Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.2006, Az.: 1 ME 207/06

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.2006
Aktenzeichen
1 ME 207/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 45580
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2006:1219.1ME207.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - AZ: 12 B 6316/06

Fundstellen

  • BauR 2007, 758 (amtl. Leitsatz)
  • NdsVBl 2007, 102-106

In der Verwaltungsrechtssache

der Stadt Hildesheim, vertreten d. d. Oberstadtdirektor,

Antragstellerin und Beschwerdegegnerin,

gegen

1. den Herrn A. B.

2. den Herrn C. B.,

Antragsgegner und Beschwerdeführer,

Proz.-Bev. zu 1-2: Rechtsanwälte

Beigeladen:

D. E.,

Streitgegenstand: Anfechtung einer Baugenehmigung (Nachbarwiderspruch)

- Beschwerde im Abänderungsverfahren nach § 80 VII VwGO -

hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat - am 19. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

  1. Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 12. Kammer - vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

    Die Antragsgegner tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

    Unter Änderung der Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss wird der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug und das Beschwerdeverfahren auf 20.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Mit dem von den Antragsgegnern angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Bauaufsichtsbehörde stattgegeben, seinen Eilbeschluss vom 15. Mai 2006 - 12 B 2358/06 - abzuändern. Mit diesem hatte das Verwaltungsgericht nach Durchführung von Ortsbesichtigung und mündlicher Verhandlung die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, welche die Antragsgegner zum Aktenzeichen 12 A 2351/06 gegen die Baugenehmigung der Antragstellerin vom 1. September 2005 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2006 führen. Mit diesem Bauschein hatte die Beigeladene die Genehmigung erhalten, das nordöstlich an das Stadttheater von Hildesheim anschließende, bislang fünf Kinos mit insgesamt 650 Sitzplätzen enthaltende Lichtspieltheater um zwei große Säle (Kino 6 und Kino 7) mit jeweils 257 Plätzen nebst Nebenräumen zu erweitern. Beide Säle sollen gegenüber dem Grundstück der Antragsgegner in einem im Wesentlichen fensterlosen Anbau untergebracht werden, der sich nordöstlich an das bestehende Gebäude anschließt. Von der östlich davon verlaufenden Theaterstraße leicht abgerückt soll der Anbau zunächst eine Höhe von rund 11, 40 m und dann - um 2,20 m zurückgesprungen - von rund 13 m erreichen.

2

Stadt- und Lichtspieltheater nehmen rund zwei Drittel eines Areals ein, das in etwa die Form eines auf dem Kopf stehenden Trapezes hat. Dieses ist nicht verplant. An seiner nördlichen Seite verläuft westöstlich die Theaterstraße. Zur schmaleren Basis des Trapezes, der Binderstraße führen die Gartenstraße im Westen und die Teichstraße im Osten. Theater- und Teichstraße treffen sich auf einem Platz mit weiteren Straßen, und zwar (außer der hier nicht interessierenden Schillerstraße) vor allem mit der Herderstraße. Diese geht nördlich davon von einer Ausfallstraße (Zingel/Kennedydamm) nach Südosten ab und setzt sich jenseits des Platzes als Steingrube fort. Die Spitze des dreieckigen Areals, das von der Teich-, der Binderstraße und der Steingrube gebildet wird, stellt das Grundstück der Antragsgegner dar (Steingrube 38). Es ist im Wesentlichen vollständig mit einem Gebäude bestanden, das drei Vollgeschosse und ein mit Gauben ausgebautes Dachgeschoss enthält und bündig an die beiden südlich und südöstlich davon stehenden Gebäude anschließt.

3

Nach den Berechnungen der Antragstellerin ruft der Neubau einen zusätzlichen Bedarf von 68 Einstellplätzen hervor. 49 davon sollten durch Baulast gesichert in der Tiefgarage des VGH-Gebäudes Herderstraße (Flurstück 4/13) nachgewiesen werden, deren Eigentümerin die Antragstellerin ist. Dieses Grundstück liegt an der Nordspitze des dreieckigen Geländes, das vom Kennedydamm im Nordwesten, der Herderstraße im Nordosten und der Theaterstraße im Süden umschlossen wird. Weitere 19 sollen auf dem Grundstück des Stadttheaters im Bereich der Zufahrt vor dem Eingang zum "theo" (westlich des Haupteingangs des Stadttheaters) geschaffen werden. Die Baugenehmigung vom 1. September 2005 enthält nach Nr. 22 der Nebenbestimmungen die Anordnung, gem. § 47 Abs. 2 NBauO seien 19 Einstellplätze für PKW zu schaffen. Diese Forderung gelte als erfüllt, wenn die lageplanmäßig nachgewiesenen Einstellplätze bis zur Schlussabnahme verkehrssicher hergerichtet seien, jederzeit für diesen Zweck zur Verfügung stünden und laufend unterhalten würden.

4

Am 11.November 2005 hatte der Architekt Dipl.-Ing. F. (Theaterstraße 5) zum Aktenzeichen 12 A 7601/05 Klage gegen den Bauschein vom 1. September 2005 erhoben. Nachdem die Antragstellerin ihren Widerspruch mit dem oben genannten Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2006 zurückgewiesen hatte, erhoben die Antragsgegner zum Aktenzeichen 12 A 2351/06 am 28. März 2006 ebenfalls Klage. Zwei Tage später lehnte die Antragstellerin ihren Aussetzungsantrag ab. Daraufhin stellten diese zum Aktenzeichen 12 B 2358/06 einen Eilantrag, dem das Verwaltungsgericht nach Ortsbesichtigung und mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 15. Mai 2006 stattgab. Darin führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus:

