Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 29.01.2003, Az.: 203-VgK-31/2002
Durchführung des Vergabeverfahrens - Reinigung/Desinfektion ZOP; Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge; Statthaftigkeit eines Nachprüfungsantrags; Wertung der Angebote; Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Angebots von der weiteren Wertung; Prüfung der Angemessenheit des Angebotes gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 der Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A); Bestehen eines offenbaren Missverhältnisses des angebotenen Preises zur Leistung; Annahme unrealistisch hoher Leistungswerte
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 29.01.2003
- Aktenzeichen
- 203-VgK-31/2002
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32386
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 24.04.2003 - AZ: 13 Verg 4/03
Rechtsgrundlagen
- § 25 Nr. 2 VOL/A
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren A 06/02 - Reinigung/Desinfektion ZOP
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.783 Euro festgesetzt.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 21.05.2002 die Dienstleistung "Reinigung des gesamten ZOP/Not-OP sowie die Durchführung der gesamten Desinfektionsmaßnahmen (Scheuer-Wisch-Desinfektion, Raumvernebelungen) im Haus nach Desinfektionsgesetz" im offenen Verfahren für den Zeitraum 01.10.2002 bis 30.09.2005 ausgeschrieben. Die Gesamtfläche ZOP/Not-OP beträgt inklusive der Nebenflächen 7860 qm. Für die Zwischen-/ Endreinigung der 28 OP-Säle, der 4 Not-OP-Säle sowie für die Desinfektionsmaßnahmen im gesamten Haus wird eine 24-stündige, tägliche Verfügbarkeit in unterschiedlicher Personalstärke vorausgesetzt. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass die Bieter folgende wirtschaftliche und technische Mindestanforderungen erfüllen müssen:
"Firmenpräsentation; Erfahrung mit Projektenähnlicher Größenordnung und Komplexität sind im Angebot anzugeben . . ."
Andere Zuschlagskriterien für die Auftragserteilung als der niedrigste Preis sollten sein:
"transparente Kalkulation; schlüssige Konzeption und Darlegung des Personaleinsatzes, der Schulungsmaßnahmen und der Reinigungsmethodik; Zertifizierung nach DIN ISO 9000 ff sowie die Berechtigung zum Führen des RAL-Gütezeichens haben entscheidenden Einfluss auf die Vergabeentscheidung; Wirtschaftlichkeit und Referenzliste".
Bei der Verhandlung zur Öffnung der Angebote nach § 22 VOL/A am 12.07.2002 ergab sich, dass die Antragstellerin den niedrigsten Angebotspreis abgegeben hatte und die Beigeladene an dritter Stelle lag.
Da der Auftraggeberin bei der Wertung des streitbefangenen Vergabeverfahrens Fehler unterlaufen waren, trat sie aufgrund des Beschlusses der Vergabekammer Lüneburg vom 11.09.2002, Az. 203-VgK-17/2002, erneut in die Wertung ein.
Mit Schreiben vom 29.09.2002 forderte die Auftraggeberin bei der Antragstellerin zur Prüfung der Einzelposten des Angebotes Belege an, da ihr das Angebot unrealistisch erschien. Im einzelnen forderte sie eine Stellungnahme:
- - zu den von ihr festgestellten Rechenfehlern,
- - zu dem zu niedrig angesetzten Jahresfaktor,
- - zum fehlenden tariflich vorgeschriebenen 10%-igen OP-Zuschlag und
- - zu den fehlenden Zuschlägen zu den Nacht- und Wochenendarbeiten.
Der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Antragstellerin legte mit Schreiben vom 15.10.2002 die Monatskostenkalkulation und die Stundenverrechnungssatzkalkulation vor. Er erklärte, dass die Antragstellerin bereit sei, die Kalkulation mündlich zu erläutern, falls es gewünscht sei.
Bei der anschließenden Prüfung der Angebote nach § 23 VOL/A wurde festgestellt, dass alle Angebote den formellen Anforderungen entsprechen.
Hinsichtlich der 2. Wertungsstufe (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) wurde zum Angebot der Antragstellerin vermerkt, dass sie außer dem Klinikum xxxxxxx keine weiteren Referenzen vorgelegt habe. Zwar seien aus hygienischer Sicht in den letzten Jahren keine größeren Mängel aufgetreten, allerdings habe es massive Mängel in der Auftragsabwicklung gegeben (u.a. wird die geforderte und abgerechnete Mindestpersonenzahl in der Regel nicht eingehalten). Des Weiteren wurde vermerkt, dass das geforderte Reporting bei weitem nicht den Vorstellungen der Auftraggeberin entspricht. Bezüglich der Fachkunde der Firma wird festgestellt, dass ein großer Teil der Mitarbeiter nicht in dem Maße ausgebildet sei, wie es eigentlich sein sollte und wie es der Auftraggeberin suggeriert werde.
