Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 28.07.2003, Az.: 203-VgK-13/2003

Rechtzeitige Rüge des Vergaberechtsverstosses als Zulässigkeitsvoraussetzung für das Nachprüfungsverfahren; Bestimmung der Rechtzeitigkeit der Rüge des Vergabrechtsverstoßes; Ausschluss eines Angebots von der Wertung wegen fehlender Unterschrift unter dem Angebot; Anforderungen an die Unterzeichung des Angebots; Notwendigkeit des Nachweises der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Angebots

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
28.07.2003
Aktenzeichen
203-VgK-13/2003
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32041
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOL-Vergabeverfahren Lieferung Thermo-Unterwäsche

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
auf den Eilantrag des Auftraggebers vom 24.07.2003
gem. § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
den hauptamtlichen Beisitzer BAR Peter und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Conrad
am 28.07.2003
beschlossen:

Tenor:

Dem Auftraggeber wird gestattet, im streitbefangenen Vergabeverfahren Lieferung von Thermo-Unterwäsche (2003/S 57-049684) den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieses Beschlusses zu erteilen.

Begründung

1

I.

Der Auftraggeber - ihm obliegt u.a. der Einkauf und die Versorgung der niedersächsischen xxx mit Dienstkleidung - hat mit Bekanntmachung vom 13.02.2003 die Lieferung von Thermo-Unterwäsche (ca. 10 000 Unterhemden und ca. 3500 Unterhosen) unter dem Vorbehalt der Bereitstellung von Haushaltsmitteln in entsprechender Höhe im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Die 1. Lieferung sollte zum Juli/August 2003 erfolgen. Der Vertragszeitraum sollte bis zum 31.12.2004 reichen. Ferner wurden zwei Optionen auf die Lieferung von weiteren 17 700 Thermo-Unterhemden und ca. 6600 Stück Thermo-Unterhosen ausgeschrieben. Die 1. Option betrifft den Vertragszeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2005, die 2. Option den Vertragszeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006.

2

Der Zuschlag soll laut Bekanntmachung im Vergabefall auf das wirtschaftlichste Angebot unter Berücksichtigung von Preis, gestalterischen und ästhetischen Aspekten, Passform, Funktionalität, Qualität und Verarbeitung der Angebotsmuster und der Lieferzuverlässigkeit sowie nach Prüfung der Referenzen im Rahmen einer Bewertungsmatrix erteilt werden. Nebenangebote/Alternativvorschläge wurden zugelassen.

3

Mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wurde den Bietern unter anderem als Anlage ein Angebotsvordruck übersandt, den die Bieter zu verwenden hatten. Eine Unterschriftszeile enthielt dieser Vordruck nicht. Im Schreiben zur Angebotsaufforderung heißt es jedoch:

"Sofern Sie ein Angebot abgeben wollen, bitten wir ... mir ein bemustertes kostenloses Angebot - mit Nettopreisen - auf beigefügtem Vordruck zu übersenden. Das Angebot sowie etwaige Ergänzungen und Berichtigungen sind vom Bewerber rechtsverbindlich zu unterschreiben, ... Wird das Angebotsschreiben nicht unterschrieben, gilt das Angebot als nicht abgegeben."

4

Insgesamt beteiligten sich acht Bieterunternehmen am Vergabeverfahren, die zum Teil neben ihren Hauptangeboten auch mehrere Nebenangebote abgaben. Die Antragstellerin beteiligte sich mit einem Hauptangebot für den voraussichtlichen Bedarf für den Vertragszeitraum bis 31.12.2004, das mit einer Angebotssumme von 281.147,70 EUR abschloss. Während das Angebotsanschreiben vom 28.04.2003 die beigefügte Referenzliste und die Eigenerklärung zur Fertigungs- und Liefergarantie über den gesamten Vertragszeitraum wie auch eine Eigenerklärung zum Nachweis der Zuverlässigkeit gem. § 7 Nr. 5 lit. c VOL/A unterschrieben wurden, fehlt eine solche Unterschrift auf dem eigentlichen Angebot, das dem Angebotsanschreiben der Antragstellerin ausdrücklich als Anlage beigefügt wurde. Das Fehlen der Unterschrift im Angebot der Antragstellerin wie auch bei zwei weiteren Bietern wurde vom Auftraggeber in einer in der Vergabeakte enthaltenen Niederschrift über die Öffnung, Prüfung und Wertung von Angeboten (VOL) vermerkt. In einem Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 04.06.2003 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot ausgeschlossen werde, weil es nicht den Bewerbungsbedingungen gemäß im Angebotsschreiben unterschrieben ist. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 19.06.2003 auf das Angebot der Bieterfirma xxx zu erteilen. Das Angebot der Firma xxx schließt mit einer Angebotsendsumme von 282.190,59 EUR.

