Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.04.2011, Az.: 12 ME 274/10
Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Hinblick auf den Artenschutz nur bei nicht signifikanter Erhöhung des Tötungsrisikos i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG); Naturschutzfachliche Einschätzungsprägorative der Behörde bei Prüfung der Erhöhung des Tötungsrisikos; Möglichkeit der Überprüfung der dauerhaften Tragfähigkeit der Prognose durch ein Monitoring
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.04.2011
- Aktenzeichen
- 12 ME 274/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 15119
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0418.12ME274.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 22.09.2010 - AZ: 5 B 1502/10
Rechtsgrundlagen
- § 4 BImSchG
- § 19 BImSchG
- § 42 Abs. 1 Nr. 1, 2 BNatSchG a.F.
- § 14 BNatSchG
- § 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 BNatSchG
- § 2 Abs. 1 URbG
- § 5 NAGBNatSchG
Fundstellen
- BauR 2011, 1373
- DVBl 2011, 786
- DÖV 2011, 618
- EurUP 2011, 199-203
- FStBW 2011, 795-798
- FStNds 2011, 404-407
- GV/RP 2012, 52-55
- NVwZ-RR 2011, 597-600
- NordÖR 2011, 363-365
- NuR 2011, 431-434
- ZNER 2011, 358-360
- ZUR 2011, 384-385
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung darf mit Blick auf den Artenschutz nur erteilt werden, wenn sich das Tötungsrisiko im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F./ § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. durch das Vorhaben nicht signifikant erhöht.
- 2.
Bei dieser Prüfung steht der Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprägorative zu (wie: BVerwGE 131, 274[BVerwG 09.07.2008 - 9 A 14/07]).
- 3.
Ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring kann dazu dienen, die dauerhafte Tragfähigkeit der Prognose zu überprüfen. Suchwort(e): Fledermaus, Monitoring, Tötungsverbot, Windenergieanlage
Gründe
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt sechs Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde E.. Nach antragsgemäßer Durchführung des Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG i.V.m. § 19 BImSchG erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Januar 2010 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windkraftanlagen des Typs Enercon E-82 mit einer Nabenhöhe von 108,38 m und einer Nennleistung von je 2,0 MW. Die Standorte der Anlagen befinden sich in der mit der 37. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt E. dargestellten Sonderbaufläche Windenergienutzung. Unter dem 18. März 2010 ordnete der Antragsgegner, nachdem u.a. der Antragsteller gegen die Genehmigung Widerspruch erhoben hatte, auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung dieser Genehmigung an.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, ihm vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem Bescheid vom 18. März 2010 genüge den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsbefugnis des Antragstellers könne sich allein aus § 2 Abs. 1 URbG ergeben. Danach müsse eine Vereinigung geltend macht, dass die angefochtene Genehmigung Rechtsvorschriften, die Rechte Einzelner begründen könnten, widerspreche. Der Antragsteller nehme zwar keine Vorschriften in Anspruch, die Rechte Einzelner begründen könnten, da jedoch die Gemeinschaftsrechtskonformität der Begrenzung der Rügebefugnis umstritten sei, sei die potentielle Gemeinschaftsrechtswidrigkeit in die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung einzustellen. Die im vorliegenden Fall nur angezeigte summarische Prüfung ergebe, dass die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung höchstwahrscheinlich rechtmäßig sei. Der Antragsteller mache ohne Erfolg geltend, dass Errichtung und Betrieb der genehmigten Anlagen wegen ihrer Einwirkungen auf Fledermäuse, namentlich des Kollisionsrisikos, gegen artenschutzrechtliche Vorschriften verstoße. Zwar seien Fledermäuse besonders geschützte Arten. Ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. liege indes aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vor. Ein solcher setze voraus, dass das Risiko des Erfolgseintritts durch das Vorhaben "signifikant", d.h. quantitativ in "deutlicher", "bezeichnender" bzw. "bedeutsamer" Weise erhöht werde. Eine derartige Erhöhung des Tötungsrisikos lasse sich nicht feststellen. Nach einer Untersuchung von Reichenbach/Sinning vom Oktober 2006 ließen sich bei den im Hinblick auf das Kollisionsrisiko näher zu betrachtenden vier Arten keine oder nur sehr geringe Beeinträchtigungen durch ein gesteigertes Kollisionsrisiko erwarten. In der "Fachstellungnahme Fledermäuse" des Planungsbüros Diekmann & Mosebach vom Oktober 2007, die sich zu einem nahegelegenen Standort äußere, sei zwar ausgeführt, dass im Fall der Breitflügelfledermaus und des Abendseglers im Laufe der Saison ein (erhöhtes) Schlagrisiko bestehe. Die in den genannten Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse seien in der "Umweltverträglichkeitsstudie" sowie in der (aktualisierten) "Naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung" der F. und G. GmbH vom April bzw. September 2009, die Teil der angefochtenen Genehmigung seien, eingeflossen. Der Antragsgegner habe mit Blick darauf die verpflichtende Monitoringuntersuchung für einen Zeitraum von zwei Jahren zwecks Erfassung einzelner näher bezeichneter Parameter zum Gegenstand der Genehmigung gemacht und der Genehmigung einen Auflagenvorbehalt beigefügt, wonach entsprechend den Ergebnissen der durchzuführenden Monitoringuntersuchungen ggf. Abschaltzeiten definiert würden. Diese Vorgehensweise sei angesichts der vorliegenden Untersuchungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Einschätzung des Antragstellers, der Fledermausschutz sei durch das geplante Monitoring nicht ausreichend gewahrt, teile das Gericht nicht. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass - wie der Antragsteller meine - der Sinn des Monitorings auf den Kopf gestellt werde. Vielmehr folge aus den dargestellten Erwägungen, dass allein die Möglichkeit, dass es zu vereinzelten Schlagopfern unter Fledermäusen kommen könne, kein unausräumbares Hindernis für das Vorhaben der Beigeladenen darstelle, sofern durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen - wie hier in Ge-stalt von Monitoring und ggf. Abschaltzeiten - die Eingriffs- und Störwirkungen auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden könnten. Auch eine erhebliche Störung i.S.d. § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. liege nicht vor. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population der am Anlagenstandort vorkommenden Fledermausarten sei in den genannten Untersuchungen nicht festgestellt worden. Der Vogelschutz stehe der Genehmigung nicht entgegen und es gebe keinen Hinweis, dass der Antragsgegner die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 7 ff. NNatSchG a.F. bzw. §§ 14 BNatSchG n.F., §§ 5 ff. NAGBNatSchG in rechtlicher oder fachlicher Hinsicht hier nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe.
II.
Die gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Die vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht.
Der Antragsteller macht (weiterhin) geltend, die Genehmigung der Windenergieanlagen verstoße hinsichtlich der Fledermäuse gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F.. Jedenfalls für das erste Jahr des Monitorings, in dem keine Abschaltzeiten vorgesehen seien, werde die Tötung von Feldermäusen bewusst in Kauf genommen.
Gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Die hier relevanten Fledermäuse gehören unstreitig zu der danach geschützten Gruppe. Das Tötungsverbot ist dabei individuenbezogen zu verstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windenergieanlagen zu Schaden kommen können, dürfte indes bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen sein. Solche kollisionsbedingten Einzelverluste sind zwar nicht "gewollt" im Sinne eines zielgerichteten "dolus directus", müssen aber - wenn sie trotz aller Vermeidungsmaßnahmen doch vorkommen - als unvermeidlich ebenso hingenommen werden wie Verluste im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat, ist daher, wenn das Tötungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Hindernis für die Realisierung von Vorhaben werden soll, zur Erfüllung des Tatbestandes des artenschutzrechtlichen Tötungsverbotes zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts durch das Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, Rdnr. 219).
