Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.04.2010, Az.: 4 PA 117/10
Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfeantrags; Späterer Kenntnisstand oder spätere Kenntniserlangung bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Antrages auf Prozesskostenhilfe
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.04.2010
- Aktenzeichen
- 4 PA 117/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 24156
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0427.4PA117.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 166 VwGO
- § 114 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags maßgeblich. Das hat zur Folge, dass auch ein späterer Kenntnisstand der Prüfung der Erfolgsaussichten nicht zugrunde gelegt werden darf.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Die Beklagte hat den Kläger durch den angefochtenen Bescheid gemäß § 15 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufgefordert, sich unverzüglich zur Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde Oldenburg zu begeben. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger die beantragte Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren mit der Begründung versagt, die Rechtsverfolgung biete keine Aussicht auf Erfolg, weil angesichts des Umstandes, dass die von dem Kläger vorgelegte Geburtsurkunde laut Auskunft der angolanischen Botschaft vom 13. Januar 2010 eine Fälschung sei, nichts dafür spreche, dass der Kläger minderjährig sei. Diese Entscheidung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Dem Kläger ist allerdings einzuräumen, dass der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.06.2006 - 2 BvR 626/06 u. 2 BvR 656/06 -, NVwZ 2006, 1156; BVerwG, Beschl. v. 23.07.2003 - 1 B 386.02 -, NVwZ 2004, 111; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl., § 166 Rnr. 14 a, m.w.N.; Senatsbeschl. v. 23.9.2009 - 4 PA 201/09 - m.w.N.). Das hat zur Folge, dass auch ein späterer Kenntnisstand der Prüfung der Erfolgsaussichten nicht zugrunde gelegt werden darf (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 166 Rn. 77). Daher hätte das Verwaltungsgericht die Auskunft der angolanischen Botschaft in Deutschland vom 13. Januar 2010, aus der sich ergibt, dass es sich bei der vom Kläger vorgelegten angolanischen Geburtsurkunde, die den 10. Juni 1993 als Geburtsdatum ausweist, um eine Fälschung handelt, nicht zur Begründung fehlender Erfolgsaussichten der Klage heranziehen dürfen.
Die Beklagte hat aber schon in ihrer Klageerwiderung vom 2. April 2009 mitgeteilt, dass sie aufgrund der Geburtsangaben im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Amtsgericht D. eine Handwurzeluntersuchung zur Altersbestimmung veranlasst habe, die ergeben habe, dass der Kläger mindestens 18 Jahre alt sei. Angesichts dieses Ergebnisses der Handwurzeluntersuchung besaß die Klage bereits im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, die frühestens mit dem Eingang der Klageerwiderung bei Gericht eingetreten ist, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil 15 a Abs. 2 Satz 2 AufenthG bei einer Volljährigkeit des Klägers dem Erlass des angefochtenen Bescheides nicht entgegen stand.