Amtsgericht Hannover
Urt. v. 30.04.2008, Az.: 425 C 1649/08
Anforderungen an das Vorliegen eines Schadensersatzes aufgrund des Verpassens eines Rückflugs von Kos nach München; Rechtliche Ausgestaltung der Haftung eines Luftfrachtführers infolge vermeintlich nicht ausreichender Information der Fluggäste hinsichtlich der Reiseflugdaten; Beweisrechtliche Anforderungen an die Substantiierung eines durch den Luftfrachtführer verschuldeten Verpassens eines Reiseflugs wegen vermeintlich unzureichender Information
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 30.04.2008
- Aktenzeichen
- 425 C 1649/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 37972
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2008:0430.425C1649.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 280 BGB
- § 138 ZPO
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz
[...]
hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 425 -
auf die mündliche Verhandlung vom 25.03.2008
durch
die Richterin am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen,
die gegen ihn gerichtete Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund des Verpassens eines Rückflugs von Kos nach München.
Der Kläger buchte für sich und seiner Ehefrau bei der Beklagten einen Hin- und Rückflug München/Kos. Hinsichtlich des Rückfluges wurde vereinbart, dass eine Rückbestätigung frühestens 72 Stunden vor dem geplanten Abflug erforderlich ist. Der Rückflug war für den 19.09.2007 vorgesehen. Für die Rückbestätigung war dem Kläger eine Servicetelefonnummer mitgeteilt worden. Unter dieser Telefonnummer versuchte er selbst am 18.09.2007 viermal eine Rückbestätigung vorzunehmen. Da die von ihm angegebene Flugnummer falsch war, wurde er jeweils in eine Warteschleife weitergeleitet. Deshalb setzte er sich mit seinem Sohn in Deutschland in Verbindung und bat diesen um Klärung. Sein Sohn teilte ihm mit, dass der Flug auf 17.45 Uhr verlegt worden sei und jetzt die Flugnummer 602 trage. Als der Kläger und seine Ehefrau sich für diesen Rückflug einchecken wollten, waren sie auf der Passagierliste nicht geführt. Vielmehr ergab sich, dass beide schon für einen Flug am Morgen des 19.09.2007 von Kos über Stuttgart nach München eingebucht worden waren. Der Kläger und seine Ehefrau flogen sodann am 26.09.2007 um 08.35 Uhr zurück. Für den verlängerten Aufenthalt und den Rückflug entstanden dem Kläger Zusatzkosten.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Beklagte bzgl. der entstandenen Zusatzkosten für den verlängerten Aufenthalt und den Rückflug schadensersatzpflichtig sei. Dies beruhe zu einem darauf, dass in der Rechnung die Flugnummer sechsstellig angegeben worden sei, während unter der Servicenummer nach einer vier- oder dreistelligen Nummer gefragt worden sei. Die Rückbestätigung sei zunächst durch die Vermieterin in Kos erfolglos versucht worden. Aufgrund der sechsstelligen Nummer sei sowohl die Vermieterin als auch der Kläger selbst jeweils in einer Warteschleife weitergeleitet worden, wobei der Kläger mehrfach weit mehr als fünf Minuten gewartet habe, ohne dass ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten möglich gewesen sei. Sein Sohn habe dann bei TUI in Deutschland angerufen, wobei es sich um eine Servicenummer aus dem Internet gehandelt habe. Er habe mit einer Dame oder einem Herren gesprochen. Er habe die Auskunft erhalten, dass der Flug seiner Eltern mit der neuen Flugnummer 602 am 19.09.2007 um 17.45 Uhr in Kos starten würde und seine Eltern mit diesem Flug kommen würden. Ihn selbst würde an dem Verpassen des Fluges keine Schuld treffen, weil er sich redlich bemüht habe, sichüber den Rückflug zu unterrichten. Unklarheiten in den Reiseunterlagen gingen seiner Auffassung nach nicht zu seinen Lasten. Er bestreitet weiterhin, von der Beklagten eine Reisefluginformation erhalten zu haben, aus der sich die Flugnummer 0676 ergeben habe. Weiterhin bestreitet er, mit Nichtwissen, dass das Kürzel X3 den Luftfrachtführer wiedergebe.