Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.03.2019, Az.: 5 PA 122/18

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.03.2019
Aktenzeichen
5 PA 122/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69689
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.07.2018 - AZ: 3 B 1648/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Gesundheitliche Eignung für die Einstellung als Beamtin auf Widerruf - hier bejahend

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird Ziffer 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 27. Juli 2018 geändert.

Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin D., B-Stadt, beigeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Mit Ziffer 2 des Beschlusses vom 27. Juli 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren, in dem die Antragstellerin beantragt hatte, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin (hilfsweise vorläufig) als Finanzanwärterin (Beamtin auf Widerruf) beim Finanzamt B-Stadt ab dem 1. August 2018 einzustellen, abgelehnt.

Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin haben mit Schriftsatz vom 30. Juli 2018 nur „Beschwerde gegen Ziffer 2 der Entscheidung vom 27.07.2018 eingelegt“ und zur Begründung ausgeführt, die Rechtsverfolgung der Antragstellerin sei nicht mutwillig gewesen. Dabei handelt es sich um eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren. Angesichts ihres eindeutigen Wortlauts kann die Beschwerdeschrift nicht als Beschwerde gegen Ziffer 1 des Beschlusses vom 27. Juli 2018, worin das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ablehnt hat, ausgelegt werden. Genauso wenig kann die Beschwerdeschrift der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin dahingehend ausgelegt werden, dass die (isolierte) Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Beschwerde, d. h. für ein beabsichtigtes Beschwerdeverfahren betreffend die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, beantragt wird.

Die Erfolglosigkeit der Beschwerde betreffend das Prozesskostenhilfegesuch für das erstinstanzliche Verfahren folgt nicht bereits daraus, dass die Antragstellerin gegen den in dem vorgenannten Verfahren ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2018 (3 B 1648/18) kein Rechtsmittel eingelegt hat mit der Folge, dass der Beschluss rechtskräftig geworden ist. Grundsätzlich kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem rechtskräftigen, für die Antragstellerin negativen Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr erfolgen. Denn Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO ist, dass die Rechtsverfolgung noch „beabsichtigt“ ist und insoweit hinreichende Erfolgsaussichten bestehen (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 1.3.2010 - 5 PA 14/10 -, m. w. N.). Von diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall jedoch eine Ausnahme zu machen mit der Folge, dass eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Betracht kommt. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst zusammen mit dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Beschluss vom 27. Juli 2018 abgelehnt. Die Antragstellerin hatte jedoch zuvor alles ihr Zumutbare getan, um eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts über ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu erreichen. Entscheidet ein Verwaltungsgericht - wie hier - nicht vorab über ein Prozesskostenhilfegesuch und ist nicht erkennbar, dass eine frühere Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht möglich gewesen ist, ist eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe trotz des rechtskräftigen Abschlusses des erstinstanzlichen Verfahrens nicht ausgeschlossen.

Die allein gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat eine für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) letztlich mit der Begründung verneint, die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin für die Einstellung als Finanzanwärterin in den Dienst der niedersächsischen Steuerverwaltung sei derzeit nicht feststellbar. Dem folgt der Senat nicht.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG und nach § 9 BeamtStG, der nach § 1 dieses Gesetzes für das Statusrecht der Landesbeamten unmittelbar gilt, sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschluss vom 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 -, juris Rn. 44; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016 - 5 ME 103/16 -, juris Rn. 4; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -; Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.12.2008 - 2 BvR 2571/07 -, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 25.7.2013 - BVerwG 2 C 18.12 -, Rn. 10; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn. 4; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden (Nds. OVG, Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -).

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 2 NBG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Satz 1 NBG vor, dass die gesundheitliche Eignung aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt festzustellen ist; dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn. 5; Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -); dieses Urteil ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 23 ff.; Beschluss vom 13.12.2013 - BVerwG 2 B 37.13 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn. 5; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -).

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn. 6; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -). Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, Urteil vom 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 -, juris Rn. 22; Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 12). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 12; Nds. OVG, Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -; Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -).

Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (BVerfG, Urteil vom 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 35; BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 13) und den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze erfasst (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 14; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn. 6; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -). Es kommt also darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder ob er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss. Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem - also fortschreitendem bzw. sich verschlechterndem - Verlauf verneint werden (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn. 13; Nds. OVG, Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -; Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -).

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden wird (BVerwG, Urteil vom 25.7.2013, a. a. O., Rn 16, 21; Urteil vom 30.10.2013 - BVerwG 2 C 16.12 -, juris Rn 26; Beschluss vom 13.12.2013, a. a. O., Rn 21; Nds. OVG, Beschluss vom 2.8.2016, a. a. O., Rn 6; Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -) oder wenn er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a. a. O., Rn 26; Nds. OVG, Urteil vom 4.5.2017 - 5 LC 275/13 -; Beschluss vom 19.1.2018 - 5 PA 186/17 -).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hätte der Antragsgegner angesichts der ihm vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen voraussichtlich nicht die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin für das von ihr angestrebte Amt einer Finanzanwärterin verneinen dürfen.

Der Antragsgegner hat seine Einschätzung, die Antragstellerin sei in gesundheitlicher Hinsicht für die Einstellung in das Beamtenverhältnis als nicht tauglich anzusehen, auf das amtsärztliche „Gutachten zur Einstellung als Nachwuchskraft in der niedersächsischen Steuerverwaltung“ vom 31. Mai 2018 gestützt. Die Amtsärztin, Frau E., hat in ihrem Gutachten festgestellt, es gebe „Anhaltspunkte dafür, dass gesundheitliche Bedenken gegen die Einstellung der Obengenannten in das Beamtenverhältnis auf Probe bzw. gegen die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestehen“. Als Anhaltspunkte hat sie dabei angeführt, bei der Antragstellerin liege eine Erkrankung aus dem psychiatrischen Formenkreis vor. Vor Jahren sei ein mehrwöchiger stationärer Aufenthalt erfolgt. Daran hätten sich sowohl eine medikamentöse als auch eine psychotherapeutische Behandlung angeschlossen, die bis heute fortgesetzt würden. Deshalb hat die Amtsärztin prognostiziert, zukünftig könne es zu einem oder mehreren Rezidiven kommen, die mit längerer Krankheitsphase und/oder möglicher vorzeitiger Dienstunfähigkeit einhergehen könnten.

Aus dem vorgenannten Gutachten ergeben sich zwar gewisse Bedenken betreffend die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin, tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Antragstellerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird, hat die Amtsärztin jedoch nicht in ihrem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar aufgezeigt. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Annahme nicht nur aufgrund des vor Jahren erfolgten mehrwöchigen stationären Aufenthalts der damals minderjährigen Antragstellerin erfolgen kann, ohne dass die Umstände dieses Aufenthaltes und die spätere Entwicklung näher berücksichtigt werden. Auch lässt nicht jede „Erkrankung aus dem psychiatrischen Formenkreis“, die medikamentös und psychotherapeutisch behandelt wird, automatisch darauf schließen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein regelmäßiger krankheitsbedingter Ausfall oder die vorzeitige Zurruhesetzung und damit eine erheblich geringere Lebensdienstzeit droht.

