Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 07.11.2003, Az.: 203-VgK-32/2003
Verstoß gegen das Tranparenzangebot im Rahmen eines Vergabeverfahrens; Antragsbefugnis für ein auf Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichtetes Nachprüfungsverfahren; Gewährung von Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren; Nichtberücksichtigung des Hauptangebots der nach der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes; Festsetzung einer preislichen Obergrenze für die Fremdvergabe des Auftrags; Bestehen eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung hinsichtlich eines Angebots eines Bieters; Freibleiben des Bieters mangels verbindlicher Kalkulationsregeln in seiner Preisgestaltung ; Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 07.11.2003
- Aktenzeichen
- 203-VgK-32/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32099
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 3 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
- § 30 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren Altpapiererfassung mittels Depotcontainern
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer BOR Weyer
auf die mündliche Verhandlung vom 31.10.2003
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen und in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und die Auftraggeberin je zu 1/2.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.714,-- Euro festgesetzt.
- 4.
Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin und der Auftraggeberin werden gegeneinander aufgehoben. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für die Antragstellerin als auch für die Auftraggeberin notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 10.06.2003 die Altpapiererfassung mittels Depotcontainern (Los 1), die Gestellung und Abfuhr von Großcontainern für die Vereinssammlung (Los 2) und die weitere Verwertung von Altpapier (Los 3) aus dem Landkreis ... EU-weit für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2007 im offenen Verfahren ausgeschrieben, nachdem sie mit Bekanntmachung vom 06.05.2003 vorab darüber informiert hatte. Streitbefangen ist hier nur das Los 1.
Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass die zu erbringenden Leistungen in Lose unterteilt waren. Es wurde darauf hingewiesen, dass Angebote für ein Los, mehrere Lose und für alle Lose abgegeben werden können. Nebenangebote und Alternativvorschläge sollten berücksichtigt werden. Losübergreifende Nebenangebote sind zulässig und erwünscht; in diesem Falle hat der Auftragnehmer das erfasste Altpapier direkt zu einer Anlage seiner Wahl zu fahren. Falls der Auftrag an eine Bietergemeinschaft vergeben werden sollte, muss sie die Rechtsform gesamtschuldnerisch haftend haben. Ferner haben die Bietergemeinschaften die Gründe und Motive für ihre Zusammenarbeit darzulegen. Eine solche Bietergemeinschaft hat vor Zuschlagserteilung einen bevollmächtigten Vertreter zu benennen, der die Mitglieder gegenüber der Auftraggeberin rechtsverbindlich vertritt.
Es wurde darauf hingewiesen, dass Zuschlagskriterium der niedrigste Preis sein sollte.
Der Auftraggeber forderte von den Bietern mit dem Angebot zur Beurteilung, ob diese die wirtschaftlichen und technischen Mindestvoraussetzungen erfüllen, u.a. für das Los 1 ein gültiges Zertifikat als anerkannter Entsorgungsfachbetrieb.
Ferner forderte der Auftraggeber verschiedene Nachweise zur Rechtslage sowie zur wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit der Bieter.
Abschließend wies die Auftraggeberin darauf hin, dass sie sich vorbehält, die Leistungen nach Los 1 selbst durchzuführen, wenn das wirtschaftlichste Angebot einen Betrag von 150.000 EUR/Jahr überschreitet.
Auf Grund verschiedener Nachfragen der Antragstellerin und weiterer Bieter sah sich die Auftraggeberin veranlasst, allen Bietern Erläuterungen und Präzisierungen zu den Verdingungsunterlagen mit insgesamt vier Bieterrundschreiben vom 11.07.2003, 04.08.2003, 12.08.2003 und 13.08.2003 mitzuteilen.
Bei der Angebotsöffnung am 19.08.2003 ergab sich, dass insgesamt 7 Bieter Angebote für die einzelnen Lose abgegeben hatten.
Für das hier streitbefangene Los 1 (Altpapiererfassung mittels Depotcontainern und Transport zur Umschlaganlage) lagen 3 Angebote vor. Ferner hatten 5 Bieter Nebenangebote eingereicht. Von diesen Nebenangeboten waren 4 losübergreifend.
Das von der Auftraggeberin mit der Prüfung und Wertung der eingereichten Angebote beauftragte Planungsbüro entschloss sich gemeinsam mit der Auftraggeberin, angesichts der Vielzahl der Angebote zunächst eine Auswertung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Erst anschließend sollte geprüft werden, ob die wirtschaftlich besten Angebote formal fehlerfrei und zuschlagsfähig sind. Die Entscheidung wurde begründet.
Es ergab sich, dass das Hauptangebot der Firma ... für das Los 1 und das losübergreifende Nebenangebot 2 der Firma ... für das Los 2 und 3 das wirtschaftlichste war.
Als Konsequenz für die weitere Auswertung wurde festgehalten, dass die Angebote der Firmen ... mit Blick auf Los 3 und 2, ... mit Blick auf Los 1 und 2 und ... mit Blick auf Los 2 und ggf. 3 zu prüfen sind.
Ferner wurde festgehalten, dass sowohl das Angebot ... als auch das Angebot ... von Herrn ... gezeichnet wurde. Unter Berücksichtigung der Geschäftsanteile und des Wettbewerbs sah die Auftraggeberin keine Beeinflussung zum Nachteil der Bieter oder der Vergabestelle.
Hinsichtlich der geforderten Nachweise wurde vermerkt, dass die Beigeladene und die Antragstellerin alle geforderten Unterlagen vorgelegt haben. Keines der Angebote sei wegen fehlender Angaben und Erklärungen auszuschließen.
Hinsichtlich der Bietereignung wurde festgehalten, dass bei allen drei Bietern keine Zweifel an ihrer Geeignetheit besteht.
In der dritten Wertungsstufe bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise hielt die Auftraggeberin fest, dass sie eine Auskömmlichkeitsprüfung mit der Beigeladenen durchgeführt habe und zum Ergebnis gekommen sei, dass das Angebot auskömmlich sei.
Hinsichtlich des Loses 1 hatte sich die Auftraggeberin vorbehalten, den Zuschlag nur zu erteilen, wenn der von ihr geschätzte Betrag von 150.000 EUR unterboten werde. Da das Angebot der Beigeladenen 136.000 EUR netto betrage, sei eine Überschreitung der 10 %-Schwelle nicht erfolgt. Auch unter Berücksichtigung der anderen Angebote, wie z.B. das Nebenangebot 5 der Antragstellerin sei auffällig, dass dieses mit lediglich 7,2% über dem der Beigeladenen liege. Da nach Auffassung der Auftraggeberin mit Blick auf den Absolutbetrag alle drei Angebote dicht beieinander liegen, läge kein ungewöhnlich niedriges Angebot der Beigeladenen Firma ... vor.
