Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.08.2017, Az.: 10 ME 65/17

Aufsichtsbehörde; Deichverband; Ersatzvornahme; Neuwahl; Vorstand; Vorstandswahl; Wasser- und Bodenverband; Wasserverband; Wiederholung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.08.2017
Aktenzeichen
10 ME 65/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53979
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.07.2017 - AZ: 6 B 84/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Anweisung der Aufsichtsbehörde, eine turnusmäßig anstehende Vorstandswahl durchzuführen, kann nicht mit der Anweisung, eine bereits erfolgte Vorstandswahl zu wiederholen, gleichgesetzt werden.

2. Die Anweisung zur Wiederholung einer bereits durchgeführten Vorstandswahl setzt die Nichtigkeit bzw. zumindest die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens voraus und muss zur Wahrung der wehrfähigen Rechtsposition der (formal) gewählten Vorstandsmitglieder auch diesen gegenüber ergehen.

3. Das erforderliche besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Anweisung zur Wiederholung einer Vorstandswahl im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO wird regelmäßig fehlen.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer - vom 13. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit der Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg, mit dem ihm vorläufig die Ladung zu einer Sitzung des Verbandausschusses des Antragstellers zur Neuwahl des Vorstands untersagt worden ist.

Der Antragsteller ist ein Deichverband nach dem Niedersächsischen Deichgesetz mit Sitz in A. im Landkreis Heidekreis, dem Antragsgegner.

Gemäß § 10 der Satzung des Antragstellers sind der Verbandsausschuss und der Vorstand Organe des Antragstellers. Der Vorstand wird durch den Verbandsausschuss (§ 17 Abs. 1 der Satzung), die Mitglieder des Verbandsausschusses wiederum durch die Verbandsmitglieder (§ 12 Abs. 2 der Satzung) gewählt. Gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung wird der Verbandsausschuss für fünf Jahre gewählt. Nach Ablauf der Amtszeit bleiben die ausscheidenden Mitglieder jedoch bis zum Eintritt der neuen Mitglieder im Amt (§ 15 Abs. 3 der Satzung). Entsprechend bestimmt § 18 der Satzung, dass auch die Vorstandsmitglieder für eine Amtsperiode von fünf Jahren gewählt werden, jedoch die ausscheidenden Mitglieder bis zur Wahl der neuen Vorstandsmitglieder im Amt bleiben.

Am 8. Mai 2015 wurde durch den Verband ein neuer Verbandsausschuss gewählt. Die ursprünglich für den 9. Mai 2016 nach Ablauf der Amtszeit vorgesehene Neuwahl des Vorstands setzte der Antragsgegner ab. Durch den Antragsteller war dem Antragsgegner der Verdacht von Unregelmäßigkeiten angezeigt worden, die, wenn sich der Verdacht bestätigt hätte, nach Auffassung des Antragsgegners eine Neuwahl des Verbandsausschusses erforderlich gemacht hätten.

Nachdem der Antragsgegner den Verdacht als nicht bestätigt ansah, wies er den Antragsteller mit Bescheid vom 29. Mai 2017 an, die Verbandsausschussmitglieder bis spätestens zum 30. Juni 2017 zur Wahl eines neuen Vorstandes zu laden (Ziffer 1). Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung dieser Anordnung an (Ziffer 2) und drohte an, für den Fall der nicht fristgerechten Ausführung die Ausschussmitglieder zur Neuwahl des Vorstandes im Wege der Ersatzvornahme einzuladen (Ziffer 3).

Der Antragsteller lud daraufhin die Verbandsmitglieder für den 22. Juni 2017 zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein. Die Beteiligten streiten darüber, ob alle Mitglieder des Verbands ordnungsgemäß eingeladen wurden. Während der Mitgliederversammlung am 22. Juni 2017 gaben einige Mitglieder zu Protokoll, sie hätten keine schriftliche Einladung erhalten. Die Mehrheit der Mitgliederversammlung sprach sich sodann für eine Neuwahl des Verbandsausschusses aus, die im Anschluss erfolgte.

