Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.03.2003, Az.: 203-VgK-01/2003
Nachprüfungsverfahren im Fall eines Vergabeverfahrens nach der Vergabeordnung und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB-Vergabeverfahren) hinsichtlich eines Neubaus eines Bettenhauses eines Reha-Zentrums; Erfordernis der Unverzüglichkeit der Rüge eines Vergabeverstoßes; Behandlung von Angebotspositionen als Bedarfspositionen; Wirtschaftlichkeitsprüfung der Angebote in einem Vergabeverfahren; Anlass zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit eines Angebotes; Missverhältnis zwischen Preis und Leistung; Möglichkeit der Aufhebung eines Vertrages im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens; Kostenentscheidung im Vergabeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 10.03.2003
- Aktenzeichen
- 203-VgK-01/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32101
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 2 VOB/A
- § 9 Nr. 1 S. 2 VOB/A
- § 30 Nr. 1 VOB/A
- § 2 Nr. 7 VgV
- § 13 VgV
- § 98 Nr. 2 GWB
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 GWB
- § 114 Abs. 1 S. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
VOB-Vergabeverfahren Neubau eines Bettenhauses sowie Umbau- und Bauunterhaltungsmaßnahmen in bestehenden Gebäuden im Reha-Zentrum der xxxxxxx -
hier: Küchentechnik
Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg hat
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
den hauptamtlichen Beisitzer BAR Dipl.-Ing. Peter und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ök. Brinkmann
auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2003
beschlossen
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren Nr. 11.02 144. 024.22 bezüglich des Loses Küchentechnik aufzuheben.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Gründe
I.
Die Auftraggeberin als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB hat den Neubau eines Bettenhauses sowie Umbau und Bauunterhaltungsleistungen in bestehenden Gebäuden im Reha-Zentrum der xxxxxxx in xxxxxxx unterteilt in insgesamt 20 Fachlose, darunter das dem Nachprüfverfahren unterliegende Los 15 "Küchentechnik", ausgeschrieben. Da der maßgebliche Schwellenwert gem. § 2 Nr. 4 der Vergabeverordnung (VgV) von 5 Millionen EUR für die Gesamtmaßnahme überschritten wird, erfolgte eine europaweite Ausschreibung. Als Vergabeverfahren wurde das offene Verfahren im Sinne des § 3 a Nr. 1 a VOB/A gewählt. Die europaweite Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte am 11.09.2002 im Amtsblatt der EG.
Unter lfd. Nr. 13. der Veröffentlichung heißt es in Bezug auf die vorgesehenen Zuschlagskriterien betreffend alle 20 Fachlose:
13. Zuschlagskriterien: Der niedrigste Preis.
Mit Datum vom 26.09.2002 wurden von der Auftraggeberin mittels Formblatt EVM (B) A EG "Angebotsanforderung" insgesamt 11 Firmen zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert.
Unter lfd. 5.2 des Formblattes sind als Kriterien für die Auftragserteilung angekreuzt:
5.2.1 Allgemeine Kriterien: Preis
5.2.2 Technische und wirtschaftliche Kriterien: Qualität, Gestaltung, Folgekosten,
Funktionalität und Betriebskosten
Bis zum Ablauf der Angebotsfrist wurden von insgesamt 4 Bietern Angebote abgegeben. Die Angebotseröffnung erfolgte am 30.10.2002, 15:00 Uhr. Mit Schreiben vom 16.12.2002 (abgesandt: 20.12.2002) wurde den unterlegenen Bietern - darunter die Antragstellerin - entsprechend § 13 VgV mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Auf das Angebot der Antragstellerin sollte der Zuschlag nicht erteilt werden, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot entsprechend § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A abgegeben hätte und ein niedrigeres Hauptangebot vorläge.
In den Ausschreibungsunterlagen der Auftraggeberin waren diverse Positionen als Bedarfspositionen (Eventualpositionen) enthalten, über deren Ausführung entsprechend Nr. 2 der zusätzlichen Vertragsbedingungen als Bestandteil der Verdingungsunterlagen erst nach Auftragserteilung entschieden werden sollte. Die Angebotsauswertung wurde von dem mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragten Ingenieurbüro xxxxxxx aus xxxxxxx vorgenommen. Die Angebotsauswertung (s. Vermerk vom 27.12.2002) ergab unter Berücksichtigung der o.g. Bedarfspositionen folgende rechnerisch geprüfte Angebotsendsummen (Brutto) in der Reihenfolge der günstigsten Bieter:
- 1.
Fa. xxxxxxx (Beigeladene) 419.293,08 EUR
- 2.
Fa. xxxxxxx 486.930,88 EUR
- 3.
Fa. xxxxxxx (Antragstellerin) 506.846,92 EUR
- 4.
Fa. xxxxxxx 541.554,12 EUR
Ohne Berücksichtigung der o.g. Bedarfspositionen verringern sich die Angebotsendsummen bezogen auf das jeweilige Angebot inklusive Bedarfspositionen in einem Bereich von 16 bis maximal 28 %, ohne dass sich in der Reihenfolge der günstigsten Bieter Veränderungen ergeben würden.
Der Vermerk vom 27.12.2002 schließt mit dem Vorschlag an die Auftraggeberin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Diese hätte unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z.B. Preis, Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, Gestaltung, Rentabilität und technischer Wert das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. In dem Prüfvermerk zu dem Angebot der Beigeladenen wird u.a. weiterhin ausgeführt, dass das Angebot rechtsverbindlich unterschrieben wäre, die geforderten Fabrikatsangaben vollständig eingetragen wären und es sich bei den abgegebenen Preisen um angemessene Preise handeln würde.
Nach dem Eingang der Mitteilung am 23.12.2002, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, rügt die Antragstellerin gem. § 107 GWB mit Schreiben vom 25.12.2002 gegenüber der Auftraggeberin die Wertung der Angebote. Sie begründet ihre Rüge damit, dass ihrer Auffassung nach lediglich der Preis das maßgebliche Zuschlagskriterium sein sollte und die in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes genannten sonstigen Kriterien, nämlich Qualität, Gestaltung, Folgekosten, Funktionalität und Betriebskosten nicht berücksichtigt worden seien. Weiterhin sei zu prüfen, ob es sich bei dem Angebot der Beigeladenen um ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis handeln würde, auf das gemäß § 25 Nr. 3 Abs.1 VOB/A der Zuschlag nicht erteilt werden dürfte, da im vorliegenden Fall eine Abweichung von rd. 18 % bezogen auf den Mittelpreis der vorgelegten Angebote vorliegen würde (Anmerkung: bezogen auf das zweitniedrigste Angebot der Fa. xxxxxxx beträgt die Abweichung rd. 14 %).
