Landgericht Hannover
Beschl. v. 03.07.2007, Az.: 3 T 35/07
Abgrenzung der Übertragung von Teileigentum an eine Wohnungseigentümergemeinschaft und der Rückführung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum; Sachenrechtlichen Stellung einer Wohnungseigentümergemeinschaft; Rechtsfähigkeit und Grundbuchfähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 03.07.2007
- Aktenzeichen
- 3 T 35/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 54446
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2007:0703.3T35.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlage
- § 4 WEG
Fundstellen
- NJW-Spezial 2007, 594 (Kurzinformation)
- ZMR 2007, 893-894 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
...
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
am 03.07.2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
die Richterin am Landgericht ... und
den Richter ...
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 1.6.2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover - Grundbuchamt - wird nach einem Beschwerdewert von 46.016, 27 ? auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Gründe
Mit notariellem Kaufvertrag des Notars ... (UR-Nr. 256/2001) vom 8.6.2001 erwarben Herr ... und Herr ... den im Teileigentumsgrundbuch von Hannover von ... eingetragenen 24.859/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung ...,
Flurstück ... Gebäude- und Freifläche, ..., in Größe von 40, 35 a,
Flurstückt ... Gebäude- und Freifläche, ... in Größe von 8, 28 a,
Flurstück ... Gebäude- und Freifläche, ..., in Größe von 19, 29 a, verbunden mit dem Sondereigentum an zwei Räumen im Spitzboden mit Kellerraum Nr. 182 und Sondernutzungsrecht.
Am gleichen Tage schlössen Herr ... und Herr ... mit der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in Hannover den Treuhandvertrag des Notars ... (UR-Nr. 257/2001). Demnach sollten Herr ... und Herr ... das Teileigentum treuhänderisch für die Eigentümergemeinschaft Wunstorfer Landstraße erwerben und halten.
Mit der Urkunde des Notars ... (UR-Nr. 2325/2006) erklärten Herr ... und Herr ... die Auffassung bezüglich des streitgegenständlichen Teileigentums zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft Hannover ....
Mit Schreiben vom 1.3.2007 wurde beim Amtsgericht Hannover - Grundbuchamt - die Eintragung der Auflassung beantragt.
Den Eintragungsantrag hat das Amtsgericht Hannover wie folgt beanstandet:
Zwischenverfügung vom 7.3.2007:
Der beantragten Gründbucheintragung stünden folgende Eintragungshindernisse entgegen:
Der Antrag vom 1.3.2007 könne nicht nachvollzogen werden. Im Grundbuch von ... seien die Veräußerer ... und ... nicht als Eigentümer eingetragen. Auch handele es sich nicht um ein Wohnungsgrundbuch.
Weiterhin wurde vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht als grundbuchfähig bzgl. einer Eintragung als Eigentümer anerkannt werden könne. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei zwar rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnehme (BGH - V ZB 32/05 -, Beschluss vom 2.6.2005). Dies träfe jedoch nicht auf den Erwerb eines Wohnungseigentums zu.
Zwischenverfügung vom 26.3.2007:
Die Entscheidung des BGH habe die sachenrechtliche Stellung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht verändert: Sie ermögliche es ihr nach wie vor nicht, als Gemeinschaft Grundeigentum zu erwerben. Ihr werde lediglich hinsichtlich der Partei- und Beteiligtenfähigkeit für die das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten eine Teilrechtsfähigkeit eingeräumt.
Möglich wäre im vorliegenden Fall weiterhin nur, dass das Teileigentum an alle Mitglieder der Gemeinschaft - unter deren Mitwirkung - in Bruchteilseigentum aufgelassen wird. Diese Vorgehensweise hätte zur Folge, dass bei jedem Eigentumswechsel auch dieser Bruchteil auf den nächsten Erwerber zu übertragen wäre.
Bei der angestrebten Übertragung des Teileigentums an die Wohnungseigentümergemeinschaft könnte jedoch auch die Rückführung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum (§5 Abs. 3 WEG/Schöner, Stöber Grundbuchrecht, 13. Aufl. Anm. 2967) in Betracht kommen. Hierzu sei neben der Auflassung (§4 WEG) - da sich der Miteigentumsanteil ändert - eine Änderung der Teilungserklärung erforderlich: Die in Blatt 5173 gebuchten 24.859/1.000.000 Anteile müssten auf die übrigen Miteigentumsanteile verteilt werden. Sinnvoll wäre es dann, den Zähler zu korrigieren: Die Gemeinschaft wäre so künftig Eigentümerin an 975.141/975.141 Anteilen am Grundstück. Erforderlich wären in diesem Fall zu der Auflassung und zu der Änderungserklärung die Mitwirkung bzw. Zustimmung aller Miteigentümer in der Form des §29 GBO (§4 WEG). Vorab müsste die Löschung der noch eingetragenen Auflassungsvormerkung Abt. II Nr. 9 - für Frau ... persönlich - erfolgen.
