Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 24.02.2003, Az.: 203-VgK-36/2002
Anforderungen an die Darlegung eines Rechtsschutzbedürfnisses; Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen unverzüglichen Rüge; Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch das Hinwegsehen über eine fehlende ausdrücklich geforderte Referenz; Bestehen und Umfang eines Ermessensspielraums bei der Wertung von Nachweisen zur Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit; Relevanz gesetzter Mindestanforderungen für den Umfang des Spielraums; Wertung von Unterlagen als gleichwertiger Nachweis zu einem geforderten Zertifikat; Behandlung von "Newcomern"; Entstehen der Überprüfungspflicht hinsichtlich der Angemessenheit eines Angebots
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 24.02.2003
- Aktenzeichen
- 203-VgK-36/2002
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32524
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A
- § 25 VOL/A
- § 114 Abs. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen (Los 1)
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Ltd. KVD Dr. Mielke
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Auftraggeber wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, dabei die aus den Entscheidungsgründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu berücksichtigen und das Angebot der Beigeladenen, Firma xxx zu Los 1 von der Wertung auszuschließen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Auftraggeber.
- 3.
Die Kosten werden auf 500 Euro festgesetzt.
- 4.
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber hat mit Datum vom 05.07.2002 die Sammlung und den Transport von Abfällen, Behälterbewirtschaftung; Entsorgung von Abfallfraktionen EU-weit für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2011 im offenen Verfahren ausgeschrieben, nachdem er mit Bekanntmachung vom 27.04.2002 vorab darüber informiert hatte.
Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass die zu erbringenden Leistungen in vier Lose unterteilt waren. Es wurde darauf hingewiesen, dass Angebote für ein Los, mehrere Lose und alle Lose abgegeben werden können. Nebenangebote und Alternativvorschläge sollten nach Maßgabe der Bewerbungsbedingungen berücksichtigt werden.
Als Mindestbedingungen zur Teilnahme am Wettbewerb und zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit waren verschiedene Kriterien genannt worden. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Zuschlag auf das Hauptangebot oder gleichwertige Nebenangebot mit dem niedrigsten Angebotspreis erteilt werden soll. Der insoweit maßgebliche Preis sollte für jedes Los entsprechend dem jeweiligen Leistungsverzeichnis ermittelt werden.
Den Ausschreibungsunterlagen war zu entnehmen, dass die Laufzeit der Lose unterschiedlich lang ist. Den Bietern wurde auch mitgeteilt, dass losübergreifende Nebenangebote zulässig seien. Der Auftraggeber forderte von den Bietern mit dem Angebot Referenzen der letzten drei Geschäftsjahre, der Anerkennung als Entsorgungsfachbetrieb sowie Unterlagen zur Unternehmensstruktur. Ferner forderte der Auftraggeber die Bilanzen bzw. Bilanzauszüge der letzten drei Jahre.
Außerdem wurden die Bieter darauf hingewiesen, welche Anforderungen zu den einzelnen Losen noch zu erfüllen seien.
Zu Los 1 (Abfuhr und Behälterwirtschaft): Angaben zum vorgesehenen Ident-System, zu den Herstellern der zu stellenden Behälter einschl. Unterlagen zu deren Qualitätssicherungssystem. Auf Seite 27 von 53 der Leistungsbeschreibung heißt es:
"Die Wahl des Ident-Systems wird dem AN überlassen, jedoch muss der Lieferant des Ident-Systems nachweisen, dass er mindestensdreibezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbare Projekte erfolgreich durchgeführt hat."
Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass bei Fehlen wesentlicher Angaben und Unterlagen die Vergabestelle sich vorbehält, das Angebot gem. § 25 Nr. 1Abs. 2a VOL/A auszuschließen. Der Bieter könne nicht darauf vertrauen, dass fehlende Angaben nachgefordert werden.
Auf Seite 2 des Angebotsdeckblattes wurde von den Bietern eine rechtsverbindliche Erklärung zu verschiedenen Sachverhalten, insbesondere zum Entsorgungsvertrag, Beantwortung von Rückfragen, keine Vorstrafen etc., gefordert.
Aufgrund verschiedener Nachfragen der Bieter sah sich der Auftraggeber veranlasst, allen Bietern Erläuterungen und Präzisierungen zu den Verdingungsunterlagen mit insgesamt fünf Bieter-Rundschreiben mitzuteilen.
Bei der Angebotsöffnung am 30.08.2002 ergab sich, dass insgesamt 12 Bieter Angebote für die einzelnen Lose abgegeben hatten.
Für das Los 1 (Abfuhr und Behälterwirtschaft) lagen 8 Hauptangebote vor. Die Beigeladene hatte für die gesamte ausgeschriebene siebenjährige Vertragslaufzeit einen Preis von 11.574.244 EUR netto angeboten. Auf Rang 2 folgte das Angebot der Antragstellerin mit 11.815.069 EUR.
Die formale Prüfung und Wertung der Angebote durch das beauftragte Ingenieurbüro ergab, dass sowohl das Angebot der Antragstellerin als auch der Beigeladenen alle erforderlichen Unterlagen enthielten. Zum Angebot der Beigeladenen wurde vermerkt, dass die Unterlagen unvollständig bzw. "unkonventionell" seien, jedoch für sich genommen keinen Ausschluss rechtfertigen würden.
Die rechnerische Prüfung der Angebote ergab in mehreren Fällen Korrekturbedarf, der aber nach Auffassung des beauftragten Ingenieurbüros nicht den betreffenden Bietern anzulasten sei.
Zum Punkt Prüfung der Bietereignung wurde festgehalten, dass sowohl bei der Antragstellerin als auch bei der Beigeladenen keine Zweifel an der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bestehen.
