Landgericht Hannover
Urt. v. 18.01.2007, Az.: 14 O 253/05
Beendigung der Stellung als Partei kraft Amtes im Zwangsverwaltungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 18.01.2007
- Aktenzeichen
- 14 O 253/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 56447
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2007:0118.14O253.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 26.03.2007 - AZ: 2 U 49/07
Rechtsgrundlage
- § 152 ZVG
...
hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 09.11.2006
durch
den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 25.01.2005 zum Zwangsverwalter für den im Grundbuch von ... eingetragenen Grundbesitz des ... bestellt worden. Die Beklagte ist Mieterin von auf dem Grundbesitz in der ... befindlichen Büro- und Betriebsräumen. Als Kaltmiete vereinbart ist ein Betrag von 2.520,67 EUR zuzüglich Nebenkosten von 444,83 EUR, jeweils incl. MWSt.
Der Kläger behauptet, die Beklagte sei der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses nebst Nebenkosten nur unzureichend nachgekommen, weshalb sämtliche offenen Mietforderungen seit Februar 2004, die gemäß §8 ZwVwV, §§1123, 1125 BGB von der Beschlagnahme erfasst seien, geltend gemacht werden.
Die Beklagte habe mit Schreiben vom 02.06.2005 mitteilen lassen, dass die Miete ab Oktober 2002 um 15 % gemindert worden sei. Darüber hinaus solle aufgrund weiterer - bestrittener - Ankündigung die Miete um weitere 20 % zum 01.05.2004 gemindert worden sein. Danach sei die Beklagte verpflichtet, ab Mai 2004 1.303,79 EUR zu entrichten. Aufgrund einer - bestrittenen - weiteren Ankündigung vom 06.09.2004 solle die Miete zum 01.10.2004 - nochmals - um 25 % gekürzt worden sein, so dass - unstreitig - ab Oktober 2004 760,54 EUR zu entrichten seien.
Unter Berücksichtigung dieses Vortrages sei die Beklagte verpflichtet gewesen, für Februar bis April 2004 jeweils 1.738,39 EUR zu zahlen, mithin insgesamt 5.215,17 EUR; für die Monate Mai bis September 2004 dann monatlich 1.303,79 EUR, mithin insgesamt 6.518,95 EUR. Für die Zeit seit Oktober 2004 seien monatlich 760,54 EUR Kaltmiete geschuldet, woraus sich bis Juni 2005 ein Gesamtbetrag von 6.844,86 EUR errechne. Auf den Gesamtbetrag von 18.578,98 EUR sei die Mehrwertsteuer in Höhe von 2.972,63 EUR zu addieren sowie die monatlichen Nebenkosten von je 444,82 EUR incl. MWSt., woraus sich eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 29.113,63 EUR errechne. Vor Anordnung der Zwangsverwaltung habe die Beklagte aufgrund einer Mietabtretung an die betreibende Gläubigerin am 05.03.2004 1.211,95 EUR, am 16.04.2004 1.404,52 EUR, am 07.05.2004 1.738,39 EUR, am 02.06.2004 1.303,79 EUR und am 10.08.2004 weitere 1.303,79 EUR gezahlt. An den Kläger als Zwangsverwalter habe sie für die Monate Februar, März und April 2004 Zahlungen in Höhe von 760,54 EUR entrichtet. Insgesamt seien dadurch Zahlungen in Höhe von 9.244,06 EUR durch die Beklagte geleistet worden, so dass ein Differenzbetrag in Höhe von 19.869,57 EUR offen sei.
Diesen Betrag hat der Kläger zunächst mit der Klage geltend gemacht, wobei er auch bestritten hat, dass Nebenkosten von der Beklagten direkt an die Versorger entrichtet worden seien. Unzutreffend sei zudem, dass mit Schreiben vom 28.04.2005 weitere Minderungen angekündigt worden seien. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben, so dass weitere Minderungen unberechtigt seien.
Der Kläger trägt weiter vor, weiterhin aktivlegitimiert zu sein auch nachdem das Amtsgericht Neustadt durch Beschluss vom 20.09.2005 das Zwangsverwaltungsverfahren nach Antragsrücknahme der Gläubigerin aufgehoben hat, weil das Amtsgericht in dem Beschluss u.a. den Verwalter ermächtigt habe, seine Tätigkeit in Teilbereichen fortzusetzen, soweit dies für den ordnungsgemäßen Abschluss der Zwangsverwaltung erforderlich ist.
Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger weitere Zahlungen der Beklagten an die Gläubigerbank in Höhe von insgesamt 1.144,62 EUR unstreitig gestellt.
Weil die Beklagte bis zur Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens am 20.09.2005 zur Zahlung der Miete in Höhe von mindestens 760,54 EUR monatlich auch für die Monate Juli, August und September 2005 verpflichtet gewesen sei, hat der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 28.02.2006 um den Betrag von 2.281,62 EUR (vermindert um die unstreitig gezahlten weiteren 1.144,62 EUR) auf 21.006,57 EUR erweitert.
Der Kläger trägt mit Schriftsatz vom 03.04.2006 weiter vor, derzeit werde lediglich der unstreitige ab Oktober 2004 zu entrichtende Mietzins in Höhe von 760,54 EUR geltend gemacht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.151,19 EUR nebst 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 19.869,57 EUR seit dem 17.06.2005 sowie auf 2.281,62 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie beruft sich darauf, dass sie das Objekt für die Produktion und den Betrieb von Textilien angemietet habe. Im Produktionsbereich und auch im Vertriebsbereich sei auf peinlichste Sauberkeit zu achten, damit Ware und Image nicht leide. Weil der Vermieter trotz mehrfacher schriftlicher Mängelrüge unter Ankündigung von Mietminderungen wegen der angezeigten Schäden an Außenrollläden, an den Eingangstüren sowie an der Tür zum Dach im ersten Stock keine Abhilfe geschaffen habe, Weil durch die Außenhaut des Gebäudes Wasser in die angemieteten Räume eingedrungen sei, wodurch der Putz an diesen Stellen in großen Mengen abgeblättert sei, was zu weiteren Schäden an den Materialien und im Bürobereich an den Bürogeräten geführt habe, die Räumlichkeiten durch die Wasserschäden zudem optisch so hässlich geworden seien, dass ein repräsentativer Zweck gegenüber Geschäftspartnern nicht mehr erreicht werden konnte, sei die Miete zunächst ab dem 01.01.2002 um weitere 5 % gemindert worden, mit Schreiben vom 16.08.2002 dann in Höhe von 15 %. Weil im Oktober 2002 die Heizung in den Betriebsräumen vollständig ausgefallen sei und auch trotz Aufforderung vom Vermieter keine Abhilfe geschaffen worden sei, sei eine Mietminderung von 50 % angekündigt worden.
Mit Schreiben vom 28.02.2003 habe die Beklagte dann den Vertretern des Vermieters mitgeteilt, dass um Nachweis gebeten werde, dass aus den Nebenkostenvorauszahlungen tatsächlich Zahlungen an die Stadtwerke für Gas und Strom fließen, weil die Stadtwerke schon angedroht hatten, Strom und Gas abzustellen, weil der Vermieter aus den Nebenkostenvorauszahlungen die Vorauszahlungen für Strom und Gas nicht geleistet hatte. Im Juni 2004 bekannt geworden, dass vermieterseits an Energie- und Wasserversorger keinerlei Zahlungen geleistet werden und die Versorger drohten, die Versorgung einzustellen. Mit Schreiben vom 14.06.2004 habe die Beklagte dem Vermieter mitgeteilt, dass Zahlungen an den Wasserverband nunmehr unmittelbar durch die Beklagte erfolgen, weshalb die Nebenkostenvorauszahlungen dementsprechend gekürzt würden. Im August würden bereits sämtliche Nebenkosten von der Beklagten direkt bezahlt, weil weder der Eigentümer noch die ... die Versorger bezahlt hätten.
Mit Schreiben vom 30.03.2004 habe die Beklagte dann mitgeteilt, dass sich der Zustand des Gebäudes weiter verschlechtert habe, immer mehr Wasser eindringe und die Wände durchfeuchten. Es komme immer wieder zu Produktionsstörungen und Schädigungen des Materials sowie der Einrichtung und der Geräte; die Putzrisse hätten sich verstärkt, das Erscheinungsbild des Gebäudes könne mit verwahrlost bezeichnet werden. Eine weitere Mietminderung ab Mai 2004 in Höhe von 20 % sei angekündigt worden.
Im August 2004 sei es zu einem weiteren starken Wassereinbruch im Büro des Geschäftsführers der Beklagten gekommen, weil Wasser durch Decke und Fensterkästen eingedrungen sei, zudem auch bereits auf Fußbodenhöhe, weil Wasser vom Dach her in die Wände hineingelaufen sei und an den Wänden und auch unten an den Wänden wieder ausgetreten sei.
