Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 18.12.2003, Az.: 203-VgK-35/2003

Definition von nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen auszuschreibenden Leistungen; Erkennen einer einem Fachkundigen ins Auge fallenden Anforderung als wesentlich im Rahmen der Rügeobliegenheit; Vorliegen einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung durch Ausschreibung einer von nur wenigen Unternehmen lieferbaren Technologie; Rechtsfolge von Änderungen und Ergänzungen der Verdingungsunterlagen; Anforderungen an die zulässige Abgabe von Nebenangeboten; Bestehen der Möglichkeit zur Darlegung der Gleichwertigkeit mit dem Angebot bei Ausschreibungen nach der Verdingungsordnung für Leistungen; Angebotsausschluss wegen fehlender Nachweise

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
18.12.2003
Aktenzeichen
203-VgK-35/2003
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32522
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Ausschreibung zur Errichtung eines Verkehrsrechnersystems sowie Umrüstung von 32 Lichtsignalanlagen.

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Bauoberamtsrätin Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ök. Brinkmann
auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2003
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden 2.843,00 EUR festgesetzt.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit Vergabebekanntmachung vom 01.09.2003 die Einrichtung eines Verkehrsrechnersystems sowie die Umrüstung von 32 Lichtsignalanlagen (Lieferung und Installation von entsprechender Hardware, Entwicklung und Versorgung der erforderlichen Software, Austausch von LSA-Steuergeräten und Umrüstung der LSA-Außenanlagen) europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich Preis, Betriebs- und Folgekosten, Leistungsfähigkeit, Fachkunde, Zuverlässigkeit erteilt werden. Die Ausschreibung wurde fachlich begleitet durch die Ingenieurgesellschaft xxx. Gemäß der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vom 18.09.2003 wurden Nebenangebote nur zusammen mit einem Hauptangebot zugelassen. In der Leistungsbeschreibung VSR (Verkehrsrechner) heißt es unter der Position 5.1.4.1:

"Hardware/OCIT-Zentrale":

"Der Stadt xxx ist ein modulares, skalierbares System zu liefern, das gemäß den Anforderungen der Stadt ausgelegt ist und bei Bedarf erweitert werden kann. Die Hardware-Komponenten müssen zum Zeitpunkt der Lieferung dem aktuellen Stand der Technik und den Anforderungen der anzubietenden Applikationen entsprechen. Darüber hinaus werden folgende Mindestanforderungen gestellt:

Industrierechner in 19 Zoll-Bauweise mit 64-Bit-Prozessor,

Dualprozessorsystem ..."

2

Aufgrund von Bieteranfragen gab die Auftraggeberin mit Bieterrundschreiben vom 02.10.2003, 16.10.2003 und 22.10.2003 erforderliche Erläuterungen undÄnderungshinweise. Es blieb jedoch bei der Hardware-Anforderung "Industrierechner in 19 Zoll-Bauweise mit 64 Bit-Prozessor". Nach dem in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlag der xxx Ingenieurgesellschaft vom 29.10.2003 gab die Beigeladene unter Berücksichtigung der gewerteten Nebenangebote und des Skontos mit einer Angebotssumme von 1.065.397,01 EUR brutto das preislich niedrigste Angebot vor der Antragstellerin mit einer Angebotssumme von 1.153.850,97 EUR brutto ab. Das beauftragte Ingenieurbüro schlug vor, der Beigeladenen den Zuschlag auf ihr Angebot als das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Zum Angebot der Antragstellerin wurde festgehalten, dass die Antragstellerin wie auch zwei weitere Bieter für die OCIT-Zentrale und den Datenbankserver nicht - wie in der Leistungsbeschreibung ausdrücklich gefordert - Rechner mit einem 64-Bit-breiten Datenbus angeboten habe. Dem durch alle Bieter auszufüllenden "Bauteil- und Funktionsverzeichnis VSR" war zu entnehmen, dass die genannten Bieter jeweils Rechner mit 32-Bit-Prozessoren angeboten haben. Diese seien in Leistungsfähigkeit und Preis nicht mit dem Ausschreibungsumfang vergleichbar. Aus diesem Grunde seien die Angebote gemäß § 25 VOL wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen.

