Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.09.2012, Az.: 13 LC 73/10

Verstoß gegen höherrangiges Recht durch Anknüpfung der nach dem Grad der Versiegelung bemessenen Erschwernisbeiträge an die Eintragungen im Liegensschaftskataster i.R.d. Heranziehung zur einem Wasserverbandsbeitrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.09.2012
Aktenzeichen
13 LC 73/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 24191
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0912.13LC73.10.0A

Fundstellen

  • NdsVBl 2013, 78-83
  • NordÖR 2013, 344

Amtlicher Leitsatz

Die Anknüpfung der nach dem Grad der Versiegelung bemessenen Erschwernisbeiträge an die Eintragungen im Liegensschaftskataster in derAnlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Ausnahmeregelungen der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 sind im Hinblick auf den zulässigen Pauschalierungsgedanken eng auszulegen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Wasserverbandsbeitrag.

2

Er ist Eigentümer eines im Verbandsgebiet gelegenen Grundstücks zur Größe von 4.111 m2. Dieses Grundstück, das in F. belegen ist, ist im Liegenschaftskataster mit "Gebäude und Freifläche, Wohnen" mit der Kennung 21130 verzeichnet. Das Grundstück ist teilweise bebaut. Auf ihm befinden sich ein Bauernhaus mit ca. 200 m2 Grundfläche, zwei Schuppen mit ca. 60 m2 Grundfläche sowie ein Carport und eine Garage mit ca. 40 m2 Fläche. Der Kläger ist gesetzliches Zwangsmitglied des Beklagten.

3

Der Beklagte ist ein Wasser- und Bodenverband. Dieser ist gesetzliches Zwangsmitglied des Unterhaltungsverbandes G. H. und trägt die vom Unterhaltungsverband für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung aufgewendeten Kosten. Auch zu diesem Zweck erhebt der Beklagte von seinen Mitgliedern Beiträge nach dem Flächenmaßstab gemäß § 34 seiner Satzung vom 20. Februar 1996, zuletzt geändert durch die 2. Änderungssatzung vom 23. April 2008 (Amtsblatt für den Landkreis Stade, Seite 134).

4

Mit Beitragsbescheid vom 9. Juni 2008 zog der Beklagte den Kläger zu Beiträgen in Höhe von insgesamt 109,52 € für das Haushaltsjahr 2008 heran. In diesem Bescheid sind auch die von dem Beklagten an den Unterhaltungsverband abzuführenden Beiträge für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung enthalten. Diese sind für das Grundstück des Klägers mit insgesamt 94,55 € berücksichtigt. Im Einzelnen ist nach einem Hektarsatz von 46,00 € ein Beitrag für eine nicht landwirtschaftliche Fläche in Höhe von 18,91 € festgesetzt worden. Darüber hinaus ist das Grundstück des Klägers als stark versiegelte Fläche eingestuft, wofür der vierfache Hektarsatz mit 184,00 € in Ansatz gebracht wurde, was bei der Fläche des Grundstücks des Klägers einen Betrag von 75,64 € ausmacht. Darüber hinaus hat der Beklagte einen Grundbeitrag von 14,15 €, einen allgemeinen Entwässerungsbeitrag von 0,41 € und einen Polderbeitrag in Höhe von 0,41 € festgesetzt.

5

Am 1. Juli 2008 hat der Kläger Klage gegen diesen Bescheid erhoben.

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Zur Begründung hat er ausgeführt, dem Bescheid fehle es bereits an einer ausreichenden Begründung. Es werde nicht näher dargelegt, dass die Flächen des Klägers überhaupt versiegelt seien und eine "Erschwernis NWG 4 x" aufwiesen. Warum überhaupt ein Erschwernisbeitrag erhoben werden könne, erschließe sich nicht. Die Einteilung von landwirtschaftlichen bzw. nicht landwirtschaftlichen Flächen sei nicht nachvollziehbar. Im Liegenschaftskataster seien zudem weder die tatsächliche Versiegelung noch die anderweitige Ableitung von Wasser berücksichtigt. Entsprechende örtliche Feststellungen seien nicht vorgenommen worden. Der Kläger leite kein Regenwasser in Anlagen des Verbandes ein. Dieses könne ungehindert versickern. Ein Großteil des Regenwassers werde zudem in einer Zisterne bzw. in Tonnen gesammelt. Im Übrigen habe der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen bei der Beitragserhebung nicht ausgeübt.

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Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 9. Juni 2008 aufzuheben,

hilfsweise,

den Bescheid insoweit aufzuheben, als er rechtswidrig ist.

8

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Aufgabe des Beklagten sei es unter anderem, Beiträge für den Unterhaltungsverband I. H. wegen der Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung aufzubringen. Die Mitglieder, und somit auch der Kläger, hätten dem Beklagten die Beiträge zu leisten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Haushaltsführung erforderlich seien. Die Beitragslast für die Aufbringung der Beiträge für den Unterhaltungsverband G. verteile sich auf die Mitglieder im Verhältnis der Flächeninhalte der zum Verband gehörenden Grundstücke. Die Beitragslast aus der Aufbringung der Erschwernisbeiträge für den Unterhaltungsverband verteile sich auf die Mitglieder nach der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG. Danach könne ein zusätzlicher Beitrag für Versiegelungen erhoben werden. Für eine versiegelte Fläche, die im Liegenschaftskataster mit einer der in der Anlage 6 angegebenen Bezeichnung und der entsprechenden Kennung eingetragen sei, werde ein zusätzlicher Beitrag zum normalen Flächenbeitrag mit dem angegebenen Mehrfachen des Hektarsatzes erhoben. Der Grundbesitz des Klägers sei im Liegenschaftskataster mit "Gebäude- und Freifläche" verzeichnet und unterliege damit dem vierfachen Hektarsatz als stärker versiegelte Fläche im Sinne der Anlage 6. Auf die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück des Klägers komme es dabei nicht an. Der Grundstückseigentümer müsse bei einer tatsächlich anderen Nutzungsart eine Berichtigung des Liegenschaftskatasters erwirken, um nicht mit dem angeforderten zusätzlichen Beitrag belastet zu werden. Diese Berichtigung habe allerdings nur Auswirkungen für zukünftige Beitragsbescheide.