Da zur fachgerechten Beurteilung dieser Frage ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden. Die gerichtliche Prüfung ist insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 21.6.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166; Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633; Urt. d. Sen. v. 28.11.2007 - 12 LC 72/07 -, [...]; Philipp, NVwZ 2008, 593, 596 f [VerfGH Sachsen 23.04.2008 - Vf. 87-I-06]). Eine solche Rücknahme der Kontrolldichte setzt allerdings voraus, dass eine den wissenschaftlichen Maßstäben und den vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden ist.
Nach der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach die hier gegebene Möglichkeit, dass es zu vereinzelten Schlagopfern unter Fledermäusen kommen könne, kein unausräumbares Hindernis für das Vorhaben der Beigeladenen darstelle und durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen - wie das vorgesehene Monitoring und ggf. Abschaltzeiten - die Eingriffs- und Störwirkungen auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden könnten und der Antragsgegner mithin der Beigeladenen die Genehmigung erteilen durfte.
Der Antragsteller stellt diese Maßstäbe mit seiner Beschwerde im Ansatz nicht in Frage, er ist jedoch der Ansicht, das Verwaltungsgericht sei auf der Grundlage des vorliegenden Materials zu der falschen Schlussfolgerung gelangt, eine deutliche bzw. bedeutsame Erhöhung des Tötungsrisikos für Fledermäuse durch den Betrieb der Windenergieanlagen lasse sich nicht feststellen. Er macht im Einzelnen geltend, die Anlagen seien am vorgesehenen Standort nicht genehmigungsfähig und das Monitoring verstoße, so wie es ausgestaltet sei, gegen das Tötungsverbot. Zwar könne ein Monitoring auf Dauer zu dem Ergebnis kommen, wann Abschaltzeiten notwendig seien, um (weitere) Kollisionen von Fledermäusen mit den geplanten, dann bereits errichteten Anlagen zu vermeiden, in der Zeit vorher, insbesondere in dem ersten Jahr des Monitorings, in dem keine Abschaltzeiten für die Anlagen vorgesehen seien, werde jedoch unzulässigerweise die Tötung von Tieren bewusst in Kauf genommen. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, das Kollisionsrisiko sei gering, weil die vier Fledermausarten, für die ein erhöhtes Kollisionsrisiko bestehe, an den Standorten nach den Ergebnissen der Horchkisten nur in geringem Umfang vorkämen, hält er für nicht nachvollziehbar und ist der Ansicht, gerade Arten, die nur in geringer Anzahl vorkämen, bedürften hinsichtlich eines etwaigen Tötungsrisikos einer höheren Aufmerksamkeit. Zudem könne die Frage, ob eine erhebliche oder eine unerhebliche Beeinträchtigung vorliege, erst beantwortet werden, wenn geklärt sei, ob die durch den Betrieb der Anlage verursachte Steigerung der Mortalität der Jung- und Alttiere ohne Folgen für die langfristige Überlebenswahrscheinlichkeit der lokalen Population bleibe. Nur wenn dies der Fall sei, sei von einem unerheblichen Eingriff auszugehen, ansonsten sei der Eingriff erheblich. Diese Frage dürfe aber nicht - wie es durch die bisher vorgesehene Form des Monitorings geplant sei - nach dem "trial and error System" beantwortet werden. Vielmehr seien zunächst die nötigen populationsökologischen Grundlagen zu ermitteln, um festzustellen, ab wie vielen Schlagopfern die lokale Population gefährdet sei. Hier sei es insbesondere für den Abendsegler wichtig, Informationen über einen solchen Schwellenwert zu haben.
