Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.04.2010, Az.: 1 MN 251/09

§ 9 Abs. 1 Nr. 24 Baugesetzbuch (BauGB) als Grundlage für Festsetzungen zur Dauer von lärmintensiven Arbeiten; Auswirkung der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Interesse des Vorhabenträgers auf dessen Erforderlichkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.04.2010
Aktenzeichen
1 MN 251/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 14983
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0409.1MN251.09.0A

Fundstellen

  • DVBl 2010, 733
  • FStBW 2010, 809-812
  • FStHe 2010, 592-595
  • FStNds 2010, 406-410
  • NZBau 2010, 424-425

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.)

    Fesetzungen zur Dauer von lärmintensiven Arbeiten fallen nicht unter § 9 Abs.1 Nr. 24 BauGB

  2. 2.)

    Der Erforderlichkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans steht nicht entgegen, dass er im Interesse des Vorhabenträgers aufgestellt wird

Gründe

1

Die Antragsteller sind Eigentümer des Mehrfamilienhauses G. Straße 14 in D.. Sie wenden sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 30, der für das südwestlich ihres Grundstücks auf der gegenüberliegenden Seite der G. Straße liegende Grundstück beschlossen wurde. Sie befürchten im Wesentlichen, dass von dem dort anzusiedelnden Lohnunternehmen F. nicht hinnehmbare Lärmimmissionen für ihr Grundstück ausgehen.

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Der Rat der Antragsgegnerin hatte am 10. April 2008 den Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan gefasst auf Anregung des Landkreises, da die Genehmigung zur Erweiterung des in Teilen bereits an dem Standort vorhandenen Betriebs des Beigeladenen ohne eine Planung nicht in Betracht komme, weil das Grundstück im Außenbereich liege. Im Verlauf der Planaufstellung holte die Antragsgegnerin ein Gutachten des TÜV ein über die zu erwartenden Lärmbelastungen für die Nachbarschaft. Während der vom 15. Juli bis 18. August 2008 durchgeführten öffentlichen Auslegung gingen verschiedene Anregungen und Bedenken insbesondere der Bewohner an der G. Straße sowie von Bewohnern am Amselweg ein, der westlich des Plangebiets liegt. Auch die Antragsteller erhoben Einwendungen. Im September 2008 fasste der Rat der Antragsgegnerin nach der Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen den Satzungsbeschluss. Eine Veröffentlichung des Plans fand nicht statt. Im September 2009 ging eine Ergänzung des Lärmgutachtens ein. Am 1. Oktober 2009 hob der Rat der Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss vom September 2008 wieder auf und schloss den Durchführungsvertrag mit dem Beigeladenen. Danach trat der Rat der Antragsgegnerin in die Abwägung der eingegangenen Anregungen und Bedenken ein und fasste den Satzungsbeschluss. Am 5. November 2009 wurde der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 30 im Amtsblatt bekannt gemacht.