Weiterhin wird durch die Antragstellerin gerügt, dass nach ihrer Kenntnis die Beigeladene ein Handelsunternehmen sei, welches über keine eigene Fertigung verfüge. In den Angeboten der Beigeladenen würde das Unternehmen immer seinen eigenen Firmennamen als Fabrikatsbezeichnung verwenden. Damit würde die Auftraggeberin über den tatsächlichen Hersteller und die damit verbundenen unterschiedlichen Qualitäten bewusst im Unklaren gelassen. Interessant sei diese Feststellung insbesondere unter Betrachtung der qualitativen Anforderungen des Leistungsverzeichnistextes und der o. g. sonstigen Zuschlagskriterien. So seien in verschiedenen - im Rügeschreiben näher bezeichneten - Positionen des Leistungsverzeichnisses qualitätsbestimmende Eigenschaften vorgegeben und zudem teilweise patentierte Einbauteile eines bestimmten Herstellers gefordert. Bei Abweichungen von den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entstünden gerade in diesen Positionen erhebliche Preisvorteile. Begründet durch die erhebliche Preisdifferenz geht die Antragstellerin deshalb davon aus, dass in den aufgeführten Positionen durch die Beigeladene von den geforderten Eigenschaften/Qualitäten abgewichen wurde.
Weiterhin bittet die Antragstellerin um Überprüfung der Wertung der im Leistungsverzeichnis enthaltenen Bedarfs-/Eventualpositionen, da nach ihren Erfahrungen den Auftraggebern dort oftmals Fehler unterlaufen. Des Weiteren wird um nochmalige formelle Überprüfung der Angebote entsprechend der Vorgaben der §§ 23 Nr.1 und 21 Nr. 1 VOB/A gebeten, da nach den Erfahrungen der Antragstellerin dort ebenfalls oftmals Fehler entstehen können.
Während sich die Rüge vom 25.12.2002 ausschließlich auf das Angebot der mindestbietenden Beigeladenen bezog, trägt die Antragstellerin in einem weiteren Rügeschreiben vom 30.12.2002 ergänzend in Bezug auf die im Wettbewerb an zweiter Stelle liegende Firma xxxxxxx vor. Inhaltlich ist die Rüge substanziell identisch mit dem Rügeschreiben in Bezug auf die Beigeladene.
Mit Schriftsatz vom 02.01.2003, eingegangen am 03.01.2003, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Der Vortrag der Antragstellerin an die Vergabekammer entspricht dabei dem bereits dargelegten Inhalt der o.g. Rügeschreiben.
Nach erfolgter Akteneinsicht am 17.01.2003 trägt die Antragstellerin mit ergänzendem Schriftsatz vom 26.01.2003 erneut vor. Im Wesentlichen wird ausführlich vorgetragen, dass in Bezug auf im Schriftsatz näher bezeichneten Positionen des Leistungsverzeichnisses die von der Auftraggeberin geforderten Qualitäten, Funktionen, Gestaltungen usw. mit den von der Beigeladenen angebotenen Geräten nicht erfüllt werden könnten. Gleiches träfe auch in Bezug auf das Angebot der Fa. xxxxxxx zu. Im Einzelnen wird hierzu auf den Schriftsatz der Antragstellerin verwiesen. Darüber hinaus trägt die Antragstellerin vor, dass
- von der Beigeladenen gegenüber der Auftraggeberin lediglich pauschal bestätigt wurde, dass ihre Preise auskömmlich seien. Das Ingenieurbüro xxxxxxx hätte es versäumt, eine Prüfung der Preise nach dem Formblatt EFB 1a unter Beachtung der Vorgaben der VOB/A durchzuführen.
- das Angebot der Beigeladenen nicht rechtsverbindlich unterschrieben wäre, da es an der entsprechenden Befugnis der unterzeichnenden Mitarbeiterin der Beigeladenen mangeln würde. Dies würde dazu führen, dass das Angebot der Beigeladenen vom Wettbewerb gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b und § 21 Nr. 1 Abs. 1 BOB/A auszuschließen wäre.
- es auch bei dem Angebot der Fa. xxxxxxx an einer rechtsverbindlichen Unterschrift fehlen würde und das Angebot deshalb ebenfalls auszuschließen wäre (Anmerkung: das Angebot ist mit ppa und einer nicht identifizierbaren Unterschrift versehen).
- auf Seite 3 des Vergabevermerks der Auftraggeberin vom 07.01.2003 als Kriterien für die Auftragserteilung neben dem Preis auch technische und wirtschaftliche Kriterien, nämlich Qualität, Wirtschaftlichkeit, Gestaltung, Folgekosten Betriebskosten und Sonstige angekreuzt seien. Auf Seite 6 des Vergabevermerkes (Vergabeentscheidung auf das Angebot der Beigeladenen) sei jedoch für die Vergabeentscheidung lediglich das Kriterium Preis angekreuzt und deshalb wären alle anderen genannten Kriterien nicht berücksichtigt worden.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Auftraggeberin zu verpflichten, das Wertungsverfahren unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin und der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
- 2.
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für erforderlich zu erklären.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin vertritt in ihrem Schriftsatz vom 10.01.2003 die Auffassung, dass die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sein könne, da sie gar nicht Teilnehmerin am Vergabeverfahren gewesen sei. Ausweislich des Blanketts des entsprechenden Angebotes hätte die Fa. xxxxxxx das Angebot abgegeben. Dies ergebe sich auch aus dem Firmenstempel mit dem das Angebot gestempelt wurde. Antragstellerin sei jedoch die Fa. xxxxxxx, die unter Beachtung § 4 GmbH-Gesetz mit der Teilnehmerin am Wettbewerb nicht Rechtspersonen identisch sei. Der Hinweis auf die Fa. xxxxxxx in der Fußzeile des Antragsschreibens sei insoweit irreführend, da diese Firma weder an der Vergabe teilgenommen noch den Antrag auf Nachprüfung eingereicht hätte.
Die Auftraggeberin trägt weiter vor, dass die Rügen der Antragstellerin vom 25.12.2002 bezogen auf das Angebot der Beigeladenen und vom 30.12.2002 bezogen auf das Angebot der an zweiter Stelle liegenden Fa. xxxxxxx weitestgehend gleiche Sachverhalte und Argumentationen enthalten. Zudem mache der Inhalt der Rüge vom 30.12.2002 deutlich, dass die darin zur Überprüfung dargestellten Sachverhalte der Antragstellerin schon im Vergabeverfahren bekannt geworden seien. Die Antragstellerin hätte jedoch erst nach Anrufung der Vergabekammer gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Diese unterlassene rechtzeitige Rüge müsse daher zum Ausschluss dieses Vorbringens im Nachprüfverfahren führen. Es sei der Antragstellerin von daher nicht mehr möglich, sowohl das Angebot der Beigeladenen als auch das der Fa. xxxxxxx zu Fall zu bringen und damit selbst in die günstigste Position zu gelangen.