In der letzten Wertungsstufe hält die Auftraggeberin als Fazit der Preisprüfung fest, dass sich kein Anhaltspunkt ergibt, dass "ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung" bestünde, das einem Zuschlag entgegen stehen. Sie hält fest, dass das wirtschaftlichste Angebot aus der Loskombination Hauptangebot der Beigeladenen ... für das Los 1, losübergreifendes Nebenangebot ... GmbH & Co KG für die Lose 2 und 3 ist. Sie empfiehlt der Gesellschafterversammlung der ..., hierauf den Zuschlag zu erteilen.
Mit Beschluss vom 26.09.2003 schließt sich die Gesellschafterversammlung der ... der Empfehlung an, die Aufträge wie vorgeschlagen zu vergeben.
Mit Informationsschreiben vom 29.09.2003 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin gem. § 13 VgV, dass auf ihre Angebote der Zuschlag nicht erteilt werden kann, da ein niedrigeres Hauptangebot für das Los 1 und ein losübergreifendes Nebenangebot für die Lose 2 und 3 vorliegen. Ferner teilt sie mit, wer den Zuschlag erhalten soll und wie hoch die Angebotssumme ist.
Mit Schreiben vom 02.10.2003 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene und führt aus, dass die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot der Beigeladenen ... nicht erteilt werden dürfe, da es nicht auskömmlich sei.
Nachdem die Auftraggeberin die Rüge mit Schreiben vom 07.10.2003 beantwortete, hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 09.10.2003, eingegangen per Telefax am selben Tage, die Vergabekammer angerufen. Die Antragstellerin bezieht sich zunächst auf ihr Rügeschreiben an die Auftraggeberin.
Sie führt aus, dass Ihrer Meinung nach die vorgesehene Vergabe des Loses 1 ein Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A darstelle, da es unauskömmlich und ungewöhnlich niedrig sei. Die zu erbringende Leistung könne man nicht für ca. 130.000 EUR erbringen. Es läge somit ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und zu erbringender Leistung vor. Ferner vertritt sie die Auffassung, dass die Angebotswertung der Auftraggeberin fehlerhaft sei. Bei zutreffender Wertung der Angebote habe sie namentlich in Bezug auf das Los 1 das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht. Gleiches gelte auch für ihre Nebenangebote 1 bis 3 für das Los 3. Auch hinsichtlich des Loses 2 habe sie mit ihrem Nebenangebot 4 deutlich bessere Konditionen für die Übernahme des Altpapiers angeboten. Auch durch ihr losübergreifendes Nebenangebot 5 würde für die Auftraggeberin ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil erzielt. Insgesamt sei dieses Nebenangebot, das alle drei Lose umfasst, außerordentlich günstig und wesentlich wirtschaftlicher als die Einzelvergabe der Leistungen an verschiedene Bieter.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
das Nachprüfungsverfahren einzuleiten und der Antragsgegnerin den Nachprüfungsantrag zuzustellen;
- 2.
der Antragsgegnerin zu untersagen, einem Dritten, insbesondere den Firmen ... ... GmbH den Zuschlag für das Lose 1 der Ausschreibung über die Altpapierentsorgung der Antragsgegnerin zu erteilen;
- 3.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in die Wertung der Angebote für das vorstehend genannte Ausschreibungsverfahren bezüglich Los 1 einzutreten;
- 4.
hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechte der Antragstellerin zu wahren;
- 5.
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakte zu gewähren;
- 6.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen;
- 7.
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Die Auftraggeberin beantragt,
- 1.
den Antrag abzuweisen,
- 2.
festzustellen, dass es für den Antragsgegner erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass das Angebot des günstigsten Bieters zu Los 1 unauskömmlich und ungewöhnlich niedrig sei, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass der Zuschlag auf ein Hauptangebot zum Preis von 134.000 EUR/a erteilt werden soll. Im Übrigen habe sie sich mit der Frage der Auskömmlichkeit des erstplatzierten Angebotes auseinander gesetzt und dabei festgestellt, dass dieses Angebot lediglich 9 % unterhalb ihrer eigenen ursprünglichen Kostenschätzung liegt. Die Auftraggeberin weist ferner unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte darauf hin, dass sie das Angebot der Beigeladenen ... selbst dann nicht ohne weiteres ausschließen dürfe, wenn es nur oder nicht einmal kostendeckend kalkuliert worden sei.
Soweit die Antragstellerin von einer unzutreffenden Angebotswertung ausgeht, vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass es sich ihrer Meinung nach um rein spekulative Ausführungen handelt, dass in der Bekanntmachung darauf hingewiesen wurde, dass der niedrigste Preis für die Zuschlagsentscheidung maßgeblich sei. Dieser wurde ihrer Meinung nach für keines der Lose, auch nicht durch Nebenangebote, von der Antragstellerin angeboten.
Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Sie unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin.
II.
Der zulässige Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist nur teilweise begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Auftraggeberin es versäumt hat, gem.§ 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A die Angemessenheit des im Vergleich zu den übrigen Angeboten deutlich niedrigeren Angebotspreises der Beigeladenen für das streitbefangene Los 1 zu überprüfen und Prüfung und Ergebnis der Prüfung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren. Sie hat dadurch gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. ImÜbrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Die Auftraggeberin hat insbesondere zu Recht das streitbefangene Hauptangebot der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht berücksichtigt, weil es mit einer Angebotssumme von 187.284,-- Euro netto die von der Auftraggeberin selbst gesetzte und bereits in der Vergabebekanntmachung vom 10.06.2003 allen Bietern bekannt gemachte Obergrenze für eine Vergabe des streitbefangenen Auftrages von 150.000,-- Euro/a deutlich überschritten hat. Ferner war und ist die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f, 2 Nr. 1 VOL/A wegen einer unzulässigen, wettbewerbsbeschränkenden Abrede bereits deshalb auszuschließen, weil mit der Beigeladenen und der Bieterfirma ... GmbH sich zwei Unternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt haben, deren Geschäftsführer identisch ist. Da es sich bei der Beigeladenen und der ... GmbH um selbstständige juristische Personen handelt, ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16.09.2003, Az. VII Verg 52/03, zu Grunde liegenden Sachverhalt vergleichbar.
1.