Zur 3. Wertungsstufe (Prüfung der Angebotspreise, Angemessenheit) wurde festgehalten:
"Die Bewertung der Firmen hinsichtlich des Verhältnisses des Angebotspreises zur abgefragten Leistung hat zu dem Ausschluss der Firma xxxxxxx (Antragstellerin) geführt. Sie hat unrealistisch hohe Leistungswerte angenommen, die teilweise weit über dem maximalen Vorgabewert lagen. Diese Maximalwerte sind in der Fachliteratur nachlesbar und decken sich auch mit den Erfahrungswerten des Klinikums. Hervorzuheben sind an dieser Stelle die Werte der Firma der Antragstellerin, die die Vorgabewerte in 8 von 13 Positionen zum Teil um über 100 % übersteigen. Diese hohen Werte sind das Resultat der Rückberechnung des 1. Angebotes, das aufgrund der eklatanten Rechenfehler in fast allen Positionen durch den Anbieter korrigiert werden musste (siehe auch Schreiben vom 24.09.2002). Die Pauschalpreise wurden im aktuellen Angebot einfach zurückgerechnet, was die enorm hohen Leistungen zur Folge hat. Im ursprünglichen Angebot lagen die Leistungswerte auf einem realistischen Niveau.
Mit der Kalkulation der sonstigen Kosten liegt der Anbieter weit unter dem, was normalerweise angeboten wird (siehe auch Kalkulationsblatt der Gebäudereinigerinnung). Aufgrund der Tatsache, dass der Stundenverrechnungssatz wegen des fehlenden OP-Zuschlages und des Gewinns der 1. Ausfertigung ebenfalls geändert wurden, sind die weiteren Zuschläge extrem weit abgesenkt worden. 0,64 % Afa sowie 0,37 % für Moppwäsche sind ein unglaubhaft niedriger Wert. Laut Angabe des Bieters verstecke sich der OP-Zuschlag im 1. Angebot in dem Posten 'Sonstige Gemeinkosten', der allerdings nur eine Höhe von 5,5 % hatte. In der 2. Kalkulation ist er unüblicherweise in den Sonstigen Gemeinkosten enthalten. Auch hier muss unterstellt werden, dass ein Kalkulationsfehler zurückgerechnet wird. Zusammenfassend ist zu sagen, dass es unmöglich ist, zu diesen Konditionen eine Leistung anzubieten und somit von einer drohenden Schlechtleistung ausgegangen werden muss."
In der 4. Wertungsstufe (wirtschaftlichstes Angebot) verblieben dann nur noch die Angebote der Beigeladenen und 5 weitere Bieter; das Angebot der Antragstellerin war zu dieser Wertungsstufe nicht mehr zugelassen worden. Es wurde festgehalten, dass im Sinne einer optimalen Preisgestaltung sowie einer maximal erreichbaren Wirtschaftlichkeit die Entscheidung für die Firma der Beigeladenen gefallen sei. Diese Entscheidung teilte der Geschäftsbereichsleiter Hauswirtschaftlicher Dienst dem zuständigen Bereich Materialwirtschaft der Auftraggeberin mit Datum vom 06.11.2002 mit.
Mit Schreiben vom 06.11.2002 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin unter Hinweis auf § 13 Vergabeverordnung (VgV), dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Mit Schreiben vom 07.11.2002, abgesandt per Fax am gleichen Tage, rügte die Antragstellerin gegenüber der Auftraggeberin die beabsichtigte Zuschlagserteilung und die Nichtberücksichtigung ihres Angebots. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nicht nur das preisgünstigste, sondern auch das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Seit vielen Jahren war die wirtschaftliche und fachliche Kompetenz nicht in Zweifel gezogen worden.
Mit Schriftsatz vom 08.11.2002, eingegangen per Fax am gleichen Tage, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Sie vertritt die Auffassung, dass sie das günstigste Angebot abgegeben habe. Zur weiteren Begründung bezieht sie sich auf ihren Vortrag im abgeschlossenen Verfahren mit dem Az. 203-VgK-17/2002. Sie vertrat dort die Auffassung, dass die Auftraggeberin als wirtschaftlichste Lösung das Angebot der Antragstellerin als das kostengünstigste hätte annehmen müssen. Kostengünstigkeit und Wirtschaftlichkeit lägen ihrer Meinung hiernach auf einer Ebene. Sollte die Auftraggeberin Bedenken wegen des Personaleinsatzes haben, so können diese nach Ansicht der Antragstellerin leicht ausgeräumt werden. Die Geschäftsführerin und ihr Objektleiter selbst seienäußerst flexibel einsetzbar und können auf diese Weise Ausfälle jeweils kurzfristig kompensieren. Aus diesem Grund könne die Antragstellerin auch flexibler die Personalkosten kalkulieren als andere Bieter. Der von ihr angebotene Preis berücksichtige in jeder Hinsicht den Tarif für das Gebäudereinigerhandwerk, der allgemeinverbindlich sei. Dies gelte auch für sämtliche Zuschläge.