Hinsichtlich der Angemessenheit der Preise setzte sich der Auftraggeber speziell mit dem Angebot der Beigeladenen auseinander und hielt fest, dass sie keine Anhaltspunkte dafür sehe, dass deren Angebotspreis im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung besteht ihrer Ansicht nach nicht.
Zum Punkt Konformität wurde festgehalten, dass die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen mit den Anforderungen der Leistungsbeschreibung konform gehen.
Im Einzelnen wurde als Fazit zum Angebot der Beigeladenen ausgeführt:
"- Die Firma hat dargelegt, dass die Anforderungen an das System während der Leistungszeit erfüllt werden. Für die meisten Punkte ist das unstreitig; in puncto Referenzen und Datensicherheit waren nähere Prüfungen erforderlich.
- Bei einer formellen Betrachtungsweise werden die Anforderungen an die Referenzen bezogen auf die Systempartner in der hier gegebenen Zusammenstellung nicht erfüllt. Jeder Einzelne der Systempartner verfügt jedoch über genügend Referenzen, sodass die Erfüllung des Ziels - Sicherstellung, dass der Anbieter die nötige Qualifikation aufweist - nicht in Frage steht.
- xxx hat sich mit dem Angebot verpflichtet, eine BSI-Zertifizierung bis Mitte 2003 vorzulegen. Die Firma hat dargelegt, dass ihr System schon jetzt die materiellen Anforderungen des BSI-Zertifikats erfüllt. Somit bestehen keine Zweifel, dass die Anforderungen in Ziffer 5 der Leistungsbeschreibung, Kapitel 3.4.2, erfüllt werden.
- Die Vorlage von Nachweisen zum Zeitpunkt des Angebotes war in Ziffer 7 so formuliert worden, dass auch ein Bieter ohne Zertifikat sie erfüllen konnte. Die vorgelegten Nachweise genügen den Anforderungen."
Zu dem von der Antragstellerin angebotenen Ident-System wurde festgehalten, dass das angebotene Ident-System Bestandteil der BSI-Zertifizierung ist.
Der das Verfahren begleitende Rechtsanwalt, jetzt auch Bevollmächtigte des Auftraggebers, würdigte insbesondere aus rechtlicher Sicht noch das von dem Auftrageber geforderte "Ident-System" und die von den Bietern angebotenen Fabrikate. Er führt aus, dass der Begriff der Gleichwertigkeit bzw. der Überprüfung der Erfüllung der Forderungen der Zertifizierung so immanent sei, dass eine Wertung durch die Vergabestelle vorzunehmen sei. Er hielt fest, dass aus rechtlicher Sicht die BSI-Zertifizierung durch die Beigeladene erreichbar ist und vor Leistungsbeginn vorliegen wird. Der Leistungsgegenstand erfülle somit die "Forderungen der BSI-Zertifizierung".
Zur letzten Wertungsstufe "Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes" wurde vom beauftragten Ingenieurbüro festgehalten, dass das Angebot der Beigeladenen den niedrigsten Preis aufweist und somit das wirtschaftlichste Angebot darstellt. Das beauftragte Ingenieurbüro empfiehlt, den Auftrag an die Beigeladene zu erteilen.
Gegen die vorgeschlagene Vergabe an die Beigeladene erhob das Rechnungsprüfungsamt des Auftraggebers keine Bedenken.
Nachdem die Verwaltung feststellte, dass auch sie mit dem Ergebnis dieser Beschlussvorlage übereinstimmt, bereitete sie für den Kreisausschuss eine entsprechende Sitzungsvorlage vor. Der Kreisausschuss stimmte der beabsichtigten Beauftragung des Loses1 an Beigeladene mit 6 zu 5 Stimmen zu; den übrigen geplanten Zuschlägen einstimmig.
Mit Fax vom 03.12.2002 informierte der Auftraggeber die nicht berücksichtigten Bieter gem. § 13 VgV über das höchste und das niedrigste Angebot. Ferner teilte er mit, dass er beabsichtige, hinsichtlich des Loses 1 den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und hinsichtlich des Loses 4 den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin.
Mit Schreiben vom 05.12.2002 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe des Loses 1 an die Beigeladene und führte zur Begründung aus:
- dass ihrer Meinung nach die Beigeladene nicht ausreichend geeignet sei; insbesondere fehle es ihr an der erforderlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, um den Auftrag auszuführen.
- Ferner vertritt sie die Auffassung, dass das Angebot der Beigeladenen nicht auskömmlich sei.
- Sie weist auch darauf hin, dass ihrer Ansicht nach das Angebot der Beigeladenen nicht das wirtschaftlichste insbesondere hinsichtlich der Kriterien Umweltfreundlichkeit und Entsorgungssicherheit sein kann.
Der Auftraggeber antwortete mit Schreiben vom 09.12.2002 auf die Rüge und erwiderte,
- dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beigeladenen eingehend geprüft worden sei. Man habe dabei auch festgestellt, dass die Beigeladene als mittelständisches Unternehmen auch ausreichend leistungsfähig sei, um den Auftrag zu erfüllen.
- Angesichts der Tatsache dass sowohl das Angebot der Beigeladenen als auch das Angebot der Antragstellerin eng beieinander lagen, bestand seiner Auffassung nach kein formeller Anlass, die Auskömmlichkeit des günstigsten Angebotes einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.
- Im Übrigen sei man bei der Angebotsbewertung genauso verfahren, wie in der Bekanntmachung und den Verdingungsanlagen angekündigt. Zudem stelle die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes allein aufgrund des Angebotspreises im vorliegenden Falle kein Verstoß gegen Vergabebestimmungen dar.
- Abgesehen davon wäre nach Auffassung des Auftraggebers eine abweichende Angebotsbewertung nicht nur unzulässig, sondern er sieht dafür auch fachlich keinen Raum.