Der Antrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine GmbH, die der Landkreis ... als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zur Durchführung der Abfallentsorgung in seinem Hoheitsgebiet gegründet hat. Die Auftraggeberin ist eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft, an der der Landkreis ... mit 51 % und die ... AG 49 % halten. Die Auftraggeberin ist damit öffentliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 2 GWB in Form einer Gesellschaft des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblicher Art zu erfüllen und die vom Landkreis ... und damit einer Gebietskörperschaft i. S. des § 98 Nr. 1 GWB beherrscht wird. Der streitbefangene Auftragübersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Altpapiererfassung mittels Depotcontainern (Los 1), die Gestellung und Abfuhr von Großcontainern für die Vereinssammlung (Los 2) und die weitere Verwertung von Altpapier (Los 3) für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2007 gem. § 99 Abs. 1, Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- Euro gilt. Dieser Wert wird bereits durch den Auftragswert des inzwischen nur noch streitbefangenen Loses 1 erreicht. Die Beigeladene hat für das Los 1 ein Hauptangebot mit einer Angebotssumme von 136.290,-- Euro/Jahr netto, die Antragstellerin ein Hauptangebot mit einer Angebotssumme von 187.284,-- Euro/Jahr netto abgegeben. Der Gesamtwert allein des streitbefangenen Loses 1 über die ausgeschriebene 4-jährige Vertragslaufzeit übersteigt nach dem Ergebnis der Ausschreibung damit deutlich den Schwellenwert von 200.000,-- Euro.
Die Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch antragsbefugt i. S. des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bewerberin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin habe ihr Hauptangebot zu Unrecht bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht berücksichtigt, weil sie sich zu Unrecht an die selbst gesetzte Grenze von 150.000,-- Euro gebunden fühle, die die Auftraggeberin im Übrigen auf Grund völlig irrealistischer Ansätze kalkuliert habe. Ferner beabsichtige die Auftraggeberin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, ohne zuvor die Angemessenheit des Angebotspreises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu überprüfen, obwohl die Auftraggeberin dazu nach Auffassung der Antragstellerin Anlass hatte.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nichtüberspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 677). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Dabei verkennt die Vergabekammer nicht, dass die Antragstellerin, worauf die Auftraggeberin zu Recht hinweist, seit dem 31.10.2003 im Ergebnis kein zuschlagsfähiges Angebot mehr im streitbefangenen Vergabeverfahren hat. Das an sich wirksame Nebenangebot der Antragstellerin über die Summe aller Lose hat sich zwischenzeitig erledigt, da die Auftraggeberin den Zuschlag für die Lose 2 und 3 bereits am Morgen des 31.10.2003 erteilt hat, nachdem die Antragstellerin ihren diesbezüglichen Nachprüfungsantrag mit Schriftsatz vom 30.10.2003 ausdrücklich zurückgenommen hatte. Auf das streitbefangene Hauptangebot der Antragstellerin kann im Ergebnis der Zuschlag ebenfalls nicht erteilt werden, da es die ausdrückliche preisliche Obergrenze von 150.000,-- Euro/a überschreitet, die die Auftraggeberin allen Bietern bereits mit Bekanntmachung vom 10.06.2003 bekannt gegeben hat. Dort heißt es:
"Der Auftraggeber behält sich bezüglich der Leistung nach Los 1 eine Selbstdurchführung vor;die Leistung wird nur dann vergeben, wenn das wirtschaftlichste Angebot einen Betrag von 150.000,-- Euro/a nicht überschreitet."
Ungeachtet der im Rahmen der Begründetheit zu erörternden Frage, ob diese selbst gesetzte Grenze auf einer realistischen Kalkulation beruht, hat die Auftraggeberin damit unmissverständlich und bindend gegenüber allen Bietern erklärt, dass eine Fremdvergabe des Auftragsgegenstandes für sie nur in Betracht kommt, wenn diese Kostengrenze unterschritten wird. Daran ist die Auftraggeberin schon deswegen gebunden, weil andere potenzielle Bieter möglicherweise auf Grund dieser knapp kalkulierten Kostenobergrenze von einer Beteiligung am streitbefangenen Vergabeverfahren abgesehen haben. Ein nachträglicher Verzicht des Auftraggebers auf diese selbst gesetzte Grenze würde sowohl gegen den Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB als auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Die Alternative, indiesem Vergabeverfahren den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, dessen Preis die selbst gesetzte Grenze von 150.000,-- Euro/a überschreitet, besteht für den Auftraggeber vergaberechtlich daher nicht. Die fehlende Zuschlagschance eines Antragstellers kann jedoch nur dann zur Verneinung der Antragsbefugnis führen, solange im streitbefangenen Vergabeverfahren wenigstens ein anderes, vergaberechtsgemäßes und damit zuschlagsfähiges Angebot existiert, so dass die nicht berücksichtigte Antragstellerin ohnehin keine Zuschlagschance und damit keine Rechtsbeeinträchtigung behaupten kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.09.2003, Az.: VII-Verg 52/03). Gerade dies ist im vorliegenden Fall jedoch Streitgegenstand. Wenn das Angebot der Beigeladenen und auch des Bieters ... GmbH von der Angebotswertung tatsächlich auszuschließen wären, wie die Antragstellerin meint, läge im streitbefangenen Vergabeverfahren kein zuschlagsfähiges Hauptangebot mehr vor, was die Aufhebung des Vergabeverfahrens hinsichtlich des streitbefangenen Loses 1 gem. § 26 VOL/A zur Folge hätte. Der Umstand, dass ein Nachprüfungsantrag nicht unmittelbar zu dem begehrten Zuschlag, sondern - im Falle der Begründetheit des Antrages - zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 VOL/A führen würde, steht der Antragsbefugnis im Grundsatz nicht entgegen, weil die Bestimmungen über die Aufhebung der Ausschreibung nicht allein dem Schutz der Auftraggeber vor unwirtschaftlicher Auftragsvergabe und - auf Grund der restriktiven Ausgestaltung - dem Schutz der Bieter vor einer nutzlosen Erstellung zeit- und kostenintensiver Angebote sowie der Diskriminierungsabwehr dienen. Wenn die Ausschreibung aufgehoben werden würde, bestünde für den Antragsteller grundsätzlich die Möglichkeit, sich an einem evtl. anschließenden neuen Vergabeverfahren zu beteiligen und so den Auftrag doch noch zu erhalten (vgl. Thüringer OLG, Beschluss v. 24.10.2002, Az.: 6 Verg 5/02; BayObLG, Beschluss v. 15.07.2002, Az.: Verg 15/02). Die Antragsbefugnis für ein auf Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichtetes Nachprüfungsverfahren kann einer Antragstellerin jedenfalls dann nicht abgesprochen werden, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, schlüssig vorträgt, warum ihrer Auffassung nach ein zuschlagsfähiges Angebot anderer Bieter nicht vorliegt. Wenn auch das eigene Angebot der Antragstellerin nicht zum Zuschlag führen kann, wäre doch das dem öffentlichen Auftraggeber durch § 26 VOL/A eingeräumte Ermessen ausnahmsweise zu Gunsten einer Aufhebung auf Null reduziert (vgl. VK beim Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, Beschluss v. 06.11.2001, Az.: 1 VK 41/2001).
