Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 31.08.2017, Az.: 15 MF 19/17

Auslegung; Bekanntgabe; Bekanntgabewille; vorläufige Besitzeinweisung; Eingriff in Betriebsstruktur; Betriebsstruktur; Erklärungsbewusstsein; objektiver Erklärungswert; Feldeinteilung; Flurbereinigung; Missverhältnis; offensichtlich grobes Missverhältnis; Pächter; Sofortvollzug; Verwaltungsakt; Vorabinformation; Vorstandswahl

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
31.08.2017
Aktenzeichen
15 MF 19/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54130
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei der Auslegung, ob die einem Teilnehmer einer Flurbereinigung übersandte Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung ein Verwaltungsakt oder eine unverbindliche Vorabinformation ist, kommt es maßgebend auf den erklärten Willen der Flurbereinigungsbehörde an, wie ihn der Teilnehmer von seinem Standpunkt aus bei verständiger Würdigung verstehen konnte (objektiver Erklärungswert). Ein fehlendes Erklärungsbewusstsein der Flurbereinigungsbehörde ist unerheblich.

2. Eine Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung wird mit der postalischen Übermittlung an einen Teilnehmer diesem gegenüber wirksam im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, wenn die Flurbereinigungsbehörde den Willen hat, dem Teilnehmer die Anordnung zuzuleiten. Dies gilt auch, wenn sie damit keinen Verwaltungsakt erlassen will, jedoch auf Grund ihres Verhaltens aus der Sicht des Empfängers einen Verwaltungsakt erlässt.

Tenor:

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 30. Mai 2017 zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren C. wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Zur Abgeltung der dem Gericht entstandenen baren Auslagen wird gegen den Antragsteller ein Pauschsatz in Höhe von 25,- EUR festgesetzt; daneben wird eine Gerichtsgebühr nach einem Streitwert von 5.000,- EUR erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren C..

Er ist unter der Ordnungsnummer D. Teilnehmer des mit Beschluss vom 4. August 2010 angeordneten vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens C. und bringt landwirtschaftliche Flächen im Umfang von 11,4820 ha mit 696,99 Wertverhältnissen (WV) ein. Der Antragsgegner hat nach einem Landabzug einen Abfindungsanspruch von 689,32 WV ermittelt.

Der Antragsgegner ordnete unter dem 3. Juni 2016 mit Wirkung zum 1. August 2016 die vorläufige Einweisung der Beteiligten in den Besitz und die Nutzung der neuen Flächen an. Die vorläufige Besitzeinweisung wurde mehrfach geändert. Der Antragsteller wurde vorläufig in den Besitz von Flächen im Umfang von 11,8603 ha mit 689,33 WV eingewiesen. Für die Landmehrabfindung sollte er einen Geldausgleich zahlen. Zu den neuen Flächen gehörte das Flurstück E., Flur F. zur Größe von 7,3887 ha mit 402,93 WV.

Unter dem 30. Mai 2017 sandte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Schreiben, in dem es heißt:

„im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens C. sind die beteiligten Grundstückseigentümer zum 01.08.2016 in den vorläufigen Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen worden. Bei der Bekanntgabe der neuen Feldeinteilung wurden Anträge mit dem Ziel gestellt, bis zur Vorlage des Flurbereinigungsplans Teile der vorläufigen Besitzeinweisung zu verändern. Um einerseits die Zuteilung der neuen Flächen nach Möglichkeit einvernehmlich mit den Beteiligten zu gestalten, andererseits aber auch um Widersprüche (unabhängig davon, ob sie gerechtfertigt sind) gegen den noch vorzulegenden Flurbereinigungsplan zu vermeiden, hat sich die Flurbereinigungsbehörde entschlossen, die Besitzeinweisung in einigen Teilen des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens C. zu verändern, soweit dies nicht die Wertgleichheit der Neuzuteilung der restlichen Beteiligten beeinträchtigt. Bei der vorgesehenen Veränderung ist es unvermeidlich, dass auch Beteiligte betroffen sind, die keine Veränderung ihrer neuen Flächen beantragt haben. In den meisten Fällen kommt es hierbei lediglich zu einer Verschiebung in der jeweiligen Feldlage. Wie bei den Antragstellern wurde auch bei Ihnen darauf geachtet, dass die jetzt vorgesehene veränderte Neuzuteilung im Verhältnis zu ihren eingebrachten Altflächen wertgleich ist. Die Abänderung der Besitzeinweisung ist für den 01.09.2017 vorgesehen. Der tatsächliche Übergang der einzelnen Flächen wird auch weiterhin durch die als Anlage beigefügten Überleitungsbestimmungen geregelt. Jeder betroffene Grundstückseigentümer erhält mit diesem Schreiben einen Nachweis über seine neuen Flächen. Die neuen Grenzen werden in die Örtlichkeit übertragen. … Ich bitte alle betroffenen Grundstückseigentümer um Verständnis für die geplante Maßnahme.“