Zu beachten ist, dass die Amtsärztin ihr Gutachten nicht nur auf der Grundlage eigener Untersuchungen erstellt hat, sondern fachärztliche Berichte eingesehen und sich am 15. Mai 2018 sowohl mit der behandelnden psychologischen Psychotherapeutin der Antragstellerin F. als auch mit der behandelnden Allgemeinmedizinerin G. telefonisch in Verbindung gesetzt hat. Aus den Berichten der Psychiatrischen Klinik H. aus dem Jahr 2015 ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt Vieles auf eine damalige schwere Depression der Antragstellerin hingedeutet hat. Auslöser seien viele negative Erlebnisse gewesen. So sei eine Freundin der Antragstellerin tödlich verunglückt, ihr Zwillingsbruder an einer Psychose erkrankt und der Vater gewalttätig gewesen. Auch die Ärztin G. hat telefonisch angegeben, die Antragstellerin habe in der Vergangenheit schulischen Stress und Probleme mit ihrem Vater gehabt. Ausweislich der vorliegenden Vermerke über die beiden geführten Telefonate am 15. Mai 2018 haben die Psychotherapeutin F. und die Ärztin G. der Amtsärztin dann aber berichtet, die Antragstellerin habe eine gute Entwicklung vollzogen und sei deutlich stabilisiert. Seit Mai 2017 sei die Medikation auf 20 mg Fluoxitin gesenkt worden. Atosil nehme die Antragstellerin nur bei Bedarf. Die behandelnde Psychotherapeutin F. hat in ihrem Therapieverlaufsbericht vom 16. Juni 2018 zur Antragstellerin ausgeführt:

„Im Verlaufe der Therapie vermochte sie sich sehr gut zu stabilisieren. So bewältigte sie u. a. Zeiten ausgeprägter schulischer Leistungsanforderungen sowie die angemessene Klärung sozialer Konfliktsituationen ohne psychische Auffälligkeiten i. S. einer depressiven Symptombildung. Vielmehr erwies sie sich als belastbar und blieb emotional und affektiv stabil. Auch die medikamentöse Behandlung wird derzeit ausgeschlichen.

Infolge des bisherigen sehr positiven Therapieverlaufes sowie der weiteren vorhandenen psychischen Stabilität, ist im Weiteren von einer günstigen Prognose auszugehen.“

Auch wenn die Antragstellerin im Jahr 2015 erhebliche gesundheitliche Probleme gehabt hat, wirken diese ausweislich der Stellungnahmen der behandelnden Psychotherapeutin F. und der Ärztin G. nicht erheblich bis heute fort. Es ergibt sich danach vielmehr das Bild einer jungen Frau (geb. 15.8.1997), die zwar aufgrund depressiver Symptomatik stationärer Behandlung im Jahr 2015 bedurfte, sich aber in den darauffolgenden drei Jahren so stabilisiert hat, dass es nach Stellungnahme ihrer behandelnden Psychotherapeutin zukünftig keiner medikamentösen Behandlung mehr bedürfen wird. Darüber hinaus heißt es in der Referenz ihrer Lehrerin, der Studienrätin I., vom 12. Juni 2018:

„… Um … habe ich mir nie Sorgen gemacht, da sie die ganzen drei Jahre durchgehend zuverlässig und stabil war. Sie braucht keine Ausgleichsregelungen oder Rücksichtsmaßnahmen, da sie so leistungsfähig wie die anderen in der Klasse ist.

An … habe ich in den drei Jahren ihr Engagement, ihre Offenheit und ihre Zuverlässigkeit schätzen gelernt. Sie hat mit ihrer positiven freundlichen Art zur guten Klassengemeinschaft beigetragen. Sie hat Herausforderungen, wie Extra - Aufgaben angenommen und übernahm von sich aus Aufgaben, die für die ganze Klasse zu erledigen waren. Mit ihrer eigenen Krankheitserfahrung ist sie immer offen umgegangen, diese hat sie reifen lassen in Bezug auf sich selbst, hat ihre Empathiefähigkeit gestärkt.“

Danach hat die Antragstellerin ihr Leben seit ca. drei Jahren wieder „im Griff“. Sie hat schulische Herausforderungen erfolgreich gemeistert und ihre Reifeprüfung erfolgreich abgelegt. Nach Auffassung des Senats bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht für die Einstellung als Finanzanwärterin in den Dienst der niedersächsischen Steuerverwaltung geeignet ist, so dass hinreichende Aussichten für den Erfolg ihres Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bestanden haben. Dies hat zur Folge, dass der Antragstellerin für das vorgenannte Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach § 166 Abs.1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).