Landgericht Hannover
Beschl. v. 04.07.2007, Az.: 23 O 88/07
Eintragung des Beherrschungsvertrages und Gewinnabführungsvertrages; Zustimmungsbeschluss bei der außerordentlichen Hauptversammlung ; Corporate Governance
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 04.07.2007
- Aktenzeichen
- 23 O 88/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 55073
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2007:0704.23O88.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 27.11.2007 - AZ: 9 W 100/07
Rechtsgrundlagen
- § 246a AktG
- § 16 Abs. 3 S. 1 UmwG
- § 20 Abs. 2 UmwG
Fundstellen
- AG 2007, 825-827 (Volltext mit red. LS)
- DStR 2007, XIII Heft 39 (Kurzinformation)
- ZIP 2007, 2218-2221 (Volltext mit red. LS)
In dem aktienrechtlichen Freigabeverfahren
...
hat die 3 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung
am 4. Juli 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht und
die Handelsrichter ...
beschlossen:
Tenor:
Der Freigabeantrag vom 7. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu 5. und 8.. Die Antragsgegner zu 5. und 8. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Gegenstandswert wird auf 180.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Freigabeantrag vom 7. Mai 2007 ist unbegründet, weil ein Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin für ihn nicht festgestellt werden kann. Der Antrag ist deshalb auf Kosten der Antragstellerin zurückzuweisen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der vormaligen Antragsgegner zu 5. und 8. ist eine gesonderte Kostenentscheidung geboten.
II.
Die Antragstellerin als abhängige Gesellschaft schloss am 20. Dezember 2006 mit ihrer an ihrem Grundkapital zu 77,82 % beteiligten Hauptaktionärin, der ... in Düsseldorf, als herrschendem Unternehmen, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. In der vor allem dazu eigens einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin am 6. Februar 2007 stimmte diese mit sehr großer Mehrheit (98,69 %) dem Vertrag zu.
Die der Beschlussfassung vorangehende Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt verlief kontrovers. Es wurden Einwendungen geltend gemacht, zahlreiche Fragen gestellt und eine Reihe von Widersprüchen gegen die Beschlussfassung zu Protokoll erhoben.
Kurzfristig nach Abschluss der Hauptversammlung meldete der Vorstand der Antragstellerin den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 20. Dezember 2006 zur Eintragung in das Handelsregister (HRB 3073 Amtsgericht Göttingen) an. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 1. März 2007. Sie wurde am 24. April 2007 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht.
Gegen den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung am 6. Februar 2007 zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 20. Dezember 2006 wurden 16 Anfechtungsklagen erhoben. Die beim Landgericht Göttingen eingegangenen Klagen (3 O 30/07 und folgende) sind nach deren Verbindung zu einem Verfahren an das Landgericht Hannover als dem für diese Streitgegenstände für das Land Niedersachsen ausschließlich zuständigen Konzentrationsgericht, dem Landgericht Hannover, verwiesen worden. Das Anfechtungsverfahren trägt beim Landgericht Hannover das Aktenzeichen 23 O 63/07 Dem Verfahren 23 O 63/07 sind vier Nebenintervenienten beigetreten. Durch Schriftsätze vom 30. April 2007 haben zwei der Anfechtungskläger, die zu 5. und 8. des Anfechtungsverfahrens, die Antragsgegner zu 5. und 8. des vorliegenden Verfahrens, ihre Anfechtungsklagen zurückgenommen.
Auf dieses Anfechtungsverfahren und auf die dort geltend gemachten Anfechtungsgründe bzw. Anfechtungsgesichtspunkte, die sich - wertend geordnet - in 47 Einzelthemen zu 16 Sachverhaltskomplexen aufgliedern, und wegen dessen Inhalt im einzelnen auf die Akten des Verfahren 23 O 63/07 Bezug genommen wird, bezieht sich der Freigabeantrag der Antragstellerin vom 7. Mai 2007, der am 8. Mai 2007 beim Landgericht Hannover einging.