Zu dem Zuschlagskriterium "Preis" führt die Auftraggeberin aus, dass dieser explizit in der unter lfd. Nr. 13 der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft vom 11.09.2002 als einziges Zuschlagskriterium benannt worden sei. Das den unterlegenen Bietern übersandte Informations- und Absageschreiben gem. § 13 VgV sei deshalb vollständig und folgerichtig. Weiterhin habe die Wertung ergeben, dass die Angebote auf der Basis des Leistungsverzeichnisses aufgrund weit gehender Gleichheit der angebotenen Komponenten qualitativ, gestalterisch, von den Folgekosten her funktional und von den Betriebskosten her auf gleichem Niveau stehen würden. Im Einzelnen verweist die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf die diesbezügliche Stellungnahme des Ingenieurbüros xxxxxxx vom 06.01.2003. Zuschlagskriterium sei somit der Preis. Auch sei die Auskömmlichkeit der Preise der Beigeladenen überprüft worden. Die Beigeladene habe die Auskömmlichkeit ihres Angebotes mit einen Schreiben vom 19.11.2002 bestätigt, dass den Angebotsunterlagen der Beigeladenen beigeheftet sei.
Die Auftraggeberin führt weiterhin aus, dass
- sie im Leistungsverzeichnis die Positionen weitgehend herstellerneutral ausgeschrieben hätte. Wie sich aus der Stellungnahme des Ingenieurbüros xxxxxxx vom 06.01.2003 ergeben würde, hätten sowohl die Beigeladene als auch die Antragstellerin weit gehend gleiche Produkte angeboten. Gleichwohl hätte die Beigeladene die einzelnen Positionen fast durchweg niedriger angeboten als die Antragstellerin.
- die Bedarfspositionen korrekt in die Angebotswertung einbezogen worden seien. Die Antragstellerin hätte hier auch keinen Fehler festgestellt und stelle ihren Antrag hier rein spekulativ.
- die Antragstellerin auch in dem Punkt der erbetenen formellen Überprüfung der Angebote keinen erkannten Fehler beanstandet sondern ebenfalls einen rein spekulativen Antrag stellen würde.
Nach alledem wäre der Antrag der Antragstellerin somit unbegründet.
Die Vergabekammer hat durch Verfügung des Vorsitzenden vom 04.02.2003 gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende schriftliche Entscheidung in diesem Verfahren über die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist hinaus bis zum 14.03.2003 wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten verlängert. Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 04.03.2003 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7, 107 Abs. 2, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB verletzt. Die Auftraggeberin hat in mehrfacher Hinsicht gegen den vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. Sie hat im Zuge des Vergabeverfahrens mehrere Angebotspositionen als Bedarfspositionen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 VOB/A behandelt, obwohl sie diese im Leistungsverzeichnis nicht als Bedarfspositionen gekennzeichnet hatte, wodurch sie gegen § 9 Nr. 1 und Nr. 3 Abs. 1 VOB/A verstoßen hat. Ferner hat die Auftraggeberin den Bietern dadurch ohne ihre Kenntnis ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 9 Nr. 2 VOB/A aufgebürdet. Die Auftraggeberin hat es ferner versäumt, gem. § 30 VOB/A einen Vermerk über die Vergabe zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgeblichen Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen wiedergibt. Dabei ist insbesondere nicht dokumentiert, ob sie die in den Verdingungsunterlagen genannten Zuschlagskriterien gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3, 25 a VOB/A mit Ausnahme des Kriteriums "niedrigster Angebotspreis" überhaupt berücksichtigt hat und ggf. mit welcher Gewichtung. Ferner hat sie es nach Aktenlage versäumt, vor Abschluss der Angebotswertung das Angebot der Beigeladenen einer Angemessenheitsprüfung gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A zu unterziehen, obwohl sie dazu angesichts des Preisabstandes zum nächstniedrigeren Angebot Anlass hatte. Jedenfalls ist dies nicht dokumentiert. Schließlich hat sie die nicht berücksichtigten Bieter gem. § 13 VgV bereits mit Schreiben vom 16.12.2002 informiert, obwohl ausweislich der Vergabeakte zu diesem Zeitpunkt die Angebotswertung noch gar nicht abgeschlossen war. Die der Vergabeentscheidung vorausgehende Angebotsauswertung mit Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros xxxxxxx, xxxxxxx, datiert vom 27.12.2002.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Landesversicherungsanstalt und damit um eine juristische Person öffentlichen Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im allgemeinen Interesse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Sie unterliegt der Landesaufsicht und ist damit öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A und damit um einen Bauauftrag. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Millionen Euro. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, so gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Million Euro oder bei Losen unterhalb 1 Million Euro deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Nach dem Ergebnis der Ausschreibung erreicht der Gesamtwert des streitbefangenen Gewerks Küchentechnik mit 318.626,48 Euro brutto (= niedrigstes Angebot der Beigeladenen) zwar nicht den Wert von 1 Million Euro. Die Gesamtbaumaßnahme übersteigt aber unstreitig den Schwellenwert von 5 Millionen Euro. Zudem hat die Auftraggeberin das streitbefangene Los EU-weit ausgeschrieben und als Nachprüfstelle die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg angegeben. Durch diese im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung erfolgte Benennung der Vergabekammer als Nachprüfstelle hat die Auftraggeberin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Auftraggeberin, dass sie das verfahrensgegenständliche Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW 1998, 3636 ff., 3638) [BGH 08.09.1998 - X ZR 48/97]. Das Vergabeverfahren ist damit einer Nachprüfung durch die Vergabekammer grundsätzlich zugänglich. Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin beabsichtige in vergaberechtswidriger Weise, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, obwohl ihrer Auffassung nach das Angebot der Beigeladenen von der Wertung wegen Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen wie auch wegen unangemessenen Preises von der Wertung auszuschließen sei. Eine über die Schlüssigkeit hinausgehende Darstellung des Rechtsschutzbedürfnisses ist nicht erforderlich. Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 13.12.1999 - 11/99).
Die Antragstellerin hat auch die von ihr geltend gemachten Verstöße gegen das Vergaberecht im streitbefangenen Vergabeverfahren unverzüglich gegenüber der Auftraggeberin gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt, soweit sie sich gegen die Behandlung ihres eigenen Angebotes und die Wertung des Angebotes der Beigeladenen wendet. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107 Rdn. 681). Der durch das Vergaberechtsänderungsgesetz dem Bieter erstmals gewährte Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren setzt auf der anderen Seite voraus, dass sich der Bieter seinerseits auch stets gebührend um seinen Rechtsschutz bemüht. Dazu gehört gerade auch die vorprozessuale Rüge. Für die Kenntnis des konkreten von einem Bieter geltend zu machenden Vergaberechtsverstoßes bedarf es für ein fachkundiges Bieterunternehmen in der Regel nicht der vorherigen Konsultation eines Rechtsanwalts. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Verfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs hat die Antragstellerin die mit ihrem Schreiben vom 25.12.2002 gegenüber der Auftraggeberin geltend gemachten Vergaberechtsverletzungen bezüglich der Wertung der Angebote, insbesondere der vermeintlichen Nichtberücksichtigung der vorgegebenen Zuschlagskriterien, des vermeintlich nicht angemessenen Angebotspreises der Beigeladenen und der vermeintlichen Abweichungen des Angebotes der Beigeladenen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen rechtzeitig gerügt. Diesbezüglich hatte die Antragstellerin erst aufgrund des am 23.12.2002 bei ihr eingegangenen Informationsschreibens der Auftraggeberin gem. § 13 VgV vom 16.12.2002 positive Kenntnis. Lediglich über den Angebotspreis selbst war sie bereits aufgrund des Submissionstermins vom 30.10.2002 informiert.
