Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 15.09.2003, Az.: 203-VgK 22/2003

Zulässigkeit der Übertragung der Entscheidungskompetenzen von Auftraggeber auf Fachplanungsbüro; Entbindung des Bauamts von Entscheidungsverantwortung durch Mitwirkung von Sachverständigen ; Verstoß gegen das Transparenzgebot durch fehlende Dokumentation wichtiger Vergabeschritte; Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz wegen fehlender Auseinandersetzung mit Angeboten anderer Bieter; Voraussetzungen der Zulässig des Unterlassens einer Preisangabe

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
15.09.2003
Aktenzeichen
203-VgK 22/2003
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32083
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren Umbau und Erweiterung xxx-Hospital
- Angebot für Gewerk 36, Elektrotechnische Anlagen - Vergabe-Nr. 4664/36.

Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg hat
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Conrad
ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Auftraggeber wird verpflichtet, die Ausschreibung Umbau und Erweiterung xxx- Hospital - Angebot für Gewerk 36, Elektrotechnische Anlagen - Vergabe-Nr. 4664/36 aufzuheben. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens tragen der Auftraggeber und die Antragstellerin je zu 1/2.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 2.703 EUR festgesetzt.

Begründung

1

I.

Der Auftraggeber hat mit Datum vom 14.03.2003 den Umbau und die Erweiterung des vorhandenen Krankenhauses bei Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben, nachdem sie mit Schreiben vom 15.11.2002 vorab über dieses Verfahren informiert hatte. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass eine Unterteilung der Leistungen in 18 Bauabschnitten vorgesehen ist. Als etwaige Frist für die Ausführung der elektrotechnischen Anlagen war Mai 2003 bis August 2005 vorgesehen.

2

Es wurde darauf hingewiesen, dass zur Beurteilung der Eignung die Nachweise gemäß § 8 VOB/A vorzulegen seien. Ferner forderte er zum Nachweis der Leistungsfähigkeit den Umsatz vergleichbarer Leistungen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre sowie eine Referenzliste mit Architektenangabe vergleichbarer Leistungen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre.

3

Hinsichtlich der Kriterien für die Auftragserteilung wurde auf § 25 VOB/A verwiesen, wonach der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden soll, das unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte als das annehmbarste erscheint.

4

Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass Nebenangebote zugelassen sind.

5

Den Ausschreibungsunterlagen sind keine Hinweise auf die vorhandene Schwestern-Rufanlage zu entnehmen. Ferner fehlen in den Verdingungsunterlagen Hinweise darauf, dass die in dem vorhandenen Gebäude installierte Schwestern-Rufanlage mit der neuen anzubietenden Schwestern-Rufanlage wegen des Nachtdienstes kompatibel sein muss. Es wurde lediglich unter 2.7 Schwestern-Rufanlage auf Folgendes hingewiesen:

"Die nachfolgend ausgeschriebene Schwesternrufanlage soll später im ganzen Haus installiert werden, damit eine Informationsmöglichkeit an andere Stationen gegeben werden kann."

6

Ferner war unter OZ 2.7.220 "Inbetriebnahme der Schwesternrufanlage" gefordert, dass der Hersteller der Schwesternrufanlage diese nach der erfolgten Montage vor der Inbetriebnahme einzumessen, prüfen und zu programmieren habe.

7

Auch war gemäß OZ 2.7.230 "Einweisung des Personals" eine Kostenstelle für die Einweisung des Personals ausgewiesen. Ferner ist dort festgelegt, dass in alle Funktionen und Bedienungsabläufe des Schwesternrufsystems für den Betrieb der Anlage in allen Dienstschichten eine Einweisung notwendig ist. Dies sollte inkl. Übergabe der Bedienungsanleitungen erfolgen.

8

Etwaige Hinweise zu der vorhandenen Schwesternrufanlage sind den Verdingungsunterlagen nicht zu entnehmen.

9

Der beauftragte Generalplaner teilte den Bietern dann mit Fax vom 15.04.2003 mit, dass der für den 23.04.2003 vorgesehene Eröffnungstermin wegen der Ostertage auf den 29.04.2003 verschoben wird. Er lies sich diese Verlängerung per Fax bestätigen. Die Zuschlagsfrist endete am 15.05.2003.

10

Bei der Verdingungsverhandlung am 29.04.2003 ergab sich, dass die Antragstellerin mit einer ungeprüften Angebotssumme von 715.615,25 EUR das günstigste Angebot abgegeben hatte.

11

Die Beigeladene bot die Leistungen für ungeprüfte 797.199,20 EUR an. Ferner wurde festgehalten, dass sie 5 % Nachlass gewährt. Sie hatte außerdem ein Alternativangebot abgegeben.

12

Das beauftragte Fachplanungsbüro teilte dem Auftraggeber mit Schreiben vom 13.06.2003 den Vergabevorschlag für das Gewerk 36.3 - Elektrotechnische Anlagen - mit. Zu den einzelnen Angeboten gab es ein Votum ab, ob das Angebot gewertet werden könne oder nicht.

13

Das beauftragte Fachplanungsbüro stellte dabei am 20.05.2003 fest, dass die Antragstellerin gegenüber der Ausschreibung Einschränkungen vorgenommen habe. Ferner wurde vermerkt, dass die angebotenen Preise nur für ein 1/2 Jahr gelten sollten; die Formblätter EFB-Preis 1a bis d nicht ausgefüllt wurden. Es wurde auch festgehalten, dass die Positionen 2.7.70 und 4.2.200 nicht angeboten wurden. Ferner wurde festgehalten, dass keine Fabrikatsangaben und Typen eingetragen waren. Abschließend stellte das Büro fest, dass das Angebot nicht gewertet werden könne.

14

Hinsichtlich des Angebotes der Beigeladenen wurde vermerkt, dass sie keine Einschränkungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen habe. Ferner habe sie alle Formblätter ausgefüllt und auch alle Angaben bezüglich der Fabrikatsangaben und Typen gemacht. Abschließend stellte das Büro fest, dass das Angebot gewertet werden könne. Als rechnerisch geprüfte Angebotssumme wurde 757.339,25 EUR ermittelt.

