Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 25.08.2003, Az.: 203-VgK-18/2003
Vergabe eines Betreibervertrages für ein Flüchtlingswohnheim; Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz und Gleichbehandlungsgrundsatz durch Empfehlung an Auftraggeberin vor Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung; Eignungsüberprüfung bei öffentlichen Ausschreibungen vor Angebotsaufforderung; Erfordernis der Einsichtnahme in Belege bei Prüfung eines offenbaren Missverhältnisses von Preis und Leistung; Nationale Ausschreibung des Betreibervertrages; Berücksichtigung der Vergaberechtsverletzungen von Amts wegen
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 25.08.2003
- Aktenzeichen
- 203-VgK-18/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32497
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 110 Abs. 3 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 3 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
- § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A
- § 25 Nr. 3 VOL/A
Verfahrensgegenstand
Die Vergabe eines Betreibervertrages betreffend das Flüchtlingswohnheim xxxxxxx
Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg hat
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Bauoberamtsrätin Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer RA Hintz
auf die mündliche Verhandlung vom 22.08.2003
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, von der von ihr beabsichtigten freihändigen Vergabe abzusehen und die Vergabe des streitbefangenen Betreiberverfahrens nur nach öffentlicher, nationaler Ausschreibung gemäß Abschnitt 1 der VOL/A vorzunehmen. Ein europaweites Vergabeverfahren ist dagegen gemäß § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A i.V.m. Anhang I B des 2. Abschnitts der VOL/A nicht erforderlich.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.683,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Gründe
I.
Die Auftraggeberin ist Anfang 2003 mit der Beigeladenen in freihändige Verhandlungen über den Betrieb des Flüchtlingswohnheims xxxxxxx getreten. Von einer europaweiten Ausschreibung sah die Auftraggeberin ab. Die ausgeschriebenen Leistungen unterliegen als soziale Dienstleistung der CPC-Referenznummer 93 sowie als Beherbergungseinrichtung der CPC-Referenznummer 64 und damit dem Anhang I B der VOL/A. Aus diesem Grunde findet gemäß § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A der 2. Abschnitt ("a-Paragrafen") der VOL/A nur begrenzte Anwendung neben den Basisparagrafen. Daraus leitet sich nur die Verpflichtung ab, nach erfolgter Auftragserteilung aus statistischen Gründen eine Meldung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen über den vergebenen Auftrag gemäß Anhang G der VOL/A zu senden. Dabei kann nach § 28 a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A angegeben werden, ob bezüglich der Veröffentlichung Einverständnis besteht.
In der Vergabeakte befindet sich ein Vertragsangebot mit Kalkulationsaufschlüsselung Tagessatz vom 12.02.2003, das die Auftraggeberin am 15.05.2003 der vorgesetzten Dienststelle mit dem Hinweis vorgelegt hat, dass sie die Kalkulation der beiden weiteren Bewerber in den nächsten Tagen nachschicken werde. Außerdem teilte die Auftraggeberin der vorgesetzten Dienststelle mit, dass verwaltungsseitig der vorgelegte Vertrag favorisiert werde; die Entscheidung in den Ratsgremien jedoch erst in der 26. Kalenderwoche falle.
Sodann schrieb die Auftraggeberin ebenfalls am 15.5.2003 die Antragstellerin, die bislang das streitbefangene Flüchtlingswohnheim für die Auftraggeberin betreibt, und einen Verband an mit der Bitte um Übersendung der Unterlagen/Kalkulation für einen Betreibervertrag ab 01.08.2003.
Ein Anforderungsprofil fügte die Auftraggeberin bei. Dem Anforderungsprofil für den Abschluss des Betreibervertrages war u.a. zu entnehmen
- Unterbringung von 75 Personen (Flüchtlinge, Asylbewerber, Aussiedler, Obdachlose),
- Garantieplätze 60 Personen,
- Vertragsdauer 5 Jahre.
Ferner wurde festgelegt, welche Positionen bei der Ermittlung des Tagessatzes einzurechnen seien. Noch am gleichen Tage übersandte die Auftraggeberin dem Landkreis xxxxxxx bereits den Vertragsentwurf der Beigeladenen vom 12.02.2003, verbunden mit dem Hinweis, dass verwaltungsseitig der vorgelegte Vertrag favorisiert werde und die Entscheidung in den Ratsgremien in der 26. Kalenderwoche falle.
Die Antragstellerin legte mit Datum vom 28.05.2003 ein Angebot mit der Kalkulationsaufschlüsselung des Tagessatzes vor. Sie bot für den 1. bis 60. Platz einen Tagessatz von 5,78 EUR über die gesamte ausgeschriebene 5-jährige Vertragsdauer an. Der ebenfalls angeschriebene Verband teilte der Auftraggeberin mit, dass sie sich nicht an der Ausschreibung beteiligen möchte.
Obwohl die Beigeladene nach der Vergabeakte nicht am 15.05.2003 aufgefordert wurde, ein Angebot abzugeben, befindet sich in der Vergabeakte ein Angebot der Beigeladenen mit Datum vom 27.05.2003 mit Vertragsentwurf zum Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft und Kalkulationsaufschlüsselung Tagessatz. Der angebotene Tagessatz betrug nunmehr 7,53 EUR, nachdem er im Entwurf vom 12.02.2003 noch 9,04 EUR betragen hatte.