Dagegen erfolgte die mit Schreiben vom 30.12.2002 der Antragstellerin erfolgte Ausdehnung der Rüge auf das Angebot der zweitplatzierten Firma xxxxxxx nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB. Abgesehen davon, dass sich diese Rüge auf Vermutungen stützt, ist sie inhaltlich identisch mit der Rüge gegenüber dem Angebot der Beigeladenen. Über die preisliche Position des Angebotes der Firma xxxxxxx aber war die Antragstellerin ebenfalls aufgrund des Submissionstermins vom 30.10.2002 zeitgleich informiert. Sie war daher ohne weiteres in der Lage, unmittelbar nach Erhalt des Informationsschreibens am 23.12.2002 ihre Rüge vom 25.12.2002 auch auf das Angebot der Firma xxxxxxx zu erstrecken. Diesbezüglich erfolgte die Rüge daher nicht rechtzeitig.
Soweit die Antragstellerin dagegen Abweichungen des Angebotes der Beigeladenen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses geltend macht, war die vorherige Rüge entbehrlich. Von diesen Tatsachen konnte sie erst aufgrund der im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens durchgeführten Akteneinsicht gem. § 111 GWB Kenntnis erlangen, wo sie zwar keinen Einblick in das Angebot der Beigeladenen erhielt, wohl aber in die vom beauftragten Ingenieurbüro xxxxxxx erstellte Angebotsauswertung und den Vergabevorschlag.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Auftraggeberin hat in mehrfacher Hinsicht gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. Sie hat im Zuge des Vergabeverfahrens ausweislich der Vergabeakte mehrere Angebotspositionen als Bedarfspositionen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 VOB/A behandelt, ohne diese in den Verdingungsunterlagen entsprechend zu kennzeichnen. Sie hat damit die Bieter über für die Kalkulation wesentliche Umstände im Unklaren gelassen und gegen § 9 Nr. 2 und Nr. 3 VOB/A verstoßen (im Folgenden a). Sie hat es ferner versäumt, wichtige Verfahrensschritte in der Vergabeakte gem. § 30 Nr. 1 VOB/A zu dokumentieren. So ist anhand der Vergabeakte nicht nachvollziehbar, inwiefern die Auftraggeberin bei der Wertung der Angebote die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes anhand sämtlicher von ihr mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziffer 5.2 vorgegebenen Zuschlagskriterien durchgeführt hat. Dokumentiert ist lediglich eine Auseinandersetzung mit den Angebotspreisen (im Folgenden b). Schließlich hat sie die nicht berücksichtigten Bieter gem. § 13 VgV bereits mit Schreiben vom 16.12.2002 informiert, obwohl ausweislich der Vergabeakte zu diesem Zeitpunkt die Angebotswertung noch gar nicht abgeschlossen war (im Folgenden c).Ferner hat die Auftraggeberin versäumt, das von ihr für den Zuschlag favorisierte Angebot der Beigeladenen einer Angemessenheitsprüfung gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A im Rahmen der Wertung zu unterziehen, obwohl dieses Angebot im Preis 18 % vom Mittelpreis der vorgelegten Angebote und 14 % von zweitniedrigsten Angebot abweicht. Durch diese fehlende gebührende Auseinandersetzung mit dem von ihr für den Zuschlag favorisierten Angebot der Beigeladenen hat die Auftraggeberin zugleich auch zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen (im Folgenden d). Ferner ist in der Vergabeakte nicht dokumentiert, warum die Auftraggeberin darüber hinweggesehen hat, dass die Beigeladene in ihrem Angebot bei einigen Positionen die Modell-Nummer nicht angegeben hat, obwohl diese mit der Leistungsbeschreibung ausdrücklich abgefragt wurde (im Folgenden e).
a)
Die Auftraggeberin hat gemäß einer in der Vergabeakte enthaltenen tabellarischen Auflistung (= Seite 2 der Anlage zur Angebotsauswertung mit Vergabevorschlag vom 27.12.2002 unter der Überschrift "Änderungen der Vergabe zur Ausschreibung ... 2.1 entfallende Positionen (Eventual-gesetzt)" insgesamt 23 Einzelpositionen als nunmehr für den Entfall vorgesehene Bedarfspositionen behandelt, obwohl sie nur sieben davon als Bedarfspositionen im Leistungsverzeichnis gekennzeichnet hatte. Bei diesen gekennzeichneten Positionen handelte es sich um die Pos. 1.02.4 Großküchenmaschine, Pos. 1.03.4 Allesschneider, Pos. 1.03.5 Tischwaage, Pos. 1.03.11 Rühr- und Schlagmaschine, Pos. 1.3.13 Allesschneider, Pos. 1.05.6 Granulat-Spülmaschine und Pos. 1.08.3 Kaffeemaschine. Als Grund für den Wegfall der Positionen hat der Auftraggeber, respektive das von ihr beauftragte Ingenieurbüro in der tabellarischen Auflistung stichwortartig vermerkt: "Bestand/Klinik", "entfällt" und "Anschaffung Abteilung II". Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2003 erläutert, dass es sich bei den Positionen, die sie in den Verdingungsunterlagen nicht als Bedarfspositionen gekennzeichnet hatte, regelmäßig um Regalanlagen handele. Hintergrund sei der, dass versucht werde, das Inventar der vorhandenen Großküche zu veräußern. Soweit dies nicht möglich sei, behalte sich die Auftraggeberin vor, diese Anlagen weiterhin zu nutzen. Dies habe sie im Rahmen eines Erörterungsgesprächs den Bietern mitteilen wollen. Während die Bieter bei den sieben als Bedarfspositionen gekennzeichneten Positionen mit einem Hinweis wie z.B. bei der Pos. 01.02.4 Großküchenmaschine auf den Bedarfsvorbehalt durch die Formulierung "Die Großküchenmaschine wird evtl. vom Betreiber selbst gestellt, der Auftraggeber behält sich die Beauftragung ausdrücklich vor" hingewiesen wurden, erhalten insgesamt 16 der als Bedarfspositionen gewerteten Einzelpositionen keinerlei Hinweis im Leistungsverzeichnis.