Der Antrag wurde zunächst gegen alle Kläger des Anfechtungsverfahrens gerichtet. Durch Schriftsatz vom 14. Mai 2007 wurde der Freigabeantrag gegen die Antragsgegner zu 5. und 8. zurückgenommen, nachdem der Antragstellerin die Klägerücknahmen der Anfechtungskläger zu 5. und 8. des Anfechtungsverfahrens, den Antragsgegnern zu 5. und 8. des vorliegenden Freigabeverfahrens, bekannt geworden waren.
Die Antragstellerin sieht ein Rechtsschutzbedürfnis für ihren Freigabeantrag trotz der bereits erfolgten Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 20. Dezember 2006 in das Handelsregister.
Der Freigabeantrag sei auch begründet. Den Anfechtungsklagen der Antragsgegner zu 1. und 16. (Kläger zu 1. und 16.) fehle bereits die Anfechtungsbefugnis. Sämtliche der in den aufrecht erhaltenen Anfechtungsklagen vorgebrachten Anfechtungsgründe seien offensichtlich unbegründet. Jedenfalls sei ihr und ihrer Hauptaktionärin Interesse an einer alsbald festzustellenden Wirksamkeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 20. Dezember 2006 gegenüber dem Gewicht der vorgebrachten Anfechtungsgründe als vorrangig anzusehen.
Wegen der dazu im einzelnen von der Antragstellerin vorgetragenen Tatsachen und vorgebrachten Gesichtspunkte wird auf die Schriftsätze vom 7. Mai 2007 (Blatt 1 bis 95 d.A.), 15. Juni 2007 (Blatt 219 bis 234 d.A.), 26. Juni 2007 (Blatt 268 bis 281 d.A.), 2. Juli 2007 (Blatt 296 f d.A.) und 3. Juli 2007 (Blatt 298-307 d.A.) und der damit zusammen und nachfolgend zu den Akten gegebenen Anlagen AS1 bis AS37 (zwei breite Stehordner) Bezug genommen.
Die verbliebenen Antragsgegner sind dem Freigabeantrag entgegengetreten.
Wegen der dazu vorgetragenen Tatsachen und vorgebrachten Erwägungen wird auf die Schriftsätze vom 4. Juni 2007 (Blatt 139 bis 148 d.A.; Antragsgegnerin zu 4.), 4. Juni 2007 (Blatt 153 bis 156 d.A.; Antragsgegner zu 11.), 13. Juni 2007 (Blatt 177 bis 186 d.A.: Antragsgegner zu 14.), 13. Juni 2007 (Blatt 188 bis 200 d.A.; Antragsgegner zu 13.), 14. Juni 2007 (Blatt 201 bis 203 d.A.; Antragsgegner zu 3.), 15. Juni 2007 (Blatt 204 bis 206 d.A.: Antragsgegner zu 2.), 13. Juni 2007 (Blatt 207 bis 216 d.A.; Antragsgegnerin zu 1.) und 2. Juli 2007 (Blatt 285 bis 294 d.A.; Antragsgegner zu 7.) Bezug genommen.
Den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2007 dokumentiert die Sitzungsniederschrift Blatt 308 f d.A.. Dort sind auch die Anträge beurkundet, die die Verfahrensbevollmächtigten der Parteien zum Freigabeverfahren gestellt haben.
III.
Der Freigabeantrag vom 7. Mai 2007 ist zurückzuweisen, weil ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für weitere Wirksamkeitsfeststellungen betreffend den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 20. Dezember 2006 zwischen ihr und der ... nicht mehr festgestellt werden kann, nachdem der Vorstand der Antragstellerin die Eintragung des Vertrages in das Handelsregister bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist für Klagen gegen den Zustimmungsbeschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin am 6. Februar 2007 gestellt hat, obwohl nach dem Verlauf der Hauptversammlung und in Ansehung der dort gegen die Entscheidung erhobenen Widersprüche mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Erhebung von Anfechtungsklagen zu rechnen war, und die Eintragung des Unternehmensvertrages im Handelsregister tatsächlich auch erfolgt ist und dieses zeitlich wiederum bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist.