Die Antragsbefugnis kann der Antragstellerin daher auch bei der vorliegenden Konstellation nicht abgesprochen werden. Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr auch hier eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - 11/99). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2003 in der Rechtssache C-249/01 (vgl. den dortigen amtlichen Leitsatz Nr. 2 und Rn. 23, 24 ff. der Entscheidungsgründe) zudem ausdrücklich festgestellt, dass es einem Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht werden muss, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln. Ein Absprechen der Antragsbefugnis kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn die Vergabekammer zu dem Schluss gelangt, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen resp. bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht zu berücksichtigen ist.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Antragstellerin hat erst auf Grund des Informationsschreibens vom 29.09.2003 gem. § 13 VgV von der Auftraggeberin erfahren, dass auf ihre Angebote der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da ein niedrigeres Hauptangebot für das Los 1 vorliege. Ferner hat sie erst durch dieses Schreiben erfahren, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten solle und wie hoch deren Angebotssumme ist. Bereits mit Schreiben vom 02.10.2003 hat die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene mit der Begründung gerügt, dass der Angebotspreis der Beigeladenen nicht auskömmlich und damit nicht angemessen sei. Bereits vor Angebotsabgabe hatte die Antragstellerin entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch die von ihr im Zuge des Nachprüfungsverfahrens ebenfalls angefochtene von der Auftraggeberin gesetzte Kostengrenze von 150.000,-- Euro/a gerügt. Mit Schreiben vom 30.06.2003 hat sie gegenüber der Auftraggeberin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Grenze nicht akzeptiert. Dort heißt es:
"... Schon bei einer vorläufigen Grobkalkulation ist uns bezüglich Los 1 aufgefallen, dass auf Grundlage aller in Los 1 zu erbringenden Leistungen und Nebenleistungen ein Nettoangebotspreis von 150.000,-- Euro/a für Los 1 auch nicht annähernd zu verwirklichen ist. Unsere Fragen dazu 1.: Ist die Angabe der Grenze für die Selbstdurchführung von 150.000,-- Euro/a richtig?"
Mit Bieterrundschreiben Nr. 1 vom 11.07.2003 hat die Auftraggeberin gegenüber den Bietern daraufhin noch einmal bekräftigt, dass sie an diesem Grenzbetrag festhält. Wörtlich heißt es dort:
"Geht kein Angebot zu Los 1 unter diesen Grenzbetrag ein, wird die Ausschreibung zu Los 1 aufgehoben, und der Auftraggeber wird die Leistung selbst durchführen."
Beide Rügen erfolgten unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 GWB. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107 Rn. 681).
Der durch das Vergaberechtsänderungsgesetz dem Bieter erstmals gewährte Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren setzt auf der anderen Seite voraus, dass sich der Bieter seinerseits auch stets gebührend um seinen Rechtsschutz bemüht. Dazu gehört gerade auch die vorprozessuale Rüge. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels i. S. von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs erfolgten beide Rügen rechtzeitig i. S. des § 107 Abs. 3 GWB. Die Antragstellerin hat insbesondere auch unverzüglich nach Sichtung der Verdingungsunterlagen im Zuge der Angebotserstellung der Auftraggeberin mitgeteilt, dass sie die Kostengrenze von 150.000,-- Euro/a für irrealistisch hält und nicht akzeptiert. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin gleichwohl mit einem Hauptangebot an der Ausschreibung beteiligt hat, um ihr Interesse am Auftrag zu bekunden.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Zwar ist die von der Auftraggeberin selbst gesetzte Kostengrenze von 150.000,-- Euro/a ungeachtet der nach wie vor bestehenden Zweifel an den von der Auftraggeberin zu Grunde gelegten Eckpunkten ihrer Kalkulation im Ergebnis wirksam und für die Auftraggeberin bindend (im Folgenden a). Sie ist jedoch nicht geeignet, der Auftraggeberin als Maßstab für die Prüfung der Frage zu dienen, ob das einzige Angebot im streitbefangenen Vergabeverfahren, das diese Grenze unterschreitet, im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig i. S. des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ist. Maßstab für diese Frage sind allein die übrigen Hauptangebote zum streitbefangenen Los 1. Auf Grund des Abstandes des von der Auftraggeberin für den Zuschlag favorisierten Angebotes der Beigeladenen zu den übrigen Hauptangeboten hatte die Auftraggeberin Anlass, gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A die Angemessenheit dieses im Vergleich zu den übrigen Angeboten deutlich niedrigeren Angebotspreises der Beigeladenen zu überprüfen und Prüfung und Ergebnis der Prüfung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren. Dies hat die Auftraggeberin versäumt (im Folgenden b). Dagegen war und ist die Auftraggeberin nicht gehalten, die Angebote der Beigeladenen und der ... GmbH schon deshalb von der Angebotswertung auszuschließen, weil sie ungeachtet ihrer rechtlichen Selbstständigkeit den gleichen Geschäftsführer aufweisen. Die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A wegen unzulässiger, wettbewerbsbeschränkender Abrede liegen entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht vor (im Folgenden c).
a)
Die Auftraggeberin hat zu Recht das Hauptangebot der Antragstellerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 VOL/A nicht berücksichtigt, weil es mit einem Preis von 187.000,-- Euro/a die von der Auftraggeberin bereits in der Bekanntmachung vom 10.06.2003 allen Bietern unmissverständlich mitgeteilte Obergrenze von 150.000,-- Euro/a deutlich überschreitet. In der Bekanntmachung heißt es unter VI. Abs. 4:
"Sonstige Informationen: Der Auftraggeber behält sich bezüglich der Leistung nach Los 1 eine Selbstdurchführung vor; die Leistung wird nur dann vergeben, wenn das wirtschaftlichste Angebot einen Betrag von 150.000,-- Euro/a nicht überschreitet. Nebenangebote sind nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zulässig."