Zur Wahrung des Transparenzgebotes regelt die VOB in ihrer aktuellen Fassung (VOB 2000) nunmehr in § 9 Nr. 1 Satz 2 VOB/A ausdrücklich, dass Bedarfspositionen (Eventualpositionen) nur ausnahmsweise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden dürfen. Der Verdingungsausschuss hat damit der Tatsache Rechnung getragen, dass sich in der Baupraxis herausgestellt hatte, dass insbesondere die Aufnahme von Bedarfspositionen und angehängte Stundenlohnarbeiten in Leistungsverzeichnisse häufig dazu führt, dass die Leistungsbeschreibung nicht mehr eindeutig und erschöpfend ist (vgl. Heiermann, Riedl, Rusam, VOB, 9. Auflage, § 9 VOB/A, Rdn. 5). Gerade die Bedarfspositionen eröffnen Spekulationsmöglichkeiten, denen dadurch begegnet werden soll, dass sie nur ausnahmsweise in eine Leistungsbeschreibung aufgenommen werden dürfen (vgl. Hertwig in Beck'scher VOB-Kommentar, § 9 VOB/A, Rdn. 22 ff., m.w.N.). Die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber zum restriktiven Umgang mit dem Einsatz von Bedarfspositionen wird im Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB) unter Nr. 4 zu § 9 VHB "Wahlpositionen, Bedarfspositionen; angehängte Stundenlohnarbeiten" erläutert. Dort heißt es unter Nr. 4.1:
"Wahl- und Bedarfspositionen dürfen nicht aufgenommen werden, um die Mängel einer unzureichenden Planung auszugleichen. Sie sind als solche im Leistungsverzeichnis zu kennzeichnen. Damit ihre Preise richtig kalkuliert werden können, sind möglichst genaue Mengenansätze anzugeben. Die Spalte für den Gesamtbetrag dieser Positionen ist zu sperren, damit er nicht in die Angebotssumme einbezogen wird; hinsichtlich der Wertung siehe Nr. 1.6.3 der Richtlinie zu § 25 VOB/A."
Weiter heißt es unter 4.3 zu § 9 VOB/A im Vergabehandbuch:
"Bedarfspositionen enthalten Leistungen, die nur bei Bedarf ausgeführt werden sollen. Sie dürfen nur ausnahmsweise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Bedarfspositionen dürfen nur Leistungen enthalten, die erfahrungsgemäß zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden können und deren Notwendigkeit zum Zeitpunkt der Aufstellung der Leistungsbeschreibung trotz aller örtlichen und fachlichen Kenntnisse nicht festzustellen ist (z.B. Wasserhaltung). Der Umfang der Bedarfspositionen darf in der Regel 10 v. H. des geschätzten Auftragswertes nicht überschreiten."
Indem der Auftraggeber 16 Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses als Bedarfspositionen behandelte, obwohl er diese im Leistungsverzeichnis nicht als Bedarfspositionen gekennzeichnet hatte, hat er sowohl gegen die Verpflichtung gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 VOB/A verstoßen, die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen zu können. Er hat ferner gegen das Gebot gem. § 9 Nr. 2 VOB/A verstoßen, dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann. Der Auftraggeber hat ferner gem. § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A zur Ermöglichung einer einwandfreien Preisermittlung alle sie beeinflussenden Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben. Dazu gehört zweifelsohne auch die Kennzeichnung sämtlicher Bedarfspositionen, da der Bieter bei der Kalkulation seines Gesamtangebotes wissen muss, von welchem Umfang einer Beauftragung er ausgehen kann bzw. welche abgefragten Positionen ggf. entfallen können. Der Auftraggeber kann auch nicht mit seinem Einwand gehört werden, es handle sich bei den nicht gekennzeichneten Positionen lediglich um untergeordnete Positionen, insbesondere Regalanlagen. Vielmehr wirkten sich die Bedarfspositionen erheblich auf die Angebotsendsumme aus. Entsprechend der Angebotsauswertung mit Vergabevorschlag des Ingenieurbüros xxxxxxx aus xxxxxxx vom 27.12.2002 betrug die geprüfte Angebotsendsumme inklusive aller enthaltenen Bedarfspositionen bezogen auf die beigeladene Firma xxxxxxx 419.239,08 EUR (Seite 3 der Angebotsauswertung). Die Angebotsauswertung schließt aber mit dem Vorschlag, den Auftrag mit einer geprüften Angebotsendsumme von 318.626,48 EUR (brutto) an die Beigeladene zu vergeben (Seite 10 der Angebotsauswertung). Diese Differenz ergab sich ausschließlich durch die in Anlage 2 der o. g. Angebotswertung aufgelisteten Bedarfspositionen, die nunmehr nicht mehr in Auftrag gegeben werden sollen. Die Summe der 16 nicht im Leistungsverzeichnis als Bedarfspositionen gekennzeichneten Positionen beläuft sich unter Zugrundelegung der eingetragenen Einheitspreise der Beigeladenen auf 44.093,92 EUR brutto. Insgesamt überschreitet die Summe aller Bedarfspositionen mit 102.190,20 EUR (bezogen auf das Angebot der Beigeladenen) deutlich den im Vergabehandbuch als Grenze gesetzten Regelsatz von 10 % des geschätzten Auftragswertes. Ein derartig großzügiger Umgang mit Bedarfspositionen ist mit der von § 9 VOB/A vorgeschriebenen restriktiven Handhabung nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere für die Nichtkennzeichnung einer erheblichen Anzahl von Bedarfspositionen im Leistungsverzeichnis.
b)
Die Auftraggeberin hatte es zudem entgegen § 30 VOB/A versäumt, wichtige Verfahrensschritte zu dokumentieren, so dass insbesondere die Angebotswertung selbst nach Maßgabe der von der Auftraggeberin mit der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes vorgegebenen Zuschlagskriterien gemessen an den Anforderungen des Transparenzgebotes gem. § 97 Abs. 1 GWB nicht hinreichend nachvollziehbar ist. Die an einem Vergabeverfahren beteiligten Bieter haben gem. § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht auf ausreichende Dokumentation des Vergabeverfahrens und insbesondere der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff.).
Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Sinn dieser Bestimmung ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB/A § 30, Rdn. 1, m.w.N.). Der Anwendungsbereich des § 30 Nr. 1 VOB/A erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellung und Begründung der einzelnen Entscheidungen. Der Vergabevermerk ist chronologisch zu fassen und muss sich dabei an der in der VOB/A vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, A § 30, Rdn. 12). Zu den materiellen Entscheidungen zählen insbesondere die Entscheidungen, bei denen die Vergabestelle eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie beim Ergebnis der Prüfung der Angebote, Angaben über Verhandlungen mit Bietern und deren Ergebnis sowie das Ergebnis der Wertung der Angebote (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 30.04.2001, Az.: 1/SVK/23-01). Ebenso sind im Vergabevermerk die Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf das betreffende Angebot anzugeben. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu Gewähr leisten (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.03.1999, a.a.O.). Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung. Daraus folgt, dass im Vermerk die Gründe so dezidiert festzuhalten sind, dass auch einem Außenstehenden bei Kenntnis der Angebotsinhalte deutlich erkennbar und nachvollziehbar wird, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll. Mängel in der Erkennbarkeit und in der Nachvollziehbarkeit in diesem Bereich gehen daher zu Lasten der Vergabestelle.
