Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.05.2000, Az.: 12 K 1303/99

Flughafen; Flughafenplanung; Lärmbelastung; Lärmschutz; Prognose; Präklusion; Verkehrsaufkommen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.05.2000
Aktenzeichen
12 K 1303/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41965
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 07.02.2001 - AZ: 11 B 61/00

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für die Beurteilung der Immissionen (tags) hebt der Senat u.a. auf einen Dauerschallpegel von Leq 3 = 65 dB(A) als Schwelle der rechtlich beachtlichen, erheblichen Belästigung der Flughafenanwohner ab.

2. Für die Beurteilung der Immissionen (nachts) bedarf es neben der Bewertung anhand von Maximalpegeln und deren Häufigkeit nicht der (ergänzenden) Heranziehung von Dauerschallpegeln. Der Senat hält daran fest, dass das sogenannte Jansen-Kriterium einen hinreichend tauglichen Maßstab zur Beurteilung der Auswirkungen von Fluglärm auf den Menschen und für die Bewertung des rechtlich notwendigen Schutzes der Anwohner eines Flughafens vor Fluglärm darstellt.

3. Die Ausweisung eines Sondergebietes mit dem Nutzungszweck 'Luftfrachtzentrum' auf einem Flughafengelände berührt nicht die bereits vorhandene technische Kapazität des Flughafens.

4. Nicht in jedem Änderungsverfahren stellt sich die Problematik des Fluglärms erneut.

5. Bei der Bewertung der von einer Änderung eines bestehenden Flughafens verursachten Fluglärmimmissionen ist auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Prognose der nach wirtschaftlichen und anderen Faktoren zu erwartenden Luftverkehrsmengen und auf die danach zu erwartende Veränderung, ggfls. Steigerung des Fluglärms abzustellen; bei der Prognose ist demgegenüber nicht von einer Vollauslastung der technischen Anlage Flughafen auszugehen.

6. Bei einer Änderungsplanung kann ein Flughafenanwohner regelmäßig nur eine durch die Änderung verursachte Steigerung des Fluglärms geltend machen; nur in Ausnahmefällen kann er sich darauf berufen, aus Anlass der Planung sei eine 'Lärmsanierung' geboten.

7. Zum Verhältnis von Maßnahmen des aktiven und des passiven Schallschutz.

8. Zu den Auswirkungen eines - freiwilligen - Schallschutzprogramms.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 16. Februar 1999 (weiterer Ausbau des Verkehrsflughafens H).

2

Der Kläger ist Eigentümer von Grundstücken in der Nähe des Flughafens. Die Beigeladene ist die Flughafenbetreibergesellschaft.

3

Der Flughafen H entwickelte sich nach dem zweiten Weltkrieg aus einem ehemaligen Militärflughafen.

4

Mit Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidenten H vom 22. April 1965 wurde der Plan für den Bau der Start- und Landebahn Nord (parallel zur vorhandenen <Süd->Startbahn) auf eine Länge von 2.400 m festgestellt.

5

Mit Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 2. November 1989 wurde die nördliche Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens H um 500 m nach Westen sowie zusätzlich um Startvorlaufstrecken von jeweils 300 m nach Osten und Westen auf eine Gesamtlänge einschließlich beider Startvorlaufstrecken von 3.800 m verlängert. Zugleich wurden drei Zurollbahnen mit Anbindung an das Rollbahnsystem geschaffen (u.a. "Hotel" und "November").

6

Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr regelte den Betrieb des Flughafens und beschränkte den Flugbetrieb: Zuletzt unter dem 22. Dezember 1994 verfügte das Ministerium mit Wirkung ab dem 1. Januar 1995 (befristet bis zum 31. Dezember 2004) Betriebsbeschränkungen für den Flughafen der Beigeladenen (NfL I-15/95, 21 f.), die insbesondere den Nachtflugbetrieb betreffen.

7

Unter dem 8. Januar 1990 änderte das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr die (am 25. April 1952 erteilte und zuletzt am 14. Februar 1986 geänderte) luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Verkehrsflughafens Hannover (Nds. MBl 1990, S. 155 bis 156, berichtigt S. 321); mit Bescheid vom 31. Januar 1995 erteilte das Ministerium der Beigeladenen die Genehmigung zur Anlage

8

-- einer neuen Rollbahn mit der Bezeichnung "Foxtrot" zur Nordparallelbahn zwischen Vorfeld und Rollbahn "Golf", parallel westlich zur Rollbahn "Lima",

9

-- neuer Vorfeldflächen westlich der neuen Rollbahn "Foxtrot" sowie westlich des bestehenden Vorfeldes im Bereich der bisherigen Rollbahn "Foxtrot", unter deren Aufhebung und Widerruf deren luftrechtlicher Genehmigung und

10

-- eines "Bebauungsbereiches West" mit Flughafenbetriebsstätten und Betriebsanlagen Dritter westlich des neuen Rollweges "Foxtrot".

11

Nach Mitteilung der Beigeladenen, den beabsichtigten Westausbau des Flughafens durchführen zu wollen, führte die Beklagte am 31. Januar 1997 eine Antragskonferenz nach § 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durch ('Scooping-Termin').

12

Mit Schreiben vom 7. Oktober 1997 beantragte die Beigeladene am 14. Oktober 1997 bei der Beklagten die Planfeststellung gemäß § 8 ff. Luftverkehrsgesetz für den Westausbau des Verkehrsflughafens H.

13

Nach dem Plan der Beigeladenen entstehen Vorfeldflächen (Vorfeld 1, Vorfeld 2), werden Rollwege geändert und neu angelegt (Rollweg Foxtrot <neu>) und entsteht ein Sondergebiet (bestimmt u.a. auch zur Aufnahme eines Luftfrachtzentrums für von Hannover ab- und nach Hannover eingehende Luftfracht).

14

Die Beigeladene legte der Beklagten ihre Planunterlagen vor, zu denen u.a. zählten:

15

-- Schalluntersuchungen -- schalltechnisches Gutachten -- Anlage 4 zum Erläuterungsbericht, erstellt vom Büro Ingenieur-Consult H & Partner GmbH, H,

16

-- Gutachtliche Beurteilung der Bodenlärmsituation bei Rollvorgängen mit Flugzeugen am Verkehrsflughafen Hannover, Prof. Dr.-Ing. H M, Mai 1994, und

17

-- Umweltverträglichkeitsstudie und Landschaftspflegerischer Begleitplan der Beigeladenen.

18

Die Beklagte führte das Auslegungs- und Anhörungsverfahren durch, in dessen Rahmen der Kläger Stellung nahm.

19

Der Kläger ist Landwirt und Rechtsanwalt. Seine landwirtschaftliche Wohn- und Hofstelle befindet sich im Dorfgebiet des Ortsteils H Stadt G, .... Die Wohnstelle liegt in der Luftlinie ca. 2,5 km westlich der Start- und Landebahn Nord. Ferner ist der Kläger Eigentümer eines weiteren Gebäudes (...), das ca. 500 m südwestlich seiner zuvor bezeichneten Wohnstelle belegen ist.

20

Mit Schreiben vom 23. Februar 1998 erhob der Kläger Einwendungen. Unter anderem brachte er vor, das Vorhaben könne nur mit der Auflage genehmigt werden, die im Jahr 1992 gemessenen Werte als Lärmgrenzwerte nach dem Vorbild des Flughafens S zu garantieren, bei einer Überschreitung dieses Lärmgrenzwertes sei die Genehmigungsbehörde verpflichtet, durch Anordnung aktiver Lärmschutzmaßnahmen (z.B. Flugverbote für laute Maschinen) oder durch ein Bewegungskontingent (wie beim Flughafen Düsseldorf) die Einhaltung des Grenzwertes zu gewährleisten. Zur Begründung verwies der Kläger darauf, in den Planfeststellungsunterlagen finde sich die Zusage: "Die generelle Zunahme des Flugverkehrs wird im Bereich des Flughafens H in den kommenden Jahren jedoch zu keiner Erhöhung der Lärmbelästigung führen."

21

Unter dem 12. Oktober 1998 legte die Beigeladene der Beklagten ihre Stellungnahmen zu den erhobenen Einwendungen vor und übersandte gleichzeitig die von ihr in Auftrag gegebenen fluglärmtechnischen Gutachten ...

22

Ferner legte die Beigeladene das ebenfalls von ihr in Auftrag gegebene fluglärmmedizinische Gutachten ... vor:

...

23

Die Beklagte führte am 5. November 1998 den Erörterungstermin durch, an dem der Kläger teilnahm. Dort brachte der Kläger u.a. vor:

24

Die nicht ausgelegten Gutachten könnten nicht berücksichtigt werden, da keine Einwendungen gegen diese hätten erhoben werden können. Die bisherigen Lärmgutachten zum Luftverkehr hätten sich als unzuverlässig erwiesen. Die generelle Aussage, dass der Lärm durch den Ausbau nicht zunehme, sei falsch. Er fordere von der Beigeladenen eine Zusage, dass der Lärm nicht zunehmen werde. Die Aussage der Beigeladenen, dass sie bereits jetzt bei den Abstellflächen an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sei, bedeute, dass nur durch den geplanten Ausbau die Kapazität erhöht werden könne. Danach würde sich ohne den Ausbau auch keine Erhöhung der Lärmimmissionen ergeben. Er befürchte eine ausbaubedingte Erhöhung der Lärmwerte und rüge, dass der Flughafen schon jetzt die Genehmigungsgrenzen bei den Lärmwerten überschreite.

25

Die Beklagte übersandte dem Kläger die fluglärmtechnischen und -medizinischen Gutachten zur Stellungnahme. Darauf machte der Kläger unter dem 27. November 1998 geltend:

26

Die Gutachten hätten nicht ausgelegen und müssten als verspätet zurückgewiesen werden. Die Stellungnahmefrist sei zu kurz. Es lägen weitere Formfehler im Verfahren vor. Die vorgelegten Gutachten seien auch im Hinblick auf einen Vergleich der Prognosefälle 1 und 2 nicht schlüssig. Die Einholung eines medizinischen Gutachtens bleibe vorbehalten. Das Datenerfassungssystem DES sei nicht nachvollziehbar.

27

Bereits jetzt lägen die Lärmmessungen im Ist-Zustand über den Werten, die Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen seien, so dass bereits in einigen Fällen Planergänzungsansprüche bestünden. Unter Berücksichtigung des für das Jahr 2010 geschätzten Passieraufkommens ergebe sich eine deutlich über den Prognosen liegende Lärmbelastung. Das schutzwürdige Vertrauen der Anwohner des Flughafens verbiete es, dass der Planfeststellungsbeschluss einen Lärmanstieg billige.

28

Am 16. Februar 1999 erließ die Beklagte den

29

"Planfeststellungsbeschluß gemäß § 8 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) zum Ausbau Westbereich des Verkehrsflughafens Hannover-Langenhagen mit

30

- Erweiterung des Vorfeldes

31

- Anlegung eines neuen Rollweges und Anpassung vorhandener Rollwege und

32

- Ausweisung eines Sondergebietes westlich des Vorfeldes".

33

Der festgestellte Plan

34

"umfaßt

35

-   den Bau einer neuen Rollbahn mit der Bezeichnung "Foxtrot" zur Nordparallelbahn zwischen Vorfeld und Rollbahn "Golf" parallel westlich zur Rollbahn "Lima",

36

-   den Bau neuer Vorfeldflächen westlich des bestehenden Vorfeldes (Vorfeld 1) im Bereich der bisherigen Rollbahn "Foxtrot", welche aufgehoben wird, sowie westlich der neuen Rollbahn "Foxtrot" (Vorfeld 2),

37

-   die Verschwenkung der bestehenden Rollbahn "Mike" mit Ausbau des Kreuzungsbereichs und Ausbau der bestehenden Rollbahn "Lima",

38

-   den teilweisen Rückbau der bestehenden Rollbahn "Mike" im Einmündungsbereich zum Vorfeld,

39

-   den Ausbau des Ausrundungsbereiches zwischen der Rollbahn "Lima" und der Rollbahn "Golf",

40

-   die Ausweisung eines Bebauungsbereiches (Sondergebiet) mit Flughafenbetriebsstätten und Betriebsanlagen für geflogene Fracht vom und zum Flughafen Hannover (Luftfrachtzentrum) mit dazugehörigen Nebenanlagen westlich des Vorfeldes 2,

41

-   die öffentliche Erschließung des Sondergebietes durch eine im Tunnel geführte Straßenverbindung zum Flughafenzentralbereich,

42

-   die Errichtung eines neuen Regenrückhaltebeckens (RRB),

43

-   die Herstellung einer Wirtschaftswegverbindung zur Straße Schulenburg Nord mit Anschluß an das Vorfeld 1,

44

-   Beleuchtung der Vorfelder,

45

-   Schaffung einer Vorfeldstation,

46

-   Umlegung/Rückbau von Kabeltrassen,

47

-   Kabeltrassen für Vorfelder und die Sondergebiete,

48

-   Rollbahnbefeuerungsanlagen,

49

-   Elektroenergieversorgung der Sondergebiete,

50

-   Kommunikationstechnische Anbindung der Sondergebiete,

51

-   Umlegung von Gasleitungen für die Sondergebiete und

52

-   landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen."

53

Im Planfeststellungsbeschluss heißt es u.a., die genehmigungsrechtliche Einbeziehung des Ausbaus im Westbereich in das Betriebsgelände des Flughafens sei im Zuge eines Planfeststellungsverfahrens notwendig, um der Beigeladenen auch in Zukunft den bedarfsgerechten Ausbau zu ermöglichen. Die weitere Notwendigkeit des Bauvorhabens ergebe sich aus der Situation der Abfertigungspositionen: Die Anzahl der z.Zt. verfügbaren Abfertigungspositionen stelle den limitierenden Faktor für die Abfertigungskapazität des Flughafens H dar. Zeitlichen Verzögerungen des Rollverkehrs auf dem Abfertigungsvorfeld sei durch Änderungen der Rollwege zu begegnen. Entsprechend der langfristigen Verkehrsprognose des Flughafens werde das Bewegungsaufkommen in den nächsten 10 Jahren um insgesamt rd. 45 % (per anno 3,8 %) auf 89.946 Starts und Landungen im Jahre 2006 zunehmen -- durch die eingeschränkte Vorfeldkapazität sei aber z.Zt. nur ein Bruchteil dieser Bewegungen realisierbar. Der Ausbau sei vernünftigerweise geboten und erforderlich.

54

Zum Fluglärm führt der Planfeststellungsbeschluss aus (S. 24ff):

55

Der durch den Ausbau bedingte Fluglärm überschreite für die Flughafenanwohner nicht die Zumutbarkeitsgrenze -- zwischen Prognose 1 im Jahre 2010 ohne Westausbau und Prognose 2 im Jahre 2010 mit Westausbau seien keine medizinisch relevanten oder interpretierbaren Unterschiede feststellbar. Soweit bestimmte medizinisch orientierte Werte im Ist-Zustand bereits erreicht bzw. überschritten würden, empföhlen die Gutachten präventive Maßnahmen, wobei der Nachtschutz im Vordergrund stehe. Insoweit gewährleiste aber das Schallschutzprogramm der Beigeladenen bereits eine hinreichende Kompensation der Beeinträchtigungen. Die Umsetzung des Programms sei gesichert und gewährleiste, dass im Innern der zu schützenden Räume bei geschlossenen Fenstern nachts in der Regel keine höheren Einzelschallpegel als 55 dB(A) aufträten. Die hinreichende Belüftung der Räume sei durch den zusätzlichen Einbau schallgedämmter Lüfter gesichert. Zu den Einwendungen des Klägers führt der Planfeststellungsbeschluss im Wortlaut aus (Seite 131 ff. -- nur auszugsweise --):

56

"Die Einwendungen werden zurückgewiesen. ...

57

Für die Anwohner wurde von der FHG ... ein Schallschutzprogramm aufgelegt, ... Aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen bedarf es weder wegen noch aus Anlaß der beantragten Planfeststellung der Festlegung von Lärmgrenzwerten. ... Allen Einwanderhebern, die Bedenken im Hinblick auf mögliche zusätzliche Lärmimmissionen erhoben habe, sind die nachträglich eingeführten Gutachten mit der Bitte zugesandt worden, hierzu Stellung zu nehmen.

58

Die Einholung eines fluglärmtechnischen sowie eines fluglärmmedizinischen Gutachtens diente dem Zweck, die aus vorangegangenen Einwendungen erhobene Behauptung zu widerlegen, durch die ausbaubedingte Zunahme des Flugverkehrs würden die Anwohner des Flughafens in unzumutbarer Weise belästigt oder gar deren Gesundheit gefährdet. Die in den Planfeststellungsunterlagen enthalten Gutachten sind im Hinblick auf den Bodenlärm ausreichend, die Lärmauswirkungen des Ausbauvorhabens zu beurteilen. ...

59

Die Gutachten haben hinreichend nachgewiesen, daß die ausbaubedingte Lärmerhöhung marginal ist und die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreitet. ... Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß in diesem Planfeststellungsverfahren nur zu prüfen ist, ob die durch den Ausbau bedingte Zunahme des Lärms die Grenze der Zumutbarkeit überschreitet mit der Folge von Schutzauflagen oder ob aus Anlaß der Planfeststellung eine Lärmsanierung erforderlich ist. Beides ist im vorliegenden Planfeststellungsverfahren nicht gegeben. ...

60

Zur Beurteilung der Lärmauswirkungen ist nur die ausbaubedingte Änderung des Fluglärms zu bewerten ...

61

Die Prognosen dienen der Abschätzung der durch das jeweilige Ausbauvorhaben bedingten Lärmveränderung. Sie dienen aber nicht der Begründung eines Anspruchs von Anwohnern, die im Prognoseszenario dargelegten Verkehrsmengen oder Lärmwerte als höchst zulässige Grenzwerte festzulegen. Hierauf besteht für Betroffene kein Rechtsanspruch. ...

62

Die Nordbahnverlängerung hat zu keiner für die Anwohner erheblichen Erhöhung der Lärmbelastung geführt. ...

63

Zur Entscheidung über den Antrag ... auf Planfeststellung bedarf es keines medizinischen Gegengutachtens des Einwendungsführers. Die vorliegenden Gutachten waren ausreichend. Es lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Gutachten methodische Fehler aufweisen. ... Die Verkehrsprognose ist methodisch einwandfrei vorgenommen worden.