5

Seiner Art nach füge sich das angegriffene Vorhaben zwar in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die nähere Umgebung sei im Wesentlichen durch Wohnbebauung und das Stadttheater geprägt, welches für sich betrachtet als wohngebietsverträgliche Einrichtung angesehen werden könne, zusammen mit dem Lichtspieltheater sich aber eher als kerngebietstypische Nutzung darstelle. Das Vorhaben lasse es aber aufgrund der ihm zuzurechnenden Immissionen an der gebotenen Rücksichtnahme auf die benachbarten Nutzungen fehlen. Denn es sei unbestritten, dass die in der näheren Umgebung vorhandenen Parkplätze schon jetzt nicht annähernd ausreichten, den von Stadt- und Lichtspieltheater ausgelösten Stellplatzbedarf zu stillen. Diese Situation werde durch das angegriffene Vorhaben verstärkt. Entgegen der Annahme der Antragstellerin sei zum damaligen Zeitpunkt, in dem ein Lärmgutachten noch nicht erstattet worden sei, noch nicht verlässlich abzusehen, ob die mit dem hinzukommenden Verkehr verbundenen Lärmbelästigungen - wie die Antragstellerin es ausgedrückt habe - "den Kohl nicht mehr fett" mache. Zu Gunsten der Antragsgegner sei zu berücksichtigen, dass gerade bei - wie hier - höherer Vorbelastung selbst geringere Zusatzbelastungen strenger zu bewerten seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die Zahl der notwendigen Einstellplätze voraussichtlich in zu geringer Zahl ermittelt habe. Außerdem sei nicht gesichert, dass die oben genannten Einstellplätze in der Tiefgarage sowie vor "theo" den Besuchern des Kinos wirklich zur Verfügung stünden. Ein Mangel an Einstellplätzen könne nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts ausnahmsweise zu einer Verletzung nachbarlicher Rechtspositionen führen. Ob das tatsächlich der Fall sei, hänge von dem noch einzuholenden Lärmgutachten ab. Bis zu dessen Vorlage überwiege das Interesse der Antragsgegner, von der Vollziehung des Bauscheins verschont zu bleiben.

6

Beschwerde gegen den Beschluss wurde nicht eingelegt.

7

Unter dem 17. Mai 2006 beschloss das Verwaltungsgericht in den Klageverfahren 12 A 7601/05 und 12 A 2351/06, durch Einholung eines schalltechnischen Gutachtens Beweis darüber zu erheben, ob vom angegriffenen Vorhaben zum Nachteil der Grundstücke Theaterstraße 5 und Steingrube 38 unzumutbare Lärmbelästigungen ausgingen. Der mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte Dipl.-Ing. Dr. G. erstattete unter dem 26. Juli 2006 ein schriftliches Sachverständigengutachten (Bl. 138 GA 12 A 7610/05). Nachfragen beantwortete er mit einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme vom 11. September 2006 (Bl. 197 - 203 GA 12 A 7601/05), weitere am 12. Oktober 2006 fernmündlich gegenüber dem Berichterstatter des Verwaltungsgerichts, der hierüber einen unter dem 13. Oktober 2006 an die Beteiligten versandten Vermerk fertigte.

8

Bereits mit Schriftsatz vom 12. September 2006 (Bl. 195, 197 GA 12 A 2351/06 - 12 B 2358/06) hatte die Antragstellerin mit Rücksicht auf das schriftliche Gutachten vom 26. Juli 2006 einen Abänderungsantrag gestellt. Diesem hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 25. Oktober 2006, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, und im Wesentlichen folgender Begründung stattgegeben:

9

Der Antrag sei zulässig; mit dem schriftlichen Sachverständigengutachten sei ein verändernder Umstand eingetreten. Der Antrag sei auch begründet. Das Gutachten sei trotz des Umstandes verwertbar, dass der Gutachter die zu seiner Vorbereitung durchgeführten Messungen ohne die gebotene Parteiöffentlichkeit durchgeführt habe; denn Antragstellerin und Beigeladene hätten auf die Einhaltung dieses Erfordernisses verzichtet, die Antragsgegner hätten sich dazu trotz Aufforderung nicht erklärt. Sinn und Zweck dieses Erfordernisses, sich verlässliche Kenntnis von der Örtlichkeit zu verschaffen, stünden einer Verwertung nicht entgegen. Denn deren Einzelheiten habe die Kammer anlässlich ihrer Ortsbesichtigung vom 15. Mai 2006 selbst festgestellt. Die Feststellungen des Gutachters seien auch im Übrigen verwertbar und zutreffend. Sie belegten, dass das Vorhaben zu keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen führe. Das sei hier orientiert an den Werten zu beurteilen, welche die 16. BImSchV für Kern-, Dorf- und Mischgebiete enthalte. Diese - und nicht die für allgemeine Wohngebiete - geltenden Werte von tags 64 dB(A) und 54 dB(A) nachts seien hier maßgeblich. Wie schon in der ersten Eilentscheidung ausgeführt, sei zwar das Stadttheater bei isolierter Betrachtung auch in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig, nicht aber Stadt- und Lichtspieltheater zusammen. Nach den Ergebnissen der Begutachtung führe die angegriffene Erweiterung des Lichtspieltheaters auf den Straßen zu akustisch nicht messbar geringen Zusatzbelastungen. Die von den Parkflächen ausgehenden Lärmmengen würden nicht nennenswert erhöht. Schon jetzt seien diese im Wesentlichen belegt; das Vorhaben ändere deren Nutzung also nicht, jedenfalls nicht wesentlich. Das sei zudem deshalb plausibel, weil die Wechselfrequenzen, bedingt durch die besuchten Veranstaltungen, vergleichsweise gering seien. Ob die Nutzung des auf dem Dach des Neubaus vorgesehenen "Decks" die Antragsgegner belästige, bedürfe möglicherweise zwar weiterer Begutachtung. Diese könne aber noch durchgeführt werden; einstweilen überwiege das Interesse der Beigeladenen, den Bauschein trotz des dagegen eingelegten Rechtsbehelfs ausnutzen zu können. Bei der Beurteilung sei außerdem zu Gunsten der Antragstellerin und der Beigeladenen zu beachten, dass die gegenwärtige Situation durch Stadt- und Lichtspieltheater schon erheblich vorbelastet sei. Sei die Vorbelastung sehr hoch, füge das Neubauvorhaben keinen ins Gewicht fallenden Eintrag hinzu. Sei sie geringer, stäche der Zusatzverkehr zwar deutlicher hervor, würde aber dann nach den Ausführungen im ersten Eilbeschluss nicht so streng zu bewerten sein. Einen Verstoß gegen das Abstandsrecht könnten die Antragsgegner - wie schon im ersten Eilbeschluss ausgeführt - nicht rügen, weil ihre Bebauung die Abstandsvorschriften in etwa entsprechender Weise verletze. Auf das Schmalseitenprivileg könnten sich diese zur Teichstraße hin nicht berufen, weil deren Gebäude an zwei Seiten geschlossen an andere anschließe.

10

Hiergegen führen die Antragsgegner Beschwerde. Dieser tritt die Antragstellerin entgegen.

11

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Eine wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die geltend gemachten Gründe zu beschränkende Prüfung ergibt, dass das Verwaltungsgericht dem Abänderungsantrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben hat.

12

Zu Recht zieht die Beschwerde nicht in Zweifel, dass die Erstattung der Gutachten durch das Büro H. /I. /G. vom 26. Juli und 11. September 2006 als verändernder Umstand im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO anzusehen ist.