Dem Schreiben waren als Anlagen beigefügt: Nachweise über Anspruch und Abfindung (Teilnehmer / neue Flächen / Anspruchsberechnung), eine Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung, neue Überleitungsbestimmungen und eine Übersichtskarte neuer Bestand.

In der beigefügten Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 heißt es:

„Die Teilnehmer Ordn.-Nrn.: … D. … der vereinfachten Flurbereinigung C. … werden hiermit nach § 65 Abs. 2 des Flurbereinigungsgesetzes … zum 01.09.2017 in den Besitz der neuen Grundstücke (Abfindungsgrundstücke) vorläufig eingewiesen. Insoweit wird die bisherige Besitzeinweisung vom 01.08.2016 und die Änderungen vom 03.08.2016, vom 10.10.2016, vom 27.10.2016 und vom 27.01.2017 aufgehoben. Für die tatsächliche Überleitung in den neuen Zustand, den Übergang des Besitzes und der Nutzung der neuen Grundstücke sind die Überleitungsbestimmungen - die einen Bestandteil dieser Anordnung bilden - maßgebend. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft des Flurbereinigungsverfahrens C. ist zu den Überleitungsbestimmungen gehört worden (§§ 62 Abs. 2, 65 Abs. 2 Satz 3 und 4 FlurbG). Die Überleitungsbestimmungen wurden jedem Teilnehmer in vollem Wortlaut mit der Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung zugestellt. Die rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung treten mit den in den Überleitungsbestimmungen genannten Zeitpunkten ein. Sie enden mit der Ausführung des Flurbereinigungsplanes. Das Eigentum an den neuen Grundstücken geht auf die Beteiligten erst mit dem in der später zu erlassenden Ausführungsanordnung zu bestimmenden Zeitpunkt über (§ 61 FlurbG).

Anordnung der sofortigen Vollziehung

Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 … VwGO … wird hiermit im öffentlichen Interesse und im überwiegenden Interesse der Beteiligten die sofortige Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung einschließlich der Überleitungsbestimmungen angeordnet. Die sofortige Vollziehung schließt die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen aus.

Auf Antrag können Termine für eine örtliche Anzeige der neuen Grenzen vereinbart werden.

Gründe:

Die nach § 65 FlurbG für den Erlass der vorläufigen Besitzeinweisung erforderlichen Voraussetzungen sind in dem Flurbereinigungsverfahren C. gegeben. Die Grenze der neuen Feldeinteilung sind in die Örtlichkeit übertragen. Die endgültigen Nachweise für  Fläche und Wert der neuen Grundstücke sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten eingebrachten Grundbesitz stehen fest. Die vorläufige Besitzeinweisung ist geboten, damit die Beteiligten zum frühestmöglichen Zeitpunkt ihre neuen Flurstücke bewirtschaften können.

Der Flurbereinigungsplan wird den Beteiligten erst später vorgelegt werden. Die tatsächliche Ausführung des Planes wäre daher erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Das aber würde dem Sinn des Flurbereinigungsgesetzes, nämlich den Beteiligten so schnell wie möglich die Vorteile des Flurbereinigungsverfahrens zu verschaffen, widersprechen. Die sofortige Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung war nach § 80 Abs. 2 VwGO anzuordnen, um die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen auszuschließen.

