Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.08.2017, Az.: 10 LB 19/17

dingliches Mitglied; Erschwernisbeitrag; Unterhaltungsverband; Wasser- und Bodenverband

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.08.2017
Aktenzeichen
10 LB 19/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54159
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 08.10.2014 - AZ: 5 A 113/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Niedersächsischer Unterhaltungsverband darf Erschwernisbeiträge für die Versiegelung von Flächen nicht nur von einem Teil seiner Mitglieder (hier: den Gemeinden) erheben.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 8. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Erschwernisbeiträgen für das Beitragsjahr 2012.

Der Beklagte ist ein Unterhaltungsverband nach dem niedersächsischen Wassergesetz (im Folgenden: NWG). Diesen Verbänden obliegt nach den Bestimmungen des NWG die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung. Das Verbandsgebiet umfasst das Niederschlagsgebiet der Elbe vom C. bis zum D. (§ 1 Abs. 2 und 4 der Verbandssatzung, im Folgenden: VS).

Zu den Mitgliedern des Beklagten zählen nach § 3 der VS aus dem Jahr 2000 i. V. m. dem Mitgliederverzeichnis neben einer Reihe von Gemeinden im Sinne des Niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts (sogenannte „korporative Mitglieder“) auch Eigentümer von Grundstücken in gemeindefreien Gebieten sowie von der Grundsteuer befreite Eigentümer wie Deich- und Wasserverbände, Kirchengemeinden und kirchliche Behörden („dingliche Mitglieder“). Die Klägerin ist eine (politische) Gemeinde und auf der Grundlage des NWG in früherer Fassung Pflichtmitglied des Beklagten.

Gemäß § 2 VS des Beklagten hat der Unterhaltungsverband verschiedene Aufgaben. Außer dem Ausbau einschließlich des naturnahen Rückbaus und der Unterhaltung von Gewässern II. Ordnung (Nr. 1) zählen Bau und Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern II. Ordnung, einschließlich von Schöpfwerken, dazu (Nr. 2). Ferner gehört auch die Unterhaltung von Gewässern III. Ordnung zu den Aufgaben des Verbands (Nr. 6).

Der Beklagte finanziert seine Tätigkeit ausschließlich durch Beiträge, die er von seinen Mitgliedern erhebt. Gemäß § 33 Abs. 1 VS bestimmt sich die Beitragspflicht nach dem Verhältnis der Fläche eines Mitglieds an der Gesamtfläche des Verbands. § 33 Abs. 3 VS des Beklagten sieht ferner vor, dass sich die Beitragslast für Maßnahmen, „die der Verband auf sich nimmt, um den Verbandsmitgliedern obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen“, nach vom Verbandsausschuss zu beschließenden Veranlagungsregeln richtet. Solche Regeln wurden jedoch nie erlassen.

Die Beteiligten streiten über die Bemessung des Erschwernisbeitrags als zusätzlichem Beitrag zum Unterhaltungsbeitrag für das Jahr 2012. Der Haushaltsplan des Beklagten für das Jahr 2012 sah Ausgaben in Höhe von etwa 1,2 Mio. Euro vor. Diese Ausgaben sollten nach den Ansätzen im 2012 aufgestellten Haushaltsplan (16. Februar 2012) durch Einnahmen in gleicher Höhe gedeckt werden, wobei es sich größtenteils um Beiträge der Verbandsmitglieder handelt.

Bis zum Jahr 2011 hatte der Beklagte sämtliche Mitglieder allein nach dem Flächenmaßstab gemäß § 33 Abs. 1 VS mit einem Beitrag von 12,00 Euro pro Hektar veranlagt (s. „Beitragsberechnung“ VV). In der Ausschusssitzung des Beklagten vom 16. Februar 2012 beschloss der Verbandsausschuss die erstmalige Erhebung von Erschwernisbeiträgen für versiegelte Flächen gemäß § 64 NWG für das Jahr 2012. Dem Beschluss ging eine über Jahre dauernde Diskussion und die Anhörung der Mitglieder mit Schreiben vom 30. Januar 2012 voraus.

Das Niedersächsische Wassergesetz sieht die Erhebung von solchen zusätzlichen Beiträgen gemäß § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG i.V.m. Anlage 5 Nr. 1 vor. Gemäß Nr. 1 Buchst. a der Anlage 5 werden die Flächen nach dem Grad der Versiegelung in drei Gruppen eingeteilt (leicht, mitteldicht und stärker versiegelte Flächen). Die leicht versiegelten Flächen werden mit dem einfachen, die mitteldicht versiegelten Flächen mit dem zweieinhalbfachen und die stärker versiegelten Flächen mit dem vierfachen Hektarsatz veranlagt. Gemäß Buchst. b derselben Ziffer bestehen – hier nicht relevante – Möglichkeiten, den Erschwernisbeitrag im Einzelfall zu reduzieren. Buchst. c der Ziffer 1 bestimmt für Gemeinden, die Mitglieder eines Unterhaltungsverbandes sind, dass „die versiegelten Flächen im Gemeindegebiet abweichend von Buchstabe a in der Weise berücksichtigt werden, dass von der Gemeinde ein Beitrag in Höhe von höchstens dem Hektarsatz je Einwohnerin oder Einwohner, die oder der im Verbandsgebiet wohnt, erhoben wird.“

Der Erschwernisbeitrag sollte nach der Kalkulation des Beklagten 4,90 Euro pro Einwohner der Mitgliedsgemeinden betragen. Unter Zugrundelegung dieses Satzes errechnete der Beklagte, dass zur Deckung der Kosten im Übrigen nach dem Flächenmaßstab ein Hektarsatz in Höhe von 9,70 Euro erhoben werden musste. Dieser Kalkulation lag eine Schätzung zugrunde, welcher Betrag sich in etwa ergeben würde, wenn man die zu den Gemeinden gehörenden Grundstücke einzeln gemäß Anlage 5 Ziffer 1 Buchst. a zum NWG zu Erschwernisbeiträgen gemäß ihrer Versiegelungsdichte veranlagen würde. Von einer Satzungsänderung sah der Verbandsausschuss ab, weil er diese für unnötig erachtete.

