichnung des Teilnehmers) - ausgewiesen durch Personalausweis - anerkannt worden und wird hiermit amtlich beglaubigt." Im Falle des Teilnehmers mit der Ordnungs-Nummer 122 kam hinzu, dass er eine Vollmachtsurkunde unterzeichnet hatte, ohne den Vollmachtnehmer anzugeben (Blankovollmacht). Gleichwohl war auch diese Vollmachtsurkunde nach Ergänzung wie beschrieben amtlich beglaubigt worden. Für die Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nummer 223 nahm deren Ehemann an der Wahl teil, obwohl die Unterschrift der Teilnehmerin auf der Vollmachtsurkunde nicht beglaubigt worden war.
Nach der Niederschrift über die Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 wurde auf eine Selbstkontrolle der Teilnehmer verzichtet.
Der Kläger hat am 26. September 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht: In der Ladung zur Vorstandswahl sei von der Flurbereinigungsbehörde gefordert worden, dass im Falle der Bevollmächtigung eines Vertreters die Unterschrift des Vollmachtgebers amtlich beglaubigt sein müsse. Zahlreiche Teilnehmer hätten von der Möglichkeit der Bevollmächtigung Gebrauch gemacht. Allerdings sei in mindestens 15 Fällen die Beglaubigung nicht rechtmäßig erfolgt. Bei drei Vertretern habe eine schriftliche Vollmacht gänzlich gefehlt. Bei zwölf Vollmachten sei die Beglaubigung rechtswidrig. Entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten müsse der Vollmachtgeber seine Unterschrift selbst anerkennen. Außerdem fehle bei den näher bezeichneten Vollmachten der Identifizierungsvermerk. Sämtlichen Vollmachten, die lediglich "anerkannt" worden seien, fehle der Hinweis, ob dies vor dem Urkundsbeamten erfolgt sei. Die Heilung eines solchen Verstoßes sei nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die am 31. März 2011 durchgeführte Wahl des Vorstands der Beklagten unwirksam ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummer 131 und 480 hätten Vollmachten erteilt, wobei eine Beglaubigung der Vollmachten entbehrlich gewesen sei, weil diese unmittelbar gegenüber der LGLN abgegeben worden seien. Der Teilnehmer mit der Ordnungs-Nummer 240 habe an der Vorstandswahl am 31. März 2011 selbst teilgenommen. Die Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern 134 und 306 hätten in Gegenwart des Urkundsbeamten ihre Unterschriften anerkannt. Das Vorbringen über die Erteilung der amtlichen Beglaubigungen der Vollmachten der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern 123, 157, 162, 204, 410, 455 und 483 sei zutreffend. Jedoch hätten diese Vollmachtgeber übereinstimmend erklärt, dass sie die Vollmachtsurkunden tatsächlich unterzeichnet hätten und der Wille vorgelegen habe, dem jeweiligen Vollmachtnehmer das Stimmrecht für die Vorstandswahl zu übertragen. Der Teilnehmer mit der Ordnungs-Nummer 122 habe eine Blankovollmacht erteilt. Zugunsten der Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nummer 223 habe tatsächlich keine beglaubigte Vollmacht vorgelegen. Gleichwohl hätte sich an dem Ergebnis der Wahl nichts geändert. In drei der 15 vom Kläger angeführten Fälle sei eine Beglaubigung der Vollmacht nicht erforderlich gewesen. In neun Fällen sei eine Beglaubigung der Vollmacht in Abwesenheit des Vollmachtgebers vorgenommen worden. Dabei sei ausnahmsweise von der Möglichkeit der Beglaubigung in Abwesenheit des Vollmachtgebers Gebrauch gemacht worden. Die Anforderungen der Flurbereinigungsbehörde seien in vierzehn der fünfzehn vom Kläger angesprochen Fälle erfüllt worden. Die Abstimmung durch einen nicht ordnungsgemäß bevollmächtigten Vertreter eines Teilnehmers hätte zu keiner Änderung des Wahlergebnisses geführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Flurbereinigungsbehörde verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des Vorstands der Beklagten hat Erfolg.
1.
Sie ist als Feststellungsklage nach § 140 FlurbG in Verbindung mit § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 43 VwGO zulässig. Die Feststellungsklage ist hier statthaft, weil der Kläger das Nichtbestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses geltend machen kann. Ein solches Rechtsverhältnis ist in der wirksamen Bestellung eines Vorstands der Teilnehmergemeinschaft im Wege der Wahl zu sehen. Denn von der Frage der wirksamen Bestellung des Vorstands hängt es ab, ob der Vorstand die ihm obliegenden Aufgaben im Flurbereinigungsverfahren in wirksamer Weise für die Teilnehmergemeinschaft wahrnehmen kann. In diesem Sinne streiten die Beteiligten letztlich um feststellungsfähige Statusrechte (vgl. allgemein v. Albedyll, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 43 Rdnr. 2; bezogen auf die Wahl eines Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2007 - OVG 70 A 3.06 -, [...]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 1977, - 3 C 60/76 -, RzF § 21 Abs. 2 FlurbG Nr. 5).