3

Gemäß Vergabevermerk vom 30.10.2003 folgte der Auftraggeber den Auffassungen und Vorschlägen des beauftragten Ingenieurbüros. Bereits mit Telefax vom 01.11.2003, noch vor der offiziellen Information gemäß § 13 VgV, rügte die Antragstellerin den nach ihrer Information bevorstehenden Ausschluss ihres Angebotes. Zur Begründung wies die Antragstellerin darauf hin, dass die Hardware-technische Abweichung den geforderten funktionalen Leistungsumfang nicht einschränke. Auch Erweiterungen gemäß OCIT V 1.1 ff. seien erfüllbar. Derzeit gebe es keine (auch bei den Mitbewerbern) Verkehrsrechnersysteme, welche diese Leistungsanforderung bezüglich der Systemarchitektur durchgängig erfüllen. Nach ihren Marktinformationen gebe es nur einen Hersteller, der diesen Leistungsanforderungen aus entwicklungsinternen Gründen entspreche. Die Hardware-technische Abweichung wirke sich in der Preisbetrachtung nur marginal aus. Mit Informationsschreiben gemäß § 13 VgV vom 10.11.2003 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin offiziell darüber, dass sie beabsichtige, am 26.11.2003 den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin werde ausgeschlossen, weil es nicht alle in den Verdingungsunterlagen gestellten Bedingungen erfülle. Zur Erläuterung wird darauf verwiesen, dass in dem Bauteil und Funktionsverzeichnis VSR bei der OCIT-Zentrale ein 32-Bit-Prozessor angegeben wird, obwohl laut Leistungsbeschreibung ein 64-Bit-Prozessor gefordert wurde.

4

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 13.11.2003, eingegangen am 17.10.2003, die Vergabekammer angerufen, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt und unter Bezugnahme auf ihr unbeantwortetes Rügeschreiben vom 01.11.2003 den Ausschluss ihres Angebotes angefochten. Sie wiederholt die in ihrem Rügeschreiben geltend gemachten Gründe und trägt ergänzend vor, dass nur bestimmte Hersteller ausschließlich für bestimmte Betriebssysteme (z.B. LINUX) und Aufgabenstellungen Software anbieten, die auf 64-Bit-Prozessoren abläuft. Microsoft z.B. habe für 2004 eine erste BETA-Version angekündigt. Die Anwenderapplikationen für 64-Bit-Prozessoren müssten speziellen Anforderungen entsprechen. Standard-Programme seien in der Regel nicht ablauffähig. In der Literatur sei nachzulesen, dass 64-Bit-Prozessoren für Daten- und Applikationsserveranwendungen in der High-End-Klasse entwickelt werden, die bei Verkehrsrechnersystemen nicht zum Einsatz kommen. Daraus resultiere eine starke Einschränkung der möglichen Wettbewerber oder es werde den Anbietern ein unzumutbares wirtschaftliches Risiko auferlegt, da eine spezielle und projektspezifische Entwicklungsleistung ausgeführt werden müsse. Ferner macht die Antragstellerin geltend, dass nach ihren Markterfahrungen die Beigeladene (wie auch andere) die Konformitätsbescheinigungen für die zentralen Systeme nicht beibringen können, weil bislang weder Tests angekündigt noch vorgenommen worden seien. Das einzige bereits beauftragte OCIT-System der Beigeladenen werde derzeit in der Stadt xxx (xxx) realisiert. Hier seien nach Informationen der Antragstellerin derzeit die Leistungsnachweise nicht erbracht. Im Übrigen seien aus Sicht der Antragstellerin die ausgeschriebenen Bauleistungen dem Gewerk "Straße" zuzuordnen und somit nach VOB/A auszuschreiben.

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Die Antragstellerin beantragt,

ein Nachprüfungsverfahren durchzuführen und die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Angebotes der Antragstellerin zu überprüfen.