Nachdem in einem ersten Beitragsbescheid, der im Februar 2012 erging, als Rechtsgrundlage Vorschriften des Niedersächsischen Wassergesetzes in einer früher geltenden Fassung benannt worden waren, erließ der Beklagte unter dem 19. März 2012 einen korrigierten Beitragsbescheid gegenüber der Klägerin. Dieser beinhaltete einen Verweis auf aktuelle Vorschriften des Niedersächsischen Wassergesetzes. Als Rechtsgrundlage für den Erschwernisbetrag wurde angegeben, dass die versiegelten Flächen im Gemeindegebiet in der Weise berücksichtigt würden, dass gemäß „§ 64 Abs. 3 Satz 4 Anlage 5, 1.d)“ ein zusätzlicher Beitrag von 4,90 € je Einwohner oder Einwohnerin im Verbandsgebiet erhoben werde. Der Gesamtbeitrag betrug 101.975,37 Euro. Davon entfiel ein Betrag von 40.057,50 Euro auf den Erschwernisbetrag.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin, beschränkt auf den Erschwernisbeitrag, am 19. April 2012 Klage. Zugleich beantragte sie mit Schreiben vom 19. April 2012 sowie vom 15. Mai 2012 die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Sie machte unter anderem geltend, die Satzung enthalte keine Ermächtigung für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen.

Dies nahm der Verbandsausschuss zum Anlass, in der Sitzung vom 7. Juni 2012 § 33 VS durch die 7. Satzung zur Änderung der Satzung des Beklagten gemäß § 1 dieser Änderungssatzung um den folgenden Absatz 4 zu ergänzen:

„Der Verband hebt Beiträge für die Erschwernis der Unterhaltung durch die Versiegelung von Flächen. Sie betragen 50,5 % des Hektarsatzes pro Einwohnerin oder Einwohner der Mitgliedsgemeinden, die oder der im Verbandsgebiet wohnt.“

Die Änderung der Satzung trat gemäß § 2 der Änderungssatzung rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft. Die Änderung wurde am 8. Juni 2012 durch den Landkreis Lüchow-Dannenberg genehmigt und am 11. Juni 2012 öffentlich bekanntgemacht.

Die Klägerin hat im Verfahren erster Instanz die Ansicht vertreten, wenigstens zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 19. März 2012 habe es an einer Ermächtigungsgrundlage gefehlt, da die Satzungsbestimmung des § 33 Abs. 4 VS bei Erlass noch nicht existiert habe.

Die Satzungsbestimmung sei zudem ermessensfehlerhaft zustande gekommen. Nach dem NWG stehe es im Ermessen eines Unterhaltungsverbandes, Erschwernisbeiträge zu erheben. Dieses Ermessen sei nicht ausgeübt worden. Aus dem Protokoll der Ausschusssitzung ergebe sich nicht, dass der tragende Sachverhalt ermittelt und anschließend Ermessen ausgeübt worden sei.

Die Klägerin hat überdies die Ansicht vertreten, der Beklagte erhebe Beiträge zur Finanzierung von Ausgaben, die nicht mit dem gesetzlichen Auftrag des Beklagten, die Verbandsgewässer zu unterhalten, im Zusammenhang stünden. Außerdem dürften die Kosten für die Unterhaltung von Schöpfwerken nur denjenigen Mitgliedern in Rechnung gestellt werden, denen die Unterhaltung zum Vorteil gereiche.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19. März 2012 aufzuheben, soweit dieser Erschwernisbeiträge in Höhe von 40.057,40 Euro festsetzt und die Klägerin insoweit zur Zahlung auffordert.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine satzungsrechtliche Grundlage sei rückwirkend geschaffen worden. Dies begegne auch keinen rechtlichen Bedenken. Das Beitragsjahr eines Wasser- und Bodenverbandes sei das Haushalts- und Kalenderjahr, für das der Beitrag zu prognostizieren sei. Bis zu dessen Abschluss könne sich kein Mitglied darauf berufen, es habe darauf vertrauen dürfen, die Beiträge blieben unverändert.

Er hat auch die Einführung der Erschwernisbeiträge an sich verteidigt. Die Hebung von Erschwernisbeiträgen entsprechend dem Einwohneranteil von den dem Unterhaltungsverband angehörenden Gemeinden folge dem Gedanken, dass Einwohnerzahl und Versiegelungsmaß bei pauschaler Betrachtung in hohem Maße korrelierten. Die Hebung auf der Grundlage der Einwohnerzahl reduziere die – letztlich von den Mitgliedern – zu tragenden Verwaltungskosten. Würde man die Mitglieder anhand der Eintragungen zu den Grundstücken im Liegenschaftskataster veranlagen, müssten teure GIS-basierte Katasterunterlagen angefordert werden. Die Einwohnerzahlen stünden hingegen straßenzuggenau bei den Gemeinden zur Verfügung.

Der Beklagte habe auch sein Ermessen ausgeübt. Vor der Entscheidung sei sowohl die Einführung der Erschwernisbeiträge selbst (also das „ob“), als auch die Festsetzung des Hektarsatzes pro Einwohner (also das „wie“) Gegenstand der Beratung gewesen. Tragender Gesichtspunkt bei der Bemessung der Höhe des Hektarsatzes sei die Überlegung gewesen, die Erschwernisbeiträge in etwa so zu bemessen, dass sie ungefähr dem Ausmaß der Einnahmen entsprechen, die bei grundstücksgenauer Erhebung gemäß Anlage 5 zu § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG anfielen. Dabei sei möglichen Ungenauigkeiten bei der Einwohnerermittlung etc. dadurch Rechnung getragen worden, dass der Beitragssatz je Einwohner konservativ berechnet worden sei.