13

In diesem Abänderungsverfahren, das - wie noch klarstellend anzufügen ist - nur auf die Abänderung des Beschlusses vom 15. Mai 2006 für die Zukunft gerichtet ist und unter anderem die seinerzeit getroffene Kostenentscheidung nicht ergreift, gelten dieselben Entscheidungsmaßstäben wie im "Ausgangsverfahren" nach §§ 80a Abs. 3 iVm 80 Abs. 5 VwGO. Zu diesen ist Folgendes auszuführen:

14

In Verfahren nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist "ausgewogener" Rechtsschutz zu gewähren. Nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf der Seite des Bauherrn können solche nicht mehr wieder gut zu machende Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragsstattgabe darin, dass die durch den Aufschub verlorene Zeit nicht nachgeholt werden kann und die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne nicht mehr realisiert werden können. Von den Folgen des § 945 ZPO bleibt der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreit verschont. Aus diesem Grunde kommt in Verfahren des einstweiligen Nachbarrechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichtlichen den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist damit in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann den Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte des Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit des Bauscheins bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig auf den Bauherrn überwälzte. Es fehlt die innere Rechtfertigung dafür, dem Bauherrn eine Zurückstellung seiner Bauabsichten schon dann zuzumuten, wenn noch nicht vollständig erwiesen ist, dass sein Bauschein Nachbarrechte nicht verletzt, und damit den Belangen des Nachbarn selbst dann einstweilen Vorrang einzuräumen, wenn derzeit Überwiegendes (wenngleich nicht vollständig Zweifelsfreies) für die Annahme spricht, dass der nachbarliche Rechtsbehelf voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Das wäre nicht nur unausgewogen, sondern widerspräche auch der Wertung des Gesetzgebers, der durch § 212 a BauGB tendenziell den Bauabsichten Vorrang eingeräumt hat.

15

Die sonach anzustellende Prüfung führt aus den Gründen, welche das Verwaltungsgericht aufgeführt hat, zur Zurückweisung der Beschwerde. Denn danach sprechen nicht so gewichtige Gründe für die Annahme, das angegriffene Vorhaben verletze Nachbarrechte der Antragsgegner, dass der Beigeladenen die Ausnutzung des Bauscheins vom 1. September 2005 weiterhin vorenthalten werden kann. Zu den Beschwerdeangriffen sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

16

Auf die Verletzung von Grenzabstandsvorschriften können sich die Antragsgegner nicht berufen. Es trifft zwar zu, dass das streitige Vorhaben § 9 Abs. 1 NBauO verletzt. Denn der Abstandsschatten des Anbaus reicht in Richtung des Anwesens der Antragsgegner über die Mittellinie der Teichstraße hinaus.

17

Diese können sich auf die Einhaltung dieser Vorschrift indes nicht berufen. Denn auch der Abstandsschatten ihres Gebäudes überschreitet die Mittellinie der Teichstraße in einem Umfang, der ihnen aller Voraussicht nach die Möglichkeit nimmt, sich auf die Einhaltung des § 9 Abs. 1 NBauO zu berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Nds. OVG (vgl. z. B. B. v. 9.9.2004 - 1 ME 194/04 -, NVwZ-RR 2005, 17 = BauR 2005, 372 = NdsVBl 2005, 104; Beschl. v. 26.5.1983 - 6 B 47/83 - NdsRpfl 1983, 284 = BRS 40 Nr. 113; Urt. v. 12.9.1984 - 6 A 49/83 - BRS 42 Nr. 196; Urt. v. 10.3.1989 - 1 L 15/89 - BRS 49 Nr. 216; Beschl. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - NdsRpfl 2000, 175 = NdsVBl 2000, 11 = BRS 62 Nr. 190; vgl. dazu auch Schmaltz in Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm., 8. Aufl. 2006, § 72 Rdnr. 30; OVG Münster, Urt. v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - BRS 64 Nr. 188; VGH Ba.-Wü., Urt. v. 18.11.2002 - 3 S 882/02 - BRS 65 Nr. 193) kann nicht mit Erfolg die Nichteinhaltung des Grenzabstandes rügen, wer diesen selbst verletzt. Ein Abwehranspruch wegen der Verletzung der Abstandsvorschriften entfällt allerdings nicht in jedem Fall, sondern dann nicht, wenn der sich wehrende Nachbar den Bauwich "in vergleichbarer Weise" in Anspruch nimmt. Die Verletzungen der Grenzabstandsvorschriften müssen einander bei wertender Betrachtung entsprechen. Das ist nicht durch "Anrechnung Zentimeter um Zentimeter", sondern unter Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen zu beurteilen. Es ist dabei zu fragen, in welcher Weise die Grenzverletzung des sich wehrenden Nachbarn diejenigen Belange beeinträchtigt, welche die Grenzabstandsvorschriften zu schützen bestimmt sind.

18

Eine danach vorgenommene Würdigung ergibt nicht mit der für eine Antrags- und Beschwerdestattgabe erforderlichen Eindeutigkeit, das Grundstück der Antragsgegner werde durch den "Abstandsschatten" des hier angegriffenen Vorhabens stärker in Anspruch genommen, als dies in umgekehrter Richtung der Fall ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass sich die Antragsgegner zur Teichstraße hin nicht auf § 7a Abs. 1 NBauO berufen können; denn die Bebauung ihres Grundstück schließt nach zwei Seiten bündig an (§ 7a Abs. 2 Satz 2 NBauO). Auch wenn daher für das Gebäude der Antragsgegner 1 H anzusetzen ist, dürfte es zwar zutreffend, dass deren Abstandsschatten - geurteilt nach der Zeichnung Blatt 28 Beiakte H und den vom Architekten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2006 überreichten Abstandsplänen (Hülle Bl. 132 GA 12 A 7601/05) - rein flächenmäßig betrachtet die Straßenmitte nur um etwa 4 m überschreitet, das angegriffene Vorhaben jedoch um etwa 5, 40 m. Das Verwaltungsgericht ist gleichwohl in beiden Beschlüssen zutreffend zu der Auffassung gelangt, bei der gebotenen würdigenden Betrachtung entsprächen die Abstandsrechtsverletzungen einander so weitgehend, dass die Antragsgegner eine Verletzung von Abstandsvorschriften nicht geltend machen können. Mit Rücksicht auf die Ausführungen der Antragsgegner im Schriftsatz vom 18. August 2006 (Bl. 158, 168 f. GA 12 A 7601/05) sind dazu die folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:

19

Die vorstehend wiedergegebenen Maße werden dadurch relativiert, dass den vorliegenden Fotografien (vgl. insbesondere Bl. 177, Foto 9 in der GA 12 A 7601/05) und der Bauakte ihres Grundstücks (vgl. Bl. 48 BA D) im Dachgeschoss des Gebäudes der Antragsgegner Wohnnutzungen dienende Gauben eingebaut sind; diese sind bei der Abstandszeichnung der Beigeladenen nicht berücksichtigt worden. Auch wenn diese Gauben gem. § 7b NBauO abstandsrechtlich privilegiert sind, hat das zur Folge, dass Wohnnutzung etwas näher an das Baugrundstück heranrückt. Das angegriffene Vorhaben wird demgegenüber nicht zu Wohnzwecken genutzt. Mit Ausnahme des Treppenhauses wendet es dem Grundstück der Antragsgegner eine im Wesentlichen fensterlose Fassade zu. Das ist für die Antragsgegner deshalb von Vorteil, weil die Abstandsvorschriften auch dazu bestimmt sind, eine gewisse Wohnintimität und Schutz vor Einblicken sicherzustellen. Dieser Zweck wird dementsprechend besonders gut erfüllt, wenn von dem angegriffenen Vorhaben in die Wohnräume der Antragsgegner so gut wie gar keine Einsicht genommen werden kann. Damit mögen Einbußen an Sonnenlicht und -untergang verbunden sein, deren Erhalt Grenzabstandsvorschriften auch dienen. Dass die Antragsgegner diese Einbuße aller Voraussicht nach hinzunehmen haben werden, ist aber Folge des Umstandes, dass sie - umgekehrt - dem Baugrundstück die Einstrahlung der Morgensonne schon geraume Zeit nehmen. Zudem ist zu beachten, dass schon jetzt westlich des Grundstücks der Antragsgegner das Lichtspiel- und (vor allem) das Stadttheater mit seinem deutlich herausragenden Schnürboden (vgl. Bild "Stadttheater + 19 geplante Einstellplätze" Hülle Blatt 131 GA 12 A 7610/05) stehen. Dieser vorhandene Baubestand sowie die begleitend stehenden Bäume (vgl. Lichtbilder Hülle Blatt 131 GA 12 A 7601/05) reduzieren das von Westen einfallende Licht jedenfalls zu bestimmten Jahreszeiten schon jetzt. Die mit dem angegriffenen Vorhaben verbundenen zusätzlichen Einbußen wiegen nicht so schwer, dass aus diesem Grunde eine Anwendung der vorstehenden Grundsätze ausscheiden müsste, wonach derjenige nicht die Einhaltung der Grenzabstände reklamieren darf, der sie selbst in vergleichbarer Weise nicht einhält.

20

Nur ergänzend ist daher zu erwähnen, dass die Antragsgegner das Erdgeschoss ihres Gebäudes zum Teil kommerziell nutzen ("Der Friseur B." und "Perücken B."). Diese Nutzung ist auf Tageslicht weniger angewiesen und daher auch weniger schutzwürdig als Wohnnutzung (vgl. dazu z. B. Senatsb. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 -, BauR 1999, 1163 = NdsVBl. 2000, 10 = NdsRpfl. 2000, 175 = NdsMBl. 1999, 322Leitsatz; Urt. v. 26.2.2003 - 1 LC 75/02 -, NdsVBl 2003, 180 = NordÖR 2003, 242 = NVwZ 2003, 820 = BauR 2004, 68 [OVG Niedersachsen 26.02.2003 - 1 LC 75/02] = BRS 62 Nr. 190; Beschl. d. Sen. v. 11.7.2003 - 1 MN 165/03 -, NordÖR 2003, 452 [OVG Niedersachsen 11.07.2003 - 1 MN 165/03]).

21

Die mit dem angegriffenen Vorhaben verbundenen Lärmeinträge werden die Antragsgegner nach dem derzeit absehbaren Stand der Dinge nicht berechtigen, es mit Erfolg abzuwehren. Den Antragsgegnern ist zwar darin Recht zu geben, dass die Zumutbarkeit der Lärmeinwirkungen - wie nachfolgend zu erörtern sein wird - nicht in Anlehnung an die Werte der 16. BImSchV zu beurteilen sein dürften. Entgegen ihrer Annahme haben die Antragsgegner aber auch keinen Anspruch darauf, nur von solchen Lärmimmissionsfrachten belastet zu werden, welche in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sind. Vielmehr sind ihnen weit höhere Lärmeinwirkungen zuzumuten. Das ergibt sich daraus, dass das Geviert, dessen nördliche drei Fünftel Stadt- und Lichtspieltheater einnehmen, nicht als allgemeines Wohngebiet einzustufen ist. Denn schon das Stadttheater ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts keine kulturelle Einrichtung, welche in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wäre. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO führt Anlagen für kulturelle Zwecke zwar als Regelnutzung allgemeiner Wohngebiete auf. Auch stellen Theater kulturelle Einrichtungen dar. Daraus folgt indes nicht, dass jedwede Theater in allgemeinen Wohngebieten zulässig sind. Wie §§ 2 Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 3 Nr. 2, 4a Abs. 2 Nr. 5, 5 Abs. 2 Nr. 7, 6 Abs. 2 Nr. 5, 7 Abs. 2 Nr. 4, 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zeigen, sind Anlagen dieses Typs in mehreren Baugebieten ausnahmsweise oder als Regelnutzung zulässig. Das heißt aber nicht, dass sie auch in jedweder Größe in allen Baugebieten gleichermaßen zugelassen werden können. Bei der Anwendung der genannten Vorschriften ist vielmehr der jeweilige Absatz 1 zu berücksichtigen, der den Zweck verbindlich umreißt, dem das Baugebiet im Wesentlichen dienen soll. Dementsprechend dürfen in einem allgemeinen Wohngebiet nur Theater zugelassen werden, deren Art, Umfang und Einzugsbereich so ausgestaltet und der damit verbundene/zu erwartende An- und Abfahrtsverkehr so bemessen ist, dass er mit der Zweckbestimmung dieses Gebiets noch vereinbart werden kann, nämlich vorwiegend dem Wohnen zu dienen (vgl. BVerwG, B. v. 2.7.1991 - 4 B 1.91 -, BauR 1991, 569 = NVwZ 1991, 982 = BRS 52 Nr. 64). Das kann dann sogar dazu führen, dass eine Einrichtung wegen ihrer Größe nicht einmal in einem der genannten Gebiete, sondern nur in einem Sondergebiet untergebracht werden kann. Für große Sportstadien ("Superdome" etc.) liegt das auf der Hand; im Grundsatz gilt das aber auch für Theater.

