Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.03.2019, Az.: 7 ME 9/19

Anlass; anlassgebende Veranstaltung; Ladenöffnung; Sonn- und Feiertagsschutz; Sonntagsöffnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.03.2019
Aktenzeichen
7 ME 9/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69642
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 01.03.2019 - AZ: 1 B 5/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG kann verfassungskonform ausgelegt werden.

2. Voraussetzung für die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen ist, dass der Verkauf nicht im Vordergrund steht, sondern die Ladenöffnung im Zusammenhang mit einer Veranstaltung erfolgt, die ihrerseits prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages entfaltet.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 01. März 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Unter dem 25. Oktober 2018 beantragte die Stadtmarketing A-Stadt GmbH im Auftrag des Vorstands des Antragstellers bei der Antragsgegnerin die Genehmigung zur Öffnung von Ladengeschäften in Teilen des Stadtgebiets der Antragsgegnerin für vier Sonntage im Jahr 2019, u.a. für den 10. März 2019 aus Anlass der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“.

Mit Bescheid vom 04. Dezember 2018 erteilte die Antragsgegnerin antragsgemäß Ausnahmegenehmigungen für die Öffnung von Verkaufsstellen am 10. März 2019,
28. April 2019, 29. September 2019 und 03. November 2019 jeweils im Bereich der Innenstadt A-Stadt, E. straße und F. für die Zeit von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde nicht angeordnet.

Die Beigeladene hat am 03. Januar 2019 gegen die im Bescheid vom
04. Dezember 2018 erteilten Ausnahmegenehmigungen für die Sonntagsöffnungen am 10. März 2019 und am 03. November 2019 Klage erhoben (VG Osnabrück 1 A 2/19), der aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 1 VwGO).

Am 07. Februar 2019 hat der Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 04. Dezember 2018 beantragt, soweit es die Öffnung von Verkaufsstellen in der Innenstadt A-Stadt und E. straße am Sonntag, dem 10. März 2019, betrifft. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Beschluss vom 01. März 2019 (1 B 5/19) abgelehnt.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei bereits unzulässig, weil der Antragsteller sich zunächst mit seinem Begehren an die Antragsgegnerin als Genehmigungsbehörde wenden müsse. Darüber hinaus sei der Antrag auch unbegründet. Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller antragsberechtigt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG sei. Jedenfalls sei die Regelung des § 5 NLöffVZG verfassungswidrig, so dass es an einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage für die Ausnahmegenehmigung fehle. Im Übrigen sei ein die sonntägliche Öffnung der Verkaufsstellen rechtfertigender Sachgrund nicht gegeben. Es sei nicht erkennbar, dass die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ eine Ausstrahlungswirkung im Umfang und der Attraktivität der Öffnung der Verkaufsstellen habe. Die Präsentation von Firmen mit (Messe-) Ständen, Autos, Fahrrädern, E-Bikes, Motorrädern, Wohnmobilen, Blumen und Pflanzen mit kulturellem Beiprogramm und Verköstigungsständen stelle in der beabsichtigten Form keine prägende Wirkung dar. Dagegen spreche auch die geringe Anzahl der teilnehmenden lokalen Unternehmen (20-25) auf dem Frühlingsmarkt im Vergleich zu 170 Einzelhandelsgeschäften im Innenstadtbereich. Die gemeindliche Prognose, dass die Veranstaltung für sich genommen schon einen beträchtlichen Besucherstrom anziehe, sei zwar gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, vorliegend aber bereits durch keinerlei valide Zahlen belegt. Die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten Zahlen eines Privatgutachtens aus dem Jahr 2008 sowie einer Passantenfrequenzmessung und einer Passantenbefragung ließen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts keine belastbaren Rückschlüsse zu, die darauf gründend von der Antragsgegnerin vorgenommenen „Umrechnungen“ seien nicht plausibel. Im Übrigen fehle es an einer Bestimmung der Zahlen der Besucher, die allein wegen der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ bzw. wegen der Sonntagsöffnung zu erwarten seien, und an einer entsprechenden Gegenüberstellung dieser Zahlen. Die insoweit hinsichtlich der Unternehmen „G.“ und der Fa. „H.“ vorgelegten Zahlen ließen ebenfalls keinen entsprechenden Schluss zu. Allein der Umstand, dass die Veranstaltung „Frühlingserwachen“ bzw. ab 2016 „Frühlingserwachen Plus“ regelmäßig seit 13 Jahren stattfinde, stelle jedenfalls für sich genommen keinen hinreichenden Sachgrund dar.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller im vorliegenden Beschwerdeverfahren.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 01. März 2019 hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Es kann dahinstehen, ob der in erster Instanz noch die Antragsgegnerin vertretende Prozessbevollmächtigte im Beschwerdeverfahren in rechtlich zulässiger Weise für den Antragsteller tätig werden kann, insbesondere, ob etwaige mögliche Interessenkollisionen (vgl. §§ 43a Abs. 4 BRAO, 3 BORA) vorliegen, da ein etwaiger Verstoß jedenfalls nicht die Wirksamkeit der ihm erteilten Prozessvollmacht und der von ihm namens des Beteiligten vorgenommenen Rechtshandlungen berührt, er mithin wirksam Prozesshandlungen für den von ihm vertretenen Beteiligten vornehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2009 - IX ZR 60/08 -, juris; Urteil vom 19.03.1993, - V ZR 36/92 -, juris).

Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt allerdings nach der im Beschwerdeverfahren allein möglichen summarischen Prüfung eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht. Der Senat hat dabei - unabhängig von den Darlegungen des in erster Instanz obsiegenden Beschwerdegegners - gegebenenfalls auch zu prüfen, ob eine möglicherweise fehlerhaft begründete Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 05.10.2018 - 7 ME 75/18 -, juris, vom 04.07.2018 - 7 ME 32/18 -, juris, und vom 06.03.2018 - 7 ME 14/18 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.05.2003 - 1 CS 03.60 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.08.2002 - 7 B 315/02 -, juris).

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zulässig.

Rechtsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Danach kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Die Vollziehungsanordnung kann dabei - wie vorliegend auch beantragt - auf den Vollzug eines Teils des in Frage stehenden Verwaltungsaktes beschränkt werden, soweit der betroffene Verwaltungsakt und damit auch seine Vollziehbarkeit insoweit teilbar ist. Dies begegnet vorliegend keinen Bedenken, da der Verwaltungsakt bestimmte Zeiträume betrifft und der Antragsteller vorliegend die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes für einen bestimmten Zeitraum, namentlich den 10. März 2019, begehrt.

Gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO gilt § 80 Abs. 5 bis 8 VwGO entsprechend.Ob es infolge dessen wie von dem Verwaltungsgericht angenommen für die Zulässigkeit des Antrags nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO aufgrund des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO in der Regel eines vorherigen erfolglosen Antrags bei der Verwaltungsbehörde bedarf, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl. ablehnend: Beschluss des Senats vom 05.05.2017 - 7 ME 31/17 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 31.05.2018 - 12 ME 64/18 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.02.2014 - 8 CS 13.1848 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.09.1994 - 8 S 2380/94 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. § 80a Rn. 21; a.A.: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13.11.2006 - 1 ME 166/06 -, juris; Heydemann, NVwZ 1993, 419 ff. [VerfGH Berlin 12.01.1993 - VerfGH 55/92]). Dies kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall war der Antragsteller nicht auf eine vorherige behördliche Entscheidung zu verweisen. Auch die Vorschrift des entsprechend anwendbaren § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO sieht Ausnahmen für dieses Erfordernis vor, wenn dem Betroffenen eine Rechtsvereitelung aufgrund drohender Vollstreckung oder ausbleibender Behördenentscheidung innerhalb eines angemessenen Zeitraumes droht. So liegt der Fall hier. Der erstinstanzliche Vortrag des Antragstellers, er habe nach Klageerhebung durch die Beigeladene einen solchen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs bei der Antragsgegnerin gestellt, der von dieser jedoch nicht beschieden worden sei, ist von der Antragsgegnerin weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren bestritten worden. Schon aus Rechtsschutzgründen (Art. 19 Abs. 4 GG) ist aber jedenfalls in einem Fall wie vorliegend, in dem der - vermeintliche - Rechtsverlust des Antragstellers durch Zeitablauf droht und die Behörde einem entsprechenden Rechtschutzersuchen nicht nachkommt, dem Antragsteller die Möglichkeit zu eröffnen, direkt um gerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen. Denn andernfalls hätte es die Behörde „in der Hand“, durch ein Hinauszögern der eigenen Entscheidung die dem Antragsteller zustehenden Rechtschutzmöglichkeiten zu verhindern.
Für ein - vom Verwaltungsgericht angenommenes - abgesprochenes Zusammenwirken von Antragsteller und Antragsgegnerin in diesem Punkt, um ohne vorherige behördliche Entscheidung über das Anordnungsbegehren bewusst sofort das Verwaltungsgericht anzurufen, sieht der Senat keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte.
Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts im Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 VwGO, auf den § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bezug nimmt, sowie aus § 80 Abs. 5 VwGO. Danach ist auch im Rahmen des § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Interessenabwägung erforderlich. In der auch hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung kann die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. In diesem Zusammenhang kommt es in erster Linie darauf an, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen den Bescheid vom 04. Dezember 2018 - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird oder nicht. Ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten an der sofortigen Vollziehung kann bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre (vgl. Beschluss des Senats vom 05.05.2017, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.08.2016 - 2 M 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.09.2008 - 13 B 1013/08 -, juris). Überwiegt das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung, dann ist allenfalls theoretisch Raum für eine negative Ermessensentscheidung; jedenfalls muss, selbst wenn man strukturell von Ermessen ausgehen wollte, im Regelfall eine Ermessensreduzierung angenommen werden (vgl. Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Auflage, § 80a Rn. 12).

