Landgericht Hannover
Urt. v. 05.12.2007, Az.: 11 O 185/07

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
05.12.2007
Aktenzeichen
11 O 185/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60614
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2007:1205.11O185.07.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 07.11.2007 durch

die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...

den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1 907,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte des Klägers an dem Anteil an der D.G. KG R. GmbH & Co. mit einem Nominalbetrag von DM 60 000,00 (30 678,00 €) - Nr. 7-917 des Treugeberregisters der Treuhänderin, Fa.C.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, dass keine Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 26.11.2001/03.01.2002 (6947134460) und aus dem Darlehensvertrag vom 10.11./26.11.2006 (Nr. 9647134465) bestehen.

  3. 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, alle in diesen Verträgen abgetretenen Sicherheiten und Tilgungsersatzleistungen freizugeben, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte des Klägers an dem unter Ziffer 1. genannten Fondsanteil.

  4. 4.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet, der sich aus den oben genannten Darlehen und der Fondsbeteiligung über den 31.12.2006 hinaus ergibt.

  5. 5.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

  6. 6.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  7. 7.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.

  8. 8.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der zur Vollstreckung anstehenden Forderung. Die gegen ihn gerichtete Vollstreckung kann der Kläger durch Sicherheit in Höhe von 120 % der vollstreckbaren Forderung abwenden, falls nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % der jeweils zur Vollstreckung anstehenden Forderung leistet.

Tatbestand

1

Am 17.11.2001 unterzeichnete der Kläger ein Beteiligungsangebot, das auf den Erwerb einer treuhänderischen Kommanditbeteiligung in Höhe des Betrages von 60 000,00 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. KG R. GmbH & Co. gerichtet war. Die Firma C. GmbH nahm das Angebot auf Abschluss des Treuhandvertrages am 04.12.2001 an (Anlage A1). Über den Erwerb des Anteils verhält sich das Zertifikat vom 04.12.2006 (Anlage A2).

2

Die Finanzierung der Beteiligung erfolgte über ein Darlehen der Beklagten vom 26.11.2001 / 03.01.2002 (Anlage A3). Die "Kreditlaufzeit und Zinsbindung" dauerte bis zum 30.11.2006. Das Darlehen wurde an den Kläger auf ein Konto bei der Kreissparkasse ... ausbezahlt. Am 10.11./26.11.2006 schlossen der Kläger und die Beklagte einen Vertrag, mit dem das Darlehen vom 26.11.2001/03.01.2002 abgelöst wurde.

3

Der Beteiligung des Klägers waren Gespräche mit dem Anlageberater U.P. vorangegangen. Dabei lag auch der als Anlage A4 zur Akte gereichte Prospekt vor.

4

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Rückabwicklung der geschlossenen Darlehensverträge. Hierzu stützt er sich auf Schadensersatzansprüche und auf einen in der Klage erklärten Widerruf.