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese von der Auftraggeberin gesetzte Bedingung und Kostengrenze wirksam und für die Auftraggeberin bindend. Sie versetzt die Auftraggeberin nicht in die Lage, in dem Falle, in dem kein zuschlagsfähiges Angebot unterhalb dieser Kostengrenze eingeht, von ihrem Ermessen gem. § 26 Nr. 1 lit. c VOL/A Gebrauch zu machen und erst zu prüfen, ob sie die Ausschreibung aufhebt, weil sie kein wirtschaftliches Ergebnis ergeben hat oder ob sie sich doch für den Zuschlag auf ein Angebot entscheidet, das diesen Kostenrahmen überschreitet. Dieser Möglichkeit einer Ermessensentscheidung hat sich die Auftraggeberin durch die eindeutige Selbstbindung in der Vergabebekanntmachung begeben. Dies folgt bereits aus dem Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB und dem Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB, da nicht auszuschließen ist, dass sich andere potenzielle Bieterfirmen gerade auf Grund dieser von allen Beteiligten des Verfahrens unbestritten niedrigen Kostengrenze von einer Beteiligung am streitbefangenen Vergabeverfahren haben abhalten lassen.
Auf der anderen Seite ist die mit einer solchen bekannt gemachten Kostengrenze verbundene Bedingung, von der der Auftraggeber abhängig macht, ob er einen Auftrag mit eigenen Mitteln und Kräften selbst erledigt oder fremd vergibt, grundsätzlich vergabeunschädlich. Das Vergaberecht unterwirft die öffentlichen Auftraggeber nicht einem allgemeinen Kontrahierungszwang (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 22.05.2003, Az. 13 Verg 9/03, unter Hinweis auf BGHZ 139, 259, 268 ff. - dort zu den Folgen einer vergaberechtswidrigen Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens). Das "Ob" einer Beschaffung oder Dienstleistungsauftragsvergabe steht im Ermessen des Auftraggebers.
Die von der Auftraggeberin transparent gesetzte Kostengrenze wäre nur dann vergaberechtlich zu beanstanden, wenn sie gegen die in § 16 VOL/A festgelegten Grundsätze der Ausschreibung verstößt, weil sie dazu führt, dass es sich um eine "Scheinausschreibung" i. S. des § 16 Nr. 2 VOL/A handelt. Dies ist indessen nicht der Fall. Gemäß § 16 Nr. 2 VOL/A sind Ausschreibungen für vergabefremde Zwecke (z.B. Ertragsberechnungen, Vergleichsanschläge, Markterkundung) unzulässig. Die Bewerber sollen sich darauf verlassen können, dass die Beschaffungsstellen nach dem ihnen auferlegten und den Bewerbern bekannten Grundsatzverfahren nur echte und ernst gemeinte Bedarfsfälle der Ausschreibung unterwerfen (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 16, Rn. 12 ff.). Eine Ausschreibung, die für vergabefremde Zwecke, also nicht mit dem Ziel der tatsächlichen Auftragserteilung veranlasst wird, kann den Auftraggeber u. U. als "Scheinausschreibung" zum Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsanbahnung (culpa in contrahendo) verpflichten. Auch eine Ausschreibung, die lediglich einer bloßen Markterkundung dient, ist daher rechtswidrig. Im vorliegenden Fall bietet der Sachverhalt und insbesondere auch die Vergabeakte jedoch keinen Anlass dafür, das streitbefangene Vergabeverfahren als bloße Markterkundung oder Scheinausschreibung zu werten. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2003 das Zustandekommen der 150.000,-- Euro-Grenze dahingehend erläutert, dass sie diese Grenze selbst kalkuliert habe für eine wirtschaftliche Selbstdurchführung der streitbefangenen Aufgabe. Sie sei sich daher nach Ermittlung dieser Grenze im Klaren darüber gewesen, dass sie in dem Falle, dass kein Angebot diese Grenze unterschreitet, den Auftrag selbst - mit eigenem Personal und eigenen Mitteln - durchführen wird. Man habe sich aber von der Ausschreibung des streitbefangenen Loses 1 eine noch wirtschaftlichere Aufgabenerledigung erhofft. Dies sei zuvor auch in einer Gesellschafterversammlung so beschlossen worden. In der Vergabeakte ist ein Vermerk des von der Auftraggeberin beauftragten Ingenieurbüros ... vom 13.07.2003 enthalten, das sich mit dem Zustandekommen und der Kalkulation der 150.000,-- Euro-Grenze auseinander setzt. Der Vermerk wurde auf Grund der schriftlichen Rüge der Antragstellerin vom 30.06.2003 erstellt und schließt mit der Empfehlung, dass auf dieses Schreiben dahingehend reagiert werden solle, dass es bei der 150.000,-- Euro-Grenze bleibt. Mit Bieterrundschreiben Nr. 1 vom 11.07.2003 teilte die Auftraggeberin daraufhin allen Bietern unmissverständlich mit, dass es bei dieser Kostengrenze bleiben wird. Wörtlich heißt es dort:
"Geht kein Angebot zu Los 1 unter diesen Grenzbetrag ein, wird die Ausschreibung zu Los 1 aufgehoben, und der Auftraggeber wird die Leistung selbst durchführen."
Diese Kostengrenze verstößt - ungeachtet der Frage, ob die ihr zu Grunde liegende Kalkulation der Auftraggeberin realistisch war - auch nicht gegen das vergaberechtliche Gebot gem. § 97 Abs. 5 GWB und 25 Nr. 3 VOL/A, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Zuschlagskriterium war hier nach der Vergabebekanntmachung vom 10.06.2003 zulässigerweise allein der niedrigste Angebotspreis. Dem steht der Vorbehalt einer Selbstausführung im Falle desÜberschreitens einer Kostengrenze nicht entgegen, sofern sie - wie im vorliegenden Fall - den Bietern transparent bekannt gemacht wird. Es ist im Übrigen auch nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber sich entschließt, dem ihm für den Auftrag zur Verfügung stehenden Haushaltsrahmen dadurch Rechnung zu tragen, dass er den Bietern von vornherein eine Obergrenze für die Fremdvergabe des Auftrags setzt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er oberhalb dieser Preisgrenze die Aufgabe mit eigenen Kräften und Mitteln durchführt. Er vermeidet dadurch, dass er ggf. eine Ausschreibung trotz mehrerer den Bedarf deckender oder sogarüberbietender Angebote gem. § 26 VOL/A aufheben muss, wenn ihm etwa die erforderlichen Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen, was wiederum Schadensersatzansprüche nach sich ziehen würde. Vor diesem Hintergrund ist die Vorgabe der Einhaltung eines Investitionsrahmens oder einer Kostengrenze nicht zu beanstanden (vgl. VK Lüneburg, Beschluss v. 07.12.2001, Az.: 203-VgK-20/2001).