Die Antragstellerin hat sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 12.12.2002, eingegangen per Telefax am gleichen Tage, die Vergabekammer angerufen. Nach Durchführung der Akteneinsicht am 10.01.2003 machte die Antragstellerin ergänzend zu bisherigen Rüge geltend, dass
- der Auftraggeber die Beigeladene ihrer Meinung nach wegen mangelnder Eignung hätte ausschließen müssen. Die Beigeladene sei wirtschaftlich nicht leistungsfähig, da sie lediglich über ein Stammkapital von 40.000 EUR verfüge und der Gewinnvortrag nicht gesichert und damit verfügbar sei.
- Im Übrigen besitze die Beigeladene ihrer Ansicht nach auch nicht die erforderliche Fachkunde und fachliche Leistungsfähigkeit um den Auftrag erfolgreich durchzuführen.
Sie begründet ihre Auffassung mit den fehlenden Referenzen, über die die Beigeladen ihrer Meinung nach nicht verfüge. Der einzige einschlägige Auftrag war die Restmüllabfuhr im Nordteil des Landkreises xxx, der jedoch nicht vergleichbar und inzwischen auch weggefallen sei.
Ferner verfüge die Beigeladene ihrer Meinung nach auch nicht über die erforderliche personelle und sächliche Leistungsfähigkeit, da diese bei einer Auftragserteilung wieder "bei Null" anfangen müsse. Lediglich die Unternehmensleitung sei noch vorhanden.
Auch habe die Beigeladene keine Referenzen über den erfolgreichen Einsatz des Ident-Systems vorgelegt.
Nach Ansicht der Antragstellerin ist das Angebot der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen, da es in Bezug auf das angebotene Ident-System unvollständig sei.
Sie begründet ihre Auffassung damit, dass in den Verdingungsunterlagen dezidierte Anforderungen an das Ident-System gestellt werden, die das Angebot der Beigeladenen nicht erfülle.
Auch habe die Beigeladene die erforderlichen Nachweise verspätet oder unvollständig vorgelegt. Insoweit habe die Auftraggeberin bei der Wertung der Angebote mit zweierlei Maß gemessen und die Beigeladene besonders "kulant" behandelt.
Ferner sei das von der Beigeladenen vorgelegte Ident-System weder wie gefordert BSI-zertifiziert bzw. vergleichbar zertifiziert noch hätte die Beigeladene drei Referenzen vorgelegt, die den erfolgreichen Einsatz des Ident-Systems seines Lieferanten belegen.
- Ferner vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass das Angebot der Beigeladenen hinsichtlich der Restabfallbehälter unvollständig sei. Die Beigeladene habe lediglich erklärt, dass die Behälter von der Firma xxx oder einem anderen Hersteller der xxx e.V. beschafft werden soll.
- Die Antragstellerin führt des Weiteren aus, dass ihrer Ansicht nach das Angebot der Beigeladenen ungewöhnlich niedrig sei, obwohl die Differenz zum eigenen Angebot nicht gerade groß sei. Der Auftraggeber hätte sich ihrer Meinung nach mit dem Angebot der Beigeladenen weiter auseinander setzen müssen. Es sei z.B. der abgebotene Preis für die Bioabfallentsorgung unauskömmlich und nicht nachvollziehbar. Gleiches gelte auch für die Erstaufstellung der Behälter.
- Ebenfalls vertritt sie die Ansicht, dass der Auftraggeber die Wertung der Angebote mangelhaft durchgeführt habe. Dies ergäbe sich ihrer Meinung nach aus dem ungünstigen Preis-Leistungs-Verhältnis bei dem Angebot der Beigeladenen, das in keiner Weise gesichert sei.
Die Antragstellerin beantragt
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin durch die beabsichtigte Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin betreffend das Los 1 in ihren Rechten verletzt ist;
- 2.
der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag für das Los 1 auf das Angebot der Firma xxx zu erteilen;
- 3.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung für das Los 1 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen und unter Ausschluss des Angebotes der vorgenannten Fa. xxx abzuschließen;
- 4.
die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- 5.
der Antragsgegnerin die Kosten der Verfahrens aufzuerlegen.
Der Auftraggeber beantragt,
- 1.
den Antrag abzuweisen
- 2.
festzustellen, dass es für den Antragsgegner erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Er hält den Nachprüfungsantrag für unbegründet, da er der Auffassung ist, dass die Mehrzahl der von der Antragstellerin vorgetragenen Behauptungen ohne konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden. Beispielhaft nennt er die angeblich fehlende Eignung der Beigeladenen wie die aus seiner Sicht unsubstantiierte Annahme, dass das Angebot der Beigeladenen nicht wirtschaftlich sei.
Der Auftraggeber nimmt aus seiner Sicht nur vorsorglich noch zu den in dem Nachprüfungsantrag vom 12.12.2002 aufgeführte vermeintlichen Verstößen Stellung und führt aus, dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände in gegen die Vergabe an die Beigeladene seiner Meinung nach nicht durchgreifen:
- Die von der Antragstellerin vorgetragenen Einwände gegen die Eignung seien zum weit überwiegenden Teil im Vergabevermerk berücksichtigt worden. Der Auftraggeber habe dokumentiert, dass er sich sowohl mit der Fachkunde, der Leistungsfähigkeit als auch der Zuverlässigkeit der Beigeladene auseinander gesetzt habe.
- Soweit die Antragstellerin der Auffassung sei, dass das Angebot der Beigeladene nicht auskömmlich sei, weist er darauf hin, dass zwischen der Angebotssumme der Beigeladene und dem Angebotspreis der Antragstellerin lediglich eine Differenz von 2,1 % besteht. Der Auftraggeber sah somit aus seiner Sicht keine Veranlassung an der Angemessenheit der Angebotspreise zu zweifeln.