Einem Vermerk der Auftraggeberin vom 03.06.2003 ist zu entnehmen, dass die Aufsichtsbehörde bereit sei, den höheren Tagessatz der Beigeladenen zu akzeptieren. Die Auftraggeberin hielt ferner fest, dass sie sich Informationen aus Nachbargemeinden eingeholt habe, die mit der Arbeit der Beigeladenen sehr zufrieden seien, da auch ständig mit dem gleichen Personal gearbeitet werde. Die Auftraggeberin hielt auch fest, dass aus ihrer Sicht beim Vergleich der Tagessätze auffällig sei, dass die Antragstellerin beim Personal einen erheblich geringeren Betrag angesetzt habe.
Mit Schreiben vom gleichen Tage bat die Auftraggeberin die Antragstellerin um Übersendung des Entwurfes des Betreibervertrages und um Erklärung hinsichtlich der Position Personalkosten. Die Auftraggeberin wies darauf hin, dass angedacht sei, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, auch an Wochenenden/Feiertagen einzurichten, wobei zu gewährleisten sei, dass ständig der Heimleiter oder der Hausmeister im Heim anwesend ist. Ferner teilte die Auftraggeberin mit, dass sie wünsche, dass mit einem festen Personalstamm gearbeitet werde, da es in der Vergangenheit häufig Personalwechsel gegeben habe ohne dass sie benachrichtigt wurde.
Am 05.06.2003 wurde dem Rat der Gemeinde der Auftraggeberin empfohlen, auf der Grundlage des vorgelegten Vertragsentwurfes der Beigeladenen mit ihr einen Betreuungsvertrag für die Dauer von 5 Jahren ab dem 01.08.2003 abzuschließen. Der Vertragsentwurf der Antragstellerin lag der Auftraggeberin zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Der Rat ist dem Beschlussvorschlag am 26.06.2003 gefolgt.
In einem Auszug aus der Niederschrift des Ausschusses für Sozialwesen, Jugendarbeit, Sport und Kultur der Auftraggeberin vom 25.06.2003 empfiehlt das Gremium den Abschluss des Vertrages mit der Beigeladenen für die Dauer von 5 Jahren, beginnend ab 01.08.2003.
In einem weiteren Vermerk der Auftraggeberin vom 19.06.2003 über die Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde wurde u.a. festgehalten, dass in dem Vertragsentwurf der Antragstellerin der neue Tagessatz lediglich um 1,31 EUR im Angebot erhöht wurde, obwohl die Stunden des Hausmeisters verdoppelt wurden und die des Heimleiters gar verdreifacht. Die Auftraggeberinäußerte in dem Vermerk den Verdacht, dass die Antragstellerin mit Minijobs arbeite, billigen ausländischen Arbeitskräften oder aber die Rufbereitschaft von einem Hotel aus organisiere. Sie zweifelte daher die Kalkulation und die Verlässlichkeit der Antragstellerin an. Als Beispiel hält sie fest, dass der Tagessatz in einer Nachbargemeinde nach der Übernahme der Beigeladenen erhöht wurde, da bestimmte Einrichtungsgegenstände nicht mehr vorhanden bzw. gebrauchsunfähig waren. In einer anderen Unterkunft seien vor der Übernahme Räume vollgemüllt gewesen sowie neuwertige noch eingepackte Kinderbetten auf dem Dachboden vorgefunden worden. Ferner wurde festgehalten dass ein Bediensteter der Aufsichtsbehörde weiter berichtete, dass die Beigeladene auftretende Mängel innerhalb kürzester Zeit abgestellt habe. Aus den gemachten positiven Erfahrungen in den Nachbargemeinden empfiehlt der Vertreter der Aufsichtsbehörde, den Betrieb des Wohnheimes der Beigeladenen zu übertragen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 30.06.2003 rügte die Antragstellerin die geplante Vergabe. Zur Begründung führte sie aus, dass ihrer Meinung nach, der Betreibervertrag europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen. Ferner sei ihr nicht die Begründung zum Ausschluss ihres Angebotes bekannt. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr Angebot nur dann rechtlich als ungewöhnlich niedrig ausgeschlossen werden könne, wenn sie dem Angebot zuvor einer Angemessenheitsprüfung gem.§ 25 Nr.2 Abs. 2 VOL/A unterzogen hätte.
Der Bevollmächtigte der Auftraggeberin teilte mit Schriftsatz vom 03.07.2003 der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, da es das wirtschaftlichste sei. Ferner nimmt er zu der Frage der europaweiten Ausschreibungspflicht und dem Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin Stellung.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2003, eingegangen per Fax am selben Tage, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Sie weist erneut darauf hin, dass ihrer Meinung nach der abzuschließende Betreibervertrag europaweit auszuschreiben sei, da der Leistungsumfang wesentlich erweitert werden soll. InÜbrigen liege die Vergütung für den abzuschließenden Betreibervertrag erheblich über dem Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung.
Außerdem unterläge ihrer Auffassung nach ein Verlängerungsvertrag insbesondere dann dem Vergaberecht, wenn sein Inhalt nicht unwesentlich abgeändert werde.
Sofern die Auftraggeberin der Auffassung sei, dass eine Verletzung der Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 GWB vorläge, sei ihrer Meinung nach diese Annahme verfehlt, da sie am 27.05.2003 telefonisch gegenüber der Auftraggeberin die unterlassene Ausschreibung gerügt habe.
Im Übrigen sei sie auch antragsbefugt, da sie das fragliche Flüchtlingswohnheim bereits 2 x 5 Jahre betreue und bestrebt sei, den Anschlussvertrag abzuschließen.