6

Die Auftraggeberin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt den ihrer Auffassung nach zwingenden Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin gemäß § 25 VOL/A und verweist auf eine in der Vergabeakte enthaltene Stellungnahme des beauftragten Ingenieurbüros SKH vom 14.11.2003, das ausführlich zur Thematik "64-Bit-Prozessor" Stellung bezogen hat. Ferner verweist sie auf die Rügepflicht gemäß § 107 GWB. Die Entscheidung, ob die Ausschreibung nach VOB/A oder VOL/A auszuschreiben sei, habe sie an den Ausführungsbestimmungen zur VOL/A (Vergabehandbuch VOL) festgemacht. Daraus ergebe sich, dass Einrichtungen, die ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit von einer baulichen Anlage abgetrennt werden können und einem selbstständigen Nutzungszweck dienen, unter die VOL/A fallen, z.B. Kommunikationsanlagen bzw. EDV-Anlagen und Geräte. Des Weiteren überwiege der Anteil der Lieferungen dem Anteil der baulichen Leistungen. In der von der Auftraggeberin zitierten Stellungnahme des beauftragten Ingenieurbüros SKH vom 14.11.2003 tritt das Ingenieurbüro dem Vorwurf der Antragstellerin, die geforderte Lieferung eines 64-Bit-Systems schränke den Wettbewerberkreis in unzulässiger Weise ein und lege den Bietern durch spezielle und projektspezifische Entwicklungsleistungen ein unzumutbares wirtschaftliches Risiko auf, entgegen. Tatsache sei, dass allein die 64-Bit-Technik die aus Sicht des Ingenieurbüros für ein Verkehrsrechnersystem erforderliche Zukunftsfähigkeit (mittlere technische Betriebsfähigkeit > 10 Jahre) und Zuverlässigkeit biete. Aus diesem Grunde sei als Betriebssystem der OCIT-Zentrale und des Datenbankservers UNIX bzw. LINUX ausgeschrieben worden. Diese Betriebssysteme zeichneten sich in der Praxis durch hohe Betriebssicherheit aus. Die genannten Vorteile werden auch im direkten Vergleich verschiedener existierender Verkehrsrechnersysteme deutlich, der dem Ingenieurbüro aufgrund seiner Marktkenntnis möglich sei. Die behauptete Einschränkung des Wettbewerberkreises bestehe nicht, da vorhandene -auf 32-Bit-Technologie basierende - Anwendersoftware auch auf 64-Bit-Rechnern lauffähig sei. Im Übrigen seien auch Prozessorenmarken verfügbar (z.B. AMD, Opteron), die ohne Abstriche gleichzeitig 32-Bit- und 64-Bit-Anwendungen ausführen können. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin werde von der Beigeladenen beim Projekt Verkehrsrechner xxx bereits die im Entwurf vorliegende Version V 2.0 der OCIT-Schnittstelle realisiert, welche eine Fortführung der in der Ausschreibung geforderten Version V 1.0 darstellt.

8

Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt. Sie unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin. Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 15.12.2003 verwiesen.

9

II.

Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig, weil die Antragstellerin nicht alle von ihr im Zuge des Nachprüfungsverfahrens geltend gemachten Vergaberechtsverstöße unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt hat. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Auftraggeberin hat das

10

Angebot der Antragstellerin zu Recht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 wegen unzulässiger Abweichungen von den Verdingungsunterlagen von der Wertung ausgeschlossen. Die Antragstellerin hat anstelle des nach den Verdingungsunterlagen als Mindestanforderung geforderten Rechners mit einem 64-Bit-Prozessor einen Rechner mit einem 32-Bit-Prozessor angeboten, ohne die Gleichwertigkeit dieser technischen Abweichung von der geforderten Leistung mit dem Angebot darzulegen.

11

1.