22

Danach kommt nicht in Betracht, das Hildesheimer Stadttheater als eine Anlage einzustufen, welche in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wäre. Das Stadttheater ist das größte Theater am Ort. Hildesheim ist Oberzentrum. Sein Theater erfüllt damit Funktionen für das Umland. Dies sowie die Größe des Theaters nötigen dazu, es als Einrichtung anzusehen, die entweder nur auf einer Fläche für Gemeinbedarf oder in einem Kerngebiet zulässig ist. Der zulässige Emissionsgrad wäre in beiden Fällen gleich.

23

Dasselbe gilt für das Lichtspieltheater der Beigeladenen schon in seiner bisherigen Größe. Dabei braucht der Senat nicht die Streitfrage zu entscheiden, ob Lichtspieltheater als Einrichtung für kulturelle Zwecke (so Fickert/Fieseler, BauNVO 10. Aufl., § 4a Tz. 22.5 mwN für die Gegenmeinung) oder als Vergnügungsstätte anzusehen ist (so wohl BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 = BRS 39 Nr. 67). Mit fünf Kinosälen und 650 Plätzen hat das Lichtspieltheater bereits jetzt eine Größe, welche die Unterbringung in einem Kerngebiet erfordert.

24

Jede Einrichtung ist für sich genommen so prägend, dass das Kino nicht als ein bei Betrachtung und Würdigung dieses Gebiets auszuklammernder Fremdkörper (vgl. hierzu BVerwG, Urteil v. 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 = DVBl. 1990, 572 = BRS 50 Nr. 75) angesehen werden könnte. Bei der Anwendung von § 34 BauGB muss das Wesentliche erfasst werden. Daher dürfen nur solche Baulichkeiten, deren Nutzung von der umstehenden deutlich abweicht und welche die nähere Umgebung nur unwesentlich beeinflussen, bei der Betrachtung als Fremdkörper ausgeschieden werden. Als solche können solche Baulichkeiten jedoch nicht mehr angesehen werden, die nach Nutzungsintensität und Größe die nähere Umgebung mitprägen. Das ist hier sowohl hinsichtlich des Stadt- als auch des Lichtspieltheaters der Fall. Erst recht können beide Einrichtungen zusammen bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht vernachlässigt werden. Sie prägen diesen vielmehr ganz wesentlich mit.

25

Dabei beschränkt sich ihre prägende Wirkung - gerade auch wegen des dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr - nicht auf das Geviert, welches von der Theater-, Garten- und Binderstraße sowie die Steingrube umschlossen wird ("umgekehrtes Trapez"). Es ergreift vielmehr alle benachbarten Wohnquartiere, damit auch das östlich unmittelbar anschließende dreieckige Quartier, dessen nördliche Spitze das Grundstück der Antragsgegner darstellt. Dieses scheint für sich allein betrachtet zwar im Wesentlichen die Züge eines allgemeinen Wohngebiets zu tragen. Weil unmittelbar westlich aber faktisch ein deutlicher Kerngebiets-Akzent anschließt, sprechen jedenfalls derzeit ganz wesentliche Gründe für die Annahme, es handele sich hier um einen Bereich, der keine eindeutige Zuordnung - und damit auch keine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB - gestattet und als Gemengelage einzustufen ist. Grundstücken, die in einer Gemengelage liegen, sind mit einer spezifischen Pflicht belastet, gerade im Hinblick auf Lärmbeeinträchtigungen "Abstriche" machen zu müssen. Der Trennungsgrundsatz kann hier nicht durchgehalten werden. Zwischen den für beide Gebiete geltenden Orientierungs- oder Grenzwerten muss ein Ausgleich gefunden werden. Das darf nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zum Planungsrecht z. B. Urt. v. 12.12.1975 - IV C 71.73 -, BVerwGE 50, 49, 54 = DVBl. 1976, 214 = BRS 29 Nr. 135; B. v. 29.10.1984 - 7 B 149.84 -, NVwZ 1985, 186 = DVBl. 1985, 397; NJW 1985, 3034) nicht rein arithmetisch-mathematisch geschehen, indem die Orientierungs- oder Richtwerte schlicht addiert und dann durch zwei geteilt oder nach dem Abstand der konkurrierenden Gebiete interpoliert werden. Erforderlich ist vielmehr eine an den Besonderheiten des Einzelfalls orientierte Wertung und Bewertung. Bei dieser Bewertung darf dem einen Belang nicht ein Übergewicht gegeben werden, welches ihm nach Lage der Dinge nicht zukommt.

26

In diesem Zusammenhang streitet für die Zulässigkeit des angegriffenen Vorhabens, dass es von der Art ist, welche den nördlichen Bereich des genannten "Trapezes" jetzt schon prägt. Ein Vorhaben, das sich im vorhandenen Rahmen hält, ist mit stärkerer Durchsetzungskraft gegenüber konkurrierenden Belangen ausgestattet (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.1992 - 4 C 50.89 -, DVBl. 1992, 1101 = UPR 1992, 269 = BauR 1992, 491 [BVerwG 27.02.1992 - 4 C 50.89]). Allerdings darf auch ein solches Vorhaben es nicht an der gebotenen Rücksichtnahme auf benachbarte Nutzungen fehlen lassen. Diese Frage stellt sich hier im Wesentlichen nur im Hinblick auf den (hier allein interessierenden nächtlichen) An- und Abfahrtsverkehr, den es auslöst. Unzumutbarkeiten, welche mit dem reinen Betrieb der Säle 6 und 7 verbunden sind/wären, machen die Antragsgegner nicht geltend. Mit Lärmeinwirkungen, welche das ihnen zuzumutende Maß übersteigen werden, haben die Antragsgegner aller Voraussicht nach nicht zu rechnen.