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Mit Urteil vom 17. März 2010 - berichtigt durch Beschluss vom 17. März 2010 - hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 9. Juni 2008 aufgehoben, soweit darin ein als Grundbeitrag bezeichneter Betrag in Höhe von 14,15 € erhoben wird, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Für den erhobenen Grundbeitrag fehle es an der nach § 39 Abs. 1 VwVfG erforderlichen Begründung. Eine Heilung dieses Mangels im Sinne von§ 45 VwVfG sei nicht erfolgt. Im Übrigen sei der angefochtene Bescheid jedoch rechtsfehlerfrei. Der Beklagte habe die auf der Grundlage seiner Satzung und der beschlossenen Hebesätze anfallenden Beiträge rechnerisch ordnungsgemäß ermittelt. Insbesondere die Heranziehung zu Erschwernisbeiträgen sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche der zulässigen Entscheidung des Gesetzgebers in der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG, für bestimmte Fallgruppen im Hinblick auf den unterschiedlichen Grad der Versiegelung drei gestaffelte Beitragssätze vorzusehen. Die dabei vorgenommene Pauschalierung und Typisierung sei nicht zu beanstanden. Auch seien die Erhöhungssätze bewusst niedrig gewählt worden, um auf diese Weise dem naturgemäß meist unterschiedlichen Grad der Versiegelung innerhalb eines Grundstücks Rechnung zu tragen und die Pauschalierung auf diesem Wege abzumildern. Das dem Verband in Nr. 1.a der Anlage eingeräumte Ermessen beziehe sich nur auf die Möglichkeit, eine entsprechende Regelung über Erschwernisbeiträge in seiner Satzung zu verankern. Bestehe aber eine derartige Regelung, so sei er bei der konkreten Beitragserhebung an das normierte System der Beitragssätze gebunden. Auf den tatsächlichen Umfang der Versiegelung des Grundstücks komme es dabei grundsätzlich nicht an. Der Beitragspflichtige könne lediglich geltend machen, sein Grundstück sei überhaupt nicht versiegelt. Dafür sei im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich. Bei unrichtigen Eintragungen im Liegenschaftskataster obliege es dem Betroffenen, eine Berichtigung des Liegenschaftskataster zu beantragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.

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Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 7. April 2010 zugestellt wurde, hat dieser am 20. April 2010 Berufung eingelegt.

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Die Begründung des angefochtenen Bescheides genüge nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen des § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Insbesondere die Rechtsgrundlage der Beitragserhebung sei nur unvollständig angegeben worden. Der zugrunde gelegte Hebesatz ergebe sich nicht aus der Satzung, sondern aus einem Beschluss des beklagten Verbandes, der offensichtlich nicht korrekt zustandegekommen sei, da die Abstimmenden offensichtlich nicht über die beitragsmäßigen Grundlagen orientiert gewesen seien. Zudem falle eine Flächendifferenz von 146,538 ha auf. Auch sei zweifelhaft, ob der Beklagte angesichts des hohen Verwaltungskostenanteils die Beiträge lediglich für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben verwende. Das rückwirkende Inkraftsetzen der Satzungsänderung über die Erhebung der Erschwernisbeiträge zum 1. Januar 2008 verstoße gegen den Vertrauensschutzgedanken und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sich die Eigentümer nicht auf diese Änderung hätten einstellen und die Beitragslast ggf. durch Umschlüsselung der katastermäßigen Erfassung hätten verringern können. Angesichts der exorbitanten Erhöhung der Beitragssätze sei auch bei Annahme einer "unechten Rückwirkung" das Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand der bisherigen Beitragslast schutzwürdig. Eine entsprechende Kostensteigerung des beklagten Verbandes sei zudem nicht erkennbar. Dass die Flächen des Klägers überhaupt versiegelt seien und damit die Voraussetzungen für die Erhebung eines Erschwernisbeitrags erfüllten, habe der Beklagte nicht näher dargelegt. Der bloße Hinweis auf irgendwelche Katasterbezeichnungen sei nicht ausreichend. Es komme ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die im vorliegenden Fall nicht zutreffend gewürdigt worden seien. Die unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässigen Grenzen der Pauschalierung und Typisierung seien überschritten worden. Es sei auch nicht zutreffend, dass dem Beklagten kein Ermessen bei der Frage der Erhebung von Erschwernisbeiträgen zustehe.

13

Der Kläger beantragt,

den Beitragsbescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 unter entsprechender Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stade vom 17. März 2010 insgesamt aufzuheben,

hilfsweise,

zum Beweis der Tatsache, dass seine von der Beitragserhebung betroffenen Flächen in einem derartigen Umfang unversiegelt sind, dass sie im Sinne der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG, dort Ziff. 1 b einer vollständig unversiegelten Fläche praktisch gleichstehen,

die Einholung eines Sachverständigengutachtens und Einnahme eines Augescheins durch Vornahme eines Ortstermins.