Der Verbandsvorsteher Herr Dr.  B. bzw. sein Stellvertreter händigte sodann den neugewählten Ausschussmitgliedern die Einladungsschreiben zur ersten Sitzung für den 29. Juni 2017 aus.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2017, der den in der Sitzung am 22. Juni 2017 gewählten Ausschussmitgliedern am gleichen Tage zugestellt wurde, stellte der Antragsgegner die Unwirksamkeit der Wahl des Verbandsausschusses vom 22. Juni 2017 fest und untersagte unter Anordnung des Sofortvollzugs eine Neuwahl des Vorstands und des Verbandsvorstehers durch den am 22. Juni 2017 gewählten Ausschuss. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 29. Juni 2017 Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhoben, über die bislang noch nicht entschieden worden ist (6 A 354/17). Über den noch am 29. Juni 2017 beim Verwaltungsgericht Lüneburg gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage/des Widerspruchs gegen den Bescheid wiederherzustellen, erging vor der anberaumten Ausschusssitzung keine Entscheidung des Gerichts mehr. Dennoch führte der neu gewählte Ausschuss die geplanten Wahlen am 29. Juni 2017 durch. Die bisherigen Mitglieder des Vorstands wurden erneut in den Vorstand gewählt und der bisherige Verbandsvorsitzende sowie der stellvertretende Verbandsvorsitzende in ihren bisherigen Ämtern bestätigt.

Der Antragsgegner hält die Wahl des Verbandsausschusses am 22. Juni 2017 für rechtswidrig und ist der Ansicht, der Verbandsausschuss bestehe nach wie vor aus den am 8. Mai 2015 gewählten Mitgliedern. Er lud diese seinerzeit gewählten Ausschussmitglieder daraufhin mit Schreiben vom 3. Juli 2017 zu einer Ausschusssitzung am 13. Juli 2017 ein und beraumte für diese Sitzung die Neuwahl des Vorstands, des Verbandsvorstehers und des stellvertretenen Verbandsvorstehers an.

Auf Antrag des Antragstellers vom 6. Juli 2017 hat das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Beschluss vom 13. Juli 2017 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren 6 A 354/17 im Wege der Ersatzvornahme eine Ausschusssitzung des Antragstellers mit dem Ziel der Wahl eines neuen Vorstands einzuberufen (6 B 84/17). Diese Anordnung hat das Gericht damit begründet, dass es für die Entscheidung maßgeblich darauf ankomme, ob der Antragsteller der im Bescheid vom 29. Mai 2017 ausgesprochenen Verpflichtung zur Ladung zu einer Ausschusssitzung mit dem Ziel der Neuwahl eines Vorstands nachgekommen sei. Davon sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszugehen. Die Wahlen eines Repräsentativorgans könnten im Interesse der Rechtssicherheit und des Schutzes der Funktionsfähigkeit der betroffenen Institution auch beim Vorliegen von Mängeln in der Regel nicht ohne Weiteres als unwirksam behandelt werden. Auch dann, wenn das einschlägige Recht kein förmliches Wahlprüfungsverfahren vorsehe, habe eine mangelbehaftete Wahl zunächst Bestand. Etwas Anderes könne nur im Fall einer Nichtwahl gelten, deren Unwirksamkeit sich einem Betrachter förmlich aufdränge. Derartige Mängel lägen indes nicht vor. Der Antragsteller sei dem Vortrag des Antragsgegners, weder die Ladung zur Mitgliederversammlung am 22. Juni 2017 noch die Ladung zur Ausschusssitzung am 29. Juni 2017 sei ordnungsgemäß erfolgt, substantiiert entgegen getreten. Eine endgültige Klärung müsse dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben. Die Durchführung einer erneuten Vorstandswahl berge bei einer gebotenen Folgenabwägung hingegen die Gefahr, dass dann nicht nur „zwei Verbandsausschüsse“ existieren würden (nämlich der im Jahr 2015 und der am 22. Juni 2017 gewählte), sondern auch „zwei Vorstände“.