Überdies führe der Beklagte keine Maßnahmen durch, die nicht der Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung zuzurechnen seien.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat mit Urteil vom 8. Oktober 2014 der Klage stattgegeben. Die Erhebung von Erschwernisbeiträgen sei rechtswidrig, da es an einer wirksamen Satzungsregelung fehle. § 33 Abs. 4 VS des Beklagten in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 7. Juni 2012 sei unwirksam. Zwar sei es unbedenklich, dass die Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2012 geändert worden sei. Die neu aufgenommene Rechtsgrundlage verstoße aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Funktion als Willkürverbot. Gemäß § 33 Abs. 4 VS seien sowohl nach dem Ergebnis der Auslegung als auch nach der seitens des Beklagten selbst geäußerten Vorstellung nur die Mitglieder des Beklagten mit Erschwernisbeiträgen belastet worden, die (politische) Gemeinden sind. Dies stelle eine Benachteiligung gegenüber einer Vielzahl von Mitgliedern dar, die nicht zu den Erschwernisbeiträgen herangezogen würden. Dazu zählten etwa Deich- und Wasserverbände, eingetragene Vereine, Kirchengemeinden und auch natürliche Personen, die Eigentümer von Grundstücken in gemeindefreien Gebieten seien. Diese Ungleichbehandlung sei auch nicht gerechtfertigt. So treffe es nicht zu, dass die Flächen der Mitglieder, die gemäß § 33 Abs. 4 VS nicht zu Erschwernisbeiträgen herangezogen würden, deutlich kleiner seien als die Fläche der Gemeinden. Ein Mitglied, eine natürliche Person, sei etwa Eigentümerin von mehr als 5.000 ha Land im gemeindefreien Gebiet. Er stelle damit den sechstgrößten Flächenanteil am Verbandsgebiet, ohne dass ein sachlicher Grund dafür vorliege, ihn von den Erschwernisbeiträgen freizustellen. Die von derartigen Flächen ausgehende Erschwernis werde von den übrigen Mitgliedern, so auch von der Klägerin, über den von ihnen zu entrichtenden Flächen- und dem zusätzlichen Erschwernisbeitrag getragen. Eine solche Binnendifferenzierung zwischen den Mitgliedern könne sich auch nicht auf die Ermächtigungsgrundlage gemäß § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG i.V.m. Anlage 5 stützen. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Anlage 5 eine rechtssichere Beitragserhebung ermöglichen wollen. Diese Rechtssicherheit sollte auch dadurch hergestellt werden, dass die Gemeinden dann, wenn sie Erschwernisbeiträge erheben wollen, diese nur in der durch die Anlage 5 vorgegebenen Weise erheben können. Diese sehe aber die Veranlagung aller Verbandsmitglieder vor. Der Beklagte habe indes selektiv auf die Möglichkeit gemäß Ziffer 1 Buchst. c zurückgegriffen und die Gemeinden nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl veranlagt. Der Gesetzgeber habe diese Möglichkeit aber nur eröffnet, um bei Veranlagung aller Verbandsmitglieder die Erhebung der Beiträge von den mitgliedschaftlichen Gemeinden zu vereinfachen. Es könne auch nicht unterstellt werden, dass die Ermittlung der für die Veranlagung benötigten Liegenschaftsangaben unverhältnismäßig hohe Kosten mit sich bringe. Ebenso habe der Beklagte nicht substantiiert dargelegt, dass die Veranlagung aller Mitglieder die Klägerin nur unwesentlich entlaste. Die übrigen Satzungsbestimmungen zur Beitragserhebung, insbesondere § 33 Abs. 3 VS, verstießen ihrerseits gegen höherrangiges Recht bzw. setzten die Verabschiedung – hier fehlender – Veranlagungsregeln voraus. Zudem habe der Beklagte in den übrigen Bestimmungen den Beitragsmaßstab nicht geregelt.

Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 22. Oktober 2014 zugestellt wurde, beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Lüneburg am 10. November 2014, die Zulassung der Berufung. Mit Beschluss vom 19. Mai 2015 (13 LA 199/14) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Berufung hat der Beklagte binnen der bis zum 6. Juli 2015 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 29. Juni 2015, eingegangen beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am 30. Juni 2015, begründet.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG i.V.m. Nr. 1 Buchst. c der Anlage 5 zum NWG sei eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen (nur) von mitgliedschaftlichen Gemeinden. Der Beklagte habe gar nicht die Möglichkeit gehabt, neben der Veranlagung der Gemeinden nach deren Einwohnerzahl gemäß Nr. 1 Buchst. c der Anlage 5 noch die übrigen Mitglieder nach dem Grad der Versiegelung ihrer Grundstücke gemäß Nr. 1 Buchst. a der Anlage 5 zu veranlagen. Der Beklagte stellt dabei insbesondere auf die Gruppe der Eigentümer ab, deren Grundstücke innerhalb einer Gemeinde liegen, aber von der Grundsteuer befreit sind, und die infolgedessen dem Beklagten durch die Gemeinden als Einzelmitglieder zugewiesen worden sind. Er meint, für die Gruppe dieser Eigentümer hätte eine parallele Anwendung von Nr. 1 Buchst. a und c der Anlage 5 eine Doppelveranlagung zur Folge, da die Anzahl der Bewohner dieser Grundstücke auch in die Einwohnerzahl der Gemeinde eingehe und deren Beitrag nach Buchst. c erhöhe. Umgekehrt sei es nicht gerechtfertigt, die Gemeinden über die Einwohnerzahl, zu denen auch die Bewohner der von der Grundsteuer befreiten Grundstücke zählten, auch für die Erschwerung der Gewässerunterhaltung anteilig heranzuziehen, die von den Grundstücken der von der Grundsteuer befreiten Mitglieder ausgehe. Hinzu kämen praktische Schwierigkeiten. Die Katasterdaten seien beim Beklagten nicht verfügbar und wiesen auch die Einwohnerzahlen nicht aus, um die Bewohner gemeindefreier Gebiete von der Gesamteinwohnerzahl der politischen Gemeinden abzuziehen. Die Beitragserhebung wäre rechtlich dadurch angreifbar, dass die Gemeinden die Eigentümer gemeindefreier Grundstücke in unterschiedlichem Maße dem Beklagten als Einzelmitglieder zuwiesen bzw. innerhalb ihres Gebiets diese Gruppe unterschiedlich behandelten. Die gemeindefreien Gebiete müssten aus anderen Gründen ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Es handele sich um große zusammenhängende Waldflächen oder sonstige unversiegelte Flächen. Auch bei einer liegenschaftsgenauen Veranlagung gemäß Nr. 1 Buchst. a der Anlage 5 wären von den Eigentümern dieser Flächen keine Beiträge zu erheben. Die Entscheidung, diese Mitglieder von vornherein nicht zu Erschwernisbeiträgen heranzuziehen, erspare dem Beklagten Verwaltungsaufwand, der auf die übrigen Mitglieder umzulegen wäre und dem keine Einnahmen gegenüber stünden.

Jedenfalls sei die Satzungsbestimmung unter dem Gesichtspunkt der Typengerechtigkeit rechtmäßig. Von der Heranziehung der grundsteuerbefreiten Eigentümer seien allenfalls Beitragsmehreinnahmen in Höhe von 10.500,00 Euro zu erwarten. Von den Eigentümern von Grundstücken in gemeindefreien Gebieten seien überhaupt keine Mehreinnahmen zu erwarten, da diese Grundstücke nicht versiegelt seien. Die zu erwartenden Mehreinnahmen führten bestenfalls zu einer Senkung der Erschwernisbeiträge für die übrigen Mitglieder um 4,5 %.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. Oktober 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Anlage 5 zum NWG sei in der Weise abschließend, dass sich ein Unterhaltungsverband, der sich für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen für versiegelte Flächen entscheidet, die Veranlagung nur insgesamt nach Ziffer 1 der Anlage 5 durchführen könne. Infolge der abschließenden gesetzlichen Festlegung sei für die Berücksichtigung des Gedankens der Typengerechtigkeit kein Raum. Die Klägerin wiederholt und vertieft im Übrigen ihren Vortrag, dass der Beklagte überdies unzulässig alle Kosten des Verbands den Beitragszahlern auferlege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 19. März 2012 ist im Umfang der Anfechtung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil er nicht auf eine wirksame Satzungsgrundlage gestützt werden kann.