5

Mit Schreiben vom 10.06.2003, das mit dem Betreff "Einspruch/Beantragung einer Nachprüfung des Verfahrens bei der zuständigen Vergabekammer"überschrieben war, rügte die Antragstellerin gegenüber dem Auftraggeber die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Sie wies darauf hin, dass im vom Auftraggeber mit den Verdingungsunterlagen zur Verfügung gestellten Vordruck "Angebot" weder der Platz noch die Aufforderung "Unterschrift" mit räumlicher Zuordnung vorhanden sei. In der Anlage übersandte die Antragstellerin dazu einen zweifelsfreien Vordruck des Beschaffungsamtes der BMI zum Vergleich. Ferner machte die Antragstellerin geltend, dass ihr Angebot unterschrieben sei, weil das Angebotsanschreiben, das sich eindeutig auf den ausgefüllten Vordruck "Angebot" beziehe, unterschrieben sei. Ergänzend machte die Antragstellerin geltend, dass die Ausschreibung entgegen § 18 a VOL/A nicht die vorgeschriebene Angebotsfrist von mindestens 52 Tagen einhält und dass weder in der Vergabebekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen die Vergabekammer gem. § 32 a VOL/A benannt wurde. In Reaktion auf das Rügeschreiben teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit Schreiben vom 11.06.2003 die Anschrift der zuständigen Vergabekammer mit. Mit Schreiben vom 16.06.2003, eingegangen per Telefax am gleichen Tage, hat die Antragstellerin unter Verwendung des identischen Textes des Rügeschreibens die Vergabekammer angerufen und die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt.

6

Die Antragstellerin beantragt,

die EU-weite öffentliche Ausschreibung LZN Thermo-Unterwäsche aufzuheben.

7

Der Auftraggeber beantragt,

  • den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 16.06.2003 kostenpflichtig zurückzuweisen,

  • die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Vergabestelle nach den §§ 128 Abs. 4 GWB, 80 Abs. 2 VwVfG für notwendig zu erklären,

  • dem Auftraggeber gem. § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB zu gestatten, den Zuschlag für den streitbefangenen Lieferauftrag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe des entsprechenden Beschlusses der Vergabekammer zu erteilen.

8

Der Auftraggeber hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig. Die Antragstellerin sei ihren Rügeobliegenheiten gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 und 2 GWB nicht nachgekommen. Das Schreiben der Antragstellerin vom 10.06.2003 erfülle nicht die Anforderungen an ein Rügeschreiben. Die Antragstellerin habe dem Auftraggeber nicht Gelegenheit geben wollen, vermeintliche Vergaberechtsverstöße im laufenden Vergabeverfahren selbst abzustellen, sondern habe unmissverständlich bereits auf die bevorstehende Anrufung der Vergabekammer hingewiesen. Zumindest seien aber die Rügen bezüglich der vermeintlichen Formverstöße in den Verdingungsunterlagen nicht rechtzeitig gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB erfolgt, da sowohl die Angebotsfrist wie auch das Fehlen der Angabe der zuständigen Vergabekammer für jeden Bieter bei Bearbeitung des Angebotes erkennbar war und somit nach Auffassung der Antragstellerin spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist 08.05.2003 hätte gerügt werden müssen. Der Antragstellerin fehle auch bereits die Antragsbefugnis, da ihr Angebot wegen fehlender Unterschrift zwingend habe ausgeschlossen werden müssen. Jedenfalls sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Das Angebotsanschreiben selbst sei nicht Bestandteil des Angebotes, was sich schon daraus ergebe, dass im Angebotsanschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass das Angebot als Anlage dem Anschreiben beigefügt ist. Die Rüge der vermeintlich zu kurzen Angebotsfrist sei auf einen Rechenfehler der Antragstellerin zurückzuführen. Abzustellen sei auf den maßgeblichen Tag der Absendung der Bekanntmachung; hier 13.03.2003. Bis zum Schlusstermin für den Angebotseingang am 08.05.2003 hätte dem Bieter mit 56 Tagen sogar mehr Zeit zur Verfügung gestanden als gesetzlich vorgesehen. Die fehlende Angabe der Vergabekammer in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen sei für den Bieter unschädlich, zumal der Auftraggeber unverzüglich auf das Schreiben der Antragstellerin vom 10.06.2003 reagiert habe und die volle Anschrift der zuständigen Vergabekammer mitgeteilt habe. Die Antragstellerin sei damit in die Lage versetzt worden, wie geschehen, rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer zu stellen.

