Amtsgericht Hannover
Urt. v. 08.09.2008, Az.: 485 C 5980/08
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 08.09.2008
- Aktenzeichen
- 485 C 5980/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46379
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2008:0908.485C5980.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- LG Lüneburg - 02.02.2009 - AZ: 9 S 97/08
Fundstelle
- ZMR 2009, 152-153 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
....
wegen: Klavierspielen im Mehrfamilienhaus
hat das Amtsgericht Hannover Abt. 485
auf die mündliche Verhandlung vom 25.08.2008
durch den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Streitwert wird auf 3 000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien bilden die WEG Wittenbergstraße 57 in Hannover. Die Lebensgefährtin des Klägers, Frau To., ist Musikstudentin und spielt Klavier, auch in dem Mehrfamilienhaus. Über die Belästigung der Mitbewohner durch das Klavierspielen gab es mehrjährige Auseinandersetzungen.
Am 08.11.2006 haben die Wohnungseigentümer unter TOP 4 beschlossen, dass musizieren ausschließlich auf Zimmerlautstärke gestattet wird.
Der Kläger hatte diesen Beschluss nicht angefochten, doch in der Folgezeit wiederholt beantragt, diesen Beschluss abzuändern. Da die Wohnungseigentümer diesem Ansinnen nicht gefolgt sind beantragt der Kläger nunmehr,
- 1.
den Beschluss zu TOP 8b) (Verfahrensweise bzgl. Lärmbelästigung - Einleitung weiterer ggf. gerichtlicher Schritte gegen Herrn E.... Kr. und Frau To.) der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft Wittenbergstr. 57, 30179 Hannover vom 07.04.2008, abgehalten in den Geschäftsräumen der Verwalterin, für unwirksam zu erklären, hilfsweise die Nichtigkeit dieses Beschlusses festzustellen;
- 2.
den Beschluss zu TOP 8b) der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft Wittenbergstr. 57, 30179 Hannover vom 07.04.2008, abgehalten in den Geschäftsräumen der Verwalterin über die Ablehnung der vom Kläger zu diesem TOP eingebrachten Anträge auf Abänderung des Beschlusses der WEG Wohnungseigentümergemeinschaft Wittenbergstr. 57, 30179 Hannover vom 08.11.2006 für unwirksam zu erklären, vielmehr festzustellen, dass hierzu folgende Regelung gilt:
Musizieren und sonstige potentiell Lärm auslösende Betätigungen der Hausbewohner sind in Ruhezeiten zu unterlassen, soweit sie außerhalb der Wohnung, in der die betreffenden Geräusche erzeugt werden, überhaupt hörbar sind. Als Ruhezeiten sind die Zeiten zwischen 12:00 Uhr und 15:00 Uhr und zwischen 21:30 Uhr und 08:00 Uhr täglich zu definieren.
Außerhalb der vorgenannten Ruhezeiten ist grundsätzlich Musizieren bzw. eine sonstige potentiell Lärm auslösende Betätigung der Hausbewohner zulässig, wobei ein Schalldruckpegel außerhalb der Wohnung, in der die betreffenden Geräusche erzeugt werden, in Einzelfällen von maximal 55 dB(A)nicht überschritten werden sollte. Außerhalb der Ruhezeiten ist eine potentiell Lärm auslösende Nutzung des Sondereigentums uneingeschränkt zulässig, sofern trotze Hörbarkeit der Betätigung i n der Nachbarwohnung das normale Wohngeräusch nicht unangemessen überschritten wird; hilfsweise die Nichtigkeit dieses Beschlusses festzustellen.
Die Beklagten beantragen,
wie erkannt.
Sie halten den Beschluss vom 08.11.2006 für wirksam und sehen keine Notwendigkeit der Abänderung.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird verwiesen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2008.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob "Musizieren auf Zimmerlautstärke" bei einer Klavierspielerin einem gänzlichen Spielverbot gleichkäme und damit einen Eingriff in den Gebrauch des Sondereigentums darstellen würde, was nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer zulässig wäre; denn nach BGHZ 129, 329 sind bei Gebrauchsregelungen bestandskräftige - vereinbarungsersetzende - Beschlüsse gültig, auch wenn der Regelungsgegenstand den Abschluss einer Vereinbarung erfordert hätte.
Der Kläger hatte es im November 2006 in der Hand, gegen den Beschluss vom 08.11.2006 im Interesse seiner Lebensgefährtin und auch in seinem Interesse vorzugehen.
Die Frage, ob der Beschluss vom 08.11.2006 - wäre er fristgem. angefochten worden - wegen der faktisch vollständigen Untersagung des Klavierspielens in dem Mehrfamilienhaus für unwirksam hätte erklärt werden müssen, kann offen bleiben. Da der Beschluss unangefochten blieb und nicht nichtig ist, ist der Kläger daran gebunden, mit allen negativen Konsequenzen, wie z.B. rechtliche Schritte der übrigen Eigentümer bei Verstoß gegen den Lärmschutzbeschluss.
Der Kläger hat auch keine (neuen) Umstände vorgetragen, die sich etwa erst nach dem 08.11.2006 ergeben haben und eine Abänderung des genannten Beschlusses rechtfertigen würden.
Die Klage war daher abzuweisen mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO und einer vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.