1.
Ein Freigabeantrag nach § 246 a AktG betreffend einen Unternehmensvertrag nach den §§ 291 bis 307 AktG dient der gerichtlichen Feststellung, dass die Erhebung einer Anfechtungsklage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des zugrundeliegenden Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberüht lassen (§ 246 a Abs. 1 AktG).
Das Freigabeverfahren nach § 246 a AktG, unter anderem auch im Hinblick auf Anfechtungsverfahren zu Unternehmensverträgen, wurde mit Wirkung vom 1. November 2005 durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. September 2005 (UMAG) neu in das aktienrechtliche Rechtsschutzverfahrenssystem eingeführt und ergänzte die bereits zuvor gesetzlich eingerichteten Freigabeverfahren zu bestimmten grundlegenden Unternehmensstrukturmaßnahmen. Allen diesen Unternehmensstrukturmaßnahmen waren und sind ihre rechtsgestaltenden Folgewirkungen gemeinsam. Gerade deshalb ist die Rechtswirksamkeit der Gestaltungsakte konstitutiv durch die Eintragung der jeweiligen Strukturmaßnahme in das Handelsregister bedingt. Gerade wegen der einschneidenden rechtlichen Gestaltungswirkungen besteht für alle diese Sachverhaltsgruppen eine handelsregisterliche Registersperre, gesichert durch die für die Eintragung unerlässliche Wissenserklärung des Vorstands der anmeldenden Gesellschaft, dass Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen nicht erhoben oder solche rechtskräftig abgeschlossen sind (Negativerklärung). Zur Überwindung dieser Registersperre bei noch nicht endgültig abgeschlossenen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsverfahren bestanden bereits vor Inkrafttreten des UMAG die in jeweils gesetzlichen Einzelregelungen normierten gerichtlichen Freigabeverfahren.
Durch die Einfügung von § 246 a AktG in das System der aktienrechtlichen Rechtsschutzverfahren griff der Gesetzgeber die Empfehlung der Regierungskommission Corporate Governance auf, den Kreis der Unternehmensstrukturentscheidungen, für die sich ergänzend solche Freigabeverfahren empfehlen könnten, zu erweitern und deshalb das bisherige aktienrechtliche Rechtsschutzsystem zu ergänzen. Die diesbezügliche Empfehlung der Regierungskommission lautet:
"Die Regierungskommission schlägt vor, bei der Anfechtung von Kapitalmaßnahmen (sowohl in börsennotierten als auch in nicht börsennotierten Gesellschaften) und von sonstigen eintragungsbedürftigen Rechtsakten mit Ausnahme einfacher Satzungsänderungen und deklaratorischer Eintragungen eine formelle Registersperre nach dem Vorbild des § 16 Abs. 2 UmwG sowie ferner in den genannten Fällen eine Heilungswirkung der Registereintragung nach dem Vorbild des § 20 Abs. 2 UmwG vorzusehen. Darüber hinaus wird bei diesen Vorgängen die Einführung eines Freigabeverfahrens vor dem Prozeßgericht nach dem Vorbild des § 16 Abs. 3 UmwG empfohlen."
(zitiert nach Theodor Baums (Hrsg.), Köln: 2001, Seite 178) |
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Diese Empfehlung der Regierungskommission ist konsequent in das bisherige aktienrechtliche Rechtsschutzsystem eingefügt und entsprechend verfahrensrechtlich ausgestaltet.
Die gesetzliche Umsetzung dieses Vorschlags ist jedoch nur teilweise erfolgt, nämlich durch wortgleiche Übernahme von Teilen des Gesetzestextes des § 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG (" ... daß die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht.") und des § 20 Abs. 2 UmwG (" ... Mängel ... lassen die Wirkungen der Eintragung ... unberührt") in die tatbestandlichen Voraussetzungen des neu eingerichteten Freigabeverfahrens nach § 246 a AktG. Die beiden dem Umwandlungsgesetz entnommenen Textteile werden dabei in § 246 a Abs. 1 AktG durch die Konjunktion "und" verbunden. Das bedeutet, dass sowohl die eine als auch die andere normative Voraussetzung vorliegen muss, um den Freigabeantrag tragen, nämlich zulässig machen zu können.