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen ist § 64 Abs. 1 Satz 4 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) i. V. m. Anlage 5 zum NWG i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 1 NWG, §§ 6, 28 ff. des Gesetzes über die Wasser- und Bodenverbände (WVG) i. V. m. §§ 35, 32, 33 Abs. 4 VS in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 7. Juni 2012, die rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt wurde.

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 VS haben die Mitglieder dem Verband die Geldbeiträge zu leisten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Haushaltsführung erforderlich sind. Gemäß § 33 Abs. 1 VS bestimmt sich die Beitragspflicht – übereinstimmend mit § 64 Abs. 1 Satz 1 NWG – nach dem Flächenverhältnis, in dem die Mitglieder am Verbandsgebiet beteiligt sind. Gemäß § 33 Abs. 4 VS hebt der Verband Beiträge für die Erschwernis der Unterhaltung durch die Versiegelung von Flächen. Diese betragen 50,5 % des Hektarsatzes pro Einwohnerin und Einwohner der Mitgliedsgemeinden, die oder der im Verbandsgebiet wohnt. Gemäß § 35 Abs. 1 VS erhebt der Verband die Verbandsbeiträge auf der Grundlage des geltenden Beitragsmaßstabs durch Beitragsbescheid.

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung ist eine wirksame satzungsrechtliche Regelung über die Erhebung von Erschwernisbeiträgen als zusätzliche Beiträge zu den Unterhaltsbeiträgen gemäß den §§ 32 ff. VS i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG und § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG. Die Bestimmung des Beitragsmaßstabs gehört zum Mindestinhalt einer Verbandssatzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG. Diese Bestimmung gilt auch für Unterhaltsverbände wie dem Beklagten (§ 64 Abs. 1 Satz 1 NWG; vgl. auch Anlage 5 Nr. 4 zum NWG). § 79 Abs. 2 Satz 2 WVG nimmt zwar bei Inkrafttreten des WVG am 1. Mai 1991 bestehende Verbände – zu denen auch der Beklagte gehört – von dieser Verpflichtung aus. Jedenfalls im Falle einer erstmaligen Erhebung von Erschwernisbeiträgen schreibt jedoch § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG zwingend eine Regelung durch Satzung vor. Da das Recht der Wasser- und Bodenverbände gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 NWG nur auf den Beklagten anzuwenden ist, soweit sich aus den sonstigen Bestimmungen des NWG nicht etwas anderes ergibt, geht § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG als Spezialregelung der Bestimmung des § 79 Abs. 2 Satz 2 WVG vor.

Zu den danach erforderlichen Grundsätzen der Beitragsbemessung gehört nach dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, dass die Satzung alle Angaben über die Bemessung der Erschwernisbeiträge enthält, auf deren Grundlage die Belastung des Beitragspflichtigen berechnet werden kann. Für die Verbandsbeiträge ist dabei § 30 Abs. 1 Satz 1 WVG maßgeblich. Danach bestimmt sich der Beitrag der Verbandsmitglieder nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbandes haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen.

Eine solche satzungsrechtliche Regelung fehlte im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides zunächst. Aus den vorgenannten Gründen genügte der Beschluss des Verbandsausschusses in der Sitzung vom 16. Februar 2012, wonach ein Betrag von 9,70 Euro pro Hektar und ein Betrag von 4,90 Euro pro Einwohner einer Gemeinde erhoben werden, nicht. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht aber erkannt, dass die Klägerin allein aus diesem Grund keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheids vom 19. März 2012 hat. Denn der Mangel einer fehlenden Satzungsregelung für die Erhebung und Bemessung von Erschwernisbeiträgen ist rückwirkend geheilt worden.

Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei Anfechtungsklagen bestimmt sich in erster Linie nach dem materiellen Recht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.3.2017 – 9 B 22.16 –, juris) und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 29.3.1996 – 1 C 28/94 –, Rn. 15, juris). Mangels besonderer Bestimmungen im NWG für Unterhaltungsbeiträge kommt es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids maßgeblich darauf an, ob am Tage seines Erlasses, dem 19. März 2012, die sachliche und persönliche Beitragspflicht der Klägerin bestand.

Durch die rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft getretene 7. Änderungssatzung, durch die § 33 VS um Absatz 4 ergänzt wurde, bestand zu diesem Zeitpunkt formell eine wirksame Satzungsgrundlage.

Diese Satzungsgrundlage ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsgebot, namentlich das Rückwirkungsverbot, nichtig. Die 7. Änderungssatzung wurde allerdings erst am 11. Juni 2012 öffentlich bekanntgemacht und trat damit in Kraft (§ 58 Abs. 2 Satz 2 WVG), obwohl der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf den 1. Januar 2012, also vor Inkrafttreten, festgesetzt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet eine Rechtsnorm eine – grundsätzlich unzulässige – „echte“ Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“), wenn also der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (Nds. OVG, Urteil vom 12.9.2012 – 13 LC 73/10 –, Rn. 37, juris, m.w.N.).

Es kann offen bleiben, ob § 33 Abs. 4 VS rückwirkend zum 1.1.2012 in Kraft gesetzt werden durfte. Jedenfalls ist eine Rückwirkung zum 16.2.2012, dem hier entscheidenden Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Beitragssatz für Erschwernisbeiträge, nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts entsteht die Beitragspflicht nämlich erst mit der Festlegung des Beitragssatzes (Nds. OVG, a.a.O., Rn. 39, juris). Dieser ist nicht in der Verbandssatzung enthalten, sondern für das Beitragsjahr 2012 in der Sitzung des Verbandsausschusses am 16. Februar 2012 beschlossen worden. Die zeitlich später in Kraft getretene 7. Änderungssatzung bemisst sich Rückwirkung zu diesem Zeitpunkt bei, an dem der Beitragstatbestand noch nicht abgeschlossen war. Insofern handelt es sich um eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“.

Auch im Fall einer „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Davon ist unter anderem dann auszugehen, wenn der Betroffene schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen war, nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte, wenn sich also kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts für vergangene Zeiträume bilden konnte, etwa weil die Rechtslage unklar war (Nds. OVG, a.a.O., Rn. 37, juris).

So liegen die Dinge indes hier. Gerade wegen des Beschlusses des Verbandsausschusses konnten die Mitglieder des Beklagten spätestens seit dem 16. Februar 2012 nicht mehr damit rechnen, dass der Beklagte keine Erschwernisbeiträge für das Jahr 2012 erheben werde.

Aus den zutreffenden Gründen des Urteils des Verwaltungsgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt, leidet die Beschlussfassung über die Änderungssatzung auch nicht unter Ermessensfehlern.