Soweit die Auftraggeberin von einer mangelnde Zuverlässigkeit der Antragstellerin ausgehe, weist sie ihrer Meinung nach auf folgende Tatsachen hin:
- Zwar seien unstreitig bei der Besichtigung am 27.01.2003 durch das Gesundheitsamt xxxxxxx Mängel, insbesondere in Gestalt mangelnder Sauberkeit festgestellt worden; dies sei jedoch darauf zurückzuführen, dass der bisherige Vertrag lediglich eine 1/2 Hausmeisterstelle und eine 1/4 Heimleiterstelle vorgesehen habe. Die Auftraggeberin habe selbst festgestellt, dass diese personelle Ausstattung unzureichend und ursächlich für die mangelnde Sauberkeit sei. Mit dem minimalen Personaleinsatz 1ieße sich eine zeitlich durchgängige Kontrolle der Reinigungsarbeiten durch die Bewohner nicht gewährleisten. Insoweit habe die Auftraggeberin den Mangel erkannt und das Anforderungsprofil (1 Hausmeisterstelle und 1 Heimleiterstelle) wieder "zurückverändert".
- Soweit in dem Bericht des Gesundheitsamtes vom 27.01.2003 behauptet werde, der Hausmeister habe das Heim vernachlässigt, weil der Vertrag bald auslaufe, sei dies unrichtig. Diese Darstellung wurde im Besuchsbericht vom 17.02.2003 ausdrücklich korrigiert, da die ursprüngliche Annahme nicht den Tatsachen entspräche.
Ferner sei ihr Angebot zu Unrecht als ungewöhnlich niedrig von der Wertung ausgeschlossen worden. Die Auftraggeberin konstruiere ihrer Meinung nach ein "offenbares Missverhältnis" von Preis zu Leistung. Sie verkenne die systematische Bedeutung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A. Danach sei Voraussetzung für einen Angebotsausschluss nicht nur ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Preis und Leistung, sondern es müsse darüber hinaus zu erwarten sein, dass der Auftragnehmer wegen dieses Missverhältnisses in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerate und den Auftrag deshalb oder nicht ordnungsgemäß ausführen könne. Diese Voraussetzungen habe die Auftraggeberin weder vorgetragen noch seien sie ersichtlich.
Wenn die Auftraggeberin im Übrigen Zweifel an der Preisgestaltung des Angebotes gehabt habe, hätte sie dem Angebot eine Angemessenheitsprüfung gem. § 25 Nr.2 Abs. 2 VOL/A unterziehen müssen. Dies sei unstreitig nicht geschehen.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
Der Auftraggeberin wird untersagt, einen Betreibervertrag bezüglich des Flüchtlingswohnheims xxxxxxx abzuschießen bzw. einen entsprechenden Zuschlag zu erteilen, ohne zuvor ein förmliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt zu haben.
- 2.
Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten wird für notwendig erklärt.
- 3.
Der Antragstellerin wird Akteneinsicht in die Vergabeakten gewährt.
- 4.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens sowie die Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung zu tragen.
Die Auftraggeberin beantragt:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird verworfen.
- 2.
Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin war zur Zweck entsprechenden Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin erforderlich.
Hilfsweise wird sie beantragen zu entscheiden:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin erforderlich.
Die Auftraggeberin hält den Antrag der Antragstellerin für unzulässig, da ihrer Meinung nach die Nachprüfung nicht eröffnet sei, da die für die Laufzeit des Vertrages zu zahlende Vergütung für die Betriebsführung den Schwellenwert des § 2 VgV nicht erreiche. Im Übrigen seien die mit den im Antragsschriftsatz vom 03.07.2003 erhobenen Rügen nach § 107 Abs. 3 GWB nicht unverzüglich erfolgt. Ferner läge ihrer Meinung nach keine Antragsbefugnis im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB vor, da der Antragstellerin durch die beabsichtigte Vergabe keinen Schaden entstehen oder zu entstehen drohe. Die Antragstellerin habe selbst im Schreiben vom 28.05.2003 klargestellt, dass die bisher im Heim beschäftigten Mitarbeiter die Rechte aus dem Betriebsübergang nach § 613 a BGB geltend machen werden. Insoweit werde der Antragstellerin kein Schaden entstehen. Der Nachprüfungsantrag sei daher unzulässig.
Soweit der Antrag zulässig sein sollte, hält die Auftraggeberin ihn für unbegründet. Sie führt dazu aus:
- Die Suche nach einem Betreiber war ihrer Auffassung nach formfrei statthaft, da nicht zu erwarten gewesen sei, dass der Schwellenwert überschritten werde.
- Ferner habe sie bei der Suche des Betriebsführers die zentralen Vergaberechtsgrundsätze (Transparenz des Verfahrens und Gleichbehandlung) gewahrt. Sie habe sogar der Antragstellerin mit Schreiben vom 03.06.2003 eingeräumt, ihr hinsichtlich der Personalkosten nicht auskömmliches Angebot zu erläutern.
- Sachlich sei das Angebot der Antragstellerin ihrer Meinung nach zwingend nach § 7 Nr. 4 VOL/A i.V.m. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen, da es der Antragstellerin an den Kernkompetenzen fehle. Die Auftraggeberin bezieht sich dabei auf die Kontrolle des Gesundheitsamtes, die laufende Vollstreckung und die mangelhafte Vertragserfüllung. Ferner habe eine weitere Kontrolle durch das Gesundheitsamt am 07.07.2003 ergeben, das ein vergleichbarer Zustand weiter herrsche. Die Auftraggeberin müsse angesichts der nicht auskömmlich angebotenen Personalkosten davon ausgehen, dass sich die im Bericht dokumentierten Zustände nichtändern werden, wenn sie den Betrieb weiterführe.