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) der Unwirksamkeit der Vorstandswahl. Hierfür genügt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern. Aus seiner mitgliedschaftlichen Stellung als Teilnehmer ergibt sich sein Recht auf Beteiligung an der körperschaftlichen Willensbildung der Teilnehmergemeinschaft und mit Blick auf die Bedeutung der Geschäftsführung des Vorstands für die Teilnehmergemeinschaft und die Teilnehmer zudem ein Anspruch auf gesetzeskonforme Bestellung des Vorstands (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2007, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Januar 1976 - IX G 23/75 -, RzF § 21 Abs. 2 FlurbG Nr. 4; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 1977, a.a.O.). Aus diesen Gründen liegt die in entsprechender Anwendung von § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis des Klägers im Sinne einer eigenen Rechtsbetroffenheit (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 29. Juni 1995 - BVerwG 2 C 32.94 -, BVerwGE 99, 64 und vom 27. Mai 2009 - BVerwG 8 C 10.08 -, Buchholz 415.1 Allg. Kommunalrecht Nr. 171; v. Albedyll, a.a.O., § 43 Rdnr. 21) vor.
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Denn der Kläger kann seine Rechte als Teilnehmer an der Flurbereinigung nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage geltend machen. Die Wahl des Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft nach § 21 FlurbG stellt keinen Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Wege einer Gestaltungsklage (Anfechtungsklage nach § 140 FlurbG 1. Var. FlurbG) hätte verfolgt werden können. Sie ist vielmehr als ein Akt der inneren Organisation der Teilnehmergemeinschaft als öffentlich-rechtlicher Körperschaft (§ 16 Satz 2 FlurbG) anzusehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2007, a.a.O., Bay. VGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - 13 A 02.1479 -, RdL 2003, 247 und Urteil vom 26. März 1971 - 210 VII 69 -, RdL 1972, 71; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Januar 1987 - 7 S 2103/86 -, RzF § 21 Abs. 3 FlurbG Nr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Januar 1976, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 1977, a.a.O.; Wingerter, in: Schwantag/Wingerter, FlurbG, § 21 Rdnr. 6; Quadflieg, Recht der Flurbereinigung - Stand 1989 -, § 21 Rdnr. 29).
2.
Die Klage ist auch begründet.
Der Kläger kann gegenüber der Beklagten die Feststellung beanspruchen, dass die Wahl der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter durch die Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 unwirksam ist (a.). Die Wahl genügt nicht den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips. Hier liegen Verstöße gegen geltende Wahlgrundsätze vor (b.). Diese Verstöße sind auch beachtlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben (c.).
a.
Das Feststellungsbegehren des Klägers richtet sich zu Recht gegen die Beklagte. Begehrt ein Teilnehmer einer Flurbereinigung die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft, ist richtiger Beklagter wegen der Einordnung der Wahl des Vorstands als eines Akts der inneren Organisation der Teilnehmergemeinschaft nicht die Flurbereinigungsbehörde, sondern die Teilnehmergemeinschaft selbst (Bay. VGH, Urteile vom 27. Februar 2003 und 26. März 1971, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 1982 - 9 C 10/82 -, RdL 1984, 154 [156]; Wingerter, a.a.O., § 21 Rdnr. 6).
b.
Die Wahl der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter genügt nicht den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, das für die Wahl des Vorstands als eines Akts innerer Organisation der Teilnehmergemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts Geltung beansprucht (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 27. Februar 2007, a.a.O.). Ein Verstoß gegen geltende Wahlrechtsgrundsätze ist darin zu sehen, dass an der Wahl der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter zumindest zehn Personen mitgewirkt haben, die weder Teilnehmer an der Flurbereinigung noch von diesen wirksam bestellte Bevollmächtigte waren.
Zwar enthält das Flurbereinigungsgesetz keine Regelungen darüber, ob und wie die Berechtigung zur Wahl der zur Versammlung erschienenen Teilnehmer und Bevollmächtigte geprüft werden soll. Die Aufstellung eines Wählerverzeichnisses wird gesetzlich nicht verlangt. Im Falle der Mitwirkung von Bevollmächtigten an der Verstandswahl hat der Bevollmächtigte sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen (§ 123 Abs. 1 FlurbG). Darüber hinaus kann - wie hier - angeordnet werden, dass die Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde amtlich beglaubigt werden muss (§ 123 Abs. 2 FlurbG). Hier hat die Flurbereinigungsbehörde mit der Einladung zur Teilnehmerversammlung unter dem 3. März 2011 angeordnet, dass die Vollmacht spätestens im Termin dem Amt vorgelegt werden und beglaubigt sein muss. Diese Anordnung hat bei der Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 weiterhin Bestand gehabt.