15

Hinsichtlich des Angebotes einer weiteren Bieterin (Fa. xxx GmbH), auf die sich die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren bezieht, wurde festgehalten, dass sie keine Einschränkungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen habe. Ferner wurde festgehalten, dass diese Bieterin erst nach mehrmaliger, schriftlicher Aufforderung Angaben bezüglich der Fabrikate und Typen gemacht habe. Ferner wurde vermerkt, um die von dieser Bieterin die angebotene Schwesternrufanlage nutzen zu können, sei es erforderlich, die vorhandene und neue Schwesternrufanlage für den Nachtbetrieb zusammenzuschalten. Dies verursache Mehrkosten in Höhe von ca. 50.000 EUR. Außerdem müsse das Personal geschult werden. Es wurde auch festgehalten, dass die Position 1.4.250 auf NEP gesetzt wurde und sich daher ein Rechenfehler ergab. In der angeforderten Referenzliste waren zwei Krankenhäuser aufgelistet. Abschließend stellte das Büro fest, dass das Angebot nur bedingt gewertet werden könne. Hier wurde als rechnerisch geprüfte Angebotssumme 726.331,19 EUR ermittelt.

16

Wie das beauftragte Fachplanungsbüro zu der Feststellung kam, dass das Angebot der weiteren Bieterin Mehrkosten in Höhe von 50.000 EUR plus Schulung des Personals verursachen würde, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen.

17

Bei der Bewertung des günstigsten Bieters stellte das beauftragte Fachplanungsbüro fest, dass das Angebot der Beigeladenen unter Einbeziehung der Ergebnisse der Prüfung auf Wirtschaftlichkeit das Annehmbarste sei. Die Beigeladene habe als einzige Firma das Angebot vorschriftsmäßig ausgefüllt und eine alternative Schwesternrufanlage angeboten, die zu den bestehenden Stationen kompatibel sei. Aus der Referenzliste ergebe sich außerdem, dass sie Erfahrung im Krankenhausbau besitze. Das Fachplanungsbüro schlug vor, vor der Vergabe der Leistungen mit der Beigeladenen ein technisches Abstimmungsgespräch zu führen. Ferner empfahl es, unter der Voraussetzung, dass das Vergabegespräch positiv ende, der Beigeladenen den Auftrag zu erteilen.

18

Ob sich der Auftraggeber der Empfehlung des beauftragten Fachplanungsbüros anschloss, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen.

19

Mit Schreiben vom 25.06.2003 teilte das beauftragte Fachplanungsbüro der Antragstellerin gemäß § 13 VgV mit, dass beabsichtigt sei, am 10.07.2003 den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen zu erteilen. Ferner wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihr Angebot ausgeschlossen werde, da es nicht vollständig sei: Zur Begründung wurde erläutert, dass Einheitspreise fehlen.

20

Die Beigeladene wurde einerseits informiert, dass sie den Zuschlag erhalten soll, andererseits wurde sie mit Fax vom 28.05.2003 durch das beauftragte Fachplanungsbüro gebeten, einer Verlängerung der Zuschlagsfrist bis zum 15.06.2003 zuzustimmen. Dieser Bitte entsprach die Beigeladene umgehend per Fax.

21

Mit Schreiben vom 30.06.2003 rügte die Antragstellerin gegenüber dem beauftragten Fachplanungsbüro ihren Ausschluss. Zur Begründung führte sie aus, wie man anhand einer Kopie der Aufgliederung wichtiger Einheitspreise entnehmen könne, wurden diese vom AG/Planer nicht ausgefüllt. Sie habe daher keine Möglichkeit gehabt, speziell verlangte Einheitspreise vorzulegen.

22

Mit Schreiben vom 02.07.2003 nahm das Fachplanungsbüro gegenüber dem Staatl. Baumanagement zu der Rüge der Antragstellerin Stellung. Es führte aus, dass die Antragstellerin im Abschnitt 2.7 - Schwesternrufanlage - die Position 2.7.70 - Patientenbedienkombination - nicht angeboten habe. Ferner teilte es mit, dass im Abschnitt 4.2 HIFI-Geräte/ELA-Anlage die Position 4.2.200 Netzgeräterahmen im computergeschriebenen Angebot nicht aufgeführt sei. Hierfür läge somit auch kein Preis vor.

23

Die Position 4.2.210 - Netzmodul - sei im computergeschriebenen Angebot aufgeführt, aber ohne Preis. Somit läge hier auch kein Preis vor.

24

Ferner wies das Büro darauf hin, dass gemäß Leistungsverzeichnis eine Bauzeit bis Oktober 2005 vorgesehen sei; für diese Zeit sollten auch die Einheitspreise gültig sein. Die Antragstellerin hält sich jedoch nur für 1/2 Jahr an die Preise gebunden. Das Büro vertrat gegenüber dem Staatl. Baumanagement die Auffassung, dass diese Punkte so schwer wiegend seien, dass es das Angebot ausschließe. Es bat um Stellungnahme, wie es weiter verfahren solle.

25

Mit Schreiben vom 04.07.2003 begründete die Antragstellerin gegenüber dem beauftragten Fachplanungsbüro den ihrer Meinung nach unzutreffenden Ausschluss ihres Angebotes. Sie führte aus, dass hinsichtlich der Position 2.7.70 der Lieferant der Patientenkombination diese als Teil der Telefonanlage (Anpassung notwendig!) liefere und in der Schwesternrufanlage preislich berücksichtigt sei. Die Position sei daher nicht gesondert aufgeführt.

26

Ferner teilte die Antragstellerin mit, dass ihr Lieferant der Positionen 4.2.200 und 4.2.210 eine technische Lösung liefere, die keinen extra Netzgeräterahmen und Netzmodul benötige. Diese Positionen würden im computergeschriebenen Angebot preislich nicht berücksichtigt/aufgeführt, da eine Wertigkeit von Null vorläge.

27

Hinsichtlich der Preisbindung vertrat die Antragstellerin die Auffassung, dass ihr nach § 9 Nr. 2 VOB/B kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet werden dürfe, auf die sie keinen Einfluss habe und deren Einwirkung auf die Preise sie nicht im Voraus abschätzen könne.