- Schließlich dürfe das Angebot der Antragstellerin nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A wegen des offenbaren Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung nicht den Zuschlag nicht erhalten. Die von der Antragstellerin angegebenen Personalkosten seien ihrer Meinung nach nicht auskömmlich. Der marktübliche Vergleichspreis, belegt anhand der Sätze vergleichbarer Einrichtungen und des Mitbewerbers, liege rund 79 % höher. Damit sei eine tarifgerechte Beschäftigung deutscher oder EU-angehöriger Stammkräfte nicht möglich. Es seien damit die Schwierigkeiten vorprogrammiert, die auch in den vergangenen 5 Jahren die Leistung geprägt hätten. Konsequenterweise dürfe wegen dieses offenbaren Missverhältnisses das Angebot der Antragstellerin den Zuschlag nicht erhalten.
Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.
Die Vergabekammer hat die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB mit Verfügung des Vorsitzenden vom 08.07.2003 über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 29.08.2003 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22.08.2003 verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag der Antragstellerin ist begründet. Die Antragstellerin ist durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes im streitbefangenen Vergabeverfahren im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen mangelnder Zuverlässigkeit gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht vorliegen. Eine Nichtberücksichtigung wegen unangemessen niedrigen Preises ist ebenfalls nicht gerechtfertigt, da die Auftraggeberin zwar entsprechende Zweifel in der Vergabeakte dokumentiert hat, es jedoch unterließ, das Angebot der Antragstellerin zuvor einer Angemessenheitsprüfung unter entsprechender Anforderung der erforderlichen Belege gemäß § 25 Nr. 2 Abs. VOL/A zu unterziehen. Ferner hat sie zu Lasten der Antragstellerin gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem die Verwaltung der Auftraggeberin dem Gemeinderat bereits mit Verwaltungsvorlage vom 05.06.2003 empfohlen hat, den Betreibervertrag mit der Beigeladenen auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Vertragsentwurfs zu schließen, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Vertragsentwurf der Antragstellerin noch gar nicht vorlag. Eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A war zu diesem Zeitpunkt daher noch nicht möglich. Darüber hinaus ist die Auftraggeberin gehalten, den streitbefangenen Betreibervertrag zwar nicht europaweit, aber national gemäß dem 1. Abschnitt der VOL/A öffentlich (§ 3 Abs. 1 VOL/A) auszuschreiben. Die Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 und Nr. 4 VOL/A liegen nicht vor. Eine entsprechende Begründung der Auftraggeberin für das Abweichen vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung hat die Auftraggeberin in der Vergabeakte nicht dokumentiert (§§ 3 Nr. 5, 30 VOL/A). Dies gilt erst recht für eine freihändige Vergabe ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Betrieb, Verwaltung und Betreuung einer Obdachlosenunterkunft und damit um einen Dienstleistungsauftrag gem. § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis des Vergabeverfahrens deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Bereits das streitbefangene Angebot der Antragstellerin schließt mit einem Preis von 632.910 EUR über die gesamte 5-jährige Laufzeit des Betreibervertrages (Tagessatz 5,78 EUR x 60 Plätze x 365 Tage x 5 Jahre).
Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags scheitert auch nicht daran, dass der streitbefangene Auftrag entgegen der Auffassung der Antragstellerin trotzÜberschreitens der EU-Schwellenwerte nicht europaweit ausgeschrieben werden musste, wovon die Auftraggeberin auch abgesehen hat. Die ausgeschriebenen Leistungen unterliegen als soziale Dienstleistungen der CPC-Referenz Nr. 93 und damit der Kategorie 25 sowie der CPC-Referenz Nr. 64 (Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe) und damit der Kategorie 17 des Anhangs I B des Abschnitts 2 der VOL/A (vgl. VK Arnsberg, Beschluss vom 17.04.2001, Az.: VK 2-07/01 sowie 1. VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2001, Az.: 1/SVK/55-01). Aus diesem Grunde findet der 2. Abschnitt ("a-Paragrafen") der VOL/A nur begrenzte Anwendung neben den Basisparagrafen (= 1. Abschnitt). Daraus leitet sich - hinsichtlich des 2. Abschnitts - nur die Verpflichtung ab, nach erfolgter Auftragserteilung aus statistischen Gründen eine Meldung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen über den vergebenen Auftrag gem. Anhang G der VOL/A zu senden. Dabei kann nach § 28 a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A angegeben werden, ob bezüglich der Veröffentlichung Einverständnis besteht (vgl. Müller in Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 1 a, Rdnr. 103). Da die Schwellenwerteüberschritten wurden, ist gleichwohl eine Prüfungskompetenz für ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Einhaltung der Basisparagrafen der VOL/A gegeben (vgl. VÜA Bund 13/99; VK Sachsen, a.a.O.; VK Arnsberg, a.a.O.). Im Übrigen sind die aus primärem Europarecht stammenden Gebote wie Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot sowie auch das Diskriminierungsverbot, die mittels § 97 GWB für Vergaben öffentlicher Auftraggeber verbindlich sind, auch unterhalb der Schwellenwerte anzuwenden. Ihre Einhaltung muss daher in jedem Fall der Nachprüfung zugänglich sein, wenn die Schwellenwerte, wie im vorliegenden Fall, überschritten sind.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin habe ihr Angebot zu Unrecht wegen angeblicher preislicher Unangemessenheit gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ausgeschlossen und im Übrigen der Beigeladenen im gesamten freihändigen Verfahren unter Verletzung des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebotes den Vorzug gegeben. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, das sie ohne die von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverletzungen und weitere Berücksichtigung bei den freihändigen Vertragsverhandlungen zumindest eine bessere Chance auf den Zuschlag gehabt hätte, zumal auch die Beigeladene ihren ursprünglich im Vertragsentwurf vom 12.02.2003 angebotenen Tagessatz im Zuge des freihändigen Verfahrens erheblich reduziert hat. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Eine ausdrückliche Rüge ist mit Anwaltsschriftsatz der Antragstellerin vom 30.06.2003 erfolgt. Darin machte die Antragstellerin nicht nur einen Verstoß gegen die aus ihrer Sicht bestehende vermeintliche Pflicht zur europaweiten Ausschreibung geltend, was - läge ein entsprechender Verstoß vor - tatsächlich nicht unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB gerügt worden und deshalb präkludiert wäre, worauf die Auftraggeberin zu Recht hinweist. Sie rügte aber auch, dass ihr Angebot von der Auftraggeberin offenbar als ungewöhnlich niedrig von der Angebotswertung ausgeschlossen wurde, ohne es zuvor einer Angemessenheitsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu unterziehen. Davon hatte sie - von der Auftraggeberin unwidersprochen - erst am gleichen Tage erfahren. Gegen den Vorwurf der mangelnden Zuverlässigkeit gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A konnte Sie sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wehren, da ihr dieser Ausschlussgrund erstmalig mit Anwaltsschriftsatz der Auftraggeberin vom 03.07.2003 mitgeteilt wurde. An diesem Tage hatte die Antragstellerin kurz zuvor bereits per Fax den Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt. Die diesbezügliche vorherige Rüge war daher entbehrlich. Die Rüge der Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 30. Juni 2003 erfolgte somit unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes im streitbefangenen Vergabeverfahren in mehrfacher Hinsicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen mangelnder Zuverlässigkeit gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A lagen offenbar auch nach der ursprünglichen Einschätzung der Auftraggeberin selbst nicht vor, da sie die Antragstellerin andernfalls im von ihr gewählten freihändigen Vergabeverfahren gar nicht erst zur Abgabe eines Angebotes und danach noch einmal erinnernd zur Vorlage eines Vertragsentwurfs hätte auffordern dürfen (im Folgenden unter a)) Eine Nichtberücksichtigung wegen unangemessen niedrigen Preises ist ebenfalls nicht gerechtfertigt, da die Auftraggeberin zwar entsprechende Zweifel in der Vergabeakte dokumentiert hat, es jedoch unterließ, das Angebot der Antragstellerin zuvor einer Angemessenheitsprüfung unter entsprechender Anforderung der erforderlichen Belege gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu unterziehen (im Folgenden unter b)). Ferner hat sie zu Lasten der Antragstellerin gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem die Verwaltung der Auftraggeberin dem Gemeinderat bereits mit Verwaltungsvorlage vom 05.06.2003 empfohlen hat, den Betreibervertrag mit der Beigeladenen auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Vertragsentwurfs zu schließen, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Vertragsentwurf der Antragstellerin noch gar nicht vorlag. Eine abschließende vergleichende Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A war zu diesem Zeitpunkt daher noch nicht möglich (im Folgenden unter c)). Darüber hinaus war und ist die Auftraggeberin gehalten, den streitbefangenen Betreibervertrag zwar nicht europaweit, aber national gemäß dem 1. Abschnitt der VOL/A öffentlich (§ 3 Abs. 1 VOL/A) auszuschreiben. Die Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 und Nr. 4 VOL/A liegen nicht vor. Eine entsprechende Begründung der Auftraggeberin für das Abweichen vom Grundsatz deröffentlichen Ausschreibung hat die Auftraggeberin in der Vergabeakte nicht dokumentiert (§§ 3 Nr. 5, 30 VOL/A). Dies gilt erst recht für eine freihändige Vergabe ohneöffentlichen Teilnahmewettbewerb (im Folgenden unter d)).
a)
Die Auftraggeberin kann die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin nicht auf den Vorwurf mangelnder Eignung, also fehlender Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A stützen. Die Auftraggeberin hat diese Vorwürfe gegenüber der Antragstellerin ausdrücklich erstmalig mit Anwaltsschriftsatz vom 03.07.2003 erhoben. Dort wird der Antragstellerin vorgehalten, dass
- am 27.01.2003 das Gesundheitsamt des Landkreises xxxxxxx beim Besuch des von der Antragstellerin bislang betriebenen Flüchtlingswohnheims erhebliche Missstände festgestellt habe und nur durch unbürokratisches Einspringen der Auftraggeberin die sofortige Schließung des Flüchtlingswohnheims durch den Landkreis habe verhindert werden können,
- gegen die Antragstellerin noch im März 2003 wegen titulierter Ansprüche Forderungen der Gemeinde xxxxxxx vollstreckt worden seien,
- angesichts des Ortstermins am 27.01.2003 und bei der späteren Kontrolle sowohl der Heimleiter als auch der Hausmeister gesagt hätten, dass im Objekt nichts mehr gemacht würde.
Ferner hat die Auftraggeberin darauf hingewiesen, dass eine weitere Kontrolle durch das Gesundheitsamt am 07.07.2003 - also nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens - ergeben habe, das ein vergleichbarer Zustand weiter herrsche. Sie hat der Vergabekammer ein entsprechendes Schreiben des Gesundheitsamtes des Landkreises xxxxxxx vom 09.07.2003 vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2003 erläutert, dass sich ihr Vorwurf gegenüber der Antragstellerin in erster Linie auf die mangelhafte Wahrnehmung der Aufsichtspflicht beziehe.
