Landgericht Hannover
Urt. v. 10.01.2007, Az.: 6 O 190/06

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
10.01.2007
Aktenzeichen
6 O 190/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60618
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2007:0110.6O190.06.0A

Fundstellen

  • BauR 2007, 1449-1450
  • BauR 2007, 1448-1450 (Volltext mit amtl. LS)
  • IBR 2007, 171 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

In dem Rechtsstreit

.........

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2006 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.690,57 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2006 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betragesabwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Der Beklagten wird die Ausführung ihrer Rechte vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht im Urkundenprozess Werklohnansprüche gegen die Beklagte geltend.

2

Unter dem 26.07.2005 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot für die Erbringung von Instandsetzungsarbeiten auf der Bundesautobahn Mit Schreiben der Beklagten vom 02.08.2005 erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag. Am 08.11.2005 wurden die Arbeiten der Klägerin abgenommen. Mit Schlussrechnung vom 30.11.2005 fakturierte die Klägerin ihre Leistungen. Die Beklagte prüfte die Schlussrechnung. Ergebnis dieser Prüfung war, dass die Schlussrechnung der Klägerin auf 9.849,52 € zu kürzen war. Mit Schreiben vom 27.02.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie 9.690,58 € einbehalte und begründete dies mit einer Überzahlung in dieser Höhe aus der Rechnung der Klägerin vom 16.02.2005 bezüglich des Bauvorhabens Landesstraße 171 OD Verden bis Kirchlinteln. Bei diesem letztgenannten Bauvorhaben war die Klägerin als Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft (im Folgenden AG) Auftragnehmerin. den Differenzbetrag von 158,95 € zahlte die Beklagte an die Klägerin. Mit Schreiben vom 07.03.2006 erklärte die Klägerin den Vorbehalt der Annahme der Schlusszahlung. Mit Schreiben vom 07.03.2006 wurde die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.03.2006 aufgefordert, den klageweise geltend gemachten Betrag zu zahlen.

3

Die Klägerin meint, eine Aufrechnung der Beklagten mit einer Gegenforderung aus dem Bauvorhaben scheitere an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderung.

4

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 9,690,57 zzgl. Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 16.03.2006 zuzahlen.

5

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

6

Die Beklagte behauptet, es bestehe ein Rückzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Mitglied der in Höhe von 9.690,57 €. In dieser Höhe bestehe eine Überzahlung. Mit der daraus resultierenden Rückzahlungsforderung sei sie zur Aufrechnung berechtigt. Der von ihr geprüften Schlussrechnung komme keine rechtsgeschäftliche Qualität zu, insbesondere handele es sich nicht um ein Anerkenntnis. Sie meint, dass die geprüfte Schlussrechnung als Urkunde zum Beweis dafür ausscheide, dass der Klägerin die geltend gemachte Werklohnforderung zustehe. Sie meint, dass das Merkmal der Gegenseitigkeit angesichts der akzessorischen Gesellschafterhaftung erfüllt sei.

7

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage ist gem. § 592 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet.

9

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 9.690,57 € gegen die Beklagte aus §§ 631 Abs. 1 BGB.

10

1.

Nach § 592 ZPO kann ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können.

11

Es brauchen jedoch nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen in dieser Weise durch Urkunden beweisbar zu sein, sondern nur die nach allgemeinen Grundsätzen beweisbedürftigen, also nur die streitigen, nicht aber unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen ( BGHZ 62, 286 ). Trotz dieses Grundsatzes ist allerdings dem Wesen des Urkundenprozesses entsprechend überhaupt eine auf die Klageforderung bezogene Urkunde erforderlich (BGH a.a.O.).

12

Wird - wie hier- ein Vergütungsanspruch aus Werkvertrag geltend gemacht, gehören zu den anspruchsbegründenden Tatsachen der Abschluss des Werkvertrages sowie die Höhe und Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. Letzteres setzt die Leistungserbringung und eine Abnahme (bzw. die Abnahmefähigkeit des Werkes oder das Vorliegen einer Fertigstellungsbescheinigung nach § 641 a BGB ) und bei - wie hier - Vereinbarung der VOB/B die Prüfung und Feststellung der vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechung oder den Ablauf von zwei Monaten nach Zugang einer prüffähigen Schlussrechnung voraus.

13

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

14

Die Klägerin hat die den von ihr geltend gemachten Werklohnanspruch begründenden Tatsachen, soweit erforderlich, mit dem im Verhandlungstermin im Original vorgelegten Zuschlagschreiben, der Abnahmeniederschrift und der geprüften Schlussrechnung bewiesen.