- Soweit die Antragstellerin der Auffassung sei, dass das Angebot der Beigeladenen nicht wirtschaftlich sei, da der Auftraggeber andere das Preis-Leistungs-Verhältnis betreffende Gesichtspunkte nicht berücksichtigt habe, weist er darauf hin, dass er als einziges Kriterium zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes den Preis vorgesehen habe. Folglich konnte auch nur die Kriterium der Angebotswertung dienen.
Die Beigeladene hat bisher keine Anträge gestellt.
Die Vergabekammer hat durch Verfügung des Vorsitzenden vom 07.01.2003 die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist hinaus gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB bis zum 03.03.2003 verlängert. Alle Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. GWB zugestimmt. Wegen desübrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung im Parallelverfahren 203-VgK-35/2003 vom 05.02.2003 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt, da der Auftraggeber das Angebot der Beigeladenen für das Los 1 gewertet und für den Zuschlag vorgesehen hat, obwohl die Beigeladene die nach den Verdingungsunterlagen erforderlichen Referenzen für das mit anzubietende Ident-System nicht beigebracht hat bzw. nicht beibringen konnte. Der Auftraggeber hat dadurch zu Lasten der Antragstellerin und zu Gunsten der Beigeladenen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen.
1.
Der Antrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Abfallabfuhr und Behälterwirtschaft, die Erfassung und Verwertung von Altpapier, die Erfassung und Verwertung von Problemstoffen und die Kühlgeräte-Entsorgung gem. § 99 Abs. 1, Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- Euro gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis der Ausschreibung deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bewerberin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, der Auftraggeber habe in mehrfacher Hinsicht gegen Vergaberecht verstoßen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 677). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass ihrem nach der streitbefangenen Wertung des Auftraggebers auf Rang 2 stehenden Angebot zu Los 1 (Abfallentsorgung und Behältergestellung) möglicherweise der Zuschlag zu erteilen wäre, wenn der Auftraggeber das Angebot der Beigeladenen gem. § 25 VOL/A von der Wertung ausgeschlossen hätte, wozu der Auftraggeber im vorliegenden Fall nach Auffassung der Antragstellerin verpflichtet war. Eine über die Schlüssigkeit hinausgehende Darstellung des Rechtsschutzbedürfnisses ist nicht erforderlich. Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - 11/99).
Die Antragstellerin hat die von ihr geltend gemachten Verstöße gegen das Vergaberecht im streitbefangenen Vergabeverfahren auch unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107 Rdn. 681). Der durch das Vergaberechtsänderungsgesetz dem Bieter erstmals gewährte Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren setzt auf der anderen Seite voraus, dass sich der Bieter seinerseits auch stets gebührend um seinen Rechtsschutz bemüht. Dazu gehört gerade auch die vorprozessuale Rüge. Für die Kenntnis des konkreten von einem Bieter geltend zu machenden Vergaberechtsverstoßes bedarf es für ein fachkundiges Bieterunternehmen in der Regel nicht der vorherigen Konsultation eines Rechtsanwalts. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Verfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs hat die Antragstellerin die mit Schreiben vom 05.12.2002 gegenüber dem Auftraggeber geltend gemachten Vergaberechtsverletzungen bezüglich der Behandlung des eigenen Angebotes der Antragstellerin und der Behandlung des Angebotes der Beigeladenen hinsichtlich des Loses 1 rechtzeitig gerügt. Diesbezüglich hatte die Antragstellerin erst aufgrund des per Telefax am 03.12.2002 erfolgten Informationsschreibens gem. § 13 VgV positive Kenntnis.
Soweit die Antragstellerin Vergaberechtsverletzungen hinsichtlich der Wertung ihres eigenen Hauptangebotes und durch die vermeintlich fehlerhafte Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu Los 1 geltend macht, erfolgte die Rüge mit Schriftsatz vom 05.12.2002 unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Von diesen Tatsachen konnte sie erst Kenntnis aufgrund des per Telefax vom Auftraggeber am 03.12.2002 versandten Informationsschreibens gem. § 13 VgV oder aufgrund der im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens durchgeführten Akteneinsicht gem. § 111 GWB erlangen. Letzteres gilt insbesondere auch für die von der Antragstellerin erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens gerügte Ungleichbehandlung zu Gunsten der Beigeladenen hinsichtlich des Umfangs der von dem Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen geforderten Mindestreferenzen für das anzubietende Ident-System. Von dem dieser Rüge zugrunde liegenden Sachverhalt erfuhr die Antragstellerin erst aufgrund der Akteneinsicht und insbesondere der Einsichtnahme in die Vergabeempfehlung. Der Auftraggeber hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2003 im Parallelverfahren 203-VgK-35/2002 die Auffassung vertreten, die Vergabekammer müsse diesen Vortrag ggf. als verspätet zurückweisen und auf entsprechende Rechtsprechung der VK Schleswig-Holstein hingewiesen. Die Zurückweisung weiteren Vortrags setzt jedoch gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 GWB voraus, dass die Vergabekammer den Beteiligten zuvor entsprechende Fristen setzt, was die Vergabekammer nicht getan hat und im Interesse einer angemessenen Nachprüfungs- und Erörterungstiefe regelmäßig auch nicht für angebracht hält. Die Nichtberücksichtigung von entscheidungserheblichen Sachverhalten und Hinweisen der Beteiligten, die weder gemäß § 107 Abs. 3 GWB präkludiert noch gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 GWB verfristet sind und rein faktisch noch innerhalb der kurzen, für das Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehenden Zeit rechtlich gewürdigt werden können würde jedenfalls gegen das Amtsermittlungsgebot gemäß § 110 Abs. 1 GWB verstoßen. Sie würde eine "kalte Präklusion" darstellen, die durch das GWB nicht gedeckt ist.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist begründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu Los 1 wendet. Der Auftraggeber hat zu Gunsten der Beigeladenen und zu Lasten der Antragstellerin wie auch der übrigen Bieter gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 7 a VOL/A, 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem er zu Gunsten der Beigeladenen über die fehlenden, vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen als Mindestbedingung ausdrücklich geforderten Referenzen des Lieferanten des mit anzubietenden Ident-Systems über den erfolgreichen Einsatz in drei bezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbaren Projekten hinweggesehen hat.