In der Vergabeakte (Bl. 5) ist ein Vermerk des Ordnungs- und Sozialamtes der Auftraggeberin enthalten, der auf den ersten Ortstermin am 27.01.2003, die dort festgestellten hygienischen Mängel und eine bevorstehende Erörterung mit der Antragstellerin am 17.02.2003 Bezug nimmt. Dort wird als Ursache ausdrücklich festgehalten:
"Der bisherige Vertrag umfasst Hausmeisterdienste von 20 Std. wöchentlich und eine Heimleitertätigkeit von 10 Std. in der Woche. Diese Leistungen reichen nach den gemachten Erfahrungen nicht aus. Es wird daher angedacht, die Leistung des Betreibers auf eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, auch am Wochenende, auszudehnen."
Von daher ist bereits zweifelhaft, ob die von der Auftraggeberin nunmehr angeführten, bei dem Ortstermin des Gesundheitsamtes festgestellten Mängel tatsächlich der Antragstellerin vorgeworfen werden können oder ob sie, was der Vermerk der Auftraggeberin und der Sachverhalt im Übrigen nahe legen, auf den im laufenden Vertrag aus Kostengründen zu knapp bemessenen vereinbarten Leistungsumfang zurückzuführen sind.
Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie Betreiberverträge mit einem derartig reduzierten Betreuungsumfang gar nicht erst abschließt. Dies kann jedoch letztlich auch dahinstehen. Hinreichende Zweifel an der Eignung i.S.d. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A vermögen diese Mängel jedenfalls nicht zu begründen. Denn die Auftraggeberin hat sie offenbar selbst ursprünglich nicht für gravierend gehalten. Sie hat die Antragstellerin nicht nur in Kenntnis dieser Mängel mit Schreiben vom 15.05.2003 zur Angebotsabgabe aufgefordert, sondern sie mit Schreiben vom 03.06.2003 um einen Entwurf des Betreibervertrages gebeten und mit Schreiben vom 12.06.2003 noch einmal daran erinnert.
Die Eignungsüberprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, die bei öffentlichen Ausschreibungen gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A die zweite der vier Wertungsstufen bildet (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 25, Rdnr. 8, m.w.N.), muss in einem nicht offenen Verfahren oder bei freihändiger Vergabe gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A notwendigerweise vor der Aufforderung der Bieter zur Angebotsabgabe erfolgen (vgl. Daub/Eberstein, a.a.O., Rdnr. 31; Boesen, Vergaberecht, § 97 GWB, Rdnr. 67). Dies muss erst recht gelten, wenn der Auftraggeber den aufgeforderten Bieter - wie im vorliegenden Fall - schon aus vorangegangenen Vertragsverhältnissen kennt. Schon der das Vergabeverfahren beherrschende Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB verbietet grundsätzlich eine Vermengung der Wertungsphasen, insbesondere wenn - wie im vorliegenden Fall - vermeintliche Defizite im Eignungsbereich nur hilfsweise im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogen werden.
b)
Die Auftraggeberin war nicht befugt, das Angebot der Antragstellerin wegen des auffallend niedrigen Preises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A bei der Bewertung ohne Konsultation der Antragstellerin nicht zu berücksichtigen. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Von einem solchen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist aber nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Kulartz, VOL/A, 5. Auflage, § 25 Rdn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01).
Nach diesen Grundsätzen durfte die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin nicht allein auf Grund der Tatsache ausschließen, dass es im Tagessatz für den 1. bis 60. Platz gegenüber dem bisherigen, im Rahmen des z. Zt. noch laufenden Vertragsverhältnis von der Antragstellerin berechneten Tagessatzes nur geringfügig, um 1,31 EUR höher ausfiel, obwohl nach dem ausgeschriebenen Betreibervertrag die Stunden des Hausmeisters verdoppelt und die des Heimleiters gar verdreifacht werden sollen, wie die Auftraggeberin in der Vergabeakte in einem Vermerk vom 19.06.2003 festgehalten hat. Auch die Tatsache, dass der von der Antragstellerin angebotene Tagessatz von 5,78 EUR 30 % vom Angebot der Beigeladenen mit einem Tagessatz von 7,53 EUR abweicht, rechtfertigt ohne weiteres nicht, das Angebot unberücksichtigt zu lassen und als Dumpingangebot einzustufen. Die Auftraggeberin hätte vielmehr, wie es § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ausdrücklich vorschreibt, die Einzelposten dieser Angebote nicht nur prüfen müssen, sondern zu diesem Zweck von der Antragstellerin die erforderlichen Belege für ihre Kalkulation verlangen müssen. Der öffentliche Auftraggeber hat keine Entscheidungsfreiheit, ob eine Überprüfung sinnvoll ist. Selbst in den Fällen, in denen ein Angebot nach Auffassung des Auftraggebers unrealistisch ist, ist der Bieter dennoch zur Stellungnahme aufzufordern (vgl. Kulartz, a.a.O., § 25 Rdn. 39, m.w.N.). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und ihm ggf. mitteilen, welche Unterlagen oder Positionen für unannehmbar erachtet werden. Dem Bieter ist dabei eine angemessene Frist für zusätzliche Angaben einzuräumen. Dieser ist dann zwar nicht verpflichtet, die entsprechenden Auskünfte über sein Angebot zu erteilen und seine Kalkulation offen zu legen. Er wird dieser Aufforderung in der Regel aber nachkommen, um einen sonst erfolgenden Ausschluss nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu vermeiden (vgl. VK Düsseldorf, Beschluss v. 17.12.1999, Az.: VK-17/99-L). Die Auftraggeberin durfte daher nicht, wie geschehen, jegliche Konsultation der Antragstellerin unterlassen und stattdessen ihre Entscheidung lediglich auf die von ihr bei der Prüfung festgestellten Preisdifferenzen stützen. Die Antragstellerin hatte in ihrem Begleitschreiben zum Angebot vom 28.05.2003 darauf hingewiesen, dass sich bei Erhalt des Zuschlags für das streitbefangene Flüchtlingswohnheim für ihr Unternehmen erhebliche Synergieeffekte z.B. bei der Position Rufbereitschaft ergeben können, weil sie zugleich auch eine weitere Unterkunft (Hotel xxxxxxx) im Gemeindegebiet der Auftraggeberin betreibt. Darin könnte möglicherweise auch der niedrige Tagessatz begründet sein. Die Auftraggeberin war daher angesichts dieser Fragen, die das Angebot der Antragstellerin für sie aufwerfen musste, verpflichtet zu prüfen, ob das Angebot der Antragstellerin in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht und deshalb auszuschließen ist. Sie durfte bei dieser Prüfung aber nicht darauf verzichten, von der Antragstellerin die erforderlichen Belege zu verlangen.