Die Folge ist, dass die Auftraggeberin an der von ihr gesetzten und allen tatsächlichen und potenziellen Bietern bekannt gegebenen Kostenobergrenze für die Selbstdurchführung von 150.000,-- Euro/a gebunden ist. Die Antragstellerin kann daher mit ihrem Hauptanliegen in diesem Nachprüfungsverfahren, einen Zuschlag auf ihr Hauptangebot zu erreichen, keinen Erfolg haben. Sie kann allenfalls eine Aufhebung des streitbefangenen Vergabeverfahrens erreichen, wenn die Auftraggeberin auf Grund einer vergaberechtsgemäßen Wertung zu dem Ergebnis gelangt, dass kein zuschlagsfähiges Angebot für das streitbefangene Los 1 vorliegt. In diesem Falle muss sie auf Grund ihrer Selbstbindung das streitbefangene Vergabeverfahren aufheben und anschließend entweder, wie angekündigt, die ausgeschriebenen Dienstleistungen selbst durchführen oder sich aber doch noch entschließen, einneues Vergabeverfahren durchzuführen, an dem sich die Antragstellerin dann, wie die übrigen Bieter auch, wieder beteiligen könnte.
b)
Die Auftraggeberin hat es jedoch versäumt, das von ihr für den Zuschlag favorisierte Angebot der Beigeladenen hinsichtlich der Angemessenheit des angebotenen Preises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zuüberprüfen und Prüfung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk in der Vergabeakte zu dokumentieren. Zu dieser Angemessenheitsprüfung hatte und hat die Auftraggeberin entgegen ihrer Auffassung Anlass. Maßstab für die Frage, ob ein Angebot i.S.d. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint, ist nicht die von der Auftraggeberin gesetzte Kostengrenze von 150.000,-- Euro, sondern allein das Verhältnis zu den übrigen, im Rahmen der Ausschreibung vorliegenden Hauptangebote zum streitbefangenen Los 1. Nach der in der Vergabeakte enthaltenen Niederschrift über die Verdingungsverhandlung vom 19.08.2003 liegen nur drei Hauptangebote zum streitbefangenen Los 1 vor. Das favorisierte Angebot der Beigeladenen unterschreitet mit einem Preis von 136.290,-- Euro netto/a deutlich das Angebot der Bieterfirma ... GmbH mit einem Preis von 160.952,-- Euro/a netto und das Angebot der Antragstellerin mit einem Preis von 187.284,-- Euro/a netto. Zu dem einen Angebot beträgt der Preisabstand somit mehr als 15 %, zum anderen Angebot mehr als 27 %. Eine Betrachtung der Nebenangebote über die Summe aller Lose ist nicht geeignet, diesen erheblichen Preisabstand bei den Hauptangeboten zu relativieren. Bei den Nebenangeboten konnten die Bieter den Preis für das Los 1 erheblich niedriger kalkulieren, weil sie diese Nebenangebote über die Summe aller Lose abgegeben haben und somit Erlöse aus der Verwertung des Rohstoffs Altpapier (Los 3) berücksichtigen konnten. Die Antragstellerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens dargelegt, dass sie weder den Angebotspreis der Beigeladenen noch den von der Auftraggeberin kalkulierten Grenzwert von 150.000,-- Euro/a für auskömmlich hält. Die Auftraggeberin hat ausweislich der Vergabeakte wie auch nach ihrem schriftlichen und mündlichen Vortrag im Nachprüfungsverfahren keine Veranlassung gesehen, die Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises in Frage zu stellen. Sie stützt sich dabei insbesondere auf die von dem von ihr beauftragten Ingenieurbüro ... gefertigte Kalkulation zur Festlegung der Grenze für die Selbstdurchführung von 150.000,-- Euro/a. Diese Kalkulation vermag indessen nicht zu überzeugen, weil sie nicht nur, wie die Auftraggeberin selbst einräumt, von "ambitionierten" Einsparungszielen, sondern hinsichtlich des Fahrzeug- und Personaleinsatzes auch von falschen Voraussetzungen ausgeht. Das Ingenieurbüro hat in dem in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk vom 13.07.2003 seine diesbezügliche Kalkulation dargelegt und diese noch einmal in der mündlichen Verhandlung und in der Folge mit Schriftsatz vom 06.11.2003 erläutert. Zentraler Ansatz der Kalkulation ist, dass die Behälter im Landkreis ... teilweise sehr häufig geleert werden und dass eine Reduzierung der Anzahl der Leerungen pro Woche von zurzeit ca. 730 (nach der Leistungsbeschreibung 756) auf 520 möglich sei, was einer Verminderung der Leerungszahl auf 71,25 % entspricht. Ferner unterstellt die Kalkulation ausdrücklich, dass das Entsorgungsunternehmen jeweils lediglich ein Fahrzeug mit einem Mitarbeiter einsetzt. Sowohl die Antragstellerin wie auch die Beigeladene haben jedoch ausdrücklich erklärt, dass sie ihr Angebot unter der Prämisse kalkuliert haben, dass sie zwei Fahrzeuge für den streitbefangenen Auftrag einsetzen. Bereits hinsichtlich dieses Parameters ist die Kalkulation der Auftraggeberin nicht realistisch. Aber selbst unterstellt, das Entsorgungsunternehmen würde, wovon das Ingenieurbüro ausgeht, nur ein Fahrzeug einsetzen, ist die unterstellte Zahl von 12 Leerungen pro Stunde (durch ein Fahrzeug und eine Person) mehr als optimistisch. Der entscheidende Fehler in der Kalkulation dieser 150.000,-- Euro-Grenze liegt jedoch darin, dass sie nicht mit den Vorgaben in Einklang steht, die die Auftraggeberin den Bietern mit den Verdingungsunterlagen zumindest für den Anfang des ausgeschriebenen Vertragszeitraums gemacht hat. Gemäß Teil III, Ziffer 3.1 Abs. 6 mussten die Bieter vielmehr zumindest für ihre Kalkulation nach wie vor von den bisherigen 756 Leerungen pro Woche ausgehen. Dort heißt es wörtlich:
"Die anfänglich aufzustellende Depotcontainerzahl und Größenverteilung ergibt sich ausAnhang 2. Der Auftragnehmer kann dieses System nach seinen Erfordernissen optimieren, wenn die optische Einheitlichkeit des Systems gewahrt bleibt. Der Auftraggeber weist jedoch darauf hin, dass die räumlichen Verhältnisse teilweise beengt sind; alle Risiken der Platzverhältnisse und Erreichbarkeit mit den Fahrzeugen hat bei abweichendem System der Auftragnehmer zu tragen. Das je Standort aufzustellende Gesamtvolumen ist in diesem Falle mit dem Auftraggeber abzustimmen."