Nachdem die Mängelrügen insgesamt nichts gefruchtet haben und es erneut zu starkem Wassereinbruch gekommen sei, habe die Beklagte eine Notreparatur durchführen lassen, damit beim nächsten Regenguss nicht sofort wieder die Produktion gestoppt werden musste und durch das Wasser die Ware verderbe. Der Dachdecker ... habe am 25.08.2004 mitgeteilt, dass der Zustand des Daches einfach katastrophal sei, von einer Dachabdichtung keine Rede sein könne. Die Notreparatur habe lediglich eine gewisse Erleichterung verschaffen können, jedoch die Mängel nicht beseitigen können. Sie sei als Mindestmaßnahme erforderlich gewesen, damit überhaupt eine Restnutzung des Gebäudes möglich gewesen sei. Mit Schreiben vom 06.09.2004 sei eine weitere Mietminderung von 25 % geltend gemacht worden und mit den Kosten der Notreparatur und einer Zahlung der Beklagten an die Stadtwerke für Rückstände des Eigentümers aus einer Zeit, zu der die Nebenkostenvorschüsse noch bezahlt worden seien, die Aufrechnung erklärt worden. Diese Aufrechnung sei für den Monat August 2004 erfolgt. Die monatliche Zahlung an den Zwangsverwalter sei ab Oktober 2004 auf 760,54 EUR bestimmt worden.
Auch am 12.01.2005 seien die Schäden nicht beseitigt gewesen, sondern hätten ganz erheblich zugenommen, weshalb der Dachdecker ... in seinem Schreiben vom 12.01.2005 den Fortschritt der Zerstörung des Hauses dokumentiert habe.
Weil in die elektrische Anlage zwischenzeitlich ebenfalls Wasser eingedrungen sei, funktionierten Steckdosen und Schalter nicht mehr. Es sei lebensgefährlich, diejenigen, die noch Strom führten, zu benutzen.
Die Beklagte betreibe zwischenzeitlich die Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Neustadt. Der dort eingeschaltete Gutachter habe bei einer Besichtigung vor Ort festgestellt, dass das Gebäude marode sei, keinen Mietwert mehr habe und nur noch abgerissen werden könne. Eine Mietminderung von 100 % sei angesichts der vorhandenen Mängel gerechtfertigt. Das Grundstück sei im Wert durch das aufstehende Gebäude gemindert, weil vor Nutzung des Grundstückes das Gebäude zunächst abgerissen werden müsse. Die Beklagte mache zudem für die Vermieterseite erkennbar seit längerem auch von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, soweit der Mietzinsanspruch nicht ohnehin wegen Minderung erloschen sei.
Soweit das Amtsgericht Neustadt mit Beschluss vom 20.09.2005 das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben habe, gehe aus dem Beschluss nicht hervor, dass der Kläger nach wie vor Zahlung an sich verlangen könne. Zudem sei der Kläger nicht aktivlegitimiert, weil durch die Antragsrücknahme die Prozessbefugnis des Zwangsverwalters ende. Erst recht nicht könne er nach Antragsrücknahme auf Zwangsverwaltung oder Aufhebung der Zwangsverwaltung die Klage erweitern und/oder den Klagegegenstand wechseln.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage erweist sich aufgrund der im Laufe des Verfahrens eingetretenen veränderten Umstände als unbegründet.
Zwar ist der Kläger auch nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens nach Antragsrücknahme durch die das Verfahren betreibende Gläubigerin, die ..., weiterhin berechtigt, dass vorliegende Verfahren weiter zu betreiben, was sich unschwer der Ziffer 4 a des Beschlusses des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 20.09.2005 - 84 L 3/05 - entnehmen lässt, wonach der Zwangsverwalter zur Abwicklung seiner Tätigkeit anhängige Prozesse nach pflichtgemäßer Entscheidung fortsetzen darf.
Der Kläger ist hingegen nach dem weiteren Inhalt des Beschlusses des Amtsgericht Neustadt a. Rbge. vom 20.09.2005 nicht länger berechtigt, Zahlung der begehrten Mietzinsbeträge an sich selbst zu verlangen. Seine Stellung als Partei kraft Amtes nach §152 ZVG endet mit der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens und wandelt sich in eine reine abwickelnde Tätigkeit um. Das kommt letztlich auch in der Anweisung des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. in Ziffer 3 b des Beschlusses vom 20.09.2005 zum Ausdruck, wenn darin bestimmt wird: Der Zwangsverwalter hat die Entgegennahme von Zahlungen zu unterlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§708 Nr. 11, 711 ZPO.