28

Mit Fax vom 14.07.2003 nahm das Staatl. Baumanagement gegenüber dem beauftragten Fachplanungsbüro zu der Rüge der Antragstellerin Stellung und führte aus:

"Von der Antragstellerin wurden die Positionen 2.7.70, 4.2.200 und 4.2.210 nicht angeboten. Des Weiteren fehlt es an einer Willenserklärung seitens der Antragstellerin, ob sie für diese Positionen eine Vergütung verlangen will, ebenso ist sie ihrer Verpflichtung aus den Bewerbungsbedingungen (EVM/B und BWB/E) Ziffer 1 nicht nachgekommen. Danach hat sie bei Unklarheiten in den Vergabeunterlagen unverzüglich den Auftraggeber vor der Angebotsabgabe schriftlich per E-Mail oder Telefax darauf hinzuweisen. Dies ist hier nicht geschehen. Auch die geforderten "Angaben zur Preisermittlung" EFB-Preis 1 und EFB-Preis 2 wurden nicht mit dem Angebot abgegeben. Gemäß VOB/A § 8 Ziffer 3 sind alle Bewerber oder Bieter gleich zu behandeln. Verhandlungen über das Zustandekommen fehlender Einheitspreise sind nicht zulässig und würden einen Verstoß gegen die Vergabegrundsätze beinhalten (s. VOB/A§ 24 Abs. 1). Die Antragstellerin weist in ihrem Schreiben vom 04.07.2003 nochmals darauf hin, dass sie sich nur für 6 Monate an die Preise für Lohn und Material gebunden hält.

Das ist mit den vom Auftraggeber gewollten Vergabeunterlagen nicht gewollt und nicht gefordert. Hier hätte es mindestens einer Preisbindung von 10 Monaten bedurft. Gemäß Vergabehandbuch zu § 25/A Ziffer 3.101. ist einem Angebot mit festen Preisen immer der Vorzug zu geben. Hier ist es keinesfalls so, dass den Bietern durch eine längere Bauzeit ein unzumutbares Risiko aufgebürdet wurde, denn zu den erwarteten Lohnerhöhungen lassen sich gerade in jetziger Zeit in der Metall- und Elektroindustrie ohne großen Aufwand ermitteln. Ebenso verhält es sich mit den Stoffpreiserhöhungen. Denn gerade Material ließe sich schon im Vorfeld beschaffen, um die eigenen Materialkosten zu minimieren und die von den Großhändlern gewährten Rabatte ausnutzen zu können.

Das Angebot der Antragstellerin mit abweichenden Zahlungsbedingungen wäre bestenfalls als Nebenangebot zu werten. Als Hauptangebot ist es gem. VOB/A § 25 nicht zu werten."

29

Mit Schreiben vom 16.07.2003 teilte das beauftragte Fachplanungsbüro der Antragstellerin mit, dass es nach Rücksprache mit dem Staatl. Baumanagement ihr Angebot nicht werten könne, da es nicht den VOB-Bedingungen entspräche und ungültig sei. Ferner fügte das Büro das Antwortschreiben des Staatl. Baumanagement bei.

30

Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 17.07.2003, eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage,

die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens.

31

Sie vertritt die Auffassung, dass sie vergaberechtswidrig von der Vergabe ausgeschlossen wurde.

32

Zur Begründung führt sie aus, dass im vorliegenden Verfahren nach Ablauf der Zuschlagsfrist (15.06.2003) von beauftragten Generalplaner xxx telefonisch die Auskunft erhalten habe, dass der Auftrag schon vergeben sei.

33

Ferner habe zu der Zeit als sie von der Wertung ausgeschlossen worden sei, eine andere Bieterin im Informations- und Absageschreiben nach § 13 VgV als Begründung erhalten, dass ein anderes niedrigeres Hauptangebot vorläge; ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei. Als Kriterium sei der Preis genannt worden.

34

Nach Ansicht der Antragstellerin müsse jetzt nach Ausschluss ihres Angebotes das Angebot der einen weiteren Bieterin (Fa. xxx GmbH) das günstigste sein und nicht das Angebot der Beigeladenen. Insoweit läge ihrer Meinung nach ein Verfahrensfehler vor.

35

Hinsichtlich der von ihr vorgenommenen Einschränkungen (Lohn- und Materialpreisgleitklausel) verweist die Antragstellerin auf das AGB-Gesetz § 9 Generalklausel, VOB/A § 15 Änderung der Vergütung, § 2 Nr. 5 VOB/B Kommentar und VOB/B § 2 Kommentar.

36

Die Antragstellerin beantragt,

weiter gewertet zu werden.

37

Der Auftraggeber beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

38

Zur Begründung führt er aus, dass, um die Angebote miteinander vergleichen zu können, eine Vergleichbarkeit vorliegen musste. Bei dem Angebot der Antragstellerin sei dies nicht der Fall gewesen. Das beauftragte Fachplanungsbüro weist darauf hin, dass für zwei Positionen Preise und eine Position im Rechnerausdruck überhaupt nicht aufgeführt seien. Wenn die Antragstellerin im Schreiben vom 04.07.2003 behaupte, dass diese Position nicht erforderlich sei oder bereits in anderen Positionen enthalten sei, hätte sie dies schreiben müssen.

39

Ferner weist der Auftraggeber darauf hin, dass die Antragstellerin als einzige Bieterin sich nicht in der Lage sieht, ein Angebot bis zum Bauende abzugeben. Ihre Preise würden nur 1/2 Jahr gelten.

40

Die Beigeladene stellt keine Anträge.

41

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.

42

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist teilweise begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil der Auftraggeber in mehrfacher Hinsicht gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen hat, indem er es entgegen § 30 Abs. 1 VOB/A versäumt hat, wichtige Verfahrensschritte zu dokumentieren und seine Entscheidungen im Vergabeverfahren nachvollziehbar zu begründen. Ferner wird durch die Vergabeakte nicht belegt, dass der Auftraggeber die nötigen Entscheidungen in eigener Verantwortung getroffen hat. Vielmehr hat er die Entscheidungskompetenz über den nach § 7 Nr. 1 VOB/A zulässigen Rahmen hinaus dem von ihm mit der Vorbereitung und Durchführung der streitbefangenen Ausschreibung beauftragten Fachplanungsbüro überlassen. Darüber hinaus hat nicht einmal das Fachplanungsbüro dokumentiert, dass es sich hinreichend gem. § 21 Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 3, VOB/A mit dem Angebot der Bieterin xxx auseinander gesetzt hat. Dagegen wäre der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin, wäre er durch den Auftraggeber und nicht lediglich durch das beauftragte Ingenieurbüro entschieden worden, gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A zu Recht erfolgt. Wegen der fehlenden Preise bei den Positionen mit der OZ 2.7.70, 4.2.200 und 4.2.210 ist das Angebot unter Verstoß gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A abgegeben worden.