27

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit dürften die vom Verwaltungsgericht für maßgeblich erachteten Werte der 16. BImSchV nicht, jedenfalls nicht unmittelbar maßgeblich sein. Diese enthält (zwar nicht nur Orientierungs-, sondern echte) Grenzwerte. Deren - in § 2 16. BImSchV, der Verkehrslärmschutzverordnung - festgelegte Höhe ist das Ergebnis einer Betrachtung, welche eine Reihe von Gesichtspunkten berücksichtigt, welche das angegriffene Vorhaben nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Die Höhe dieser Grenzwerte wird ganz maßgeblich mitbestimmt durch die Überlegung, es diene dem Wohl der Allgemeinheit, das notwendige Verkehrswegenetz nutzen zu können. Nur unter anderem war bei der Bestimmung der Grenzwerte von Belang das Bestreben, benachbarte Bebauung vor unzumutbaren Verkehrsgeräuschen zu schützen. Daneben sollten die öffentlichen Haushalte vor zu großer finanzieller Belastung verschont bleiben, welche aber entstünden, wenn die Grenzwerte ausschließlich unter Berücksichtigung der Schutzbedürftigkeit benachbarter Bebauung und damit niedriger festgelegt würden (vgl. die amtliche Begründung zu § 2 der 16. BImSchV, BR-Dr 661/89, S. 33f.). Die 16. BImSchV enthält daher keinen allgemeinen und abschließenden Maßstab, anhand dessen die Un-Zumutbarkeit eines Verkehrslärms beurteilt werden könnte, welche einem bestimmten Vorhaben zuzurechnen ist (vgl. für das Immissionsschutzrecht BVerwG, Beschl. v. 23. 7. 1992 - 7 B 103.92 -, Langtext JURIS, wonach für die Bewertung der Lästigkeit von Verkehrsgeräuschen, die rechtlich der Nutzung einer immissionsschutzrechtlichen Anlage zuzuordnen sind, die Grenzwerte des 16. BImSchV weder mittelbar noch unmittelbar anwendbar sind). Schon nach ihrem Wortlaut betrifft die 16. BImSchV nur den Lärm, welcher durch den Neubau bzw. die wesentliche Änderung öffentlicher Straßen und Schienenwegen hervorgerufen wird. Ihre Werte sind daher nicht als Pegel anzusehen, welche Lärmvorbelastungen durch bereits vorhandene, nicht geänderte andere Verkehrswege einbeziehen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 21.3.1999 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1 = NVwZ 1996, 1003 = DÖV 1997, 72 = DVBl 1996, 916 = UPR 1996, 344).

28

Der Senatsbeschluss vom 14. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Dort war der einem Vorhaben zuzuordnende An- und Abfahrtsverkehr deshalb exklusiv nach den Regelungen der Verkehrslärmschutzverordnung zu beurteilen, weil dazu eine Straße um eine Spur erweitert werden sollte und zudem der von ihr ausgehende Lärm nach den vorliegenden Berechnungen dadurch um mehr als 3 dB(A) anschwellen sollte. Das ist hier nicht der Fall.

29

Gleichwohl ist nicht ganz zweifelsfrei, ob und nach welchen Regeln der mit dem Kinoanbau verbundene An- und Abfahrtsverkehr den Beigeladenen zugerechnet werden kann.

30

Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 5.10.1984 - 4 B 190 -192.84 , NVwZ 1985, 38; Beschl. v. 20.1.1989 4 B 116.88 , DVBl 1989, 371, 372) war nicht nur der Verkehr auf dem Betriebsgelände einschließlich der durch den Ein- und Abbiegevorgang entstehenden Geräusche in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich war vielmehr, darüber hinaus den Zu- und Abgangsverkehr noch so lange einem Vorhaben zuzurechnen, wie er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereiches der Anlage bewegt und nicht im allgemeinen Straßenverkehr aufgegangen ist (vgl. etwa auch Bad.-Württ. VGH, Urteile v. 10.11.1988 10 S 758/86 , NVwZ 1989, 276, 278 und vom 20.2.1992 - 14 S 3415/88 , Bad.-Württ.VBl. 1992, 385, 386 sowie v. 21.4.1995 - 3 S 2514/94 , GewArch 1996, 258, 260; ebenso Hess.VGH, Beschl. v. 9.11.1987 - 4 TG 1913/87 , NVwZ-RR 1988, 3,5).

31

Nunmehr bestimmt allerdings Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm 1998 folgendes:

32

Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c bis f sollen durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit

33

sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen,

34

keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und

35

die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weiter gehend überschritten werden.

36

Der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen ist zu berechnen nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990 - RLS-90, bekannt gemacht im Verkehrsblatt, Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland (VkBl.) Nr. 7 vom 14. April 1990 unter lfd. Nr. 79. Die Richtlinien sind zu beziehen von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Alfred-Schütte-Allee 10, 50679 Köln.

37

Der Senat hat diese Regelung in zwei Beschlüssen (vom 25.6.2003 - 1 ME 347/02 -, Vnb, und vom 19.11.2004 - 1 ME 283/04 -, Langtext JURIS, sonstige Veröffentlichung nicht bekannt) für maßgeblich erachtet (ebenso wohl OVG Bremen, B. v. 5.9.2006 - 1 B 285/06 -, Langtext JURIS, sonstige Vnb.; BayVGH, B. v. 23.6.2005 - 25 CS 05.736 - und vom 5.4.2005 - 25 ZB 00.1208 -, beide Langtext JURIS, sonstige Vnb.). Dabei hat der Bay. Verwaltungsgerichtshof in der zuletzt genannten Entscheidung diese Vorschrift sogar dahin ausgelegt, eine Anrechnung des Verkehrs komme überhaupt nicht in Betracht, wenn sich der durch das angegriffene Vorhaben ausgelöste Verkehr innerhalb der 500 m mit dem allgemeinen Straßenverkehr vermischt habe.

38

Die Anwendung von Nr. 7.4 TA Lärm 1998 wird hier aller Voraussicht nach dazu führen, dass der zusätzliche Verkehr nicht zurechenbar ist. Denn nach den Beobachtungen des Gutachters Dr. G. und dem Vortrag der Beteiligten, wonach - wie stadtbekannt - in der Nähe des Hildesheimer Stadttheaters Parkplätze nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind, ruft das Vorhaben vor allem Parksuchverkehr hervor. Es wird kaum möglich sein, diesen Verkehr so zu individualisieren, dass Nr. 7.4 Abs. 2 tiré 2 der TA Lärm 1998 hier eingreift.

39

Selbst wenn dies zum Vorteil der Antragsgegner erfüllt wäre, würden die beiden anderen kumulativ ("... und ...") zu erfüllenden Voraussetzungen nicht gegeben sein. Das Gutachten vom 26. Juli 2006 und die ergänzende Stellungnahme des Herrn Dr. G. vom 11. September 2006 haben deutlich gezeigt, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung hier nicht erstmals oder weitergehend überschritten werden. Zudem ruft das angegriffene Vorhaben zum Nachteil des Grundstücks der Antragsteller keine Erhöhung des - hier vor allem im Vordergrund stehenden - nächtlichen Lärms um mehr als 3 dB(A) hervor. Nach diesen Stellungnahmen beträgt die Erhöhung je nach dem Maß der Vorbelastung, das hier nach gegenwärtiger oder künftiger Verkehrsfrequenz anzunehmen ist, entweder 1,8 dB(A) (Seite 19 des Gutachtens vom 26.7.2006) oder 1,0 bis 1,3 dB(A) (Seite 7 der ergänzenden Stellungnahme vom 11. 9. 2006).