a)
Der Auftraggeber hat bei der Bewertung der Angebote zu Gunsten der Beigeladenen den ihm zustehenden Ermessensspielraum verletzt, indem er sich hinsichtlich der Eignungsnachweise für das anzubietende Ident-Systemüber die von ihm selbst in seiner Ausschreibung aufgestellten Mindestvoraussetzungen hinweggesetzt hat. Er hat damit das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verletzt. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit können gem. § 7 Nr. 4 VOL/A von den Bietern entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Eignung der Bieter ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich jedoch dann ein, wenn er selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen (vgl. Vergabekammer Sachsen, Beschluss v. 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Das Setzen von Mindestvoraussetzungen ist ihm grundsätzlich nicht verwehrt (BayObLG, Beschluss v. 20.12.99, Az.: 8/99, BauR 2000, 558, 560). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber, wie im vorliegenden Fall, bei der Eignung und Zuverlässigkeit der Bieter maßgeblich auf die Einholung und Auswertung von Referenzen abstellt. Die Einholung von Referenzen, wie der Auftraggeber sie in den Vergabeunterlagen sowohl für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters wie auch des Lieferanten des vom einzelnen Bieter anzubietenden Ident-Systems festgelegt hat, stellt eine geeignete, vergaberechtskonforme Maßnahme dar, die es dem Auftraggeber erleichtert, die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung durchzuführen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 14.03.2000, Az.: 13 Verg 2/00, dort zur Bedeutung von Referenzen bei der Bieterauswahl im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb - § 7 a Nr. 3 VOL/A). Damit korrespondiert die Vorschrift des § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A, wonach Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen gem. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten, ausgeschlossen werden. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist es daher zwar entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber nach entsprechender Prüfung die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit und damit die Eignung der Beigeladenen für die ausgeschriebenen Leistungen positiv bewertet hat. Der Auftraggeber hatte zum Nachweis der Eignung unter anderem unter Ziffer 4 seiner Aufforderung zur Angebotsabgabe und Bewerbungsbedingungen (= Teil I der Ausschreibungsunterlagen) gefordert:
"Mit dem Angebot sind vorzulegen: mindestens für die letzten drei Geschäftsjahre: Nachweis, dass der Bieter entsprechende Leistungen bereits durchgeführt hat (Referenzen mit Angabe des Auftragsgegenstandes, des Auftraggebers, des Rechnungswertes, der dort entsorgten Mengen pro Jahr und des Vertragszeitraums; Empfehlungsschreiben der Auftraggeber sind dafür hilfreich; ..."
Die Beigeladene hatte als Referenz neben dem Dualen System Deutschland (DSD) den dem Auftraggeber benachbarten Landkreis xxx angegeben, dessen Nordkreis von der Beigeladenen bislang bedient wurde. Die Überprüfung dieser Referenz hat nach dem in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerk (S. 13 von 30 der Angebotsauswertung, Ziffer 4.2) ergeben, dass der zuständige Amtsleiter des Landkreises xxx, Herr xxx, der Antragstellerin telefonisch "beste Referenzen" ausstellte. Der Auftraggeber war ferner nicht gehalten, die Beigeladene wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auszuschließen. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Beigeladene sei wirtschaftlich nicht leistungsfähig, da sie lediglich über ein Stammkapital von 40.000 EUR verfüge und der Gewinnvortrag nicht gesichert und damit verfügbar sei. Der Auftraggeber hat in der Vergabeakte (Seiten14, 15 der Angebotsauswertung vom 31.10.2002 und Vermerk über das Bietergespräch mit der Beigeladenen vom 29.10.2002) in einer den Anforderungen des § 30 Abs. 1 VOL/A vollständig genügenden Weise dokumentiert, dass er sich ausführlich mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen wie auch der Antragstellerin auseinander gesetzt hat. Er hat festgestellt, dass zum Stammkapital von nur 40.000 EUR 5,4 Mio. EUR Gewinnvortrag kommen. Für 2001 habe die Beigeladene einen Umsatz von 8,8 Mio. EUR erwirtschaftet, wovon als Jahresüberschuss 3,6 Mio EUR blieben. Als problematisch hat der Auftraggeber zunächst die Tatsache bewertet, dass wesentliche Entsorgungsverträge der Beigeladenen 2002 (Landkreis xxx) und 2003 (Duales System Deutschland) auslaufen, weil damit ein Umsatzrückgang von bis zu 2,8 Mio. DM verbunden ist. Der Auftraggeber ist jedoch in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene im Falle des Zuschlags im streitbefangenen Vergabeverfahren die Zeit bis zum Leistungsbeginn (01.01.2005) unter Berücksichtigung des Gewinnvortragsüberbrücken kann. Unterstützt wird diese Einschätzung durch die positiven Auskünfte der Kreditreform, die der Auftraggeber sowohl für die Beigeladenen wie auch für die Antragstellerin eingeholt hatte. Diese wiesen sowohl für die Beigeladene wie auch die Antragstellerin gute bis befriedigende Bonitätsindizes auf.