14

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis sei nicht ersichtlich. Der Bescheid sei aus sich heraus verständlich. Zudem seien die Anforderungen an die inhaltliche Begründung aufgrund der Anzahl von jährlich ca. 3.050 Bescheiden schon von Gesetzes wegen nach§ 39 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG geringer einzustufen. Zudem habe der Beklagte bei Einführung der Erschwernisbeiträge mittels eines Info-Blattes informiert, das dem Beitragsbescheid beigelegen habe. Die Satzung greife nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein. Eine tatbestandliche Rückanknüpfung durch den Satzungsgeber sei anerkannt und nicht zu beanstanden. Bereits aus haushaltstechnischen Gründen sei es erforderlich, das jeweils abgelaufene Haushaltsjahr abzuwarten, um anschließend eine ordnungsgemäße Beschlussfassung über die neu festzusetzenden Hebesätze für das dann laufende Jahr zu ermöglichen. Die Erhebung von Erschwernisbeiträgen sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe die Vorgaben des § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG in die Verbandssatzung aufgenommen. Ihm stehe kein Ermessen zu, im Einzelfall von der Erhebung von Erschwernisbeiträgen abzusehen. Der Beklagte gebe nur das an seine Verbandsmitglieder weiter, was er selbst als Zwangsmitglied an den Unterhaltungsverband G. H. zahlen müsse. Den Ausführungen des Klägers zur fehlenden Möglichkeit von Typisierung und Pauschalierung könne nicht gefolgt werden. Eine genaue tatsächliche Erfassung der von einem Grundstück ausgehenden Erschwernisse sei nicht praktikabel und mit unangemessenem Aufwand verbunden. Im Übrigen habe der Kläger die Möglichkeit, das Liegenschaftskataster zu seinen Gunsten ändern zu lassen. Die in Nr. 1 Buchst b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 enthaltene Befreiungsmöglichkeit greife nur in den seltenen Fällen einer vollkommenen Kreislaufführung des Wassers ein. Die vom Kläger angeführte Flächendifferenz sei nicht nachvollziehbar. Die Beitragskalkulation erfolge aufgrund einer fachkundigen Prognose der Ausgaben für das jeweils kommende Haushaltsjahr, die sodann nach den in der Satzung enthaltenen Bemessungsfaktoren auf die Mitglieder umgelegt würden. Ohne die Erhebung der Erschwernisbeiträge fiele der Flächenbeitrag deutlich höher aus. Zudem käme es in diesem Falle zu Ungleichbehandlungen bei der Verteilung der Landeszuschüsse auf die einzelnen Unterhaltungsverbände, da die Landeszuschüsse entsprechend höher ausfallen müssten. Jeder Verband habe nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit aber alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht in dem hier noch streitgegenständlichen Umfang abgewiesen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Grundbeitrag von 14,15 € nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, da das Verwaltungsgericht den Beitragsbescheid des Beklagten vom 9. Juni 2008 insoweit aufgehoben hat. Im verbliebenen Umfang ist der angefochtene Beitragsbescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

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Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht schon wegen eines Begründungsmangels aufzuheben. Nach § 39 Abs. 1 VwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung soll die Beteiligten überzeugen oder aber ihnen die Gelegenheit geben, sich über mögliche Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung schlüssig zu werden und ihre Rechte damit wirksam zu wahren. Zu diesem Zweck muss nicht auf alle denkbaren oder im Verfahren angesprochenen, wohl aber auf alle für die Entscheidung wesentlichen Fragen eingegangen werden. Dabei muss der Bescheid für die Beteiligten aus sich heraus verständlich sein. Dies setzt bei einem Beitragsbescheid die Angabe der die Beitragshöhe bestimmenden Bemessungs- und Berechnungsgrundlagen voraus. Das ist im vorliegenden Fall geschehen. Es ist aber grundsätzlich auch die Rechtsgrundlage der Entscheidung anzugeben, da anderenfalls offenbliebe, auf welche Grundlage die Behörde ihre Entscheidung stützt. Im vorliegenden Fall reicht insoweit der Verweis auf die Verbandssatzung in der derzeit gültigen Fassung nicht aus, da sich aus dieser Satzung der Beitragssatz nicht ergibt, dieser vielmehr jährlich mit Beschluss des Verbandsausschusses festgelegt wird. Da dieser Beschluss für die Berechnung der tatsächlichen Beitragshöhe und die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblich und unerlässlich ist, ist er im Beitragsbescheid ebenfalls zu benennen. Ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Ausnahme von der Begründungspflicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG im vorliegenden Fall gegeben sind, kann offen bleiben, da der Begründungsmangel jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG durch die im Verwaltungsstreitverfahren nachgeholte Begründung geheilt worden ist. Insbesondere die rechtlichen Grundlagen der Beitragsberechnung sind im gerichtlichen Verfahren durch den Beklagten eindeutig benannt worden. Auf dieser Grundlage lässt sich die Berechnung des konkreten Beitrags ohne Weiteres nachvollziehen. Eine weitergehende Begründungspflicht besteht nicht. Insbesondere ist der Beklagte nicht gehalten, die Kalkulation der Beitragssätze im Rahmen des Bescheides darzustellen. Aus Rechtsschutzgründen reicht es aus, wenn diese im Rahmen eines sich anschließenden Verwaltungsstreitverfahrens offengelegt wird. Auch bedurfte es im vorliegenden Fall keiner Begründung einer Ermessensentscheidung, da dem Beklagten bei der Erhebung des konkreten Beitrags keinerlei Ermessensspielraum eingeräumt ist. Schließlich ist es unerheblich, ob die gegebene Begründung nach Auffassung des Klägers zutreffend ist, da § 39 Abs. 1 VwVfG keine zutreffende Begründung gewährleistet (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 39, Rdnr. 15).

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Der Beitragsbescheid ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Insbesondere beruht er auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Der Beklagte war zur Erhebung sogenannter "Erschwernisbeiträge" im Hinblick auf die für den Unterhaltungsverband G. H. aufzubringenden Beiträge berechtigt. Nach § 101 Abs. 3 Satz 4 des auf den vorliegenden Fall Anwendung findenden Niedersächsischen Wassergesetzes in der Fassung vom 25. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 345), aufgehoben durch Gesetz vom 18. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 64) (künftig NWG 2007; aktuell § 64 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Anlage 5 NWG) können neu gegründete Unterhaltungsverbände im Sinne des § 100 Abs. 2 NWG 2007 in ihrer Satzung über den reinen Flächenmaßstab hinaus zusätzliche Beiträge nach Maßgabe der Anlage 6 vorsehen. Dies gilt nach § 102 NWG 2007 (heute § 64 Abs. 6 NWG) auch für ausgedehnte sowie unverändert gebliebene Unterhaltungsverbände. Allerdings ist der Beklagte kein Unterhaltungsverband in diesem Sinne. Nach § 2 Nr. 10 seiner Satzung gehört es aber zu seinen Aufgaben, die Beiträge für den Unterhaltungsverband G. H. wegen der Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung aufzubringen. Materiell handelt es sich bei diesen Beiträge um solche, die einem Unterhaltungsverband im Sinne des § 101 NWG 2007 zustehen. Das rechtfertigt es, diese Beiträge als gleichsam durchlaufende Rechnungsposten den gleichen Regeln zu unterwerfen, unabhängig davon, wer sie tatsächlich erhebt. Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung der Mitglieder des Beklagten mit den unmittelbaren Mitgliedern des Unterhaltungsverbandes geboten, für deren Ungleichbehandlung im Hinblick auf die für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung anfallenden Kosten ein sachlicher Grund nicht ersichtlich ist. Da der Unterhaltungsverband H. seinerseits mit Wirkung zum 1. Januar 2008 beschlossen hatte, von seinen Mitgliedern - also auch dem Beklagten - Erschwernisbeiträge zu erheben, war das in § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 eingeräumte und gerichtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbare Rechtssetzungsermessen (vgl. dazu bereits VG Oldenburg, Urt. v. 21. April 2009 - 1 A 1120/08 -, [...], Rdnr. 39 f.) des Beklagten dahingehend reduziert, nunmehr ebenfalls zur Erhebung von Erschwernisbeiträgen überzugehen. Dem ist der Beklagte mit der rückwirkenden Änderung des § 34 Abs. 2 seiner Satzung nachgekommen, der in Satz 2 für die Bemessung der Erschwernisbeiträge auf die Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 verweist. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den Bereich des ihm eingeräumten Satzungsermessens überschritten oder sich bei dessen Ausübung von sachwidrigen Erwägungen hätte leiten lassen, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Es war darüber hinaus auch erklärtes Ziel des Landesgesetzgebers, mit der Schaffung des § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 zu einer rechtssicheren und landesweiten Vereinheitlichung der Erhebung von Erschwernisbeiträgen zu gelangen.