Nach Maßgabe dessen ist der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 04. Dezember 2018, der sich nur auf die Öffnung von Verkaufsstellen am 10. März 2019 beschränkt, abzulehnen, da die von der Beigeladenen erhobene Klage gegen den Bescheid insoweit aller Voraussicht nach, d.h. bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung, erfolgreich sein wird.

Die von dem Antragsteller im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Gründe geben keinen Anlass für eine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.

Soweit der Antragsteller anführt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die Stadtmarketing A-Stadt GmbH keinen ordnungsgemäßen Antrag gestellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht die Klärung dieser Frage explizit offengelassen hat. Denn es hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob sich die Ausnahmegenehmigung bereits deshalb als rechtswidrig erweise, weil die Stadtmarketing A-Stadt GmbH nicht antragsberechtigt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG gewesen sei und weil der Antrag dem Antragsteller - mangels wirksamer Stellvertretung - auch nicht nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend zugerechnet werden könne. Demgemäß hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gerade nicht auf die Frage einer (etwaig fehlenden) Antragsberechtigung gestützt mit der Folge, dass der Antragsteller insoweit durch die Entscheidung nicht beschwert ist. Unabhängig davon ist aber dem Antrag vom 25. Oktober 2018 zu entnehmen, dass Antragsteller nicht die Stadtmarketing A-Stadt GmbH im eigenen Namen ist, sondern die Antragstellung für den Antragsteller erfolgt, indem es dort heißt: „Im Auftrag des Vorstandes des A. stelle ich hiermit den Antrag ….“. Da auch die Genehmigungserteilung ausweislich des Bescheides vom 04. Dezember 2018 an den Antragsteller gerichtet war, war auch aus Sicht des Empfängerhorizonts die Formulierung dahingehend verstanden worden, dass nicht die Stadtmarketing A-Stadt GmbH selbst oder dessen Geschäftsführer, sondern der Antragsteller Entsprechendes begehrte. Antragsberechtigt ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG die überwiegende Anzahl der Verkaufsstellen eines Ortsbereichs oder eine den örtlichen Einzelhandel vertretende Personenvereinigung. Dass der Antragsteller als eingetragener Verein, und damit als Personenvereinigung, im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG den örtlichen Einzelhandel vertritt und sich daraus seine Antragsberechtigung ergibt, unterliegt im vorliegenden Fall nach Auffassung des Senats keinen durchgreifenden Bedenken.
Soweit der Antragsteller sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG wendet, vertritt der Senat nach wie vor - anders als das Verwaltungsgericht - die Auffassung, dass die Ermächtigungsnorm für die Zulassung der Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen - § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG - einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist und es deshalb in Niedersachsen nicht an einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage für die Einschränkung der in Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV garantierten Sonntagsruhe fehlt, wie sie in dem auch durch das Verwaltungsgericht zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 01. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 u.a., juris) dargelegt sind (vgl. nur Beschlüsse des Senats vom 05.10.2018, a.a.O., vom 05.05.2017 - 7 ME 31/17 -, a.a.O., und vom 05.05.2017 - 7 ME 32/17 -, juris).