Die Vertreter der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern 122, 123, 157, 162, 183, 204, 223, 410, 455 und 483 haben an der Wahl des Vorstands der Beklagten mitgewirkt, obwohl sie sich nicht vor der Wahl durch in wirksamer Weise amtlich beglaubigte Vollmachten ausgewiesen haben. Die jeweilige Beglaubigung der Unterschrift dieser Teilnehmer auf der Vollmachtsurkunde genügt nicht den formellen Anforderungen für einen Beglaubigungsvermerk nach § 34 Abs. 3 VwVfG und führt deshalb zur Nichtigkeit der amtlichen Beglaubigung.
Nach § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind u.a. die nach § 3 NVwVfG zuständigen Behörden befugt, Unterschriften zu beglaubigen, wenn das unterzeichnete Schriftstück zur Vorlage bei einer Behörde benötigt wird. Dabei soll eine Unterschrift nur beglaubigt werden, wenn sie in Gegenwart des beglaubigenden Bediensteten vollzogen oder anerkannt wird (§ 34 Abs. 2 FlurbG). Des Weiteren setzt eine wirksame amtliche Beglaubigung einer Unterschrift voraus, dass der Beglaubigungsvermerk unmittelbar bei der Unterschrift, die beglaubigt werden soll, anzubringen ist (§ 34 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Der Beglaubigungsvermerk muss u.a. die Angabe enthalten, ob sich der für die Beglaubigung zuständige Bedienstete Gewissheit über die Person verschafft hat und ob die Unterschrift in seiner Gegenwart vollzogen oder anerkannt worden ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VwVfG) sowie den Hinweis, dass die Beglaubigung nur zur Vorlage bei der angegebenen Behörde oder Stelle bestimmt ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 VwVfG). Genügt der Beglaubigungsvermerk nicht den zwingenden Anforderungen des § 34 Abs. 3 Satz 2 VwVfG, führt dies zur Unwirksamkeit der amtlichen Beglaubigung (vgl. Bonk/ Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 34 Rdnr. 18 und § 33 Rdnr. 31; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 34 Rdnr. 10; Ritgen, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 34 Rdnr. 19; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 34 Rdnr. 5; U. Müller, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 34 Rdnr. 7; bei Fehlen des Identitätsvermerks nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VwVfG: OVG Saarland, Beschluss vom 17. Mai 1993 - 8 R 91/91 u.a. -, [...] und VG Halle, Urteil vom 27. Februar 2009 - 3 A 124/06 -, [...]; offen gelassen: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 1977 - XV A 725/76 -, DÖV 1978, 334).
Der Bedienstete der Gemeinde Stadland hat nach Maßgabe dessen den formellen Anforderungen für den Beglaubigungsvermerk nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG nicht genügt. Er hat in dem jeweiligen Beglaubigungsvermerk nicht aufgenommen, ob der Vollmachtgeber seine Unterschrift in Gegenwart des Bediensteten der Behörde anerkannt hat. Hier hätte der Bedienstete der Behörde im Beglaubigungsvermerk angeben müssen, dass die Echtheit der bereits vollzogenen Unterschrift in Abwesenheit des Vollmachtgebers amtlich beglaubigt worden ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Vordruck des Beglaubigungsvermerks die Worte "vor mir" enthält. Diese Angabe bezieht sich nach der Gestaltung des Beglaubigungsvermerks erkennbar nicht auf die Fallgestaltung der Anerkennung der Unterschrift durch den Vollmachtgeber. Der Vordruck des Beglaubigungsvermerks gibt dem Bediensteten der Behörde die Möglichkeit, durch Ankreuzen eine der zwei Alternativen der Beglaubigung einer Unterschrift (Vollziehung oder Anerkennung der Unterschrift) zu erklären. Nach den einleitenden Worten "Die umstehende Unterschrift ist von ..." weist die erste Alternative den Wortlaut "vor mir vollzogen" und die zweite Alternative den Wortlaut "anerkannt" auf, und endet mit den Worten "worden und wird hiermit amtlich beglaubigt. Aber selbst wenn man dem nicht folgen wollte, wäre der Beglaubigungsvermerk in so verstandener Auslegung unstreitig unrichtig.
Daneben waren die Vertreter der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummer 204 und 223 aus weiteren Gründen nicht wirksam bevollmächtigt. Im Falle der Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nr. 204 ist der Beglaubigungsvermerk unvollständig; es fehlt dort die Angabe zu § 34 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG. Im Falle des Teilnehmers mit der Ordnungs-Nummer 223 fehlt der Beglaubigungsvermerk gänzlich.