Der Antrag ist teilweise zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Lieferungs- und Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1, Abs. 2 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,00 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis der Ausschreibung den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Unter Berücksichtigung der gewerteten Nebenangebote und des Skontos hat die Auftraggeberin ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlags vom 29.10.2003 für die Beigeladene einen Angebotspreis von 1.065.397,01 EUR brutto und für die Antragstellerin einen Angebotspreis in Höhe von 1.153.850,97 EUR brutto ermittelt. Es ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin den Auftrag auf der Grundlage der VOL/A und nicht der VOB/A ausgeschrieben hat. Der streitbefangene Auftrag ist nicht als Bauleistung im Sinne der VOB/A einzustufen. Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Darunter fallen auch alle zur Herstellung, Instandhaltung oder Änderung einer baulichen Anlage zu montierenden Bauteile, insbesondere die Lieferung und Montage maschineller und elektrotechnischer Einrichtungen. Sofern die Einrichtungen jedoch von der baulichen Anlage ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit abgetrennt werden können und einem selbständigen Nutzungszweck dienen, fallen diese Einrichtungen jedoch unter die VOL/A (vgl. Ausführungsbestimmungen zu Abschnitt 1 - Basisparagraphen, § 1; abgedruckt u.a. im Vergabehandbuch im Liefer- und gewerblichen Dienstleistungsbereich, VHB-VOL des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Stand: März 2002). Darunter fallen auch Kommunikationsanlagen und EDV-Anlagen, sofern sie nicht zur Funktion einer baulichen Anlage erforderlich sind. Dies ist vorliegend der Fall.

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Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass die Auftraggeberin ihr Angebot zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen habe und statt dessen in vermeintlich vergaberechtswidriger Weise das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat, obwohl diese nach ihren Markterfahrungen nicht die erforderlichen Konformitätsbescheinigungen für die zentralen Systeme habe beibringen können. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nichtüberspannt werden (vgl. Byok, Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - 11/99). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2003 in der Rechtssache C-249/01 (vgl. dortigen amtlichen Leitsatz Nr. 2 und Rn. 23, 24 ff. der Entscheidungsgründe) zudem ausdrücklich festgestellt, dass es einem Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht werden muss, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln. Ein Absprechen der Antragsbefugnis kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn die Vergabekammer zu dem Schluss gelangt, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen ist.

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Die Antragstellerin ist jedoch nur teilweise ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. So hat sie zwar bereits mit Telefax vom 01.11.2003 und damit noch vor der offiziellen Information gem. § 13 VgV (Schreiben der Auftraggeberin vom 10.11.2003) unverzüglich den nach ihrer Information bevorstehenden Ausschluss ihres Angebotes wegen Abweichung von der Anforderung "64-Bit-Prozessor, Dualprozessorsystem" gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Die Antragstellerin hat es jedoch versäumt, die Forderung nach einem 64-Bit-Prozessor, die ausweislich der Leistungsbeschreibung VSR (Verkehrsrechner) gemäß der dortigen Position 5.1.4.1 ausdrücklich als Mindestanforderung durch die Auftraggeberin besonders herausgestellt worden war, unmittelbar nach Erhalt der Verdingungsunterlagen mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vom 18.09.2003 oder spätestens bei Abfassung des Angebotes gegenüber der Auftraggeberin zu rügen. Diese Rüge erfolgte ebenfalls erst mit Schreiben vom 01.11.2003, nachdem die Antragstellerin erfahren hatte, dass ihr Angebot wegen der offensichtlichen Abweichung von dieser technischen Anforderung hinsichtlich des Industrierechners abweicht. Die Antragstellerin kann sich angesichts dieser eindeutig formulierten Mindestanforderung in den Verdingungsunterlagen, die jenem fachkundigen Bieterunternehmen sofort ins Auge fiel, nicht darauf berufen, dass sie diese Anforderung nicht als wesentlich erkannt hat. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107 Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/00).

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Wenn die Antragstellerin nicht in der Lage war, ein Angebot unter Berücksichtigung der geforderten 64-Bit-Technologie zu erstellen und diese Anforderung, die sie nunmehr im Nachprüfungsverfahren geltend macht, für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung hält, weil diese Technologie nur von wenigen Unternehmen geliefert werden kann, so hätte sie dies spätestens während der Abfassung des Angebotes gegenüber der Auftraggeberin im Wege einer Rüge geltend machen müssen. Die diesbezügliche Rüge vom 01.11.2003, die erst nach Kenntnisnahme vom bevorstehenden Ausschluss ihres Angebotes und mehr als einen Monat nach Erhalt der Verdingungsunterlagen mit Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vom 18.09.2003 erfolgte, erfolgte somit verspätet und nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB.