Es liegt im öffentlichen Interesse und aus den vorgenannten Gründen ganz besonders im Interesse der Beteiligten, dass die durch die Flurbereinigung erzielte Verbesserung der Agrarstruktur im Verfahrensgebiet den Beteiligten sofort zugute kommt und keine Zweifel über den Eintritt bzw. die Wirksamkeit der mit dieser Besitzeinweisung verbundenen Rechtsänderungen bestehen.

Rechtsbehelfsbelehrung

…“

Nach dem beigefügten Nachweis über Anspruch und Abfindung umfasst der geänderte Neubesitz Flächen im Umfang von 12,0360 ha mit 689,33 WV. Im Unterschied zu vorher beinhaltet er anstelle des 7,3887 ha großen Flurstücks E. das nur noch 6,3878 ha große Flurstück E. /2 mit 337,93 WV und das Flurstück G., Flur H. zur Größe von 1,1766 ha mit 65,00 WV. Für die Landmehrabfindung soll der Antragsteller einen Geldausgleich in Höhe von 3,20 EUR zahlen.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 6. Juni 2017 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung laufe dem zentralen Ziel der Flurbereinigung zuwider, einer Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse entgegenzuwirken. Durch die Änderung sei das Flurstück E. für das er im Vertrauen auf den Bestand der vorläufigen Besitzeinweisung Pachtverhältnisse begründet habe, geteilt worden. Dies beeinträchtige eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung erheblich bzw. mache sie unmöglich.

Der Antragsteller hat am 6. Juni 2017 das Flurbereinigungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz ersucht. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht einzelfallbezogen begründet worden. Sie könne auch deshalb keinen Bestand haben, weil ihr keine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden sei. Ein Interesse an einem Sofortvollzug bestehe nicht, weil der Antragsgegner nicht die sofortige Vollziehung der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung angeordnet habe, sondern die sofortige Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung. Diese sei jedoch schon mit der vorläufigen Besitzeinweisung angeordnet worden. Des Weiteren habe kein Anlass für die Anordnung des Sofortvollzugs bestanden, weil die vom 30. Mai 2017 datierende Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung erst zum 1. September 2017 wirksam werden solle. Abgesehen davon sei die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nach kursorischer Prüfung rechtswidrig. Die nach § 25 Abs. 2 FlurbG vorgeschriebene Unterrichtung und Anhörung des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft sei unterblieben, weil der Vorstand nicht wirksam gewählt worden sei. Auch sei die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nicht wirksam bekannt gemacht worden. Der Übersendung an ihn sei keine „Flurkarte“ beigefügt gewesen. Zudem habe der Antragsgegner keine individuelle Bekanntgabe angestrebt. Die Grenzen der neuen Grundstücke seien bei Erhalt des Bescheids vom 30. Mai 2017 noch nicht in die Örtlichkeit übertragen gewesen. Die Behauptung des Beklagten, die Übertragung sei inzwischen erfolgt, sei kritisch zu hinterfragen. Die Änderung einer vorläufigen Besitzeinweisung konterkariere das Ziel einer vorläufigen Besitzeinweisung, den Beteiligten zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Bewirtschaftung der betroffenen Flurstücke zu ermöglichen. Durch sie könne das Gesamtkonzept nicht - wie akzeptiert - zur Umsetzung gelangen. Die ihm mit der vorläufigen Besitzeinweisung zugewiesenen Flächen seien einer wirtschaftlich sinnvollen eigenen Nutzung oder Verpachtung zugänglich gewesen. Durch die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung werde eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung unmöglich gemacht. Es liege ein grobes Missverhältnis zwischen der Wertigkeit der von ihm eingebrachten Flächen einerseits und der Flächen, in deren Besitz er durch die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung eingewiesen werden solle, vor. Die ursprüngliche vorläufige Besitzeinweisung habe sich auf zwei zusammenhängende Flurstücke bezogen, was eine sinnvolle Bewirtschaftung ermöglicht hätte. Durch die Änderung werde die Zuweisungsfläche derart auseinandergerissen, dass eine derartige Bewirtschaftung unmöglich gemacht werde. Schließlich sei kein Rechtsgrund dafür ersichtlich, die sofortige Vollziehbarkeit der Zahlung des Ausgleichsbetrags anzuordnen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 30. Mai 2017 zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren C. wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält den Eilantrag für unzulässig. Die Anordnung vom 30. Mai 2017 sei kein Verwaltungsakt. Sie sei nur versandt worden, um die Teilnehmer so früh wie möglich über die geplanten Änderungen zu unterrichten. Die Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung sei am 23. Juni 2017 den Flurbereinigungsgemeinden zur Veröffentlichung übersandt worden. Diese hätten inzwischen die öffentliche Bekanntmachung vorgenommen; lediglich die Gemeinde I. habe darüber noch keinen Nachweis vorgelegt. Die Grenzen der neuen Grundstücke seien am 30. Juni 2017 in die Örtlichkeit übertragen worden.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 30. Mai 2017 zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren C. bleibt ohne Erfolg.