Zwar hat das von der Auftraggeberin beauftragte Ingenieurbüro ausweislich der Vergabeakte eine Prüfung und Auswertung der Angebote vorgenommen und einen Vergabevorschlag gefertigt. Dieser Vermerk vom 27.12.2002 genügt jedoch nicht den Anforderungen des § 30 Nr. 1 VOB/A, da es nicht möglich ist, anhand der Angebotswertung und des Vergabevorschlags nachzuvollziehen, ob die Auftraggeberin die Prüfung und Wertung der Angebote in einer den Anforderungen der VOB genügenden Weise durchgeführt hat. Der in der Vergabeakte enthaltene Vergabevorschlag vom 27.12.2002 beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darstellung des Submissionsergebnisses, das Ergebnis der rechnerischen Prüfung, eine Überprüfung auf Vollständigkeit, die Hinweise auf bei den Angeboten der Beigeladenen und der Firma xxxxxxx fehlende Nachweise und Unbedenklichkeitsbescheinigungen, die den Angeboten nicht beigefügt waren und nachgefordert werden müssen. Abgesehen davon, dass sich aus dem Vergabevermerk nicht ableiten lässt, dass die vier Wertungsphasen gem. § 25 VOB/A nacheinander in der vorgeschriebenen Reihenfolge durchgeführt wurden, was sich zur Vermeidung schwer wiegender Vergabefehler regelmäßig empfiehlt (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 25 Rdn. 8, m.w.N.), ist besonders schwer wiegend, dass sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung ausweislich der Vergabeakte lediglich auf einen ausführlichen Preisvergleich beschränkte. Auf Seite 9 des Vergabevorschlags vom 27.12.2002 heißt es:
"Wirtschaftlichstes Angebot
Nach Prüfung aller Angebote und Berücksichtigung der Nachlässe hat der Bieter Nr. 9, Firma xxxxxxx (die Beigeladene), xxxxxxx, mit einer geprüften Angebotsendsumme von 419.239,08 EUR einschließlich 16 % Mehrwertsteuer das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Der Bieter lässt unter Berücksichtigung eines rationellen Baubetriebes und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte wie z.B. Preis, Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, Gestaltung, Rentabilität und technischer Wert ist das Angebot des Bieters das wirtschaftlichste Angebot."
Damit hat die Auftraggeberin nicht dokumentiert, inwieweit die übrigen von ihr vorgegebenen Zuschlagskriterien außer dem Kriterium Preis bei der Wertung Berücksichtigung gefunden haben. Nach der den Bietern übersandten Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes hatte die Auftraggeberin unter Ziffer 5.2 folgende Zuschlagskriterien vorgegeben:
"5.2.1 Allgemeine Kriterien: Preis
5.2.2 Technische und wirtschaftliche Kriterien: Qualität, Gestaltung, Folgekosten,
Funktionalität und Betriebskosten."
Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2003 erklärt, dass die Prüfung der Angebote ergeben habe, dass sich die Angebote hinsichtlich der Kriterien Qualität, Gestaltung, Folgekosten, Funktionalität und Betriebskosten sehr ähnlich gewesen, teilweise sogar identisch gewesen seien. Die Vergabekammer weist darauf hin, dass die Auftraggeberin, wenn sie sich schon im Vorfeld der Angebotsprüfung nicht an eine Gewichtung der Wirtschaftlichkeitskriterien zueinander gebunden hatte, wenigstens diese Erkenntnisse bereits in der Vergabeakte in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk hätte dokumentieren und darlegen müssen, warum sich im konkreten Fall das wirtschaftlichste Angebot letztlich ausschließlich über den Preis ermitteln ließ, weil die Angebote hinsichtlich der übrigen Zuschlagskriterien möglicherweise keine Unterschiede aufwiesen oder keine entsprechenden Rückschlüsse zuließen. Nicht einmal diese Erklärung, geschweige denn eine Überprüfung sämtlicher Angebote anhand dieser Kriterien ist in der Vergabeakte dokumentiert.
c)
Dass die Auftraggeberin und das von ihr beauftragte Ingenieurbüro die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Angebote lediglich auf das Kriterium "niedrigster Angebotspreis" beschränkte, wird auch dadurch deutlich, dass die Auftraggeberin die nicht berücksichtigten Bieter gem. § 13 VgV bereits mit Schreiben vom 16.12.2002 informiert hat, obwohl ausweislich der Vergabeakte zu diesem Zeitpunkt die Angebotswertung noch gar nicht abgeschlossen war. Die der Vergabeentscheidung vorausgehende Angebotsauswertung mit Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros xxxxxxx, xxxxxxx, datiert vom 27.12.2002. Die Auftraggeberin, respektive ihr Ingenieurbüro, hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2003 erläutert, sie habe die Wertung durchaus vor Absendung der Informationsschreiben abgeschlossen. Die Angebotsauswertung habe zu diesem Zeitpunkt schon vorgelegen. Die Angebotswertung sei aber auch noch nachträglich laufend fortgeschrieben worden, wodurch sich das spätere Datum erkläre. Dem ist entgegenzuhalten, dass in der Vergabeakte keine "Urfassung" oder sonstige Fassung der Angebotsauswertung vorhanden ist, die vor Absendung der Informationsschreiben datiert. Gemäß § 13 VgV informiert der Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Er gibt die Information schriftlich spätestens zwei Wochen vor dem Vertragsschluss ab. Ein Vertrag darf vor Ablauf der Frist oder ohne dass die Information erteilt worden und die Frist abgelaufen ist, nicht geschlossen werden. Ein dennoch abgeschlossener Vertrag ist nichtig (die inzwischen in Kraft getretene Neufassung des § 13 VgV gilt für das streitbefangene Vergabeverfahren noch nicht). Die Regelung des § 13 VgV soll der Anforderung des EuGH nach einem effektiven Rechtsschutz Rechnung tragen, ohne dass explizit die traditionelle Einheit von Vertragsschluss und Zuschlag aufgegeben wird (vgl. Marx in Müller-Wrede, VOL/A, §§ 13, 14 VgV, Anm. 3). Der Gesetzgeber ist mit der Schaffung dieser Informationspflicht dem Problem begegnet, dass ein einmal abgeschlossener Vertrag nach § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB auch in einem Nachprüfungsverfahren nicht mehr aufgehoben werden kann. Dadurch wurden vor Inkrafttreten der Vergabeverordnung die Bieter vom Auftraggeber oftmals vor "vollendete Tatsachen" gestellt. Nachprüfungsanträge waren häufig unzulässig, weil verspätet. Durch die Regelung des § 13 VgV wird der Bieter in die Lage versetzt, ggf. rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer zu stellen. Die Information der Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, setzt aber zwingend voraus, dass die Wertung der Angebote abgeschlossen ist. Es ist zwar nach Auffassung der Vergabekammer vergaberechtlich unbedenklich, wenn öffentliche Auftraggeber, die, wie im Falle von Kommunen, den Zuschlag von der Zustimmung eines Fachausschusses, eines Verwaltungsausschusses oder einem Kreistag abhängig machen müssen, die Informationen schon dann versenden, wenn die Verwaltung die Wertung abgeschlossen hat und eine Beschlussvorlage für ihre Gremien formuliert hat. Sollten in diesem Fällen die Gremien entgegen der Verwaltungsvorlage entscheiden, bedarf es dann ggf. einer erneuten Information nach § 13 VgV, die ja auch nötig wäre, wenn der Auftraggeber aufgrund einer Rüge eines Bieters gem. § 107 Abs. 3 GWB erneut in die Wertung eintritt und zu einem anderen Ergebnis gelangt. Die Information nach § 13 VgV macht indes keinen Sinn in einem Stadium, in dem, wie im vorliegenden Fall, die Angebotswertung noch gar nicht abgeschlossen war. Diese Verfahrensweise der Auftraggeberin spricht eher dafür, dass für sie bereits die Preisrangfolge nach dem Submissionsergebnis und eine vorläufige Prüfung des Ingenieurbüros für die Entscheidung ausreichend gewesen ist.