Das dritte von der Regierungskommission Corporate Governance empfohlene Element zur Erweiterung des bisherigen, auch und insbesondere im Umwandlungsrecht bestehenden Rechtsschutzsystems, nämlich die Registersperre mit Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 UmwG, hat der Gesetzgeber des § 246 a AktG nicht übernommen. Insoweit blieb es mithin bei der auch vor Einfügung des § 246 a AktG in Bezug auf Unternehmensverträge bestehenden Rechtslage, dass insoweit eine Registersperre nicht besteht, obwohl und weil § 294 Abs. 2 AktG auch hier die Wirksamkeit derartiger Verträge konstitutiv an die Eintragung in das Handelsregister anknüpft.
Trotzdem wurde in die Neufassung des § 246 a Abs. 1 AktG der eine handelsregisterliche Sperre gerade voraussetzende Textbestandteil des § 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG ohne jede abweichende sprachliche Nuance übernommen und zudem noch kumulativ ("und") mit der § 20 Abs. 2 UmwG entlehnten weiteren Voraussetzung für das Freigabeverfahren verbunden.
Wie sich aus der Regierungsbegründung zu § 246 a AktG ergibt, ist die darin liegende Problematik der gesetzlichen Neuregelung durchaus gesehen und deren Risiko erkannt worden. Die in diesem Zusammenhang ausgesprochene Erwägung: "Es erscheint nicht ausgeschlossen, die Freigabeentscheidung auch dann noch zu beantragen, wenn der Hauptversammlungsbeschluss bereits eingetragen worden ist" ist demgegenüber eher als Hoffnung zu deuten, dies möge so gesehen werden, denn als Dokumentierung eines eindeutigen Willens, dass dies auch so sein soll.
Allenfalls kann der danach feststellbare Befund in Bezug auf den Regelungsgehalt der gesetzlichen Neuregelung des § 246 a Abs. 1 AktG dahin gedeutel werden, dass die Entscheidung dieser Frage der Rechtsprechung und den durch sie dabei festzustellenden und zu bewertenden konkreten Umständen des einzelnen, jeweils zum Spruch stehenden Falles überlassen werden und bleiben solle.
2.
Die konkreten Umstände im vorliegenden von der Antragstellerin zum Spruch gestellten Freigabeverfahren geben keinen Anlass, ein danach ausnahmsweise etwa noch in Betracht zu ziehendes Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin im Hinblick auf die angefochtene Zustimmung ihrer Hauptversammlung am 6. Februar 2007 zu dem am 20. Dezember 2006 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen ihr und ihrer Hauptaktionärin zu bejahen.
a)
Denn der Vorstand der Antragstellerin hat sehenden Auges, nämlich trotz der sich auch für ihn geradezu aufdrängenden, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden, demnächst zu erhebenden Anfechtungsklagen zeitlich unmittelbar nach der Hauptversammlung die Eintragung des Unternehmensvertrages zum Handelsregister angemeldet. Der Vorstand der Antragstellerin hat sich dadurch bewusst und gewollt über die ihm durch seine Teilnahme an der Hauptversammlung bekannt gewordenen Bedenken und Einwendungen von Anteilsinhabern der Antragstellerin am Inhalt des Unternehmensvertrages vom 20. Dezember 2006 hinweggesetzt.
Eine auf die Ausführungspflicht des Vorstands nach § 83 Abs. 2 AktG zu stützende unabweisbare Rechtspflicht, sofort und auch bereits vor Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) die Eintragung zum Handelsregister anzumelden, bestand nicht. Denn es ist dem Vorstand einer Aktiengesellschaft regelmäßig nicht vorwerfbar, konkret im Räume stehenden Rechtsschutzbegehren von Anteilseignern jedenfalls die zeitlich kurze Gelegenheit zu belassen, die das Gesetz ihnen einräumt.