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Der vorhabenbezogene Bebauungsplan soll ein im Bereich des Plans bereits ansässiges Familienunternehmen aus dem Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Dienstleistungen sichern. Der Betrieb, der bislang an verschiedenen Stellen seine Maschinen unterbrachte und die Neuerrichtung zweier Hallen und eines Lagerplatzes plant, soll sich an seinem bisherigen Standort erweitern können. Das Gelände, das bisher nicht beplant war, ist im Flächennutzungsplan als Mischbaufläche dargestellt. Das Gelände hat eine Gesamtgröße von 7.400 m², wovon bereits 2.500 m² als Betriebsgelände genutzt wurden. Der Plan setzt gemäß § 12 Abs. 3 BauGB fest, dass das Vorhabengebiet der Unterbringung eines land- und forstwirtschaftlichen Dienstleistungsbetriebs dient und die Errichtung von offenen und geschlossenen Maschinen- und Lagerhallen sowie erforderliche Nebenanlagen und die Lagerung sowie Be- und Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe von maximal 600 m³ zulässig seien. Die in der zum Vorhabenplan gehörenden Betriebsbeschreibung genannten Tätigkeiten dürfen nach ihrem Störungsgrad mischgebietstypischen Umfang nicht überschreiten. Genannt werden dort Lagerung von Rindenmulch, Herstellung und Lagerung von Holzbiomasse, Spalten und Lagern von Holz, Pfahlherstellung und Lagerung für Zaunbau und Lagerung von Brennholz. Das im Rahmen der Planaufstellung angefertigte Gutachten zur Immissionsschutzlage kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtwerte für Mischgebiete in den südlich angrenzenden Grundstücken tagsüber um 7 dB(A) unterschritten werden und an den Wohngebäuden in der G. Straße und im Amselstieg die Richtwerte für allgemeine Wohngebiete um 4 bzw. 5 dB(A) unterschritten werden. In einem Zusatzgutachten kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass selbst bei Holzsägearbeiten und Einsatz eines Holzhackgerätes sowie einem Fahrzeugaufkommen von 20 Lkw bzw. Schleppern pro Tag die zu erwartenden Beurteilungspegel an dem südlich gelegenen Grundstück um 4 dB(A) und den übrigen Grundstücken um 5 bis 7 dB(A) ebenfalls unterschritten werden. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme führt der Gutachter aus, dass auch bei achtstündigem Sägebetrieb die Richtwerte nicht überschritten werden. Der Plan setzt in seinen textlichen Festsetzungen unter Nr. 5 "Immissionsschutz" im Einzelnen fest, dass als Betriebszeit nur die Tagzeit zwischen 6.00 und 22.00 Uhr zulässig sei und der Zu- und Abfahrtsverkehr mit Lkw auf insgesamt 20 Fahrten beschränkt wird, lärmintensive Arbeiten wie Sägearbeiten innerhalb des südlichen Hallenkomplexes zu erfolgen haben und (textliche Festsetzung 5.5) zum Schutz der benachbarten Wohnnutzung auf einen Zeitraum von maximal 2 Stunden pro Tag begrenzt werden. Die dem Vorhabenplan zugrunde gelegte Betriebsbeschreibung und schematische Darstellung der geplanten Baulichkeiten sind Bestandteil der Begründung des Bebauungsplans geworden. Zu diesen gehören weiterhin ein Umweltbericht und eine Eingriffsregelung sowie der mit dem Beigeladenen abgeschlossene Durchführungsvertrag. In diesem erklärt sich der Vorhabenträger zusätzlich nochmals bereit, alle lärmtechnischen Vorgaben für seinen Betrieb einzuhalten.

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Am 26. November 2009 haben die Antragsteller gegen den am 5. November 2009 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 30 einen Normenkontrollantrag (1 KN 250/09) gestellt und gleichzeitig einen Eilantrag. Zur Begründung ihrer Anträge tragen die Antragsteller vor: Dem Plan mangele es schon an der Bestimmtheit, da weder im Plan noch in der Betriebsbeschreibung Einzelheiten enthalten seien. Anlass der Planung sei die Legalisierung eines nicht genehmigten Betriebs. Deshalb stelle der Plan einen Gefälligkeitsplan für den Vorhabenträger dar und diene lediglich der Befriedigung seiner privaten Interessen. Der Plan stehe auch im Widerspruch zu Durchführungsvertrag und Vorhabenplan, da er weitere Baugrenzen als diese festsetze. Das Schallgutachten gehe von baulichen Anlagen aus, die so nicht im Plan festgesetzt seien, die zugrunde gelegten Betriebszeiten ergäben sich auch nicht aus der Betriebsbeschreibung. Das angrenzende Wohngebiet sei fälschlich als allgemeines Wohngebiet in der Schallschutzprognose gewertet worden, obwohl es sich tatsächlich um ein reines Wohngebiet handele. In der Abwägung sei nicht berücksichtigt, dass es sich um einen illegalen Betrieb handele. Es sei auch nicht festgelegt, wo die Lärmquellen auf dem Gelände sein würden, so dass deshalb keine gerechte Abwägung habe vorgenommen werden können. Die Festsetzung von bestimmten Zeiten für lärmintensive Arbeiten sei nicht geeignet und auch vom Landkreis schon beanstandet worden.

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Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und die Planaufstellungsvorgänge Bezug genommen.

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Der Eilantrag hat keinen Erfolg.

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Zwar sind die Antragsteller antragsbefugt, weil ihr Interesse, von den Lärmauswirkungen des dort anzusiedelnden Betriebs verschont zu bleiben, in der Abwägung über die Planaufstellung zu berücksichtigen ist, denn das Grundstück liegt noch im Einwirkungsbereich der Lärmimmissionen.

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Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.