Der dort enthaltene vorsichtige Hinweis auf Optimierungsmöglichkeiten ändert nichts daran, dass der Auftragnehmer sich nach dem Leistungsverzeichnis grundsätzlich verpflichtet, sämtliche in Anhang 2 zur Leistungsbeschreibung (Standortliste PPK-Container im Landkreis ...) detailliert aufgelisteten 756 Leerungen pro Woche durchzuführen. Maßstab für die Frage der Angemessenheit des Angebotes der Beigeladenen ist daher ausschließlich das Preisniveau der Übrigen im Zuge der streitbefangenen Ausschreibung eingegangenen Hauptangebote.
Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Von einem solchen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist aber nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Kulartz in: Daub/Eberstein, 5. Auflage, § 25 Rn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Angemessenheit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01).
Nach diesen Grundsätzen hatte die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin zwar keinen Anlass, das Angebot der Beigeladenen allein auf Grund der Tatsache, dass es im Preis 15 % unter dem nächstniedrigeren Angebot der Bieterfirma ... und 27 % unter dem Angebot der Antragstellerin lag, als Dumpingangebot einzustufen und gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt zu lassen. Die Auftraggeberin muss aber, wie es § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ausdrücklich vorschreibt, das Angebot der Beigeladenen hinsichtlich seiner Angemessenheit prüfen und zu diesem Zwecke nicht nur die Einzelpositionen überprüfen, sondern dafür auch von der Beigeladenen die erforderlichen Belege verlangen. Selbst in den Fällen, in denen ein Angebot nach Auffassung des Auftraggebers unrealistisch ist, ist der Bieter dennoch zur Stellungnahme aufzufordern (vgl. Kulartz, a.a.O., § 25 Rn. 39, m.w.N.). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und ihm ggf. mitteilen, welche Unterlagen oder Positionen für unannehmbar erachtet werden. Dem Bieter ist dabei eine angemessene Frist für zusätzliche Angaben einzuräumen. Zwar ist der zur Mitwirkung an der Angemessenheitsprüfung aufgeforderte Bieter nicht verpflichtet, die entsprechenden Auskünfteüber sein Angebot zu erteilen und seine Kalkulationen offen zu legen. Er wird dieser Aufforderung in der Regel aber nachkommen, um einen sonst erfolgenden Ausschluss nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu vermeiden (vgl. VK Düsseldorf, Beschluss v. 17.12.1999, Az.: VK-17/99). Die Auftraggeberin durfte sich daher nicht, wie geschehen, lediglich auf die Kalkulation des Ingenieurbüros ... hinsichtlich einer möglichen Reduzierung der Leerungszahl stützen und das gegenüber den anderen Angeboten im streitbefangenen Vergabeverfahren deutlich nach unten abweichende Angebot der Beigeladenen ohne jegliche Angemessenheitsprüfung und Konsultation der Beigeladenen akzeptieren. Sie war vielmehr angesichts des Preisabstandes verpflichtet zu prüfen, ob das Angebot der Beigeladenen in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht und deshalb auszuschließen ist. Die Auftraggeberin durfte deshalb nicht darauf verzichten, von der Beigeladenen die erforderlichen Belege zu verlangen. Die Auftraggeberin war daher gem. Tenor zu 1 des Beschlusses zu verpflichten, diese Prüfung ordnungsgemäß nachzuholen und in der Vergabeakte in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk transparent zu dokumentieren. Dabei ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass ein offenbares Missverhältnis von Preisen zu Leistungen noch nicht dann vorliegt, wenn einzelne Positionen oder Bereiche unterpreisig erscheinen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung des Auftrags keine Zweifel bestehen. Dies aber hat der Auftraggeber unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der Beigeladenen in der gebotenen Weise zu überprüfen. Lediglich wenn diese eingehende Plausibilitätsprüfung ein offenbares Missverhältnis des Preises zur Leistung ergibt, darf die Auftraggeberin der Beigeladenen den Zuschlag nicht erteilen. Dies hätte im vorliegenden Fall auf Grund der Selbstbindung der Auftraggeberin zur Folge, dass sie das streitbefangene Vergabeverfahren hinsichtlich des Loses 1 aufheben muss, da dann kein zuschlagfähiges Angebot vorliegt.
c)
Dagegen war und ist die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f, 2 Nr. 1 VOL/A wegen einer unzulässigen, wettbewerbsbeschränkenden Abrede bereits deshalb auszuschließen, weil mit der Beigeladenen und der Bieterfirma ... GmbH sich zwei Unternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt haben, deren Geschäftsführer identisch ist. Die Beigeladene und die ... GmbH sind unstreitig selbstständige juristische Personen und damit ausdrücklich nicht identische Bieter. Daher ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16.09.2003, Az.: VII Verg 52/03, zu Grunde liegenden Sachverhalt vergleichbar. Im dortigen Verfahren hatte der Vergabesenat darüber zu entscheiden, ob es zulässig ist, dass sich ein Bieterunternehmen an einem Vergabeverfahren doppelt in der Weise beteiligt, dass es zum einen ein eigenes Angebot abgibt und darüber hinaus sich an einer Bietergemeinschaft beteiligt, die ihrerseits ein Angebot über die identische ausgeschriebene Leistung abgibt. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass in diesem Falle sowohl das Angebot des Bieters selbst wie auch das parallele Angebot der Bietergemeinschaft gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f, 2 Nr. 1 VOL/A vom Vergabeverfahren zwingend ausgeschlossen werden muss, weil durch die Abgabe dieser parallelen Angebote jedenfalls im Verhältnis zwischen diesem Bieter und der Bietergemeinschaft ein Geheimwettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag ausgeschaltet gewesen sei. Dies habe zwingend den Ausschluss beider Angebote zur Folge. Nur dann, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Zuschlag anbietet, sei ein echter Bieterwettbewerb möglich. Dies sei nicht mehr möglich, wenn - wie im dortigen Streitfall - ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung nicht nur ein eigenes Angebot abgibt, sondern sich daneben auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft um den Zuschlag derselben Leistung bewirbt. Dann sei in aller Regel der Geheimwettbewerb in Bezug auf beide Angebote nicht mehr gewahrt.