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). wozu auch und insbesondere die Gleichbehandlung der Aktionäre unter gleichen tatsächlichen Voraussetzungen gehört (§ 53 a AktG).
Vor Eintritt der erst durch die Eintragung des Vertrages vom 20. Dezember 2006 in das Handelsregister bedingten Wirksamkeit des Vertrages (§ 294 Abs. 2 AktG) durfte der Vorstand der Antragstellerin die willensbeeinflussenden Wirkungen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages noch nicht vorwegnehmen.
Dies schließt nicht zwangsläufig aus, nach pflichtgemäßer Prüfung und Erwägung all dessen gleichwohl die rechtlich unzweifelhaft mögliche Eintragung des Unternehmensvertrages zum Handelsregister auch bereits zu dem Zeitpunkt anzustreben und auf den Verfahrensweg zu bringen, der sodann eingeleitet und beschriften wurde. Wer dies, wie die Antragstellerin, die sich das Handeln ihres Vorstands zurechnen lassen muss (§§ 76 Abs. 1, 78 AktG), allerdings in Ansehung und in Kenntnis der konkret erwartbaren Risiken umsetzt, nimmt sich selbst die rechtliche Basis für das Begehren, dabei etwa noch bestehende Bedenken und Zweifel durch gerichtliche Entscheidung abgenommen zu bekommen und von etwa verbleibenden Unwägbarkeiten entlastet zu werden. Da die Antragsstellerin durch die Eintragung vollendende Tatsachen geschaffen hat, muss sie es hinnehmen, dass dann auch die Rechte von Minderheitsaktionären im normalen Verfahren geltend gemacht und dort geprüft werden.
b)
Zu den konkreten Umständen des Einzelfalls, die bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin für ihren Freigabeantrag vom 7. Mai 2007 zu berücksichtigen sind, gehört auch, dass der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 20. Dezember 2006 kraft gesetzlicher Anordnung (§ 294 Abs. 2 AktG) wirksam geworden ist und damit zwischen den vertragsschließenden Parteien vollzogen werden kann. Alles das durch den Vertragsschluss Angestrebte oder zumindest Erhoffte kann ins Werk gesetzt werden. Die Antragstellerin - ihr Vorstand - hatte es selbst in der Hand, den Weg des aus ihrer Sicht vermeintlich weniger Rechtssicherheit bietenden handelsregisterlichen Eintragungsverfahrens zurückzustellen und stattdessen den Weg eines Freigabeverfahrensantrags nach § 246 a AktG vorzuziehen.
Diese beiden parallelen, alternativ zur Verfügung stehenden Wege sind auch das, was durch die getroffene gesetzgeberische Entscheidung zu § 246 a AktG im Kern erreicht werden sollte und eröffnet worden ist. Aus der gesetzgeberischen Entscheidung für alternative Verfahrenswege bei der Umsetzung von Unternehmensentscheidungen, die der Eintragung im Handelsregister bedürfen, und dem für sie bestehenden in das pflichtgemäße Ermessen der Unternehmensleistung gestellten Wahlrecht folgt aber nicht zugleich auch das Recht, beide Wege kumulativ in Anspruch nehmen zu können.
Das System des gerichtlichen Individualrechtsschutzes gebietet keine Doppelbeanspruchung. Dafür ist die Ressource Rechtsprechung zu wertvoll und gleichzeitig zu knapp bemessen.
Dies gilt auch und insbesondere für den Bereich der vielfach stark umstrittenen unternehmensinternen Willensbildungsprozesse und der konflikthaften Auseinandersetzung zwischen Mehrheiten und Minderheiten dort. Gerade um ihre Distanz zu den gegensätzlichen Interessen zu halten und ihre ausgleichende und befriedende Funktion zu erhalten, muss die Rechtsprechung bei ihren Interventionen in die Auseinandersetzungsprozesse zwischen den Anteilseignern von Gesellschaften große Zurückhaltung üben und zwar vor allem auch deshalb, weil gerade dies einer freiheitlichen Wirtschafts- und Rechtsordnung entspricht.