64

Bei der detaillierten Struktur des dem fluglärmtechnischen Gutachtens zugrunde liegenden DES (Tabelle 5 des ... Gutachtens ...) ergibt sich zwangsläufig durch die Einführung auch kleinster Prognoseeinheiten i.S. der mathematischen Konsistenz der angesprochene Konkretisierungsgrad. Die Einteilung der gesamten Flugbewegungen in die einzelnen Flugzeuggruppen berücksichtigt alle für den Prognosezeitraum aus heutiger Sicht erkennbaren Entwicklungstendenzen. Die Einwendung, daß der Rückgang der Zahl der Prop-2-Bewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten von 7.994 (im Jahre 1997) auf 5.700 (im Jahre 2010) nicht zutreffend sei, wird zurückgewiesen. Durch den heute schon erkennbaren Trend des zunehmenden Einsatzes von Turbopropmaschinen durch kleine Regionaljets ... muß von einem Rückgang der Prop-2-Bewegungen ... ausgegangen werden. Auf kurzen Strecken ... ergibt sich außerdem eine stärkere Substitution durch die Bahn. ...

65

Der Fluglärm wird einzig und allein durch die Anzahl der Flugbewegungen und den Flugzeugtypenmix bestimmt. Die Darstellung der Fluglärmzunahme linear zum Fluggastaufkommen ist daher nachweislich falsch.

66

Ein rechtlich geschütztes Vertrauen der Anwohner in der dargestellten Form ist nicht vorhanden. Für die Festlegung einer Lärmkontingentierung besteht weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen Anlaß. Eine solche Kontingentierung hat die FHG auch zu keinem Zeitpunkt zugesagt.

67

Der Planfeststellungsbeschluß zur Verlängerung der Nordparallelbahn ist bestandskräftig und daher einer weitergehenden rechtlichen Bewertung aufgrund der Rechtskraftwirkung nicht mehr zugänglich. ...

68

Das fluglärmtechnische Gutachten ... und das fluglärmmedizinische Gutachten ... sind auch im Hinblick auf die im Erörterungstermin geäußerte Kritik als formell und sachlich zutreffend anzusehen. ..."

69

(Planfeststellungsbeschluss Seite 131 bis 135 <Auszüge>).

70

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 16. Februar 1999 wurde dem Kläger am 20. Februar 1999 zugestellt.

71

Der Kläger hat am Montag, den 22. März 1999, Klage erhoben und am Montag, den 3. Mai 1999, begründet.

72

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung nebst Anlagen verwiesen.

73

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr sowie der von der Beigeladenen vorgelegten Fluglärmberichte 1994 bis 1998 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

74

Die Klage hat keinen Erfolg.

75

Die fristgerecht erhobene und begründete Klage, über die der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 6 VwGO erstinstanzlich zu befinden hat, ist zulässig; insbesondere ist die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gegeben. Danach ist die Klage zulässig, wenn ein Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn der Kläger beruft sich u.a. auf die Lärmbelastung seiner Grundstücke in Folge der planfestgestellten Veränderungen (Westausbau) des Flughafens H. Er hat damit Tatsachen vorgetragen, die es nicht als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass er durch den Planfeststellungsbeschluss in einer eigenen rechtlich geschützten Position beeinträchtigt wird.

76

Die Klage ist aber unbegründet.

77

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 16. Februar 1999, der sich auf die §§ 8 bis 10 LuftVG stützt, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.

78

(Etwaige) Verfahrensfehler kann der Kläger nicht erfolgreich geltend machen (dazu 1.). Es bleibt offen, ob im vorliegenden Verfahren die Frage des Fluglärms erneut aufgeworfen werden kann (dazu 2.).

79

Der Planfeststellungsbeschluss bewältigt die Fluglärmproblematik in einer Art und Weise, die der Kläger nicht erfolgreich angreifen kann (dazu 3.).

80

Auch im übrigen vermag der Kläger nicht mit seinen Klageanträgen durchzudringen (dazu 4.).

81

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz -- LuftVG -- i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Januar 1981 (BGBl. I S. 61), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) -- das LuftVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 550) ist gemäß Art. 12 Abs. 1 des 11. Änderungsgesetzes vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2432) am 1. März 1999 in Kraft getreten -- dürfen Flughäfen nur angelegt und bestehende Flughäfen nur geändert werden, wenn der Plan nach § 10 LuftVG vorher festgestellt ist. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs. 1 LuftVG ersetzt die Planfeststellung alle nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen, wobei nach Satz 3 (aaO.) u.a. die Zuständigkeit der für die Baugenehmigung zuständigen Behörden unberührt bleibt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 LuftVG werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Unternehmer und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Nach § 9 Abs. 2 LuftVG sind im Planfeststellungsbeschluss dem Unternehmer die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Gemäß § 9 Abs. 3 LuftVG sind Beseitigungs- und Änderungsansprüche gegenüber festgestellten Anlagen ausgeschlossen, wenn der Plan rechtskräftig festgestellt ist. Nach § 8 Abs. 6 LuftVG ist die Genehmigung nach § 6 LuftVG nicht Voraussetzung für ein Planfeststellungsverfahren.

82

Ein Kläger kann allerdings weder eine umfassende Planüberprüfung noch eine abschließende Prüfung unter dem Gesichtspunkt erreichen, ob der Plan uneingeschränkt das Ergebnis einer fachlich-optimalen Planung ist und eine in jeder Hinsicht vernünftige Lösung zum Inhalt hat. Gegenstand der Prüfung durch das Gericht ist allein, ob die Planung gegen objektives Recht verstößt, soweit ein Kläger durch das Vorhaben auch in seinen eigenen subjektiven Rechten nachteilig berührt wird. Das für das Planungsrecht allgemein geltende (rechtsstaatliche) Abwägungsgebot räumt dem von der Planung Betroffenen mit dem Recht auf eine gerechte Abwägung zwar ein subjektiv-öffentliches Recht ein, doch bezieht sich dieses nur auf die rechtlich geschützten eigenen Belange des Betroffenen. Dieser kann nur geltend machen, dass seine eigenen Belange mit den entgegenstehenden Belangen nicht gerecht abgewogen sind und ein Abwägungsausfall oder ein Abwägungsdefizit im Hinblick auf seine Rechte vorliegt. Eine Fehlgewichtung öffentlicher Belange kann demgegenüber nur der Planbetroffene mit Erfolg geltend machen, dessen Grundeigentum im Vollzug der Planung vollständig oder teilweise entzogen werden soll. Denn derjenige kann sich unmittelbar auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GG berufen, der ihn vor einem Eigentumsentzug schützt, der nicht zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich oder nicht gesetzmäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 -- BVerwG IV C 21.74 --, BVerwGE 48, 56; BVerwG, Urteil vom 18. März 1983 -- BVerwG IV C 80.79 --, BVerwGE 67, 74; Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --). Allerdings kann ein Kläger grundsätzlich seine eigenen privaten Belange geltend machen. Nach § 10 Abs. 8 LuftVG (die ab 1. März 1999 geltende Fassung des LuftVG idF. des 11. ÄndG ist insoweit gleichlautend) können erhebliche Mängel bei der Abwägung grundsätzlich zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen -- dabei sind nach § 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift führen erhebliche Mängel bei der Abwägung oder Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können.

83

Soweit nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG im Rahmen der Abwägung die von dem Vorhaben berührten privaten Belange zu berücksichtigen sind und nach § 9 Abs. 2 LuftVG Schutzvorkehrungen im weiteren Sinne getroffen werden können, gilt folgendes: § 9 Abs. 2 LuftVG setzt der Planungsentscheidung äußerste, mit einer gerechten Abwägung nicht mehr überwindbare Grenzen. Macht die Planfeststellung zur Verwirklichung des mit dem Plan verfolgten Ziels Festsetzungen erforderlich, die sich in ihrer Auswirkung auf Nachbargrundstücke als Gefahren oder Nachteile (oder materiell wie eine Enteignung) darstellen, so darf der dadurch hervorgerufene Interessenkonflikt nicht im Wege einer die privaten Belange ohne weitere Folgerungen zurückstellenden Abwägung zu Lasten des betroffenen Grundstückseigentümers gelöst und damit in Wahrheit zu dessen Lasten unbewältigt bleiben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --). § 9 Abs. 2 LuftVG fordert dann, wenn die Schwelle der Zumutbarkeit überschritten ist, einen physisch-realen Ausgleich durch die Anordnung von Schutzauflagen zu Lasten des Flughafenunternehmers. Dabei sind als i. S. des § 9 Abs. 2 LuftVG "benachbarte Grundstück" entsprechend den Grundsätzen, die für das Immissionsschutzrecht anerkannt sind, nicht nur die unmittelbar an den Flughafen angrenzenden Grundstücke zu betrachten, sondern alle diejenigen Grundstücke, die im Einwirkungsbereich des Flughafens liegen.

84

Hat der Betroffene nach § 9 Abs. 2 LuftVG Anspruch auf eine seinen Belangen Rechnung tragende Auflage, so schließt das einen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses aus. In diesem Fall kann der Betroffene lediglich Planergänzung verlangen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --).

85

Ein erheblicher Mangel in der Abwägung kann zu einem Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses dann nur führen, wenn der Mangel für die Planungsentscheidung insgesamt von so großem Gewicht ist, dass dadurch nicht nur der einzelne Betroffene benachteiligt, sondern die Ausgewogenheit der Gesamtplanung bzw. eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage gestellt ist (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 -- BVerwG 4 A 79.76 --, BVerwGE 56, 110; Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --). Zudem sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nach § 10 Abs. 8 LuftVG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dabei wird § 9 Abs. 2 LuftVG ergänzt durch § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, soweit solche Vorkehrungen oder Anlagen (i.S. von § 9 Abs. 2 LuftVG) untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Notwendig i.S. des § 9 Abs. 2 LuftVG sind solche Schutzmaßnahmen jedoch nur dann, wenn sich die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer fehlerfreien Abwägung nicht in der Lage sieht, die Problembewältigung durch eigene planerische Gestaltung des Flughafens einschließlich seines Betriebes zu leisten.

86

Auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG kann eine von dem Planvorhaben umfasste wesentliche Maßnahme z.B. nicht geändert, gestrichen oder verkürzt werden, da dieses nur auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 LuftVG zulässigerweise möglich wäre -- letzteres würde sich rechtlich als teilweise Ablehnung der beantragten Planfeststellung darstellen --. Das Entsprechende kann für betriebliche Regelungen gelten, wie z.B. eine Kontingentierung, eine Beschränkung des Flugbetriebes usw., mit denen nachhaltig in die Kapazität des Flugplatzes eingegriffen würde (vgl. Hofmann/Grabherr, LuftVG, Stand: November 1997, RdNr. 29 zu § 9; BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51.89 --, BVerwGE 87, 332; Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --).

87

Schließlich ist im Rahmen einer gerechten Abwägung auch der Grundsatz der umfassenden Konfliktbewältigung zu beachten und der Einfluss der bestehenden, zu ändernden Anlage in ihren bisherigen Zustand auf die Umwelt zu berücksichtigen.

88

Die aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe stehen insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. Urteil vom 27. Oktober 1998 -- BVerwG 11 A 1.97 --, NuR 2000, 31 [BVerfG 02.03.1999 - 2 BvF 1/94] = NVwZ 1999, 644), die sich der Senat insoweit zu eigen macht.

89

Gemessen daran hat der Kläger weder Anspruch auf Aufhebung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses noch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Planergänzung, zum Erlass von Auflagen, z.B. Schutzanordnungen, zu seinen Gunsten. Vorliegend macht der Kläger selber nicht geltend, unmittelbar in seinem Grundeigentum betroffen zu sein. Ob die Beklagte im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit und der Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechende Gesichtspunkte alle nach Lage der Dinge in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belange, z.B. des Natur- und Landschaftsschutzes, in die Abwägung eingestellt hat, ob sie die Bedeutung der durch Planung betroffenen öffentlichen Belange richtig erkannt und ob sie den Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen hat, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer Verhältnis steht, ist daher in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Denn eine fehlerhafte Abwägung zum Nachteil eines öffentlichen Belanges -- oder auch zum Nachteil anderer Beteiligter -- kann der nicht enteignungsbetroffene Kläger nicht zum Gegenstand der auf die Gewährung von Individualrechtsschutz beschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle machen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --).

1.

90

Soweit der Kläger geltend macht, durch (etwaige) Verfahrensfehler der Beklagten im Planfeststellungsverfahren in seinen Rechten verletzt zu sein, und insoweit sein Begehren nach Klageantrag Nr. 2 (Aufhebung) und Nr. 3 (Feststellung der Rechtswidrigkeit und Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Ergänzungsverfahrens) stützen möchte, erweist sich die Klage als unbegründet.

91

Nach § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG führen erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahrens behoben werden können.

92

Eine solche Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.

93

Dass die öffentliche Auslegung der Pläne der Beigeladenen nicht ortsüblich bekannt gemacht worden sei, steht nicht im Einklang mit dem Inhalt der Akten, nach dem die Beklagte der Stadt G, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die Grundstücke des Klägers belegen sind, die Planunterlagen mit Schreiben vom 12. November 1997 zur Auslegung und ortsüblichen Bekanntmachung der Auslegung übersandte; zugleich legte die Beklagte die Auslegungsfrist ("zu jedermanns Einsicht") gemäß § 10 Abs. 2 LuftVG iVm § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG auf einen Monat fest. Insoweit erneuerte die Beklagte ihr Verlangen gegenüber der Stadt G, die Pläne auszulegen und die Auslegung ortsüblich bekannt zu machen, mit Schreiben vom 5. Januar 1998. Nach der "Bekanntmachung" der Stadt G vom 15. Januar 1998, ortsüblich bekannt gemacht in der Leine-Zeitung Nr. 6 vom 8. Januar 1998, und nach dem Bestätigungsschreiben der Stadt ... vom 18. Februar 1998 haben die Planunterlagen von Freitag, dem 16. Januar 1998, bis Montag, dem 16. Februar 1998, bei der Stadt G ausgelegen. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist erhoben werden könnten -- dies entspricht der Vorschrift des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Auch im Übrigen entspricht das Auslegungsverfahren insoweit den Vorschriften nach § 10 LuftVG iVm § 73 VwVfG.

94

Das Vorbringen des Klägers, die fluglärmtechnischen und -medizinischen Gutachten hätten nicht ausgelegen, verhilft seinem Klagebegehren nicht zum Erfolg, da die Beklagte ihm jedenfalls diese Gutachten noch hat zukommen lassen und ihm eine weitere Stellungnahmefrist eingeräumt hat (von der der Kläger auch Gebrauch machte). Selbst wenn mithin ein Verfahrensfehler insoweit vorgelegen haben sollte (der Senat verneint das), wäre dieser nach § 10 Abs. 8 Satz 2 letzter Halbsatz LuftVG iVm § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt.

95

Nicht jedes nachträglich eingeholte Gutachten zwingt ferner die Planfeststellungsbehörde zu einer erneuten Anhörung; die Durchführung eines erneuten Anhörungsverfahrens steht vielmehr je nach den Umständen des Einzelfalles im pflichtgemäßem Ermessen der Behörde. Fehlerhaft ist lediglich ein Vorgehen, bei dem das Schwergewicht der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen in den späteren Verfahrensabschnitt verlagert wird (BVerwG, Urteil vom 20. August 1990 -- BVerwG 4 B 146, 147, 148.89 --, NVwZ-RR 1991, 8). Die nach § 10 LuftVG iVm § 73 VwVfG durchzuführende Auslegung der Pläne dient der Information der von dem geplanten Vorhaben Betroffenen. Diesem Zweck ist in aller Regel bereits dann genügt, wenn die Auslegung den von dem geplanten Vorhaben potentiell Betroffenen Anlass gibt zu prüfen, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und ob sie deshalb im anschließenden Anhörungsverfahren zur Wahrung ihrer Rechte oder Interessen Einwendungen erheben wollen. Die Planauslegung hat mithin in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, dem interessierten Bürger und (den interessierten Gemeinden) ihr Interesse an Information und Beteiligung durch Anregungen und Bedenken bewusst zu machen und dadurch eine auf das geplante Vorhaben bezogene Öffentlichkeit herzustellen. Mit der Planauslegung brauchen dagegen nicht bereits alle Unterlagen bekannt gemacht zu werden, die möglicherweise erforderlich sind, um die Rechtmäßigkeit der Planung umfassend darzutun oder den festgestellten Plan vollziehen zu können. Welche Unterlagen mit dem Plan im Einzelnen auszulegen sind, bestimmt sich nach dem jeweiligen Informationszweck der Planauslegung, nach den Notwendigkeiten des Einzelfalles entscheidet sich auch, ob auch Gutachten auszulegen sind. Es bleibt der Planfeststellungsbehörde unbenommen, weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen, um ihrer Aufgabe einer sachgerechten Prüfung und Abwägung gerecht werden zu können. Was hierfür erforderlich ist, hat die Behörde im Hinblick auf die ihr übertragene planerische Gestaltungsbefugnis zu beurteilen. Diese Befugnis findet ihre Grenze nur dann, wenn das Schwergewicht der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen in den späteren Verfahrensabschnitt verlagert würde, so dass eine substantielle Einflussnahme der Betroffenen nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich wäre (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 -- BVerwG 4 C 13.85 --, BVerwGE 75, 214). Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 VwVfG müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur solche, die -- aus der Sicht der potentiell Betroffenen -- erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen -- ob dazu Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls (BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 -- BVerwG 4 C 4.94 --, BVerwGE 98, 339).

96

Gemessen daran brauchte die Beklagte die lärmtechnischen und -medizinischen Gutachten nicht etwa erneut auszulegen, da die wesentlichen Unterlagen, die den Flughafenanwohnern bewusst machen konnten, dass und welche Baumaßnahmen und Planungen auf dem Flughafengelände zu gewärtigen sind, bereits ausgelegen haben.

97

Im Übrigen vermitteln die Verfahrensvorschriften in Fachplanungsgesetzen regelmäßig nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes keine selbständig durchsetzbaren Verfahrenspositionen (Urteil vom 8. Juni 1995 -- BVerwG 4 C 4.94 --, aaO.).

98

Mit seiner Erwägung, bei erfolgter Auslegung dieser Gutachten hätte sich eine größere Anzahl von Einwendern gebildet, dies hätte sich auf das Abwägungsergebnis niedergeschlagen, macht der Kläger Rechte Dritter geltend und nicht eigene Rechte.