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Die Antragstellerin hat im übrigen auch nicht belegt, dass sie die aus ihrer Sicht falsche Wahl des Vergabeverfahrens gegenüber der Auftraggeberin gerügt hat. Die Auftraggeberin hat dies in Abrede gestellt. Die Antragstellerin hat im Nachgang zu der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2003 per E-Mail gegenüber der Vergabekammer erklärt, dass sie am 21.10.2003 mit Herrn xxx, einem Mitarbeiter des von der Auftraggeberin beauftragten Ingenieurbüros xxx, auch die Frage der Wahl der Verdingungsordnung angesprochen habe. Belegt hat sie dies indessen nicht. Die Tatsache, dass die Auftraggeberin ein Vergabeverfahren auf der Grundlage der VOL/A durchführte, ging im übrigen bereits aus der Vergabebekanntmachung im Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 01.09.2003 eindeutig hervor, so dass eine Rüge am 21.10.2003 ebenfalls zu spät erfolgt wäre.

16

2.

Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht i.S.d. § 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin wegen Abweichens von den Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A zu Recht von der Angebotswertung ausgeschlossen. Dagegen war die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, auch das Angebot der Beigeladenen wegen fehlenden Nachweises der OCIT-Konformität ebenfalls auszuschließen.

17

a)

Die Antragstellerin hat entgegen der eindeutigen Vorgabe in der Leistungsbeschreibung VSR (Verkehrsrechner) und damit unter Verstoß gegen § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A einen Verkehrsrechner mit einem 32-Bit-Prozessor angeboten. In der Leistungsbeschreibung VSR heißt es unter der Position 5.1.4.1 "Hardware/OCIT-Zentrale":

"Der Stadt xxx ist ein modulares, skalierbares System zu liefern, das gemäß den Anforderungen der Stadt ausgelegt ist und bei Bedarf erweitert werden kann. Die Hardware-Komponenten müssen zum Zeitpunkt der Lieferung dem aktuellen Stand der Technik und den Anforderungen der anzubietenden Applikationen entsprechen. Darüber hinaus werden folgende Mindestanforderungen gestellt: Industrierechner in 19 Zoll-Bauweise mit 64-Bit-Prozessor, Dualprozessorsystem ..."

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Diese Hardware-Anforderung "Industrierechner in 19 Zoll-Bauweise mit 64-Bit-Prozessor" hat die Auftraggeberin darüber hinaus im Zuge des Vergabeverfahrens auch noch mehrmals in den Bieterrundschreiben vom 02.10.2003, 16.10.2003 und 22.10.2003 im Zuge der aufgrund von Bieteranfragen erforderlichen Erläuterungen und Änderungshinweise bekräftigt. Die Antragstellerin durfte daher nicht in Abweichung von diesen eindeutigen Mindestanforderungen einen Rechner mit einem 32-Bit-Prozessor anbieten. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A sind Änderungen und Ergänzungen an den vom Auftraggeber aufgestellten Verdingungsunterlagen schlechthin unzulässig. Diese Vorschrift ergibt sich aus der Notwendigkeit, nicht nur den Auftraggeber von jeder umständlichen Nachprüfung der Verdingungsunterlagen auf Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Text zu entbinden, sondern vor allem zu verhindern, dass die durch Einheitlichkeit der Verdingungsunterlagen angestrebte Vergleichbarkeit der Angebote beeinträchtigt wird. Diese Folge kann gleichermaßen durch Änderungen wie auch durch Ergänzungen der Verdingungsunterlagen eintreten. Welche Teile dieser Unterlagen geändert oder ergänzt werden, ist dabei unbeachtlich. Denn die Verdingungsunterlagen als Ganzes und in all ihren Teilen sind Grundlage der Angebote der sich beteiligenden Bieter; diese müssen also - um vergleichbar zu bleiben - von dem gleichen unveränderten Text, wie ihn der Auftraggeber aufgrund der VOL/A erarbeitet und an die Bieter verschickt hat, ausgehen (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 21, Rn. 23, m.w.N.). § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist im besonderen Maße Ausdruck des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsprinzips. Ebenso wie der Vergabestelle Abweichungen von den von ihr gesetzten Leistungsmerkmalen nicht möglich sind (Selbstbindung), sind auch die Bieter gehalten, die Leistungen so anzubieten, wie die Vergabestelle sie nachgefragt hat (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, § 21, Rn. 46 ff., m.w.N.). Angebote, die gegen § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A verstoßen, müssen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A vom Verfahren zwingend ausgeschlossen werden. Ein Ermessensspielraum besteht nicht (vgl. OLG Jena, Beschluss v. 13.10.1999, Az. 6 Verg 1/99, ZVgR 2000, Seite 38).