5

Der Kläger behauptet, dass er Anfang November 2001 von dem ihm bereits bekannten Anlageberater P. angerufen worden sei. Herr P. habe ein Steuersparmodell vorstellen wollen, an dem er - der Kläger - auch interessiert gewesen sei. Einige Tage später habe ein erstes Gespräch in der Wohnung stattgefunden. Herr P. habe die Beteiligung an einem Immobilienfonds empfohlen, der über ein Darlehen der Beklagten finanziert werden könne. Die Belastungen aus diesem Darlehen könnten durch die Fondsausschüttungen und die erzielbaren Steuervorteile aufgebracht werden. Es ergäbe sich sogar ein monatliches Plus. Nach 10 Jahren könne der Fondsanteil mit Gewinn verkauft werden. Da er - der Kläger - interessiert gewesen sei, habe er Einkommensunterlagen Herrn P. mitgegeben. Am 07.11.2001 habe dann ein neuer Termin stattgefunden. Herr P. habe konkret eine Beteiligung über 60 000,00 DM an der D. KG R. GmbH & Co. empfohlen. Anhand des Prospektes habe P. dargelegt, dass die Ausschüttungen anfänglich bei 3,5 % lägen und sich bis 6 % steigerten. Auf die Immobilien und die im Prospekt genannten Mieten von 9,50 DM bis 18,00 DM pro Quadratmeter sei hingewiesen worden. Herr P. habe erklärt, dass die Finanzierung völlig problemlos sei und sich von selbst trage. Die Beteiligung könne jederzeit ohne Verlust verkauft werden. Nach 10 Jahren könne ein ordentlicher Gewinn erwartet werden. Im Vertrauen auf diese Erklärungen habe er - der Kläger - die Beteiligung unterzeichnet. Über Risiken dieser unternehmerischen Beteiligung bis hin zum Totalverlust sei nicht aufgeklärt worden. Am 26.11.2001 sei dann der an die Beklagte gerichtete Darlehensantrag unterzeichnet worden, und zwar auch in einer sogenannten Haustürsituation. Entgegen den ihm - dem Kläger - gegebenen Erklärungen habe es von Anfang an seit dem Jahre 2000 erhebliche Diskrepanzen zwischen den prospektierten Mieten und den tatsächlich erzielten Mieten gegeben. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Ihr sei auch bekannt gewesen, dass die prognostizierten Mieteinnahmen auf einer angenommenen Vollvermietung beruhten. Eine solche Vollvermietung habe es jedoch seit 2000 nicht gegeben, was der Beklagten ebenfalls bewusst gewesen sei. Durch die Mietgarantie sei dieses Risiko eines Leerstandes nicht abgedeckt gewesen. Des Weiteren habe die Beklagte seit Oktober 2001 gewusst, dass die Renditeausschüttungen nicht bis zu 6 % steigen würden, sondern bis zum Jahre 2006 sogar auf 3 % sinken würden. Über all die ihr bekannten Risiken habe die Beklagte aufklären müssen. Sie habe sich nämlich im Rahmen des gemeinsamen Vertriebssystems an dem Fonds, der Vermarktung und Finanzierung seit dem Jahre 1988 beteiligt, wie sich aus Kooperationsverträgen und Finanzierungs-zusagen ergebe. Die Beklagte habe in institutionalisierter Weise mit den Fonds-initiatoren und sonstigen verantwortlichen Personen zusammengearbeitet. Durch diese Verletzung der Aufklärungspflicht habe sich die Beklagte schadensersatzpflichtig gemacht. Sie müsse ihn - den Kläger - deshalb so stellen, als ob er niemals die Beteiligung gezeichnet und die zur Finanzierung aufgenommenen Darlehensverträge abgeschlossen hätte. Der bis ca. 2006 entstandene Schaden belaufe sich auf 9 397,92 €. Steuervorteile seien hierauf nicht anzurechnen. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife nicht durch. Schließlich ist der Kläger der Auffassung, dass auch der mit der Klage erklärte Widerruf wegen des Vorliegens einer Haustürsituation wirksam sei. Bei der Beteiligung und den Darlehen habe es sich um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 355 BGB gehandelt.

6

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zur Zahlung von 9 397,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte des Klägers an dem Anteil an der D. KG R. GmbH & Co. mit einem Nominalbetrag von 60 000,00 DM (30 678,00 €),

  2. 2.

    festzustellen, dass keine Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 26.11.2001/ 03.01.2002 in der Fassung vom 10.11./26.11.2006 (Vertrags-Nr. : 9647134465) bestehen,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, alle abgetretenen Sicherheiten und Tilgungsersatzleistungen freizugeben,

  4. 4.

    festzustellen, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, der sich aus dem Darlehen und der Beteiligung über den 31.12.2006 hinaus ergibt,

  5. 5.

    festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

7

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

8

Sie stellt zunächst in Abrede, dass beim Abschluss des Darlehensvertrages eine Haustürsituation vorgelegen habe. Auch die Frist zum Widerruf der Beteiligung selbst sei bereits verstrichen gewesen. Im Übrigen sei der Vertrag vom 26.11.2001/03.01.2002 auch inzwischen vollständig erfüllt, so dass auch aus diesem Grund ein Widerrufsrecht nicht in Betracht komme. Ein verbundenes Geschäft zwischen der Beteiligung und dem Darlehen liege auch nicht vor. Auch Schadensersatzansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Dabei könne dahinstehen, ob ein institutionalisiertes Zusammenwirken vorliege. Denn der Kläger sei ordnungsgemäß anhand des Prospektes über alle wesentlichen Umstände und Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden. Weitergehende Zusicherungen zur Rentabilität und Sicherheit der Anlage seien nicht gemacht worden. Ihr - der Beklagten - sei im Herbst 2001 auch keine Diskrepanz zwischen prospektierten Soll- und den tatsächlich erzielten Ist-Mieten bekannt gewesen. Die prognostizierten Einnahmen und die zugrunde liegenden Quadratmetermieten seien realistisch gewesen. Bestimmte Quadratmetermietpreise seien im Prospekt auch nicht zugesagt worden. Hinzu komme die für die Dauer von 5 Jahren geltende Mietgarantie, so dass alle Risiken hinsichtlich der Mieten abgesichert gewesen seien. Die Bonität der Mietgarantin sei nicht zweifelhaft gewesen. Soweit der Kläger auf ein Schreiben der R.vom 09.01.2001 (Anlage A26) verweise, ziehe er auch daraus falsche Schlüsse. Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass Steuervorteile in Höhe von unstreitig 7 490,88 € zu berücksichtigen seien. Außerdem erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung und macht Verwirkung geltend.