99

Auch soweit er sein Begehren auf eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere -- vermeintlichen -- Fehlern im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung, stützt, vermag er damit nicht durchzudringen: Die Umweltverträglichkeitsprüfung stellt -- insoweit: lediglich -- ein Instrument zur Durchsetzung des Vorsorgeprinzips dar, dem keine drittschützende Wirkung zukommt. Allenfalls könnte einzelnen Vorschriften -- etwa über die Öffentlichkeitsbeteiligung -- ein nachbarschützender Charakter zugestanden werden (vgl. zur fehlenden Klagebefugnis: Haneklaus in: Hoppe <Hrsg.>, UVPG, Kommentar, RdNr. 45 zu Vorbem., m.w.Nachw.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung primär ein Verfahrensinstrument ist und dass die Möglichkeiten, Verfahrensfehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung klageweise geltend zu machen, eng begrenzt sind (vgl. Erbguth/Schink, UVPG, 2. Auflg. 1996, RdNr. 102, Einleitung m.w.Nachw.); regelmäßig begründet eine Verletzung von verfahrensrechtlichen Regelungen und damit objektiv rechtlichen Gehalten (Erbguth/Schink, aaO., RdNr. 107 b am Ende, m.w.Nachw.) eine Klagebefugnis nicht (BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 -- BVerwG 4 C 4.94 --, BVerwGE 98, 339; vgl. Erbguth/Schink, UVPG, aaO., RdNr. 118 der Einleitung). Einen eigenständigen Anspruch auf die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung gibt es weder nach national- noch gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist als Verfahrensfehler nur dann als erheblich anzuerkennen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Sachentscheidung ohne diesen Fehler anders ausgefallen wäre. Wenn Verstöße gegen die Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie Ermittlungs- oder Bewertungsdefizite zur Folge haben, so kann sich hieraus zudem allenfalls dann ein Aufhebungsanspruch ergeben, wenn der Fehler offensichtlich und maßgeblich auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen ist und nicht behoben werden kann (vgl. § 10 Abs. 8 LuftVG). Aus der gemeinschaftsrechtlich begründeten Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, lässt sich keine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition herleiten -- das Bundesverwaltungsgericht hat bisher insoweit Verfahrenspositionen, die unabhängig von der Möglichkeit einer konkreten materiell rechtlichen Betroffenheit geschützt sind, vom Atomrecht abgesehen, weder im Fachplanungs- noch im sonstigen Zulassungsrecht anerkannt (Urteil vom 25. Januar 1996 -- BVerwG 4 C 5.95 --, BVerwGE 100, 238). Dem schließt der Senat sich an.

100

Der Auffassung des Klägers, der Generalausbauplan der Beigeladenen müsse öffentlich gemacht werden, dieser hätte auch bereits mit ausgelegt werden müssen, er müsse ihm zur Verfügung gestellt werden, da der Generalausbauplan Zwangspunkte für weitere Planungen und Erweiterungen des Flughafens Hannover-Langenhagen schaffe, ist entgegenzuhalten, dass er keinen Anspruch auf Kenntnisnahme des unternehmensinternen Ausbauplanes hat. Der Generalausbauplan -- insoweit ist der Auffassung der Beklagten zuzustimmen -- stellt nur eine unternehmensinterne Planung dar, der nicht in rechtlich bindender Weise in Rechte Dritter eingreift. Zwangspunkte werden durch diesen Generalausbauplan nicht geschaffen, da für weitere Ausbaumaßnahmen, jedenfalls soweit sie Rechte Dritter betreffen, (Verwaltungs-) Verfahren erforderlich sind, deren Ergebnisse gerichtlich überprüft werden können.

101

Danach kann der Kläger die von ihm geltend gemachten Ansprüche nicht aus -- etwaigen -- Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren herleiten. Der Kläger hat insoweit keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder Planergänzung.

2.

102

Soweit der Kläger geltend macht, durch Fluglärmimmissionen betroffen zu sein, spricht Erhebliches dagegen, dass der Kläger im vorliegenden Verfahren überhaupt die Frage des Fluglärms erneut aufwerfen kann:

103

Allerdings ergibt sich dies nicht aus der Übergangsregelung des § 71 LuftVG (i.d. ab 1. März 1999 geltenden Fassung des 11. Änderungsgesetzes und der Bekanntmachung vom 27. März 1999, BGBl. I, 550 <579>). Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gilt ein bis zum 31. Dezember 1958 in dem Gebiet der ('alten') Bundesrepublik Deutschland angelegter Flugplatz, der am 1. März 1999 noch betrieben wird, i.S. der §§ 6 bis 10 LuftVG als genehmigt und, wenn er der Planfeststellung bedarf, als im Plan festgestellt. Für den Flughafen Hannover-Langenhagen greift diese Vorschrift -- soweit hier von Interesse -- nicht durch.

104

Die Frage der Zumutbarkeit des Fluglärms für Anwohner stellt sich indessen nicht neu, wenn die technische Kapazität des Flughafens unberührt bleibt, wie das das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf eine bereits luftverkehrsrechtlich genehmigte technische Kapazität entschieden hat (Urteil vom 15. September 1999 -- BVerwG 11 A 22.98 --, DVBl. 2000, 215 -- LS -- = LKV 2000, 211 = UPR 2000, 116); dort hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:

105

"... Allerdings sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG bei der -- hier in Rede stehenden -- Planfeststellung einer Flughafenänderung die berührten privaten Belange im Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu klargestellt, daß die Abwägung auf jenen Zustand der Anlage zu beziehen ist, wie er sich infolge der Planfeststellung ergeben wird (BVerwGE 56, 110 <129>). Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, sämtliche Einwirkungen des Flughafens auf seine Nachbarschaft seien gerade in dem die Flughafenänderung betreffenden Planfeststellungsverfahren planerisch zu bewältigen und deswegen in die Abwägungsentscheidung einzustellen. Auch die Frage der Zumutbarkeit von Beeinträchtigungen der Flughafenanlieger wird nicht bereits durch jede planfeststellungsbedürftige Änderung wieder neu aufgeworfen. Sie stellt sich jedenfalls dann nicht, wenn es sich um Beeinträchtigungen handelt, die von einer früheren luftverkehrsrechtlichen Genehmigung nach § 6 Abs. 1 LuftVG gedeckt sind und von einer späteren planfeststellungsbedürftigen Änderung des Flughafens nicht berührt werden. Ebensowenig wie die gesteigerte Ausnutzung einer solchen Genehmigung ihrerseits genehmigungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 -- BVerwG 11 C 1.97 -- Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 27), bedarf es einer Einbeziehung der von der Genehmigung unverändert gedeckten Beeinträchtigungen in das spätere Planfeststellungsverfahren. Insoweit können schutzwürdige private Belange nicht berührt sein. ...

106

Der Planfeststellungsbeschluß des Beklagten läßt die mithin genehmigte technische Kapazität des Flughafens Dresden unberührt. Landebahn und Rollwege bleiben unverändert. Soweit sich der Planfeststellungsbeschluß auf Vorfeldveränderungen bezieht, ergibt sich hieraus -- wie Beigeladene und Beklagter vom Kläger unwidersprochen dargelegt haben -- keine Erhöhung der technischen Kapazität des Flughafens, weil die Maßnahmen ausschließlich auf eine verbesserte Anbindung des Vorfeldes an den neuen Passagierabfertigungsbereich, nicht jedoch auf eine Erhöhung der Flugbewegungen gerichtet sind. Soweit der Planfeststellungsbeschluß Maßnahmen vorsieht, die die -- landseitige -- Passagierabfertigungskapazität verbessern, ist hiermit ebenfalls keine Erhöhung der technischen Kapazität und der daraus resultierenden Flugbewegungen verbunden. Der Planfeststellungsbeschluß nutzt insoweit die bereits bestehende technische Kapazität des Flughafens lediglich aus. Abgesehen davon ist -- wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom Kläger unwidersprochen dargelegt hat -- die Abfertigungskapazität kein geeigneter Maßstab zur Beurteilung der Lärmeinwirkungen. Anders als beim Maßstab der Flugbetriebsflächen besteht insbesondere wegen der Abhängigkeit vom eingesetzten Fluggerät kein verläßlicher Erfahrungswert über den Zusammenhang zwischen der Abfertigungskapazität und den flugbewegungsabhängigen Lärmeinwirkungen. Die bloße Erhöhung der Abfertigungskapazität gibt daher keinen Anlaß, die Frage der Zumutbarkeit des Fluglärms im Rahmen der die technische Kapazität des Flughafens nicht verändernden Planfeststellung aufzuwerfen. Daß im Hinblick auf die dargelegte staatliche Pflicht zum Schutz der Grundrechte etwas anderes zu gelten hätte, ist weder erkennbar noch vom Kläger dargelegt (vgl. zum Darlegungserfordernis BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1998 -- BVerwG 11. C 3.97 -- Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18).

107

Dieses Ergebnis rechtfertigt nicht die Schlußfolgerung, ein Betroffener wie der Kläger sei einer -- insbesondere nicht vorhersehbaren -- Steigerung des Fluglärms, sofern sie sich nur unterhalb des Bereichs der Grundrechtsverletzung bewegt, schutzlos ausgesetzt. Insofern ist darauf hinzuweisen, daß ein Anspruch auf nachträgliche Betriebsbeschränkungen im Wege eines teilweisen Widerrufs nach § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG in Betracht kommen kann. Darüber hinaus sind, weil es sich bei der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung um eine Planungsentscheidung handelt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. November 1996 -- BVerwG 4 B 170.96 -- Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 13 m.w.N.), nachträgliche Genehmigungsergänzungsansprüche entsprechend § 75 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 9 Abs. 2 LuftVG denkbar (vgl. etwa OVG Bremen, NVwZ-RR 1994, 189 <191>; NVwZ-RR 1997, 214; OVG Frankfurt (Oder), ZLW 46 <1997>, 421 <423>). Hierüber war jedoch im vorliegenden Planfeststellungsverfahren ebenfalls nicht zu entscheiden. ..."

108

Damit in Einklang hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die bloß gesteigerte Ausnutzung der Kapazität eines uneingeschränkt genehmigten Flugplatzes keine (nach § 6 Abs. 4 S. 2 LuftVG) genehmigungsbedürftige Erweiterung oder Änderung darstelle (Urteil vom 21. Mai 1997 -- BVerwG 11 C 1.97 --, NVwZ-RR 1998, 22 = NWVBl 1997, 458 = Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 27 = ZLW 1998, 213).

109

Nach dieser Rechtsprechung ist zu erwägen: Die im Tatbestand beschriebenen -- bestandskräftigen -- Planfeststellungsbeschlüsse könnten die technische Kapazität des Flughafens Hannover festgestellt haben; der angefochtene Planfeststellungsbeschluss berührt möglicherweise die genehmigte technische Kapazität nicht, weil der Planfeststellungsbeschluss vom 2. November 1989 -- letztmalig -- das Start- und Landebahnsystem einschließlich des Rollbahnsystems erfasst und die Änderungen, die der angefochtene Planfeststellungsbeschluss regelt, demgegenüber nur unwesentlich sind (Verlegung einer Rollbahn, zusätzliche Vorfeldflächen mit Abstellpositionen; die letztgenannte Änderung könnte zudem nur die landseitige Kapazität -- wie etwa die Terminals -- betreffen). Der Senat hat diese Frage aber offen gelassen, weil es ihm im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. etwa Urteil vom 21. März 1996 -- BVerwG 4 A 10.95 --, NVwZ 1996, 1006 = NuR 1997, 76 m.w.N.) zu Verkehrsanlagen fraglich erscheint, bei der Verkehrsanlage Flughafen im Hinblick auf Lärmschutz nur auf die technische Kapazität der Anlage abzuheben (soweit der Planfeststellungsbeschluss oder die Genehmigung nicht Einschränkungen enthält) und nicht das im Planfeststellungsbeschluss prognostizierte Luftverkehrsaufkommen mit daraus resultierender Lärmbelastung zuvörderst in den Blick zu nehmen, nach der beurteilt worden ist, ob Lärmschutz (-anlagen) vorzusehen sind. Der Senat konnte diese Frage deshalb offen lassen, weil die Beantwortung für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erforderlich ist, zumal das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 1999 (aaO.) auch dahin verstanden werden kann, die Änderung von Vorfeldflächen mit Abstellpositionen berühre die technische (luftseitige) Kapazität eines Flughafens.

110

Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn sich die Fluglärmfrage erneut stellt, wovon der Senat zu Gunsten des Klägers ausgeht.

3.

111

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger in Bezug auf den Fluglärm nicht in seinen Rechten. Das gilt sowohl für die ausbaubedingte Steigerung des Fluglärms als auch für eine Lärmzunahme ohne Ausbau allein durch die prognostizierte Zunahme der Flugbewegungen, deren gegenwärtiges Ausmaß eine Lärmsanierung nicht verlangt; maßgebend ist der Vergleich der Prognosewerte mit und ohne Ausbau, da der Kläger die Lärmsteigerung, die allein durch die Zunahme der Verkehrsmenge bedingt ist, nicht mit Erfolg angreifen kann (s.o.). Auch erweist sich der Ausbau als erforderlich, d.h. vernünftiger Weise geboten, wie sich aus der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Prognose der Entwicklung der Verkehrsmengen ergibt (dazu siehe unten), so dass die Planrechtfertigung gegeben ist; es kann allerdings dahinstehen, ob sich der Kläger auf diesen Gesichtspunkt mit Erfolg berufen kann, was indessen mit der Beigeladenen zu verneinen ist. Damit bleiben die Klageanträge zu Nrn. 2, 3 und 4 ohne Erfolg.

112

Bei den folgenden, die Fluglärmproblematik betreffenden Erwägungen hat der Senat allein die Betroffenheit des Klägers an seiner Wohnstelle ... in den Blick zu nehmen. Insoweit ist der Kläger mit seinem Vorbringen nicht präkludiert: Der Kläger hat insoweit rechtzeitig i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG Einwendungen erhoben.

113

Öffentliche oder private Belange, die die durch das Vorhaben Betroffenen im Anhörungsverfahren -- obwohl zumutbar -- nicht vorgebracht haben und die sich der Planfeststellungsbehörde auch nicht aufdrängen mussten, können in dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden; insoweit kommt dem Anhörungsverfahren eine mittelbare materielle Präklusionswirkung zu (so schon zum damaligen Recht: BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 1990 -- BVerwG 4 CB 1.90 --, NVwZ-RR 1991, 129, mit Hinweis auf: BVerwG, Urteil vom 13. September 1985 -- BVerwG 4 C 64.80 --, Buchholz 407.4 § 18 FStrG Nr. 11). Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG sind Einwendungen gegen den Plan, die nach Ablauf der Einwendungsfrist erhoben werden, ausgeschlossen. Diese durch Art. 4 Nr. 3 Buchst. d des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl I S. 2123) in das Luftverkehrsgesetz eingeführte Vorschrift enthält -- ebenso wie Parallelregelungen in anderen Fachplanungsgesetzen (etwa § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG, § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG) -- eine auch das gerichtliche Verfahren erfassende materiellrechtliche Präklusion (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1998 -- BVerwG 11 A 1.97 --, NuR 2000, 31 [BVerfG 02.03.1999 - 2 BvF 1/94] = NVwZ 1999, 644).

114

In der ortsüblichen Bekanntmachung der Stadt G wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist erhoben werden könnten (s.o.). Der Kläger hat bereits am 23. Februar 1998 -- mithin innerhalb der Einwendungsfrist -- seine Einwendungen erhoben, und dabei sinngemäß geltend gemacht, durch das Planfeststellungsvorhaben einer erhöhten Lärmbelastung an seiner Wohnstelle, ..., ausgesetzt zu sein. Angaben zum Grundstück K hat er nicht gemacht. Insoweit ist der Kläger mit seinem Vorbringen materiell präkludiert: Innerhalb der Einwendungsfrist hat er nicht vorgebracht, neben der Wohnstelle noch weitere Grundstücke im Umfeld des Flughafens zu besitzen. Dass er Eigentümer der Wohnstelle ... war und ist, war der Beklagten aus den vorgängigen Verfahren hinlänglich bekannt. Dass der Kläger zudem Eigentümer des Grundstücks K ist, war jedoch der Beklagten nicht bekannt und hätte sich ihr auch nicht aufdrängen müssen. Insoweit ist dies ein Lebenssachverhalt, den vorzubringen allein in die Sphäre des Klägers gefallen ist, als er Einwendungen erhoben hat. Im Rahmen seiner Einwendungen im Planfeststellungsverfahren hat er jedoch auf diesen Umstand nicht aufmerksam gemacht. Auch ergibt sich dies nicht etwa aus seinem Briefkopf, den er im Verfahren benutzt hat ("..."). Es sind auch ansonsten keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er bereits im Verwaltungsverfahren auf das Grundeigentum K aufmerksam gemacht hätte. Vielmehr hat der Kläger diesen Umstand erstmalig im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 3. Mai 1999 (Seite 2, unter dem Punkt "Sachverhalt") vorgebracht. Die Beklagte hatte danach im Planfeststellungsverfahren weder Gelegenheit noch Anlass, sich damit auseinander zusetzen. Die Voraussetzungen der materiellrechtlichen Präklusion nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG sind hier erfüllt und der Kläger ist damit mit seinem Vorbringen materiell präkludiert, soweit es das Grundstück Klosterweg 8 anbelangt. Danach kann der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht seinen Angriff auf den Planfeststellungsbeschluss mit dem Argument führen, dass die Beklagte den Grundbesitz Klosterweg 8 und die dortige Fluglärmbelastung nicht ins Auge gefasst habe, da der Kläger insoweit materiell präkludiert ist, § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG.

115

Weiter geht der Senat bei den folgenden, die Fluglärmproblematik betreffenden Überlegungen nicht von einer -- etwaigen -- Vollauslastung des Flughafens, wie sie der Kläger für sein Vorbringen heranzieht, aus, sondern allein von den Fluglärmimmissionen, die nach dem von der Beigeladenen prognostizierten Flugverkehrsaufkommen zu erwarten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 -- BVerwG 4 A 10.95 --, NVwZ 1996, 1006, und Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 -- 12 K 5/90 --).

116

Die Prognose der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss über die Verkehrsmenge ist rechtlich nicht zu beanstanden.