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Die Erhebung von Erschwernisbeiträgen war bereits auf der Grundlage der dem § 101 Abs. 3 Satz 2 NWG 2007 vorangegangenen Gesetzesfassungen zulässig. Danach konnten für Erschwernisse gleicher Art besondere Beiträge erhoben werden, die nach dem durchschnittlich verursachten Mehraufwand pauschal bestimmt werden (vgl. dazu Beschl. d. Senats v. 9. August 2004 - 13 LB 21/03 -; Nds. OVG, Urt. v. 26. August 1996 - 3 L 5612/93 -, NdsVBl 1997, 10). Die im Jahr 2007 durch die Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 eingeführte Anknüpfung an das Liegenschaftskataster verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot desArt. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu bereits ausführlich VG Oldenburg, Urt. v. 21. April 2009 - 1 A 1120/08 -, [...]; Haupt/Reffken/Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, § 101 Rdnr. 6, Loseblatt, Stand September 2009). Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Beschl v.4. April 2001 - 2 BvL 7/98 -, BVerfGE 103, 310 m.w.N.). Es ist dabei grundsätzlich Sache des Normgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Er muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4. April 2001, a.a.O. m.w.N.).

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Insbesondere im Abgabenrecht steht dem Normgeber bei der Wahl des Maßstabs der Abgabenberechnung ein weiter Ermessensspielraum zu. Es kann nicht gefordert werden, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird. Führt ein Maßstab im Allgemeinen zu einer gleichmäßigen Belastung der Beitragspflichtigen, so stellen Mehrbelastungen in Ausnahmefällen seine Rechtmäßigkeit nicht notwendig in Frage. Denn Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht und die Zahl der Ausnahmen gering ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30. April 2009 - 9 B 60.08 -, [...], Rdnr. 4; BVerwG, Beschl. v.19. September 2005 - 10 BN 2.05 -, [...], Rdnr. 8; jew. m.w.N.). So liegt der Fall hier.

22

Es kann nicht als gleichheitswidrig angesehen werden, wenn der Normgeber die Höhe der Erschwernisbeiträge nicht an die tatsächlich vorhandene versiegelte Fläche, sondern an die Eintragung der tatsächlichen Nutzung einer Grundstücksfläche im Liegenschaftskataster knüpft. Es trifft zwar zu, dass gleich große, aber unterschiedlich stark versiegelte Flächen, die mit der gleichen Nutzungskennung im Liegenschaftskataster versehen sind, in gleicher Höhe zu Erschwernisbeiträgen herangezogen werden, obwohl sie aufgrund der unterschiedlich starken Versiegelung auch in unterschiedlichem Maße die den Wasser- und Bodenverbänden obliegende Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung erschweren. Dies führt jedoch nicht dazu, dass es dem Normgeber verwehrt wäre, im Interesse einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der Regelungen eine generalisierende und pauschalierende Regelung zu schaffen. Dies gilt um so mehr, als sich die jährlichen Beitragsleistungen auch bei stärkerer Versiegelung der Fläche in einem überschaubaren Rahmen bewegen, die Pauschalierung mithin keinen unzumutbaren Grundrechtseingriff darstellt.

23

Die gesetzlich vorgesehene Typisierung von Erschwernissen führt zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung, indem die Bemessungsgrundlagen der Erschwernisbeiträge den bereits vorhandenen Eintragungen des Liegenschaftskatasters entnommen werden können. Ein Beitragssystem, das die von einem Grundstück tatsächlich ausgehenden Erschwernisse beitragsrechtlich genau erfassen und anhand der Beitragshöhe exakt widerspiegeln soll, wäre demgegenüber nur mit einem erheblich höheren Aufwand durchführbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der weitaus überwiegende Teil der Flächen im jeweiligen Verbandsgebiet nur teilweise und in unterschiedlichem Maße versiegelt ist. Die Ermittlung der tatsächlichen Versiegelungen auf jedem beitragspflichtigen Grundstück wäre für die Unterhaltungsverbände mit hohen Kosten verbunden, die letztlich auf die Mitglieder umgelegt werden müssten. Darüber hinaus kommt es für das exakte Maß der Unterhaltungserschwernis durch Versiegelungen nicht nur auf die Größe der vorhandenen versiegelten Fläche an, sondern u.a. auch auf die konkrete Art und Dichte der Versiegelung, die jeweilige Bodenbeschaffenheit, die Anordnung der einzelnen Versiegelungen auf dem Gesamtgrundstück, die Lage des beitragspflichtigen Grundstücks zu dem zu unterhaltenen Gewässer und schließlich auch auf eventuelle Geländeneigungen des Grundstücks mit seinen versiegelten Flächen. Auch die genaue Ermittlung der versiegelten Flächen näherte sich als Maßstab der tatsächlichen Erschwernis mithin lediglich an.