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Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung eines Bebauungsplans regelmäßig hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung ein strenger Maßstab anzulegen. Ein solcher liegt nur vor, wenn der Vollzug des Bebauungsplans rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm ein außergewöhnliches Opfer abverlangt (vgl. dazu Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

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Derart schwerwiegende Beeinträchtigungen haben die Antragsteller bei Ausnutzung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht zu erwarten. Nach dem im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens angefertigten Lärmgutachten und seinen Nachträgen ist für das Grundstück der Antragsteller mit Immissionswerten von maximal 50 dB(A) zu rechnen unter vom Gutachter so genannten "worst-case-Bedingungen", mit deren Eintritt jedoch nach den Gesamtumständen nicht zu rechnen ist, so dass von unzumutbaren Lärmverhältnissen bereits deshalb nicht ausgegangen werden kann. Damit kann nicht zugrunde gelegt werden, dass den Antragstellern ein außergewöhnliches Opfer abverlangt wird.

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Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ist auch nicht aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten. Da das Gewicht dieser Gründe ungefähr dem des schweren Nachteils entsprechen muss, ist die Aussetzung des Vollzugs aus diesem Anordnungsgrund zur Verhinderung vollendeter Tatsachen nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Senatsbeschl. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 - BRS 48 Nr. 30). Das ist hier entgegen der Annahme der Antragsteller zu verneinen. Zu ihrem Antragsvorbringen sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

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Die nach § 1 Abs. 3 BauGB notwendige Erforderlichkeit eines Bebauungsplans ist hier nicht deshalb zu bezweifeln, weil der Plan im Interesse des Beigeladenen aufgestellt worden ist. Die Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans geschieht immer durch einen Vorhabenträger, weil gerade dies die Besonderheit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ausmacht. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan im Sinne des § 12 BauGB dient dazu, einem Investor, dem Vorhabenträger, ein bestimmtes Vorhaben innerhalb bestimmter Fristen zu ermöglichen.

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Der Plan verstößt nicht gegen § 8 BauGB, denn er ist aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Dieser stellt für das Plangebiet selbst eine Mischbaufläche dar. Zwar grenzt unmittelbar an die Fläche des vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Norden eine als Wohnbaufläche dargestellte Fläche. Dies bedeutet jedoch nicht von vornherein die Unmöglichkeit, das als Mischfläche dargestellte Gelände auch entsprechend zu nutzen und auszuweisen. Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass für die als Wohngebiet dargestellte Fläche des Flächennutzungsplans Einschränkungen insoweit bestehen, als an diese wiederum nördlich ein größerer gewerblicher Betrieb angrenzt, auf dessen Immissionen bei Nutzung dieser Fläche ohnehin Rücksicht genommen werden muss. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen deshalb dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht entgegen.

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Dieser erfüllt die besonderen Voraussetzungen des § 12 BauGB, die ihn von einem "normalen" Bebauungsplan unterscheiden. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan muss sich auf ein bestimmtes Vorhaben beziehen und dessen Details festlegen sowie die dazugehörenden Erschließungsmaßnahmen regeln. Diese Details müssen im Vorhaben- und Erschließungsplan geregelt werden, der Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans wird. Zudem muss sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag zur Durchführung der geplanten Maßnahme innerhalb einer bezeichneten Frist verpflichten. Letzteres liegt hier vor. Der Durchführungsvertrag ist laut Protokoll der Ratssitzung vor dem (zweiten) Satzungsbeschluss abgeschlossen worden. Die drei genannten Bestandteile des vorhabenbezogenen Bebauungsplans dürfen sich inhaltlich nicht widersprechen, wobei die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans weiter als die des "normalen" Bebauungsplans sind, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan nicht an die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, diese jedoch in der Art eines Orientierungsrahmens berücksichtigen soll (BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45). Die allgemeinen Anforderungen an die Abwägung für Bauleitpläne sind auch bei Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans strikt zu beachten. Hier ist die Satzung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vorhanden, zu der dazugehörigen Begründung ist der Vorhabenplan, der das Vorhaben des Beigeladenen im Einzelnen beschreibt, dazugenommen worden. Da der Vorhabenplan gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB kraft Gesetzes als Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans gilt, muss darauf nicht gesondert eingegangen werden in dem Satzungs- oder Begründungstext. Der Durchführungsvertrag, der vor Satzungsbeschluss geschlossen werden muss und hier auch geschlossen ist, enthält die notwendigen Bestandteile. Der Vorhabenträger ist bereit und in der Lage das Vorhaben durchzuführen. Kernanliegen ist die Errichtung der genannten Hallen, deren Lage auch auf dem Lageplan im Einzelnen dargestellt ist. Die vom vorhabenbezogenen Bebauungsplan eingeräumte Möglichkeit ein Betriebsleiterwohnhaus zusätzlich zu dem vorhandenen zu errichten, ist nicht Kernanliegen des Vorhabens und damit nicht notwendig in die Verpflichtung zur fristgemäßen Errichtung mit einzubeziehen.