d)
Die Auftraggeberin hat es ferner nach Aktenlage versäumt, vor Abschluss der Angebotswertung das Angebot der Beigeladenen einer Angemessenheitsprüfung gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A zu unterziehen, obwohl sie dazu angesichts des Preisabstandes zum nächstniedrigeren Angebot Anlass hatte, und dieses gemäß den Anforderungen des § 30 VOB/A zu dokumentieren. Ausweislich der Vergabeakte weicht das Angebot der Beigeladenen mit einem Gesamtpreis von 419.293,08 EUR brutto ca. 14 % von dem nächstgünstigeren Angebot der Firma xxxxxxx, xxxxxxx, mit 486.930,88 EUR ab. Bezogen auf den Mittelpreis der vorgelegten Angebote beträgt die Abweichung sogar ca. 18 %. Bei einem solchen Preisunterschied durfte die Auftraggeberin gem. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A den Zuschlag nicht ohne jegliche Prüfung der Angemessenheit des Preises auf das Angebot der Beigeladenen erteilen. Zur Beachtung dieser Vorgabe des § 25 Nr. 3 VOB/A war in Niedersachsen bereits vor Inkrafttreten des Niedersächsischen Vergabegesetzes durch den Gemeinsamen Erlass des MW und des MI vom 27.09.2002 - 32-32573/2/25 - (MBl. S. 685) geregelt, dass bei einer Abweichung von 10 % zum nächsthöheren Angebot sich die Auftraggeberin als Vergabestelle zwingend mit der Kalkulation des billigsten Angebots auseinander setzen muss. Dem Bieter ist aufzugeben, die ordnungsgemäße Kalkulation seines Angebotes schlüssig nachzuweisen. Ein Ausschluss des Angebotes ist nach diesem Erlass grundsätzlich erst dann vorzunehmen, wenn der Bieter seiner Nachweispflicht nicht nachgekommen ist. Gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A darf auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden. Von einem solchen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist allerdings nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/A § 25, Rdn. 45 ff.; Kulartz, VOL/A, 5. Aufl., § 25 Rdn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen. Dies aber hat die Auftraggeberin unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der Antragstellerin in der gebotenen Weise zu überprüfen. Lediglich wenn diese eingehende Plausibilitätsprüfung ein offenbares Missverhältnis des Preises zur Leistung ergibt, darf die Auftraggeberin dem Bieter den Zuschlag nicht erteilen.
Nach diesem zutreffenden Maßstab bestand für die Auftraggeberin zwar kein Anlass, das von ihr für den Zuschlag favorisierte Angebot der Beigeladenen ohne weiteres als Dumpingangebot einzustufen. Angesichts der Tatsache, dass dieses Angebot aber 14 % günstiger als das zweitplatzierte Angebot ist, musste sich die Auftraggeberin zwingend gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A mit der Kalkulation dieses Angebotes auseinander setzen und es einer eingehenden Plausibilitätsprüfung unterziehen. Sie ist ferner, ebenso wie hinsichtlich der übrigen Stufen der Angebotswertung gehalten, auch Prüfung und Ergebnis hinsichtlich der Angemessenheit des Preises in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren.
In der Vergabeakte ist eine Dokumentation einer solchen Angemessenheitsprüfung nicht enthalten. Nach Aktenlage ist vielmehr davon auszugehen, dass eine den Anforderungen genügende Plausibilitätsprüfung weder vor Versendung der Informationsschreiben gem. § 13 VgV noch zum derzeitigen Zeitpunkt des Nachprüfungsverfahrens tatsächlich stattgefunden hat. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2003 erklärt, sie habe durchaus partiell Abweichungen des Angebotes der Beigeladenen nach unten gesehen. In einzelnen Positionen, insbesondere bei den Bedarfspositionen habe die Abweichung aber 10 % nicht überschritten. Die Auftraggeberin hat eingeräumt, dass der Gesamtpreis durchaus 14 % zum nächstgünstigeren Bieter (Firma xxxxxxx) abweiche, und erklärt, dass sie die Überprüfung zwar nicht in der Vergabeakte ausführlich dokumentiert habe, gleichwohl aber durchgeführt habe. Durch die Vergabeakte wird indessen die von der Auftraggeberin behauptete Prüfung nicht belegt. Die Angebotsauswertung des beauftragten Ingenieurbüros xxxxxxx vom 27.12.2002 beschränkt sich hinsichtlich des Angebotes der Beigeladenen auf Seite 8 auf die Feststellung:
"Die angegebenen Preise sind angemessen."
Richtig ist, dass aus der Vergabeakte ersichtlich ist, dass die Auftraggeberin die Beigeladene im Zuge des Vergabeverfahrens zur Offenlegung der Kalkulation aufgefordert hat. Zwar ist ein entsprechendes Schreiben der Auftraggeberin in der Vergabeakte nicht enthalten. Die Vergabeakte enthält jedoch ein diesbezügliches Antwortschreiben der Beigeladenen vom 19.11.2002. Dieses bezieht sich ausdrücklich auf ein nicht in der Vergabeakte enthaltenes Schreiben der Auftraggeberin vom 11.11.2002. Dort heißt es:
"Vielen Dank für die Übersendung Ihres obigen Schreibens, in welchem sie uns gebeten haben, eine Kalkulationsprüfung für einzelne Positionen durchzuführen. Wir haben die Gesamtkalkulation des Angebots überprüft und können Ihnen mitteilen, dass wir bei den angebotenen Produkten einen gesamtkalkulatorischen Gewinn erzielen werden und somit bei einer Zuschlagserteilung auskömmliche Preise erzielen würden."