Ferner führt die Antragstellerin aus, dass sie aufgrund des Schreibens der Auftraggeberin vom 24.09.2002 die Kalkulation der Monatskosten nach Reinigungsgruppen und die Stundenverrechnungssätzeüberarbeitet habe. Ebenso sei die Position 2.2 Unterhaltsreinigung erneut vorgelegt worden. Sie habe auch u.a. erläutert, wie die Stundenverrechnungssätze zustande gekommen seien.
Auch vertritt sie die Auffassung, dass keine Mängel in den vergangenen Jahren aufgetreten seien. Ebenso sei für sie nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen "das geforderte Reporting" nicht den Vorstellungen der Auftraggeberin entspreche.
Zu den Feststellungen der Auftraggeberin in der 3. Wertungsstufe vertritt sie die Auffassung, dass sie keine zu hohen Leistungswerte angenommen habe, da sie ihren Personaleinsatz optimal steuern könne. Im Übrigen sei die Ausschreibung ihrer Meinung nach fehlerhaft. Die Auftraggeberin habe nicht zwischen den Zeiten von Montag bis Freitag und Samstag bis Sonntag differenziert. Ferner habe sie nicht die voraussichtlich anfallenden Zwischenreinigungen und deren Zahl bezeichnet. Ebenso habe sie nicht den Schwierigkeitsgrad bei den einzelnen OP-Sälen untereinander genannt. Nur aufgrund ihrer langen Erfahrung habe sie so kalkulieren können, wie sie es getan habe. Es könne somit keinesfalls von Rechenfehlern oder einer fehlerhaften Kalkulation ausgegangen werden.
Die Antragstellerin beantragt,
ein Nachprüfungsverfahren bezüglich der Ausschreibung A 06/02 - Reinigung/Desinfektion ZOP im Klinikum (offenes Verfahren EG-weit) und die Erteilung des Zuschlages an Firma xxxxxxx einzuleiten
und ferner
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist sowie ggf. die Auftraggeberin anzuweisen, erneut in die Wertung der Angebote einzutreten und dabei die von der Vergabekammer geäußerte Rechtsauffassung zu beachten.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Auftraggeberin ist der Auffassung, dass sie das Vergabeverfahren insbesondere unter Berücksichtigung des vorangegangenen Beschlusses der Vergabekammer nunmehr rechtlich ordnungsgemäß abgewickelt habe und für eine Nachprüfung kein Platz ist. Sie ist der Ansicht, dass die von der Antragstellerin vorgetragene Rüge pauschal und undifferenziert sei, soweit die Antragstellerin ihre Ansicht damit begründet, dass sie vermeintlich nicht nur das preisgünstigste, sondern auch das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe und zudem die wirtschaftliche und fachliche Kompetenz nicht in Zweifel gezogen worden sei.
Die Auftraggeberin hat mit Schriftsatz vom 17.01.2003 ein von ihr eingeholtes Gutachten des vereidigten Sachverständigen für das Gebäudereinigerhandwerk, Herrn xxxxxxx vom 15.11.2002 vorgelegt. Das Gutachten hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Leistungsvorgaben in den einzelnen Raumgruppen und welche Stundenverrechnungssätze in dem Ausschreibungsverfahren Los 1, Zentral-OP / Not-OP / Chirurgische Poliklinik / Scheuer-Wisch-Desinfektion / Raumvernebelungen nach Infektionsschutzgesetz angemessen und auskömmlich sind. Der Sachverständige kommt zu dem Schluss, dass der von der Antragstellerin angebotene durchschnittliche Stundenverrechnungssatz einschließlich Zuschlägen für Sonn- und Feiertage von 14,89 EUR nicht kostendeckend sei, wenn alle tariflichen und gesetzlichen Zahlungen eingehalten werden. Ferner habe er, der Sachverständige, festgestellt, dass die von ihm ermittelten Leistungszahlen für die zu reinigenden Bereiche durch die Antragstellerin teilweise über 200 % (Aufenthaltsräume, Büroräume, Laborräume, Lagerräume), 163 % (WC-Räume), im Falle der Technikräume sogar über 400 % überschritten werden. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die im Leistungsverzeichnis festgelegten Leistungen nicht mehr fachlich und ordnungsgemäß ausgeführt werden können. Der Sachverständige hält einen minimalen Stundenverrechnungssatz von 17,23 EUR je Stunde an Werktagen und ca. 29,75 EUR an Sonn- und Feiertagen für angemessen. Dabei konstatiert er bereits eine Kostenreduzierung aufgrund des harten Ausschreibungswettbewerbs von max. 10 - 12 % auf den üblichen Stundenverrechnungssatz.