Die Vergabekammer folgt der Auffassung des OLG Düsseldorf, soweit es sich um eine echte parallele Doppelbeteiligung einer Bieterfirma sowohl im Wege eines Einzelangebotes wie auch gleichzeitig eine Beteiligung einer Bietergemeinschaft handelt, sofern diese parallelen Angebote den identischen Auftragsumfang betreffen. Auch nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (vgl. Beschluss v. 28.05.2003, Az.: Verg 8/03) ist es nämlich zulässig, dass ein Bieter ein Einzelangebot bezüglich eines Loses abgibt und sich parallel an einem Angebot einer Bietergemeinschaft über die Summe aller Lose beteiligt. Dann liegt keine Identität des Auftragsgegenstandes vor.
Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Antragstellerin jedoch nicht, dass die von dem OLG Düsseldorf festgestellte Wettbewerbswidrigkeit einer Parallelbeteiligung auch dann vorliegt, wenn sich zwar zwei eigenständige Bieterfirmen am Vergabeverfahren beteiligen, die über einen identischen Geschäftsführer oder in sonstiger Weise personell miteinander verbunden sind. Diese Rechtsauffassung der Antragstellerin hätte gerade für den Bereich des Entsorgungssektors die Folge, dass der Wettbewerb sich bei allen Ausschreibungen nur noch auf wenige Angebote beschränkt. Dies folgt wiederum daraus, dass die Entsorgungswirtschaft inzwischen so strukturiert ist, dass die überwiegende Zahl der ehemals selbstständigen Entsorgungsunternehmen inzwischen mit einem von wenigen Konzernen verbunden ist. Auch in einem Entsorgungskonzern ist nicht auszuschließen, dass der Mutterkonzern entscheidet, ob und welche Tochterunternehmen sich an einer Ausschreibung beteiligen. Auch hier wäre dann, die Auffassung der Antragstellerin unterstellt, zu besorgen, dass die Kalkulationen möglicherweise untereinander abgestimmt werden. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A setzt jedoch keine potenziell möglichen, sondern tatsächliche wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen voraus, die dann zum Ausschluss gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A führen müssen. Die Vergabekammer vertritt daher die Auffassung, dass eine Beteiligung von konzernverbundenen oder personell verbundenen Bieterfirmen an ein und demselben Vergabeverfahren möglich sein muss, solange es sich um rechtlich selbstständige juristische Personen handelt und konkrete Anhaltspunkte für wettbewerbsbeschränkende oder unlautere Verhaltensweisen i.S.d. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A nicht ersichtlich sind. Eine Ausweitung der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des OLG Düsseldorf über die dort zu Grunde liegende Konstellation (Parallelbeteiligung als Einzelfirma und im Rahmen einer Bietergemeinschaft) auf alle nur denkbaren, zivilrechtlich im Übrigen ja zulässigen Organisationsverbindungen von Bieterunternehmen würde faktisch zu einer Beschränkung des Wettbewerberkreises führen, die mit dem Ziel des Vergaberechtes nicht in Einklang zu bringen ist.
Auch im vorliegenden Fall bietet der Sachverhalt und insbesondere auch die Vergabeakte keinen Anlass dafür, von einer wettbewerbsbeschränkenden oder unlauteren Verhaltensweise der Beigeladenen und der ... GmbH auszugehen. Die Tatsache, dass beide Unternehmen mit Herrn ... einen identischen Geschäftsführer haben, führt nicht automatisch zu einer Wettbewerbsbeschränkung. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung die Beweggründe, warum sowohl sie selbst als auch das Unternehmen ... sich am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt hat, dahingehend erläutert, dass beide Unternehmen ein eigenständiges Profil aufweisen und in unterschiedlicher Hinsicht zertifiziert seien, wobei der Schwerpunkt der Beigeladenen auf der Ausgestaltung als Logistikunternehmen liege, während die ... GmbH insbesondere auch einen Schwerpunkt auf Vermarktung von Papier lege. Aus diesem Grunde hätten sich beide Unternehmen an der Ausschreibung beteiligt, um auch diese Eigenständigkeit und unterschiedlichen Stärken betonen zu können. Angesichts der rechtlichen Selbstständigkeit und des unterschiedlichen unternehmerischen Schwerpunkts der Beigeladenen und der ... GmbH ist eine Beteiligung beider Unternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren nach Auffassung der Vergabekammer im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
Wegen des unter II. 2. b festgestellten Verstoßes gegen vergaberechtliche Bestimmungen ist es geboten, die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut in die Wertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen, die Angemessenheitsprüfung bezüglich des von ihr favorisierten Angebotes der Beigeladenen durchzuführen und Prüfung, Wertung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens war im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hingegen nicht erforderlich.
Kommt die Auftraggeberin aber auf Grund der Angemessenheitsprüfungg zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der Wertung auszuschließen ist, muss sie mangels zuschlagfähigen Angebotes auf Grund ihrer Selbstbindung in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen das Vergabeverfahren bezüglich des streitbefangenen Loses 1 aufheben. Sie muss den Auftrag dann, wie angekündigt, selbst ausführen oder erneut ausschreiben.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992ff.) vom 10.11.2001 werden die
DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.714,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 749.136,-- EUR (netto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin für das streitbefangene Los 1 über die gesamte ausgeschriebene 4-jährige Laufzeit und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenüber gestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 749.136,-- EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.714,-- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und den Auftraggeber folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war und diese nur durch die unterlassene Angemessenheitsprüfung hinsichtlich des von der Auftraggeberin favorisierten Angebotes der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 verletzt ist. Dagegen war ihr Nachprüfungsantrag hinsichtlich ihres tatsächlichen Hauptbegehrens, der Auftraggeberin aufzugeben, die Angebote der Beigeladenen und der R + S Sortier GmbH von der Wertung auszuschließen, das eigene Hauptangebot der Antragstellerin aber zu berücksichtigen, als unbegründet zurückzuweisen , da ihr Angebot die von der Auftraggeberin für eine Auftragsvergabein diesem Vergabeverfahrenbindend gesetzte preisliche Obergrenze von 150.000 EUR überschreitet und daher gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A auszuschließen ist. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Der Kostenanspruch ist wegen des anteiligen Unterliegens jedoch gegen den entsprechenden Kostenanspruch der Auftraggeberin aufzuheben. Die anteilige Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes auch für die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte sie für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Der Auftraggeber wird aufgefordert, den Betrag von1.357,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zuüberweisen: ... Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von1.357,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zuüberweisen: ...
Schulte
Weyer