9

Der Auftraggeber stellt mit Datum vom 24.07.2003 einen Antrag auf Vorabgestattung des Zuschlags gem. § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB. Er begründet seinen Antrag im Wesentlichen mit der aus seiner Sicht gegebenen Dringlichkeit, die Einsatzkräfte der niedersächsischen xxx noch vor dem im Herbst zu erwartenden xxx-Transport mit Thermounterwäsche auszustatten. Dies sei zum Schutze der Gesundheit der Einsatzkräfte vor dem Hintergrund der im Herbst zu erwartenden Minusgrade unbedingt erforderlich. Eine rechtzeitige Ausstattung der xxx-Bediensteten sei jedoch ohne die Vorabgestattung des Zuschlages nicht mehr möglich, da die Vergabekammer mit Verfügung vom 08.07.2003 die Frist für die abschließende Entscheidung in dem anhängigen Nachprüfungsverfahrenüber die gesetzliche Fünfwochenfrist hinaus bis zum 19.09.2003 verlängert habe. Weiterhin sei eine notwendige Produktionszeit für die Thermounterwäsche beim Lieferanten von ca. 9 bis 10 Wochen zu berücksichtigen, so dass eine Zuschlagserteilung Mitte/Ende September unter allen Umständen zu spät kommen würde. Den Auftraggeber träfe auch kein Verschulden an der entstandenen Dringlichkeitssituation. Sein Zeitplan sei ausreichend bemessen gewesen, insbesondere hätte er nicht mit der nun vorliegenden erheblichen Verlängerung der Entscheidungsfrist bis zum 19.09.2003 rechnen müssen. Die jüngsten Bedenken des OLG Celle gegen eine "extrem knappe" Zeitkalkulation (Beschl. vom 17.01.2003, 13 Verg. 2/03 - "Bahnbetriebswerk") würden deshalb in diesem Zusammenhang nicht tragen. Im Übrigen habe der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin aus den bereits in der Antragserwiderung des Auftraggebers vom 26.06.2003 vorgetragenen Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg.

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Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.

11

II.

Dem Eilantrag des Auftraggebers gem. § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB zu gestatten, im streitbefangenen Vergabeverfahren den Zuschlag nach Ablauf von 2 Wochen seit Bekanntgabe dieses Beschlusses zu erteilen, war stattzugeben.

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Dabei musste die Vergabekammer die abschließende Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags der gebotenen eingehenden Prüfung im Hauptsacheverfahrenüberlassen. Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB kann die Vergabekammer dem Auftraggeber auf seinen Antrag gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von 2 Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Die Vergabekammer hatte also auf der einen Seite das Interesse der Antragstellerin zu berücksichtigen, das streitbefangene Vergabeverfahren und insbesondere den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin durch die Vergabekammer auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen und damit ggf. eine Chance auf den begehrten Auftrag zu wahren. Auf der anderen Seite war das Interesse des Auftraggebers zu berücksichtigen, das Vergabeverfahren im Interesse der Allgemeinheit an einer rechtzeitigen Ausstattung der xxx-Bediensteten noch vor Beginn des im Herbst zu erwartenden xxx-Transportes mit der notwendigen Thermounterwäsche zügig weiterzuführen, um keine unnötigen Verzögerungen eintreten zu lassen. Die Entscheidung der Vergabekammer über die Gestattung des Zuschlags ist somit eine Ermessensentscheidung nach Interessenabwägung. Dabei kann aus Sicht des Unternehmens die Bedeutung des subjektiven Bieterrechts und die wirtschaftliche Dimension des Auftrages, aus Auftraggebersicht die strenge Fristgebundenheit des Auftrags und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der Aufgabenerfüllung eine Rolle spielen. Bei der Interessenabwägung ist aber auch auf die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages in der Hauptsache abzustellen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 115 Rdn. 760; Willenbruch, NVwZ 1999, S. 1062 ff., 1066). Die Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung wegen fehlender Erfolgsaussicht kommt jedenfalls in solchen Fällen in Betracht, in denen sich die Unzulässigkeit oder die Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags sofort erschließt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 17.01.2003, Az.: 13 Verg 2/03; Beschluss v. 21.03.2001, Az.: 13 Verg 4/01).