Die Beigeladene beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB vom 06.12.2002 die Frist für die abschließende schriftliche Entscheidung im Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 03.02.2003 verlängert. Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23.01.2003 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Auftraggeberin hat die erneute Wertung der Angebote unter Beachtung des Vergaberechts und der Vorgaben der Vergabekammer im Beschluss vom 11.09.2002 im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren 203-VgK-17/2002 durchgeführt. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Rahmen der 3. Wertungsstufe bei der Prüfung der Angemessenheit des Angebotes der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu dem Schluss gelangt ist, dass dieses im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung nicht angemessen ist und es deshalb gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der weiteren Wertung ausgeschlossen hat. Die Antragstellerin ist daher nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine der Aufsicht des Landes Niedersachsen unterliegende Universität und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Reinigungs-, Unterhaltsreinigungs- und Desinfektionsleistungen und damit um einen Dienstleistungsauftrag gem. § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis des Vergabeverfahrens deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Bereits der streitbefangene, von der Antragstellerin angebotene Preis beträgt 53.261,56 EUR netto pro Monat, so dass angesichts des ausgeschriebenen 3-jährigen Vertragszeitraums der Schwellenwert von 200.000 EUR deutlich überschritten wird (Wert über die gesamte Vertragslaufzeit auf Basis des niedrigsten Angebotes der Antragstellerin = 1.917.416,16 EUR).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin beabsichtige, zu ihren Lasten den Zuschlag nicht auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, da sie zumindest mit ihrem Angebot den niedrigsten Preis angeboten hat. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Die Antragstellerin hat mit dem am 06.11.2002 bei ihr eingegangenen Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 06.11.2002 davon erfahren, dass auch nach erneuter Durchführung der Angebotswertung auf der Grundlage des Beschlusses der Vergabekammer vom 11.09.2002 im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren aus wirtschaftlichen Gründen nicht ihr, sondern der Beigeladenen der Zuschlag erteilt werden soll. Die Antragstellerin hat daraufhin umgehend mit Anwaltsschriftsatz vom 07.11.2002 diese Entscheidung der Auftraggeberin gerügt und hervorgehoben, dass ihrer Auffassung nach ihr der Zuschlag erteilt werden müsse, da sie das preisgünstigste und wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Diese Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht von der weiteren Wertung ausgeschlossen weil sie aufgrund einer ordnungsgemäßen Überprüfung gem. § 25 Nr. 2 VOL/A des ihr ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebots der Antragstellerin zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der von der Antragstellerin angebotene Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht und deshalb gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der Wertung auszuschließen ist. Die Antragstellerin ist dadurch nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt.
Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks (Anlage 5 zur Vergabeempfehlung des Geschäftsbereichs 61 - Hauswirtschaftliche Dienste - an den Geschäftsbereich Materialwirtschaft vom 06.11.2002) wie auch drei weitere Angebote von der weiteren Wertung ausgeschlossen, weil diese nach Überzeugung der Auftraggeberin unrealistisch hohe Leistungswerte angenommen haben, die teilweise weit über dem in Anlage 2 zur Vergabeempfehlung zugrunde gelegten maximalen Vorgabewert lagen. Daraus ergibt sich, dass das Angebot der Firma xxxxxxx (Antragstellerin) in acht von 13 Positionen deutlich über dem zugrunde gelegten Referenzwert (= max. Reinigungsleistung in qm pro Stunde und Person), in sechs Fällen sogar 100 % und mehr übersteigt. So ging die Auftraggeberin etwa für die Aufenthaltsräume von einer maximal erreichbaren Reinigungsleistung von 250 qm aus. Diese Reinigungsleistung wurde gemäß der Auswertung Anlage 2 zur Vergabeempfehlung von 11 der 13 Bieter bei weitem nicht erreicht. Eine Firma unterstellte in ihrem Angebot eine mögliche Reinigungsleistung von 295 qm. Auf Grundlage des Angebotes der Antragstellerin aber ergab sich sogar eine Reinigungsleistung von 500 qm. Weitere deutliche Unterschiede des Angebotes der Antragstellerin gegenüber allen anderen Angeboten ergab sich für die Reinigungsbereiche Büroräume, Laborräume, Lagerräume, Sanitärräume, Technikräume und Verkehrsflächen. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2003 erläutert, dass sie den Referenzarbeitswert aus verschiedenen Quellen ermittelt habe. So beruhe er zum einen auf eigener Erfahrung, zum anderen auf Feststellungen des Gebäudereinigerhandwerks. Die Auftraggeberin hat ferner darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach bereits der Referenzwert Zugeständnisse an die hohe Leistungsfähigkeit der einzelnen Bieter mache und bereits als oberer Bereich des Möglichen anzusehen sei. Die Auftraggeberin hat gemäß ihres Vergabevermerks ermittelt, dass die hohen Leistungswerte der Antragstellerin das Resultat der Rückberechnung des 1. Angebotes, das aufgrund der Rechenfehler in fast allen Positionen durch die Antragstellerin korrigiert werden musste, seien. Die ursprünglichen Pauschalpreise seien im aktuellen Angebot einfach zurückgerechnet worden, was die enorm hohen Leistungen zur Folge habe. Im ursprünglichen Angebot hätten die Leistungswerte auf einem realistischen Niveau gelegen. Zum angebotenen Stundenverrechnungssatz der Antragstellerin von 13,95 EUR pro Stunde (wochentags, mit OP-Zuschlag, ohne Nachtzuschlag) stellte die Auftraggeberin gemäß Vergabevermerk fest, dass die Lohnneben- und Lohnfolgekosten zwar richtig kalkuliert seien, mit der Kalkulation der sonstigen Kosten liege die Antragstellerin aber weit unter dem, was normalerweise angeboten werde, was sich auch aus dem Kalkulationsblatt der Gebäudereiniger-Innung ergebe. Aus dem der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung überreichten Kalkulationsblatt der BIV Gebäudereinigerhandwerk - Stand: August 2001 - ergibt sich ein im Einzelnen dargelegter aufgeschlüsselter Stundenverrechnungssatz von 17,81 EUR. Die Auftraggeberin kam daher zu dem Schluss, dass es unmöglich sei, zu diesen Konditionen eine Leistung anzubieten und somit von einer drohenden Schlechtleistung ausgegangen werden müsse.