40

Die gegen die Überzeugungskraft beider schriftlichen Stellungnahmen vorgebrachten Einwendungen der Antragsgegner werden aller Voraussicht nach nicht durchdringen.

41

Der Umstand, dass der Gutachter die tatsächliche Vorbelastung unter Verletzung der Parteiöffentlichkeit ermittelt hat/haben könnte, ist nicht mehr von Interesse. Auch die Antragsgegner hatten eingangs ihres Schriftsatzes vom 24. Oktober 2006 darauf verzichtet.

42

Zu den Angriffen der Antragsgegner auf die Richtigkeit der vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. G. sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

43

Ohne Erfolg verweisen die Antragsteller auf die sog. "Parkplatz- und Sekundärgeräusche". Nach den genehmigten Unterlagen sollen die Stellplätze westlich des Stadttheaters angelegt werden. Es ist schon zweifelhaft, ob sie dort dem Kläger Sommer - 12 A 7601/05 - akustische Nachteile bringen. Für die Antragsgegner ist das jedenfalls nicht der Fall, weil der Schall aller Voraussicht nach durch den angegriffenen Baukörper sowie durch das Gebäude des Stadttheaters abgeschirmt wird. Realistisch ist zudem, dass diese Stellplätze - gleich, ob sie von den Kino- oder den Besuchern des Stadttheaters genutzt werden - aller Voraussicht nach nur alle zwei Stunden gewechselt werden; das vermindert die von ihnen verursachten Lärmeinträge ganz erheblich.

44

Gleiches gilt für straßenbegleitend vorgenommene Parkvorgänge. Die mit diesen einhergehenden Geräuschbelästigungen sind zudem auf die gesamte Nachtzeit verteilt zu berücksichtigen und nicht nur auf die Zeit zwischen 22.00 und 01.00 h.

45

Die Zumutbarkeit der von den Antragsgegnern hervorgehobenen Freiluftveranstaltungen auf dem Stadttheatervorplatz ist nach der Freizeitlärmrichtlinie (vom 8.1.21001, NdsMBl. S. 201) zu beurteilen (Abschnitt 1, tiré 1 der F-LärmRL). Diese lässt im Jahr an bis zu 18 Kalendertagen sogenannte seltene Ereignisse zu (vgl. Abschnitt 2 F-LärmRL, wonach abweichend von Nr. 7.2 TA Lärm 1998 Nr. 1.5 der Anlage zur 18. BImSchVSportanlagenlärmschutzverordnung anzuwenden ist). Das hat zur Folge, dass die mit diesen Veranstaltungen verbundenen Lärmeinwirkungen für die Beurteilung ohne Bedeutung ist, welche das angegriffene Vorhaben zu erfahren hat. Selbst wenn diese Veranstaltungen, welche die Antragsgegner unter anderem durch erheblichen An- und Abfahrtsverkehr für den Kartenvorverkauf ergänzt sehen möchten, zu berücksichtigen wäre, erhöhte das zu deren Nachteil die Vorbelastung und setzte in gleichem Umfang die Schutzwürdigkeit ihres Grundstücks zusätzlich herab. Zudem bestätigt das nur die Richtigkeit der Annahme, das Stadttheater sei schon für sich eine so dominierende Nutzung, dass eine Einordnung dieses Bereiches als allgemeines Wohngebiet nicht im Bereich des Realistischen liegt.

46

Es ist jedenfalls im Eilverfahren nicht (mehr) zu klären, ob die Bedingungen zum Zeitpunkt, als der Gutachter Dr. G. die Auswirkungen des Verkehrs ermittelte, nicht ganz realistisch waren. Darauf kommt es aber auch nicht an. Waren sie es nicht (ganz ), dann spricht viel dafür, dass die Zusatzbelastung nur die in der ergänzenden Stellungnahme vom 11. September 2006 genannten 1,0 bis 1,3 dB(A) beträgt. Diese Zusatzbelastung auf insgesamt dann 52,5 dB(A) (vgl. Seite 6 der Stellungnahme vom 11.9.2006) wäre nicht so hoch, dass dies zu beanstanden wäre. Wie oben ausgeführt, stoßen an der Teichstraße mit dem Komplex Stadt- und Lichtspieltheater sowie dem Dreieck Teich-, Binderstraße und Steingrube zwei gegensätzliche Bauquartiere zusammen. In dieser Gemengelage sind die konkurrierenden Interessen durch die Bildung eines "Mittelwertes" zu harmonisieren. In diesem Falle würde es sich hier aller Voraussicht anbieten, die Zumutbarkeit der mit dem angegriffenen Vorhaben verbundenen Lärmbeeinträchtigungen in Anlehnung an die (hier allein zu betrachtenden Nacht-)Werte der DIN 18005 zu ermitteln, welche der Gutachter Dr. G. auf Seite 17 seiner schalltechnischen Stellungnahme vom 26. Juli 2006 angegeben hat. Danach sind in Kerngebieten ein Wert von 55 dB(A) und nicht der niedrigere Wert von 50 dB(A) maßgeblich. Denn hier geht es nicht um die Ermittlung der vom Lichtspielhaus selbst ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen - deren Zumutbarkeit wird von den Antragsgegnern nicht in Zweifel gezogen -, sondern um die Zumutbarkeit des mit dem Vorhaben verbundenen An- und Abfahrtsverkehrs, d. h. um den Einfluss von Verkehrslärm. Für Mischgebiete gilt der Wert von 50 dB(A). Dieser wird für das Grundstück der Antragsgegner nach beiden Berechnungen des Gutachters Dr. G. noch ausreichend eingehalten. An ihm hat sich die Beurteilung deshalb zu orientieren, weil das Grundstück der Antragsgegner - wie ausgeführt - sehr exponiert an der Spitze der beschriebenen Gemengelage und ganz nah an dem Komplex Stadt-/Lichtspieltheater herangebaut liegt. Dieser Komplex hat ein so deutliches Übergewicht, dass es nicht einmal gerechtfertigt wäre, zu Gunsten der Antragsgegner das arithmetische Mittel zwischen 55 und 50 dB(A) als gerechten Ausgleich der miteinander konkurrierenden Interessen zu wählen. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass mit 150%iger Vorbelastung die gegenwärtige Erschließungssituation wohl nicht zutreffend beschrieben, sondern zu Gunsten der Antragsgegner übertrieben wird.