13

Nach der gebotenen, im Eilverfahren vorläufigenÜberprüfung der Sach- und Rechtslage hat der Nachprüfungsantrag keine Aussicht auf Erfolg. Der Auftraggeber hat schlüssig dargelegt und in der Vergabeakte dokumentiert, warum sie das Angebot der Antragstellerin gem. §§ 21 Nr. 1 Abs. 2, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A wegen fehlender Unterschrift von der Wertung ausgeschlossen hat. Der Nachprüfungsantrag ist nach der in der Vergabeakte dokumentierten Sachlage zwar diesbezüglich zulässig, aber unbegründet.

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Zu entscheiden war vorliegenden Fall, ob der Auftraggeber tatsächlich verpflichtet war, das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Unterschrift gem. § 21 Nr. 1 Abs. 2, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOL/A von der Wertung auszuschließen. Die Antragstellerin hat unstreitig das vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Angebotsformular (Anlage zum Schreiben des LZN (Auftraggeber)), das die Antragstellerin auch für ihr Angebot verwendet hat, nicht unterschrieben. Dem Unterschriftserfordernis hat die Antragstellerin daher nur dann genügt, wenn die Unterschriften auf ihrem Angebotsanschreiben/Begleitschreiben vom 28.04.2003 eindeutig auch das Angebotsschreiben selbst umfassen. Angebote ohne Unterschrift sind keine Angebote im Rechtssinne und haben schon aus diesem Grunde auszuscheiden. Das nachträgliche Einholen der Unterschrift ist unzulässig. Durch den Verzicht auf das Erfordernis der "Rechtsverbindlichkeit" in § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A soll lediglich klargestellt werden, dass für die Angebotsabgabe keine über die Formvorschriften des BGB hinausgehenden Anforderungen gelten sollen (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 25, Rdn. 13, m.w.N.; Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage, § 21, Rdn. 32 ff., m.w.N.). Sinn und Zweck des Ausschreibungsverfahrens ist die Einholung verbindlicher Angebote. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln. Ist eine Unterschrift vorhanden, befindet sie sich aber nicht an der eindeutig gekennzeichneten und geforderten Stelle im Angebot, so ist dieses Angebot auszuschließen (vgl. Daub/Eberstein, a.a.O., Rdn. 13). Es ist erforderlich, dass mit der Unterschrift zweifelsfrei der gesamte Angebotsinhalt abgedeckt wird. Ein Angebot muss ausgeschieden werden, wenn letzteres nicht der Fall ist. Die Unterschrift hat auf dem Angebot in einer Weise zu erfolgen, die deutlich macht, dass sich der Unterzeichner das gesamte Angebot mit seiner Unterschrift zu Eigen macht. Grundsätzlich wird dann eine Unterschrift am Ende des Angebotes oder auf dem Anschreiben, das auf das beigefügte Angebot Bezug nimmt, diesem Erfordernis genügen (vgl. Prieß in Beck'scher VOB-Kommentar, § 21 VOB A, Rdn. 7).