§ 33 Abs. 4 VS ist indes aus mehreren Gründen keine materiell-rechtlich wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen. Der festgelegte Beitragsmaßstab in § 33 Abs. 4 der Satzung verstößt gegen landesgesetzliche Vorgaben über den Maßstab in Anlage 5 zum NWG und entspricht im Übrigen nicht dem Bestimmtheitsgebot.

Die Bestimmung des § 64 Abs. 1 NWG beinhaltet differenzierte landesrechtliche Regelungen zur Beitragspflicht, mit denen § 33 Abs. 4 VS nicht im Einklang steht.

§ 64 Abs. 1 Satz 1 NWG bestimmt, dass sich die Beitragspflicht der Mitglieder eines Unterhaltungsverbands nach dem NWG nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Mitglieder am Verbandsgebiet beteiligt sind. Der Beklagte ist Rechtsnachfolger der Unterhaltungsverbände A. und B.. Diese beiden Verbände waren gemäß § 84 Abs. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes in der Ursprungsfassung vom 7. Juni 1960 (Nds. GVBl. 1960, 105) (im Folgenden: NWG 1960) neu gegründet worden. Durch das Niedersächsische Wassergesetz wurde seinerzeit das gesamte Gebiet des Landes Niedersachsen in Unterhaltungsverbände unterteilt. Das Verbandsgebiet entsprach dem Niederschlagsgebiet der jeweiligen Gewässer zweiter Ordnung (§ 83 Abs. 2 Satz 1 NWG 1960). Mitglieder dieser Verbände wurden gemäß § 83 Abs. 2 Satz 2 NWG 1960 die im Verbandsgebiet bestehenden Wasser- und Bodenverbände sowie Gemeinden, wenn diesen zuvor die Gewässerunterhaltung oblag, im Übrigen die Eigentümer der im Verbandsgebiet liegenden Grundstücke. Durch diese Regelung sollten alle Grundstücke im Niederschlagsgebiet zu größeren, räumlich auf die natürlichen Verhältnisse abgestimmten Verbänden zusammengefasst werden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 4/51, S. 376). Die Heranziehung aller Grundstückseigentümer im Niederschlagsgebiet beruht auf dem Gedanken, dass die zu unterhaltenden Gewässer das auf alle Flächen gleichmäßig fallende Niederschlagswasser abzuführen haben (OVG Lüneburg, Urteil vom 21.12.1965 – III OVG. A 92/64 –, RdL 1966, 187, 189). Diesem Gedanken folgend bemisst sich gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 NWG und der im Wesentlichen identischen Vorgängerregelungen die Beitragspflicht allein am Verhältnis der die Beitragspflicht auslösenden Fläche am Verbandsgebiet.

Durch den Flächenmaßstab wird aber der Verursachung der Unterhaltungslast nicht Rechnung getragen. Pro Hektar wird vielmehr der gleiche Beitrag erhoben, unabhängig davon, inwiefern auf der veranlagten Fläche etwa aufgrund ihrer Versiegelung Niederschläge schneller abfließen und damit die Unterhaltung der Gewässer erschwert wird.

Bereits auf der Grundlage der bis zur Änderung des NWG durch das Gesetz vom 26. April 2007 (Nds. GVBl. 2007, 144) vorangegangenen Gesetzesfassungen war es jedoch zulässig, sogenannte Erschwernisbeiträge zu erheben (Nds. OVG, Urteil vom 12.9 2012 – 13 LC 73/10 –, Rn. 29, juris). Danach konnten für Erschwernisse gleicher Art besondere Beiträge erhoben werden, die nach dem durchschnittlich verursachten Mehraufwand pauschal bestimmt werden (§ 101 Abs. 3 Satz 4 NWG in der Fassung vom 8. April 1998, Nds. GVBl. 1998, 368). Mit dem Änderungsgesetz vom 26. April 2007 ersetzte der Gesetzgeber diese Bestimmung und bestimmte, dass die Satzung der Unterhaltungsverbände zusätzliche Beiträge nach Maßgabe seinerzeit der Anlage 6, heute der Anlage 5, zum NWG vorsehen kann.

Anlage 5 zum NWG sieht drei zusätzliche Beiträge für die Erschwerung der Unterhaltung vor. Gemäß der im vorliegenden Fall einzig relevanten Nr. 1 der Anlage 5 kann ein zusätzlicher Beitrag für Versiegelungen erhoben werden. Nach Nr. 1 Buchstabe a richtet sich der dreifach gestufte zusätzliche Beitrag nach der Nutzungsart des mit einer Versiegelung versehenen Grundstücks. Für die Einstufung des konkreten Grundstücks ist die Eintragung im Liegenschaftskataster maßgebend. In Nummer 1 Buchst. a sind alle Flächen mit ihrer Bezeichnung und Begriffsbestimmung nach dem Liegenschaftskataster aufgeführt, die für die Erhebung zusätzlicher Beiträge wegen Versiegelung in Betracht kommen (LT-Drs. 15/3245, S. 35). Nr. 1 Buchstabe c der Anlage 5 beinhaltet eine Sonderregelung für den Fall, dass eine Gemeinde Mitglied des Unterhaltungsverbandes ist. In diesem Fall können die versiegelten Flächen im Gemeindegebiet abweichend von Buchstabe a in der Weise berücksichtigt werden, dass von der Gemeinde ein Beitrag in Höhe von höchstens dem Hektarsatz je Einwohnerin oder Einwohner, die oder der im Verbandsgebiet wohnt, erhoben wird.

Der Rückgriff auf die Eintragungen im Liegenschaftskataster entspricht deutlicher dem Verursacherprinzip und trägt der unterschiedlichen Gewichtung, mit der die Flächen zur Kostenverursachung bei der Unterhaltung beitragen, in höherem Maße Rechnung, als dies im Hinblick auf den allgemein anerkannten Flächenmaßstab der Fall ist (Nds. OVG, Urteil vom 12.9.2012 – 13 LC 73/10 –, Rn. 33, juris).

Der Beklagte hat den Beitragsmaßstab in § 33 Abs. 4 VS abweichend von dieser gesetzlichen Ermächtigungsnorm festgelegt. Er hat nicht etwa auf den gesetzlich vorgegebenen Maßstab in Anlage 5 zum NWG verwiesen. Stattdessen hat der Beklagte einen Erschwernisbeitrag in Höhe von 50,5 % des Hektarsatzes pro Einwohnerin oder Einwohner der Mitgliedsgemeinden festgesetzt, die oder der im Verbandsgebiet wohnt. Nach der zutreffenden Auslegung durch das Verwaltungsgericht, die vom Senat geteilt wird und dem erklärten Willen des Beklagten entspricht, sollten somit nur bestimmte Verbandsmitglieder, nämlich allein Gemeinden, die Mitglied des Beklagten sind, zu Erschwernisbeiträgen herangezogen werden.