1. Zwar ist der Antrag entgegen der Ansicht des Antragsgegners zulässig. Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt wiederherstellen, wenn dessen aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfallen ist.

a) Entgegen der Annahme des Antragsgegners handelt es sich bei der dem Antragsteller unter dem 30. Mai 2017 zugesandten Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nicht um eine unverbindliche Vorabinformation, sondern um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 35 VwVfG. Maßgebend ist insoweit entsprechend § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Adressat von seinem Standpunkt aus bei verständiger Würdigung verstehen konnte (objektiver Erklärungswert). Ein fehlendes Erklärungsbewusstsein der Behörde ist unerheblich (U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 74 f., Rn. 147). Bei objektiver Würdigung konnte der Antragsteller die ihm übersandte Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 unter Berücksichtigung des Begleitschreibens nebst Anlagen nur so verstehen, dass damit eine verbindliche Regelung mit Außenwirkung getroffen wurde. Die Anordnung ist der äußeren Form nach in die Gestalt eines Verwaltungsakts gekleidet und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Im Text heißt es „hiermit“ würden die mit Ordnungsnummern - darunter auch die Ordnungsnummer D. des Antragstellers - bezeichneten Teilnehmer in den Besitz der neuen Grundstücke vorläufig eingewiesen. Zwar enthält das Begleitschreiben die Formulierungen „vorgesehene Veränderung“ und „geplante Maßnahme“. Diese Formulierungen erklären sich aber bei verständiger Würdigung daraus, dass die - bereits angeordnete - Änderung der Besitzeinweisung nach dem Inhalt des Schreibens erst am 1. September 2017 in Kraft treten soll.

b) Der Verwaltungsakt - die Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 - ist mit der Übermittlung an den Antragsteller ihm gegenüber wirksam geworden (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Zwar wurde die dem Antragsteller übersandte, auf Teile des Flurbereinigungsgebiets beschränkte Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 entgegen § 65 Abs. 2 Satz 3 FlurbG seinerzeit weder öffentlich bekannt gemacht noch ersatzweise förmlich zugestellt. Sie ist ihm aber unstreitig postalisch zugegangen und damit ihm gegenüber konkret-individuell bekannt gegeben worden, was als Wirksamkeitsvoraussetzung im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG genügt (vgl. BVerwG, Urteile v. 28.10.1982 - 5 C 46.81 - juris Rn. 23;  v. 15.12.1983 - 5 C 26.83 - juris Rn. 35 zur öffentlichen Bekanntmachung eines Flurbereinigungsbeschlusses; Flurbereinigungsgericht München, Urteil v. 18.2.1988 - 13 A 87.02065 - RzF - 32 - zu § 65 FlurbG zur Bekanntgabe einer vorläufigen Besitzeinweisung). Dem steht nicht ein fehlender Bekanntgabewille des Antragsgegners entgegen. Denn der Antragsgegner hatte den Willen, den Bescheid dem Antragsteller zuzuleiten. Er hatte lediglich - weil er zu Unrecht davon ausging, die Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung könne nur durch eine öffentliche Bekanntmachung wirksam bekannt gegeben werden - nicht das Bewusstsein, damit Rechtsfolgen auszulösen. Das ihm insoweit fehlende Erklärungsbewusstsein ist kein Element des Bekanntgabewillens. Ein Verwaltungsakt ist auch dann wirksam bekannt gegeben, wenn die Behörde nicht weiß, dass ihre Erklärung ein Verwaltungsakt ist bzw. sie bewusst keinen Verwaltungsakt erlassen will, jedoch auf Grund ihres Verhaltens aus der Sicht des Empfängers einen Verwaltungsakt erlässt (U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 41 Rn. 58; vgl. auch Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 43 Rn. 187). Entgegen der Annahme des Antragstellers setzt eine wirksame Bekanntgabe der Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nicht die Übersendung von Kartenmaterial voraus. Die Bekanntmachung der Feldeinteilung nach § 65 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ist vielmehr eine materielle Voraussetzung für die Anordnung einer (Änderung einer) vorläufigen Besitzeinweisung (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.8.1988 - 5 C 78.84 - juris Rn. 15 und 22).