Diese artenschutzrechtlichen Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Senat geht bei summarischer Prüfung davon aus, dass die artenschutzfachlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichen und der Antragsgegner auf dieser Basis einen Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände (auch für die Zeit des laufenden Monitorings) verneinen durfte. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine naturschutzfachliche Meinung einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig ist, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist vielmehr erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Die artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangen vom Vorhabenträger nicht, bei wissenschaftlichen Unsicherheiten oder Meinungsverschiedenheiten Forschungsaufträge zu vergeben oder Untersuchungen anzustellen, deren Aufwand und wissenschaftlicher Anspruch letztlich auf solche hinauslaufen. Nehmen sie insoweit einen nach aktuellem Erkenntnisstand fachwissenschaftlich vertretbaren Standpunkt ein, so ist dagegen rechtlich nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274).
Anhand dieser Maßstäbe begegnet es keinen Bedenken, dass der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung des Monitorings und der Beifügung eines Auflagenvorbehaltes die angefochtene Genehmigung erteilt hat. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass ausweislich der von Reichenbach/Sinning erstellten "Zweite(n) Erfassung der Fledermäuse für den geplanten Windpark Wiesmoor-Süd" vom Oktober 2006 bei den im Gebiet vorkommenden, nach der Stellungnahme näher zu betrachtenden Arten Abendsegler, Kleinabendsegler, Rauhautfledermaus und Zwergfledermaus keine oder eine nur sehr geringe Beeinträchtigung durch ein gesteigertes Kollisionsrisiko zu erwarten sei. Dieses wurde nachvollziehbar damit begründet, dass Fledermäuse dieser Arten ausweislich der mit Hilfe von Ultrallschall-Detektoren und Sichtbeobachtungen durchgeführten Kartierung sowie der ausgebrachten 19 Horchkisten im maßgeblichen Gebiet lediglich vereinzelt nachgewiesen worden seien. Da bei einer geringen Frequentierung des betroffenen Gebietes durch Fledermäuse der relevanten Arten das Risiko eines Fledermausschlages durch die geplanten Windenergieanlagen schon deshalb geringer einzuschätzen ist, weil weniger Tiere in den Gefahrenbereich des Rotors gelangen (können), erscheint die auf dieser Grundlage erstellte Prognose des Antragsgegners, das Risiko einer Tötung eines Individuums der Arten Abendsegler, Kleinabendsegler, Rauhautfledermaus und Zwergfledermaus werde durch das Vorhaben nicht in signifikanter Weise erhöht, jedenfalls vertretbar. Deshalb ist es auch gerichtlich nicht zu beanstanden, dass die Behörde die Genehmigung unter dem Vorbehalt weiterer - nach den Ergebnissen der zugleich angeordneten Monitoringuntersuchung zu bestimmender - Auflagen zum Schutz der Fledermäuse erteilt und jedenfalls im ersten Jahr des auf zwei Jahre angelegten Monitorings keine Abschaltzeiten vorgesehen hat. Bei dem verfügten Monitoring handelt es sich um eine Beobachtungsmaßnahme, die nach der Rechtsprechung notwendiger Bestandteil eines Schutzkonzepts sein kann, soweit wissenschaftliche Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen besteht. Im vorliegenden Fall bestehen trotz der - wie dargelegt - nachvollziehbaren Prognose des Antragsgegners, eine signifikante, der Erteilung der Genehmigung entgegenstehende Erhöhung des Risikos einer Fledermaustötung durch Rotorschlag sei nicht anzunehmen, im Vorhinein nicht ausräumbare Unsicherheiten, die eine Überprüfung angezeigt erscheinen lassen. In einer solchen Situation dient gerade das Monitoring dazu, weitere Erkenntnisse über Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1. m.w.N.). Dabei