117

Bei der Ermittlung und Beurteilung der von einem geplanten Flughafen oder seiner vorgesehenen Erweiterung ausgehenden Lärmbelastung ist eine Prognose anzustellen, die unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten, Erkenntnismittel und für sie erheblichen Umstände in einer der Materie angemessen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden sein muss. Insbesondere folgende Umstände und Merkmale eines geplanten Flugplatzes und seines geplanten Betriebes dürften von Bedeutung und dementsprechend zu berücksichtigen sein: Geplanter Ausbau, Zustand, Zahl, Richtung und Länge der Start- und Landebahn, Zahl und Art der erwarteten Flugbewegungen am Tag und in der Nacht, Lärmpegel der zuzulassenden Luftfahrzeuge, Verteilung der Flugbewegungen auf die An- und Abflugrouten, ihre Lage und Höhe, die Gesamt-Verkehrslärmsituation, geplante und vorhandene Wohnbebauung, sowie lärmempfindliche Einrichtungen im künftigen Lärmbereich, Einwohnerzahl in diesem Bereich, Möglichkeit und Zumutbarkeit von Umsiedlung künftig besondern schwer und unzumutbar betroffene Einwohner usw. -- ein Verwaltungsgericht kann seine eigene Prognose allerdings nicht an die Stelle derjenigen der Behörde setzen (vgl. Giemulla in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Mai 2000, RdNr. 18 zu § 6 LuftVG; Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, Stand: November 1997, RdNr. 51 zu § 6 LuftVG) --. Diese Maßstäbe beziehen sich auf die Ermittlung des Fluglärms und stehen in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5. Dezember 1986 -- BVerwG 4 C 13.85 --, BVerwGE 75, 214; Urteil vom 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51.89 --, BVerwGE 87, 332; Urteil vom 8. Juli 1998 -- BVerwG 11 A 53.97 --, DVBl 1998, 1188), das ausgeführt hat:

118

"Es ist Aufgabe der Planfeststellungsbehörde den erforderlichen Bedarf prognostisch zu bestimmen. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist (vgl. BVerwG, BVerwGE 72, 282 <286>; vgl. weiterführend Tettinger DVBl. 1982, 421 <427>). Es überprüft deshalb insbesondere die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde gelegten Sachverhalts und schließlich, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewißheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen."

119

(BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 -- BVerwG 4 C 13.85 --, aaO.).

120

"Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß eine solche behördliche Prognoseentscheidung nur in eingeschränkter Form der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Diese bezieht sich allein darauf, ob die zugrunde gelegte Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodisch fachgerecht erstellt wurde (vgl. hierzu BVerwGE 72, 282 <286>; 75, 214 <234>; Beschluß vom 5. Oktober 1990 -- BVerwG 4 CB 1.90 -- Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 10). Mit einer derart eingeschränkten Kontrolldichte ist es unvereinbar, wenn ein Verwaltungsgericht seine eigene Prognose an die Stelle derjenigen der Behörde setzt."

121

(BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51.89 --, aaO.).

122

"Das Gericht hat insoweit -- bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwGE 56, 110, 121) -- nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist (BVerwGE 72, 282, 286; 75, 214, 234; 87, 332, 355). Es überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewißheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann, ferner nicht darauf, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt ist (BVerwGE 56, 110, 121, 122). Mit der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte ist es ferner nicht vereinbar, wenn das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer "Aktualisierung" der Vorgaben eine eigene Prognose entwickelt (BVerwGE 87, 332, 354). Dementsprechend hat das Gericht nicht die Befugnis, insoweit seine Einschätzung an die Stelle derjenigen der zuständigen Behörden zu setzen. Eine Überschreitung des planerischen Gestaltungsspielraums liegt insbesondere nicht allein darin, daß die Planfeststellungsbehörde die Entwicklung des Luftverkehrsaufkommens optimistischer beurteilt als betroffene Anlieger des Flughafens (BVerwGE 75, 214, 234)."

123

(BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 -- BVerwG 11 A 53.97 --, aaO.).

124

Für die Prognose geht die Beklagte für die sechs verkehrsreichsten Monate von folgenden Flugbewegungen aus:

125

Flugverkehrsmengen in den 180 Tagen und Nächten der sechs verkehrsreichsten Monate (ohne Hubschrauber):

126
(Ist-Zustand 1997Prognose 1 ohne Prognose 2 mit
Ausbau 2010 Ausbau 2010
Tag 44.91564.004 66.050
Nacht 4.5056.950 6.950
gesamt 49.420)70.954 73.000
127

Diese Annahmen der Beklagten sind gemessen an den zuvor aufgezeigten Grundsätzen rechtlich nicht zu beanstanden, die Beklagte hat sich auf eine sachgerecht erarbeitete Prognose gestützt, die methodisch einwandfrei auf einem zutreffenden Sachverhalt fußt und deren Ergebnis einleuchtet; sie durfte sich dabei auf die ihr von der Beigeladenen angegebenen Daten stützen, da diese Daten -- wie die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert hat -- schlüssig und plausibel sind.

128

Die Prognose, die der Senat nach dem aufgezeigten Maßstab für fehlerfrei hält, geht zunächst von den Ist-Verkehrsergebnissen vergangener Perioden aus, schlüsselt diese in Teilbereiche auf und bestimmt die internen und externen Einflussfaktoren, die zu der Ist-Entwicklung beigetragen haben. Dabei zeigt sich im zivilen Gesamtverkehr in der Verkehrsentwicklung der Jahre 1992 bis 1997 zunächst ein Bild, das gekennzeichnet ist durch eine dynamische Entwicklung im wirtschaftlich besonders relevanten Linien- und Charterverkehr bei gleichzeitigem Rückgang im überwiegend mit kleineren Flugzeugen durchgeführten sonstigen gewerblichen und nichtgewerblichen Verkehr, wobei die Entwicklung insbesondere im Bereich der Kleinflugzeuge auch durch erhöhte Gebühren des Flughafens verursacht wurde. Für die Prognose im Jahre 2010 ist davon auszugehen, dass Linien- und Charterverkehr einerseits und sonstiger gewerblicher und nicht gewerblicher Verkehr andererseits sehr unterschiedliche Wachstumsraten aufweisen. Ein erhebliches Wachstumspotenzial im Bereich des klassischen Linienverkehrs und auch im Ferien-Pauschalreiseverkehr ist u.a. wegen einer weiter anhaltenden Reiseneigung und der wegen der fortschreitenden Liberalisierung des Luftverkehrs weiterhin anhaltenden Tendenz zu fallenden Flugpreisen zu erwarten. Wachstumshemmend wirkt demgegenüber die zunehmende Konkurrenz kleinerer Regionalflughäfen in den Randbereichen des Einzugsgebietes des Flughafens; bei Schul-, privaten Sport- und Reiseflügen zeigt sich eine Tendenz zur Abwanderung zu preiswerteren Landeplätzen in der Umgebung. Ein positiver Trend ist in den kommerziell bedeutenderen Bereichen, wie dem Taxi- und Werkverkehr, feststellbar. Während das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bis im Jahre 2010 am Standort Hannover unter differenzierten Annahmen bezüglich der Kapazitätssituation an anderen deutschen Flughäfen ein Wachstum von 2,1 % bis 2,3 % per anno annimmt, ist für den Flughafen Hannover-Langenhagen unter Berücksichtigung der örtlichen Einschätzung der Nachfragepotenziale ein Ansatz des durchschnittlichen Wachstums von 3 % per anno angesetzt worden (insoweit wirkt sich der Prognosewert -- rechtlich betrachtet -- zugunsten des Klägers aus).

129

Ferner lässt sich ein überproportionaler Anstieg oder ein relatives Absinken der Nachtflugtätigkeit nicht erwarten. Konservativ (also unter Annahme eines höheren Wertes -- was zur Ermittlung einer höheren Lärmbelastung führt) schätzend legt die Prognose dennoch ein durchschnittliches Wachstum im Bereich der Nachtflugbewegungen von 3,4 % per anno fest. Auch diese Annahme hält der Senat für sachgerecht erarbeitet.

130

Sodann -- im nächsten gedanklichen Schritt -- differenziert die Prognose die Entwicklung in den einzelnen Flugzeugtypenklassen. Danach legt die Prognose das Szenario für das Jahr 2010 für den Fall fest, dass keine Engpässe am Flughafen auftreten, was insbesondere eine ausreichende Verfügbarkeit an Vorfeldflächen und Vorfeldpositionen voraussetzt (Prognose 2 nach Planfeststellungsbeschluss). Um zu den Werten zu gelangen, die in der Prognose 1 anzunehmen sind, d.h. zu den Werten, die ohne den im angegriffenen Beschluss der Beklagten festgestellten Westausbau anzunehmen sind, geht die Prognose von folgendem aus: Bei der Berechnung der Vorfeldkapazität wird ein in der Fachwelt (DLR) anerkannter, kritischer (= maximaler) Belegungskoeffizient von 4,5 Nutzungen je Position und Tag angenommen. Dabei handelt es sich um einen errechneten Durchschnittswert, der angibt, wie oft eine Abstellposition pro Tag belegt wird. Insoweit ergeben sich Abweichungen von der tatsächlichen Belegungshäufigkeit -- z.B. kann bei aufwendigen Frachtverladungen eine Position unter Umständen nur einmal an einem Tag genutzt werden, demgegenüber kann es bei innerdeutschen Linienverbindungen mit sehr kurzen Umkehrzeiten zu einer deutlich überdurchschnittlichen Belegungsfrequenz kommen. Dennoch lässt sich aufgrund der hohen Grundgesamtheit an Flugereignissen im Vergleich zwischen tatsächlicher durchschnittlicher Belegungszahl und dem Grenzbelastungskoeffizienten von 4,5 in bestmöglicher Weise die Annäherung des Bewegungsaufkommens an die Kapazitätsgrenze aufzeigen. Für die Ermittlung der -- tatsächlichen -- Nachfrage nach Vorfeldpositionen im Jahre 2010 ergänzt die Prognose zunächst die prognostizierte Anzahl der Flüge im Linien- und Charterverkehr um die Überführungsflüge und weitere positionsrelevante Flugbewegungen (Militär, größere Jets im Werkverkehr). Die ermittelten Zahlen werden in die Werte der sechs verkehrsreichsten Monate -- unter Verteilung auf Flugzeugklassen analog zu den Werten des Jahres 1997 -- umgeformt. Dabei berücksichtigt die Prognose, dass das DES für die Nacht von diesen Überlegungen unberührt bleibt, da Engpasssituationen ausschließlich am -- weitaus flugverkehrsstärkeren -- Tage auftreten. Insoweit vereinfachend -- was der Senat nicht beanstandet -- hat die Prognose unterstellt, dass die Abweisungen am Tage aufgrund des Engpasses im Vorfeldflächenbereich ausschließlich die Flugzeugkategorie S 5 betreffen. Schließlich hat die Prognose von der Gesamtzahl der im Prognosefall 2 anzunehmenden Tagesflugbewegungen die Anzahl der aufgrund der Engpässe im Vorfeldbereich abzuweisenden Tagesflugbewegungen abgezogen und ist auf diesem Wege zur Anzahl der Tagesflugbewegungen im Prognosezeitpunkt 2010 Prognose 1-Fall gelangt. Diese Erwägungen (die dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegen) hält der Senat für sachgerecht, weil sie alle Faktoren einbeziehen, die zu einer gültigen Prognose führen.

131

Zu den historischen und prognostizierten Wachstumsraten des Nachtflugverkehrs entwickelt die Prognose, die der Senat auch insoweit für fehlerfrei hält, im Einzelnen, welche Faktoren für die prognostizierte Entwicklung des Nachtflugaufkommens heranzuziehen sind. Dabei hebt die Prognose insbesondere auf eine rückläufige Bewegungstendenz im Nachtpostverkehr ab, wobei sie auch den Fortfall des Briefbeförderungsmonopols der Post in Rechnung stellt und insoweit wirtschaftliche Schwierigkeiten für den Betrieb des Nachtpostnetzes der Post ausmacht. Konkret stellt die Prognose die historische und prognostizierte Situation im nächtlichen Express-Frachtverkehr dar, wobei sie nicht zur Annahme überproportionalen Wachstums in diesem Verkehrssegment gelangt, da die Funktion der extrem verkehrsträchtigen Umschlagknotenpunkte fest auf einige europäische Standorte konzentriert ist und mithin nicht -- wie vom Kläger als Problem aufgeworfen -- mit der Ansiedelung eines Verkehrsfrachtumschlagknotenpunktes auf dem Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen zu rechnen ist. Für den Bereich des Touristikverkehrs in der Nacht geht die Prognose zwar von der weiteren Positionierung von Maschinen in Hannover aus, d.h. Maschinen, deren Umläufe am frühen Morgen in Hannover beginnen und in den Stunden des Nachtfensters am Ausgangspunkt enden.

132

Diese Prognose, die zu den angenommenen Flugverkehrsmengen im Prognosezeitraum 2010 für beide Prognosefälle führt, ist gemessen an den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Beklagte im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss diese Prognose zur Grundlage der Beurteilung des Fluglärms gemacht. Die Entwicklung der Flugverkehrsbewegungen stellt damit die zutreffende Datengrundlage der für die Ermittlung des Fluglärms maßgeblichen Berechnungsmodalitäten dar. Auf die Entwicklung der Passagierzahlen kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht an, da das anzuwendende -- rechtlich vorgegebene (s.u.) -- Datenerfassungssystem DES auf diesen Wert nicht abhebt und davon abgesehen wegen der Unterschiede der eingesetzten Flugzeuge (Klassen und Typen) die Passagierzahlen für die durch die Flugbewegungen ausgelöste Lärmbelastung keine Aussage erlauben.

133

Diese Daten sind Grundlage der fluglärmtechnischen Gutachten ... und des fluglärmmedizinischen Gutachtens ..., die die Beklagte sich im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zu eigen gemacht hat. Vom Kläger angezogene Unrichtigkeiten -- die Luftverkehrsmengen seien nicht zutreffend -- hat die Beklagte (bzw. die Beigeladene) berücksichtigt und unzutreffende Berechnungen bereits korrigiert. Diese im Laufe des Verfahrens vorgenommenen Korrekturen der DES-Daten zeigen keine Auswirkungen auf die o.a. Prognosewerte der Verkehrsmengen. Soweit nach Angaben des Klägers in den fluglärmtechnischen Gutachten Zahlen zugrunde gelegt worden seien, die identisch seien mit denjenigen aus dem Verfahren 12 K 325/96 (über Nachtflugbeschränkungen), kann dies dahinstehen. Dies wirkt sich jedenfalls nicht zum Nachteil für den Kläger aus, da nach dem zutreffenden fluglärmtechnischen Gutachten ... vom 13. Juli 1998, S. 13, tendenziell höhere Dauerschallpegel berechnet werden als sie tatsächlich zu erwarten sind. Abweichungen der tatsächlich gemessenen Werte von den in den Gutachten prognostizierten Werten wären durch die Unterschiede bedingt, nach denen sich die tatsächlichen Messwerte von den prognostizierten Lärmwerten unterscheiden müssen. Die ermittelten Werte stellen rechnerische Werte aufgrund Fluglärmgesetz, DES und AzB sowie Berechnungen (unter Einbeziehung auch des Wertes Leq 3) dar. Davon abgesehen sind der maßgebliche Immissionsort 11 und Messstelle 9 (auf deren Werte sich der Kläger beruft) etwa 500 m voneinander entfernt -- auch im übrigen befinden sich die Messstellen nicht an den jeweiligen Immissionsorten.

134

Nach den Gutachten ... und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der Senat unter Berücksichtigung des Schallschutzprogramms der Beigeladenen davon aus, dass der Kläger von dem vom Flughafen Hannover-Langenhagen ausgehenden Fluglärm weder ausbaubedingt noch durch die bereits im Ist-Zustand 1997 bzw. im Ist-Zustand 2010 (ohne Westausbau) anzutreffenden Lärmwerte in rechtlich relevanter Art und Weise betroffen wird. Dies hat die Beklagte im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zutreffend erkannt und verarbeitet. Dazu im Einzelnen:

135

Zunächst hält der Senat fest, dass der durch den Ausbau bedingte Fluglärm an der Wohnstelle des Klägers -- Immissionsort 11 = H -- von dem Kläger hinzunehmen ist.

136

Die Werte aus dem fluglärmmedizinischen Gutachten hält der Senat für zutreffend, ihre hinreichende Aktualität wird durch eine neuere Veröffentlichung nicht in Frage gestellt, sie stehen nicht in Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung und sie werden durch das Ergebnis der Beweisnahme bestätigt.

137

In dem fluglärmmedizinischen Gutachten ... vom 24. Oktober 1998 werden folgende medizinische Orientierungswerte dargestellt und erläutert:

138

Die Schutzzonen 1 und 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm mit den nach Leq 4 ermittelten äquivalenten Dauerschallpegeln spiegeln nicht vollständig die mögliche Gefährdung bzw. Belästigung durch Fluglärm wider. Auf der Grundlage von Untersuchungen von Jansen wird der Maximalpegel von Flugereignissen und dessen Häufigkeit in die Betrachtung einbezogen. Es wird ein Grenzbereich -- für tags -- von 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel -- als Grenzwert für eine erhebliche Belästigung angenommen. Die Sachverständigen stellen dar, dass ab etwa 100 dB (A) Maximalpegel eine Gewöhnung an Lärm nicht mehr möglich sei und es in diesem Bereich zu vegetativen Dysregulationen kommen könne, wobei jedoch seltene solche Ereignisse durch den Organismus kompensiert würden. Nur wenn diese Ereignisse eine bestimmte Häufigkeit überstiegen, könnten daraus Gesundheitsgefährdungen resultieren. Der Begriff der Seltenheit wird unter Berücksichtigung der Flugdauer mit 1 % der Zeit von 6 bis 22 Uhr (30 sec je Überflugereignis) beschrieben. Dies bedeutet, dass für einen (ersten) medizinischen Orientierungswert davon ausgegangen werden muss, dass mehr als 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel -- Lärmereignisse tags als Lärmgefährdung im Sinne eines Bereich eines Lärmgefährdungsgebietes angesehen werden müssen.

139

Auch gebe es eine mögliche lineare Beziehung zwischen dem äquivalenten Dauerschallpegel und der Belästigung. Aus mehreren Untersuchungen lasse sich ableiten, dass eine erhebliche Belästigung etwa bei einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von Leq 3 = 65 dB (A) anzusetzen sei.