Zur Überprüfung der Angemessenheit des Angebotes der Antragstellerin hat die Auftraggeberin mit Schreiben vom 24.09.2002 gemäß der Vorgabe des Beschlusses der Vergabekammer vom 11.09.2002 bei der Antragstellerin die zur Überprüfung erforderlichen Kalkulationsbelege abgefordert. Die Auftraggeberin bat die Antragstellerin um ergänzende Stellungnahme und Nachweis zu folgenden Punkten:
- 1.
In Ihrem Angebot vom 11.07.2002 befinden sich in der Kalkulation der Monatskosten nach Reinigungsgruppen unter 2.1 durchgängig Rechenfehler, indem die Multiplikation der ausgewiesenen Monatsstunden mit dem angegebenen Stundenverrechnungssatz bis auf zwei Ergebnisse zu teilweise erheblich höheren Endbeträgen als von Ihnen errechnet führt.
- 2.
Der Jahresfaktor ist im Patientenbereich, Sanitärbereich und den Umkleiden niedriger angesetzt als im Leistungsverzeichnis gefordert.
- 3.
Bei der Kalkulation der Stundenverrechnungssätze fehlen sowohl der Stundenverrechnungssatz sonntags als auch der tariflich vorgeschriebene 10-prozentige OP-Zuschlag.
- 4.
Bei der Unterhaltsreinigung unter 2.2 wird in Bezug auf die Kreißsaaldesinfektion als auch die desinfizierende Zimmerreinigung der Standard-Stundensatz von 14,89 EUR ausgewiesen, obwohl diese Arbeiten nachts und am Wochenende durchzuführen, d. h. zuschlagspflichtig sind."
Mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2002 hat die Antragstellerin daraufhin der Auftraggeberin die Monatskostenkalkulation und die Stundenverrechnungssatzkalkulation in Kopie vorgelegt. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass die Kalkulationen bei Bedarf mündlich erläutert werden könnten. Ferner wies sie darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Stundenvorgabe pro Tag aufgegliedert werde müsse in solche, die von Montag bis Freitag und solche, die am Wochenende anfallen. Von Montag bis Freitag fielen für die Zwischenreinigung 55,22 und für die Endreinigung 70,61 Stunden an. An Samstagen und Sonntagen seien dies je 8,22 und 22,28 Stunden. Um den Monatsstundenbetrag zu errechnen, werde für die Wochentage mit einem Faktor von 21,66 und für die Wochenendtag mit einem Faktor von 4,66 multipliziert. Beide Produkte würden schließlich zum Monatsstundensatz addiert. Gemäß dem mitübersandten, überarbeiteten Blatt zur Kalkulation der Stundenverrechnungssätze ergab sich nunmehr ein Stundenverrechnungssatz von 13,95 EUR für den werktägigen Einsatz und 27,90 EUR für den sonntäglichen Einsatz. Im Stundenverrechnungssatz von 13,95 EUR waren unter der Position D 4 - Sonstige Gemeinkosten - laut Erklärung der Antragstellerin bereits der 10-prozentige OP-Zuschlag, nicht aber Nacht- und Wochenendzuschläge. Diese Zuschläge seien im Stundenverrechnungssatz für den Sonntageinsatz von 27,90 EUR enthalten.
Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Rahmen der ihr gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A obliegenden Plausibilitätsprüfung zu dem Schluss gelangt ist, dass der von der Antragstellerin angebotene Preis nicht angemessen ist und die zugrunde liegende knappe Kalkulation die Gefahr von Leistungsstörungen im ausgeschriebenen Vertragsverhältnis birgt, die die Vorschrift des § 25 Nr. 2 VOL/A gerade vermeiden will. Die Verdingungsordnungen haben nicht von ungefähr derÜberprüfung ungewöhnlich niedriger Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung eine eigene, nämlich die 3. Wertungsphase eingeräumt. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Von einem solchen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist allerdings nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten ist dabei für sich genommen allein noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Kulartz, Vergaberecht, § 25, Rdn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01). Ein offenbares Missverhältnis von Preisen zur Leistung liegt also nicht immer schon dann vor, wenn einzelne Positionen oder Bereiche unterpreisig erscheinen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, a.a.O., m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall ein auch nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen.