Einer Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen steht jedoch entgegen, dass sie vom Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung als Mindestbedingung geforderte, wesentliche Nachweise bezüglich des von ihr angebotenen Ident-Systems ihres Lieferanten xxx nicht beigebracht hat. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als die Ausrüstung der zu bewirtschaftenden und entsorgenden Müllbehälter mit einem Ident-System wesentlicher Bestandteil der streitbefangenen Ausschreibung zu Los 1 ist. Gemäß Seite 27 ff., Nr. 3.4 der Leistungsbeschreibung hat der Auftragnehmer bei der Sammlung ein System zur elektronischen Erfassung der Behälterleerung (Ident-System) zu verwenden. Dieses beinhaltet:
"- Nur solche Gefäße dürfen geleert werden, welche einen Transponder mit gültiger Transpondernummer aufweisen. Hierfür hat der Auftragnehmer eine Liste gültiger Transpondernummern zu verwalten und in eigener Verantwortung den Fahrzeugen/Touren zuzuordnen.
- Die Leerungsdaten sind an den Auftraggeber arbeitstäglich zu übermitteln.
- Bei Erstauslieferung und Behälterdienst sind die Behälter mit Transpondern auszustatten und die Daten zu verwalten ..."
Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2003 zum Parallelverfahren 203-VgK-35/2002 noch einmal die Relevanz dieses Ident-Systems erläutert. Es solle vorrangig der Identifikation von sog. "Schwarzmüllern" sowie einer optimalen Behälterverwaltung dienen. Der Auftraggeber will sich jedoch durch das Ident-System auch in die Lage versetzen, ggf. auf einen gebührenscharfen Abrechnungsbetrieb umzustellen. Auch dies war in der Leistungsbeschreibung bereits dargelegt worden. Für dieses Ident-System hat der Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen Mindest-Nachweise gefordert, die von der Beigeladenen für das von ihr angebotene System des Lieferanten xxx nicht beigebracht wurden, resp. nicht beigebracht werden konnten. Der Auftraggeber hatte für das einzusetzende System hinsichtlich der Datensicherheit eine Zertifizierung des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) gefordert. Ferner hatte der Bieter gem. Ziffer 3.4.1 der Leistungsbeschreibung (S. 27, 28 von 53) Referenzen des Lieferanten des jeweils von den Bietern angebotenen Ident-Systems abgefordert. Wörtlich heißt es in der Leistungsbeschreibung:
"Die Wahl des Ident-Systems wird dem Auftragnehmer überlassen, jedoch muss der Lieferant des Ident-Systems nachweisen, dass er mindestens drei bezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbare Projekte erfolgreich durchgeführt hat."
Der Auftraggeber hat in der Vergabeakte (S. 23 - 27 der Angebotsauswertung) ausführlich dokumentiert, dass er sowohl hinsichtlich der Referenzen als auch der fehlenden BSI-Zertifizierung des Systems xxx Probleme mit der Erfüllung der Anforderungen hatte. Der Auftraggeber hatte die Beigeladene mit Schreiben vom 17.09.2002 um Nachreichung der Anlagen zur Systembeschreibung der Firma xxx gebeten, die beim Angebot fehlten. Darauf ging am 20.09. ein Schreiben der Beigeladenen ein, in dem zwar die Anlagen 5, 8, 9 und 10 enthalten waren. Die Anlage 3, welche die Referenzen für das einzusetzende Ident-System belegen sollte, war aber immer noch nicht beigefügt, worauf der Auftraggeber diese noch einmal am 01.10.2002 telefonisch abforderte. Am 04.10.2002 ging dann auch die Anlage 3 bei dem Auftraggeber ein. Sie enthielt jedoch ebenfalls keine Referenzen, woraufhin der Auftraggeber noch einmal die Beigeladene am 10.10.2002 telefonisch um Aufklärung bat. Die Antwort darauf erhielt der Auftraggeber per Fax am 11.10.2002. Bei dem von der Beigeladenen angebotenen Ident-System handelt es sich im Gegensatz zu dem von der Antragstellerin angebotenen System nicht um ein Komplettsystem eines Herstellers. Vielmehr verwendet der Lieferant der Beigeladenen, die Firma xxx, eine Kombination von Teilsystemen verschiedener Hersteller. So soll die Firma xxx die Transponder für die Abfallbehälter und einige Systemkomponenten für die Entsorgungsfahrzeuge liefern, die Firma xxx die Software zur Behälterverwaltung und zur Verwaltung der Leerungsdaten liefern und die Firma xxx selbst die Aufgaben des sog. Systemintegrators sowie die Projektleitung, die Fahrzeugausrüstung, örtliche Arbeiten, Transponder-Montage und -Zuordnung sowie die Übergabe der Stammdaten an die Kommune und die Sicherstellung der Schnittstellenanpassung liefern.
Der Auftraggeber hat ausweislich der Vergabeakte nach intensiver Prüfung darüber hinweggesehen, dass für das Ident-System der Firma xxx noch keine BSI-Zertifizierung vorliegt. Sie hat es genügen lassen, dass die Firma xxx eine BSI-Zertifzierung beantragt hat und versichert hat, dass diese Zertifzierung vor Leistungsaufnahme vorliegen wird. Er ist aufgrund eines in der Vergabeakte enthaltenen Erläuterungsschreibens der Firma xxx vom 16.10.2002 zu dem Schluss gelangt, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die BSI-Zertifizierung auch erreichbar ist. In der Vergabeakte ist sogar ein diesbezüglicher rechtsgutachterlicher Vermerk der Rechtsanwälte xxx enthalten, die zu dem Ergebnis kommen, dass das von der Beigeladenen angebotene Ident-System die Forderungen der BSI-Zertifizierung im Sinne der Regelung Ziffer 3.4.2 der Leistungsbeschreibung erfüllt. Dort heißt es:
"(5)
Datensicherheit: Es wird vom AG gefordert, eine Gesamtlösung zu erreichen, die BSI-zertifiziert ist oder ein gleichwertiges Zertifikat aufweist bzw. die Forderungen der BSI-Zertifizierung erfüllt. Soweit BDE-konforme Transponder noch keine BSI-Zertifizierung aufweisen, muss die Eindeutigkeit ihrer Kennung durch eine entsprechende Erklärung des Bieters bzw. Herstellers gewährleistet werden.(7)
Mit dem Angebot sind vorzulegen: (...) Nachweise zur Datensicherheit (BSI-Zertifikatoder gleichwertige Angaben)."