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Vorhabenplan und Bebauungsplan entsprechen den notwendigen Anforderungen an die Bestimmtheit von Plänen. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan steht einem qualifizierten Bebauungsplan gleich, muss also entsprechende Festsetzungen enthalten. Das heißt, die Festsetzungen der Satzung und des Vorhabenplans dürfen sich nicht widersprechen. Dabei darf jedoch die Satzung weiter sein in den Möglichkeiten, die sie einräumt, als der Vorhabenplan. Das Vorhaben, das im Vorhabenplan konkret beschrieben sein muss, muss sich nach den Festsetzungen verwirklichen lassen. Gleichzeitig muss durch den Plan eine dauerhafte Festlegung des Vorhabens gewährleistet sein. Das heißt, im Plan dürfen nicht einschränkende Festsetzungen völlig fehlen, andererseits sollte aber eine gewisse Bandbreite an Nutzungen dem Bedürfnis des Vorhabenträgers und/oder der Gemeinde nach einer gewissen Flexibilität Rechnung tragen (BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45 [BVerwG 18.09.2003 - 4 CN 3/02]). Dem entspricht der hier vorliegende vorhabenbezogene Bebauungsplan, der in Ziff. 1 und 5 der textlichen Festsetzungen eine ausreichende Umschreibung des beabsichtigten Betriebs enthält. So werden in den Unterpunkten der Ziff. 1 die möglichen baulichen Maßnahmen beschrieben und unter der Ziff. 5 hinsichtlich des Immissionsschutzes die möglichen auf dem Gelände durchzuführenden Arbeiten beschrieben. Kern des Vorhabens ist danach ein Betrieb, der land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen erbringt, die, soweit sie auf dem Betriebsgelände stattfinden und lärmintensiv sind, innerhalb der zu errichtenden Gebäude vorzunehmen sind. Damit und in Verbindung mit der Betriebsbeschreibung, die auch in das ebenfalls zur Begründung genommene Schallschutzgutachten aufgenommen wurde, ist hinreichende Klarheit darüber geschaffen, was auf dem Gelände "passieren wird". Auf Einzelheiten der Erschließung, die Bestandteil eines Vorhaben- und Erschließungsplans ist, musste über die getroffene Regelung der Zufahrt über das südlich angrenzende Grundstück hinaus nicht eingegangen werden. Damit ist die Zufahrt zur angrenzenden öffentlichen Straße konkretisiert und eine weitere Zufahrt nicht vorgesehen. Erschließungsanlagen auf dem Gelände selbst sind nicht weiter notwendig, da in diesem Bereich durch den zum Vorhabenplan gehörenden Lageplan die Einzelheiten bereits geregelt sind. Weitere Fragen verkehrlicher Erschließung sind aufgrund der Geringfügigkeit des Vorhabens unproblematisch. Fragen des Lärmschutzes hinsichtlich des Zu- und Abgangsverkehrs erübrigten sich nach Auskunft des Gutachters, da bei der zu erwartenden Frequenz eine messbare Erhöhung des Straßenverkehrslärms nicht zu erwarten ist.

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Der Plan ist daher in seiner Ausgestaltung geeignet, eine Grundlage für die zu erteilende Baugenehmigung zu bilden und genügt deshalb den an ihn zu stellenden Anforderungen.