Da der von der Antragstellerin angebotene Preis aber 34 % unter dem Mittel der Angebotspreise (ohne Berücksichtigung des teuersten und des billigsten Anbieters) lag, war die Auftraggeberin gehalten, diesen Zweifeln im Rahmen der ihr gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A obliegenden eingehenden Plausibilitätsprüfung nachzugehen. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A bezweckt nicht zur den Schutz der konkurrierenden Bieter vor ruinösen oder jedenfalls betriebswirtschaftlich nicht kalkulierbaren Preisunterbietungen. Er soll gerade auch den öffentlichen Auftraggeber vor den mit unterpreisigen Angeboten verbundenen Risiken bewahren und einen späteren Schaden im laufenden Vertragsverhältnis vermeiden (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 25, Rdn. 41). Gerade dieses Risiko kann im vorliegenden Fall beim Angebot der Antragstellerin nicht als ausgeräumt gelten. Auch die Erläuterungen der Antragstellerin zu ihrer Kalkulation in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2003, die diese mit Schriftsatz vom 28.01.2003 noch einmal vertieft hat, vermögen die Bedenken hinsichtlich des zugrunde gelegten Stundenverrechnungssatzes und der sich aus dem Angebot der Antragstellerin für die Auftraggeberin ermittelbaren Arbeitswerte nicht zu zerstreuen. Die Antragstellerin hat erläutert, dass sie aufgrund ihrer Betriebsstruktur und der genauen Kenntnis des zu reinigenden Objekts aufgrund der langjährigen Tätigkeit für die Auftraggeberin in der Lage sei, die Leistung zu einem derartig niedrigen Preis anbieten zu können und gleichwohl effizient zu arbeiten. Sie geht davon aus, dass allein sie im Gegensatz zu allen anderen Bietern bei der Kalkulation die Tatsache berücksichtigt habe, dass während der Wartezeiten, in denen die OP-Säle - während der Operationen - nicht gereinigt werden können, personelle Kapazitäten frei würden, in denen man dann zwischenzeitlich die weniger sensiblen Reinigungsbereiche wie Flure, Aufenthaltsräume etc. reinigen könne, was zu einem besonders effizienten Personaleinsatz führt. Dies werde im vorliegenden Falle dadurch begünstigt, dass sämtliche Reinigungsgruppen/-objekte auf derselben Ebene räumlich nah beieinander liegen. Die Reinigungskräfte könnten also bei Bedarf jederzeit auf der Stelle aus anderen Bereichen abgezogen und für anfallende Zwischenreinigungen eingesetzt werden. Ferner hat die Antragstellerin erklärt, dass die Objektleiter, die Vorarbeiter und sogar die Geschäftsführerin bei Bedarf zur Verfügung stehen, um an Ort und Stelle ebenfalls aktiv bei den Reinigungsarbeiten tätig zu werden. Sie unterhalte keinen Verwaltungsapparat. Verwaltungskosten, insbesondere "sonstige Personalkosten" fielen nicht an. Sie habe lediglich Kosten für die Buchführung und die Kosten für die Unterhaltung eines kleinen Büros zu bestreiten. Für die Positionen: Löhne für Aufsicht / Vorarbeiter, sonstige Personalkosten, Fertigungsmaterial, Maschinen- und Gerätekosten, Löhne für Hilfsdienste / sonstige Betriebskosten, Gehälter für technische Angestellte, Gehälter für kaufmännische Angestellte und allgemeine Verwaltungskosten habe sie daher lediglich einen Anteil von 3,76 EUR = 25,1 % beim Stundensatz berücksichtigen müssen, während die Gesamtmusterkalkulation des von der Auftraggeberin hinzugezogenen Sachverständigen, Herrn xxxxxxx, von einem diesbezüglichen Anteil von 45,162 % ausgeht, der nach Auffassung der Antragstellerin viel zu hoch ist.