47

Entgegen der Annahme der Antragsgegner wird es voraussichtlich auch nicht gerechtfertigt sein anzunehmen, der mit dem angegriffenen Vorhaben angezogene Zusatzverkehr sei vom allgemeinen Straßenverkehr zu unterscheiden. Wie sie selbst auf Seite 21 ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 22.11.2006 ausführen und zwischen den Beteiligten im Wesentlichen auch unstreitig ist, herrscht dort nicht nur ganz erheblicher Mangel an Einstellplätzen vor. Das ist vielmehr auch stadt- und landbekannt. Aus diesem Grunde werden die wenigen Einstellplätze alsbald komplett und auf Dauer von mindestens zwei Stunden belegt sein. Dementsprechend wird sich der Parksuchverkehr bei der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h (Seite 5 oben des Gutachtens vom 26.7.2006) kaum unterscheidbar in den "Strom" des allgemeinen Verkehr einpassen.

48

Sollten die zusätzlichen Verkehrsgeräusche nach der älteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beurteilen und zuzurechnen sein, ergäbe sich kein den Antragsgegner günstigeres Ergebnis. Das ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Danach wird der Zusatzverkehr kaum als solcher zu individualisieren sein, bevor er nicht schon im allgemeinen Straßenverkehr aufgegangen ist. Die Zusatzbelastung ist nach dem derzeit absehbaren Stand der Dinge nicht so hoch, dass der Beigeladenen die Ausnutzung des Bauscheins weiter vorenthalten werden könnte.

49

Die Beschwerde kann schließlich nicht mit Rücksicht auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 14. März 1997 (- 1 M 6589/96 -, NdsRpfl 1997, 144 = BauR 1997, 983 = UPR 1998, 34 [OVG Niedersachsen 14.03.1997 - 1 M 6589/96] = BRS 59 Nr. 64) Erfolg haben. Dort heißt es:

50

"Unmittelbar aus einem Verstoß gegen die bauordnungsrechtliche Stellplatzpflicht (§ 47 Abs. 2 NBauO) können die Antragsteller ebenfalls keine Abwehrrechte herleiten. Das Gebot der Schaffung notwendiger Stellplätze dient allein dem öffentlichen Interesse an der Freihaltung der öffentlichen Verkehrsfläche, nicht jedoch dem Schutz benachbarter Eigentümer (Beschl. d. Sen. v. 26.8.1992 - 1 M 3052/92 - S. 3; Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 6. Aufl. 1996, § 72 Rdn. 76).

51

Die fehlende Bewältigung des von einem Bauvorhaben ausgelösten ruhenden Verkehrs kann allerdings im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unter Umständen dann von Bedeutung sein, wenn dadurch Störungen in die Umgebung hineingetragen werden und diese jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau der vom Objekt ausgehenden Belastungen unzumutbar sind (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 14.12.1992 - 4 TH 1204/92 - BRS 55 Nr. 171)."

52

Das ist hier nicht festzustellen. Hinsichtlich der Lärmeinwirkungen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Die Antragsgegner haben auch nicht ausreichend geltend zu machen vermocht, jedenfalls aufgrund der hinzutretenden Sitzplätze seien sie der Gefahr ausgesetzt, dass ihr eigenes Grundstück von "Wildparkern" gleichsam zugestellt und daher nicht mehr ausreichend zu erreichen sein werde. Soweit aus der Bauakte ihres Grundstücke (BA C) ersichtlich, weist das dreieckig geschnittene Grundstück überhaupt keinen Innenhof auf, auf dem auch nur ein Teil des von 14 Wohnungen zzgl. Frisörfachgeschäft ausgelösten ruhenden Verkehrs untergebracht werden könnte. Eine rechtlich geschützte Zufahrtsmöglichkeit wird ihnen daher aller Voraussicht nach infolge des angegriffenen Vorhabens nicht genommen werden. Zudem stellt sich auch insoweit die (allerdings wohl erst in dem Hauptsacheverfahren zu klärende) Frage, ob die Antragsgegner diesen Gesichtspunkt rügen können, wenn sie womöglich selbst in noch geringerem Umfang die Stellplatzpflicht erfüllen.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da es sich um einen Fall notwendiger Beiladung handelt, sind (eventuelle) außergerichtliche Kosten der Beigeladenen ungeachtet des Umstandes für erstattungsfähig zu erklären, dass sie keinen Antrag gestellt hat (und mangels anwaltlicher Beauftragung auch nicht hätte stellen können).

54

Die Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss ist gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG zu korrigieren. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. B. v. 26.3.1999 - 1 O 867/99 -, NVwZ-RR 1999, 813 = BRS 62 Nr. 200 = NdsRpfl 2000, 41) wird der Streitwert des Abänderungsverfahrens nicht durch den Streitwert des vorangegangenen Aussetzungsverfahrens begrenzt. Denn das Abänderungsverfahren stellt kein Rechtsmittelverfahren zum ersten Eilverfahren dar (weshalb neben der Kostenentscheidung auch die seinerzeit getroffene Streitwertentscheidung nicht zur Disposition steht). Maßgebend ist vielmehr das Interesse, das der jetzige Antragsteller an der ihm günstigen Entscheidung hat. Bei entsprechender Anwendung von Nr. 8 lit. e) der regelmäßigen Streitwertannahmen des 1. und 9. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts für Verfahren, die nach dem 1.1.2002 anhängig geworden sind (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197), ist daher im Ausgangspunkt ein Streitwertrahmen von 5.000 bis 100. 000 € maßgebend. Das Interesse der Antragstellerin an einem positiven Ausgang des Abänderungsverfahrens ist erheblich. Zum einen drohen ihr erhebliche Regressforderungen, falls die Beigeladene ihren Bauschein noch längere Zeit nicht ausnutzen kann. Zum anderen hat sie ein erhebliches eigenes kommunales Interesse daran, diesen Bereich durch Stadt- und Lichtspieltheater wie genehmigt genutzt zu sehen. Dementsprechend wird es im Hauptsacheverfahren gerechtfertigt sein, den Wert mit 40.000,-- € anzusetzen. Dieser Wert gem. Nr. 18 lit. b) der zitierten Streitwertannahmen für das Eilverfahren zu halbieren.

55

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 iVm. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).