Die vom Antragsgegner anberaumte Neuwahl des Vorstands am 13. Juli 2017 wurde daraufhin nicht durchgeführt.

Gegen diesen Beschluss, der dem Antragsgegner am 13. Juli 2017 zugestellt wurde, richtet sich die am 18. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht Lüneburg eingegangene Beschwerde des Antragsgegners, die er mit Schriftsatz vom 9. August 2017, eingegangen beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht am 10. August 2017, begründet hat.

Der Antragsgegner verweist darauf, dass die am 29. Juni 2017 durchgeführte Neuwahl des Vorstands trotz der für sofort vollziehbar erklärten Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom gleichen Tage durchgeführt worden sei, was erstinstanzlich hätte berücksichtigt werden müssen. Zudem leide die Wahl des Verbandsausschusses in der Mitgliederversammlung am 22. Juni 2017 an offensichtlichen Verstößen gegen Wahlrechtsgrundsätze. Der Verbandsvorsteher Dr.  B. habe es nämlich versäumt, alle Mitglieder schriftlich und unter Bekanntgabe der Tagesordnung fristgerecht einzuladen. Der Bescheid vom 29. Mai 2017 sei vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. Juni 2017 vollumfänglich als rechtmäßig bestätigt worden (6 B 78/17).

II.

Die nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO statthafte Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass der ursprünglich vom Antragsgegner anberaumte Termin zur Neuwahl eines Vorstands am 13. Juli 2017 mittlerweile verstrichen ist. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ist dem Antragsgegner auch künftig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren zum Geschäftszeichen 6 A 354/17 untersagt, im Wege der Ersatzvornahme eine Sitzung des Verbandsausschusses mit dem Ziel der Wahl eines neuen Vorstands anzuberaumen.

Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Die fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht dem Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen hat.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung wäre die Durchführung einer erneuten Vorstandswahl trotz der am 29. Juni 2017 erfolgten Wahl auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens voraussichtlich rechtswidrig.

Als Ermächtigungsgrundlage für die vom Antragsgegner im Wege der Ersatzvornahme vorgenommene Einladung der im Jahr 2015 gewählten Mitglieder des Verbandsausschusses kommt allein § 76 des Wasserverbandsgesetzes (WVG) i. V. m. § 70 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) und den §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in Betracht. Gemäß § 76 WVG kann die Aufsichtsbehörde anstelle des Verbands das Erforderliche anordnen oder auf dessen Kosten selbst oder durch einen anderen durchführen, wenn der Verband einer Anweisung der Aufsichtsbehörde, die diese aufgrund ihrer Aufsichtsbefugnis erlässt, nicht innerhalb der von ihr gesetzten Frist nachkommt.

Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen nicht allesamt vor. Es fehlt an der Voraussetzung, dass der Antragsteller einer Anweisung nicht fristgerecht nachgekommen ist.

1. Der Antragsgegner macht zu Unrecht geltend, der Antragsteller sei der Anordnung mit Bescheid vom 29. Mai 2017 schon deshalb nicht mit der Wahl des Vorstands am 29. Juni 2017 nachgekommen, weil er, der Antragsgegner, dem Antragssteller die für diesen Tag anberaumte Vorstandswahl mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 29. Juni 2017 untersagt habe.