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Bedenken können zwar allerdings hinsichtlich der textlichen Festsetzungen 5.1 und 5.5 bestehen, die bestimmte Betriebszeiten für Sägearbeiten anordnen. Dies kann jedoch aller Voraussicht nach nur zu einer Teilunwirksamkeit des Planes führen. Zwar besteht für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan eine gewisse Freiheit, sich von den Festsetzungsmöglichkeiten für die Bebauungspläne nach§ 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung zu entfernen (BVerwG, Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296), weil die "Schutzfunktion des gesetzlichen Festsetzungskatalogs" hinter den "einvernehmlichen Regelungen" zurücktreten kann im Hinblick darauf, dass sich der Vorhabenträger freiwillig gegenüber der planenden Gemeinde bindet. Trotzdem muss die Ordnungsfunktion der Vorschriften beachtet werden und eine Verwendung der Grundsätze aus diesen Vorschriften darf nicht zu einer inhaltlichen Verschiebung führen. Die Festsetzung von Regelungen, die sich auf die Betriebsweise oder eine persönliche Verhaltenspflicht des Betriebsinhabers beziehen, sind allgemein nicht als städtebaulich bezogene Merkmale anzusehen und deshalb nicht unter die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zu fassen (VGH BW, Urt. v. 20.6.1995 - 3 S 2680/93 -, zitiert nach [...]; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9 Rdn. 209; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rdn. 408; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 9 Rdn. 89 und Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 9 Rdn. 144). Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Festsetzungen zu den Betriebszeiten keinen Bestand haben können, wirkt sich dies nicht auf den gesamten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aus, da insoweit von einer Teilbarkeit auszugehen wäre. Die Festsetzung hinsichtlich der Betriebszeiten stellte zwar für den Rat einen wichtigen Teilaspekt dar; er gehört allerdings nicht zu den unverzichtbaren Kernelementen des Plans. Im Mittelpunkt stand allein das Vorhaben des Beigeladenen insgesamt. Nach den Ratsprotokollen über die Sitzungen vom 18. September 2008 und 1. Oktober 2009 ist davon auszugehen, der Rat sei sich der Tatsache bewusst gewesen, dass möglicherweise Zeitfestsetzungen nicht möglich sind. Andererseits war dem Rat der Antragsgegnerin auch bewusst, dass die Lärmbeeinträchtigungen durch die auf dem Betriebsgrundstück vorzunehmenden Arbeiten selbst bei einer längeren Dauer nicht zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen würden, die das Vorhaben schlechthin unmöglich machen würden. Der Rat suchte vielmehr darin einen Ausgleich zwischen allen betroffenen Interessen herzustellen und hielt die Festlegung der Betriebszeiten für ein zusätzliches Entgegenkommen den betroffenen Nachbarn gegenüber, nicht jedoch für eine unerlässliche Voraussetzung für den Plan. Der Rat hat es danach "nur gut gemeint". Eine Unwirksamkeit dieser Festsetzungen würde damit den Willen des Rates nicht verfälschen und auch nicht zu einem untragbaren Ergebnis führen. Verbleibende Fragen können im Vorhabenzulassungsverfahren gelöst werden.

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Der Plan weist keine auf die Abwägung bezogenen Fehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führen müssten. Die Anforderungen an die Abwägung stellen sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan in gleicher Weise dar wie bei "normalen" Bebauungsplänen.

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Der Plan ist abwägungsfehlerfrei. Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).

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Zunächst kommt es für die Abwägung nicht ausschlaggebend darauf an, ob der Betrieb, der Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes ist, bereits vorher legal bestand. Soweit für den Bereich des § 1 Abs. 10 BauNVO vordergründig ähnliche Fragestellungen erörtert worden sind (vgl. Söfker, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, § 10 BauNVO Rdnr. 108), lässt sich dies nicht auf die hier maßgebliche Situation übertragen, weil der Bebauungsplan im Kern gerade auf die Erhaltung dieses Betriebes abzielt. Soweit nachträglicher Legalisierungsbedarf besteht, hätte dies Gegenstand etwaiger nachfolgender Baugenehmigungsverfahren zu sein.