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Auf der anderen Seite entspricht der Rückgriff auf die Eintragungen im Liegenschaftskataster deutlicher dem Verursacherprinzip und trägt der unterschiedlichen Gewichtung, mit der die Flächen zur Kostenverursachung bei der Unterhaltung beitragen, in höherem Maße Rechnung, als dies im Hinblick auf den allgemein anerkannten Flächenmaßstab (vgl. dazu zuletzt Beschl. d. Senats v.17. Februar 2012 - 13 LA 185/11 -, [...]) der Fall ist (vgl. LTDrs. 15/3245 S. 15). Dem Liegenschaftskataster können aufgrund seiner Angaben über die tatsächliche Nutzung Anhaltspunkte über die typische Art und Dichte der Versiegelung eines Grundstücks entnommen werden. Zwar sind im Liegenschaftskataster nicht die tatsächlichen Flächengrößen der auf einem Grundstück vorhandenen Versiegelungen eingetragen. Jedoch lässt die Eintragung der tatsächlichen Nutzung Rückschlüsse auf die Zweckbestimmung und den tatsächlichen Zustand eines Grundstücks zu, die typischerweise mit einer bestimmten Art und Dichte der Bebauung oder sonstigen Versiegelungsart verbunden sind. Im Liegenschaftskataster werden Flächen gleichartiger Bodenbedeckung, gleichen Bewuchses oder vergleichbarer Bebauung oder Zweckbestimmung, soweit sie topografisch oder funktional bedeutsam sind, als tatsächliche Nutzungen geführt. Aufgrund des ausdifferenzierten Erfassungssystems der tatsächlichen Nutzung im Liegenschaftskataster wird ersichtlich, dass mit der Zuordnung eines Grundstücks zu einer tatsächlichen Nutzungsart im Sinne des Liegenschaftskatasters auch Angaben darüber gemacht werden können, zu welchem Anteil und in welcher Art ein derart genutztes Grundstück ungefähr und typischerweise versiegelt ist. Genauere und ebenso zuverlässige Angaben über die verschiedenen Grundstücksnutzungen, aus denen der Versiegelungsgrad besser abgeleitet werden könnte als die des Liegenschaftskatasters existieren nicht, so dass eine ebenso einfache und praktikable - und damit auch kostengünstige -, aber exaktere Beitragserhebung nach dem jeweiligen Versiegelungsgrad derzeit nicht möglich ist. Dem Umstand, dass den Angaben der tatsächlichen Nutzungsart keine exakten und absoluten Werte über den Versiegelungsgrad eines Grundstücks entnommen werden können und viele Grundstück nicht nur über versiegelte, sondern auch über unterschiedlich große unversiegelte Teilflächen verfügen, ist in der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 durch eine zurückhaltende Multiplikation der Hebesätze für Erschwernisse Rechnung getragen worden. Die Einstufung in leicht, mitteldicht und stark versiegelte Flächen berücksichtigt die von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. ermittelten mittleren Abflussbeiwerte für versiegelte Flächen. So liegt der durchschnittliche Abflussbeiwert für Dächer aller Art bei 0,8, für Straßen bei 0,35 und bei Gärten und Kulturland bei 0,1. (LTDrs. 15/3245 S. 35; zu den vergleichbaren Werten der Abwassertechnischen Vereinigung vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 21. April 2009, [...], Rdnr. 60). Im Vergleich zu den genannten Abflussbeiwerten und den Festlegungen der Vorläufigen Richtlinie für die Ermittlung des Beitragsverhältnisses in Unterhaltungsverbänden vom 2. Dezember 1961, die vor der Einführung der Regelungen der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 für viele Unterhaltungsverbände Grundlage der Bemessung von Erschwernisbeiträgen waren, beruht die Erfassung der Flächen und die Festsetzung der dazu gehörigen Faktoren auf einer zurückhaltenden Einschätzung der aufgrund der Versiegelung hervorgerufenen Erschwernisse. Darauf hat die Landesregierung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich hingewiesen (LTDrs. 15/3245 S. 36). Durch diese zurückhaltende Erhöhung der Beitragssätze wird bereits berücksichtigt, dass ein nach der Eintragung ins Liegenschaftskataster als versiegelt einzustufendes Flurstück diese Versiegelung in der Regel nicht auf seiner ganzen Fläche aufweist. Diese unter dem genannten Aspekt gerechtfertigte Mischkalkulation mildert die pauschalierende Einordnung des betreffenden Flurstücks - wiederum pauschal durch den geringeren Anstieg des Beitragssatzes - deutlich ab und nähert sich auf diesem Wege den tatsächlich hervorgerufenen Erschwernissen an. Darüber hinaus sieht Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 Ausnahmeregelungen für den Fall des Nachweises einer vollständig fehlenden Versiegelung der herangezogenen Fläche oder der Nutzung des Niederschlagswassers auf der versiegelten Fläche vor.

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Weitere Korrekturmöglichkeiten liegen in der Hand des beitragspflichtigen Eigentümers. So kann dieser die Berichtigung des Liegenschaftskatasters anregen (vgl. § 3 Abs. 3 NVermG) Darauf hat die Landesregierung bereits im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen (LTDrs. 15/3245, S. 35). Auf diese Weise ist nach der vom Senat eingeholten Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 4. Juni 2012 auch die Bildung von Flurstücksabschnitten im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung möglich, sofern sie für den örtlichen Gesamteindruck von Bedeutung und ihre Flächen i.d.R. mindestens 1.000 m2 groß sind. Im Fall einer sich nach diesen Kriterien ergebenden Unrichtigkeit berichtigt das zuständige Katasteramt die Eintragung der tatsächlichen Nutzung von Amts wegen und kostenfrei. Darüber hinaus kann der jeweilige Eigentümer auch die kostenpflichtige Teilung (Zerlegung oder Sonderung) seines Flurstücks beantragen und auf diese Weise die einem erhöhten Beitragssatz unterliegende Fläche reduzieren.