Ferner erweist sich die Wahl der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands der Beklagten noch aus einem anderen Grunde als rechtswidrig und damit als unwirksam. Nach § 21 Abs. 5 FlurbG ist für jedes Mitglied des Vorstands ein Stellvertreter - von den Teilnehmern - zu wählen oder - von der Flurbereinigungsbehörde - zu bestellen. Nach der Rechtsprechung des Bay. VGH (Urteil vom 23. Februar 1966 - 152, 155 VII 65 -, RdL 1966, 194 = RzF § 21 Abs. 2 FlurbG Nr. 1) ist die im Wesentlichen wortgleiche Bestimmung des Art. 7 Abs. 3 AGFlurbG des Freistaats Bayern nicht dahin auszulegen, dass nur die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu wählen wäre (so aber allgemein Wingerter, a.a.O., § 21 Rdnr. 9 und Quadflieg, § 21 FlurbG Rdnr. 37), sondern dahin, dass für jedes einzelne Mitglied des Vorstands ein bestimmter Stellvertreter zu wählen ist. Diese Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist auf § 21 Abs. 5 FlurbG übertragbar. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass lediglich die Zahl der Stellvertreter der der Vorstandsmitglieder entsprechen müsse, wäre eine dahingehende Regelung zu erwarten gewesen. Eine Bestätigung seiner Auslegung sieht der Senat in dem Vergleich zu der entsprechenden Regelung in dem Reichsumlegungsgesetz vom 16. Juni 1937 (RGBl. I S. 629) - im Folgenden RUG. § 17 RUG bestimmte, dass die Gemeinschaft der Teilnehmer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war, die nach § 26 einen aus mehrere Mitgliedern bestehenden Vorstand hatte, der gemäß § 27 Abs. 1 RUG von den im Wahltermin anwesenden Teilnehmern mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu wählen war. Nach § 27 Abs. 3 RUG waren für die Mitglieder des Vorstandes die gleiche Zahl von Stellvertretern zu wählen oder zu bestellen. An die Stelle des RUG trat das Flurbereinigungsgesetz vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 591). Die Regelungen über den rechtlichen Status der Teilnehmergemeinschaft und die Bestellung eines Vorstands haben keine wesentliche Änderung erfahren (vgl. § 16 und § 21 FlurbG 1953). Eine abweichende Regelung findet sich jedoch über die Bestellung der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft. § 21 Abs. 4 FlurbG 1953 bestimmte ebenso wie der nunmehr geltende § 21 Abs. 5 FlurbG, dass für jedes Mitglied des Vorstandes ein Stellvertreter zu wählen oder zu bestellen ist. Die mithin festzustellende Abweichung der bis 1953 geltenden Regelung in § 27 Abs. 3 RUG und der seither geltenden Bestimmung im FlurbG zur Wahl oder Bestellung der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft kann nur dahin verstanden werden, dass nach dem FlurbG für jedes einzelne Mitglied des Vorstands ein bestimmter Stellvertreter von den Teilnehmern zu wählen ist oder von Amts wegen bestellt wird (zu den Modalitäten der Wahl des jeweiligen Stellvertreters eines Mitglieds des Vorstands durch die Teilnehmerversammlung vgl. Bay. VGH, Urteil vom 23. Februar 1966, a.a.O.).
c.
Der Einfluss dieser Wahlfehler auf das Wahlergebnis kann hier nicht ausgeschlossen werden. Nach dem in der Rechtsprechung zur Wahlprüfung allgemein anerkannten Prinzip der potentiellen Kausalität kommt es nur darauf an, dass die Möglichkeit eines Einflusses auf das Wahlergebnis besteht. Diese Kausalität ist hier gegeben. Wären die Bevollmächtigten der o.a. zehn Teilnehmer mangels amtlicher Beglaubigung ihrer Vollmachten zur Wahl nicht zugelassen worden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass anstelle des Teilnehmers Holger Busch (77 Stimmen) der Teilnehmer Heiko Meinardus (71 Stimmen) gewählt worden wäre. Entsprechendes gilt auch für die Wahl der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands. Daneben beruht das festgestellte Wahlergebnis der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands auf dem fehlerhaften Wahlverfahren (fehlende Wahl eines bestimmten Stellvertreters für jedes einzelne Mitglied des Vorstands).
Aufgrund der zuvor dargelegten Wahlfehler ist die gesamte Wahl ungültig. Eine Nachwahl nur eines Mitglieds des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft und der Stellvertreter kommt nicht in Betracht. Denn das Gesetz sieht nur einen einheitlichen Wahlvorgang vor. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 FlurbG steht mit der Reihenfolge der Anzahl der auf die Wahlvorschläge entfallenden Stimmen auch die Reihenfolge der Gewählten fest. Dies erfordert zur Wiederherstellung der gleichen Wahlchancen eine Wiederholung der gesamten Wahl (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. September 1985, a.a.O.).