c) Der Antragsgegner hat auch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung angeordnet. Entgegen der Ansicht des Antragstellers bezieht sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht etwa auf die ursprüngliche vorläufige Besitzeinweisung. Zwar heißt es in der Anordnung vom 30. Mai 2017: „wird hiermit … die sofortige Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung … angeordnet.“ Aus dem Gesamtkontext ist aber zu schließen, dass sich der angeordnete Sofortvollzug auf die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung bezieht (vgl. auch die Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Besitzeinweisung …“).

2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Anordnung zur Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 ist indes unbegründet. Die Anordnung von deren sofortiger Vollziehung durch den Antragsgegner ist formell rechtmäßig und auch inhaltlich nicht (mehr) zu beanstanden.

a) Die vom Antragsgegner gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnete sofortige Vollziehung der vorläufigen Besitzeinweisung ist formell rechtmäßig.

Insbesondere hat der Antragsgegner das besondere Interesse an der Vollziehung in einem ausreichenden Maße und in nachvollziehbarer Weise schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die oben wiedergegebene Begründung genügt noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, weil sie - wenn auch nicht in allen Einzelheiten - die maßgeblichen Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung angibt und es damit dem Antragsteller ermöglicht, seine Rechte wahrzunehmen. Dass sich die Begründung der sofortigen Vollziehung mit den Gründen für die Anordnung der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung selbst überschneidet, unterliegt keinen Bedenken, weil an die zusätzliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in einem solchen Fall keine übermäßig strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 7.10.1980 - 2 BvR 1068/80 - RzF 20 zu § 65 FlurbG; Senatsbeschlüsse v. 11.12.2008 - 15 MF 19/18 - juris Rn. 9; v. 26.2.2009 - 15 MF 6/09 - juris Rn. 16 m. w. N.). Die Begründung weist auch den erforderlichen Einzelfallbezug auf. Da das Vollzugsinteresse an einer vorläufigen Besitzeinweisung grundsätzlich erfordert, dass die die Gesamtheit der Teilnehmer betreffende vorläufige Besitzeinweisung als ein besonderer Abschnitt des Flurbereinigungsverfahrens sofort vollzogen wird, sind gesonderte Erwägungen etwa für jedes einzelne am Verfahren beteiligte Grundstück nicht geboten (vgl. BayVGH, Beschluss v. 24.6.2014 - 13 AS 14.717 - juris Rn. 19 f.).

Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung ist entgegen der Annahme des Antragstellers auch nicht wegen einer vermeintlichen Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung rechtswidrig.

b) Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zu treffenden Entscheidung, ob die infolge der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfallene aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellt wird, sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung einerseits und das andererseits bestehende Interesse des Antragstellers, hiervon bis zu einer endgültigen Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs kommt dabei insofern Bedeutung zu, als ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in der Regel dann anzunehmen ist, wenn die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotene summarische Prüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn der Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann nicht im öffentlichen Interesse liegen. Demgegenüber überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse in der Regel, wenn die Prüfung ergibt, dass der eingelegte Rechtsbehelf voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Denn an der sofortigen Vollziehung einer zu Unrecht angefochtenen, im allgemeinen Interesse liegenden (geänderten) vorläufigen Besitzeinweisung besteht regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse v. 23.11.2015 - 15 MF 19/15 -; v. 26.9.2013 - 15 MF 22/13 -; v. 11.1.2011 - 15 MF 17/10 -; v. 4.7.2008 - 15 MF 6/08 - RdL 2008, 270).