140

Damit zugleich liegt ein (weiterer) medizinisch orientierter Wert vor, der für eine erhebliche Belästigung anzunehmen ist.

141

Daneben sei medizinisch orientiert noch ein -- lediglich -- präventiv orientierter Wert für einfache, nicht erhebliche Belästigungen bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von Leq 4 = 62 dB (A) zu berücksichtigen.

142

Für den Nachtfluglärm stellen nach diesem Gutachten der Maximalpegel und die Häufigkeit des Auftretens von Maximalpegeln das Kriterium für die Definition der Gefährdung dar. Dies ergebe sich daraus, das vegetative Reaktionen im Schlaf bei etwa 50 bis 55 dB (A) -- innen, 'am Ohr des Schläfers' -- aufträten; Aufwachreaktionen, die unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung bedeutungsvoller seien, seien etwa bei 60 dB (A) -- innen -- zu erwarten. Deshalb werde -- nachts -- ein Außenpegel von 75 dB (A) -- Maximalpegel -- für einzelne Ereignisse bei gekippten Fenstern als Bereich der erhöhten Aufwachmöglichkeit angesehen. Aufwachereignisse, die normalerweise etwa 5 mal pro Nacht aufträten, ohne dem Einzelnen bewusst zu werden, steigerten sich durch in diesem Sinne nicht mehr 'seltene' Außenmaximalpegel von 75 dB (A) (und mehr). 'Gelegentlich' in diesem Sinne seien 6 Ereignisse, die die Aufwachschwelle erreichen bzw. übersteigen. Aus diesem Grunde werde für die Nacht ein Orientierungswert von 6 x 75 dB (A) -- Maximalpegel -- als zumutbare Belastung angesehen, bei dessen Überschreitung von erheblicher Belästigung auszugehen sei. Dies stellt damit zugleich einen medizinischen Orientierungswert für die Nachtbelastung dar.

143

J u.a. halten auch unter Berücksichtigung jüngerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen an den aufgezeigten Kriterien fest (Jansen, Notbohm, Schwarze, Gesundheitsbegriff und Lärmwirkungen, Materialien zur Umweltforschung, herausgegeben vom Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, November 1999). J u.a. geben Grenzwerte für Gesundheitsgefährdung an, die "unbedingt einzuhalten sind" (Seite 85 aaO.):

144

--  Für vegetative Übersteuerung am Tage: 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel --;

145

--  für Lärmschwerhörigkeiten: Leq 3 = 85 dB (A);

146

--  für erhebliche Belästigung: Leq 3 = 65 dB (A) am Tage;

147

--  für gesundheitsbeeinträchtigende Störungen des Schlafes durch Fluglärm -- nachts --: Außenmaximalpegel von mehr als 6 x 75 dB (A) -- Maximalpegel --.

148

Für den Nachtfluglärm weist die Literaturstudie folgendes aus (J u.a., Seite 73 ff., aaO.):

149

Zwar lasse sich medizinisch für den Einfluss von Lärm auf den Schlaf ein bestimmter Parameter nachweisen. Die Reaktionen des Organismus stellten jedoch ebenso wie im Wachzustand im Schlaf nur eine unspezifische Reaktion des Organismus dar und ließen keinerlei Rückschlüsse auf die Schädlichkeit eines Geräusches zu. Dementsprechend sei auch bei Schlafstörungen davon auszugehen, dass während des natürlichen Nachtschlafes eine Übersteuerung durch Schallreize möglich sei, so wie dies am Tag für die Belastung mit 99 dB (A) bereits nachgewiesen worden sei. Entsprechend der größeren Empfindlichkeit des Vegetativums, die in der Nacht ca. 10 bis 12 dB (A) betrage, sei davon auszugehen, dass bei einer um 12 dB (A) unter 99 dB (A) liegenden Belastung, d.h. bei Maximalpegeln von 87 dB (A), eine Übersteuerung der vegetativen Funktionen auch im Schlaf zu erwarten sei. Der Wert L max = 87 dB (A) sei somit als ein Kriterium für vegetative Übersteuerung in der Nacht anzusehen. Ein solcher Wert führe zugleich aber ohnehin fast immer auch zum Aufwachen, weshalb es geboten sei, nach einem Kriterium zu suchen, bei dessen Einhalten ein lärmbedingtes Aufwachen nicht mehr zu erwarten sei. Auch unter Berücksichtigung einer gewissen Streubreite sollte hier von ein Maximalpegel von 60 dB (A) ausgegangen werden. Der Aufwachwert von L max = 60 dB (A) erweise sich als geeignet für die Beurteilung von Nachtlärmbelastungen für eine durchschnittliche Bevölkerung. Dabei führe allerdings nicht die einmalige Schallapplikation von 60 dB (A) -- oder mehr -- zwangsläufig oder in jedem Fall zum Aufwachen. Bedingt durch bestimmte physiologisch nachweisbare Schlaf- und Aufwachphasen sei davon auszugehen, dass etwa 6 mal in der Nacht ein -- natürliches -- Aufwachen erfolge. Dieses Aufwachen sei ein Schlafcharakteristikum und nicht als gesundheitsschädlich zu bezeichnen. Nach Auswertung verschiedentlicher Untersuchungen kommen J u.a. (aaO.) insoweit zu dem Schluss,

150

"daß bis zur Vorlage neuerlicher, überzeugenderer Untersuchungsergebnisse an den aufgezeigten Kriterien von L max = 60 dB (A) für die Aufweckschwelle und von 6 mal 60 dB (A) für lärmbedingtes Aufwachen durch informationsarme Geräusche festgehalten werden kann.

151

Bei diesem Kriterium handelt es sich um Maximalpegel (innen), die nicht häufig oder dauernd auftreten -- z.B. Fluglärmereignisse in der Nacht -- und deren Pegel deutlich (mehr als 20 dB <A>) über dem Grundpegel liegen."

152

(Jansen u.a., aaO., S. 78).

153

Schließlich gelangt die Studie (aaO.) zu dem folgenden Ergebnis:

154

"Für nächtliche Belastungen sollte unter gesundheitlichen Gesichtspunkten dagegen für die kurzfristige Lärmschutzpolitik ein Immissionswert Lm = 55 dB (A) maßgeblich sein. Für lautere, aber weniger häufig auftretende Maximalpegelbelastungen (z.B. Fluglärm), sollten die Maximalpegelbelastungen von 6 x 60 dB (A) innen (was einem Außenwert von 6 x 75 dB <A> entspricht) als Eckwert für gesundheitsbeeinträchtigende Belastungen angesehen werden."

155

(Jansen u.a., aaO., S. 79).

156

Mit Senatsurteil vom 16. Dezember 1994 (-- 12 K 5/90 --) hat sich der Senat bereits mit dem J-Kriterium (...) befasst und diese(s) gebilligt.

157

Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Juni 1997 (-- 12 K 325/96 --) (erneut) das/die J-Kriterien bestätigt. In diesem Urteil hat der Senat auch zur präventiv orientierten Grenzziehung bei 62 dB(A) Dauerschallpegel Stellung genommen und dabei bezugnehmend auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin (OVG Berlin, Urteil vom 2. Mai 1996 -- 2 A 5.92 --, DVBl. 1997, 73; nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 -- BVerwG 11 B 2.97 --, LKV 1998, 148 = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 8 = DÖV 1998, 300) festgehalten, dass die Schwelle des eine Gesundheitsgefährdung markierenden Wertes nicht bei diesem Dauerschallpegel anzusetzen sei.

158

Der Senat hat in diesem Urteil vom 9. Juni 1997 -- 12 K 325/96 -- unter Auswertung von Literatur und Rechtsprechung festgehalten, dass sich das J-Kriterium als ein tauglicher und dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechender Anhaltspunkt für die Bewertung fluglärmbedingter nächtlicher Schlafstörungen durchgesetzt habe. Aus Rechtsgründen sei ein niedrigeres, an präventivmedizinischen Erwägungen orientiertes Schutzziel nicht geboten (55 dB(A)) am Ohr des Schläfers, ausgehend von 60 dB(A) mit einem 'Sicherheitszuschlag' von 5 dB(A). Der Senat hat weiter (ebenda) auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteil vom 18. April 1996 -- BVerwG 11 A 86.95 --, BVerwG 101, 73) Bezug genommen und festgehalten, dass ein grundrechtlich gesicherter Anspruch auf Nachtschlaf bei geöffnetem/gekipptem Fenster nicht bestehe (ungeachtet der Frage des Einbaus von Belüftungseinlagen).

159

Diese Ausführungen macht sich der Senat vorliegend erneut zu eigen. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 4. November 1997 -- 20 A 92.40134 --, BayVBl 1998, 756) entschieden hat, eine Heranziehung nur des Dauerschallpegels unter Verzicht auf andere Bewertungskriterien sei jedenfalls unter den am Flughafen München gegebenen Verhältnissen ausreichend, und eine Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung der Außenwohnbereiche durch Fluglärm sei bereits zu gewähren, wenn der äquivalente Dauerschallpegel 64 dB(A) am Tage übersteige, folgt der Senat dem für das vorliegende Verfahren nicht, da ein anderer, nicht vergleichbarer Fall vorliegt; die Zumutbarkeitsgrenze für die Fluglärm-Beeinträchtigung kann nicht durch eine "gewissermaßen bundeseinheitliche" Ermittlung und Festlegung von Lärmpegel-Grenzwerten, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse durch tatrichterliche Würdigung bestimmt werden (BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 1998 -- BVerwG 11 B 21/98 -- im Verfahren gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs). Dass das Zumutbarkeitskriterium für Nachtfluglärm bei einer sechsmaligen Überschreitung eines Maximalpegels von 75 dB (A) im Freien und 60 dB (A) (bzw. 55 dB (A) -- mit Sicherheitsabschlag --) innen ('am Ohr des Schläfers') festzulegen ist, steht in Übereinstimmung mit der jedenfalls überwiegenden oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wie das Bundesverwaltungsgericht (auch) in seinem Urteil vom 27. Oktober 1998 (-- BVerwG 11 A 1.97 --, NuR 2000, 31 [BVerfG 02.03.1999 - 2 BvF 1/94] = NVwZ 1999, 644; zitiert nach juris) festgehalten hat:

160

"Mit ihren entsprechenden Hilfsanträgen wenden sich die Kläger der Sache nach nicht (mehr) gegen die von der Planfeststellungsbehörde in Anlehnung an das medizinische Gutachten und in Übereinstimmung mit der überwiegenden oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 11. Juni 1996 -- OVG 1 G 5/94 -- UA S. 23; OVG Berlin, Urteil vom 3. Mai 1996 -- OVG 2 A 5.92 -- UA S. 55; OVG NW, Urteil vom 29. September 1994 -- OVG 20 D 26/91.AK -- UA S. 17) bei einer sechsmaligen Überschreitung eines Maximalpegels von 75 dB(A) im Freien bzw. 60 dB(A) innen festgelegten Zumutbarkeitsgrenze, sondern beanstanden lediglich, daß, um deren Einhaltung sicherzustellen, nur eine Verspätungsflugbewegung angesetzt wurde."

161

Mit diesem Urteil vom 27. Oktober 1998 (aaO.) hat sich das Bundesverwaltungsgericht das J-Kriterium (erneut) zu eigen gemacht, unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und Literatur an dem Kriterium festgehalten, und zudem strengere Anforderungen, etwa das sogenannte M-Kriterium (entgegen der Auffassung des Klägers im vorliegenden Verfahren) abgelehnt:

162

"Der vorliegende Fall gibt dem Senat keine Veranlassung, das für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze für nächtlichen Fluglärm letztlich maßgebliche Schutzziel abweichend von dem bislang in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, Urteil vom 27. Juli 1989, DVBl 1990, 114 <115>; Nds OVG, Urteil vom 9. Juni 1997 -- OVG 12 K 325/96 -- UA S. 57; OVG NW, Urteil vom 29. September 1994 -- OVG 20 D 26/91.AK -- UA S. 17) überwiegend anerkannten und auch vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29. Januar 1991 (BVerwGE 87, 332 <372>) gebilligten Schutzziel -- Vermeidung höherer Schallpegel als 55 dB(A) im Rauminnern bei ausreichender Belüftung, gegebenenfalls Einbau von Belüftungsanlagen -- neu festzulegen. Insbesondere waren von der Planfeststellungsbehörde auch nach dem derzeitigen Stand der Lärmwirkungsforschung die Bereiche der vegetativen (Streß-) Reaktionen sowie der Schlafstadienwechsel nicht in den Schutzgegenstand einzubeziehen. Zwar mögen neuere Untersuchungen zunehmend darauf hindeuten, daß bereits unterhalb der Aufweckgrenze Reaktionen ausgelöst werden, deren gesundheitsgefährdende Wirkung nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden könnte und denen bei bestehenden Erkenntnisdefiziten ggf. auch durch entsprechende Sicherheitsmargen zu begegnen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996, BVerwGE 101, 1 <10>; Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O. S. 375), doch beruhen entsprechende Erkenntnisse durchweg auf Untersuchungen mit einer Überflughäufigkeit von mindestens 16 Überflügen innerhalb der empfindlichsten Nachtstunden zwischen 00.00 und 04.00 Uhr (vgl. Maschke/Arndt/Ising/Laude/Thierfelder/Contzen (Hrsg.), a.a.O., S. 122). Dafür, daß die hierbei gewonnenen Erkenntnisse auf Verhältnisse mit weit geringeren, zudem auf acht Nachtstunden verteilten Überflughäufigkeiten, wie sie hier im Ost-, aber auch noch im Westbereich in Rede stehen, übertragen werden könnten, liegen keine Anhaltspunkte vor. Auch die genannten Autoren sehen durch die Ergebnisse ihrer Studien zunächst nur die These erhärtet, daß Nachtfluglärm als ausgesprochener Distreß zu bewerten sei, der das interne Milieu nachweislich verändere, so daß das gesundheitliche Risiko der Nachtlärmexponierten als erhöht zu betrachten sei, wobei die chronische Exposition solange als gesundheitsgefährdend gelten müsse, wie nicht das Gegenteil erwiesen sei (vgl. Maschke/Arndt/Ising/Laude/Thierfelder/Contzen (Hrsg.), a.a.O., S. 128 f.; Maschke/Ising/Hecht, Schlaf-nächtlicher Verkehrslärm-Streß-- Gesundheit: Grundlagen und aktuelle Forschungsergebnisse, Bundesgesundhbl. 1997 S. 86 <94 f.>; kritisch Jansen/Linnemeier/Nitzsche, Methodenkritische Überlegungen und Empfehlungen zur Bewertung von Nachtfluglärm, ZfL 42 (1995), 91 <98 ff.>; vgl. dazu auch bereits Urteil des erkennenden Senats vom 5. März 1997, a.a.O., S. 133). Belegt sehen sie indes durch ihre Studien bislang nur, daß bereits bei 16 nächtlichen Überflügen (zwischen 00.00 und 04.00 Uhr) mit einem Überflugpegel von 55 dB(A) innen bei den "älteren" Flughafenanwohnern von einer abnormen Cortisolausschüttung auszugehen ist, so daß für diese Personengruppe bei langfristiger Fluglärmbelastung ein erhöhtes gesundheitliches Risiko (vgl. Maschke/Ising/Arndt, Nächtlicher Verkehrslärm und Gesundheit: Ergebnisse von Labor- und Feldstudien, Bundesgesundhbl. 1995, S. 130 <137>) bzw. eine Gesundheitsbeeinträchtigung zu befürchten sei (vgl. Maschke/Ising/Hecht, a.a.O., S. 94). ... Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals eine entsprechende Herabsetzung des Schutzzieles auch für den am Tage zu gewährenden passiven Schallschutz begehrt haben, bestand von vornherein keine Veranlassung, das von der Planfeststellungsbehörde festgelegte und auch von der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, Urteil vom 27. Juli 1989, DVBl 1990, 114 [VGH Bayern 27.07.1989 - 20 B 81 D.1] <115>; OVG RP, Beschluß vom 9. Dezember 1994 -- 7 B 11842/93.OVG -- BA S. 44; VGH BW, Urteil vom 25. November 1988, VBlBW 1989, 261 <262>) wie vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O., S. 362) gebilligte, ohnehin sehr weitgehende Schutzziel neu festzulegen."

163

Soweit das Bundesverwaltungsgericht damit auf seine frühere Rechtsprechung Bezug nimmt (Urteil vom 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51.89 --, BVerwGE 87, 332) und dabei auf die 55 dB(A)-Grenze (als Schutzziel) eingeht, ergibt sich nichts anderes, zumal das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51.89 --, aaO.) insoweit verdeutlichend (vgl. Ende des folgenden Zitats) zum Nachtschutz ausführt hat:

164

"Der Senat hat bereits im Rahmen des Tagschutzes dargelegt, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach das Schutzgebiet aus dem Schutzziel abgeleitet werden müsse, nicht uneingeschränkt gebilligt werden kann. Jedenfalls sind Schutzziel und Schutzgebiet nicht zwingend auf der Grundlage jeweils identischer lärmphysikalischer Bewertungen zu ermitteln, wie dies das Berufungsgericht auch im Falle des Nachtschutzgebiets vorgenommen hat. Dementsprechend erweist sich die Ausweisung des Nachtschutzgebietes nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil die Lärmgrenzlinie des Planfeststellungsbeschlusses ausgerichtet ist an hinzunehmenden maximal sechs Lärmpegeln über 60 dB(A) im Rauminnern, während das Schutzziel einen Grenzpegel von 55 dB(A) nennt."

165

Die aufgezeigten Kriterien sind durch das Ergebnis der Beweisaufnahme eindrucksvoll bestätigt worden:

166

Der vom Senat gehörte fluglärmmedizinische Sachverständige Prof. Dr. S hat die dargestellten Werte für die Tagfluglärm- und Nachtfluglärmbelastung mit Blick auf die medizinische Relevanz überzeugend bekräftigt:

167

Danach stelle der Wert des Dauerschallpegels von 62 dB (A) tags einen -- reinen -- Präventionswert dar, bei dessen Überschreitung (bis zu einer bestimmten Größenordnung) jedenfalls noch nicht von einer erheblichen Belästigung im medizinischen Sinne gesprochen werden könne.