43

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung und damit um eine juristische Person des privaten Rechts. Diese erhält für das Projekt "Umbau und Erweiterung xxx-Hospital in xxx" vom Land Niedersachsen und damit einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB Mittel, mit denen das Vorhaben zu mehr als 50 v. H. finanziert wird (100 % des Gesamtauftragsvolumens in Höhe von ca. 15.7 Mio. Euro). Das xxx-Hospital xxx ist somit öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 in der zurzeit gültigen Fassung ein Schwellenwert von 5 Mio. Euro. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, so gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. Euro oder bei Losen unterhalb von 1 Mio. Euro deren addierter Wert ab 20 v. H. des Gesamtwertes aller Lose. Nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung erreicht der Wert des Gewerkes 36, Elektrotechnische Anlagen - Vergabe-Nr. 4664/36 der Baumaßnahme "Umbau und Erweiterung xxx-Hospital in xxx" nicht den Wert von 1 Mio. Euro. Gleichwohl ist hier der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB eröffnet. Der Auftraggeber hat das streitbefangene Los nämlich EU-weit ausgeschrieben und als Nachprüfstelle die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg angegeben. Durch diese im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung erfolgte Benennung der Vergabekammer als Nachprüfstelle hat der Auftraggeber den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Verwaltung, dass sie das verfahrensgegenständliche Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss v. 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW 1998, 3636 ff., 3638). Das Vergabeverfahren ist damit einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich.

44

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass der Auftraggeber ihr nur deshalb nicht den Zuschlag erteilt, weil er in vergaberechtswidriger Weise die Wertung durchgeführt habe und deshalb das Angebot der Beigeladene als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt habe, obwohl dieses nicht das wirtschaftlichste sei. Vielmehr sei ihr Angebot unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen im Nachprüfungsverfahren vergaberechtswidrig nicht berücksichtigt worden. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt.

45

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - 11/99). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2003 in der Rechtssache C - 249/01 (vgl. dortigen amtlichen Leitsatz Nr. 2 und RdNrn. 23, 24 ff. der Entscheidungsgründe) zudem ausdrücklich festgestellt, dass es einem Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht werden muss, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln. Ein Absprechen der Antragsbefugnis kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn die Vergabekammer zu dem Schluss gelangt, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen ist.

46

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Antragstellerin hatte am 25.06.2003 per Fax das Informationsschreiben des von dem Auftraggeber beauftragten Fachplanungsbüro gem. § 13 VgV vom 25.06.2003 erhalten. Darin war ihr ohne nähere Ausführungen mitgeteilt worden, dass ihr Angebot ausgeschlossen werde, da es nicht vollständig sei. Zur Begründung wurde erläutert, dass Einheitspreise fehlen. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 30.06.2003 ihren Ausschluss gegenüber dem beauftragten Fachplanungsbüro gerügt und diese Rüge begründet. Ferner rügte sie, dass der Auftraggeber offenbar nicht das vermeintlich niedrige Hauptangebot der Firma xxx überprüft habe, obwohl dies laut Submissionsergebnis ca. 6 % günstiger sei als das der Beigeladenen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Kenntnis im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dann gegeben, wenn ein Bieter oder Bewerber auf Grund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Diese positive Kenntnis hat die Antragstellerin erst auf Grund des Informationsschreibens des vom Auftraggeber beauftragten Ingenieurbüros gem. § 13 VgV am 25.06.2003, einem Mittwoch, erlangt. Unter Berücksichtigung des sich anschließenden Wochenendes folgte das Rügeschreiben vom 30.06.2003 unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Von den weiteren im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens von der Antragstellerin geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverletzungen hat die Antragstellerin erst im Wege der Akteneinsicht gem.§ 111 GWB positive Kenntnis erlangt.

47

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet. Der Auftraggeber hat gegen das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem er es versäumt hat, wichtige Verfahrensschritte in der Vergabeakte gem. § 30 Nr. 1 VOB/A zu dokumentieren. Aus der Vergabeakte ergibt sich nicht, dass er im Zuge des Vergabeverfahrens die wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen hat. Vielmehr hat er seine Entscheidungskompetenzen auf das mit der Vorbereitung und Durchführung beauftragte Fachplanungsbüro über den nach § 7 Nr. 1 VOB/A zulässigen Rahmen hinaus übertragen (im Folgenden a). Ferner enthält die Vergabeakte keinen den Anforderungen des § 30 Nr. 1 VOB/A entsprechenden Vergabevermerk (im Folgenden b). Der Auftraggeber hat ferner zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem er insbesondere zu dem Zeitpunkt, als das beauftragte Fachplanungsbüro seinen Vergabevorschlag machte, dieses noch lt. Vermerk vom 25.05.2003 noch um Zustimmung zu einem Aufklärungsgespräch mit der Beigeladenen bat ohne sich hinreichend mit den Angeboten der anderen Bieter auseinander gesetzt zu haben und dies in der Vergabeakte zu dokumentieren (im Folgenden c). Ein weiterer Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt darin begründet, dass das vom Auftraggeber beauftragte Fachplanungsbüro die Antragstellerin und die übrigen Bieter gem. § 13 VgV zu einem Zeitpunkt (25.06.2003) von der Nichtberücksichtigung ihrer Angebote informierte, als das beauftragte Fachplanungsbüro die Überprüfung des für den Zuschlag favorisierten Angebots der Beigeladenen noch gar nicht dokumentiert abgeschlossen hatte. Wann der Auftraggeber eine endgültige Wertung vorgenommen hat, ist nicht dokumentiert.

48

Dagegen wäre der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin, wäre er durch den Auftraggeber und nicht lediglich durch das beauftragte Ingenieurbüro entschieden worden, gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A zu Recht erfolgt. Wegen der fehlenden Preise bei den Positionen mit der OZ 2.7.70 und 4.2.200 ist das Angebot unter Verstoß gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A abgegeben worden (im Folgenden d).