26

Die Einführung der Erschwernisbeiträge ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig, weil mit der aus der Neuerung oftmals resultierenden Beitragserhöhung für den einzelnen Beitragspflichtigen keine Mehrleistung durch die Beklagte im Sinne eines erhöhten Vorteils einhergeht. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob dem Beitrag eine Gegenleistung des Verbandes zugunsten des Klägers gegenübersteht. Die niedersächsischen Unterhaltungsverbände sind keine öffentlichen Einrichtungen, die ihren Mitgliedern besondere Vorteile gewähren, sondern Lastengemeinschaften zur gemeinsamen Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltungspflicht. Von den Mitgliedern des Unterhaltungsverbandes geforderte Leistungen sind der Unterhaltungslast des § 40 WHG (§ 29 WHG a.F.) entsprechende Verbandslasten. Eine solche Verbandslast bedarf ungeachtet ihrer Bezeichnung als Beitrag zu ihrer Rechtfertigung nicht des Nachweises eines ihr äquivalenten Vorteils; sie ist vielmehr - wie im Verbandsrecht allgemein - die selbstverständliche Folge einer gesetzlich angeordneten Pflichtmitgliedschaft der davon betroffenen Grundstückseigentümer in einem öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsverband (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Mai 1973 - IV C 33.70 -, BVerwGE 42, 222; Urt. d. Senats v. 14. November 2007 - 13 LB 13/03, NuR 2008, 43). Die Zulässigkeit einer Beitrags- bzw. Verbandslastenerhöhung ist aus diesem Grunde ebenfalls nicht an eine adäquat gesteigerte Vorteilswirkung im Einzelfall geknüpft.

27

Eine unzulässige Rückwirkung kann in der rückwirkenden Inkraftsetzung der Satzungsänderung zum 1. Januar 2008 nicht gesehen werden. Allerdings müssen vom Gesetzgeber rückwirkend in Kraft gesetzte belastende Normen - namentlich solche, die eine öffentliche Leistungspflicht anordnen -, rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Neben dem Rechtsstaatsgebot begrenzen - soweit einschlägig - auch die Grundrechte die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u.a. - [...], Rdnr. 75 m.w.N.), auch wenn das Grundgesetz - mit Ausnahme des für Strafgesetze geltenden Art. 103 Abs. 2 GG - insofern keine ausdrückliche Regelung getroffen hat.

28

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet eine Rechtsnorm eine - grundsätzlich unzulässige - "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"), wenn also der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BVerfG, Entscheidungen vom 14. November 1961 - 2 BvL 15/59 - BVerfGE 13, 206, 212 und vom 5. Juli 1972 - 2 BvL 6/66 u.a. - BVerfGE 33, 265, 293; Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; Beschlüsse vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - [...], Rdnr. 67 und vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u.a. - [...], Rdnr. 71 jeweils m.w.N.). Auch in diesem Fall tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvR 3140/06 - NVwZ-RR 2007, 433 = [...], Rdnr. 29 m.w.N.). Davon ist unter anderem dann auszugehen, wenn der Betroffene schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen war, nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte (vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64, 86 f. = [...], Rdnr. 110 m.w.N. und vom 21. Juli 2010 a.a.O. Rdnr. 75 m.w.N.), wenn sich also kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts für vergangene Zeiträume bilden konnte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom25. Mai 1993 - 1 BvR 1509/91, 1 BvR 1648/91 - BVerfGE 88, 384, 404 und vom 15. Oktober 1996 a.a.O.; Urteil vom 23. November 1999 a.a.O.; Beschluss vom 27. Februar 2007 a.a.O.), etwa weil die Rechtslage unklar war (vgl. u.a. Entscheidung vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 272 und Beschluss vom 21. Juli 2010 a.a.O. Rdnr. 75). Ferner kommt Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Gebot der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 a.a.O. unter Hinweis auf die Entscheidung vom 19. Dezember 1961 a.a.O.; den Beschluss vom 25. Mai 1993 a.a.O. und das Urteil vom 23. November 1999 a.a.O.). Dasselbe gilt, wenn durch die Rückwirkung nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht würde (vgl. BVerfG, Entscheidungen vom 19. Dezember 1961 a.a.O.; vom23. März 1971 - 2 BvL 2/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, [BVerfG 23.03.1971 - 2 BvL 2/66] 387 ff. und Beschluss vom 25. Mai 1993 a.a.O.).

29

Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor (vgl.BVerfG, Urteil vom 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 - BVerfGE 63, 343, 356; Beschlüsse vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 242 f. = [...], Rdnr. 130, vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67, 78 f. [BVerfG 03.12.1997 - 2 BvR 882/97] = [...], Rdnr. 49 und vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 u.a. - BVerfGE 105, 17, 37 f.). Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Gesetz für die Zukunft Rechtsfolgen an ein Ereignis knüpft, das in der Vergangenheit liegt. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den demokratisch gewählten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen in seiner Gestaltungsbefugnis lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung zum Beispiel im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. März 1983 a.a.O., 357; Beschluss vom 5. Februar 2002 a.a.O., 40; Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258, 301). Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abwägen (vgl. u.a. BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 a.a.O., 300 m.w.N.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706/08 u.a. - BVerfGE 123, 186, 257 m.w.N.). Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - [...], Rdnr. 69 m.w.N.).