Da aufgrund der vorlegenden Urkunde keine Eintragung erfolgen könne, müsse der Antrag zurückgewiesen werden.
Durch Beschluss vom 25.4.2007 wies das Amtsgericht Hannover - Grundbuchamt - den Antrag auf Eigentumsumschreibung zurück. Dies wurde wie folgt begründet:
Mit seiner Entscheidung vom 2.6.2005 halte der BGH die Wohnungseigentümergemeinschaft - soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt - für teilrechtsfähig. Verfahrensrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit sei die Partei- und Beteiligtenfähigkeit hinsichtlich des Verwaltungsvermögens. In Bezug auf Forderungen und Verbindlichkeiten könne sie klagen und verklagt werden, ohne dass es noch auf den aktuellen Mitgliederstand ankäme.
Das Vermögen der Gemeinschaft bestehe aber nicht aus dem gemeinschaftlichen Eigentum am Grundstück, es beschränke sich auf das Hausgeldkonto einschließlich vorhandener Rücklagen.
Das gemeinschaftliche Eigentum sei - ebenso wie das Sondereigentum - den Wohnungs- und Teileigentümern persönlich zugeordnet. Ein Zuerwerb des in Blatt ... eingetragenen Teileigentums durch die Eigentümer könne nur in der Form erfolgen, dass es unter Mitwirkung aller Mitglieder der Gemeinschaft - und Zustimmung der dinglich Berechtigten - dem Gemeinschaftseigentum zugeschrieben werde. Erforderlich sei hier die Auflassung an alle Miteigentümer zu gleichen Anteilen, wie sie an dem für die Bildung des Wohnungseigentums herangezogenen Grundstücks bereits bestehen würden.
Die Vollmachten der Verkäufer und der Verwalterin seien zu ungenau. Aus den Urkunden müsse klar erkennbar sein, welche Personen handeln dürften. Es sei ferner erforderlich, dass vor Notar bescheinigt werde, dass - und wann - ihm die Vollmachtsurkunden im Original vorgelegen haben.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 1.6.2007. Das Amtsgericht Hannover - Grundbuchamt - hat diese Beschwerde mit Beschluss vom 6.6.2007 nicht abgeholfen.
II.
Die nach §71 GBO, 1 Abs. 1 RpflG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Fähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Erwerb vor Grundbesitz verneint.
Zur Begründung wird auf die Zwischenverfügungen und den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Hannover verwiesen. Die Änderung der Rechtsprechung zur Rechts- und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts hat nicht insgesamt zur Änderung der Sach- und Rechtslage geführt. Nach der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 soll die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nur rechtsfähig sein, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Daher ist zu verlangen, dass der Eigentumserwerb als Maßnahme einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des §21 Abs. 3 WEG angenommen werden kann. Diesbezüglich fehlt jeglicher Vortrag der Beschwerdeführerin.
Gegen eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung spricht weiterhin, dass der Begriff der ordnungsgemäßen Verwaltung von einer Bewirtschaftung des bestehenden Eigentums ausgeht, und nicht von einer Erweiterung des solchen. Nach §24 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer, wenn die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung geregelt ist, eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechender ordnungsgemäßer Verwaltung durch Mehrheitsbeschluß regeln. Entsprechend der von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Anmerkung des Rechtsanwalts ... zum Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.6.2006 scheint es zweifelhaft, ob Miteigentümer überhaupt über die Möglichkeit verfügen, mit Mehrheit über die Anschaffung eines Wohnungs- oder Teileigentumsrechts zu Gunsten des Verbandes beschließen zu können. Dies hätte zur Folge, dass der eir zelne Wohnungseigentümer durch den Zuschlag als Verbandsmitglied zum Miteigentümer einer weiteren, ebenfalls mit (Kostentragungs-) Pflichten verbundenen Einheit, wird, so dass der mehrheitliche überstimmte Miteigentümer gegen seinen Willen für weitere, über sein ursprünglich erworbenen Anteil hinausgehenden Lasten unmittelbar einzustehen hätte.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann daher nicht als grundbuchfähig bzgl. einer Eintragung als Eigentümer anerkannt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §131 Abs. 1 KostO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §30 Abs. 2 KostO.