168

Der Wert eines Dauerschallpegels von 65 dB (A) Leq3 sei hingegen für die erhebliche Belästigung entscheidend. Weiter sei für die Tagesbelastung der Wert von 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel -- heranzuziehen, bei dessen Überschreitung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Gesundheitsgefährdungen i.S. einer erheblichen Belästigung auftreten können. Der Wert von 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel -- sei ein Wert, der langfristige Gesundheitsgefährdungen oder auch kurzfristige Gesundheitsschäden verhindern könnte.

169

Für die Nacht sei der Wert von 6 x 75 dB (A) -- Maximalpegel -- (außen) maßgeblich. Dies ergebe sich daraus, dass für die Nachtfluglärmbelastung nicht von Mittelungspegeln, sondern von Maximalpegeln auszugehen sei, was insoweit auch in der medizinischen Wissenschaft nicht weiter umstritten sei. Insoweit bestehe kein großer Zweifel, dass die Maximalpegel und ihre Häufigkeit für die Nachtfluglärmbelastung bedeutungsvoll seien. Streitpunkt sei allein die Häufigkeit und das Niveau der Maximalpegel. Aufgrund von Untersuchungen, die er für zutreffend halte, gehe ein Teil der medizinischen Wissenschaft davon aus, dass die Aufweckschwelle bei etwa 60 dB (A) Maximalpegel am Ohr liege. Hintergrund sei, dass der Mensch eine gewisse Möglichkeit der Gewöhnung an Pegelwerte habe. Die Reaktionslage des Organismus in der Nacht sei in gewisser Art und Weise gedämpft und -- eher vordergründig betrachtet -- auf die Erholung ausgerichtet. Diese dämpfende Reaktionslage werde durch das Aufwachen praktisch gestört, was dann zu gesundheitlichen Schäden führen könne, wenn dies in einer Nacht häufiger passiere. Experimentelle Untersuchungen hätten ergeben, dass 6 x 75 dB (A) außen bzw. (wegen der Lärmdämmung im Hausinnern) 60 dB (A) innen am Ohr des Schläfers ein geeignetes Kriterium sei. Das hält der Senat für überzeugend.

170

Zum Grenzwert von 65 dB (A) Dauerschallpegel am Tage gebe es in der medizinischen Wissenschaft unterschiedliche Auffassungen -- insoweit sei seine -- aus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit abgeleitete -- Auffassung, die durch wissenschaftliche Studien bestätigt werde, dass zwischen 50 und 55 dB (A) die Belästigung beginne und die erhebliche Belästigung etwa 10 dB (A) darüber liege. Auch auf -- kritische -- Nachfragen des Klägers nach dem Unterschied zwischen der Schwelle für erhebliche Belästigung und der Schwelle für Gesundheitsgefährdung hat der Sachverständige ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Wert von 65 dB (A) eines Dauerschallpegels ausreichend ist, um möglichen Gefahren entgegen zu treten. Insoweit lasse sich zwar für das Individuum nie eine Gefährdungslage ausschließen, aber doch weitgehend reduzieren. Auch dies ist nach Auffassung des Senats schlüssig.

171

Hinsichtlich der Nachtfluglärmbelastung hat der Sachverständige ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es umstritten sei, inwieweit auch in der Nacht ein Dauerschallpegel -- Leq -- als Bestimmung für den Grad der erheblichen Belästigung maßgeblich sein könnte. Insoweit gäbe es Vorschläge für die Zukunft. Die Frage der gesundheitlichen Schädigung sei aber nach wie vor medizinisch eher plausibel zu machen für die Aufweckreaktion als für den Dauerpegel. So sei nämlich feststellbar, dass nicht nur eine Erhöhung des (Dauerschall-)Pegels zur Veränderung führe, sondern dass auch eine Verringerung eines (Dauerschall-)Pegels zu organismischen und subjektiven Veränderungen führen könne. Soweit der Kläger durch seinen technischen Beistand Beckers, der auf weitere Studien mit anderen Orientierungswerten eingegangen ist, die unterschiedlichen Ansätze in der Wissenschaft aufgegriffen hat, hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass es individuell Personen gibt, die nach ganz anderen Maßstäben zu beurteilen wären, so z.B. auch Personen, die schon bei Geräuschen deutlich unter der 60 dB (A) (Maximalpegel-) Schwelle aufwachen -- zugleich hat der Sachverständige aber auch deutlich gemacht, dass aufgrund dieser individuellen Streubreite bei z.B. 80 dB (A) Maximalpegel nur etwa 22 % und bei 90 dB (A) Maximalpegel "so etwa 30 bis 40 %" der Betroffenen aufwachen. Ferner hat er überzeugend klargestellt, dass die von dem technischen Beistand des Klägers herangezogenen Daten im Wesentlichen aus Laboruntersuchungen stammten, von denen es weitaus mehr gäbe, als tatsächlich (reale) Felduntersuchungen, die die (reale) Normalität widerspiegelten. Nach seiner Auffassung könne man den Laboruntersuchungen nur bedingt folgen, sondern müsse sich vornehmlich an die Felduntersuchungen halten, da nur diese das übliche Verhalten von Menschen beim Schlafen widerspiegelten und auf dieses Verhalten komme es an, da Menschen Lärmbelastungen in ihrer üblichen Umgebung erführen. Es sei gerechtfertigt, hinsichtlich der Aufweckschwelle weiterhin von 60 dB (A) Maximalpegel am Ohr des Schläfers auszugehen. Auch auf weitere Nachfragen hat der Sachverständige bestätigt, dass er -- aus medizinischer Sicht -- an der Anzahl von 6 Maximalpegeln bei einem Pegelniveau von 60 dB (A) unter physiologischen Aspekten festhalte. Die anderen Vorschläge und auch die gegenüberstehende wissenschaftliche Kritik seien ihm bekannt, dennoch halte er daran fest, dass unter medizinischen Aspekten wegen des Gewöhnungseffektes für die Nacht die Aufweckschwelle wichtiger sei als ein Dauerschallpegel.

172

Insoweit ergänzend hat der fluglärmtechnische Sachverständige Dr. Dipl. Ing. B zur Frage der Schalldämmung durch gekippte Fenster überzeugend ausgeführt, dass es zwar einen Streuungsbereich des Maßes der Schalldämmung von gekippten Fenstern gebe, dass aber nach seinen Erfahrungen der Wert von 10 dB (A) Schalldämmung auch bei gekippten Fenstern erreicht werde und dass dieser Schalldämmwert nach den durch die Firma Müller-BBM durchgeführten Messungen auf Werte von bis zu 18 dB (A) ansteigen könne.

173

Danach sieht sich der Senat in seiner Annahme bestätigt, der Entscheidung folgende Werte für den Fluglärmschutz zugrundezulegen:

174

- Für den Tag:

175

--  19 x 99 dB (A) Maximalpegel und

176

--  Lqe3 tags 65 dB (A) Dauerschallpegel

177

- Für die Nacht:

178

--  hmax 6 x 75 dB (A) Maximalpegel außen gleich

179

--  hmax 6 x 60 bzw. 55 dB (A) Maximalpegel innen

180

Überschreitungen dieser Werte sind rechtlich relevant. Für den Tag bedeutet dies, dass eine erhebliche Belästigung anzunehmen ist. Unterhalb der oben beschriebenen Tagesgrenzwerte und noch bei ihrem Erreichen liegt eine rechtlich nicht relevante -- schlichte oder einfache -- Belästigung vor. Für die Nacht bedeutet die Überschreitung des Häufigkeits-Wertes von 6 x 75 dB (A) Maximalpegel außen eine Gesundheitsgefährdung. Der Senat ist allerdings nicht gehalten, sich in diesem Verfahren abschließend zu der Grenzziehung bei nächtlichem Fluglärm zu äußern; denn für den Nachtlärm gibt das Schallschutzprogramm (dazu im Einzelnen weiter unten) dem Kläger hinreichend Sicherheit davor, dass in seinen zum Schlafen geeigneten Räumen der Wohnstelle Schallereignisse von mehr als 6 x 55 dB (A) innen ("am Ohr des Schläfers") auftreten, wobei ein Anspruch nicht besteht, bei geöffneten/gekippten Fenstern schlafen zu können.

181

Gemessen an Voranstehendem erweist sich, dass ausbaubedingt, d.h. allein verursacht durch das planfestgestellte Vorhaben, keine der vorgestellten medizinischen Orientierungswerte in beachtlicher Art und Weise überschritten werden. Der Senat hat die Gutachten der fluglärmtechnischen Gutachter ... und der fluglärmmedizinischen Gutachter S und J sowie die im Verfahren erfolgten Korrekturen der Eingabedaten für das DES berücksichtigt und die für den Kläger maßgeblichen, berechneten Werte am Immissionsort 11 zusammengefasst. Danach ergeben sich (ausschließlich bezogen auf den Immissionsort 11, Ht) folgende Werte:

182
WertIst 1997P1 2010P2 2010 Differenz
zwischen P1
und P2
Leq 4 (Fluglärmgesetz)61,464,064,1 + 0,1
Leq 3 tags62,864,764,8 + 0,1
Lmax,m tags79,280,079,9 - 0,1
Leq 3 nachts56,859,359,3 0,0
Lmax,m nachts80,881,781,7 0,0
Lmax nachts838888 0
hmax > 75 dB(A) nachts111717 0
183

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die dargestellten Immissionswerte für den Immissionsort 11 in den Gutachten in rechnerisch und methodisch einwandfreier Art und Weise zu Stande gekommen sind. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Erläuterungen des Sachverständigen Dr. B. Dazu weist der Senat ergänzend darauf hin, dass nach der Angabe des Sachverständigen Dr. B die Berechnungen nach der AzB 1975, zuletzt geändert 1984, vorgenommen wurden und deshalb nicht mehr den weiterentwickelten Standard des Fluggeräts und der An- und Abflugverfahren in Bezug auf die Lärmverursachung widerspiegeln. Insoweit könne nur abgeschätzt werden, dass bei der vorliegenden Zusammensetzung des Flugverkehrs mit einer Pegeldifferenz von etwa minus 3 dB (A) zu rechnen sei, wenn man den Stand der Technik zugrunde lege. Das bedeutet nach der Auffassung des Senats, dass tatsächlich von für den Kläger günstigeren Werten -- im Sinne einer niedrigeren Lärmbelastung -- auszugehen ist. Im vorliegenden Verfahren legt der Senat aber weiterhin die o.a. -- höheren -- Tabellenwerte zugrunde, weil sie das Datenerfassungssystem (DES) vorgibt.

184

Der Senat geht nicht von der vorhandenen Messstelle 9 in H aus; die dort gemessenen Werte sind hier nicht zugrunde zu legen, da diese Messstelle zum einen von der Hofstelle des Klägers rund 525 m entfernt und näher Richtung Startbahn Nord belegen ist, mithin auch eine völlig andere Lage zu den An- und Abflugrouten der Nord- und Südstartbahn hat, demgegenüber aber der in den Gutachten ermittelte Immissionsort 11 unmittelbar an der Hofstelle des Klägers belegen ist, zum anderen -- wie sich auch aus den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. B ergibt -- Messungen von Fluglärm und Berechnungen von Immissionen nicht miteinander vergleichbar sind. Der Senat stellt bei der Überprüfung der Berechnung und der auf den Immissionsort 11 (... bezogenen Berechnungsergebnisse (siehe Tabelle oben) nicht auf das vom Kläger angezogene Gutachten der Firma ... ab; dabei kommt es nicht auf die Möglichkeit einer Präklusion nach § 10 Abs. 7 LuftVG an, da jedenfalls eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nicht zu besorgen war, vgl. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Wie sich aus den näheren Erläuterungen des lärmtechnischen Sachverständigen Dr. B überzeugend ergeben hat, ist das Gutachten der Firma ... aus mehreren Gründen nicht dazu geeignet, mit den Ergebnissen der Untersuchungen der Firma M verglichen zu werden:

185

Der Sachverständige Dr. B hat überzeugend erklärt, dass sich die Berechnungsmethoden der Gutachten voneinander unterscheiden, und zudem bekundet, dass Berechnungsfehler im Gutachten der Firma i...enthalten seien.

186

Außerdem geht das Gutachten der Firma ... selber davon aus, vereinfachte Berechnungsmethoden angewandt zu haben, weshalb es in den Augen des Senats für das vorliegende Verfahren nicht aussagekräftig ist.

187

Ferner weist der Senat -- insoweit wiederholend (s. o.) -- darauf hin, dass er nicht -- wie vom Kläger angenommen -- von einer Vollauslastung der Anlage Flughafen Hannover-Langenhagen, sondern von den o.a. Prognosedaten ausgeht.

188

Danach ergibt sich insgesamt folgendes Bild:

189

Die zugrunde zu legenden Werte werden nicht ausbaubedingt überschritten.

190

Insoweit verzichtet die Tabelle (Seite 41) von vornherein auf eine Darstellung der Maximalpegelhäufigkeiten als Orientierungswert für Lärmgefährdung tags von 6 bis 22 Uhr, da an keinem der gewählten Immissionsorte dieser Wert, dessen Grenzbereich mit 19 x 99 dB (A) -- Maximalpegel -- bestimmt ist, auch nur annähernd erreicht wird. Die medizinischen Gutachter gehen davon aus, dass sich das Gebiet von 19 x 99 dB (A) tags von 6 bis 22 Uhr "ausschließlich auf das Flughafengelände" (...) erstreckt. Auch sind die höchsten Maximalpegel mit 95 dB (A) tagsüber nicht am Immissionsort 11, sondern (allenfalls) an anderen Immissionsorten zu erwarten, woraus sich jedoch auch "keine wesentlich medizinische Relevanz" (...) ableiten lässt. Allerdings ergibt sich aus der o.a. Tabelle, dass im Zeitpunkt 2010 (gleichermaßen für P 1 und P 2) eine Überschreitung des präventivorientierten Wertes von Leq 4 = 62 dB (A) eintritt. Aber zwischen beiden Prognosezuständen P 1 und P 2 besteht kein signifikanter Unterschied (Differenz 0,1 dB (A)). Das fluglärmmedizinische Gutachten kommt auch zu dem Ergebnis, dass zwischen den Prognosen P 1 und P 2 keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der Leq-Werte (berechnet sowohl nach Leq 3 als auch nach Leq 4) vorliegen ("wesentliche Unterschiede zwischen der Prognose mit und ohne Ausbau ergeben sich bei keinem dieser Orientierungswerte", ...). Sogar zum Vergleich zwischen dem Prognosezeitpunkt 2010 und dem Ist-Zustand 1997 -- hier liegen höhere Differenzwerte vor -- führt das medizinische Gutachten aus, dass es im Prognosezeitraum tags an den Immissionsorten aus den fluglärmtechnischen Berechnungen zu einer Erhöhung um 0,8 bis 2,1 dB (A) und nachts zwischen 2,3 und 2,7 dB (A) (Leq-Werte) gegenüber dem Ist-Zustand kommt, dass jedoch im Vergleich zum Ist-Zustand diese Veränderungen -- bis auf die für zwei für das vorliegende Verfahren nicht relevante Immissionsorte erstellten Berechnungen -- gerade wahrnehmbar sind (Scheuch/Jansen, Seite 26 unten/27 oben). Zum Vergleich zwischen P 1 und P 2 stellt das Gutachten hinsichtlich der mittleren Maximalpegel (L max, m) fest, dass mit Ausnahme der Bewertungen für den hier nicht maßgeblichen Immissionsort 9 (Stelingen) die berechneten energieäquivalenten Dauerschallpegelwerte und auch die mittleren Maximalpegel weitgehend identisch sind, woraus sich "keine medizinisch relevanten und interpretierbaren Unterschiede" (...) ergeben. Zu dem Wert für erhebliche Belästigung von Leq 3 = 65 dB (A) und dem Präventivwert von Leq 4 = 62 dB (A) bemerkt das Gutachten in der nach Änderung der Eingabedaten für das DES korrigierten Fassung: "Im Ist-Zustand bewegen sich diese Werte an den IO zwischen 56,4 bis 66,8 dB (A), in der Prognose 2 (mit Ausbau) zwischen 58,1 und 68,6 dB (A). An den IO 4 ..., 11 (Heitlingen-West) sind erhebliche Belästigungen zu erwarten. Dabei ist dies für diese IO bereits für Ist-Zustand errechnet worden. Auch für den IO 1 (Benzkamp) ist bereits jetzt der präventivorientierte Wert von Leq 4 = 62 dB (A) geringfügig überschritten, für den Prognosezeitraum wird auch der Orientierungswert Leq 3 > 65 dB (A) um 1 dB (A) überschritten" (Gutachten Seite 30). Weiter heißt es, im Bereich des Immissionsortes 11 (...) werde es in der Prognose zur Erhöhung des durchschnittlichen Schalldruckpegels kommen (L max,m), der Orientierungswert für erhebliche Belästigung werde jedoch weder im Ist-Zustand noch in der Prognose erreicht; bewertend schließt das Gutachten insoweit: "Auch bei dieser Betrachtung von Belästigung ist die Schlußfolgerung zu ziehen, daß es zu keinen nennenswerten Unterschieden zwischen den Prognosen mit und ohne Ausbau kommt" (Gutachten Seite 30).

191

Allerdings ist durchaus von einer Steigerung des für den Kläger ermittelten Fluglärms (am Immissionsort ... 11) auszugehen, soweit der Vergleich zwischen dem Ist-Zustand 1997 und dem für beide Prognosen gleichermaßen geltenden Zeitpunkt 2010 gezogen wird. Die Steigerung zwischen Ist = 1997 und dem Prognosezeitraum = 2010 ist aber bedingt durch die allgemeine Zunahme des Flugverkehrs und nicht ausbaubedingt (s.o.).

192

Dies Ergebnis steht in Einklang mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme:

193

Insofern hat der Sachverständige Prof. Dr. S bekundet, dass die nach den Korrekturen der Eingabedaten in das DES vorgenommenen Berechnungen der Firma Müller-BBM, die dem fluglärmmedizinischen Gutachten zunächst noch nicht zugrunde gelegen hatten, an dem Ergebnis des fluglärmmedizinischen Gutachtens nichts änderten. Insbesondere hat der Sachverständige Prof. Dr. S auch -- insoweit das Ergebnis des Gutachtens aufgreifend und wiederholend -- bestätigt, dass keine Änderung der Aussage des Gutachtens notwendig ist.