In Anwendung dieser Grundsätze ist eine ganz oder teilweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nicht geboten. Denn der Widerspruch des Antragstellers gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung bietet bei summarischer Prüfung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

aa) Die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist die sich im Zeitpunkt der Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage.

Die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung findet ihre rechtliche Grundlage in § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 49 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG.

Nach § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 49 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Dabei umfasst der Widerruf eines Verwaltungsakts nicht nur seine nachträgliche (vollständige oder teilweise) Aufhebung, sondern zugleich auch seine Änderung ohne Rücksicht auf seine Rechtswidrigkeit durch eine Behörde außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens (vgl. Senatsbeschluss v. 26.8.2008 - 15 MF 15/08 -, RdL 2008, 293).

(1) Eine vorläufige Besitzeinweisung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist ein nicht begün-stigender Verwaltungsakt (vgl. Senatsbeschluss v. 11.12.2008 - 15 MF 19/08 - juris Rn. 15).

(2) Der Änderung der zum 1. August 2016 verfügten vorläufigen Besitzeinweisung kann nicht entgegen gehalten werden, dass diese Regelung erneut erlassen werden müsste (§ 49 Abs. 1 VwVfG). Denn der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, die bisherige vorläufige Besitzeinweisung nach § 65 Abs. 1 FlurbG erneut unverändert anzuordnen.

(3) Die Anordnung der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 ist aller Voraussicht nach formell rechtmäßig.

(a) Der Einwand des Antragstellers, der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft sei entgegen § 25 Abs. 2 FlurbG vor Erlass der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nicht angehört worden, weil es mangels wirksamer Wahl keinen Vorstand der Teilnehmergemeinschaft gebe, rechtfertigt nicht die Annahme einer formellen Rechtswidrigkeit der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung. Der Antragsteller rügt lediglich pauschal, dass der Antragsgegner bei der erneuten Wahl des Vorstands „wiederum rechtsstaatliche Mindeststandards nicht im mindesten eingehalten“ habe. Er erläutert nicht, durch welche konkreten Umstände eine Verletzung welcher rechtsstaatlichen Mindeststandards eingetreten sein soll. Der insoweit unsubstantiierten Behauptung des Antragstellers ist im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter nachzugehen.

(b) Der Antragsteller wird sich auch nicht mit Erfolg auf die zunächst unterbliebene öffentliche Bekanntmachung der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung berufen können. Zum einen hat er durch die postalische Übermittlung der Anordnung der Änderung zur vorläufigen Besitzeinweisung nebst Begleitschreiben und Anlagen auf andere Weise sichere Kenntnis von ihrem Ergehen und seines Betroffenseins hiervon erlangt und kann sich daher nicht auf eine fehlerhafte Bekanntgabe des Verwaltungsakts berufen (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.10.1982 - 5 C 46.81 - juris Rn. 25 zur öffentlichen Bekanntgabe der Anordnung einer Flurbereinigung). Zum anderen wurde die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung inzwischen im Flecken C., wo der Antragsteller wohnt, gemäß § 110 Satz 1 FlurbG in Verbindung mit § 7 Abs. 3 der Hauptsatzung des Fleckens C. durch Aushang im zentralen Aushangkasten vor dem Rathaus für die Dauer von einer Woche in der Zeit vom 27. Juni 2017 bis 5. Juli 2017 öffentlich bekannt gemacht.

(4) Die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 genügt bei summarischer Prüfung inzwischen auch materiell-rechtlich den Anforderungen des § 65 Abs. 1 FlurbG.