19

Sofern Bieter andere Lösungen für eine bestimmte Leistung anbieten möchten, die von den Verdingungsunterlagen abweichen, müssen sie gem. § 21 Nr. 2 VOL/A explizit Nebenangebote bzw.Änderungsvorschläge unterbreiten und diese auf gesonderter Anlage kenntlich machen. Nur dann ist gewährleistet, dass sie von der Vergabestelle als solche erkannt werden (vgl. Noch, a.a.O., Rn. 47). Auch dies ist jedoch nur möglich, wenn und soweit der Auftraggeber Nebenangebote und Änderungsvorschläge gem. § 17 Nr. 3 Abs. 5 VOL/A nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. Der Auftraggeber hat im vorliegenden Vergabeverfahren jedoch auf Seite 5 der Leistungsbeschreibung VSR unter 4., Nebenangebote ausdrücklich vorgegeben:

"Nebenangebote zum Gewerk 0 "Verkehrsrechner" werden nicht zugelassen."

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Das Angebot der Antragstellerin konnte daher wegen Abweichung von den Verdingungsunterlagen gem. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A weder als Hauptangebot noch als Nebenangebot berücksichtigt werden und war gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen. Die Abweichung von der geforderten technischen Beschaffenheit des Verkehrsrechners war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch erheblich. Dies gilt selbst dann, wenn die von der Antragstellerin angebotene Technologie faktisch den aktuellen Bedarf der Auftraggeberin deckt. Das Vergaberecht regelt nicht, ob ein öffentlicher Auftraggeber sich zu einer Beschaffung entschließt oder welchen Gegenstand resp. welche Dienstleistung ein öffentlicher Auftraggeber beschafft. Es schreibt ihm lediglich vor, wie er eine Beschaffung, zu der er sich entschlossen hat, tätigen muss und stellt ihm nicht frei, bei welchem Unternehmen er sie einkauft. Eine Grenze bei der Bestimmung des Auftragsgegenstandes wird lediglich durch § 2 VOL/A gezogen, wonach wettbewerbsbeschränkende und diskriminierende Verhaltensweisen zu unterbleiben haben, was auch in der nur eingeschränkten Zulässigkeit der Vorgabe von Leitfabrikaten und marktbeschränkender, besonderer technischer Anforderungen gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 und Abs. 4 VOL/A zum Ausdruck kommt. Eine derartige Wettbewerbsbeschränkung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich. Die Auftraggeberin hat in nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass nach ihren Recherchen und aus Sicht des von ihr beauftragten Ingenieurbüros allein die 64-Bit-Technik die für ein Verkehrsrechnersystem erforderliche Zukunftsfähigkeit (mittlere technische Betriebsfähigkeit > 10 Jahre) und Zuverlässigkeit biete. Aus diesem Grunde sei als Betriebssystem der OCIT-Zentrale und des Datenbankservers UNIX bzw. LINUX ausgeschrieben worden. Diese Betriebssysteme zeichneten sich in der Praxis durch hohe Betriebssicherheit aus. Die genannten Vorteile würden auch im direkten Vergleich verschiedener existierender Verkehrsrechnersysteme deutlich, der dem Ingenieurbüro aufgrund seiner Marktkenntnis möglich sei. Die behauptete Einschränkung des Wettbewerberkreises bestehe nicht, da vorhandene - auf 32-Bit-Technologie basierende - Anwendersoftware auch auf 64-Bit-Rechnern lauffähig sei. Im Übrigen seien auch Prozessorenmarken verfügbar (z.B. AMD, Opteron), die ohne Abstriche gleichzeitig 32-Bit- und 64-Bit-Anwendungen ausführen können.