30

Nach diesen Grundsätzen ist in der rückwirkenden Inkraftsetzung der Änderung der Regelung in § 34 Abs. 2 der Verbandssatzung über die Erhebung von Erschwernisbeiträgen zum 1. Januar keine unzulässige Rückwirkung erkennbar. Es handelt sich insoweit um eine "tatbestandliche Rückanknüpfung" oder "unechte Rückwirkung". Zwar ist nach § 36 Abs. 1 Satz 2 der Verbandssatzung Stichtag für die Bemessungsgrundlage der 1. Januar des betreffenden Haushaltsjahres. Die Beitragspflicht entsteht indes erst mit Festlegung des Beitragssatzes. Dieser ist in der Verbandssatzung jedoch nicht enthalten, sondern für das Jahr 2008 vom Verbandsausschuss in seiner Sitzung vom 22. April 2008 zeitgleich mit der Änderung des § 34 Abs. 2 der Verbandssatzung beschlossen worden. Ein nachträglicher Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Beitragstatbestand kann in dieser Satzungsänderung mithin nicht gesehen werden. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg ein schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf die Fortgeltung der alten Rechtslage geltend machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die vorhergehende Fassung des § 34 Abs. 2 Satz 2 der Verbandssatzung die Möglichkeit der Erhebung von Erschwernisbeiträgen vorsah. Der Kläger musste aus diesem Grunde auch schon in den vorausgehenden Jahren damit rechnen, dass der Beklagte von der Anwendung des reinen Flächenmaßstabs abrückte und diesen um die Erhebung von Erschwernisbeiträgen modifizierte. Auf der anderen Seite bestehen vorrangige Interessen an einer für das bereits laufende Haushaltsjahr geltenden Änderung des Beitragsmaßstabs. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach § 2 Nr. 10 seiner Satzung die Aufbringung der Beiträge für den Unterhaltungsverband G. H. zu den Aufgaben des beklagten Verbandes gehört. Führt dieser Unterhaltungsverband unter Anwendung des § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 aber - wie im vorliegenden Fall - für das laufende Haushaltsjahr Erschwernisbeiträge ein, so ist es unter Praktikabilitäts- aber auch Gleichbehandlungsgesichtspunkten im Hinblick auf die übrigen dem Unterhaltungsverband angehörenden Mitglieder geboten, die Erhebung dieser letztlich abzuführenden Beiträge den gleichen Regeln zu unterwerfen. Auch im Hinblick auf die geringe Höhe der Beitragsforderung kann dem Kläger die rückwirkende Änderung des Erhebungsmaßstabs letztlich zugemutet werden.

31

Gegen die Höhe des für das Haushaltsjahr 2008 festgesetzten Beitragssatzes sind durchgreifende Bedenken nicht ersichtlich. Sie wurden aus dem Haushaltsplan für dieses Jahr ermittelt. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang für das Jahr 2010 berechnete Flächendifferenz von mehr als 146 ha ist nicht nahvollziehbar dargelegt worden und betrifft überdies nicht das Beitragsjahr 2008. Die Flächendifferenzen zwischen den unterschiedlichen Beitragsjahren erklären sich demgegenüber durch die fortlaufende Vermessung, die dem Beklagten vom zuständigen Katasteramt jährlich aktuell übermittelt wird. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte die eingenommenen Beiträge nicht zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben verwendet. Bloße Vermutungen ins Blaue hinein reichen in diesem Zusammenhang nicht aus. Auch eine Unangemessenheit der Verwaltungskosten ist schon aufgrund der äußerst sparsamen personellen Ausstattung des beklagten Entwässerungsverbandes nicht erkennbar.

32

Der Kläger kann auch keine der Ausnahmeregelungen der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 für sich beanspruchen.

33

Danach wird der Erschwernisbeitrag auf Antrag der beitragspflichtigen Person nicht erhoben, wenn diese nachweist, dass die betroffene Fläche vollständig unversiegelt ist (Satz 1). Das ist aufgrund der teilweisen Bebauung der Fläche erkennbar nicht der Fall. Der Senat sieht sich auch nicht aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrages veranlasst, über die Frage Beweis zu erheben, ob die betroffenen Flächen in einem derartigen Umfang unversiegelt sind, dass sie einer unversiegelten Fläche im Sinne dieser Ausnahmevorschrift praktisch gleichstehen. Die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ist bereits unerheblich, da sie eine unzutreffende Auslegung der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 voraussetzt. Sowohl der eindeutige Wortlaut ("vollständig") als auch der Charakter dieser Bestimmung als eng auszulegende Ausnahmevorschrift lassen eine Annahme "praktisch gleichstehender" Flächen nicht zu. Unabhängig von der Willkürlichkeit einer derartigen Abgrenzung steht dem auch der erklärte Wille des Gesetzgebers entgegen, demzufolge die beitragspflichtige Person gegenüber dem Verband lediglich den Nachweis erbringen kann, dass eine Fläche vollständig nicht als eine der in Nummer 1 Buchst. a) der Anlage 6 bezeichneten Fläche zu qualifizieren ist. In diesem Fall soll ein zusätzlicher Beitrag nicht erhoben werden. In allen anderen Fällen (geringere oder andere Versiegelung als im Liegenschaftskataster) habe eine Beitragserhebung zu erfolgen. Der Betroffene habe die Berichtigung des Liegenschaftskatasters zu beantragen (vgl. LTDrs.15/3245, S. 36).

34

Der Beitrag wird nach dieser Vorschrift zudem nicht oder nur teilweise erhoben, soweit das Niederschlagswasser auf den versiegelten Flächen genutzt wird (Satz 2). Auch diese Voraussetzung erfüllen die Flächen des Klägers trotz der behaupteten weitgehenden Sammlung des Regenwassers in einer Zisterne bzw. in Tonnen nicht. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs geht hervor, dass eine Privilegierung schlichter Rückhaltemaßnahmen nicht beabsichtigt war, da derartige Maßnahmen lediglich zu einer verzögerten Wasserabgabe und damit letztlich doch der Inanspruchnahme der Verbandsgewässer durch Versickerung oder sonstigen Abfluss führen (vgl. LTDrs.15/3245, S. 36). Allerdings hat der Umweltausschuss die Regelung des ursprünglich nicht vorgesehenen Satzes 2 der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 hinzugefügt. Damit sollte im Hinblick auf die durchgeführte Anhörung den Fällen Rechnung getragen werden, in denen das Niederschlagswasser aufgefangen und genutzt werde und daher nicht zu einer Erschwernis der Unterhaltung der Gewässer führe. Die beitragspflichtige Person habe den entsprechenden Nachweis zu erbringen (vgl. LTDrs.15/3721, S. 30;15/3758, S. 15). Diese Ausnahmevorschrift ist vor dem Hintergrund der mit der Neuregelung beabsichtigten Rechtssicherheit und Verwaltungsvereinfachung indes eng auszulegen. Eine Berücksichtigung jedweder Wassersammeleinrichtung konterkarierte diese Ziele, da in diesem Fall die Auswirkung einer jeden Rückhalteeinrichtung auf den Wassereintrag des jeweiligen Grundstücks individuell ermittelt werden müsste. Dafür wäre auch eine genaue Ermittlung des Umfangs und des Grades der Versiegelung sowie der dadurch hervorgerufenen Erschwernis auf den betroffenen Grundstücken erforderlich. Gerade dies sollte im Sinne einer Senkung des auf die Verbandsmitglieder umzulegenden Verwaltungsaufwands durch die vorliegende Regelung aber gerade verhindert werden. Es ist auch sachlich nicht zwingend geboten, versiegelte Flächen, die das auf ihnen anfallende Wasser lediglich verzögert an die Verbandsgewässer abgeben, wie unversiegelte Flächen zu behandeln, da Rückhaltemaßnahmen wie Zisternen und Regentonnen regelmäßig nicht auf mittlere und starke Regenereignisse zugeschnitten sind, die gerade zu einer erheblichen Beanspruchung der verbandlichen Entwässerungseinrichtungen führen. Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, die Ausnahmeregelung des Satzes 2 der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 letztlich nur auf die vom Beklagten skizzierten Fälle anzuwenden, bei denen auf versiegelten Teilflächen konzeptionell eine "geschlossene Kreislaufführung" des aufgefangenen Regenwassers stattfindet, wie es etwa bei einer entsprechenden technischen Ausgestaltung von Gewächshäusern in Gartenbaubetrieben der Fall sein kann. Aufgrund der gebotenen engen Auslegung der Ausnahmevorschrift des Satzes 2 der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 ist mit einer Nutzung des Regenwassers "auf den versiegelten Flächen" nach Auffassung des Senats nämlich nicht etwa die Verwendung auf einem beliebigen Teil der jeweils zu veranlagenden Gesamtflächen im beitragsrechtlichen Sinne gemeint, sondern nur diejenige auf den tatsächlich versiegelten Teilflächen. Zwar lässt der Wortlaut der Ausnahmebestimmung im Ansatz beide Sichtweisen zu; ein Verständnis, dass eine beitragsmindernde oder -ausschließende Nutzung auch auf den nicht versiegelten Teilflächen zuließe, würde allerdings das die Beitragssystematik beherrschende flächenbezogene Pauschalierungsprinzip schon im Ausgangspunkt in systemwidriger und widersprüchlicher Weise konterkarieren. Ein solches Normverständnis verbietet sich schon deshalb.