Das Schreiben der Auftraggeberin vom 03.06.2003 enthält keine entsprechende Beleganforderung. Auch Zweifel an der Angemessenheit des Preises werden ausdrücklich nicht geäußert. Es heißt dort lediglich:
"Erklärungsbedarf besteht noch hinsichtlich der Position Personalkosten. Es ist angedacht, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, auch an Wochenenden/Feiertagen einzurichten, wobei gewährleistet wird, dass ständig der Heimleiter oder Hausmeister im Heim anwesend ist. ..."
Dieses Schreiben deutete die Antragstellerin zu Recht dahingehend, dass sie die Rund-um-die-Uhr-Betreuung bestätigen sollte, was sie mit Antwortschreiben vom 06.06.2003 dann auch ausdrücklich getan hat.
Die Auftraggeberin ist im Rahmen eines Vergabeverfahrens gehalten, diese Prüfung ordnungsgemäß durchzuführen und in der Vergabeakte in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk transparent zu dokumentieren. Dabei ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass ein offenbares Missverhältnis von Preisen zur Leistung noch nicht dann vorliegt, wenn einzelne Positionen oder Bereiche unterpreisig erscheinen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall ein auch nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen. Dies aber hat die Auftraggeberin unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der Antragstellerin in der gebotenen Weise zu überprüfen. Lediglich wenn diese eingehende Plausibilitätsprüfung ein offenbares Missverhältnis des Preises zur Leistung ergibt, darf die Auftraggeberin dem entsprechenden Bieter den Zuschlag nicht erteilen.
c)
Die Auftraggeberin hat ferner zu Lasten der Antragstellerin gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem die Verwaltung der Auftraggeberin dem Gemeinderat bereits mit Verwaltungsvorlage vom 05.06.2003 empfohlen hat, den Betreibervertrag mit der Beigeladenen auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Vertragsentwurfs zu schließen, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Vertragsentwurf der Antragstellerin noch gar nicht vorlag. Eine abschließendevergleichende Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A war zu diesem Zeitpunkt daher noch nicht möglich.
Die Auftraggeberin hat die freihändigen Vertragsverhandlungen mit der Antragstellerin offenbar nicht mit der gleichen Intensität geführt wie mit der Beigeladenen. Während die Beigeladene ihren ursprünglich mit Vertragsangebot vom 12.02.2003 angebotenen Tagessatz von 9,04 EUR im Zuge der Vertragsverhandlung mit Angebot vom 27.05.2003 auf 7,53 EUR reduzierte, ist die Auftaggeberin auf den Hinweis der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 13.06.2003, ihr Vertragsentwurf könne im Wege der Verhandlungen entsprechend etwaigen Wünschen der Auftraggeberin noch geändert werden, nicht zurückgekommen. Jedenfalls sind derartige Verhandlungen mit der Antragstellerin nicht in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert.
Stattdessen fällt auf, dass die Auftraggeberin dem Landkreis xxxxxxx bereits am 15.05.2003 - also dem Tag der Absendung der Angebotsforderung an die Antragstellerin - den Vertragsentwurf der Beigeladenen vom 12.02.2003 übersandte, verbunden mit dem Hinweis, dass verwaltungsseitig der vorgelegte Vertrag favorisiert werde und die Entscheidung in den Ratsgremien in der 26. Kalenderwoche falle.
Ferner hat die Verwaltung der Auftraggeberin dem Gemeinderat bereits mit Verwaltungsvorlage vom 05.06.2003 empfohlen, den Betreibervertrag mit der Beigeladenen auf der Grundlage des von ihr vorgelegten Vertragsentwurfs zu schließen, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Vertragsentwurf der Antragstellerin noch gar nicht vorlag. Der das Vergaberecht beherrschende, auch im freihändigen Verfahren resp. Verhandlungsverfahren vom öffentlichen Auftraggeber zu beachtende Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB wurde daher hier zu Lasten der Antragstellerin verletzt.