Der Sache nach setzt der Antragsgegner damit die Nichtdurchführung einer Wahl mit einer rechtswidrig oder in rechtswidriger Weise durchgeführten, gegebenenfalls sogar nichtigen Wahl gleich und erachtet die Vornahme einer in diesem Sinne fehlerhaften Wahl als Nichtbefolgung der Anordnung mit Bescheid vom 29. Mai 2017. Beide Sachverhalte unterscheiden sich aber erheblich. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bereits darauf abgestellt, dass Wahlen eines Repräsentativorgans in der Regel im Interesse der Rechtssicherheit und des Schutzes der Funktionsfähigkeit der betroffenen Institution auch beim Vorliegen von Mängeln in der Regel nicht ohne Weiteres als unwirksam behandelt werden können (so auch Hmb. OVG, Beschluss vom 19.5.1993 – Bs III 555/92 –, Rn. 40, juris; OVG NRW, Beschluss vom 16.3.1979 – V B 87/79, Rn. 30, juris). Sieht das Wahlrecht ein Wahlanfechtungsverfahren vor, ist dessen rechtskräftiger Ausgang somit abzuwarten. Auch außerhalb gesetzlich geregelter Verfahren zur Wahlprüfung ist aber erforderlich, die Unwirksamkeit der Wahl zunächst in einem ordnungsgemäßen Verfahren zu klären. Gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes, wonach jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen steht, erfordert dies, dass die (vermeintlich) gewählten Mitglieder des Repräsentativorgans die Möglichkeit der Beteiligung an einem solchen Verfahren haben. Diese Personen sind nämlich zumindest in ihrer „wehrfähigen Binnenrechtsposition“ betroffen (vgl. dazu Hmb. OVG, a.a.O., Rn. 43), innerhalb des Verbands durch – ggfs. wirksame – Wahl Mitglied des Vorstands geworden zu sein.

Allerdings sieht das hier maßgebliche Wasserverbandsgesetz kein eigenes Wahlprüfungsverfahren vor. Auch die Möglichkeit, die Wahlen im Wege der Beanstandung (vgl. § 173 Abs. 1 des Nds. Kommunalverfassungsgesetzes, NKomVG) für ungültig zu erklären, besteht für den Antragsgegner als Aufsichtsbehörde nicht. Der Aufsichtsbehörde ist es nach ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage versagt, Maßnahmen eines Wasser- und Bodenverbandes zu beanstanden (Nds. OVG, Urteil vom 27.10.1988 – 3 OVG A 155/83 –, OVGE MüLü 41, 325; Beschluss vom 22.7.1996 – 3 M 1747/96 –, juris). Der Antragsgegner kann jedoch den Antragsteller anweisen, die bereits durchgeführte, aber ggfs. unwirksame Wahl des Vorstands zu wiederholen. Ein solches Anweisungsrecht setzt § 76 Hs. 1 WVG voraus, da es die Befugnis zur Ersatzvornahme davon abhängig macht, dass der Verband einer Anweisung nicht nachkommt. Die Betroffenen haben sodann die Möglichkeit, gegen diesen Verwaltungsakt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 2.12.1997 – 9 S 785/95 –, juris, Rn. 20) Rechtsschutz zu suchen und inzident die gerichtliche Überprüfung der erfolgten Vorstandswahl zu erreichen.

Eine derartige Anweisung zur Wiederholung der Vorstandswahl ist bislang gar nicht erlassen worden. Die Anweisung in Gestalt des Bescheids vom 29. Mai 2017, eine turnusmäßig anstehende Vorstandswahl durchzuführen, kann nicht mit der Anweisung, eine bereits erfolgte Vorstandswahl zu wiederholen, gleichgesetzt werden. Beide Verwaltungsakte unterscheiden sich grundsätzlich nach den für ihren rechtmäßigen Erlass erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen und dem Kreis der Adressaten. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 29. Mai 2017 setzt nur voraus, dass der Verbandsvorsteher seine Pflicht gemäß § 13 der Satzung verletzt hat, die Mitglieder des Verbandsausschusses zur Neuwahl des Vorstands einzuladen. In diesem Gebot erschöpft sich auch die Regelung des Bescheids vom 29. Mai 2017, der sich an den Verband als solchen richtete. Die Anweisung zur Wiederholung einer bereits durchgeführten Vorstandswahl setzt hingegen die Nichtigkeit bzw. zumindest die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens voraus und muss zur Wahrung der wehrfähigen Rechtsposition der (formal) gewählten Vorstandsmitglieder auch diesen gegenüber ergehen.