35

Abgesehen davon kann nur das vom Senat befürwortete Normverständnis des Satzes 2 der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 gewährleisten, dass es bei der Ermittlung einer Minderung des an sich anfallenden Erschwernisbeitrags nicht auf kaum praktikable und unzuverlässige Wassermengenmessungen der gesamten auf das Grundstück entfallenden Niederschlagsmenge einerseits und des davon wiederum genutzten Anteils andererseits ankommt, sondern es bei einer rein flächenmäßigen Betrachtung bleibt. Eine "teilweise [Erhebung], soweit das Niederschlagswasser auf den versiegelten Flächen genutzt wird" i. S. d. genannten Ausnahmeregelung betrifft dann konsequenterweise auch nicht etwa die Situation, dass Niederschlagswasser nach dem Nutzungskonzept auf der tatsächlich versiegelten Teilfläche nur zum Teil verwendet wird, der Rest aber doch ungenutzt (unmittelbar oder mittelbar im Sinne einer verzögerten Abgabe) in das Verbandsgewässer gelangt, sondern nur diejenige, in der auf einer zusammenhängenden größeren tatsächlich versiegelten Fläche nur auf einem kleineren Teil derselben ein Konzept der vollständigen Nutzung verfolgt wird (Bsp.: Ein Gewächshaus mit einer "geschlossenen Kreislaufführung" ist von einer größeren gepflasterten Fläche umgeben, wobei von Letzterer das Wasser in unversiegelte Teilflächen abläuft).

36

Die vom Gesetzgeber nach dem dargestellten Normverständnis des Satzes 2 der Nr. 1 Buchst. b) der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 angelegte Privilegierung von bestimmten Nutzungskonzepten auf versiegelten Flächen, die man als "Gewächshausprivileg" bezeichnen könnte, führt auch nicht etwa zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Grundstückseigentümern, die Niederschlagswasser in Regentonnen oder Zisternen etwa für die Gartenbewässerung sammeln und denen die Privilegierung nicht zugute kommt. Die Fallgruppen unterscheiden sich vielmehr so erheblich, dass die Vorenthaltung der Privilegierung insoweit ohne weiteres als gerechtfertigt erscheint. Nur bei den privilegierten Nutzungskonzepten ist im Ausgangspunkt hinreichend gewährleistet, dass es nicht doch zu einer bloß verzögerten Abgabe des Niederschlagswassers über nicht versiegelte Teilflächen kommt.

37

Dem Beklagten stand bei der Erhebung der Beiträge auch kein Ermessen zu, im Einzelfall von den Regelungen der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 abzuweichen. Denn mit der Entscheidung für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen nach Maßgabe der Anlage 6 hat sich der Beklagte für seine gesamte Beitragserhebung an das gesetzlich vorgegebene System gebunden. Infolgedessen kann er nicht in Einzelfällen von der Erhebung der Erschwernisbeiträge absehen, obwohl die abzurechnende Fläche im Liegenschaftskataster mit einer der in Anlage 6 genannten Kennung versehen ist. Der Wortlaut der Nr. 1 a der Anlage 6 zum NWG ("Für eine versiegelte Fläche ... kann ... ein zusätzlicher Beitrag ... erhoben werden") ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die Wasser- und Bodenverbände in jedem einzelnen Fall die Wahlmöglichkeit haben sollen, Erschwernisbeiträge abzurechnen, oder nicht. Ein derartiges Wahlrecht, das auf einer Beitragserhebung nach Ermessen hinausliefe, konnte sich der Beklagte auch nicht auf satzungsrechtlicher Grundlage schaffen. Ein solches Vorgehen wäre willkürlich und widerspräche dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und Gleichheit der Abgabenerhebung. Eine derartige Regelung würde zudem den Sinn des wassergesetzlich vorgesehenen Systems, das eine rechtssichere und landesweite Vereinheitlichung von Erschwernisbeiträgen bezweckt, verkennen. Mit der satzungsrechtlichen Entscheidung für die Erhebung von Erschwernisbeiträgen nach der Anlage 6 zu § 101 Abs. 3 Satz 4 NWG 2007 ist das Wahlrecht des Beklagten erschöpft. Die konkrete Beitragsberechnung hat sich nach den gesetzlich vorgegebenen Regelungen zu richten.