ist es angesichts der plausiblen Einschätzung der Gutachter, es seien keine oder nur sehr geringe Beeinträchtigungen von Feldermäusen durch ein mit dem Vorhaben verbundenes Kollisionsrisiko zu erwarten, zulässig, im ersten Jahr des Monitorings die Anlagen (zunächst) ohne Abschaltzeiten zu betreiben. Diese Maßnahme soll gerade dazu dienen, die dauerhafte Tragfähigkeit der Prognose der Gutachter zu überprüfen und zu erkennen, ob und ggf. zu welchen Jahres- und/oder Tageszeiten es zu Kollisionen kommt. Sofern dabei - anders als prognostiziert - Fledermausschlag in signifikantem Umfang festgestellt wird, kann dem durch die an den Betreiber gerichtete Auflage, in diesen Zeiträumen die Anlagen abzuschalten, begegnet werden. Ein solches Vorgehen erscheint insbesondere auch vor dem Hintergrund der nachvollziehbaren Darlegung des Antragsgegners sachgerecht, dass Abschaltzeiten kaum abstrakt ermittelt werden können, sondern angesichts deutlicher Unterschiede standortbezogen zu betrachten sind und nach dem begrenzten, der Sammlung von Daten dienendem Zeitraum von einem Jahr, soweit nötig, die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden sollen. Auch die vom Antragsteller mehrfach zitierte Stellungnahme des Planungsbüros H. vom Oktober 2007, die für ein benachbartes Gebiet erstellt wurde, empfiehlt trotz der für das dort begutachtete Gebiet angenommenen "erheblichen Beeinträchtigung" insbesondere der Breitflügelfledermaus (dazu unten) und des Abendseglers gerade ein Monitoring und nimmt nicht etwa an, die Anlagen seien nicht genehmigungsfähig (vgl. S. 31 des Gutachtens). Anders als der Antragsteller meint, führt es auch nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung, dass nicht zunächst auf populationsökologischer Grundlage geklärt wurde, ab welcher Schlagopferzahl die lokale Population gefährdet ist. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass es populationsökologische Grundlagen zur Beurteilung einer lokalen Population bei Fledermäusen nicht gibt. Schon die "lokale Population" sei nämlich - anders als etwa bei Vögeln - bei einer nachtaktiven Tierart wie den Fledermäusen, die nur über das technische Gerät eines Fledermausdetektors mit seiner begrenzten Reichweite erfasst werden könne, zudem hochgradig mobil sei und sich mit Zuwanderern aus der Umgebung vermische, nicht bestimmbar. Dies erscheint plausibel. Darüber hinaus ist nicht recht erkennbar, worin der Gewinn einer vor Beginn des Monitorings durchgeführten Bestimmung des Schwellenwertes liegen soll. Eine solche ist nämlich nicht geeignet, die im Rahmen des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. anzustellende Prognose in Frage zu stellen.
Der Antragsteller wendet weiter ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die am häufigsten vorkommende Fledermausart, die Breitflügelfledermaus, lediglich im Hinblick auf eine Scheuch- und Barrierewirkung betrachtet und ausgewertet. Er verweist insoweit auf eine von dem Planungsbüro H. für ein benachbartes Gebiet erstellte "Fachstellungnahme Fledermäuse Windparkplanung Wiesmoor" aus dem Oktober 2007. In dieser Stellungnahme wird - anders als etwa in der von Reichenbach/Sinning erstellten "Zweite(n) Erfassung der Fledermäuse für den geplanten Windpark Wiesmoor-Süd" vom Oktober 2006 davon ausgegangen, dass die Breitflügelfledermaus hohe Windenergieanlagen nicht meidet, deshalb aber ein Schlagrisiko auch für diese Art gerade bejaht (vgl. S. 31 des Gutachtens). Anders als der Antragsteller meint, kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass damit im Ergebnis eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des naturschutzrechtlichen Tötungsverbots vorliege, die nur vermieden werden könne, wenn entweder das Vorhaben nicht oder jedenfalls nicht an dieser Stelle verwirklicht werde. Zwar