Auch wenn sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass der Gesetzgeber auf die in der Vergangenheit geforderte Anlassbezogenheit im Wortlaut des Gesetzes bewusst verzichtet hat, führt dies - wie der Senat bereits mehrfach in den benannten vorhergehenden Entscheidungen dargelegt hat, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - nicht dazu, dass die Vorschrift nicht einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich wäre.
Auch die durch das Verwaltungsgericht angeführten Gesetzesvorhaben der vergangenen und der laufenden Legislaturperiode führen nicht zu einer abweichenden Einschätzung. Der Senat verweist hinsichtlich des Gesetzentwurfs zur vergangenen Legislaturperiode auf seine Ausführungen in dem Verfahren 7 ME 75/18. Darin wurde ausgeführt, dass in dem von der Landesregierung in der 17. Wahlperiode in den Landtag eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (LT-Drucksache 17/7921) eine Änderung des § 5 Abs. 1 NLöffVZG dergestalt vorgesehen war, dass die zuständige Behörde auf Antrag der überwiegenden Anzahl der Verkaufsstellen einer Gemeinde oder eines Ortsbereiches oder einer sie vertretenden Personenvereinigung bis zu vier Sonntagsöffnungen von Verkaufsstellen je Gemeinde und Jahr genehmigen soll (Satz 1). Nach § 5 Abs. 1 Satz 5 (in der Entwurfsfassung) soll eine Öffnung nach den Sätzen 1 bis 4 nur zulässig sein, wenn ein im Verhältnis zum beabsichtigten Öffnungsumfang angemessener Anlass vorliegt. In der Begründung (S. 10 des Entwurfs) heißt es zu Satz 5:

 „Als Grundvoraussetzung für jede Öffnungsmöglichkeit (Sätze 1 bis 4) muss ein für den jeweilig festgelegten Öffnungsumfang angemessener Anlass vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 und 2858/07) zum Berliner Ladenöffnungsgesetz die Sonntagsöffnung grundsätzlich nur dann für zulässig erklärt, wenn dafür ein Anlass besteht. Die Nennung des Begriffs „angemessener Anlass“ im Gesetz führt zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit bei allen Betroffenen, insbesondere bei den für die Genehmigung zuständigen Behörden…“

 Dass das Gesetzesvorhaben darauf abzielte, eine derzeitige verfassungswidrige Rechtslage zu beseitigen, lässt sich dieser Begründung nicht entnehmen. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem weiterhin vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten der derzeitigen Landesregierung. Nach diesem Entwurf soll die zuständige Behörde nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG die Öffnung der Verkaufsstellen über § 4 Abs. 1 NLöffVZG hinaus an Sonntagen auf Antrag und nach Maßgabe der Sätze 2 bis 7 dann zulassen, wenn 1. ein besonderer Anlass vorliegt
oder 2. ein öffentliches Interesse an der Belebung der Gemeinde oder eines Ortsbereichs oder an der überörtlichen Sichtbarkeit der Gemeinde besteht. In der Begründung des Entwurfs heißt es zu den Zielen der Gesetzesänderung unter anderem:

 „1. Es sollen rechtliche Klarstellungen ins Gesetz aufgenommen werden: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit seinem Beschluss vom 5. Mai 2017, Az.: 7 ME 32/17, entschieden, dass die Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten bei verfassungskonformer Auslegung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entsprechen und insoweit keine Gesetzesänderung erforderlich ist. Gleichwohl sieht die Landesregierung vor, zur Erhöhung der Rechtssicherheit einen Sachgrund, wie vom BVerfG mit dem Urteil vom 1. Dezember 2009, Az. 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07 gefordert, in den Gesetzestext aufzunehmen. Der Klarstellung dient auch, dass die neuen Voraussetzungen und die „Soll“- und „Kann“-Zulassungsverfahren ausführlich in mehreren Absätzen beschrieben werden…“