21

Eine Regelung entsprechend § 21 Nr. 2 VOB/A, wonach eine Leistung, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, angeboten werden darf, wenn die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachgewiesen wird, existiert im VOL-Verfahren nicht. Eine entsprechende Darlegung der Gleichwertigkeit mit dem Angebot ist seitens der Antragstellerin im Übrigen auch unstreitig nicht erfolgt, weil die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag bei Abfassung des Angebotes übersehen hatte, dass die technische Anforderung "64-Bit-Prozessor" in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich als Mindestanforderung formuliert war.

22

Das Angebot der Antragstellerin war daher, wie die Auftraggeberin zu Recht entschieden hat, gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A zwingend von der Angebotswertung auszuschließen.

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b)

Dagegen war die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, auch das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Nachweise im Zeitpunkt der Angebotsabgabe gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Hierbei handelt es sich ausdrücklich nicht um einen zwingenden, sondern um einen fakultativen Ausschlussgrund, der dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt ("...können ausgeschlossen werden...").

24

Unstreitig hat die Beigeladene einige Nachweise nicht bereits mit Angebotsabgabe erbracht, sondern erst auf Anforderung der Auftraggeberin mit E-Mail vom 30.10.2003 entsprechende Erklärungen nachgereicht, wie sich aus der Vergabeakte (Ordner 2, Angebot der Beigeladenen) ergibt. Diese nachgereichten Konformitätserklärungen und Referenzen hat die Auftraggeberin ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks vom 30.10.2003 für ausreichend befunden. Gemäß Seite 4 der Leistungsbeschreibung VSR hatten die Bieter für das Verkehrsrechnersystem ein OCIT-konformes System (Open Communication Interface for Road Traffic controll Systems / Offene Schnittstellen für die Straßenverkehrstechnik) anzubieten. Bei OCIT handelt es sich um eine registrierte Marke, an der mehrere konkurrierende Hersteller ihre Produkte ausrichten, um den Kunden einheitliche Mindeststandards und Kompatibilität der unterschiedlichen Komponenten zu gewährleisten. Diese konkurrierenden Herstellerfirmen, zu denen auch die Antragstellerin und die Beigeladene gehören, haben sich zu diesem Zweck in der sog. ODG (OCIT Developer Group) organisiert.

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Die Auftraggeberin hat auf Seite 26 der Leistungsbeschreibung unter "5.2.4 Konformitätsnachweise" folgende Nachweise gefordert:

"Bis auf weiteres ist für den Nachweis der Konformität folgendes Vorgehen vereinbart. Es steht jedem zurzeit in der ODG aktiven Hersteller frei, sich an internen gegenseitigen Tests zu beteiligen. Nach erfolgreichem Abschluss der Tests wird zwischen den Partnern Konformität erreicht. Jeder OCIT-konforme Hersteller ist berechtigt, Konformitätsprüfungen für andere Hersteller mit Lizenz durchzuführen. Ein Verzeichnis OCIT-konformer Hersteller befindet sich auf der OCIT-Internetseite".