Das schließt nicht aus, dass auch durch die Rechtsprechung groben und offensichtlichen Mißbräuchen entschieden entgegengetreten werden muss.
Es ist derzeit nicht zu erkennen, dass durch das Anfechtungsverfahren 23 O 63/07 grob mißbräuchliche Rechtsschutzbegehren von Minderheitsaktionären verfolgt würden und zwar selbst dann nicht, wenn sich die Anfechtungsgründe in der einen oder anderen Hinsicht als weniger oder mehr oder vielleicht auch als gar nicht begründet herausstellen sollten. Denn durch den von der Antragstellerin selbst ausgewählten und beschrittenen Weg ist die Wirksamkeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 20. Dezember 2006 nach § 294 Abs. 2 AktG bereits erreicht worden und eingetreten. Das reicht zur Wahrung der Interessen der Antragstellerin im Augenblick vollständig aus. Um anderes - gegebenenfalls mehr - zu erreichen, hätte die Antragstellerin den ihr ebenfalls zur Verfügung stehenden Weg wählen können und dann auch müssen.
IV.
Weil die Antragstellerin danach mit ihrem Freigabebegehren erfolglos bleiben muss, hat sie auch die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Die Pflicht der Antragstellerin zur Tragung der Verfahrenskosten ändert sich nicht dadurch, dass die Antragstellerin ihren Freigabeantrag gegen die Antragsgegner zu 5. und 8. zurückgenommen hat, nachdem ihr bekannt geworden war, dass diese beiden Antragsgegner ihre Anfechtungsklagen zurückgenommen hatten (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Das Freigabeverfahren wäre sachlich nicht anders entschieden und geringere Kosten für die Antragstellerin wären auch nicht entstanden, wenn die Antragsgegner zu 5. und 8. nicht zuvor Anfechtungsklagen erhoben hätte und gegen sie deshalb das Freigabeverfahren nicht gerichtet worden wäre.
Ausgenommen hiervon sind lediglich die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu 5. und 8.. Diese Kosten wären nicht entstanden, wenn diese Antragsgegner nicht zuvor ihre dann wieder zurückgenommenen Anfechtungsklagen erhoben hätten. Die Antragsgegner zu 5. und 8. haben deshalb ihre außergerichtlichen Kosten selbst veranlasst und müssen sie darum auch selbst tragen und zwar auch in dem - eingetretenen - Fall, dass sich das Begehren der Antragstellerin im Ergebnis sachlich als unbegründet erweist, was im Regelfall nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zur Kostentragungspflicht der zurücknehmenden Partei führt, hier jedoch hinter den fehlenden Klagegrund der Antragsgegner zu 5. und 8. für das Anfechtungsverfahren ausnahmsweise zurücktreten muss.
V.
Den Geschäftswert für das Freigabeverfahren hat die Kammer nach § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG geschätzt und ist dabei von der Angabe der Antragstellerin in der Antragsschrift vom 7. Mai 2007 abgewichen. Der wirtschaftliche Wert des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 20. Dezember 2006 rechtfertigt an sich einen sehr viel höheren Wertansatz (§ 247 Abs. 1 Satz 2 AktG). Trotzdem hat die Kammer, insoweit abweichend von der Grundregel des § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach es bei der Bewertung allein auf die Sicht der klagenden/antragstellenden Partei ankommen soll, ausnahmsweise an den wirtschaftlichen Wert aus der Sicht der Minderheitsaktionäre angeknüpft, dazu die Höhe der Ausgleichsleistung für lediglich ein Jahr herangezogen (obwohl der Vertrag eine Laufzeit von mindestens 5 Jahren hat) und davon einen sehr erheblichen Abschlag auf nur noch 1/10 gemacht, weil das vorliegende Verfahren ein Eilverfahren ist. In der Wertangabe der Antragstellerin sieht die Kammer keinen Antrag nach § 247 Abs. 2 Satz 1 AktG, der eine nach Verfahrensbeteiligten und Kostengruppen differenzierende Wertbestimmung erforderlich machte.