2. Soweit der Antragsgegner seine Beschwerde darauf stützt, die Wahl des Vorstands am 29. Juni 2017 sei deshalb mangelhaft, weil die Wahl des Verbandsausschusses am 22. Juni 2017 verfahrensfehlerhaft erfolgt sei, verhilft auch dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Aus den genannten Gründen sind die gegen die Wirksamkeit der durchgeführten Vorstandswahl vorgebrachten Bedenken ohne Belang, solange sie nicht zur Grundlage einer eigens auf sie gestützten Anweisung gemacht werden, die Vorstandswahl zu wiederholen.

3. Vorsorglich und zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten weist der Senat auf Folgendes hin:

Der Senat teilt – wie ausgeführt – die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Wahl eines Repräsentativorgans als wirksam behandelt werden muss, bis ihre Unwirksamkeit mindestens inzident im Rahmen der Prüfung einer auf ihre Wiederholung abzielenden Anweisung geprüft und festgestellt wird. Dies schränkt auch die Möglichkeiten ein, eine Anordnung zur Wiederholung der Wahl für sofort vollziehbar zu erklären. Das erforderliche besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines solchen Verwaltungsakts im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO wird regelmäßig fehlen (vgl. Detterbeck, HwO, 4. Aufl., 2008, § 100, Rn. 4 für den Beschluss der Handwerkskammer über die Wahl ihrer Mitglieder gemäß § 100 Abs. 1 HwO; Günther in Honig/Knörr/Thiel, HwO, 5. Aufl., § 100, Rn. 5 hält die Anordnung des Sofortvollzugs sogar für ausgeschlossen). Einstweilige Maßnahmen werden den besonderen Problemen eines solchen Streitverhältnisses regelmäßig nicht gerecht (Hmb. OVG, a.a.O., juris, Rn. 42). Selbst gerichtliche Anordnungen, die mit einer Wahl erlangten Befugnisse nicht auszuüben, sind nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nur in außergewöhnlichen Situationen geboten, etwa um den Rechtsschein einer Nichtwahl zu zerstören oder die rechtlichen Folgewirkungen einer evident nichtigen Wahl zu beenden (Hmb. OVG, ebenda; ähnlich auch OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 10). Der Senat bezweifelt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Ungeachtet der Frage, ob die Wahl des Verbandsausschusses – wie der Antragsgegner geltend macht – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich nichtig ist, ist fraglich, ob diese Nichtigkeit auch die Nichtigkeit der Wahl des Vorstands nach sich zöge, oder ob die Beschlüsse des Verbandsausschusses bis zur mindestens inzidenten Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl vom 22. Juni 2017 dennoch wirksam wären (so für den Fall der fehlerhaften Zusammensetzung der Vollversammlung der Handwerkskammer Detterbeck, a.a.O., und Günther in Honig/Knörr/Thiel, a.a.O.). Gleiches gilt für die Frage, ob die Zuwiderhandlung des Verbandsausschusses gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung des Antragsgegners vom 29. Juni 2017 auf die Rechtmäßigkeit der Wahl des Vorstands notwendig durchschlägt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Vorstand in seiner Zusammensetzung nach der Wahl vom 29. Juni 2017 identisch mit dem zuvor amtierenden Vorstand ist. Auch dann, wenn man die Vorstandswahl vom 29. Juni 2017 als unwirksam ansähe, wären die jetzigen Vorstandsmitglieder zusammen mit dem gewählten Verbandsvorsteher zur Vertretung des Verbands berufen, da sie ihr bisheriges Amt gemäß § 18 Abs. 3 der Satzung weiter innehätten. Der Verband verfügt somit jedenfalls über einen handlungsfähigen Vorstand, was die ordnungsgemäße Geschäftsführung (§ 22 der Satzung) und die Vertretung (§ 25 der Satzung) garantiert. Angesichts dessen bestünde kein Raum dafür, die Anweisung zur Neuwahl des Vorstands mit der Anordnung des Sofortvollzugs dieser Anweisung zu verbinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei der für die Hauptsache anzusetzende Streitwert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren halbiert wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).