26

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Beigeladene erfülle derzeit nicht die Konformitätsanforderungen der in der ODG organisierten Hersteller - jedenfalls nicht bezüglich der angebotenen Zentrale und damit des angebotenen Rechners. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es ihr darauf ankam, im Sinne einer Zukunftssicherheit und auch einer möglichst breiten Konformität und Kompatibilität der Systeme zu gewährleisten, dass der Bieter sich an den Entwicklungen der in der ODG zusammengeschlossenen Hersteller weiterhin aktiv beteiligt. Es sei nicht so sehr darauf angekommen, dass alle Bieter im Vergabeverfahren bereits die gleichen Standards endgültig erfüllten. Die Auftraggeberin hat erklärt, dass sie tatsächlich festgestellt habe, dass der entsprechende Konformitätsnachweis ursprünglich von der Beigeladenen mit ihrem Angebot nicht beigebracht wurde. Die Beigeladene sei deshalb aufgefordert worden, diese entsprechenden Nachweise nachzuliefern. Dies sei geschehen. Der entsprechende Nachweis habe sich auf den Einsatz des von der Beigeladenen angebotenen Steuergerätes bezogen. Dieses sei beim Pilotprojekt der ODG in der Stadt xxx erfolgreich getestet worden mit Komponenten der Antragstellerin wie auch der Firma xxx, die beide ebenfalls Mitglied der ODG sind. Eingeräumt wird, dass zu diesem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ein Nachweis hinsichtlich der OCIT-Konformität des von der Beigeladenen angebotenen Zentralrechners noch nicht vorgelegen hat. Die Beigeladene hat der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung aber ein Abnahmeprotokoll der xxx, xxx und Partner vom 23.10. und 02.12.2003 vorgelegt, in dem eine OCIT-Konformität des Steuerungssystems hinsichtlich des Projektes bei der Stadt xxx bescheinigt wird. Ferner hat die Beigeladene den Nachweis der Konformität der von ihr angebotenen Steuergeräte, nachgewiesen auf Basis der Zentrale der Firma xxx, unter Verwendung des Lichtsignalsteuergerätes der Beigeladenen, vorgelegt. Aus diesen Protokollen ergibt sich zweifelsfrei die OCIT-Konformität der von der Beigeladenen angebotenen Steuergeräte. Die Auftraggeberin hat betont, dass es ihr darauf ankam, dass der Bieter seinen Entwicklungen die Standards zugrunde legt, die von der ODG erarbeitet werden. Es kam ihr - der Auftraggeberin - nicht darauf an, dass bereits sämtliche Komponenten inklusive des Rechners diese Standards schon erfüllen. Dies hätte aus Sicht der Auftraggeberin eine Lenkung des Wettbewerbs dahingehend mit sich gebracht, dass lediglich zwei Firmen in der Lage gewesen wären, diese Anforderung zu erfüllen. Dies habe man vermeiden wollen. Deshalb hat die Auftraggeberin die nachgereichten Konformitätserklärungen und Nachweise genügen lassen. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die von ihr in der mündlichen Verhandlung überreichte Konformitätsbescheinigung der xxx, xxx und Partner bezüglich des Rechners in der damaligen Version 1.0.3 beigebracht wurde - sie datiert vom 23.10. und 02.12.2003 - und erklärte, dass auch dieser Zustand kein abgeschlossener Zustand ist, sondern lediglich einen damaligen Entwicklungsstand wiedergibt, der inzwischen auch bereits weiter entwickelt wurde und in das Ziel "Version 2.0" münden soll. Durch die Zusammenarbeit mit den in der ODG zusammengeschlossenen Herstellern sei aber gewährleistet, dass der Auftraggeber im Zeitpunkt des Zuschlags die dann aktuelle Version erhalte und insbesondere auch weitere Entwicklungen jederzeit einfließen könnten.

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Die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen in der streitbefangenen Wertung ist daher nicht zu beanstanden. Eine Ermessensreduzierung "auf Null", die die Auftraggeberin zum Ausschluss auch des Angebotes der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2. lit. a VOL/A zwingen würde, liegt bei dieser Sachlage jedenfalls nicht vor.

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Der Nachprüfungsantrag war daher zurückzuweisen.

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III. Kosten

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.

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Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.843,00 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

32

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 1.153.850,97 EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.

33

Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500,00 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000,00 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000,00 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 1.153.850,97 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.843,00 EUR.

34

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

35

Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.

36

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 2.843,00 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.

Gause
Schulte
Brinkmann