Ferner ist diesbezüglich ein Schreiben des vom Auftraggeber beauftragten Ingenieurbüros vom 10.12.2002 in der Vergabeakte enthalten, das ausdrücklich auf das besagte Schreiben der Beigeladenen vom 19.11.2002 Bezug nimmt. Durch die schlichte Behauptung der Beigeladenen indessen, ihr Angebot sei auskömmlich und sie würde bei den angebotenen Produkten einen gesamtkalkulatorischen Gewinn erzielen, wurde die Auftraggeberin nicht in die Lage versetzt, die gebotene, angemessene Plausibilitätsprüfung gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A durchzuführen. Die Auftraggeberin durfte sich deshalb mit dieser schlichten Äußerung nicht zufrieden geben, was sie aber ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks zur Angebotsauswertung mit Vergabevorschlag vom 27.12.2002 getan hat. Sie war vielmehr gehalten, entweder das Angebot der Beigeladenen wegen Verweigerung der erforderlichen Aufklärung von der Wertung auszuschließen oder aber auf eine Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu bestehen, ggf. unter Festlegung einer zumutbaren Antwortfrist, wie § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A dies ausdrücklich vorschreibt. Erst im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens und im Nachgang zu der zuvor bereits übersendeten Vergabeakte hat die Auftraggeberin mit Schriftsatz vom 26.02.2003 ergänzende Unterlagen zur Vergabeakte nachgereicht. Daraus ist ersichtlich, dass die Beigeladene der Auftraggeberin erst mit einem an das beauftragte Ingenieurbüro xxxxxxx gerichteten Schreiben vom 14.02.2003 "wunschgemäß die Kalkulationsnachweise, wie angefordert" zur Verfügung gestellt hat. Dem Schreiben beigefügt sind Angebotsschreiben der Lieferanten der Beigeladenen, die detaillierte Einzelpreise enthalten. Durch das Datum dieses Übersendungsschreibens wird ebenfalls dokumentiert, dass die Auftraggeberin die erforderliche Angemessenheitsprüfung im Zuge der Angebotswertung noch gar nicht durchgeführt haben konnte. Aber auch für den Zeitraum nach Erhalt der mit Schreiben vom 14.02.2003 übersandten Kalkulationsnachweise ist in der Vergabeakte in keiner Weise dokumentiert, dass eine solche Überprüfung etwa auf die Rüge der Antragstellerin hin im Nachhinein durchgeführt worden wäre.
e)
Die Antragstellerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens nach Durchführung der Akteneinsicht den Vorwurf erhoben, die Beigeladene sei in mehreren Fällen vom Leistungsverzeichnis in unzulässiger Weise abgewichen. Die Beigeladene ist diesem Vorwurf entgegengetreten und hat in der mündlichen Verhandlung detailliert dargelegt, warum sie ihrer Auffassung nach ein vollständiges, den Vorgaben in den Verdingungsunterlagen entsprechendes Angebot abgegeben hat. Unstreitig ist allerdings, dass das Angebot der Beigeladenen hinsichtlich einzelner Positionen nicht immer die mit den Verdingungsunterlagen abgefragten Informationen enthält. So fehlen insbesondere bei einigen Positionen die abgefragte Artikel-Nummer bzw. die Modell-Nummer. Auf Vorhalt der Vergabekammer, wie die Auftraggeberin die Prüfung der Vergleichbarkeit der Angebote angesichts dieser Lücken Gewähr leisten konnte, erklärte das von der Auftraggeberin beauftragte Ingenieurbüro in der mündlichen Verhandlung, man habe bei der Prüfung der Angebote hinsichtlich einzelner Positionen die Artikel-Nummer gar nicht gebraucht, da die Bezeichnung der Einzelpositionen vorgelegen habe und insbesondere der Preis auch korrespondierte mit anderen Angeboten. Auch habe es im Zuge des Vergabeverfahrens keinerlei Unstimmigkeiten oder Unklarheiten bei den Bietern hinsichtlich der angebotenen Produkte gegeben, da andernfalls entsprechende Bieteranfragen gekommen wären, was nicht der Fall gewesen sei. Die Auftraggeberin hat jedoch ausweislich des der Vergabeakte vorliegenden Blanketts der Verdingungsunterlagen im Leistungsverzeichnis durchgehend nicht nur das Fabrikat der einzelnen Positionen, sondern auch die Modell-Nummer abgefragt. Die Auftraggeberin hätte daher zumindest in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk darlegen müssen, warum sie diese Angaben für die Überprüfung des Angebotes der Beigeladenen auf Konformität mit den Vorgaben der Verdingungsunterlagen nicht benötigte. Auch darüber gibt die Vergabeakte jedoch keinerlei Aufschluss.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der mitbetroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der festgestellten schwer wiegenden Verstöße gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot ist es erforderlich, die Aufhebung der Ausschreibung durch Beschluss der Vergabekammer herbeizuführen, da die Vergaberechtsverstöße - insbesondere die Wertung von Einzelpositionen als Bedarfspositionen, obwohl diese in den Verdingungsunterlagen nicht entsprechend für die Bieter erkennbar gekennzeichnet waren wie auch der das streitbefangene Vergabeverfahren prägende Verstoß gegen die Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A - nicht durch eine Verpflichtung zur Neuvornahme der Angebotswertung beseitigt werden könnten. Wegen der zentralen Bedeutung der Dokumentationspflichten gem. § 30 VOB/A hat die Vergabekammer die Vergaberechtsverletzungen gem. § 110 Abs. 3 GWB von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat der Vergabekammer gem. § 114 Nr. 1 GWB die Verpflichtung zugewiesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei ist die Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer muss deshalb darauf hinwirken, dass das Vergabeverfahren für das streitbefangene Gewerk Küchentechnik aufgehoben wird.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die
DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird die gesetzliche Mindestgebühr in Höhe von 2.500 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 506.846,92 EUR (brutto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999. Hiernach wird der Mindestgebühr von 5.000,- DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 2 Mio. DM (Schwellenwert von 1 Mio. Euro; ca. 2 Mio. DM) zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 DM (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 300 Mio. DM (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 506.846,92 EUR ergibt sich hier eine Basisgebühr in Höhe der gesetzlichen Mindestgebühr von 2.500 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einem fachkundigen, erfahrenen Bieter wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass er über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOB/A verfügt, bedurfte er für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 2.500 EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxxxxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxx
Peter
Brinkmann