15

Die Parteien haben unstreitig einen Werkvertrag geschlossen, was im Übrigen auch durch das Zuschlagschreiben belegt wird. Das Werk ist unstreitig und ausweislich des Abnahmeprotokolls von der Beklagten abgenommen worden, § 641 Abs. 1 BGB. Der nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B erforderliche Ablauf der zweimonatigen Prüfungsfrist ergibt sich daraus, dass ausweislich der von der Beklagten geprüften Schlussrechnung eine Prüfung am 03.03.2006 erfolgt ist, so dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die prüfbare Schlussrechnung der Beklagten zugegangen ist, so dass die zweimonatige Prüfungsfrist nunmehr verstrichen ist.

16

Schließlich ergibt sich auch die Höhe der zu zahlenden Vergütung aus der geprüften Schlussrechnung, wonach sich die Restforderung der Klägerin auf 9.849,52 € beläuft, so dass der Klägerin unter Berücksichtigung der Zahlung von 158,95 € der Differenzbetrag in Höhe der Klagforderung zusteht. Es kann daher offen bleiben, ob überhaupt allein in dem Vortrag der Beklagten, die Schlussrechnung reiche nicht als Beweis dafür aus, dass der Klägerin die geltend gemachte Werklohnforderung zustehe, ein Bestreiten der sich aus der geprüften Schlussrechnung, die die Klägerin zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht hat, ergebenden Tatsachen hinsichtlich der erbrachten Massen und Leistungen und der vereinbarten Einheitspreise zu sehen ist und ob ein solches Bestreiten hinreichend substantiiert ist. Aus der von der Beklagten geprüften Schlussrechnung ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass die Leistungen von der Klägerin erbracht worden sind und die entsprechenden Einheitspreise vereinbart worden sind. Denn ausweislich der geprüften Schlussrechnung wurden die einzelnen Positionen von der Beklagten geprüft und wie üblich abgehakt, soweit nicht im einzelnen Änderungen vorgenommen worden sind, die von der Klägerin jedoch nicht in Abrede gestellt werden. Ferner wurde sie mit den Vermerken "fachtechnisch geprüft", "sachlich richtig" und "rechnerisch richtig" versehen. Daraus ergibt sich, dass diese Feststellungen auch zutreffend sind, zumal die Beklagte auch keine Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Prüfung erhoben hat.

17

Diese geprüfte Schlussrechnung hat die im Urkundsprozess erforderliche Urkundenqualität. Darunter fallen Schriftstücke jeder Art, gleich ob sie öffentlich, privat, unterschrieben oder nicht unterschrieben, gedruckt, maschinen- oder handgeschrieben sind (Zöller/Greger, ZPO, 25A, § 592 Rn. 15).

18

Auf die Frage, ob es sich bei der geprüften Schlussrechnung um ein Anerkenntnis der Beklagten handelt, kommt es daher nicht an. Aus der Entscheidung des OLG Oldenburg (Baurecht 2001, 831) ergibt sich nichts anderes. Es kann hier dahinstehen, wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn die Beklagte Gegenforderungen aus dem gleichen Bauvorhaben bezüglich der A1 geltend machte, da sie hier Gegenforderungen aus einem anderen Bauvorhaben geltend macht.

19

2.

Die Aufrechnung der Beklagten mit einer Gegenforderung gegen die Klägerin aus dem Bauvorhaben in Höhe von 9.690,57 € wird als im Urkundenprozess unstatthaft zurückgewiesen. Gem. § 598 ZPO sind Einwendungen des Beklagten, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen.

20

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

21

Die Beklagte hat das Bestehen einer Gegenforderung in dieser Höhe, die von der Klägerin bereits vorprozessual und auch in der Klageschrift (Blatt 3 d.A.) bestritten wurde, nicht mit den im Urkundenprozess nötigen Beweismitteln bewiesen. Aus der geprüften Schlussrechnung bezüglich des Bauvorhabens ergibt sich lediglich, dass sich die Beklagte daraus eine Gegenforderung in Höhe von 9.690,57 € errechnet. Dies reicht aber nicht aus, um das Bestehen einer Gegenforderung in dieser Höhe zu beweisen.

22

3. Gem. § 599 Abs. 1 ZPO ist der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte vorzubehalten.

23

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 288 BGB.

24

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 738, 711, 709 Satz 2 ZPO.