Der Auftraggeber hat sich im Ergebnis noch im Rahmen seines ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als er die Angaben der Beigeladenen und der Firma xxx als gleichwertigen Nachweis zur Datensicherheit und Kompensation zum bislang fehlenden BSI-Zertifikat gewertet hat.
Anders verhält es sich mit den fehlenden Referenzen für das System xxx. Die Beigeladene hat nicht nachgewiesen, dass - wie es die Leistungsbeschreibung unter 3.4.1 ausdrücklich forderte - mit dem angebotenen System "mindestens drei bezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbare Projekte erfolgreich durchgeführt" wurden. Vielmehr wurde als vergleichbares Referenzprojekt lediglich ein im Landkreis xxx noch laufendes, voraussichtlich bis Ende 2004 abgeschlossenes Projekt genannt. Im Übrigen beschränkte sich die Beigeladene und die Firma xxx auf Referenzen der Teillieferanten xxx und xxx, ergänzt durch eine nicht aussagefähige "Kunden-/Referenzliste" der Firma xxx, aus denen der Auftraggeber zwar ermitteln konnte, dass die einzelnen Systemkomponenten funktionieren, die sich aber von der Größenordnung nicht auf mit den ausgeschriebenen Entsorgungsleistungen vergleichbare Projekte bezogen. Der Auftraggeber kam daher in seiner Angebotsauswertung (S. 25 von 30) selbst zu dem Schluss:
"Die Frage, ob die Anforderung der Leistungsbeschreibung mit Blick auf die Referenzen erfüllt ist, lässt sich nicht klar beantworten. Es wurden in der Dreierkonstellation keine "drei bezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbare Projekte erfolgreich durchgeführt", sondern lediglich eines angefangen (voraussichtlich bis Ende 2004 abgeschlossen). Andererseits verfügen die einzelnen Häuser über beträchtliche Erfahrungen, sodass ihnen die notwendige Qualifikation für die Durchführung der angefragten Leistungen sicherlich nicht abzusprechen ist."
Der Auftraggeber durfte angesichts der eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Mindestanforderung in der Leistungsbeschreibung nach drei vergleichbaren Referenzobjekten an das einzusetzende Ident-System xxx keine geringeren Anforderungen hinsichtlich der Referenzen genügen lassen. Der Auftraggeber war und ist vielmehr gehalten, ein Angebot, welches die geforderten drei Referenzen nicht enthält und diese auch auf - grundsätzlich zulässiges - Nachfragen nicht erbringt, vom weiteren Vergabeverfahren wegen mangelnder Eignung auszuschließen (vgl. BayObLG, Beschluss 8/99 v. 20.12.99 = BauR 2000, S. 558 ff., 560). Die Nichtbeachtung der selbst gesetzten Mindestanforderung verletzt die Antragstellerin und die übrigen Bieter, die ihrerseits diese Voraussetzungen erfüllen, in ihren Rechten.
Der Auftraggeber durfte von seinen hohen Anforderungen an die für das Ident-System vorzulegenden Referenzen zu Gunsten der Beigeladenen auch nicht etwa deshalb abweichen, weil es sich bei dem Systemlieferanten xxx um ein erst 1998 als Systemhaus gegründetes Unternehmen und damit um einen sog. "Newcomer" handelt. Zwar ist ein öffentlicher Auftraggeber bei der Abfassung seiner Verdingungsunterlagen grundsätzlich vergaberechtlich gehalten, die Bedingungen und die Nachweise für die Eignung nicht so hoch zu schrauben, dass der Wettbewerb etwa von vornherein auf Bieter beschränkt wird, die dem Auftraggeber bereits vertraut sind (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.05.2002, 13 Verg 5/02). Auch ein sog. "Newcomer" muss nach der Rechtsprechung jedoch die vom Auftraggeber geforderten Referenzen beibringen. Hält ein Bieter die in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen mitgeteilten Mindestbedingungen für unzulässig, so muss er dies spätestens bis zum Ablauf der Frist für die Abgabe des Angebots gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB rügen (vgl. OLG Dresden, Beschluss v. 23.07.2002, Az.: WVerg 0007/02, m.w.N.). Eine entsprechende Rüge ist seitens der Beigeladenen nicht erfolgt.
#Die Antragstellerin hat im Gegensatz zu der Beigeladenen die gem. Ziffer 3.4.1 der Leistungsbeschreibung geforderten Referenzen für drei bezüglich Größenordnung und Aufgabenstellung vergleichbare Projekte des von ihr angebotenen Ident-Systems des Systemherstellers xxx beigebracht. Im Angebotsordner der Antragstellerin ist eine umfangreiche Referenzliste der Firma xxx-Systeme, Stand: 21.08.2002, enthalten (insgesamt 9 Seiten), die u.a. die Entsorgung der Stadt xxx mit 110 000 Behältern, den Landkreis xxx mit 85 000 Behältern und den Landkreis xxx mit 76 000 Behältern benennt.