Das von der Auftraggeberin zur Überprüfung der Angemessenheit des Angebotes der Antragstellerin eingeholte Gutachten des vereidigten Sachverständigen für das Gebäudereinigerhandwerk, Herrn xxxxxxx vom 15.11.2002 kommt bereits für den ursprünglich von der Antragstellerin angebotenen Pauschalstundenverrechnungssatz von 14,89 EUR zu dem Schluss, dass dieser nicht kostendeckend sei, wenn alle tariflichen und gesetzlichen Zahlungen eingehalten werden. Er hält einen minimalen Stundenverrechnungssatz von 17,23 EUR je Stunde an Werktagen und 29,75 EUR an Sonn- und Feiertagen für angemessen. Dabei konstatiert er bereits eine Kostenreduzierung aufgrund des harten Ausschreibungswettbewerbs von max. 10 - 12 % auf denüblichen Stundenverrechnungssatz. Angesichts der plausiblen Darlegungen und Berechnungen dieses Gutachtens, das die Vergabekammer als Parteivortrag der Auftraggeberin berücksichtigt, vermag die Aussage der Antragstellerin, sie könne angesichts des nochmals reduzierten Stundensatzes von 13,95 EUR für den werktäglichen Einsatz nicht nur den 10-prozentigen OP-Zuschlag abdecken, sondern auch die tariflichen Löhne zahlen und zugleich ihre Nebenkosten abdecken, nicht zu überzeugen. Auch wenn man der Antragstellerin zugesteht, dass sie im Gegensatz zu den anderen Bietern aufgrund der genauen, langjährigen Kenntnis des Objekts in der Lage ist, ihr Personal äußerst effizient einzusetzen und darum den vom Sachverständigen ermittelten Stundensatz noch einmal unterbieten kann, ist der von ihr angebotene Stundenverrechnungssatz nicht plausibel und unangemessen niedrig.
Der vom Sachverständigen ermittelte Stundenverrechnungssatz korrespondiert mit der von der BIV Gebäudereinigerhandwerk ermittelten Musterkalkulation, die mit einem Stundenverrechnungssatz von 17,81 EUR abschließt. Diese der Vergabekammer vorliegende Musterkalkulation - Stand: August 2001 - ist deshalb besonders aufschlussreich, weil sie sowohl den tariflichen produktiven Stundenlohn von 7,75 EUR als auch die sonstigen lohngebundenen Kosten detailliert aufgeschlüsselt berücksichtigt. Dazu zählen sowohl lohngebundene Kosten wie Urlaubsentgelt und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wie auch die Sozialversicherungsbeiträge auf Fertigungslohn und Soziallöhne (Arbeitsgeberanteil) und z.B. auch die Kosten einer Haftpflichtversicherung. Insgesamt ermittelt die Musterkalkulation lohngebundene Kosten in Höhe von 5,69 EUR, die zusammen mit dem produktiven, tariflichen Stundenlohn von 7,75 EUR bereits zu einem Stundenverrechnungssatz von 13,44 EUR führen. Dabei ist der 10-prozentige, tarifliche OP-Zuschlag auf den produktiven Stundenlohn noch gar nicht berücksichtigt. Diese schlüssige Musterkalkulation hinsichtlich der tariflich veranlassten, nicht abdingbaren Lohnkosten zugrunde gelegt, verbleiben der Antragstellerin bei dem von ihr angebotenen Stundenverrechnungssatz von 13,95 EUR für den werktäglichen Einsatz nur 51 Cent für sonstige auftragsbezogene Kosten wie Aufsichtslohn für Vorarbeiter (auch wenn diese, wie die Auftraggeberin angibt, selbst aktiv mitarbeiten), eingesetztes Material, Mopp-Wäsche, Gewerbesteuer und - nicht zuletzt - den Gewinn. Allein für Gewinn und Wagnis setzt die Musterkalkulation 0,68 EUR an. Der von der Antragstellerin angebotene Preis war also auch unter Berücksichtigung der im Zuge des Nachprüfungsverfahrens von der Antragstellerin gegebenen Erläuterungen nicht plausibel und konnte daher von der Auftraggeberin nicht als angemessen gewertet werden.
Auch die Argumentation, alle anderen Bieter hätten es versäumt, bei ihrer Kalkulation einen optimierten Personaleinsatz insbesondere hinsichtlich der Nutzung der während der Wartezeiten, während der Nutzung der OP-Säle frei werdenden Kapazitäten für die weniger sensiblen Reinigungsbereiche zu berücksichtigen,überzeugt nicht. Die Beigeladene hat dies in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt und erklärt, dass auch sie bei der Kalkulation ihres Angebotes durchaus Optimierungsmöglichkeiten berücksichtigt habe. Auch sie, die ebenfalls über Erfahrungen im Klinikbereich verfüge, habe sehr wohl Produktivitätsreserven durch Wartezeiten etc. gesehen und bei ihrem Angebot berücksichtigt, aber eben nicht auf derartig hohe Arbeitswerte wie die Antragstellerin. Es ist für die Vergabekammer auch nicht realistisch, dass alle anderen Bieter, zumindest soweit sie über Erfahrungen im Bereich der Reinigung von Kliniken verfügen, angesichts des Wettbewerbs keine Optimierungsmöglichkeiten im Personaleinsatz, wie er sich etwa bei der Überbrückung der Wartezeiten für die Zwischenreinigungen der OP-Säle anbietet, berücksichtigt haben.