Es ist zwar richtig, dass die VOL dem Auftraggeber nicht vorschreibt, wie viele Verhandlungsrunden er mit den Bewerbern durchführt. Die Verfahrensweise der Auftraggeberin im streitbefangenen Vergabeverfahren, den Bewerbern Fristen zu setzen - wie hier etwa der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.06.2003 zur Vorlage des Vertragsentwurfs bis zum 16.06.2003 -, ist jedoch nicht nur im Interesse einer zügigen Durchführung des Verhandlungsverfahrens sinnvoll. Sie sorgt auch für Transparenz und Gleichbehandlung dahingehend, dass sich ein Auftraggeber nicht dem Vorwurf aussetzen muss, das Verhandlungsverfahren gerade dann beendet zu haben, wenn ein von ihm aus welchen Gründen auch immer bevorzugtes Unternehmen mit seinem Angebot gerade an erster Stelle liegt. Die Verwaltung der Auftraggeberin hätte sich daher im vorliegenden Fall an ihre laut Schreiben vom 12.06.2002 der Antragstellerin gesetzte Frist - 16.06.2003 - halten müssen (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 13.05.2002, Az.: 1/SVK/029-02, = Vergaberechtsreport 7/2002, S. 2, 3) und nicht schon vorher, am 05.06.2003 ihren Gremien empfehlen dürfen, den Betreibervertrag mit der Beigeladenen abzuschließen.
d)
Darüber hinaus hat die Auftraggeberin für die Vergabe des streitbefangenen Dienstleistungsauftrags nicht die von § 3 VOL/A vorgeschriebene Art des Vergabeverfahrens eingehalten. Sie war und ist gehalten, den streitbefangenen Betreibervertrag zwar nicht europaweit (vgl. oben I 1), aber national gemäß dem 1. Abschnitt der VOL/A öffentlich (§ 3 Abs. 1 VOL/A) auszuschreiben. Auch für Vergaben, die nicht europaweit nach Abschnitt 2, sondern nur national nach den Basisparagrafen des 1. Abschnitts der VOL/A erfolgen, gilt gemäß § 3 Nr. 2 VOL/A der Vorrang der öffentlichen Ausschreibung, um so einen möglichst freien Wettbewerb zu gewährleisten (vgl. Fett in: Müller-Wrede, VOL/A, § 3, Rdnr. 36 ff; Daub/Eberstein, a.a.O., § 3, Rdnr. 12 ff., jeweils m.w.N.). Der Vorrang der öffentlichen Ausschreibung ergibt sich für öffentliche Auftraggeber außerdem aus haushaltsrechtlichen Restriktionen. Die §§ 30 Haushaltsgrundsätzegesetz, 55 Abs. 1 der Bundes- und Landeshaushaltsordnungen sowie die Regelungen der Gemeindehaushaltsverordnungen bestimmen, dass dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorauszugehen hat, sofern nicht besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass etwa die Natur des streitbefangenen Betreibervertrages oder besondere Umstände den Verzicht auf eineöffentliche Ausschreibung rechtfertigen, zumal die Auftraggeberin auch nicht den Weg der zweitrangig möglichen beschränkten Ausschreibung gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A wählte, sondern gleich zur nur unter den abschließenden, engen Ausnahmegründen des § 3 Nr. 4 VOL/A zulässigen freihändigen Vergabe schritt. Dies ohne - wie von § 3 Nr. 5 VOL/A ausdrücklich vorgeschrieben - die Gründe für Abweichung von der öffentlichen Ausschreibung aktenkundig zu machen. Die Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe gemäß § 3 Nr. 1 Abs. 3 und Nr. 4 VOL/A liegen nicht vor. Insbesondere ist auch ein Markt für die streitbefangene Dienstleistung vorhanden. Eine entsprechende Begründung der Auftraggeberin für das Abweichen vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung hat die Auftraggeberin in der Vergabeakte nicht dokumentiert (§ 30 VOL/A). Dies gilt erst recht für eine freihändige Vergabe ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A). Die Auftraggeberin hat auch dadurch gegen den Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der mitbetroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der festgestellten schwer wiegenden Verstöße gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot und das Gleichbehandlungsgebot ist es erforderlich, die Aufhebung der freihändigen Vergabe durch Beschluss der Vergabekammer herbeizuführen, da die Vergaberechtsverstöße - insbesondere die frühzeitige Festlegung der Auftraggeberin auf die Beigeladene wie auch die das streitbefangene Vergabeverfahren prägenden Verstöße gegen die Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A - nicht durch eine Verpflichtung zur Neuvornahme der Angebotswertung beseitigt werden könnten. Dies gilt insbesondere auch für die fehlende, von der Auftraggeberin in keiner Weise gemäß § 3 Nr. 5 VOL/A dokumentierte Begründung für den Verzicht auf die gebotene öffentliche Ausschreibung. Wegen der zentralen Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 2 GWB, § 2 Abs. 2 Nr. 2 VOL/A und der Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A hat die Vergabekammer die Vergaberechtsverletzungen gem. § 110 Abs. 3 GWB von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat der Vergabekammer gem. § 114 Nr. 1 GWB die Verpflichtung zugewiesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei ist die Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer muss deshalb darauf hinwirken, dass die Auftraggeberin von einer freihändigen Vergabe absieht und den streitbefangenen Betreibervertrag nur nach öffentlicher Ausschreibung vergibt.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.683 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 632.910 EUR (Tagessatz 5,78 EUR x 60 Plätze x 365 Tage x 5 Jahre) . Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 632.910 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.683 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einem fachkundigen, erfahrenen Bieter wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass erüber das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A verfügt, bedurfte er für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen. Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 2.683 EUR unter Angabe des Kassenzeichens auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxxx (BLZ xxxxxxx) Konto xxxxxxx
Schulte
Hintz