194

Die Beklagte hat dies im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der Abwägung berücksichtigt. Insofern hat das fluglärmmedizinische Gutachten nur die zuvor bereits von der Beklagten angenommenen Werte bestätigt. Mithin hat die Beklagte auch die den Lärmschutz betreffenden Belange des Klägers gesehen und mit in den Abwägungsvorgang eingestellt. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss erweist sich deshalb als nicht die Rechte des Klägers verletzend, soweit der Planfeststellungsbeschluss davon ausgeht, dass es ausbaubedingt nicht zu einer den Kläger unzumutbar treffenden Fluglärmsteigerung kommt.

195

Die Beklagte hat im Planfeststellungsverfahren und Planfeststellungsbeschluss darüber hinaus auch ausreichend die bisherige (und zukünftige) Lärmsituation des Klägers berücksichtigt, soweit es nicht ausbaubedingt zu einer Lärmsteigerung kommt, sondern bereits die nicht ausbaubedingte Lärmbelastung zu betrachten ist. Auch insoweit ist die Klage unbegründet.

196

Die Berechnungsergebnisse zeigen bezogen auf den Ist-Zustand (siehe oben Tabelle Seite 41), dass bereits im Ist-Zustand 1997 die maßgebliche Schwelle von nachts 6 Schallereignissen mit einem Maximalpegel von mehr als 75 dB (A) -- außen -- deutlich, nämlich um 5 Ereignisse überschritten wird; die Prognose für das Jahr 2010 (sowohl P1 als auch P2) beschreibt 11 solcher zusätzlicher Überschreitungen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt dies hinreichend, wie sich aus folgendem ergibt. Ansprüche des Klägers auf Planergänzung (Lärmsanierung, aktiver und/oder passiver Schallschutz) sind insoweit nicht gegeben.

197

Bei einer Änderungsplanung -- wie hier -- sind zwar grundsätzlich nur die Auswirkungen in den Blick zu nehmen sind, die gerade durch die Änderung bewirkt werden, eine Gesamtbetrachtung des geänderten Vorhabens ist grundsätzlich nicht vorzunehmen; die Lärmeinwirkungen, die durch einen gegebenen (rechtmäßigen) Flughafenbetrieb entstehen, sind zu den bei der rechtlichen Überprüfung schutzmindernd zu berücksichtigenden "Vorbelastungen" zu zählen (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 -- BVerwG 4 C 79.76 u.a. --, BVerwGE 56, 110). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Oktober 1998 -- BVerwG 11 A 1.97 --, aaO.), der sich der Senat insoweit anschließt, findet die schutzmindernde Berücksichtigung bisheriger Lärmeinwirkungen als einer der maßgeblichen Faktoren, durch die die Situation der im Einwirkungsbereich eines bestehenden Flughafens liegenden Grundstücke geprägt wird, dort eine Grenze, wo

198

"die Fluglärmeinwirkungen bereits vor der Ausführung des Planungsvorhabens sowohl nach der Gebietsart als auch im Verhältnis zu anderen Lärmquellen das Maß des Zumutbaren überschreiten. In solchen Fällen muß -- gewissermaßen -- nicht 'wegen', sondern 'aus Anlaß' der notwendigen Planfeststellung eine nach den Maßstäben des § 9 Abs. 2 LuftVG erforderliche Schutzmaßnahme angeordnet werden" (BVerwG, Urt. v. 7. Juli 1978 -- BVerwG 4 C 79/76 u.a. --, NJW 1979, 64, 69 = BVerwGE 56, 110, 132; s.a. BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 1979 -- BVerwG 4 C 10.77 --, NJW 1980, 2368, 2371 = BVerwGE 59, 259, 265 f<zu § 36 BBahnG>; Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, 2. Aufl., München (Loseblatt, Stand Februar 1997), § 9 LuftVG Rn. 76 f.)."

199

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss (Planfeststellungsbeschluss Seite 22-26) befasst sich in diesem Sinn 'anlässlich' der Planfeststellung hinreichend mit der Fluglärmbelastung im Ist-Zustand und hat diese auch als Belang des Klägers in den Abwägungsvorgang eingestellt und überwunden; auch dass der Planfeststellungsbeschluss auf die Anordnung von Schutzmassnahmen zugunsten des Klägers verzichtet, kann der Kläger nicht mit Erfolg angreifen.

200

Zutreffend geht der Planfeststellungsbeschluss von den maßgeblichen medizinischen Orientierungswerten aus; für tagsüber bezieht er sich hinsichtlich einer möglichen Gefährdung bzw. Belästigung durch Fluglärm auf das Jansen-Kriterium von 19 Ereignissen zu jeweils mehr als 99 dB (A) und die Dauerschallbelastung.

201

Für die Nacht legt der Planfeststellungsbeschluss dar, dass der Maximalpegel und die Häufigkeit des Auftretens des Maximalpegels eine Gefährdungsmöglichkeit darstellten. Es werde ein Außenpegel von 75 dB (A) für einzelne Ereignisse bei gekippten Fenstern als Bereich der erhöhten Aufwachmöglichkeit angesehen. Für die Nacht werde -- insoweit zutreffenderweise -- ein Orientierungswert von sechs Ereignissen zu 75 dB (A), außen, als zumutbare Belastung angesehen. Sodann kommt der Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis, dass (richtigerweise) der Orientierungswert für Lärmgefährdung tags von 19 x 99 dB (A) Maximalpegel nicht annähernd erreicht werde. Diese Werte setzt die Beklagte sodann -- zutreffend -- in Beziehung zur Ist-Situation und bewertet diese, wobei der Planfeststellungsbeschluss zum Nachtlärm ausführt:

202

"Nachts werden zwar bereits im Ist-Zustand an einigen Immissionsorten die relevanten Orientierungswerte überschritten. Zwischen der Prognose 1 und der Prognose 2 ergeben sich jedoch kaum nennenswerte Unterschiede. Bei den Immissionsorten 2 (...) und 11 (...) ist im Prognosezeitraum ein Überschreiten des präventiv orientierten Wertes von 62 dB (A) mit 62,9 bzw. 64,2 dB (A) zu erwarten, was im Ist-Zustand nicht der Fall ist. Der Orientierungswert von > 65 dB (A) zur Definition von erheblichen und grundsätzlich nicht zu duldenden Belästigungen wird nicht erreicht. Für diese Bereiche werden präventive Maßnahmen empfohlen, wobei der Nachtschutz im Vordergrund stehen sollte. Eine Anordnung von Schutzauflagen aus Anlaß der Planfeststellung ist nicht erforderlich, da das von der FHG aufgelegte Schallschutzprogramm eine hinreichende Kompensation der Beeinträchtigungen gewährleistet. Das Schallschutzprogramm umfaßt passive Schallschutzmaßnahmen für alle zum Schlafen geeigneten Räumlichkeiten innerhalb einer festgelegten Nachtschutzzone. Die Nachtschutzzone ist das Gebiet, in dem in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr durchschnittlich mehr als sechs Fluglärmereignisse auftreten, die im Außenbereich mehr als 75 dB (A) Maximalpegel hervorrufen. Die Nachtschutzzone ist auf der Basis der Prognose der Nachtflugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten für das Jahr 2004 festgelegt worden. Insgesamt wird dadurch gewährleistet, daß in der Nacht im Inneren der zu schützenden Räume bei geschlossenen Fenstern in der Regel keine höheren Einzelschallpegel als 55 dB(A) auftreten. Durch den zusätzlichen Einbau schallgedämmter Lüfter wird eine ausreichende Belüftung der Räume bei geschlossenem Fenster gewährleistet. Letztlich ist das Schallschutzprogramm eine zum Zeitpunkt der Maßnahme der Planfeststellungsbehörde geeignete und ausreichende Maßnahme zur Bewältigung der Auswirkungen (nicht nur) nächtlichen Fluglärms. Die Umsetzung des Schallschutzprogramms ist durch die Vereinbarungen vom 26.04.1994 und 06.02.1998 zwischen dem Nieders. Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr als Luftfahrtbehörde und der FHG gesichert (vgl. Urteil des OVG Lüneburg vom 09.06.1997, AZ. 12 K 325/96, S. 66 ff.). Sollte zukünftig die Grenze einer zumutbaren Belastung für die Anwohner dennoch überschritten werden, so kann die zuständige Luftfahrtbehörde gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG jederzeit die dann erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen anordnen, wobei aber kein Vorrang für aktive Lärmschutzmaßnahmen bestünde. Als Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung sowie der fluglärmtechnischen und fluglärmmedizinischen Gutachten wird festgestellt, daß durch den Ausbau im Westbereich des Flughafens Hannover-Langenhagen keine wesentlichen und medizinisch relevanten Lärmimmissionen gegenüber einem Zustand ohne Ausbau zu erwarten sind."

203

(Planfeststellungsbeschluss Seite 25/26).

204

Mithin fasst der Planfeststellungsbeschluss die Lärm-Problematik der Ist-Situation ins Auge, soweit bereits im Ist-Zustand am Immissionsort 11 der beachtliche Wert für eine unzumutbare Beeinträchtigung von 6 x 75 dB (A) nachts, außen, überschritten wird. Auch registriert der Planfeststellungsbeschluss die Überschreitung des -- insoweit: lediglich -- präventivorientierten Wertes von 62 dB (A) mit einem Wert von ca. 64 dB (A). Zugleich stellt er aber dabei auch darauf ab, dass der zur Definition von erheblichen und grundsätzlich nicht zu duldenden Beeinträchtigungen (Unzumutbarkeitsgrenze) maßgebliche Wert von > 65 dB (A) nicht erreicht wird. Dazu fasst der Planfeststellungsbeschluss zusammen, dass für diese Bereiche -- mithin auch den Immissionsort 11 -- präventive Maßnahmen empfohlen würden, wobei der Nachtschutz im Vordergrund stehen solle, womit sich die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zugleich die Auffassungen der medizinischen Gutachter zu eigen macht. Zugleich bezieht sich der Planfeststellungsbeschluss auf das Schallschutzprogramm der Beigeladenen und die dort getroffene inhaltliche Beschreibung der "Nachtschutzzone", die gekennzeichnet ist durch das Gebiet, in dem in der Zeit von 22 bis 6 Uhr durchschnittlich mehr als sechs Fluglärmereignisse auftreten, die im Außenbereich mehr als 75 dB (A) Maximalpegel hervorrufen. Mithin hat die Beklagte die Ist-Situation gesehen und auch bewertet. Damit hat der Planfeststellungsbeschluss eine Abwägung vorgenommen, in die auch die Ist-Situation und die durch die allgemeine Verkehrszunahme zu erwartende Steigerung des Verkehrsaufkommens und damit verbunden des Fluglärms einbezogen ist. Den -- privaten -- Belangen der Flughafenanwohner, mithin auch des Klägers, hat die Beklagte damit Rechnung getragen. Soweit der Planfeststellungsbeschluss diese Abwägung dahin vornimmt, dass wegen der Existenz des Schallschutzprogramms Schutzauflagen zu Gunsten der Flughafenanwohner -- und mithin auch des Klägers -- nicht notwendig seien, weshalb deren Belange im Rahmen der allgemeinen Abwägung zurücktreten müssten, kann der Kläger dies nicht mit Erfolg angreifen. Allerdings ist dieses Schallschutzprogramm nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses -- die Beklagte hat keine Schutzauflage nach § 9 Abs. 2 LuftVG festgesetzt. Das Schallschutzprogramm ist aber eine Maßnahme, welche die Auswirkungen nächtlichen Fluglärms zu bewältigen bestimmt ist.

205

Mit Vereinbarung vom 26. April 1996, geändert unter dem 6. Februar 1998, schlossen die Beigeladene und das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr eine Vereinbarung über die inhaltliche Ausgestaltung und praktische Durchführung des Programms für passiven Lärmschutz am Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen. Nach § 1 der Vereinbarung hat sich die Beigeladene u.a. zum "Schutz der Wohnbevölkerung am Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen vor den Auswirkungen unzumutbaren nächtlichen Fluglärms ..." dazu verpflichtet, ein Programm für den passiven Lärmschutz aufzulegen. Danach besteht für Eigentümer von Wohngebäuden bzw. Wohnungen innerhalb einer Nachtschutzzone ein Rechtsanspruch gegen die Beigeladene auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen bzw. auf Aufwendungsersatz für von Eigentümern durchzuführende Schallschutzmaßnahmen. Der Bereich der Nachtschutzzone wird in § 2 der Vereinbarung definiert: Es handelt es sich (Abs. 1) um das Gebiet, in dem in der Zeit vom 22.00 bis 06.00 Uhr durchschnittlich mehr als 6 Flugereignisse auftreten, die einen Außen-Maximalpegel von mindestens 75 dB (A) hervorrufen. Dazu nimmt die Vereinbarung ausdrücklich auf das J-Kriterium und die Rechtsprechung Bezug. Aus § 2 Abs. 2 der Vereinbarung ergibt sich, dass das Ministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte, in dem die räumliche Ausdehnung kartographisch festgelegt wurde ("Berechnung einer Nachtschutzzone für den Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen unter Zugrundelegung des Datenerfassungssystems der Prognose für das Jahr 2004", schalltechnisches Beratungsbüro ... vom 8. November 1995). Nach § 2 Abs. 3 der Vereinbarung werden innerhalb dieser Nachtschutzzone weitere Gebiete nach der VDI-Richtlinie 2719 (Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen) dargestellt -- diese Gebiete sind für die Bestimmung der jeweiligen Ausführungsqualität der vorzunehmenden Maßnahmen maßgeblich --. Dementsprechend werden die Bereiche nach den Schallschutzklassen bezeichnet (SSK 1 ff). § 3 der Vereinbarung regelt die Anspruchsvoraussetzungen. Danach muss das zum Wohnen genutzte Gebäude innerhalb der Nachtschutzzone liegen und bis zum 23. Mai 1996 bauordnungsrechtlich genehmigt worden sein. § 5 der Vereinbarung regelt Ausschlüsse: Nach § 5 Abs. 1a der Vereinbarung besteht ein Anspruch nicht bei Gebäuden, die nach dem 25. Januar 1975 -- Verkündung der Verordnung über die Festlegung des Lärmschutzbereiches für den Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen vom 22. Januar 1975 (BGBl. I 299) -- innerhalb des zu diesem Zeitpunkt verkündeten Lärmschutzbereichs gemäß Fluglärmgesetz errichtet wurden; "Auf Antrag wird in diesen Fällen von der FHG eine schallgedämpfte Lüftung in die zum Schlafen geeigneten Räume eingebaut" (ebenda). Ferner ist ein Ausschluss gegeben, wenn der Berechtigte nicht spätestens bis zum 31. Dezember 2000 einen Antrag auf Förderung nach der Vereinbarung stellt.

206

Dieses Schallschutzprogramm ist rechtlich gesichert. Der Kläger hat für seine Wohnstelle aus der Vereinbarung unmittelbar (und erst recht nach bestimmten Erklärungen der Beigeladenen, dazu weiter unten) gegen die Beigeladene gerichtete Ansprüche, deren Erfüllung die Einhaltung des J-Kriteriums -- für ihn an seiner Wohnstelle -- sicherstellt. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Münster (OVG NRW, Urteil vom 29. September 1994 -- 20 D 28/91.AK --), der der Senat zustimmt, ist ein Schallschutzprogramm schon dem Grunde nach geeignet, die durch die Entwicklung des nächtlichen Fluglärms bewirkten Gefahren zu beseitigen, wobei es von untergeordneter Bedeutung sei, dass dieses Schallschutzprogramm nicht in Erfüllung einer bindenden und zugleich die Nachbarschaft des Flughafens begünstigenden Anordnung der Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Flughafenbetreiber vollzogen wird, sondern dass der Flughafenbetreiber dies sozusagen freiwillig verwirkliche; entscheidend sei, ob das Schallschutzprogramm als Tatsache in die Abwägung eingestellt werden könne und müsse, was allerdings bedenklich wäre, wenn seine Umsetzung nicht als gesichert betrachtet werden könne; wörtlich führt das OVG Münster (OVG NRW, Urteil vom 29. September 1994 -- 20 D 28/91.AK --) zum dort gegebenen Schallschutzprogramm aus:

207

"Mit diesem Schallschutzprogramm leistet die Beigeladene in einem Nachtschutzgebiet, dessen Grenzen durch eine durchschnittliche nächtliche Fluglärmbelastung von sechs Schallereignissen pro Nacht mit einem Außenpegel von 75 dB(A) bestimmt ist, Aufwendungsersatz für bauliche Schallschutzmaßnahmen an Schlafräumen, die gewährleisten sollen, daß durch An- und Abflüge zwischen 22.00 und 6.00 Uhr Ortszeit im Schlafrauminnern bei geschlossenem Fenster keine höheren Schalldruckpegel als 55 dB(A) auftreten, wobei eine ausreichende Belüftung durch den Einbau von schallgedämpften Belüftungsanlagen sichergestellt wird. Damit wird erreicht, daß im Nachtschutzgebiet in den Schlafräumen die bei etwa 60 dB(A) anzusetzende Weckschwelle unterschritten bleibt. ..."

208

Anknüpfend an diese Rechtsprechung hat der Senat in seinem Urteil zu den Nachtflugbeschränkungen (Urteil vom 9. Juni 1997 -- 12 K 325/96 --), das der Senat sich insoweit erneut zu eigen macht, zu dem Schallschutzprogramm ausgeführt:

209

"... Dieses Programm hat nicht schon deswegen außer Betracht zu bleiben, weil es der Beigeladenen weder als Schutzauflage nach § 9 Abs. 2 LuftVG durch die Planfeststellungsbehörde aufgegeben noch Bestandteil der bzw. Bedingung für den Fortbestand der Flughafengenehmigung ist. ...

210

Die Umsetzung dieses Schallschutzprogramms ist auch durch die zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen unter dem 26. April 1996 getroffenen "Vereinbarung über die inhaltliche Ausgestaltung und praktische Durchführung des Programms für passiven Lärmschutz am Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen" gesichert; einer abschließenden dogmatischen Einordnung dieser Vereinbarung, für die die Qualifizierung als öffentlich-rechtlicher Vertrag (mit Schutzwirkung) zugunsten Dritter nahe liegt, bedarf es dabei nicht. ...