hat das Gutachten von I. hinsichtlich der Breitflügelfledermaus aus Vorsorgegründen ein Meideverhalten angenommen, diese Fledermausart als mögliches Kollisionsopfer jedoch nicht in den Blick genommen (vgl. Gutachten S. 22). Bei der Bestimmung der Kompensationsmaßnahmen, die als Bestandteil der Genehmigung vorgesehen wurden, hat der Antragsgegner jedoch - worauf schon das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - die vom Antragsteller ins Feld geführten, der "Fachstellungnahme Fledermäuse" des Planungsbüros H. zu entnehmenden, neueren Erkenntnisse zum Meideverhalten der Breitflügelfledermaus bereits berücksichtigt und ein solches verneint (vgl. 13.2 der den Gegenstand der Genehmigung bildenden Antragsunterlagen "Ergänzende Angaben bei Eingriffen in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild", dort: "Windpark Wiesmoor-Süd "Nördlich des Rebhuhnweges" in der Stadt Wiesmoor" vom September 2009, S. 4 und "Umweltverträglichkeitsstudie zum Windpark Wiesmoor-Süd" vom April 2009, S. 31). Bei der Erteilung der Genehmigung hat der Antragsgegner demgemäß in Rechnung gestellt, dass "vor dem Hintergrund der recht hohen Nachweisdichten der Breitflügelfledermaus im Großteil der Flächen" - anders als noch die Gutachter I. explizit angenommen hatten - "ein erhöhtes Schlagrisiko nicht ausgeschlossen werden" könne (vgl. "Umweltverträglichkeitsstudie zum Windpark Wiesmoor-Süd", S. 32). Dass er gleichwohl die Genehmigung unter Anordnung des zweijährigen Monitorings erteilt hat, ist gerichtlicherseits nicht zu beanstanden. Insoweit ist neben der bereits dargelegten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Behörde zu berücksichtigen, dass ausweislich der aktuellen Daten aus der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von den gefundenen Schlagopfern nur etwa 2,3% der Breitflügelfledermausart zuzuordnen sind (vgl. http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb2.c.451792.de, dort unter dem link: "Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Fledermäuse", Stand der Übersicht: 17. Januar 2011). Demgegenüber sind die Arten Großer Abendsegler (36,3%), Rauhautfledermaus (25,3%), Zwergfledermaus (20%), Kleiner Abendsegler (4,7%) und Zweifarbfledermaus (3,8%) unter den Totfunden prozentual deutlich stärker vertreten, obgleich die Breitflügelfledermaus, wie sich aus dem nationalen Bericht zum Fledermausschutz in der Bundesrepublik Deutschland 2006 - 2009 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ergibt, im Bundesgebiet durchaus verbreitet ist (vgl. http:// www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/Nationaler_Bericht_Eurobats_2006.pdf). Anders als der Antragsteller meint, ist danach die Gefährdung, die sich für die Breitflügelfledermaus aus dem für das erste Jahr des Monitorings vorgesehenen Betrieb ohne Abschaltzeiten ergibt, nicht derart signifikant, dass sie die Rechtswidrigkeit der unter dem Vorbehalt weiterer Auflagen zum Schutz der Fledermäuse erteilten Genehmigung zur Folge hat. Insoweit wird zudem darauf verwiesen, dass in der schon angesprochenen Stellungnahme des Planungsbüros H. vom Oktober 2007, die für das begutachtete (benachbarte) Gebiet eine erhebliche Beeinträchtigung unter dem Gesichtspunkt des Schlagrisikos u.a. für die Breitflügelfledermaus annimmt, angesichts der Prognoseunsicherheiten nicht der vom Antragsteller geforderte Standortverzicht oder die unmittelbare Festlegung von Abschaltzeiten, sondern gerade auch ein zweijähriges Monitoring empfohlen wird (vgl. S. 31 des Gutachtens). Der Umstand, dass der Antragsteller, der sich im Übrigen gerade auf diese Fachstellungnahme beruft, insoweit den Gutachtern nicht folgt, sondern nur einen Verzicht auf den Standort als sachgerecht erachtet, kann seinem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.