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 669,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.12.2007 zu zahlen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 50,28 Euro zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet, dass sie eine Schadensersatzpflicht trifft. Vielmehr habe der Kläger gegen seine vertragliche Verpflichtung, eine Rückbestätigung des Rückfluges einzuholen, schuldhaft verstoßen. Sie bestreitet, dass zunächst die Vermieterin des Klägers erfolglos versucht habe, über die Servicehotline eine Rückbestätigung des Rückfluges zu erhalten. Weiterhin weist sie darauf hin, dass die angegebene Flugnummer nicht sechsstellig, sonder vierstellig gewesen ist, weil es sich bei der Bezeichnung X3 um das Kürzel des Luftfrachtführers handele. Dies sei auch daran zu erkennen, dass das Kürzel des Luftfrachtführers zu der Flugnummer mit einem Leerzeichen getrennt worden sei. Außerdem habe der Kläger auch noch eine Reisefluginformation erhalten, in der die Flugnummer vierstellig angegeben worden sei. Im Übrigen erfolge bei der Eingabe einer falschen Zahl eine automatische Weiterleitung an einen Servicemitarbeiter. Sie bestreitet, dass der Kläger am 18.09.2007 mehrfach weit mehr als fünf Minuten in der Warteschleife gehangen habe.
Das Vorbringen des Klägers zu einem Telefonat seines Sohnes in Deutschland sei nicht einlassungsfähig, weil die Angaben zu ungenau seien. Welche Telefonnummer gewählt wurde und mit welchem Mitarbeiter gesprochen worden sein soll, sei nicht dargetan worden. Sie bestreitet deshalb das Vorbringen des Klägers. Sie bestreitet auch, dass der Sohn des Klägers die richtigen Angaben gegenüber einem nicht näher benannten Mitarbeiter gemacht hat und hieraufhin die vom Kläger vorgetragenen Angaben gemacht worden sind. Hätte der Sohn des Klägers die richtige Flugnummer und den Namen des Klägers angegeben, so wäre ihm auch die Rückbestätigung für den richtigen Flug genannt worden. Sie ist der Ansicht, dass sich aus dem eigenen Vorbringen des Klägers ergebe, dass weder die Vermieterin, noch der Kläger selbst noch dessen Sohn bei ihren Anrufen die richtige Flugnummer angegeben haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Klägerseite war in der mündlichen Verhandlung am 25.03.2008 eine Schriftsatzfrist von zwei Wochen bewilligt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehtgegenüber der Beklagten kein Schadensersatzanspruch gemäß §280 BGB zu. Nach dervorliegenden Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass das Verpassen desRückfluges auf ein Eigenverschulden der Klägerseite zurückzuführen ist, weilkeine ordnungsgemäße Rückbestätigung bzgl. des Rückfluges eingeholt worden ist. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass ihm die Flugnummer desRückfluges fünfstellig mitgeteilt worden sei. Es mag unter Zurückstellung vonBedenken dem Kläger zwar noch zugestanden werden, dass er auf den ersten Blickvon einer fünfstelligen Zahl ausgegangen ist, weil auch das Kürzel für denLuftfrachtführer eine Zahl enthält. Jedoch spätestens bei der Bandansage, dasseine vier- oder dreistellige Flugnummer anzugeben ist, hätte sich dem Klägeraufgrund des Leerzeichens zwischen dem Kürzel für den Luftfachtführer und deranschließenden Nummer aufdrängen müssen, dass es sich bei den vier getrenntstehenden Ziffern um die richtige, anzugebende Flugnummer handelt. Mangelsanderes lautenden Vorbringen der Klägerseite muss davon ausgegangen werden,dass bei Eingabe der zutreffenden Flugnummer 