211

Daß der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen dieses Programms nicht erfüllte, von der Ausschlußklausel des § 5 Vereinbarung betroffen wäre, die Beigeladene vereinbarungswidrig Antragstellern die in § 4 Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen versagte oder die Kosten des Einbaues der Schallschutzeinrichtungen nicht in hinreichender Höhe übernommen würden, ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Vereinbarung ist auch nicht deswegen nicht zu berücksichtigen, weil sie allein die Kosten des Einbaues von Schallschutzeinrichtungen regelt, nicht aber die Frage, wer die Kosten für Unterhaltung, Wartung und Erneuerung etwa von Lüftungseinrichtungen zu tragen hat (s. dazu BVerwG, Urt. v. 29. Januar 1991 -- BVerwG 4 C 51/89 --, NVwZ-RR 1991, 601, 618; Urt. v. 22. März 1985 -- BVerwG 4 C 15.83 --, BVerwGE 71, 166, 174). 2.2.2.3.3.2. Das Lärmschutzprogramm ist -- ohne daß auf die vorliegende Klage hin über die belastungsgerechte Abgrenzung der Schallschutzzonen insgesamt zu entscheiden wäre -- tatsächlich geeignet, für den von nächtlichem Fluglärm betroffenen Kläger im Ergebnis einen Schutz vor diesem Fluglärm sicherzustellen, der gegenwärtig eine nach § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG beachtliche Gefährdung, namentlich gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen, ausschließt. Die Vereinbarung bezeichnet in § 2 Nr. 1 Satz 2 allerdings als Schutzziel nur, daß "innerhalb der Nachtschutzzone ... durch bauliche Schallschutzmaßnahmen gewährleistet werden (soll), daß die Bewohner in den Schlafräumen nicht in unzumutbarer Weise durch Fluglärm beeinträchtigt werden", ohne selbst die "Zumutbarkeitsgrenze", etwa unter Festlegung eines bestimmten dB(A)-Wertes, konkret festzulegen. Die Vereinbarung nimmt indes -- für die Abgrenzung der Nachtschutzzone -- Bezug auf die von Prof. Jansen entwickelten Kriterien und verweist -- für deren konkrete räumliche Festlegung und die jeweils durchzuführenden Maßnahmen -- auf das Gutachten des schalltechnischen Beratungsbüros Müller-BBM vom 8. November 1995 (das der Vereinbarung als Anlage beigefügt ist). Für den Rechtsanspruch, der den Flughafenanwohnern eingeräumt ist, folgt hieraus hinreichend bestimmt als Schutzziel der durchzuführenden Maßnahmen passiven Schallschutzes, daß innerhalb der Nachtschutzzone (definiert als das Gebiet, in dem in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr durchschnittlich mehr als sechs Fluglärmereignisse auftreten, die einen Außen-Maximalpegel von mindestens 75 dB(A) hervorrufen) durch Einbau entsprechender Schallschutzfenster in den Schlafräumen ein Maximalpegel (ermittelt nach der Anlage zu § 3 Fluglärmschutzgesetz <"Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen an zivilen und militärischen Flugplätzen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm" (AzB) vom 30. März 1971 (GMBl. 1975, 162 ff) unter Berücksichtigung der Ergänzungen vom 27. Februar 1975 und aus dem Jahre 1984>) von 55 db(A) "am Ohr des Schläfers" nicht überschritten wird (wobei bis zu sechs Überschreitungen je Nacht unschädlich sind). Damit ist zugleich die "(Un)zumutbarkeitsgrenze" i.S.d. § 2 Nr. 1 der Vereinbarung konkretisiert. ... Soweit dabei -- ohne daß dies ausdrücklich bezeichnet wird -- vorausgesetzt wird, daß einzubauende Schallschutzfenster auch geschlossen sind, ist dies auch mit Blick darauf nicht schädlich, daß die Vereinbarung selbst ausdrückliche Regelungen zu dem Einbau von schallgedämpften Belüftungsanlagen, die beim Schlafen mit geschlossenem Fenster eine ausreichende Belüftung der Schlafräume sicherstellen (s. dazu das von OVG NRW, Urt. v. 29. September 1994 -- 20 D 28/91.AK -- zu beurteilende Schallschutzprogramm), nicht enthalten. Soweit nicht die in der Vereinbarung (§ 2 Nr. 3) in Bezug genommene VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" die Voraussetzungen bezeichnet, unter denen solche schallgedämpften Lüfter einzubauen sind, legt der Senat diese Vereinbarung dahin aus, daß solche Zusatzeinrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik im Zeitpunkt des Einbaues der Schallschutzfenster selbst einzubauen sind.

212

Dieses Schutzziel entspricht dem in der Rechtsprechung anerkannten (s.o. III. 2.2.2.2.2.), durch neuere Erkenntnisse der Lärmforschung nicht überholten Werten (s.o. III. 2.2.2.2.3.), die durch den "Abstand" von 5 dB(A) zu der bei 60 dB(A) anzusetzenden "Aufweckschwelle" "auf der sicheren Seite" liegen.

213

Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, daß aus technischen Gründen -- etwa atypisch geringer Dämmwerte der Bausubstanz -- bei dem Wohnhaus des Klägers in den Schlafräumen dieses Schutzziel nicht erreicht werden könnte. Der Kläger ist vielmehr der Beurteilung des mit der Erstellung des der Vereinbarung zugrundeliegenden Gutachtens betrauten Sachverständigen nicht entgegengetreten, daß aufgrund der Dämmwerte des Mauerwerkes bei einem massiv gebauten Haus aus dem Jahre 1900 die Einhaltung des sog. Jansen-Kriteriums gewährleistet sei; dann aber braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sich ein Flughafenanwohner eine "leichtere" Bauweise und eine daraus resultierende besondere Lärmdurchlässigkeit des Mauerwerkes unabhängig davon zurechnen lassen müßte, ob diese Bauweise bauordnungsrechtlich genehmigt worden ist (so OVG Bremen, Urt. v. 11. Juni 1996 -- OVG 1 G 5/94 --, UA S. 29). ...

214

Mit dieser Bewertung, welche eine Gesundheitsgefährdung nach den heranzuziehenden Kriterien hinreichend sicher ausschließt, verkennt der Senat nicht, daß der Bereich, in dem der Kläger wohnt, in beachtlichem Maße durch (nächtlichen) Fluglärm belastet ist. ..."

215

Daran hält der Senat fest: Für das Grundstück des Klägers ... ist sichergestellt, dass bereits durch das Schallschutzprogramm ein hinreichender Schutz vor Nachtlärm gegeben ist. Die Wohnstelle des Klägers ist in der Nachtschutzzone SSK 3 des Schallschutzprogramms der Beigeladenen belegen, wie sich aus dem Kartenmaterial ergibt, das dem Gutachten der Firma Müller-BBM vom 8. November 1995 beigegeben ist. In diesem Bereich (SSK 3) ist der Einbau von Schallschutzfenstern der Fensterschallschutzklasse 3 nach Tabelle 1, Abschnitt 4.9, des zitierten Gutachtens vom 8. November 1995 (dort Seite 15), erforderlich, um die Einhaltung des J-Kriteriums (definiert in Abschnitt 4.6 des Gutachtens vom 8. November 1995, Seite 13) zu gewährleisten -- dementsprechend hat der Kläger nach dem Schallschutzprogramm Ansprüche gegen die Beklagte. Wie oben (Tabelle Seite 41) angegeben, kommt es im Ist-Zustand (1997) und in beiden Prognosezuständen (2010) zur Überschreitung des J-Kriteriums nachts. Danach legt der Senat (zu Gunsten des Klägers) einen Höchstwert von 85 dB(A) zugrunde (vgl. Abbildung 11 des Gutachtens vom 18. September 1998 -- Darstellung der Maximalpegelhäufigkeit) und zieht davon das Fensterschalldämmmaß ab. Der danach ermittelte Wert liegt unterhalb des Wertes von 55 dB (A), der unter Berücksichtigung des Jansen-Kriteriums einschließlich eines Sicherheitszuschlages von 5 dB (A) zu Gunsten der Lärmbetroffenen hier heranzuziehen ist. Entsprechendes gilt für das Jahr 2010; auch dann (sowohl in P 1 als auch in P 2) wird in der Nacht der Wert von 6 x 55 dB (A) innen 'am Ohr des Schläfers' unter Berücksichtigung des Schallschutzprogramms nicht überschritten.

216

Dabei ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. B im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass nicht etwa pauschal ein Schalldämmmaß mit einer gewissen Bandbreite heranzuziehen ist (z.B. ein Fensterschalldämmmaß der SSK 3 in der Größenordnung von 32 bis 36 dB (A)), sondern dass konkret bezogen auf eine bestimmte Lärmsituation ein spezifischer Fensterschalldämmwert maßgeblich ist. Mithin hat der Kläger nach schon dem Schallschutzprogramm Anspruch auf den Einbau von Fenstern (bzw. auf entsprechenden Kostenersatz), die in ihrem konkreten Fensterschalldämmmaß der konkreten Lärmsituation mit den für den Ort seiner Wohnstelle berechneten Werten entsprechen.

217

Danach hat der Kläger auf jeden Fall hinreichenden Schutz vor Nachtlärm.

218

Dies gilt ferner unter Berücksichtigung der Erklärung der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 1997 im Verfahren 12 K 325/96, Geschäftsgrundlage der Vereinbarung vom 26. April 1996 sei die Einhaltung des J-Kriteriums (55 dB (A)) 'am Ohr des Schläfers'. Diese Erklärung hat der Senat wie folgt bewertet und bewertet sie nunmehr erneut ebenso:

219

"Diese hinreichend bestimmte Auslegung der Vereinbarung haben der Beklagte und die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung durch die übereinstimmende Erklärung -- deklaratorisch, bei etwa verbleibenden Auslegungszweifeln konstitutiv -- dadurch bekräftigt, daß Geschäftsgrundlage der Vereinbarung die Einhaltung des sog. J-Kriteriums (55 dB(A) am Ohr des Schläfers) sei."

221

Diese Erwägung trägt insoweit die Entscheidung des Senats zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm gleichfalls allein.

222

Dabei wirkt sich die Befristung des Schallschutzprogramms (Antragstellung bis 31. Dezember 2000) nicht zum Nachteil des Klägers aus, da er einen entsprechenden Antrag bei der Beigeladenen stellen konnte und kann. Im übrigen müsste er auch bei einer entsprechenden Auflage im Planfeststellungsbeschluss von sich aus -- gleichermaßen -- das Notwendige veranlassen, um deren Vorteile in Anspruch nehmen zu können.

223

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit dem Schallschutzprogramm rügt (Klageantrag zu Nr. 5), die dort vereinbarte Stichtagsregelung sei rechtswidrig, verweist der Senat auf seine obigen Ausführungen. Davon abgesehen kann die Auffassung des Klägers, die Festsetzung eines Stichtages "nach 1975" sei nicht rechtmäßig, allein sein Grundstück Klosterweg 8 betreffen, in dem nach Baugenehmigungen aus dem Jahre 1991 nach seinem Vortrag drei Wohnungen errichtet wurden. Insoweit ist er mit seinem Vorbringen aber präkludiert (s.o.).

224

Demgegenüber kann der Kläger nicht erfolgreich geltend machen, Anspruch auf aktiven Lärmschutz zu haben. Der Senat macht sich die Erwägungen seines Urteils vom 9. Juni 1997 erneut zu eigen: Ein Vorrang aktiver gegenüber passiven Schallschutzmaßnahmen ist zu verneinen. Mithin erweist sich, dass der angegriffene Planfeststellungsbeschluss den Kläger auch insoweit nicht in seinen Rechten verletzt. Die Auffassung des Klägers aus früheren Planfeststellungsbeschlüssen/Urteilen könne er, der Kläger, ein subjektives Recht auf die Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen (Nachtflugbeschränkungen, Lärmkontingentierung -- z.B. Stuttgarter und oder Düsseldorfer Modell --) herleiten, trifft nicht zu. Die vom Kläger bezeichneten Wendungen vermitteln ihm nicht eine ihn begünstigende Individualrechtsposition. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Auch wurde ihm gegenüber weder eine Zusage noch eine Zusicherung des Inhaltes abgegeben, der Fluglärm werde nicht von 1988 bis 1998 ansteigen. Der Hinweis des Klägers auf Lärmmessungen bzw. Lärmprognosen für den Ort Stelingen ist unbeachtlich, da er eine Lärmbelastung nur für seine Wohnstelle geltend machen kann, indessen nicht für andere Gebiete, die um den Flughafen gelegen sind.

4.

225

Der Kläger vermag auch mit seinen übrigen Angriffen gegen den Planfeststellungsbeschluss nicht durchzudringen:

226

Das Vorbringen des Klägers, der Planfeststellungsbeschluss beinhalte hinsichtlich des Luftfrachtzentrums eine rechtswidrige Vorratsplanung, greift nicht durch; der Kläger kann insoweit als Belang nur die Fluglärmbelastung ins Feld führen, die jedoch ausbaubedingt keine ihn rechtlich belastende Steigerung erfährt. Daher kommt es auf eine etwaige Vorratsplanung nicht an. Dies gilt entsprechend für die vom Kläger herangezogene Planungsvariante (Kasernengelände). Ferner -- und dies trägt die Entscheidung des Senats insoweit gleichfalls allein -- erhöht dieser Ausbau-Teil (Luftfrachtzentrum) nicht die luftseitige Kapazität (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 -- BVerwG 11 A 22.98 --, aaO.) und wirft deshalb insoweit die Fluglärmfrage nicht erneut auf.

227

Der Sachvortrag des Klägers, die Zahl der Rollwege erhöhe sich entgegen dem Vorbringen der übrigen Beteiligten von 18 auf 19, die Rollbahn Foxtrot Alt werde durch den Neubau des Vorfeldes 1 nicht gestrichen bzw. entfalle nicht, weil auf dem Vorfeld 1 selber eine Rolllinie eingerichtet werde, weshalb die Rollbahn Foxtrot Neu eine zusätzliche Rollbahn darstelle und deshalb eine Steigerung auf 19 Rollbahnen insgesamt erfolge, trifft nicht den zugrunde liegenden Sachverhalt. Zwar entsteht auf dem Vorfeld 1 auf der Fläche der entfallenden Rollbahn Foxtrot Alt tatsächlich eine Zuwegung für die einzelnen Abstellpositionen. Dabei handelt es sich indessen nicht um Rollwege bzw. Rollbahnen, sondern lediglich um vorfeldinterne Rolllinien, wie sich aus dem Lageplan "Flugzeugaufstellung", Anlage Nr. 1.1, Blatt 1 ergibt. Im Übrigen kommt es auf dieses Vorbringen nicht an, wie sich aus den Erwägungen des Senats zur Lärmbelastung ergibt.

228

Ferner bleiben die Anträge des Klägers, dem Europäischen Gerichtshof bestimmte Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, ohne Erfolg (Klageanträge zu Nr. 1. Buchst. a bis e):

229

Nach Art. 234 (ex-Art. 177) des EG-Vertrages -- Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften vom 25. März 1957, Konsolidierte Fassung mit den Änderungen durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 -- entscheidet der Europäische Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung u.a. (Art. 234 Abs. 1 Buchst. b) über die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft (und der EZB). Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedsstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen, Art. 234 Abs. 2 EG-Vertrag. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift ist das Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet, wenn eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichem Gericht gestellt wird, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

230

Nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag wäre der Senat nicht zur Vorlage verpflichtet. Der Rechtsmittelbegriff umfasst alle Rechtsbehelfe, mit denen eine von einem Gericht erlassene Entscheidung von einer übergeordneten Gerichtsinstanz in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht (z. B. Berufung) oder auch nur in rechtlicher Hinsicht (z. B. Revision) überprüft werden kann. Nach der abstrakten Betrachtungsweise fallen nur die in der Gerichtshierarchie obersten Gerichte der Mitgliedsstaaten unter die Regelung des Art. 234 Abs. 3 EGV (vgl. m.w.Nachw.: Borchert in Lenz <Herausgeber>, Kommentar zum EG-Vertrag, 2. Auflg. 1999, RdNr. 36 zu Art. 234 EG-Vertrag; Groeben/Thiesing/Ehlermann <Hrsg.>, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 5. Auflage 1999, Art. 177 RdNr. 67; Dauses, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, Abschnitt P. II, RdNr. 90). Nach der konkreten oder funktionellen Betrachtungsweise ist die Frage der Vorlagepflicht nach der tatsächlichen Rechtsmittelmöglichkeit zu beurteilen. Zwar ist die Revision nur auf Zulassung hin möglich, sofern das Oberverwaltungsgericht sie nicht zulässt. Dies führt indes nicht dazu, dass das Oberverwaltungsgericht als letztinstanzliches Gericht anzusehen wäre. Dies wird für § 132 VwGO nicht so gesehen, weil auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als Rechtsmittel im Sinne von Art. 234 EG-Vertrag gewertet wird und in diesem Fall die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung und damit wegen eines zwingenden Revisionsgrundes zugelassen werden müsste (Borchert in Lenz, a.a.O., RdNr. 37; Dauses a.a.O., RdNr. 96 f.). Wäre allerdings eine Vorlage erforderlich, sähe der Senat als nicht letztinstanzliches Gericht aus Ermessensgründen davon ab.

231

Gemäß Art. 234 Abs. 2 EG-Vertrag hat der Senat dem Europäischen Gerichtshof nicht bestimmte Fragen vorzulegen. Die Entscheidungen über die vom Kläger gestellten Fragen sind zum Erlass des vorliegenden Urteils schon nicht erforderlich. Die entscheidungserheblichen Fragen waren vom Senat unter Anwendung nationalen Rechts zu beantworten; aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass sich zur Auslegung der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt worden ist, die vom Kläger bezeichneten Fragen nicht stellen; das von ihm angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 16. September 1999 (C-435/97) befasst sich mit den Besonderheiten des Genehmigungsverfahrens eines in Italien belegenen Flughafens, dessen Umwandlung aus militärischer und anderweitiger Nutzung in einen kommerziell nutzbaren Flughafen, u.a. mit dem Ziel Linien- und Charterflüge durchzuführen, streitbefangen war.

232

Schließlich hat der Antrag des Klägers zu Nr. 6, das Vorbringen der Beklagten als verspätet zurückzuweisen, keinen Erfolg. § 10 Abs. 7 Satz 1 LuftVG gilt nicht für das Beklagtenvorbringen; der Beklagten wurde auch keine Frist nach § 87b VwGO gesetzt; andere Rechtsgrundlagen bestehen nicht.

233

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Sie ist nach § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11 ZPO vorläufig vollstreckbar.

234

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.