Amtsgericht Hannover
Urt. v. 06.02.2008, Az.: 549 C 14676/07
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 06.02.2008
- Aktenzeichen
- 549 C 14676/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46377
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2008:0206.549C14676.07.0A
Fundstellen
- VersR 2009, 628
- r+s 2009, 148-149 (Volltext mit red. LS)
- zfs 2009, 27 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 549 -
auf die mündliche Verhandlung vom 4.1.08
durch die Richterin am Amtsgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 103,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.2.07 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin 8/9 und die Beklagte 1/9.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Vollkaskoversicherungsvertrag bezüglich eines bei der Beklagten versicherten LKW's vom Typ MAN TGL mit dem amtlichen Kennzeichen ... in Anspruch.
Das oben bezeichnete Fahrzeug war in der Nacht zum 11.6.06 in der Linsingstraße in Uelzen abgestellt/Gegen 1.00 Uhr brannte das Fahrzeug völlig aus. Es handelt sich um einen Versicherungsfall, aus dem die Beklagte unstreitig dem Grunde nach zur Regulierung verpflichtet ist. Insgesamt zahlte die Beklagte an die Klägerin vorgerichtlich 32 410,69 € zur Regulierung des Brandschadens.
Nach dem Brandschaden wurde das beschädigte Fahrzeug auf dem Gelände der Autoverwertung ... in Uelzen vom 11.6. bis 14.8.06 abgestellt. Für 65 Tage stellte die Firma ... der Klägerin Standgebühren in Höhe von 617,50 € in Rechnung (Bl. 5 d.A.). Hierauf zahlte die Beklagte vorgerichtlich 400,- €. Nachdem der Klägerin seitens mit Schreiben vom 20.7.06 die Freigabe des Fahrzeugs unter Hinweis auf die Möglichkeit der Reparatur und Veräußerung mitgeteilt hatte, wurde der LKW am 14.8.06 klägerseits verkauft.
Bei dem Vorfall vom 11.6.06 befanden sich in dem Fahrzeug u.a. ein Gabelhubwagen vom Typ Lagertec, der zum Be- und Entladen des Fahrzeugs diente und dessen Wert die Klägerin in Ermangelung eines Ankaufsbeleges auf 290,- € "recherchiert" hat. Auch für die zehn Zurrgurte, die sich bei Eintritt des Brandschadens im Fahrzeug befunden haben sollen, kann die Klägerin keine Anschaffungsbelege vorlegen, sondern schätzt den Wert der Gurte nach eigener "Recherche" auf 297,- €. Hierauf zahlte die Beklagte vorgerichtlich, 200,- €. Die Klägerin legt ferner einen Einkaufsbeleg über ein Navigationssystem mit PDA in Höhe von 399,- € vor, das sich bei Schadenseintritt in dem Fahrzeug befunden haben soll.
Mit der Klage macht die Klägerin weitere Standkosten in Höhe von 217,50 €, die Kosten des Navigationssystems in Höhe von 343,97 € netto, die Kosten der Zurrgurte in Höhe von 97,- € und den Wert des Gabelhubwagens in Höhe von 290,- €, mithin insgesamt 948,47 € geltend.
Die Klägerin trägt folgendes vor:
Die Beklagte sei zur Erstattung der gesamten Stellplatzkosten verpflichtet, da sie die Schadensbearbeitung unnötig in die Länge gezogen habe. Das Navigationssystem sei mit der dazu vorgesehenen Befestigung im Fahrzeug festgeklemmt gewesen, wobei nach ständiger Rechtsprechung eine Klemmhalterung für die Befestigung im Sinne des § 12 AKB ausreichend sei. Zudem sei eine Verwahrung unter Verschluss im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift ausreichend.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 948,47 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 10.2.07 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt folgendes vor:
Das mobile Navigationssystem sei gemäß § 12 AKB nicht mitversichert. Hinsichtlich der zehn Zurrgurte habe die Beklagte keine Anschaffungsbelege vorgelegt, so dass die Beklagte nicht in der Lage sei, Alter und Güte nachzuvollziehen, um den Wiederbeschaffungswert zu bestimmen. Die Kosten für den Gabelhubwagen seien nicht erstattungsfähig, da dieser nicht in der Liste der mitversicherten Teile gemäß § 12 AKB aufgeführt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihren Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist lediglich in geringem Umfang begründet.