0676 der Kläger die richtigenFlugdaten erhalten hätte. Soweit der Kläger pauschal bestreitet, dass es sichbei dem Kürzel X3 nicht um die Flugnummer, sondern um das Kürzel für den Frachtführer handelt, kann er hiermit nicht gehört werden. Zum einen wird jeder Flug auch immer mit einem Kürzel für den Luftfrachtführer (z.B. X3 für die Beklagte, AB für Air Berlin. LH für Lufthansa) angegeben und die eigentliche Flugnummer hat höchstens vier Stellen. Dies ist allgemein soüblich und kann auf jeder Anzeigetafel am Flughafen und jeder Boardingkarate entnommen werden. Gerade da der Kläger selbst vorträgt, schon des öfteren nach Kos geflogen zu sein und mit den Gegebenheiten vertraut zu sein, ist es nicht verständlich, weshalb diese Fakten in Abrede gestellt werden. Es entspricht auch nicht den Anforderungen des §138 Abs. 1, 2 und 4 ZPO, dass der Kläger pauschal bestreitet, Reisefluginformation erhalten zu haben, in denen die Flugnummer nochmals mit 0676 angegeben wurde. Der Kläger muss weitere Informationen bzgl. der erforderlichen Rückbestätigung erhalten haben, weil sich die Servicenummer, die er unstreitig angerufen, nicht aus der vorgelegten Rechnung ergibt. Statt des pauschalen Bestreitens wäre deshalb eine konkrete Darlegung erforderlich, welche Unterlagen er erhalten hat und welchen Inhalt diese hatten und diese Unterlagen auch vorzulegen. Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass der Kläger mehrfach weit mehr als fünf Minuten in der Warteschleife gewartet hat. Nach der von ihm vorgelegten Einzelverbindungsübersicht hat er nur einmal gut fünf Minuten gewartet und die anderen drei Male deutlich kürzer. Auch wenn es sicherlich nicht immer erfreulich ist, in Warteschleifen warten zu müssen, war vorliegend die Grenze des Zumutbaren nicht überschritten. Soweit der Kläger sodann seinen Sohn beauftragt hat, die erforderliche Rückbestätigung einzuholen, wurde nicht dargetan, dass diese tatsächlich ordnungsgemäß durch seinen Sohn durchgeführt worden ist. In der mündlichen Verhandlung wurde die Klägerseite ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zu dem Telefonat substantiierte Angaben zu erfolgen müssen, wann mit welcher konkreten Person unter welcher konkreten Telefonnummer und mit welchem konkreten Inhalt gesprochen worden ist. Der Klägerseite wurde eine Frist zu ergänzendem Vorbringen gesetzt. Aus dem Vorbringen der Klägerseite ergibt sich aber lediglich, dass der Sohn des Klägers sich über Flugzeiten erkundigt hat, nicht aber, dass durch ihn tatsächlich eine Rückbestätigung durchgeführt worden ist. Für eine ordnungsgemäße Rückbestätigung reicht es nicht aus, dass man sich nur die Flugzeit bestätigen lässt. Es wurde nicht dargetan, dass ausdrücklich erklärt wurde, dass es sich um eine Rückbestätigung handeln soll. Es lässt sich dem Vorbringen der Klägerseite auch nicht entnehmen, dass tatsächlich mit einer Person Rücksprache gehalten worden ist, die eine erforderliche Rückbestätigung mit Kontrolle der Passagierliste durchführen konnte und nicht lediglich mit jemandem gesprochen wurde, der nur allgemeine Auskünfte über Flugzeiten erteilen kann. Es wurde auch nicht dargetan, dass bei diesem Telefonat vom Sohn des Klägers die richtigen Daten genannt wurden. Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, dass die Rückbestätigung durch den Kläger ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Dabei kommt es letztendlich nicht darauf an, von welchem Umfang die Bemühungen des Klägers waren, sondern, dass geeignete Maßnahmen zur Durchführung der Rückbestätigung ergriffen worden sind. Dass dieses der Fall war, kann leider zu Lasten der Klägerseite nicht festgestellt werden.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf§§708 Nr. 11, 711 ZPO.