49

a)

Aus der Vergabeakte ist nicht ersichtlich, geschweige denn wird in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vermerk belegt, dass die in den einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens zu treffenden Entscheidungen von dem Auftraggeber selbst getroffen wurden. Vielmehr hat der Auftraggeber seine Entscheidungskompetenzen vollständig der mit der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten Fachplanungsbüro übertragen. Der Auftraggeber hat damit zu keinem Zeitpunkt eine eigene verantwortliche Vergabeentscheidung getroffen. Der Auftraggeber hat damit dem Fachplanungsbüro Befugnisse eingeräumt, die weder unter dem Gesichtspunkt eines vom Auftraggeber zugezogenen "ausschreibenden Planers" im Sinne des § 15 Abs. 2 Nr. 6 HOAI (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, § 7, Rdn. 51) noch unter dem Gesichtspunkt einer Mitwirkung von Sachverständigen gem.§ 7 VOB/A gerechtfertigt ist. Gemäß § 7 Nr. 1 VOB/A ist die Mitwirkung von "besonderen Sachverständigen" zulässig, sofern sie zweckmäßig ist, um die Vergabe, insbesondere die Verdingungsunterlagen, vorzubereiten oder die geforderten Preise einschließlich der Vergütungen für Stundenlohnarbeiten (Stundenlohnzuschläge, Verrechnungssätze) zu beurteilen oder die vertragsgemäße Ausführung der Leistung zu begutachten. Diese Sachverständigen sollen grundsätzlich von Berufsvertretungen vorgeschlagen werden. Sie dürfen weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein. Wann die Mitwirkung eines Sachverständigen zweckmäßig im Sinne dieser Vorschrift ist, wird grundsätzlich in das Ermessen des den Sachverständigen beauftragenden Beteiligten, hier des Auftraggebers gestellt. Der Auftraggeber ist jedoch, wenn er wie im vorliegenden Fall selbst nicht über den ausreichenden Sachverstand verfügt, verpflichtet, einen besonderen Sachverständigen hinzuzuziehen, um eine ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens zu gewährleisten (vgl. Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB-Kommentar, A § 7, Rdn. 6). Das gilt insbesondere auch für die Prüfung (§ 23) und die vorbereitende Wertung (§ 25) von Nebenangeboten sowie z.B. für die Koordination der Ausschreibung, die Durchführung des Eröffnungstermins, die Prüfung der Angebote in technischer und kaufmännischer Hinsicht, die Sachverhaltsvorbereitung für die Wertung und - nicht zuletzt - die Informations- und Dokumentationspflichten während des Vergabeverfahrens. § 7 VOB/A geht jedoch, ebenso wie § 6 Nr. 3 VOL/A davon aus, dass der Auftraggeber die Entscheidungen im Vergabeverfahren stets in eigener Verantwortung trifft (vgl. Franke/Grünhagen, a.a.O., A § 7, Rdn. 1). Aufgabe des Sachverständigen ist es, durch schriftliche oder mündliche Äußerungen die Prüfung und Auswertung vorgegebener Tatsachen zu unterstützen, indem er auf Grund seines Fachwissens subjektive Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen bekundet. Will sich der Auftraggeber den Inhalt der gutachterlichen Äußerungen eines besonderen Sachverständigen bei einer Entscheidung zu Eigen machen, so ist er verpflichtet, sich zuvor inhaltlich nochmals damit auseinander zu setzen. Die Aufbereitung eines Sachverhalts durch einen Sachverständigen kann die Wertung des Auftraggebers nicht ersetzen. Zutreffend bemerkt deshalb das Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB) zu § 7 VOB/A:

"Die Mitwirkung von Sachverständigen entbindet das Bauamt nicht, die Entscheidung in eigener Verantwortung zu treffen."

50

Die Entscheidungsvorschläge in den einzelnen Abschnitten des Vergabeverfahrens sind daher für denöffentlichen Auftraggeber nicht nur unverbindlich. Sie entbinden den Auftraggeber vielmehr nicht davon, die notwendigen Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Das Fachplanungsbüro ist offenbar vom Auftraggeber auch mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Nachprüfungsverfahren beauftragt worden. Mit Stellungnahme vom 24.07.2003 schreibt der Auftraggeber der Vergabekammer:

"Als Anlage erhalten Sie unsere Stellungnahme zum Nachprüfungsverfahren "Angebot für das Gewerk 36, Elektrotechnische Anlagen":"

Sodann folgt mit Briefkopf des beauftragten Fachplanungsbüros die Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag der Antragstellerin. Ob sich der Auftraggeber den Ausführungen des beauftragten Fachplanungsbüros zum Nachprüfungsantrag anschließt, ist seiner Stellungnahme nicht zu entnehmen.

51

Ferner ist nicht dargelegt worden, geschweige denn ergibt sich aus dem Informationsschreiben nach § 13 VgV vom 25.06.2003, dass dieses mit dem Auftraggeber abgestimmt worden sei und danach die Information an die nicht berücksichtigten Bieter versandt worden sind. Das Informationsschreiben nach § 13 VgV enthält keine Bezeichnung bei der Angabe: "Vergabestelle". Es ist jedoch vom beauftragten Fachplanungsbüro mit "i.A. xxx" unterschrieben worden. Die Vergabeakte erweckt den Eindruck, dass der Auftraggeber sich im gesamten Vergabeverfahren nahezu wie ein Unbeteiligter verhalten hat. Irgendeine schriftliche Äußerung des Auftraggebers zur beabsichtigten Vergabe enthält die Vergabeakte nicht. Belegt wird die passive Haltung des Auftraggebers aber auch durch die Seiten 2 bis 8 des Vergabevermerks vom 20.05.2003 und die Seite 1 dieses Vergabevermerks des Fachplanungsbüros vom 13,06.2003, mit dem es den Vergabevermerk übersandt hat. Wann der Vergabevermerk gefertigt wurde, ergibt sich nicht aus der Vergabeakte. Die Seiten 2 bis 8 datieren vom 20.05.2003, die Seite 1 und die Angebotsauswertung vom 13.06.2003. Insoweit ist der Vergabevermerk des beauftragten Fachplanungsbüros auch vom Datum her nicht schlüssig. Das beauftragte Fachplanungsbüro teilt dem Auftraggeber mit Schreiben vom 25.06.2003 lediglich mit:

"Als Anlage erhalten Sie die Kopien der Informations- und Absageschreiben zum o.g. Gewerk für Ihre Unterlagen."