Die Vergabekammer stellt nicht in Abrede, dass die Antragstellerin, was sie betont, ihren Mitarbeitern den Tariflohn und auch die entsprechenden Lohnnebenkosten zahlt und die Sozialversicherungsbeiträge abführt. Dabei konnte sie den ungewöhnlich niedrigen Stundenverrechnungssatz aber nur anbieten, wenn sie im Gegensatz zu allen anderen Bietern die Leistung mit einer erheblich niedrigeren Personalkopfstärke durchführt. Dies wiederum ist aber verbunden mit einem Risiko für den Auftraggeber in den Fällen, in denen krankheitsbedingt Personal der Antragstellerin als beauftragtem Reinigungsunternehmen ausfällt oder in denen kurzfristig ein erhöhter Reinigungsbedarf anfällt. In der Einschätzung dieses Risikos wurde die Auftraggeberin auch durch die Erfahrungen mit der Firma der Antragstellerin aufgrund des mit ihr bestehenden Vertragsverhältnisses in den zurückliegenden Jahren bestätigt. Die Auftraggeberin hat der Vergabekammer einen Ordner mit verschiedenen Aktennotizen für den Zeitraum 21.09.1999 bis 18.11.2002 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass die Verwaltung der Auftraggeberin (Geschäftsbereich 6 - Hauswirtschaftliche Dienste) mehrfach Mängel in Form von Diskrepanzen zwischen den von der Auftraggeberin geforderten bzw. von der Antragstellerin eingeplanten Zahl der Mitarbeiter zu der im Rahmen von Begehungen tatsächlich angetroffenen Zahl der Mitarbeiter festgestellt hat. Durch diese Vermerke werden jedenfalls seit 2001 häufigere Differenzen hinsichtlich des Personaleinsatzes zwischen der Auftraggeberin und der Antragstellerin belegt. Diese begründen zwar keine Zweifel an der bisherigen Reinigungsleistung. Vielmehr hat gerade auch der leitende Arzt der Betriebseinheit Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle - Dr. med. xxxxxxx - zuletzt mit Schreiben vom 05.09.2002 aus "krankenhaushygienischer und epidemiologischer Sicht" seine volle Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Reinigung ausgedrückt und auch die organisatorische Personalstrukturierung während Urlaubsfällen und Krankheitsfällen gelobt. Es besteht jedoch Einigkeit zwischen allen Beteiligten dieses Nachprüfungsverfahrens, dass hinsichtlich der sensiblen Bereiche, insbesondere der OP-Bereiche, es nicht allein auf eine ergebnisorientierte Reinigung ankommt, sondern sämtliche Reinigungsschritte stets wie von der Leistungsbeschreibung vorgegeben und im entsprechenden Intervall reibungslos durchgeführt werden müssen. Ein notwendiges Erfordernis, dessen Erfüllung bei einem zu knappen Personaleinsatz zwangsläufig eher gefährdet ist.
Die Auftraggeberin konnte daher, wie von der Vergabekammer im Beschluss vom 11.09.2002 - Az.: 203-VgK-17/2002 - festgestellt, insbesondere angesichts der positiven Referenz des für die Betriebseinheit Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle verantwortlichen Dr. med. xxxxxxx vom 05.09.2002 das Angebot der Antragstellerin trotz der belegten Differenzen zwischen der Verwaltung der Auftraggeberin und der Antragstellerin nicht wegen mangelnder Zuverlässigkeit ausschließen. Diese Erfahrungen der Auftraggeberin stützen jedoch das Ergebnis der Plausibilitätskontrolle der Auftraggeberin, dass bei einer Bezuschlagung des unstreitig niedrigsten Angebotes der Antragstellerin wegen der von ihr kalkulierten zu hohen Arbeitswerte und des im Vergleich zu den anderen Bietern offenbar angesetzten ungewöhnlich niedrigen Personaleinsatzes im ausgeschriebenen Vertragsverhältnis partielle Schlechtleistungen und Risiken zu besorgen sind.
Die Auftraggeberin hat sich daher im Rahmen des ihr vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als sie aufgrund der Überprüfung des Angebotes der Antragstellerin zu dem Schluss gelangt ist, dass der angebotene Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht und deshalb den Zuschlag gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht erhalten kann. Die Antragstellerin ist somit nicht in ihren Rechten verletzt. Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungs-
gesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die
DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.783 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 1.917.416,16 EUR (brutto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin (= 53.261,56 EUR netto per Monat) über die gesamte ausgeschriebenen Vertragslaufzeit von 36 Monaten (01.10.2002 bis 30.09.2005).
Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999. Hiernach wird der Mindestgebühr von 5.000,-- DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 2 Mio. DM (Schwellenwert von 1 Mio. Euro; ca. 2 Mio. DM) zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 300 Mio. DM (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 1.917.416,16 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.783,48 EUR, abgerundet 2.783 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 2.783 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxxxxxxxxxxxx auf folgendes Konto zu überweisen:
XXXXXXXXX
Dr. Pade