(a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG können die Beteiligten in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und die endgültigen Nachweise für Flächen und Werte der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht. Wie sich aus den dem Schreiben vom 30. Mai 2017 beigefügten Anlagen ergibt, standen die endgültigen Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke und das Verhältnis der Abfindung zu dem vom Antragsteller Eingebrachten fest, als ihm die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung übermittelt wurde. Die Grenzen seiner neuen Flächen waren nach den Angaben des Antragsgegners zwar noch nicht bei Erlass der Anordnung der Änderung zur vorläufigen Besitzeinweisung vom 30. Mai 2017 in die Örtlichkeit übertragen. Der Antragsgegner hat aber mit Schreiben vom 24. August 2017 erklärt, dass die Übertragung der Flächen in die Örtlichkeit zum Stichtag der öffentlichen Bekanntmachung am 30. Juni 2017 erfolgt ist. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Angaben unzutreffend sind. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem am 31. August 2017 - einen Tag vor dem lange bekannten Inkrafttreten der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung -  eingegangenen Telefax des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers. Darin trägt er lediglich vor, er müsse die ihm am 24. August 2017 per Telefax übermittelte einseitige Behauptung des Antragsgegners kritisch hinterfragen und hierzu noch eine Rückmeldung seiner Mandanten einholen. Dieses unsubstantiierte Infragestellen der Richtigkeit der Angaben des Antragsgegners, der zu wahrheitsgemäßen Angaben im Gerichtsverfahren verpflichtet ist, rechtfertigt nicht die Annahme, die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG lägen aller Voraussicht nach nicht vor.

(b) Die neue Feldeinteilung wurde dem Antragsteller durch die Übersendung der Besitzstandskarte neuer Bestand als Anlage zur Anordnung vom 30. Mai 2017 (vgl. das Begleitschreiben) entsprechend § 65 Abs. 1 Satz 2 FlurbG bekannt gegeben.

(c) Der Einwand des Antragstellers, durch die geänderte vorläufige Besitzeinweisung sei eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung unmöglich geworden, rechtfertigt aller Voraussicht nach nicht die Annahme einer materiellen Rechtswidrigkeit der Änderung der vorläufigen Besitzweinweisung.

Da § 65 FlurbG nicht auf die weiteren Maßgaben des § 44 FlurbG für die Landabfindung Bezug nimmt, kann die vorläufige Besitzeinweisung grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden, sie verletze die Bestimmung des § 44 FlurbG. Abfindungsmängel können vielmehr nur ausnahmsweise zur Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung führen, wenn bei einem Gesamtvergleich zwischen der Einlage des betreffenden Teilnehmers und seinem Neubesitz nach der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG ein offensichtlich grobes Missverhältnis bestehen würde oder ein offensichtlich unzumutbarer Eingriff in die bisherige Struktur des Betriebs eines Teilnehmers vorläge (vgl. BVerwG, Beschluss v. 12.11.2010, a.a.O., Rn. 4 m. w. N.; Senatsurteile v. 20.10.2015 - 15 KF 21/14 - und v. 15.3.2011 - 15 KF 24/09 - juris Rn. 24; Senatsbeschlüsse v. 9.7.2015 - 15 MF 16/14 - und v. 23.11.2015 - 15 MF 19/15 -. jeweils m. w. N.). Demgegenüber vermag eine sich gegenüber der bisherigen vorläufigen Besitzeinweisung ergebende Verschlechterung ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz oder einen unzumutbaren Eingriff in die Betriebsstruktur nicht zu begründen (vgl. Senatsbeschlüsse v. 26.8.2008, a.a.O.; v. 11.12.2008, a.a.O., Rn. 20).

Zwischen dem vom Antragsteller eingebrachten Altbesitz und dem Neubesitz nach der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung besteht bei summarischer Prüfung kein offensichtlich grobes Missverhältnis: Vielmehr ist der Neubesitz unter Berücksichtigung des allgemeinen Landabzugs (§ 47 Abs. 1 FlurbG) in der Fläche um 0,554 ha größer und hinsichtlich des Wertverhältnisses um 0,01 Punkte höher.

Auch ein unzumutbarer Eingriff in die bisherige Betriebsstruktur des Antragstellers durch die geänderte vorläufige Besitzeinweisung kann nicht festgestellt werden.