9

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage hat in der Sache auch im Wesentlichen Erfolg. Im Einzelnen gilt Folgendes:

11

I. Anspruch auf Schadensersatz

12

1.

Die Beklagte hat im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der D. KG R. GmbH & Co. und deren Finanzierung durch das Darlehen vom 26.11.2001/03.01.2002 ihr persönlich obliegende Aufklärungspflichten in schuldhafter Weise verletzt.

13

Der Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob und welche Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten anzulasten sind, ist darin zu sehen, dass nach dem substantiierten Vortrag des Klägers, der durch eine Reihe von zur Akte gereichten Anlagen untermauert wird und der von der Beklagten auch nicht mit Substanz bestritten worden ist, von einem institutionalisierten Zusammenwirken der Beklagten mit den Fondsinitiatoren, Gründungsgesellschaftern und sonstigen verantwortlichen Personen im Sinne der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2006 - Az.: XI ZR 6/04 - und  21.11.2006 - Az.: XI ZR 347/05 - auszugehen ist. Danach hatte es zunächst zwischen der Firma ... und der Firma ... im Rahmen einer Vertriebsgarantie für das Objekt ... geschäftliche Kontakte gegeben. Begonnen hatte die Mitarbeit der Beklagten dann im Jahre 1998, wie sich aus den Kooperationsvereinbarungen vom 11., 13.03. und 15.08.1998 (Anlagen A9, A10, A19) ergibt. In diesen Vereinbarungen hat die Beklagte der F.R. GmbH, die ausweislich des Prospekts Seite 39 für die Eigenkapital-vermittlung zuständig war, die Zusage zur Finanzierung von Fondsbeteiligungen gegeben. Die Art und das Ausmaß der Beziehungen ergeben sich auch aus Schreiben vom 23.02.1999 (Anlage A12) und vom 23.05.2000 (Anlage A13), auf die im Folgenden noch einzugehen sein wird. Dass die Beklagte auch tatsächlich eine Vielzahl von Fondsbeteiligungen privater Anleger finanziert hat, ist der Kammer aus einer Reihe von Parallelverfahren bekannt.

14

2.

Bei vorsätzlichen Täuschungen durch die Fondsinitiatoren oder sonst verantwortlichen Personen besteht eine eigenständige Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank im Falle aus Wissensvorsprungs, wobei bei schweren und evidenten Abweichungen die Kenntnis der Bank von einer vorsätzlichen Täuschung sogar vermutet wird. Auch die Beklagte stellt insoweit nicht mit Substanz in Zweifel, dass schon in den Jahren 2000 und 2001 die in dem Prospekt genannten Mieteinnahmen mit den tatsächlichen Mieterträgen nicht übereinstimmten. Prospektiert waren für 2001 Einnahmen in Höhe von 1 876 578,00 DM, während tatsächlich nur 1 409 874,00 DM erzielt wurden. Die tatsächlichen Mieteinnahmen (netto) ergeben sich auch aus der von dem Kläger mit Schriftsatz vom 13.09.2007 zur Akte gereichten Gewinnermittlung für das Jahr 2001. Konkrete Einwendungen hierzu sind von der Beklagten nicht erhoben worden. Wie der Kammer aus anderen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist, war im Prospekt Stand 2000 sogar noch eine Mieteinnahme von ca. 2,2 Mio. DM prognostiziert worden, die ab der folgenden Prospektauflage zwar unter Berücksichtigung einer geänderten Struktur des Fonds - insbesondere was die im Eigentum des Fonds stehenden Immobilien betraf - deutlich reduziert wurde. Auch dieser reduzierte Betrag lag aber immer noch ca. 33 % über den tatsächlich erzielten Mieteinnahmen lag. Bezüglich des Objektes Rangsdorf, aus dem insgesamt ca. 40 % der gesamten Mieteinnahmen des Fonds stammten, war ausweislich der Seite 4 des Prospektes - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine tatsächlich zu erzielende Miete von 14,00 DM pro Quadratmeter prognostiziert. Der gleiche Wert ist auch in die auf Seite 23 des Prospektes enthaltene Anlageplanung eingestellt. In Wirklichkeit konnten nur Mieten von 12,00 DM bis 12,50 DM am Markt erzielt werden, was für Rangsdorf Gesamtmindereinnahmen in Höhe von gut 118 000,00 DM beinhaltete. Das bedeutete eine Abweichung von 13 % von der insgesamt für Rangsdorf prognostizierten Einnahme in Höhe von 885 385,00 DM.