52

Der Auftraggeber hat somit im streitbefangenen Vergabeverfahren keine ihm obliegende Entscheidung getroffen.

53

b)

Der Auftraggeber hat außerdem entgegen § 30 VOB/A versäumt, wichtige Verfahrensschritte zu dokumentieren, so dass insbesondere die Berücksichtigung und der Ausschluss von Angeboten sowie die Angebotswertung selbst gemessen an den Vorgaben des Transparenzgebotes gem. § 97 Abs. 1 GWB nicht hinreichend nachvollziehbar sind. Die an einem Vergabeverfahren beteiligten Bieter haben gem. § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht auf ausreichende Dokumentation des Vergabeverfahrens und insbesondere der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff.).

54

Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Sinn dieser Bestimmung ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB, A § 30, Rdn. 1, m.w.N.). Der Anwendungsbereich des § 30 Nr. 1 VOB/A erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellung und Begründung der einzelnen Entscheidungen. Der Vergabevermerk ist chronologisch zu fassen und muss sich dabei an der in der VOB/A vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, A § 30, Rdn. 12). Zu den materiellen Entscheidungen zählen insbesondere die Entscheidungen, bei denen die Vergabestelle eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie beim Ergebnis der Prüfung der Angebote, Angaben über Verhandlungen mit Bietern und deren Ergebnis sowie das Ergebnis der Wertung der Angebote (vgl. VK Sachsen, Beschluss v. 30.04.01, Az.: 1/SVK/23-01). Ebenso sind im Vergabevermerk die Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf das betreffende Angebot anzugeben. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderlicheÜberprüfbarkeit zu gewährleisten (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 08.03.1999, a.a.O.). Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung. Daraus folgt, dass im Vermerk die Gründe so dezidiert festzuhalten sind, dass auch einem Außenstehenden bei Kenntnis der Angebotsinhalte deutlich erkennbar und nachvollziehbar wird, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll. Mängel der Erkennbarkeit und der Nachvollziehbarkeit in diesem Bereich gehen daher zu Lasten der Vergabestelle.

55

Zwar hat das vom Auftraggeber beauftragte Fachplanungsbüro ausweislich der Vergabeakten eine Prüfung und Auswertung der Angebote vorgenommen und einen Vergabevermerk gefertigt. Dieser Vermerk genügt jedoch nicht den Anforderungen des § 30 Nr. 1 VOB/A, da es nicht möglich ist, anhand der Angebotsauswertung und des Vergabevermerks die Entscheidung nachzuvollziehen. Der in der Vergabeakte enthaltene Vergabevermerk vom 29.05./13.06.2003 beschränkt sich auf folgende Feststellungen:

56

11 Firmen beteiligten sich am Wettbewerb, 3 Firmen haben zusätzlich Nebenangebote abgegeben. Sodann wird festgehalten, dass bei der allgemeinen Prüfung der Angebote festgestellt wurde, dass 9 Angebote wertbar sind. Die Prüfung der Hauptangebote ergab folgende Reihenfolge:

  • Firma xxx - 726.331,19 EUR.
  • Nebenangebot Firma xxx - 744.167,21 EUR
  • Firma xxx - 757.339,25 EUR ...

57

Anschließend wurden die einzelnen Angebote bewertet.

58

Hinsichtlich des Angebotes der Beigeladenen wurde Folgendes vermerkt:

"Firma hat keine Einschränkungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen. Die Formblätter EFB-Preis sind ausgefüllt. Es werden keine Arbeiten an Nachunternehmen vergeben. Das Angebot wurde unterschrieben. Es wird ein Nachlass von 5 % gegeben. ...

Firma hat für die Schwesternrufanlage ein Alternativ-Angebot mit Minderkosten in Höhe von EUR 13.664,48 brutto angeboten. Statt Fabrikat Zettler wurde Fa. EFE angegeben. Da im Krankenhaus bereits das Produkt Zettler eingebaut ist und die einzelnen Stationen für die Nachtschicht zusammengeschaltet werden sollen - Reduzierung der Personalkosten - halten wir es für erforderlich, bei der gleichen Technik der Fa. Zettler zu bleiben.

Das Alternativ-Angebot kann gewertet werden."

59

Hinsichtlich des Angebotes der Antragstellerin wurde vermerkt:

"Firma hat Einschränkungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen. Die angebotenen Preise gelten nur 1/2 Jahr. Die Formblätter EFB-Preis wurden nicht ausgefüllt. Es werden alle Arbeiten von eigenen Monteuren ausgeführt. Das Angebot wurde unterschrieben.

Die Pos. 2.7.70 und 4.2.200 wurden nicht angeboten.

Es wurden keine Fabrikatsangaben und Typen eingetragen.

Das Angebot kann nicht gewertet werden."

60

Hinsichtlich des Angebotes der Firma xxx GmbH wurde Folgendes vermerkt:

"Fa. hat keine Einschränkungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen. Die Formblätter EFB-Preis wurden nicht ausgefüllt. Es werden alle Arbeiten von eigenen Monteuren ausgeführt. Das Angebot wurde unterschrieben.

Angaben bezüglich des Fabrikates und Typen wurden erst nach mehrmaliger schriftlicher Aufforderung angegeben. Als Schwesternrufanlage wurde das Fabrikat Ackermann angeboten. Da im Krankenhaus auf mehreren Stationen und im Altenheim das Produkt Zettler im Einsatz ist, muss mit Mehrkosten in Höhe von 50.000 EUR für die Umrüstung auf Ackermann gerechnet werden, um die Station für den Nachtbetrieb zusammenschalten zu können. Außerdem muss das gesamte Personal umgeschult werden.

Position 1.4.250 wurde auf NEP gesetzt. Daher ergab sich ein Rechenfehler. Auf Anforderung hat uns die Firma xxx eine Referenzliste zugeschickt, in der zwei Krankenhäuser aufgelistet sind. Das Angebot kann nur bedingt gewertet werden."