Ein unzumutbarer Eingriff in die Struktur des Betriebs liegt nur vor, wenn der bisherige Betrieb in seinen Kernbereichen nicht mehr fortgeführt werden kann und deshalb der Betriebsinhaber gezwungen wäre, den bisher bestimmenden landwirtschaftlichen Produktionsbereich aufzugeben und gegebenenfalls einen anderen Produktionsbereich auszubauen oder neu aufzubauen. Der Grund für eine solche wesentliche Änderung in einem Produktionsbereich eines landwirtschaftlichen Betriebs kann u. a. darin liegen, dass die für diesen Produktionsbereich erforderlichen Produktionsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen oder zu einem vertretbaren Aufwand nicht mehr beschafft werden können. Ein solcher Fall ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber seinen Futterbaubetrieb (Tiermast) auf Grund einer wesentlich geänderten Flächenausstattung in einen Marktfruchtbetrieb umwandeln muss oder umgekehrt. Hingegen stellen ein vorübergehender Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung sowie andere vorübergehende Nachteile - etwa in Form von Bewirtschaftungserschwernissen - keinen unzumutbaren Eingriff in die Struktur des Betriebs dar, vielmehr können sie unter bestimmten Voraussetzungen allein einen Ausgleichsanspruch im Flurbereinigungsplan nach § 51 Abs. 1 FlurbG begründen (Senatsbeschluss v. 11.12.2008, a.a.O., Rn. 22).

Ausgehend hiervon fehlt es an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung zu einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Betriebsstruktur des Antragstellers führt. Der Einwand des Antragstellers, der Pächter des ihm durch die ursprüngliche vorläufige Besitzeinweisung zugewiesenen, nicht von seinem Altbesitz umfassten Flurstücks E. erleide durch die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung Bewirtschaftungserschwernisse, begründet keinen solchen unzumutbaren Eingriff. Maßgebend ist allein der vom betreffenden Teilnehmer geführte Betrieb. Nachteile für den Pächter von Flächen eines Teilnehmers begründen regelmäßig keinen unzumutbaren Eingriff in die Betriebsstruktur, sondern sind gemäß § 70 FlurbG auszugleichen (vgl. Senatsbeschlüsse v. 2.11.2015, a.a.O.; v. 23.11.2015, a.a.O.). Zudem ist - wie ausgeführt - nicht ein Vergleich zwischen dem Neubesitz nach der ursprünglichen vorläufigen Besitzeinweisung und der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung anzustellen, sondern einen Vergleich zwischen dem eingebrachten Altbesitz und dem Neubesitz nach der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung.

(5) Ermessensfehler des Antragsgegners bei der nach § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 49 VwVfG vorgenommenen Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

bb) Entgegen der Ansicht des Antragstellers fehlt es auch nicht an einem Vollzugsinteresse für den von ihm zu entrichtenden Ausgleichsbetrag in Höhe von 3,20 EUR für die Landmehrabfindung im Zuge der geänderten vorläufigen Besitzeinweisung. Eine (geänderte) vorläufige Besitzeinweisung ist ein Verwaltungsakt, mit dem der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Besitzstand schon vorab umgesetzt werden soll. Auch wenn an einzelnen Besitzzuweisungen Veränderungen vorgenommen werden, bezieht sie sich nach wie vor auf das gesamte Verfahrensgebiet. Dementsprechend ist auch das Vollzugsinteresse nicht „aufgespalten“ im Hinblick auf einzelne Änderungen beim Besitzstand einzelner Teilnehmer zu untersuchen, sondern im Hinblick auf die (geänderte) vorläufige Besitzeinweisung als Gesamtgefüge. Insoweit ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus vom Antragsgegner im Bescheid vom 30. Mai 2017 genannten Gründen gerechtfertigt.

cc) Dem Vollzugsinteresse steht - anders als der Antragsteller meint - schließlich nicht entgegen, dass der Sofortvollzug bereits mit der Anordnung am 30. Mai 2017 angeordnet wurde, obwohl die rechtlichen Wirkungen der Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung nach dem Bescheid vom 30. Mai 2017 erst ca. drei Monate später am 1. September 2017 eintreten. Denn weil die sofortige Vollziehung „der vorläufigen Besitzeinweisung“ angeordnet wurde, wird die sofortige Vollziehung ebenfalls erst zum 1. September 2017 wirksam und hängt nicht etwa vorab „im leeren Raum“.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 147 Abs. 1, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Der zugrunde gelegte Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an den Empfehlungen unter lfd. Nrn. 13.2.3 und 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 152 Abs. 1 VwGO).