Amtsgericht Hannover
Urt. v. 03.06.2008, Az.: 439 C 2674/08
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 03.06.2008
- Aktenzeichen
- 439 C 2674/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46373
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2008:0603.439C2674.08.0A
Fundstellen
- GRUR-RR 2009, 94-95 "San Marino Kursmünzensatz"
- MMR 2008, 783
In dem Rechtsstreit
...
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 439 -
im schriftlichen Verfahren gem. § 495a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 26.05.2008
durch die Richterin am Amtsgericht...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 409,54 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.11.2007 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger steht gemäß § 97, 72 Urheberrechtsgesetz gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die rechtswidrige Verwendung seiner Nutzungsrechte an den Lichtbildern "San Marino Kursmünzensatz 2003 BU" und "San Marino Kursmünzensatz 2006 BU" im Rahmen von Internetauktionen zu.
Der Beklagte verwendete unter dem ebay-Auktionsnummern 120085939111, 120083256356, 120085954742 und 120082891659 unstreitig die Lichtbilder, an denen dem Kläger die Nutzungsrechte zustehen. Die streitgegenständlichen Lichtbilder unterfallen auch dem Schutzbereich des § 72 Urheberrechtsgesetz. Das Verhalten des Beklagten war auch rechtswidrig, ein Nutzungsrecht wurde ihm unstreitig nicht eingeräumt.
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 476,- € zu.
Wer das Urheberrecht verletzt, kann vom Verletzten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Hier handelte der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts zumindest fahrlässig.
Der Beklagte stellte die streitbefangenen Lichtbilder zeitnah zu seinem 17. Geburtstag ins Internet. Gemäß § 828 Abs. 3 BGB ist derjenige, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für den Schaden, den er einen anderen zufügt, nur dann nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Die Zurechnungsfähigkeit ist gegeben, wenn der Minderjährige die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat, d.h. nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts gegeben. Es entspricht allgemeiner Kenntnis, auch der eines 17-Jährigen, dass über fremde Rechtsgüter nur dann verfügt werden darf, wenn einem hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist. Angesichts der Formulierungen in den einzelnen ebay-Auktionen ist der Beklagte bereits seit dem 21.10.2005 bei ebay angemeldet und verfügt über 78 Bewertungen. Auch die Verkaufsanzeigen sind professionell aufgemacht, insbesondere weist der Beklagte auf andere Auktionen hin, so dass davon auszugehen ist, dass der Beklagte sich mit den Verkaufsbedingungen auseinandergesetzt hat und diese kennt. Gerade Jugendliche kennen sich im übrigen mit dem Internet besser aus als einige Erwachsene.
Nach dem Wortlaut des § 828 Abs. 3 BGB wird die Einsichtsfähigkeit auch widerlegbar vermutet, ihr Mangel ist vom minderjährigen Schädiger zu behaupten und zu beweisen. Zweifel gehen zu Lasten des Minderjährigen. Zu seiner eigenen Persönlichkeit trägt der Beklagte aber nichts vor. Er hat weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass bei ihm keine Einsichtsfähigkeit gegeben ist.
Vorliegend muss angesichts der Professionalität der einzelnen Auktionen und mangels anderweitigen Vertrags somit von einer Einsichts- und Zurechnungsfähigkeit des Beklagten ausgegangen werden.
Der Schaden der unberechtigten Verwendung von Lichtbildern im Internet kann nach der Lizenzanalogie berechnet werden. Hierbei kann der Kläger den Betrag zugrunde legen, den er normalerweise für die berechtigte Verwendung eines Lichtbildes hätte verlangen können. Es bleibt dem Kläger unbenommen, sich auf die ermittelten Werte der Mittelstandsvereinigung Foto-Marketing (MFM) zu beziehen. Das Gericht nimmt auf deren Werte Bezug und schätzt den Schadensersatzanspruch im Rahmen des § 287 ZPO auf 100,- € pro Lichtbild zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, insgesamt demnach 119,- € pro Lichtbild.
Der Kläger ist ferner berechtigt, einen Betrag in gleicher Höhe nebst Mehrwertsteuer als weiteren Schadensersatzanspruch wegen des unterlassenen Bildquellennachweises geltend zu machen. Die Verdoppelung der Lizenzgebühr in Form eines pauschalen Strafzuschlages kann begehrt werden, da eine deutliche Nennung des Bildautors eine eigene Werbewirkung hat. Soweit diese unterbleibt, ist dem Nutzungsberechtigten der daraus entstandene Verlust zu ersetzen. Bei seiner Schätzung im Rahmen des § 287 ZPO geht das Gericht davon aus, dass der Kläger für die Verwertung seiner Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Lichtbilder ohne die Nennung seines Namens den doppelten Erlös hätte erzielen können.
Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Lichtbilder jeweils nur unter einer Woche verwendet worden sind, so weist der Kläger zurecht darauf hin, dass jedes Lichtbild zweimal benutzt wurde, so dass er jeweils einen Anspruch für jede Urheberrechtsverletzung in Höhe von 60,- € hätten geltend machen können. Demzufolge ist die Berechnung des Klägers für den Beklagten günstiger.
Der Kläger hatte folglich einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 476,00 €. Abzüglich bereits gezahlter 150,00 € steht dem Kläger somit ein noch offener Schadensersatzanspruch in Höhe von 326,00 € zu.
Weiter hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten der Einschaltung des jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Höhe von 83,54 €.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 711 ZPO.