61

Sodann ermittelt das beauftragte Fachplanungsbüro den günstigsten Bieter. Es stellt fest:

"Unter Einbeziehung der Ergebnisse der Prüfung auf Wirtschaftlichkeit ist das Angebot der Firma der Beigeladenen das annehmbarste. .... Firma ist die einzige Firma die das Angebot vorschriftsmäßig ausgefüllt und eine Schwesternrufanlage von Zettler angeboten hat, so dass diese kompatibel zu den bestehenden Stationen ist. Die Referenzliste zeigt außerdem, dass Erfahrung im Bereich Krankenhausbau vorhanden ist."

62

Abschließend schlägt das beauftragte Fachplanungsbüro der Auftraggeberin vor, vor der Vergabe der Leistung sollte die Firma zu einem technischen Abstimmungsgespräch eingeladen werden. Unter der Voraussetzung, dass das Vergabegespräch positiv endet, wird vorgeschlagen, ihr den Zuschlag zu erteilen, und zwar auf ihr Hauptangebot. Ferner bittet das beauftragte Fachplanungsbüro um Zustimmung, damit sie zum Vergabegespräch einladen kann.

63

Der Vergabevermerk lässt insbesondere jegliche Auseinandersetzungen damit vermissen, warum das Nebenangebot der Beigeladenen (Fabrikat EFE statt Zettler) gewertet werden konnte und ohne dass es zusätzliche Kosten für die Konformität und Schulung des Personals verursachen würde. Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass das Angebot der Firma xxx GmbH nur bedingt gewertet werden könne und deren Angebot zusätzliche Kosten in Höhe von 50.000 EUR für die Konformität und Schulung des Personals verursachen würde. Auch im Übrigen ist die Angebotswertung nicht hinreichend dokumentiert. Der dem Vergabevermerk beigefügte, detaillierte Preisspiegel vom 20.05.2003 (82 Seiten) dokumentiert zwar eine intensive Auseinandersetzung mit den Angebotspreisen, vermag aber insbesondere die fehlende Auseinandersetzung mit den einzelnen Angeboten nicht zu ersetzen. Ebenfalls ist nicht dokumentiert worden, warum der Zuschlag auf das teuere Hauptangebot der Beigeladenen erteilt werden soll und nicht auf das preislich günstigere Nebenangebot, obwohl es nach Feststellungen des beauftragten Fachplanungsbüros wertbar war. Im Übrigen ist auch nicht dokumentiert worden, ob ein Aufklärungsgespräch mit der Beigeladenen stattgefunden hat oder nicht. Falls ein solches Gespräch stattgefunden hat, hätte das beauftragte Fachplanungsbüro das Ergebnis des beabsichtigten "Abstimmungsgesprächs" mit der Beigeladenen entsprechend § 24 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A schriftlich niederlegen müssen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass dieses Vergabegespräch Voraussetzung dafür sein sollte, ob die Beigeladene den Zuschlag erhalten soll.

64

Ungeachtet der Verstöße gegen die Dokumentationspflicht hat sich das vom Auftraggeber beauftragte Fachplanungsbüro nicht in einer den Anforderungen der §§ 21 Nr. 3, 25 Nr. 5 VOB/A genügenden Weise mit dem Nebenangebot der Beigeladenen und dem Hauptangebot der Firma xxx GmbH auseinander gesetzt. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Auftraggeber ausweislich der vorgelegten Angebote weder bei den besonderen Vertragsbedingungen noch bei der Erläuterung der OZ 2.7 - Schwestern-Ruf-Anlage - darauf hingewiesen hat, dass die angebotene Anlage mit dem auf mehreren Stationen und im Altenheim im Einsatz befindlichen Fabrikat Zettler kompatibel sein muss. Die Tatsache, dass das beauftragte Fachplanungsbüro es versäumt hat, auf die Kompatibilität der Schwestern-Ruf-Anlagen in den Verdingungsunterlagen hinzuweisen, kann den Bietern nicht angelastet werden. Insoweit ist die von dem beauftragten Fachplanungsbüro festgehaltene Begründung, dass bei dem Angebot der Firma xxx GmbH Mehrkosten in Höhe von 50.000 EUR für die Umrüstung einzuplanen seien, um die Station für den Nachtbetrieb zusammenschalten zu können, weder begründet noch kann dies dem Bieter angelastet werden. Gleiches gilt für die Annahme, dass dann das gesamte Personal umgeschult werden muss.

65

Auch die Begründung für die Nichtberücksichtigung bzw. "nur bedingte Wertung" der Angebote der Antragstellerin und der Firma xxx GmbH überzeugt hinsichtlich der Formblätter EFB-Preis nicht. Wenn wie im vorliegenden Fall, Formblätter zur Aufgliederung des Angebotspreises (EFB-Preis 1 a-d und 2) nach Teil III des VHB nicht ausgefüllt wurden, liegt insoweit noch kein Ausschlussgrund vor. (OLG Celle NJW-RR 1986, 99 = ZfBR 1986, 140 = BauR 1986, 436; BayOLG IBR 2003, 103 = Vergaberechts-Report 1/2000, 3). Diese Formblätter werden nicht Vertragsbestandteil und sind deshalb auch nicht Teil des Angebots. Ein Ausscheiden des Angebots kann nur in Betracht kommen, wenn durch das Fehlen der geforderten Preisangaben eine ordnungsgemäße Wertung behindert oder vereitelt wird (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam Handkommentar zur VOB, 10. Auflage, A § 25 Rdn. 11). Da der Auftraggeber nicht dokumentiert hat, dass er durch das Fehlen der geforderten Preisangaben an einer ordnungsgemäßen Wertung behindert war bzw. keine Wertung durchführen konnte, kann dies nicht den Bietern angelastet und ihre Angebote ausgeschlossen werden.

66

d)

Dagegen war der Auftraggeber berechtigt und gehalten, das Angebot der Antragstellerin wegen der fehlenden Preise bei den Positionen mit der OZ 2.7.70, 4.2.200 und 4.2.2100 von der weiteren Wertung auszuschließen. Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren die Auffassung vertritt, dass die Positionen bereits in anderen Positionen preislich berücksichtigt seien, vermag diese Begründung die Vergabekammer nicht zu überzeugen. Zutreffend führt das vom Auftraggeber beauftragte Fachplanungsbüro aus, dass in einem solchen Fall die Antragstellerin verpflichtet gewesen wäre, in dem Angebotsanschreiben darauf hinzuweisen.