Der Klägerin stehen weitere Standkosten in Höhe von 103,50 € aus der bestehenden Kaskoversicherung zu. Sie kann Erstattung lediglich der im Zeitraum vom 11.6. bis 2.8.06 (53 Tage) entstandenen Kosten verlangen. Insoweit macht das Gericht von der Möglichkeit der Kostenschätzung gemäß § 287 ZPO Gebrauch. Nachdem die Beklagte der Klägerin am 20.7.06 die Freigabeerklärung erteilt hatte, konnte die Klägerin nach vermuteter Zustellung am 22.7.06 von diesem Zeitpunkt an über das Fahrzeug verfügen. Gründe dafür, den Verkauf des Fahrzeugs bis zum 14.8.06 aufzuschieben, sind weder ersichtlich noch wurden diese vorgetragen. Es oblag der Klägerin als Geschädigter, sich zügig über den weiteren Verbleib des Fahrzeugs Gedanken zu machen, um die Standkosten nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Das Gericht geht davon aus, dass innerhalb einer Frist von 10 Tagen ein Verkauf des LKW's möglich gewesen wäre. Diese Schätzung beruht auf dem Umstand, dass ein entsprechender Zeitraum auch für einen Neuerwerb eines Fahrzeugs üblicherweise in Ansatz gebracht wird. Für 53 Tage wurden 503,50 € in Ansatz gebracht. Abzüglich geleisteter 400,- € verbleibt ein Restanspruch in Höhe von 103,50 €.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Zurrgurte über die bereits gezahlten 200,- € hinaus in Höhe - weiterer - 97,- €. Es fehlt jeglicher Vortrag der Klägerin zum Alter und Gütezustand der Gurte. Da zudem keine Ankaufsbelege vorgelegt wurden, ist es nicht angezeigt, der Klägerin einen weiteren Schadensersatz über die geleistete Zahlung hinaus zuzugestehen. Anzumerken ist noch, dass die "Recherchen" der Klägerin zum Wert der Zurrgurte in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt worden sind.
Es besteht ferner kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für das Navigationssystem in Höhe von 243,97 €. Es bedarf keiner abschließenden Klärung dessen, ob sich das Navigationsgerät zum fraglichen Zeitpunkt im Fahrzeug befunden hat, denn das hier streitige Navigationssystem ist nicht als mitversichertes Zubehörteil gemäß § 12 Abs. 1 AKB anzusehen. Es fällt nach Sinn und Zweck nicht mehr in die Gruppe Navigations- und ähnliche Verkehrsleitsysteme aus der Liste zu § 12 Abs. 1 AKB. Es ist bereits fraglich, ob es sich bei dem bei der Firma erworbenen Navigationsgerät überhaupt um ein Navigationsgerät handelt und nicht um ein Mehrzweckgerät, denn die Klägerin trägt in keiner Weise substantiiert zu den Funktionen des Navigationsgerätes vor.
Weiterhin handelt es sich vorliegend um kein fest in das Fahrzeug eingebautes Gerät, sondern um ein leichtes tragbares, zu dessen Vorzügen u.a. gerade die leichte Beweglichkeit und zum Beispiel die Mitnahme und Verwendung in anderen Fahrzeugen und gegebenenfalls auch als Radfahrer oder Fußgänger zählt, was sich aus der Mobilität des Navigationssystems ergibt ( Landgericht Hannover, Az.: 8 S 17/06 vom 30.6.06 ). Es besteht ein entscheidender Unterschied zu dem vom Landgericht Wiesbaden ausgestellten Fall ( NJW RR 1991, 355), denn anders als die dort erwähnten Radios mit einer sogenannten Quick-Out-Halterung können mobile Navigationsgeräte durchaus auch in anderen Fahrzeugen betrieben oder für andere Funktionen eingesetzt werden. Hierzu ist anzumerken, dass es auch Handys mit Navigationsfunktion gibt, die eindeutig nicht vom Versicherungsschutz erfasst werden. Es würde zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen, wenn neben fest eingebauten Navigationssystemen auch mobile Navigationssysteme, wie das streitgegenständliche, unter den Versicherungsschutz fallen würden, weil es dann von dem plötzlich zufälligen Vorhandensein oder Fehlen weiterer Funktionen des Gerätes wie Datenbank oder Telefon abhinge, ob tatsächlich Versicherungsschutz besteht oder nicht. Insofern müssen alle mobilen Navigationssysteme als nicht versicherte Zubehörteile im Sinne von § 12 AKB angesehen werden.
Die Kosten für den Gabelhubwagen in Höhe von 290,- € sind nicht erstattungsfähig, denn ein Gabelhubwagen ist in der Liste der mitversicherten Teile im Sinne von § 12 AKB nicht aufgeführt. Es handelt sich nicht um ein Zubehörteil, das ausschließlich dem Gebrauch des hier zu Schaden gekommenen Fahrzeugs dient. Es ist bereits fragwürdig, ob es sich bei einem Gabelhubwagen überhaupt um Fahrzeugzubehör handelt. Jedenfalls erstreckt sich auf solche auswechselbaren Teile der Versicherungsschutz nur dann, wenn die Teile im Versicherungsvertrag hinreichend individualisiert sind bzw. an ihrer Zubehöreigenschaft zu dem bestimmten Fahrzeug nicht gezweifelt werden kann ( OLG Köln, Az.: 9 U 209/03 vom 22.6.04 ).
Nach alledem bestehen über den festgestellten Betrag in Höhe von 103,50 € keine weitergehenden Ansprüche der Klägerin.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.