15

3.

Die Beklagte hätte die Anleger über diese Diskrepanzen in geeigneter Weise informieren müssen. Sie wusste, dass der Prospekt mit den unzutreffenden Angaben für den Vertrieb der Anlagebeteiligungen verwendet wurde. Dies stellte sich als eine vorsätzliche Täuschung der Anleger durch Fondsinitiatoren und die sonst verantwortlichen Personen dar. Die Beklagte kannte auch die maßgeblichen Abweichungen. Dies ist von ihr bezüglich der Diskrepanzen beim Objekt ... in einer Reihe von Parallelprozessen nicht in Abrede gestellt worden. Sie hat in parallelen Rechtsstreitigkeiten auch nicht in Abrede gestellt, die jeweiligen Geschäftsberichte er- halten zu haben, aus denen sich die oben dargestellten Diskrepanzen ergaben. Von daher ist ihr jetziges Vorbringen, im Herbst 2001 Diskrepanzen zwischen prognostizierten und tatsächlichen Mieteinnahmen nicht gekannt zu haben, völlig vage, nicht nachvollziehbar und deshalb unsubstantiiert. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der oben festgestellten engen Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und dem fondsverantwortlichen Personenkreis. Dass seitens der Beklagten die wirtschaftliche Situation des Fonds aufmerksam und genau beobachtet wurde, ergibt sich aus dem Schreiben vom 23.05.2000 (Anlage A13), in dem von einer eigenen Prospekt-, Berater- und Produkthaftung die Rede ist. Dass dieses Schreiben von der ... GmbH stammte, ist insoweit ohne Belang. Denn die Beklagte behauptet selbst nicht, dass ihr dieses Schreiben nicht bekannt gewesen sei und im eigenen Verantwortungs- und Rechtsbereich ohne Bedeutung gewesen sei. Soweit sie geltend macht, die im Schreiben genannte Deckungslücke beruhe auf einen Denkfehler eines ihrer früheren Mitarbeiter, ist dies in diesem Zusammenhang ebenfalls ohne Belang.

16

4.

Soweit die Beklagte dennoch eine vorsätzliche Täuschung in Abrede stellt und darauf verweist, dass die Prospektaussagen Prognosen gewesen seien und nach dem damaligen Erkenntnisstand nicht zu beanstanden gewesen seien, geht dies schon vom Ansatz her fehl. Denn die "Prognosen" hatten sich schon durch die tatsächliche Entwicklung als falsch herausgestellt. Seitens der Beklagten ist auch nichts mit Substanz dazu vorgetragen worden, dass und in welcher Weise eine Steigerung der Mieteinnahmen in kurzfristiger Zeit auf das prospektierte Niveau - etwa durch Vereinbarung von Staffelmieten - gewährleistet werden sollte. Hinzu kommt, dass ausweislich des Prospektes bereits nach 4 Jahren ab 2005 eine weitere Steigerung der prognostizierten Beträge um ca. 16 % vorgesehen war. Wie dies erreicht werden sollte, ist nicht ersichtlich. Wenn sich bereits die Prognosen für die Anfangsjahre als falsch herausgestellt hatten, begründete dies vielmehr erhebliche Zweifel daran, dass die Prognosen für die folgenden Jahre - mit deutlichen Mietsteigerungen - erreicht werden konnten. Offensichtlich beruhten die Prognosen auf einer zu optimistischen Einschätzung der Marktlage. Gerade weil es noch wenig Erfahrungen auf diesem Markt gab, waren derartige Signale besonders ernst zu nehmen.