67

Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Diese Sollvorschrift ist als Mussvorschrift zu lesen, von der nur in atypischen Sonderfällen abgewichen werden darf. Diese Formulierung ist im Zusammenhang mit § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A dahingehend auszulegen, dass die Angebote in eindeutiger und zweifelsfreier Weise die Preise enthalten müssen. (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, A § 21, Rdn. 21 m.w.N.). Hieraus ergibt sich, dass es die Funktion des Satzes 3 ist sicherzustellen, dass ein klares und eindeutiges Angebot vorgelegt wird. Denn nur dadurch wird die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet.

68

Zwar hat das OLG Oldenburg 1997 entschieden, dass ein Bieter diesen Anforderungen schon dann genügen soll, wenn er für einzelne Positionen zwar keinen Preis nennt, die unvollständigen Preisangaben aber die Zuschlagsentscheidung nicht maßgeblich beeinflussen, Manipulationen ausgeschlossen sind und der öffentliche Auftraggeber sich bewusst nach realistischer und wirtschaftlicher Bewertung des nicht mit einer Preisangabe versehenen Angebotes für eine Zulassung des Angebotes entschlossen hat (OLG Oldenburg, ZVgR 1997, 173/175 = NJW - RR 1997, 661 = BB 1997, 597). Gleiches soll gelten, wenn die Preise von untergeordneten Positionen fehlen, die gesondert vergeben werden können. (So VÜA Thüringen, 1 VÜA 1/96 "Elektroanlagen Blitzschutz" S. 14).

69

Selbst unter Berücksichtigung dieser Auffassung ist jedoch festzustellen, dass es sich bei den o.g. Positionen, die die Antragstellerin nicht bepreist hat, nicht um untergeordnete Positionen handelt, die durch die unvollständigen Preisangaben die Zuschlagsentscheidung nicht maßgeblich beeinflussen. Sowohl die Position mit der OZ 2.7.70 (Patientenbedienkombination) als auch die Position mit der OZ 4.2.200 (Netzgeräterahmen) und die Position mit der OZ 4.2.210 (Netzmodul) sind maßgebliche Positionen, die die anderen Bieter mit einem EP von durchschnittlich 100 EUR angeboten haben. Die fehlenden Preise für diese Positionen können die Zuschlagsentscheidung maßgeblich beeinflussen.

70

Es kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob, wie eine andere Auffassung im Schrifttum meint, der Rechtsprechung des OLG Oldenburg schon deshalb nicht gefolgt werden kann, weil Sollvorschriften in allen typischen Fällen als Mussvorschriften zu lesen sind (vgl. Prieß in: Beck'scher VOB-Kommentar, A§ 21, Rdn. 23, m.w.N.). Außerdem dienen die vom Auftraggeber geforderten Preisangaben dazu, im Rahmen der Wertung gem. § 25 VOB/A das annehmbarste Angebot festzustellen. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist eine Vergleichbarkeit des Leistungsumfangs und der vom Auftraggeber geforderten Preise. Fehlen Preisangaben, so ist eine ordnungsgemäße Wertung grundsätzlich nicht möglich. Denn die fehlende Preisangabe lässt sich als Hinweis darauf verstehen, dass eine bestimmte vom Auftraggeber geforderte Leistung nicht erbracht werden soll oder kann. Aus diesem Grund ist Satz 3 dahingehend zu verstehen, dass alle vom Auftraggeber verlangten Preise vom Bieter anzugeben sind. Ob in den Vertragsunterlagen die Angabe eines Preises für eine bestimmte Leistung gefordert wird, ist vom Empfängerhorizont zu beurteilen.

71

Zulässig ist das Unterlassen einer Preisangabe auch nur dann, wenn der Preis für die betreffende Einzelleistung bereits in einer anderen Leistungsposition berücksichtigt worden ist. In diesem Fall bedarf es aber eines eindeutigen Hinweises. Dieses ist hier im vorliegenden Fall nicht der Fall.

72

Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen des festgestellten schwer wiegenden Verstoßes gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot ist es erforderlich, die Aufhebung der Ausschreibung durch Beschluss der Vergabekammer herbeizuführen, da die Vergaberechtsverstöße - insbesondere die vergaberechtswidrige Delegation sämtlicher Entscheidungsbefugnisse auf das beauftragte Fachplanungsbüro und der das streitbefangene Vergabeverfahren prägende Verstoß gegen die Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A - nicht durch eine Verpflichtung zur Neuvornahme der Angebotswertung beseitigt werden könnten. Wegen der zentralen Bedeutung der Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A hat die Vergabekammer die Vergaberechtsverletzungen gem. § 110 Abs. 1 GWB von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat der Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 Nr. 1 GWB die Verpflichtung zugewiesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei ist die Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer muss deshalb darauf hinwirken, dass das Vergabeverfahren aufgehoben wird.

73

III. Kosten

74

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.

75

Es wird eine Gebühr in Höhe von 2,703 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

76

Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 715.615,25 EUR (netto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.

77

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 715.615,25 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.703 EUR.

78

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

79

Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und den Auftraggeber folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war und diese nur durch die Missachtung des Transparenzgebotes und der Tatsache, dass der Auftraggeber sämtliche ihm im Vergabeverfahren obliegenden Entscheidungen über den Rahmen des vergaberechtlich Zulässigen hinaus auf das von ihr beauftragte Ingenieurbüro übertragen hat, in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 verletzt ist. Dagegen war ihr Nachprüfungsantrag hinsichtlich ihres Hauptantrages, der Auftraggeberin aufzugeben, ihr Angebot von der Wertung nicht auszuschließen, als unbegründet zurückzuweisen (vgl. II. 2 d), da ihr Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A auszuschließen ist. Der Auftraggeber durfte die Entscheidung über den Ausschluss jedoch nicht dem Ingenieurbüro überlassen. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).

80

Der Auftraggeber wird aufgefordert, den Betrag von 1.351,50 EURO unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.

81

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 1.351,50 EURO unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.

Gause
Schulte
Conrad