Auch die für das mit anzubietende Ident-System von der Leistungsbeschreibung geforderte Zertifizierung des BSI oder eines vergleichbaren Nachweises hat die Antragstellerin beigebracht. Im Angebotsordner der Antragstellerin ist ein Zertifizierungsbescheid des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vom 10.06.1996, gerichtet an die xxx für ihr Produkt xxx Mülltonnen-Identifikationssystem enthalten. Dieses zertifizierte System ist nicht mit dem angebotenen System identisch, sondern ein Vorläufersystem. Der Auftraggeber hat ausweislich der Vergabeakte daher die Firma xxx als Systemlieferant um Aufklärung gebeten. Mit Schreiben vom 22.10.2002, das in der Vergabeakte enthalten ist, hat die xxx GmbH dem Auftraggeber bestätigt, dass das von der Antragstellerin angebotene Ident-System BSI-zertifiziert ist. Die Zertifizierung beinhalte die unverfälschte Datenübertragung vom Transponder bis zur Schnittstelle der PC-Hardware. Die von ihr gelieferten xxx-Transponder seien BDE-konform und Bestandteil der BSI-Zertifizierung. Der Auftraggeber durfte daher davon ausgehen, dass auch das neuere, von der Antragstellerin angebotene Ident-System der Firma xxx die Forderungen der BSI-Zertifizierung die entsprechende Vorgabe gem. Ziffer 3.4.2 der Leistungsbeschreibung erfüllt.
b)
Dagegen hatte der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen wegen unvollständiger Angaben hinsichtlich der zu stellenden Restabfallbehälter von der Wertung auszuschließen. Gemäß Ziffer 3.5.2, Abs. 7 der Leistungsbeschreibung war der Bieter verpflichtet, die Erfüllung der Anforderungen an die Behälter bezüglich DIN-Konformität und Gütesicherungssystem "durch Zertifikate oder andere geeignete Unterlagen, welche dem Angebot beizufügen sind, nachzuweisen". Gemäß Abs. 6 der Ziffer 3.5.2 gelten diese Anforderungen bezüglich des Gütesystems allerdings ausdrücklich als erfüllt, wenn der Hersteller Mitglied der Gütegemeinschaft Abfall- und Wertstoffbehälter e. V., Köln ist. Da die Beigeladene ausdrücklich nur Produkte von Herstellern angeboten hat (namentlich wurde die Fa. xxx benannt), die diese Voraussetzung erfüllen, hat sich der Auftraggeber im Rahmen seines ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als er beschloss, die fehlenden diesbezüglichen Unterlagen nicht zum Anlass für einen Angebotsausschluss zu nehmen. Die Auseinandersetzung mit dieser Frage und die Begründung seiner Entscheidung hat er in der Vergabeakte (Seite 8 der Angebotsauswertung) dokumentiert.
c)
Auch bestand für den Auftraggeber kein Anlass, die Angemessenheit der Angebotspreise der Beigeladenen in Frage zu stellen. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A hat der Auftraggeber in den Fällen, in denen ihm Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen, die Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen und zu diesem Zwecke vom Bieter die erforderlichen Belege zu verlangen. Die Beigeladene hatte für Los 1 einen Preis von 11.574.244,-- EUR nettoüber die gesamte Vertragslaufzeit angeboten. Dem folgte die Antragstellerin mit einem Angebotspreis von 11.815.069,-- EUR netto und das Nebenangebot 2 als niedrigstes, gewertetes Angebot der Bieterfirma xxx (Antragstellerin im Parallelverfahren 203-VgK-35/2002) mit 12.698.119,-- EUR netto. Das erst- und das zweitplatzierte Angebot liegen daher lediglich 2,1 %, das zweit- und das drittplatzierte Angebot 3,6 % auseinander. Der Auftraggeber hatte daher keine Veranlassung, diese Angebote als ungewöhnlich niedrig einzustufen und einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen. Der Auftraggeber hat sich daher im Rahmen seines ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als er auf eine Überprüfung der Kalkulation gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A verzichtete.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen des festgestellten Verstoßes gegen das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot ist es erforderlich, den Auftraggeber zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und dabei das Angebot der Beigeladenen aufgrund der fehlenden Mindestreferenzen für das angebotene Ident-System von der weiteren Wertung auszuschließen. Von einer Aufhebung des streitbefangenen Vergabeverfahrens konnte die Vergabekammer dagegen absehen. Die von der Vergabekammer im Tenor zu 1 verfügte Verpflichtung des Auftraggebers ist bereits geeignet und angemessen, die festgestellte Rechtsverletzung der Antragstellerin zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Der Auftraggeber wird darauf hingewiesen, dass er nach erneuter Wertung die Bieter im Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung erneut gem. § 13 VgV informieren muss.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungs-gesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die
DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine ermäßigte Gebühr in Höhe von 500 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zugrunde zu legende Auftragswert für das streitbefangene Los 1 über die gesamte siebenjährige Vertragslaufzeit beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 11.815.069 EUR (netto, geprüft). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin für das streitbefangene Los 1 und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999. Hiernach wird der Mindestgebühr von 5.000,-- DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 2 Mio. DM (Schwellenwert von 1 Mio. Euro; ca. 2 Mio. DM) zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 300 Mio. DM (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 11.815.069 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 4.272 EUR. Diese wird jedoch aus Billigkeitsgründen auf 500 EUR ermäßigt, da der Sach- und Streitstand bereits im Parallelverfahren 203-VgK-35/2002 und im dortigen Beschluss vom 14.02.2003 bearbeitet wurde, die Kosten dort dem Auftraggeber auferlegt wurden und sich der Mehraufwand durch das vorliegende zusätzliche Nachprüfungsverfahren für die Vergabekammer in Grenzen hielt. Insbesondere war keine zusätzliche mündliche Verhandlung erforderlich.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügteKostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass der Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB hinsichtlich des Loses 1 unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einem fachkundigen, erfahrenen Bieter wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass erüber das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOB/A verfügt, bedurfte er für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass der Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Der Auftraggeber wird aufgefordert, den Betrag von 500 EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxx
auf folgendes Konto zu überweisen: ...
Schulte
Dr. Mielke