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Die Antragsgegnerin hat berücksichtigt, dass von dem Betrieb des Beigeladenen Lärm ausgehen wird und aus diesem Grund ein Lärmschutzgutachten eingeholt. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass Nachteile für die umliegende Wohnbebauung nicht zu befürchten sind, weil sowohl die für Mischgebiete geltenden Richtwerte für die südlich angrenzenden Grundstücke als auch die für allgemeine Wohngebiete anzusetzenden Richtwerte für die westlich und östlich gelegene Wohnbebauung eingehalten werden. Nach dem ergänzenden Gutachten vom 20. Februar 2009 ist sogar davon auszugehen, dass selbst bei Sägearbeiten über 8 Stunden pro Tag die Richtwerte noch immer um 1 dB(A) unterschritten werden (S. 2 des Gutachtens). In die Berechnungen wurde beispielsweise auch eine Holzhackmaschine einberechnet, die der Beigeladene nach seinen Angaben derzeit nicht betreibt. Das Gutachten berücksichtigt ferner die Bebauung, soweit sie auf dem Grundstück bereits vorhanden ist und soweit sie errichtet werden soll und nach dem Durchführungsvertrag vom Vorhabenträger auch zwingend errichtet werden muss. Bei Errichtung der weiteren nach dem Bebauungsplan möglichen Bauten wie eines zusätzlichen Wohngebäudes würden sich die Werte nach den Berechnungen des Gutachtens noch weiter zugunsten insbesondere der Nachbarn östlich der G. Straße verbessern. Kommt das Gutachten bereits für die Bebauung westlich und östlich des Vorhabens des Beigeladenen zur Einhaltung der Richtwerte für allgemeine Wohngebiete, konnte der Rat der Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Nachteile für die umliegende Wohnbebauung nicht zu befürchten sind. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang, dass es sich dabei nicht um durch Bebauungsplan überplante allgemeine Wohngebiete handelt, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese eine signifikante Nähe zu dem südlich angrenzenden, durch landwirtschaftliche Betriebe geprägten Ortsteil haben. Südlich des Vorhabengrundstücks finden sich verschiedene landwirtschaftliche Betriebe, die noch genutzt werden. Wenn auch der Flächennutzungsplan für das Gelände nördlich des Vorhabengebietes ein Wohngebiet darstellt, kann insoweit nicht außer Betracht gelassen werden, dass sich nördlich dieses Geländes ein größerer Gewerbebetrieb anschließt, der in seiner Ausstrahlungswirkung auch noch auf den nördlichen Teil des Siedlungsstrangs östlich der G. Straße einwirkt und diesen mitprägt. Die Wohngebiete und dabei insbesondere die Bebauung östlich der G. Straße sind daher als wesentlich geprägt durch den dörflichen bzw. Mischgebietscharakter anzusehen und keinesfalls hinsichtlich ihrer "Belastungsfähigkeit" durch Lärm wie reine Wohngebiete einzustufen. Die nach dem Gutachten (S. 10 des Gutachtens vom 20.2.2009 und S. 9 des Gutachtens vom 21.4.2008) zu erwartenden Beurteilungspegel für die Grundstücke östlich der G. Straße und im Gebiet Amselstieg westlich des Vorhabens liegen mit zu erwartenden Beurteilungspegeln von 45 bzw. 46 dB(A) (S. 9 des Gutachtens vom 21.4.2008) bzw. 48 und 50 dB(A) (S. 10 des Gutachtens vom 20.2.2009) weit unter entsprechenden Beurteilungspegeln. Auch für das Gebiet östlich des Vorhabens werden Pegel von 46 bzw. 51 dB(A) errechnet, die die maßgeblichen Orientierungswerte deutlich unterschreiten. Zwar sind den Berechnungen nur 2 Stunden Sägearbeiten zugrunde gelegt sowie Arbeiten mit Entrindungs- und Holzhackmaschine, wobei die Holzhackmaschine nicht zum Maschinenbestand des Beigeladenen gehört. Nach den Ausführungen des Gutachters läge sogar bei einer angenommenen achtstündigen Sägezeit der zu erwartende Beurteilungspegel noch um 1 dB(A) unter den Richtwerten für allgemeine Wohngebiete. Hierbei ist jedoch davon auszugehen, dass eine Sägezeit von 8 Stunden keinesfalls zu erwarten ist. Der Beigeladene hat sich zu einer Einhaltung kürzerer Sägezeiten im Durchführungsvertrag verpflichtet. Dies entspricht im Übrigen auch der von ihm vorgelegten und zum Vorhabenplan gehörenden Betriebsbeschreibung. Damit konnte die Antragsgegnerin zu Recht die Belange der Nachbarschaft insoweit zurückstellen.

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Im Gutachten berücksichtigt ist auch, dass ein zusätzlicher Verkehrslärm nicht zu einer weiteren Lärmbelastung der Anlieger an der G. Straße führen wird. Nach den Angaben des Gutachters ist die Verkehrszunahme von einem so geringen Umfang, dass eine Erhöhung um 3 dB(A) nicht zu erreichen ist. Nur eine solche aber wäre bemerkbar. Dementsprechend konnte eine weitere Berücksichtigung des Verkehrslärms entfallen (S. 11 des Gutachtens).