17

An der Bejahung einer vorsätzlichen Täuschung ändert auch nichts, dass für 5 Jahre eine Mietgarantie abgegeben worden war. Zwar dürfte diese Garantie (Anlage A25) entgegen der Auffassung des Klägers auch das Risiko von Wohnungsleerständen abgedeckt haben. Entscheidend ist aber, dass die Mietgarantie aus der Sicht der Anleger, geprägt durch die Prospektangaben und die Prognosen, den Sinn hatte, zukünftige und noch nicht konkret absehbare Risiken und Ausfälle abzusichern. Sie konnte deshalb die Fondsinitiatoren, die sonstigen verantwortlichen Personen und damit auch die Beklagte im Rahmen ihres konkreten Wissensvorsprungs nicht von der Verpflichtung entbinden, die Anleger über die gegenwärtigen tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Fonds und die sich hieraus ergebenden Risiken und Gefahren umfassend und wahrheitsgemäß aufzuklären. Hinzu kommt das zumindest allgemein bestehende Insolvenzrisiko der Mietgarantie für die Dauer der 5 Jahre. Darüber hinaus bezog sich die Mietgarantie auch nicht auf die Steigerungen, die schon ab 2005 noch während der Dauer der Garantiezeit prognostiziert waren. Aus den obigen Ausführungen folgt auch, dass für die Beurteilung der Abweichungen zwischen den prognostizierten und den tatsächlichen Mieteinnahmen die zusätzlichen Zahlungen der Mietgarantin unberücksichtigt zu bleiben haben, da sie für die Beurteilung der Ertragskraft des Fonds selbst ohne Bedeutung waren.

18

6.

Eine weitere vorsätzliche Täuschung ergibt sich auch aus Folgendem: Nach dem Prospekt sollten die Ausschüttungen von ursprünglich 3,5 % ab dem Jahre 2007 auf 4 %, ab 2014 auf 4,5 %, ab 2017 auf 5 % und ab 2019 auf 6 % steigen. Die Fondsgesellschaft ging - wie der Beklagten jedenfalls aus dem Schreiben vom 09.10.2001, d.h. vor dem Beitritt des Klägers, bekannt war - davon aus, dass diese Prognose aus dem Prospekt nicht zu halten war und die Ausschüttungen ab 2006 dauerhaft auf nur 3 % absinken würden. Soweit die Beklagte hierzu behauptet, es sei dann tatsächlich am 27.11.2001 eine neue Investitionsrechnung beschlossen worden, wonach Ausschüttungen von 3,5 % für die gesamte Zeit prognostiziert waren, kann dies zu keiner Entlastung führen. Unterlagen hat die Beklagte nicht vorgelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, welche geänderte Tatsachengrundlage zu dieser Abweichung von der Prognoserechnung vom 09.10.2001 geführt haben sollte. Unabhängig davon ist auf jeden Fall unstreitig, dass es - mit Kenntnis der Beklagten - erhebliche negative Abweichungen von den prospektierten Ausschüttungen gab, was - nach dem Vorbringen der Beklagten - daran lag, dass es dem Fonds nicht gelungen war, Eigenkapital in dem prospektierten Umfang zu erlangen, weshalb teureres Fremdkapital aufgenommen werden musste. Hierüber hätten alle potentiellen Anleger und damit auch der Kläger aufgeklärt werden müssen. Seitens der Beklagten ist nur "ins Blaue hinein" und ohne ausreichende Substanz vorgetragen worden, dass eine solche Aufklärung tatsächlich erfolgt ist. Nicht ersichtlich ist auch, aufgrund welcher konkreten Umstände die Beklagte darauf vertrauen durfte, eine solche Aufklärung werde erfolgen.

19

7.

Wäre der Kläger darüber aufgeklärt worden, dass der Fonds in seiner wirtschaftlichen Entwicklung bereits seit 2000 deutlich hinter den Erwartungen und Prognosen zurückgeblieben war, hätte er Abstand von einer Beteiligung genommen. Angesichts der Unsicherheiten der zukünftigen Entwicklung, die sich dann ja auch bereits ab 2004 realisiert haben, kam bei verständiger Sicht nur eine solche Entscheidung in Betracht. Dafür dass sich auch der Kläger in dieser Weise entschieden hätte, spricht eine nicht widerlegte Vermutung.

20

8.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Kläger auch bei den Vermittlungs-gesprächen in vorsätzlicher bzw. arglistiger Weise getäuscht worden ist.

21

9.

Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist hat erst mit dem Ende des Jahres zu laufen begonnen, in dem der Kläger Kenntnis von der Person des Schädigers und den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (§ 199 BGB). Soweit die Kammer bislang die Auffassung vertreten hat, dass der Beginn der Verjährungsfrist im Rahmen der Übergangsvorschriften kenntnisunabhängig zu beurteilen sei, wird diese Rechtsprechung in Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 23.01.2007 - Az. XI ZR 44/06 - auch aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegeben. Eine solche Kenntnis vor Ablauf des Jahres 2003 ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Die Fondsausschüttungen gingen erst ab dem Jahre 2004 drastisch zurück. Darüber hinaus waren zur Beurteilung der Frage, ob sich auch die Beklagte als finanzierende Bank schadensersatzpflichtig gemacht hatte, weitere Informationen über den Kenntnisstand der Beklagten und ihr Zusammenwirken mit den Initiatoren und sonstigen verantwortlichen Personen des Fonds erforderlich. Der Vortrag des Klägers hierzu, dass er hiervon erst im Rahmen anwaltlicher Beratungsgespräche Kenntnis erlangt habe, ist nicht mit Substanz angegriffen worden.

22

10.

23

Ohne Erfolg macht die Beklagte auch Verwirkung geltend. Insbesondere durfte sie nicht alleine wegen des Abschlusses des Darlehensvertrages im November 2006 darauf vertrauen, dass der Kläger keine Ansprüche auf Rückabwicklung geltend mache. Der Abschluss dieses Vertrages war wegen des Auslaufens des ersten Darlehens eine wirtschaftlich zwingende Notwendigkeit, was auch für die Beklagte erkennbar war. Darüber hinaus setzt der Tatbestand der Verwirkung auch voraus, dass sich der Schuldner tatsächlich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierzu ist seitens der Beklagten nichts mit Substanz vorgetragen worden.

24

11.

Die Beklagte ist daher zum Ersatz des sogenannten negativen Interesses verpflichtet. Sie hat den Kläger so zu stellen, als wenn er sich nicht zur Beteiligung an dem Fonds und zur Finanzierung durch die Darlehen bei der Beklagten entschlossen hätte.

25

a)

Der zu Ziffer 1. gestellte Leistungsantrag ist jedoch nur in Höhe von 1 907,04 € begründet. Zwar ist seitens des Klägers substantiiert dargelegt, dass sich bis Ende 2006 eine Differenz zwischen Kreditbelastungen und den Ausschüttungen in Höhe von 9 397,92 € ergeben habe. Dem sind auch seitens der Beklagten keine substantiierten Einwendungen entgegen gesetzt worden. Die Beklagte macht aber zu Recht geltend, dass der Kläger sich Steuervorteile im Wege des sogenannten Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss. Dass eine Abänderung der für die Jahre 2001 bis 2006 erlassenen Steuerbescheide gemäß §§ 173, 175 Abgabenordnung zulässig ist, ist nicht ersichtlich. Auch den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 09.10.2007 sind insoweit seitens des Klägers keine substantiierten Einwendungen mehr entgegen gesetzt worden. Nicht ersichtlich ist auch, dass der Kläger den tatsächlich gezahlten Schadensersatz im Jahre des Zuflusses versteuern muss. Steuerrechtlich geht es nämlich nicht um Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit, sondern aus Vermietung und Verpachtung. Die unstreitigen Steuervorteile für die Jahre 2001 bis 2006 in Höhe von 7 490,88 € sind deshalb abzuziehen.

26

b)

Im Übrigen sind die Klaganträge zu 2. - 5. begründet. Bei den auf Feststellung gerichteten Anträgen zu 2. und 4. kam eine "Zug-um-Zug" Verurteilung nicht in Betracht. Insoweit ist es Sache der Beklagten, gegebenenfalls den Anspruch auf Übertragung der Rechte aus dem Fondsanteil eigenständig gegen den Kläger geltend zu machen.

27

12.

28

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB.

29

II. Widerruf

30

Angesichts der obigen Ausführungen kann dahinstehen, ob auch ein Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung im Hinblick auf den von ihm erklärten Widerruf gemäß §§ 312, 355 BGB besteht. Denn auch im Rahmen einer solchen Rückabwicklung wären die vom Kläger erzielten Steuervorteile zu berücksichtigen. Zweifelhaft dürfte insoweit allerdings sein, ob tatsächlich noch am 26.11.2001 das einer Haustürsituation immanente Überraschungsmoment vorgelegen hat. Das erste Gespräch hatte bereits Anfang November stattgefunden. Auch in diesem Gespräch ging es bereits um eine Fondsbeteiligung.

31

III. Nebenentscheidungen

32

Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92, 708 Ziffer 11, 709, 711 ZPO.