Das ist indes unzulässig. Ein Unterhaltungsverband ist nicht befugt, unter Berufung auf die Regelung des Nr. 1 Buchst. c der Anlage 5 zum NWG nur die Mitgliedsgemeinden zu Erschwernisbeiträgen zu veranlagen. Eine solche Auslegung des § 64 Abs. 1 NWG i.V.m. Anlage 5 zum NWG ist mit dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes nicht vereinbar und widerspricht überdies auch dem Willen des Gesetzgebers.

Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG kann die Satzung eines Unterhaltungsverbands „nach Maßgabe der Anlage 5 zusätzliche Beiträge“ vorsehen. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung wie auch der Anlage 5 ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Unterhaltungsverbänden – wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – vorgibt, falls sie Erschwernisbeiträge für die Versiegelung (Nr. 1) erheben wollen, diese Erhebung in der durch Anlage 5 vorgezeichneten Form durchzuführen (Reffken/Elsner, NWG, Loseblatt, Stand: Mai 2015, § 64, Rn. 9; so auch bereits VG Oldenburg, Urteil vom 21.4.2009, Rn. 39 ff., juris), d. h. entsprechend der im Liegenschaftskataster angegebenen Nutzungsart. Entgegen der Auffassung des Beklagten ermächtigt Ziffer 1 Buchst. c der Anlage 5 nicht zur Veranlagung allein der Grundstücke der Mitgliedsgemeinden. Soweit danach „abweichend von Buchstabe a“ die versiegelten Flächen der Mitgliedsgemeinde in der Weise berücksichtigt werden können, dass ein Hektarsatz je Einwohner erhoben wird, dient dies nur der Verfahrensvereinfachung. Der Unterhaltungsverband wird von der Pflicht entbunden, innerhalb des Gebiets einer Mitgliedsgemeinde die verwaltungsaufwändige Einzeleinstufung aller Grundstücke im Gemeindegebiet vorzunehmen (so ausdrücklich LT-Drs. 15/3245, S. 36). Für die Flächen anderer Mitglieder als Gemeinden verbleibt es hingegen bei der Veranlagung gemäß Ziffer 1 Buchstabe a, insbesondere für die von der Grundsteuer befreiten Eigentümer.

Diese Auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass das Gesetz vorsieht, die versiegelten Flächen im Gemeindegebiet lediglich „abweichend von Buchstabe a“ in der in Buchstabe c bestimmten Weise zu „berücksichtigen“. Schon der Wortlaut legt nahe, dass damit nur im Rahmen der Erhebung eines zusätzlichen Beitrags für Versiegelungen die Möglichkeit eröffnet werden sollte, für Gemeinden die Beitragshöhe nach einem von Nr. 1 Buchstabe a der Anlage 5 abweichenden Maßstab zu bestimmen. Hätte der Gesetzgeber – im Sinne des Beklagten – eine weitere Möglichkeit eröffnen wollen, einen zusätzlichen Beitrag, allerdings allein von Mitgliedsgemeinden, zu erheben, wäre eine andere Gesetzesformulierung zu erwarten gewesen. Der Gesetzestext spricht nämlich im Übrigen davon, dass ein zusätzlicher Beitrag „erhoben werden“ kann (Nr. 1 Buchst. a, Nr. 3 Buchst. b), „nicht“ bzw. „nicht oder nur teilweise erhoben“ wird (Nr. 1 Buchst. b und c), oder Mitglieder zu zusätzlichen Beiträgen „herangezogen“ werden können (Nr. 2 und 3 der Anlage 5).

Dem Verständnis des Beklagten folgend müsste hingegen Nr. 1 Buchst. c der Anlage 5 zum NWG als eigene Ermächtigungsgrundlage zur Hebung eines zusätzlichen Beitrags im Sinne des § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG nur für bestimmte Mitglieder verstanden werden. Dies steht aber auch mit der Gesetzessystematik nicht im Einklang. § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG ermächtigt zur Erhebung „zusätzlicher Beiträge“ nach Maßgabe von Anlage 5. Anlage 5 sieht ihrerseits – wie durch die Bildung von nummerierten Abschnitten mit entsprechender amtlicher Überschrift verdeutlicht wird – die Erhebung von alternativ bzw. kumulativ drei zusätzlichen Beiträgen vor, nämlich eines zusätzlichen Beitrags für Versiegelungen (Nr. 1), für Wasser- und Abwassereinleitungen (Nr. 2) und für sonstige Erschwernisse (Nr. 3). § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG nimmt somit Bezug auf genau diese Auflistung zusätzlicher Beiträge. Der Wortlaut der Überschriften in der Anlage 5 sollte bewusst an der Formulierung des § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG anknüpfen (Schriftl. Bericht des Umweltausschusses, LT-Drs. 15/3758). Es handelt sich mithin um einen abschließenden Katalog derartiger zusätzlicher Beiträge für alle Mitglieder. Einen „vierten“ zusätzlichen Beitrag, der nur von Mitgliedsgemeinden unter Berücksichtigung ihrer Einwohnerzahl erhoben werden könnte, beinhaltet der Katalog der Anlage 5 zum NWG somit nicht. Dass es sich bei der Bestimmung der Nr. 1 Buchstabe c vielmehr um eine Detailregelung des zusätzlichen Beitrags gemäß Nr. 1 handelt, verdeutlich überdies, dass der Bestimmung nicht eine eigene Ziffer vorangestellt, sondern sie lediglich als Unterpunkt zu Ziffer 1 auf der nächsten Gliederungsebene mit einem Kleinbuchstaben benannt wurde.

Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass es Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entspricht, es dem Unterhaltungsverband gerade nicht – auch nicht im Einzelfall – freizustellen, nur die Mitgliedsgemeinden gemäß Ziffer 1 Buchst. c der Anlage 5 zu veranlagen und somit von den Bestimmungen der Anlage 5 Nr. 1 abzuweichen. Es war erklärtes Ziel des Landesgesetzgebers, mit der Schaffung des § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007, der Vorläufernorm des heutigen § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG, zu einer rechtssicheren und landesweiten Vereinheitlichung der Erhebung von Erschwernisbeiträgen zu gelangen (LT-Drs. 15/3245, S. 26 und 35; Nds. OVG, Urteil vom 12.9.2012 – 13 LC 73/10 –, Rn. 28, juris). Zu diesem Zweck räumte der Gesetzgeber den Unterhaltungsverbänden die Möglichkeit ein, „unter Beachtung der in der Anlage geregelten Vorgaben“ (LT-Drs. 15/3245, a.a.O.) Erschwernisbeiträge zu erheben. Er entband gemäß Nr. 4 der Anlage 5 zwar solche Unterhaltungsverbände, die bereits am 1. März 2010 wirksam Satzungsregelungen zur Erhebung von Beiträgen für die Erschwerung der Unterhaltung erlassen hatten, von der Pflicht, ihre Satzungsregelung der nunmehr geltenden Rechtslage anzupassen. Zugleich stellte er für neue Regelungen – wie im vorliegenden Fall – klar, dass die sie erlassenden Unterhaltungsverbände die Nummern 1 bis 3 der Anlage 5 zu beachten haben würden (LT-Drs. 15/3245, a.a.O.).