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An welcher Stelle die Angebote, die regelmäßig eine ganze Reihe von Bestandteilen aufweisen, die Unterschrift anzubringen ist, lässt die Vorschrift offen. Viele Auftraggeber fügen den Vergabeunterlagen ein Formblatt "Angebot" bei, durch dessen Gestaltung sichergestellt wird, dass die darauf angebrachte Unterschrift sich auf das gesamte Angebot bezieht. Die Unterschrift auf einer weiteren Unterlage ist damit dann entbehrlich. Eine solche Unterschrift auf einer weiteren Unterlage zu fordern, z.B. auf dem Leistungsverzeichnis, ist auch dann nicht zweckmäßig, da sie - wie die Praxis zeigt - dort oftmals versehentlich unterbleibt und sich dann die Frage stellt, ob das Angebot unterzeichnet ist. Hat der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen vorgegeben, dass das Angebot zwingend auf dem Formblatt "Angebotsschreiben" unterschrieben sein muss, so ist er an diese vom ihm selbst aufgestellte Bedingung gebunden. Die Unterschrift liegt in einem solchen Fall nur vor, wenn das Formblatt "Angebotsschreiben" original unterschrieben ist (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Auflage, A § 21, Rdn. 3, m.w.N.).

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Dem Auftraggeber ist vorzuhalten, dass er auf dem den Bietern zwingend vorgegebenen Angebotsformular keine Unterschriftszeile eingefügt hat. An der Unterschriftsbedürftigkeit selbst hat er jedoch gegenüber den Bietern keinen Zweifel gelassen. Im Aufforderungsschreiben zur Abgabe eines Angebotes heißt es:

"Sofern Sie ein Angebot abgeben wollen, bitten wir ... mir ein bemustertes kostenloses Angebot - mit Nettopreisen - auf beigefügtem Vordruck zu übersenden. Das Angebot sowie etwaige Ergänzungen und Berichtigungen sind vom Bewerber rechtsverbindlich zu unterschreiben, ... Wird das Angebotsschreiben nicht unterschrieben, gilt das Angebot als nicht abgegeben."

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Die fehlende Unterschrift auf dem Angebotsschreiben wird auch nicht durch die Unterschriften auf dem Angebotsbegleitschreiben der Antragstellerin vom 28.04.2003 geheilt. Dieses enthält zwar eindeutige Erklärungen zur Sicherstellung der Lieferkapazität und zur Einhaltung der Steuer- und Sozialversicherungsbeitragspflichten. Eine ähnliche, ausdrückliche auch nur pauschale Erklärung, dass das beigefügte Angebot selbst schon mit diesem Begleitschreiben eindeutig als verbindlich anerkannt wird, enthält das Begleitschreiben dagegen nicht. dort heißt es vielmehr:

"Als Anlage erhalten Sie hiermit unser bemustertes Angebot zu o. a. Ausschreibung."

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Die Unterschrift auf dem Angebotsformular selbst war daher nicht entbehrlich. Trotz fehlender Unterschriftszeile war die Antragstellerin daher gehalten, das Angebotsformular selbst auf Grund der eindeutigen Forderung des Auftraggebers an beliebiger Stelle zu unterschreiben, wie dies die übrigen Bieter (mit insgesamt 3 Ausnahmen, die ausgeschlossen wurden) getan haben.

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Der Auftraggeber hat daher auf Grund seiner den Bietern im Aufforderungsschreiben zur Angebotsabgabe eindeutig gestellten Bedingungen kein Ermessen, ob er das Angebot der Antragstellerin wertet oder nicht. Er war und ist vielmehr gehalten, das Angebot der Antragstellerin gemäß §§ 21 Nr. 1 Abs. 2, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A wegen fehlender Unterschrift von der Wertung auszuschließen.

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Angesichts dieser Sach- und Rechtslage überwiegt das Interesse des Auftraggebers, das Vergabeverfahren im Interesse der Allgemeinheit an einer rechtzeitigen Ausstattung der xxx-Bediensteten noch vor Beginn des im Herbst zu erwartenden xxx-Transportes mit der notwendigen Thermounterwäsche im Sinne eines ausreichenden Schutzes der Gesundheit der eingesetzten Bediensteten zügig abzuschließen. Die mit der Durchführung des erst- und ggf. zweitinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens verbundene Verzögerung der Vergabe würde die fristgerechte Beschaffung verzögern, da laut Vergabebekanntmachung die erste Lieferung bereits Juli/August 2003 erfolgen soll. Diese Verzögerung ist im vorliegenden Fall nicht durch das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin gerechtfertigt, da der Nachprüfungsantrag, wie dargelegt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

21

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Beschluss im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Gause
Peter
Conrad