Der Senat hält - auch in Ansehung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts im zugrundeliegenden Beschluss - an seiner Auffassung fest, dass die derzeitige Fassung des § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Gesetzentwürfe zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten der laufenden Legislaturperiode befinden sich weiterhin noch im Gesetzgebungsverfahren und können demgemäß noch einer Vielzahl von Änderungen ausgesetzt sein. Insbesondere aber lässt jedenfalls der Umstand, dass darin nunmehr explizit die Anlassbezogenheit angeführt wird, nicht den Rückschluss zu, dass dieser im derzeit geltenden Recht ausgeschlossen und das Landesrecht einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich wäre.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht allerdings ausgeführt, dass derzeit nach einer allein möglichen summarischen Betrachtung der Sach- und Rechtslage jedenfalls eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Klage der Beigeladenen spricht, weil die Freigabe der Ladenöffnung am 10. März 2019 anlässlich der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ sachlich aller Voraussicht nach nicht gerechtfertigt ist.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG soll die zuständige Behörde auf Antrag der überwiegenden Anzahl der Verkaufsstellen eines Ortsbereichs oder einer den örtlichen Einzelhandel vertretenden Personenvereinigung zulassen, dass Verkaufsstellen unabhängig von der Regelung des § 4 an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen; die Öffnung darf im Jahr an insgesamt höchstens vier Sonn- und Feiertagen und höchstens für die Dauer von fünf Stunden täglich zugelassen werden. Ein - nach verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift erforderlicher - hinreichender Sachgrund liegt dem Bescheid vom 04. Dezember 2018 hinsichtlich der zugelassenen Sonntagsöffnung für die benannten Verkaufsstellen in der Zeit von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr am Sonntag, dem 10. März 2019, allerdings nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zugrunde.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015
(- 8 CN 2.14 -, juris) ist die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot „aus Anlass" eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung nur zulässig, wenn die prägende Wirkung der Veranstaltung für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zu der Veranstaltung darstellt. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Geschehen steht und prognostiziert werden kann, dass die Veranstaltung für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt.

Dies zugrunde gelegt ist die Freigabe der Ladenöffnung anlässlich der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung zutreffend angeführt, dass die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ mit 20 bis 25 Ausstellern, die u.a. Autos, Motorräder, Fahrräder und E-Bikes, Wohnmobile, Blumen und Pflanzen sowie verschiedene Unternehmen mit Messeständen nebst kulturellem und kulinarischem Beiprogramm präsentiert, bereits anzahlmäßig gegenüber der Vielzahl an Ladengeschäften bei einer Sonntagsöffnung im Innenstadtbereich mit über 170 Einzelhandelsgeschäften nicht dominiert und dies mithin nicht für einen bloßen Annex-Charakter der Ladenöffnung spricht.

Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht Osnabrück ebenfalls in der rechtlichen Einschätzung, dass die gemeindliche Prognose in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 04. Dezember 2018, die Veranstaltung für sich genommen ziehe einen beträchtlichen Besucherstrom an, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteige, rechtlichen Bedenken begegnet. Zwar unterliegt die gemeindliche Prognose nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, das Gericht hat jedoch zu prüfen, ob die bei der Entscheidung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (Beschluss des Senats vom 13.09.2017 - 7 ME 77/17 -, juris, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 11.11.2015, a.a.O.). Gemessen daran ist die Freigabe der Ladenöffnung anlässlich der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ aller Voraussicht nach rechtswidrig. Dem Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin ist bereits nicht zu entnehmen, in welchem Umfang nach Auffassung der Antragsgegnerin Besucherströme - wegen des Veranstaltungsgeschehens einerseits und wegen der beabsichtigten Ladenöffnung andererseits - zu erwarten sind. In dem Bescheid wird lediglich pauschal angeführt, dass nach den Erfahrungen der Vorjahre davon ausgegangen werden könne, dass das Festgeschehen als solches eigenständige Anziehungskraft besitze und erhebliche Besucherströme in die Innenstadt ziehe. Valide, nachvollziehbare Zahlen sind der Begründung des Bescheides und ebenso den übersandten Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Es bestehen deshalb bereits erhebliche Zweifel, ob zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung eine entsprechende Prognose - in Abwägung etwaiger unterschiedlicher Besucherströme - tatsächlich stattgefunden hat. Soweit in dem Bescheid auf - nicht näher substantiierte - Erfahrungen der Vorjahre Bezug genommen wird, ist zumindest für das Jahr 2018 festzustellen, dass ausweislich des von dem Antragsteller übersandten Zeitungsberichts über die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ vom 05. März 2018 sowie dessen eigenen Angaben in der Beschwerdebegründung auch im Jahr 2018 die Veranstaltung bereits mit einem verkaufsoffenen Sonntag verbunden war. Aufgrund dieses Erfahrungswertes lässt sich demnach nicht unterscheiden, ob die Besucherströme auf die Verkaufsöffnung einerseits oder aber auf die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ zurückzuführen sind, und kann eine entsprechende Prognose nicht getroffen werden. In Folge dessen führen - entgegen der Ansicht des Antragstellers - auch die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Fotos der Veranstaltung aus dem Jahr 2018 sowie der beigefügte Zeitungsauszug keinen Nachweis darüber, dass gerade die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ maßgeblicher Anziehungspunkt für die Besucher ist und sich die Ladenöffnung lediglich als Annex darstellt.

Weiterhin lassen auch die nachfolgend im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vorgelegten und von dem Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung - ergänzend zu dem erstinstanzlichen Vorbringen der Antragsgegnerin - noch einmal angeführten Einzelhandelsgutachten des Büros J. aus dem Jahr 2008 sowie der IHK K. im Rahmen einer Passantenfrequenzmessung in allen Mittelzentren des Kammerbezirks 2015 und im Rahmen des „Handelsmonitors 2018“ keine abweichende Beurteilung zu. Diese für Werktage außerhalb von Veranstaltungen ermittelten Zahlen geben keinerlei Aufschluss über etwaige Besucherströme anlässlich einer sonntäglichen Öffnung und sind mithin für die hier geforderte Prognose unergiebig.

Die von der Stadtmarketing A-Stadt GmbH anlässlich einer Passantenbefragung im September 2016 ermittelten Zahlen sind ebenfalls nicht aussagekräftig. Bereits der Zeitpunkt der Passantenbefragung (September) zeigt, dass es sich nicht um eine Befragung anlässlich der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ handelt. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift vorträgt, diese Veranstaltung sei sowohl vom Umfang als auch räumlich mit der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ vergleichbar, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und mangels konkreterer Ausführungen nicht nachvollziehbar.

Ebenfalls keine Rückschlüsse lassen sich aus den Besucherzahlerfassungen der Firma „H.“ und „G.“ aus dem Jahr 2018 anlässlich der letztjährigen Veranstaltung ziehen. Da auch diese Veranstaltung bereits mit einer Sonntagsöffnung verbunden war, lässt sich daraus allenfalls ein Rückschluss auf die Besucheranzahl der Veranstaltung mit Sonntagsöffnung ziehen, nicht aber hingegen die zu erwartende Besucherzahl der Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ ohne verkaufsoffene Geschäfte ableiten.

Allein der Umstand, dass die Veranstaltung „Frühlingserwachen Plus“ seit 2016 in der vorliegenden Form und zuvor in ähnlicher Form seit 13 Jahren stattfindet, begründet keinen Anlass im Sinne der obengenannten Rechtsprechung. Soweit der Antragsteller insoweit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg aus dem Jahr 2007 zitiert, ist diese zeitlich der zuvor genannten obergerichtlichen Rechtsprechung vorgelagert und kann schon deshalb nicht für den Antragsteller streiten.

Ob zusätzlich der für die Sonntagsöffnung erforderliche räumliche Bezug für den gesamten Innenstadtbereich sowie für den Bereich der Firma „L.“ gegeben ist, kann dahinstehen, da es bereits an einem die Sonntagsöffnung rechtfertigenden rechtlichen Grund fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).