Mit der Einführung von Faktoren für die verschiedenen Flächennutzungsarten sollte der unterschiedlichen Gewichtung Rechnung getragen, mit der die Flächen zur Kostenverursachung bei der Unterhaltung beitragen, und dem Verursacherprinzip deutlicher entsprochen werden als mit dem einfachen Flächenmaßstab (LT-Drs. 15/3245, S. 26). Hieraus ist das gesetzgeberische Ziel zu entnehmen, alle Flächen im Niederschlagsgebiet verursachungsgerecht an den Unterhaltungskosten zu beteiligen, nicht nur die Flächen bestimmter Mitglieder.

Eine Veranlagung nur eines Teils der Mitglieder, wie sie der Beklagte vornimmt, würde entgegen dem gesetzgeberischen Ziel, eine rechtssichere Beitragserhebung zu ermöglichen, selbst dann von vornherein rechtlichen Zweifeln begegnen, wenn man eine solche isolierte Veranlagung – entgegen der Auffassung des Senats – für von der Ermächtigungsgrundlage des § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG i. V. m. Anlage 5 als gedeckt ansehen würde. Eine Veranlagung nur eines Teils der Verbandsgrundstücke widerspräche insbesondere dem beitragsrechtlichen Gebot der konkreten Vollständigkeit. Dieses besagt, dass für alle Grundstücke im Verbandsgebiet ein sachgerechter Maßstab vorhanden sein muss (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 30.1.2017 – 9 LB 193/16 –, Rn. 29, juris). An einem solchen Maßstab fehlt es für die versiegelten Grundstücke des Verbandsgebiets, die außerhalb einer Gemeinde liegen, und für die von der Grundsteuer befreiten Grundstücke. Für diese Grundstücke enthält die hier zu prüfende Satzungsbestimmung des § 33 Abs. 4 keine explizite Regelung.

Die Unvollständigkeit einer Regelung über die Erhebung von Erschwernisbeiträgen für alle Veranlagungsfälle kann entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht mit Verweis auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es dem Normgeber gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit soll eine im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor bewahren, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.2008 - 9 B 40/08 -, ZKF 2008, 283 = NVwZ 2009, 255). Er gestattet es somit, für einzelne Fallgruppen von einer speziellen Regelung abzusehen und sie einem allgemeineren Typus unterzuordnen (vgl. Nds OVG, Urteil vom 27. Juni 2011 – 9 LB 168/09 –, Rn. 32, juris). Darum geht es hier aber nicht, denn der Beklagte hat mit der Regelung in § 33 Abs. 4 VS gerade keinen Regeltypus für alle Veranlagungsfälle geschaffen, sondern er hat bestimmte Gruppen von Veranlagungsfällen überhaupt nicht geregelt.

Der Beklagte beruft sich auch zu Unrecht darauf, dass im Gegenteil eine parallele Anwendung von Ziffer 1 Buchst. a und c der Anlage 5 zum NWG sogar aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei.

Insbesondere kommt es im Fall einer parallelen Anwendung beider Normen – entgegen der Ansicht des Beklagten – zu keiner unzulässigen Doppelveranlagung von Eigentümern gemeindezugehöriger, aber von der Grundsteuer befreiter Grundstücke, die dem Verband gemäß § 64 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 2 NWG zugewiesen wurden.

Die Eigentümer der genannten Grundstücke sind selbständig als dingliche Mitglieder des Beklagten gemäß Ziffer 1 Buchst. a gemäß dem Versiegelungsgrad ihrer Grundstücke zu Erschwernisbeiträgen heranzuziehen. Demgegenüber werden die Mitgliedsgemeinden für die auf ihrem Gebiet gelegenen Grundstücke gemäß Ziffer 1 Buchst. c der Anlage 5 zum NWG pauschal nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl veranlagt. Seitens des Beklagten würden die dem Verband als Mitglieder zugewiesenen Eigentümer von der Grundsteuer befreiter Grundstücke also nur einmal zu den Erschwernisbeiträgen herangezogen.

Der Eigentümer eines in einer Mitgliedsgemeinde gelegenen, aber von der Grundsteuer befreiten Grundstücks kann auch nicht im Wege des Regresses mittelbar durch die Gemeinde ein zweites Mal zu Erschwernisbeiträgen herangezogen werden. Soweit eine Gemeinde kraft Gesetzes Mitglied eines Unterhaltungsverbandes ist, kann sie zwar ihrerseits gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 NWG die Beiträge für den Unterhaltungsverband auf die Eigentümer der im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücke umlegen. Dies gilt indes nicht für Eigentümer solcher Grundstücke, für die die Gemeinde gar keine Erschwernisbeiträge entrichtet, sondern die selbst zu Erschwernisbeiträgen herangezogen werden. Das trifft auf die Eigentümer der von der Grundsteuer befreiten Grundstücke dann zu, wenn diese Eigentümer auf Antrag der Gemeinde dem Verband als Mitglied zugewiesen werden.

Die Veranlagung der dem Verband als Mitglieder zugewiesenen Eigentümer von der Grundsteuer befreiter Grundstücke gemäß Nr. 1 Buchstabe a der Anlage 5 neben der Veranlagung der Gemeinden gemäß Nr. 1 Buchstabe c der Anlage 5 ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass die Beitragserhebung rechtswidrig sein könnte, wenn eine Mitgliedsgemeinde von der Möglichkeit der Antragstellung gemäß § 64 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 2 NWG in gleichheitswidriger oder sonst ermessensfehlerhafter Weise Gebrauch macht. Zutreffend ist zwar, dass die Antragstellung im pflichtgemäßen Ermessen der Mitgliedsgemeinde steht. Etwaigen Ermessensfehler berühren aber allenfalls die Rechtmäßigkeit der Zuweisungsentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 2, Abs. 4 Satz 3 NWG i. V. m. §§ 23 Abs. 2, 25 WVG. Sie sind von der Wirksamkeit einer durch die Zuweisungsentscheidung begründeten Mitgliedschaft und der allein hieran anknüpfenden Beitragspflicht zu trennen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die parallele Anwendung der Vorschriften gemäß Ziffer 1 Buchstabe a und c der Anlage 5 zum NWG auch nicht mit derartig großen verwaltungspraktischen Schwierigkeiten verbunden, dass nicht davon ausgegangen werden kann, der Gesetzgeber habe eine parallele Anwendung tatsächlich vor Augen gehabt.

Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass bei paralleler Anwendung der Regelungen gemäß Ziffer 1 Buchstabe a und c von der für die Bemessung der Beitragshöhe der Gemeinden maßgeblichen Zahl der Gemeindeeinwohner zwingend die Zahl der grundsteuerbefreiten Bewohner der Grundstücke abzuziehen ist, deren Eigentümer dem Verband gemäß § 64 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 2 NWG als Mitglied zugewiesen wird.

Die Veranlagung gemäß Ziffer 1 Buchstabe c dient allein der Vereinfachung der Beitragserhebung. Statt einer grundstücksgenauen Veranlagung wird die Gemeinde nach der einfacher zu ermittelnden Anzahl der in ihr gemeldeten Einwohner veranlagt. Eine Mitgliedsgemeinde entrichtet aber in diesem Fall Erschwernisbeiträge nicht nur gleichsam stellvertretend für die auf dem Gemeindegebiet gemeldeten Grundstückseigentümer, sondern besonders auch für Flächen der öffentlichen Hand (insbesondere Straßen, aber auch Schulgrundstücke, etc.). Die Zahl der Einwohner korreliert nach der Vorstellung des Gesetzgebers mit dem Grad der – gerade auch durch die Gemeinde selbst verursachten – Versiegelung. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu Ziffer 1 Buchst. c: „Die Landesregierung weist darauf hin, dass von der Bevölkerungszahl der Umfang der Versiegelung durch Gebäude, Straßen und Erholungsflächen abhängig ist.“ (LT-Drs. 15/3245, S. 37).

Die Zahl der Einwohner ist somit nur ein Anknüpfungspunkt für die auf dem Gemeindegebiet auftretende Versiegelung und damit für die Höhe des Beitrags. Auch Einwohner, die selbst von der Entrichtung der Gemeindesteuer befreit sind, geben aber Anlass zur Versiegelung durch Errichtung von Straßen, Schulen und sonstigen öffentlichen Plätzen oder Gebäuden, indem sie derartige Einrichtungen ebenfalls nutzen. Es besteht somit kein Anlass, von der Einwohnerzahl Abzüge vorzunehmen.

Der Beklagte kann sich der Verpflichtung zur Beitragserhebung gemäß Nr. 1 Buchstabe a der Anlage 5 für die Grundstücke in gemeindefreien Gebieten und die von der Grundsteuer befreiten Grundstücke auch nicht unter Berufung auf einen – nach seiner Darstellung – unverhältnismäßig hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand entziehen. Der Beklagte führt in diesem Zusammenhang an, die Beschaffung der zur Veranlagung der dinglichen Mitglieder notwendigen Daten des Liegenschaftskatasters und deren Pflege sei mit hohen Kosten mindestens für die Erstausstattung des Verbands verbunden.

Dieses – ohnehin lediglich rechtspolitische – Argument begegnet von vornherein Bedenken, weil die Unterhaltungsverbände bei der Beschaffung von amtlichen Angaben des Vermessungswesens privilegiert werden. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1, Satz 2 des Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen (NVermG) vom 1. Februar 2003 (Nds. GVBl. 2003, 5) müssen Landesbehörden lediglich den Aufwand für die Bereitstellung der Daten tragen, die sie für dienstliche Zwecke benötigen. Dies gilt gemäß § 7 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz (Nds. AGWVG) vom 6. Juni 1994 (Nds. GVBl. 1994, 238), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. April 2017 (Nds. GVBl. 2017, 118) ausdrücklich auch für Wasser- und Bodenverbände und somit gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 NWG auch für die Unterhaltungsverbände. Im Übrigen stehen dem beitragsfähigen Verwaltungs- und Kostenaufwand als Nutzen eine stärker am Verursacherprinzip orientierte Beitragserhebung und die dadurch erlangte Rechtssicherheit gegenüber.

Somit ist die Satzungsregelung des § 33 Abs. 4 VS bereits nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 64 Abs. 1 Satz 4 NWG i.V.m. Ziffer 1 der Anlage 5 zum NWG gedeckt.

Die Satzungsregelung begegnet darüber hinaus weiteren Wirksamkeitsbedenken.

So ist schon zweifelhaft, ob die Regelung des § 33 Abs. 4 VS dem Bestimmtheitsgebot genügt. Dieses Gebot verlangt, dass ein beitragspflichtiges Verbandsmitglied aus der Satzung heraus, also ohne nähere Erläuterung, zumindest die Grundsätze der Beitragsbemessung entnehmen kann (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 30.1.2017 – 9 LB 214/16 –, Rn. 31, juris). Zwar muss der Beitragssatz für Unterhaltungsbeiträge nicht selbst in der Satzung festgelegt werden, sondern kann auch durch den Verbandsausschuss durch Beschluss festgesetzt werden, wie es hier am 16. Februar 2012 erfolgt ist. Dem Bestimmtheitsgebot ist aber dann nicht mehr Genüge getan, wenn sich noch nicht einmal die Grundlagen der Beitragsbemessung aus der Satzung selbst ergeben (so auch Reinhardt, in: Reinhardt/Hasche, WVG, § 6, Rn. 23 m.w.N.). Aus § 33 Abs. 1 VS ergibt sich hingegen etwa nicht, dass die Beitragserhebung nach dem Flächenmaßstab in Form von Beträgen pro Hektar (Hektarsatz) erfolgt. Der Begriff des Hektarsatzes, der in der Verbandssatzung nunmehr erstmals in § 33 Abs. 4 VS verwendet wird, wird nirgends definiert.

Zudem fehlen Regelungen darüber, in welcher Periodizität (jährlich, vierteljährlich, etc.) Beiträge erhoben werden. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob auch das Fehlen einer Regelung zur Entstehung und zur Fälligkeit zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung führt, oder ob – mangels einer Bestimmung durch die Satzung – der Beitrag mit der Zustellung des Beitragsbescheides gemäß § 271 Abs. 1 BGB bzw. § 220 Abs. 2 Satz 1 AO fällig geworden ist.

Mangels eines wirksamen Beitragsmaßstabes bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob der Beklagte zulässig alle von ihm geplanten Ausgaben über die von den Mitgliedern zu erhebenden Beiträge decken durfte, oder ob zumindest einige der Aufgaben nicht mehr dem gesetzlichen Auftrag des Verbandes zugeordnet werden können.

Wegen der unwirksamen Festsetzung ist auch die Zahlungsaufforderung mangels rechtmäßiger Grundlage rechtswidrig und aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 710 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Der Streitwert wird für das Verfahren in  zweiter Instanz auf 40.057,50 Euro festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).